EX LI HU IS
LUV BAR. Je HORNSTEIN.
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in 2014
https://archive.org/details/pabstgregoriusvi03gfro_0
f)<tl>ft f&tt#0tin$ vil
fein StitaUn.
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fctn ßeüalter.
Dur*
/r. ©fröret,
ort. ^rofeffov bev ®efcr)idr)te an bet Unüetfttät ftvetburg.
Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat.
©rittet $Banb*
Verlag ber gr. £ u r t e r'fcfyen $8ucf)f)anblimg.
1859.
<Dru<f »on % Stttu jcr in «Stuttgart.
Was %td)t \>tx Kcberfe^ung in fremde gptatym mxxs gemäß sex
mUxnaixonaUn <&t\ttyt\sm% flarbifyaltm.'
© e * ©cctfcettt
£)e$ fjeiltflett ^tu^Ieö unb ©rcgorö VII. SSer^ältnig p £ättemarf,
©nglanb unb bem üttormamtettftoate auf ber üftorbfüjte (Satticnö*
<£tfie$ (Sapttet*
«Seite
$)ie (sinljerrfcr)aft Beginnt in SDdnemarf mit ©orm bem Sllten, beffen ©efdjidjte je?
bodj bunfel genug ijl. ©orm ftirbt um 936. Sluf ifyn folgt [ein (Solm £aralb
©cr)toarj$al)n. «Kriege beffelben wiber bie fä$ftfdjen Dttonen. Orr wirb wieber*
tyolt beftegt, muf? ftcr; ber beutfcfyen Ärone unterwerfen unb baö (Sfyriftentfyum
annehmen. (Snidjtung ber jütifc^en 33iett)ümer (Scfyleöwtg, 9iibe, 3larr;ug,
benen Otto EL 974 nodj ein »ierteö, baö üon Dbenfee auf ftüfjnen, beifügt.
■Eftacfjbem Otto II. 982 bie feiere üftieberlage in (Salabrien erlitten Jjat, em*
toört ftd) <Swen I. ©abelbart, Jparalbö I. Soljn, jugleicr; gegen feinen CBater,
bie beuffdje .£errfdjaft unb baö (Stjriftenffjum. £aralb, in einer (Sdjlacljt tobt*
lief) »erwunbet, fliegt naefy ber SomSburg unb jiirbt bafelbfi um 986. <Swen
©abelbart jerfätlt mit ben Som^SDifutgern , wirb üon ifynen gefangen, aber
burdj bie £)dnen aufgelöst. Sunt SDanfe bafür fdjafft er baS (Sfjrifientfmm ab
unb »erteilt ba£ ®ut ber tton ben Dttonen gegrünbeten bämfdjen «Stühle unter
bie ©emeinben. Sluebrucf; beö <Scr)webeufrieg$. .König (Siricf) ber «Siegreiche
»erjagt «Swen auö feinem SReidje unb erobert ganj 2>dnemarf. 2lu3 9lnlafj
beö SBunbeö gegen Olaf I., XrtygWe'ö «Soljn, wirb «Swen wieberf;ergejiellt unb
rüjiet ftdj nun jur Sluö^lünbevung (Snglanbg. Safyre 900—1000 .... 3
3tt>ette$ <£a*>iteU
3uftdnbe (SnglanbS unter bem Socfje ber SBifinger. ^»aubtjeuge bie *ßrebigteu be$
(Srjbifcfyofö SBulffkn r-on ä)orf. 2)ie Seiben, welche bie (Seeräuber bem angel*
fdcfyftfcljen 93olfe gufügen, erreichen barum eine entfe^ltc^e £of)e unb bauern fo
lange 3eit, weil ber eingeborne 2lbel, langft unbotmäßig unb ber .Krone tro^enb,
gemeine Sadje mit ben $rembttngen macljt unb um ben -$reiS, bie niebern
klaffen in porige ju »erwanbeln, baö 9lmt toon (Steuereintreibern übernimmt.
Öinait$iefle, ftttlic^e unb fircfylidje 3errüttung beö Sanbeö. JDte 93erbienfle,
Welche ficf) @rjbif<ä&of Sunflan »on 950 biö 988 um baö angelfddjftfcfje 93otf
erworben, treten in \t)x wafyreö £icjjt. «König (Stljetreb ber Unberatfjene. JDie
erften (Einfalle ber SBifinger unter »erfdjtebenen Häuptlingen. 3m %af)xt 994
erfdjeint Olaf Jlv^gtocfon mit bem £)änen ©wen, ^aralbö So^ne. S3ifc^of
(Slfeg »on Sßincbefier, ein Schüler £>unflan3, befe^rt ben Normannen, trennt
tbn »on Swen uub fd)i(ft iljn mit 16000 ^>funb «Silber nadj Norwegen, um
bprt bie JUrcfye aufjuric^ten. JDaburc^ erlangt (Snglanb fec^^d^rige 9iu^e.
X
3nhalt3oerjeichniß.
Sfoch bem «Sturze Olofö I. fommen bie 2Btfmger 1001 toieber. (Sthelrebö
givette (Sfje mit @mma £>on ber Wormanbie, iuelcfje Sßerbinbung 60 3al)re fydter
bem £eqoge 2Btlrjetm bie 33afm auf ben englifdjen £hron eröffnete. Q3lutbab
tton 1002. <Die üerfchiebenen ©anegelber. -fteue 23errdthereien ber englifchen
©rogen. (Sioen , Ätfnig uon £)dnemarf, fa§t ben $Ian, baö r)errfcr)enbe
£auö bev Slngelfachfeu ju jiürgen. @tf)elreb fliegt nach ben (Setnemünbungen.
aBdfyrenb (Sroen im 3uge ifl, ftcr) jum Äonig »on (Sngtanb aufjuroerfen, fiirbt
er ben 2. ftebruar 1014 . . 14
£>ntte$ (£apiteL
9lacf) bem £obe (SroenS ©abelbart ruft bie Tltfjx^l bcö englifdjen 93olfö ben ent*
flofienen (Stljelreb auö ber üftttmanbie jurüdL Äanut, (Sroenö Qrrftgeborner,
tragt nicht langer in (Snglanb ju bleiben, fonbern entroeidjt nach 3)änemarf.
3erU)ürfniffe brechen am roieberhergefietlten £ofe (Stf>elrebö auö ; er jerfällt
fogar mit feinem (Erfigebornen (Sbmunb , genannt (Sifenfeite , bem fäfyigfien
unter ben (Söhnen be$ Stugelfadjfen. JDtefe neuen 93eroeife ber Unfäfjigfeit
Grtrjelrebö ermutigen Äanut ju einem neuen (5'infall nad) (Snglanb. (Stfjelreb,
ber Unbevattiene, fiirbt ben 23. Styril 1016. (Sbmunb übernimmt bie Regierung,
tapfere Kampfe, bie er gegen bie 2)änen befteht. (Sin Vertrag fommt jroifehen
(Sbmunb uub Äanut ju ©taube, fraft beffen ftch 93eibe in bie <§errfchaft über
(Snglanb teilen. 9lber biefe Uebereinhtnft bauert nur roenige 2Bocr)en , benn
burcr) ein Verbrechen fc^afft Äanut ben Mfünig auö ber SBelt. jlanut roirb
al$ ©ebieter »on ganj (S nglanb anerfannt : er läßt eine Steide größerer ober
fleinerer 33afallen , bie üjm gefährlich fdjetnen, ermorben. 3^et <Sof)ne beö
üerftorbenen (Sbmunb entfliegen evfi nach 9tujjlanb, bann nach Ungarn, roo ihnen
ber beutfehe Jtaifer <Schu£ gettäfyrt. Jlauut eljelidjt ISmma, bie ffiittroe dfytU
rebö, uub verlobt feine Schlvefter Sljh'iba, auch 9ftargaretf)a genannt, mit
bert bem teufet, £erjo,g ber üftormanbie , ber jeboch balb bie £)änin verflogt.
Slnfänge Ulfö unb ©obroinö. (Snglifdjer Dieicfygtag ju Dxforb im (Sommer 1018.
gaft 90,000 *)]funb Silber roerben gu 5lbbaufung beS großen SBifinger ^»eereö
bewilligt, an beffen ©pi'jje Jtanut (Snglanb erobert hatte. Äanut erroirbt nact)
bem Xobe feines jüngeren SöruberS -§aralb II. £)dnemarf, erobert bie 3omö;
bürg, ©amlanb unb ©c^otttanb, 1014—1020 .......... 37
Mannt ein großer $ürfl, ber nic^t etroa bloS 93efriebigung ber ^errfc^fuc^t rotll,
fonbern auf ©rünbung einer neuen £>rbnung ber 2)inge l)inaxbdtä. Qüx ftettt
bie ©efe^gebung beö angelfd^ftfc^en ÄönigS (Sbgar, ober eigentlich bie beö
@rjbifd)ofö 2)unfian roieber f)er, erfennt baburc^ bie ^o^en 93erbienpe beS
Sedieren an j er rotrb (S^rift, baut ben ^ron auf ben 9Utar, gibt bem (SleruS
feine ^ec^te jurücf, f et) a ff t ben (Seeraub ab, giftet ben ©otteöfrieben auf bem
Djean. 5ltS 9Jlittel ju biefem ßtr-eefe errichtet er unter bem tarnen ^ingliti^
baö dttejie @otbt)eer ber d)rifilic^en 3Belt. 93efc^reibung ber ^^inglit^ , tfjrer
©lieberung , i^reö ©olbeö , tfjrer @!pringfebern , ifjrer richterlichen ©eloalt.
Seit ber §ntjlehung tiefer Überaug nricr)tigen Slufialt 54
fünftes (Sapitth
5tuch in ben anbern Steigen ber großen fcon ^anut gegrünbeten Monarchie roirb bie
©efefcgebung ber englifchen angepapt, ber ©eeraub abgefc^aft. 3toeige ber
Sfyinglitlj in 3)dnemarf, S'Jorloegen unb SBcnblanb. Littel, roelche ^anut
aniuenbet, um bie üerfd)iebenen Nationen, bie unter feinem (Seester fielen,
geijiig gu einigen. (Er öerfuc^t eö , bie 33iSthümer 2)änemarfö unter bte 20le*
tropole Santerbur^ ju fiellen, fcheitert aber an bem Sßiberfianbe ber @rgbifcr)ofe
»on 93remen. Jtanut nimmt nach bem ©orgauge älterer angelfächftfcher Äonige
ben Sitel ^aifer an. ^ücfblicf auf ben @ebr*uch bcr 2öorte glaciuö, SIeliuö,
S3aftleu0. (Stellung Äanutö ju ben 5Sefjerrfcr)eru JDeutfc^Ianbö : er oeifdnbtgt
ftch mit bem (Salier (Sonrab IL (Seine römifche Steife »om 3«hve 1026 . 73
3tttyaftg»ergeid&mf}.
XI
3ccf)Stc3 (Sapttet*
Berwürfniffe Brechen im <Schoo§e ber Familie Kanute auS. (Seine ®emaf)Un (Smma,
bie Siormannm, will wäfjrenb bev römifchen Steife beö .Königs , gemäp bem
£etrathoertrage, ihrem Sohne £arbifuut bie Nachfolge im Reiche mit 9luS*
fdjlufc ber jftnber 9llfgioenS verfchaffen , fte üerbtnbet ftcr) ju biefem 3wecfe
mit £eqog Ulf unb mit Olaf II. von Norwegen. .Kanut, ^ieöon benachrich*
tigt, eilt nach (Snglanb jurücf, bietet bie Xfjingtitf) auf, unb zwingt Ulf, von
feinem Vorhaben abjujichen. jtrieg gegen £)lafll. »im ÜJlorWegen. Ulf wirb
ermorbet. «taut fiattet bie Söhne fetner anbern ©emaljttn, Sllfgioe ber StngeU
fäcbftn, mit £anb unb beuten auS. 2)ie ljäuölidje Sevrüttung, §olge ber
3)oppelfjeiiatfy , bewirft, baj? .KanutS STCacfyt noch vor feinem £obe ftnft.
tfanut flirbt im Rooember 1035 86
(Siebtes (SapittL
Stach bem £obe JlanutS wirb in ©nglanb fein evjigeborner Solm auS ber dtje mit
SUfgioe, £aralb , jum Könige ausgerufen , aber (Srjbifdjof 9lelnoth »on (San*
terburty weigert ftch, benfclben ju frönen. £>iefe %ljat beS Prälaten frifcht ben
tiefgefunfenen Sftuth (Smma'S unb iljrer ^jart^ei lieber auf. £aralb wirb
gezwungen, bie <£>ätfte (SnglanbS an ^arbifnut, ben Sol)n (kmma'S auS ber
jroetten dljt mit Äanut, abzutreten. 3)ie Butter ruft £arbifnut, ber in
£>änemarf »eilt , nach (Snglanb hinüber, aber berfelbe fann, buvch ben Ärieg
gegen 3JlagnuS von Norwegen aufgehalten , nicht fommen. 93oll Ungebulb
hierüber,- forbert (Smma il;re Söf»ne auS elfter (Sl;e mit Sletfyelveb, (SbWarb
unb Stelfreb auf, £aralb ju vertreiben unb ftch ihres väterlichen Oteicfjö ju
bemächtigen. (Sbmavb erfcheint mit einer fleinen flotte auS ber Ocormanbie,
fef)rt aber mieber um, ba er ftefjt, baß. bie Slngelfachfen if>u nicht unteiflü&en.
Run macht (SbwarbS jüngerer iöruber, Slelfreb, einen (Sin fall in (Suglanb,
wirb aber verratf>en unb gelobtet. (Smma muß nach glanbern flüchten. £aralb
jiirbt im 3Wär$ 1039 plö£ttch weg. Se&t rußet £arbtfnut eine glotte in $)ä--
nemarf auS, holt feine Butter (Smma in glanbern ab, fegelt nach ber englifchen
Jtüjie, wirb als Äönig begrüßt, behanbelt aber gleichwohl baS £anb als ein
erobertet. Eintreibung fchwerer (Steuern. ©mpöruug von SBorcejier. Stäche
au ben 93eftegten. £atbifnut ftirbt im Sunt 1042. 2)aS ganje £auS .ftanutS
tfi erlogen. 2)änemarf für immer von (Snglanb getrennt. 1035 bis jum
(Sommer 1042 93
2)änemarf unter (Sloen III. Grffribfon, von 1043 bis 1076. (StoenS kämpfe gegen
2JlagnuS unb <£>aralb «^arbraba »on Norwegen. (Sr erhält ^ilfe »on ©bmarb
bem 93efenner, bem neuen Könige ber Stngelfachfen, fo tote vom falifcfjen ^»ofe,
bem er Sehentreue feifien mup. 93erfuche (Strenö, bie Firchliche unb politifche
Roheit ber $)eutfcr)en abpfchütteln. ©eine Unterhanblungen mit ben $äb|ien
Sltexanber II. unb ©regoriuö VII. ©eine SSieltoeiberei. „©er Äönig Später".
3u|iänbe ber bänifchen Kirche unter ihm , ungenügenbe 9tuSftattung ber 93iö?
thümer unb Pfarreien. 2)ie ehemaligen (Solonien im 2öenben; unb im ©anu
Sanbe gehen verloren. Jtönig @lven jiirbt im 5tvrit 1076 101
9tettttte§ (Sapitti*
2)änemarf unter ben jttfntgen ^»aralb ^»ein unb jtanut III. S^ach bem ^obe ©roenS III.
brechen gefährliche (Streitigfeiten unter feinen gasreichen ©öhnen auö. Stuf
einem Reichstage ju Sföre toirb £aralb ^»ein (baS heipt SBeichfiein) jum 9^ach^
folger gewählt. Glicht ohne grof e Dpfer errang <§aralb biefen 33orjug : er
mufü te bie ^vonforjien ben ©emeinben übertaffen unb jWeitenS bie ältefte ^orm
ber germanifchen ©efchivornengerichte, fraft welcher bie Slngeflagten i§re (SibeS*
XII
@ettc
Reifer felBfi Wählen burften , wieberherftellen. £)ie 93rüber £aralb<3 Waren
nacr) Norwegen gu ihrem ©cbwager, bem Könige Olaf III., entflogen unb
lagen bemfelben an , baf er £aralb mit Waffengewalt zwinge , £)änemarf in
13 ©iücfe ju jerreifen. $abfi ©regor VII. rettet baS bämfcr)e Reich r-on
biefer brohenben ©efatyr. JparalbS 93riefwechfel mit ©regor VII. .König SEBeic^s
jietn fiirbt im April 1080 ftnbevloö. Stuf ihn folgt Äanut III., ber fdfyigfk
unter ben ©ofmen ©Weng III. Er rottet ben ©eeraub t-ollenbg aus, üerfucht
eö ben Sehnten einzuführen, »erteilt ben 33ifcr)öfen ba$ erfie 2Bort auf ben
Reichstagen; er tf)ut enblicr) AlleS Mögliche, um bie Achtung ©regorö VII.
gu gewinnen. ©leidjwohl brütet Äanut III. über einem *ßlane , ben ®re*
gor VII. nie gebilligt haben würbe, wenn er bie Bett erlebt hatte, ba ber 2)äne
gur Ausführung färttt : Äanut reift Englanb erobern. ®ro£e Lüftungen, bie
er macht, ©egenmaßregeln 2Bilhelmö beö Normannen. (Sine Empörung bricht
in £)änemarf auö, unb .König ^anut III. wirb ben 10. 3nli 1086 ju Obenfe
erfcr)Iagen. Uebergang gur ©efchichte ber Rormanbie 122
Mute* ^apitth
£)te ©efchid)tfchreiber über bie Sfteberlaffung ber Normannen an ber ©eine^SWünbung.
Ueberftcht ber neufirtfehen Könige, Welche ju Enbe beS 9. unb ju Anfang beö
10. Sahrhnnbertö regierten, fo wie ber Erbherrfchaften, Welche unmittelbar an
bie Sftormanbte graniten : Käufer üon Aquitanien, Anjou, Sftaiue, Bretagne,
Sßermanboiö, ^onthteu, Ahnen ber Eapetinger. Seit ber Anhtnft Rolfö beö
§ufjgänger3 (Rotlo'3) in granfretcr) : er wirb jum Hauptmann gewählt unb
befe&t mit feinen SBifingern baö £anb um Rouen. Sßertrag t>on @t. .Eiere im
Sahre 912, ber Rollo'S ©efdhrten ben rechtlichen 93eft$ ihrer Eroberungen
jufpricht. 2)ie Eroberer treten in bie fatholifche Kirche über. Erfle 23ebeu*
tung beö Söorteö „93igot". Urftnüngliche ©rangen ber Rormanbie. 9Beife
©efe|e Rotlo'ö, bie in ^urjem baö »eröbete Sanb gu SBohljianb unb 93lütfje
bringen. £e£te .Kämpfe Rollo'3 wiber bie Ahnherren ber Eapetinger. 2)ie
Normannen ber Soire erlangen burch Rollo'ö <£>ilfe ©tabt unb ©egenb uon
^anteö. ^er^og Rollo, ein großer ftürfi, fiirbt um 930 137
©Uftes ^apitth
2)ie Rormanbie unter ^er^og SBilhelm I., £angfcr)wert genannt, bem ©ohne Rollo'ö,
»on 930—942. Aufruhr beö Normannen Riulf, unb £reue, welche 93ernharb,
Hauptmann ber Leibwache, bem jungen <£>erjoge beweist. 2ßahre Urfacr)e biefer
Bewegung war ba$ normannifche ^auögefe^, Weichet üorfchrieb , bafj bie
^erjoge ber Rormannen nur in fogenannten bdnifchen, b. Ij. wilben Ehen mit
jtebfen gezeugt werben bürften. 93ernharb erjwtngt eine Abftnbung , laut
welcher jwar auch fürber nur 93ajiarbe bie <£>errfcf)aft erben foliten, bie aber
gleichwohl ben ^er^ogen gemattete, nach Erjielung eineS Erben «Scheinehen mit
ebenbürtigen Svanjöftnnen einzugehen, ©eheime ©rünbe biefer ©ajjung. Enu
Vtfrung ber S3retagner Serngar unb Allan, welche <£crjog Sffitlhelm nur mit
ipilfe beö franjöftfchen Äöntgö Robolf ju bewältigen vermag. 3n ftolge ber
mit Robolf abgefchloffenen Uebereinfunft mu§ 2Bilt>elm Sangfehwert ben Q3re*
tagner 93emgar alö «^»errn ber £anbfcr)aft Rennet anerfennen, ben ©rafen t»on
9flanteös93auneö bagegen, Altan, »erjagt er auS bem Sanbe. Allan flüchtet nach
Englanb. £f>ronWechfel in 9Jeufh*ien. 2)er Earlinger Subwig , ber Heber«
feeifche, wirb mit «§tlfe feineö Dheimö, beö angelfächftfcr}en <^»errfcherö Athelftan,
Äönig üon Steujtrien. ^urj barauf fetjrt ber 93retagner Allan gleid)fallö mit
engltfcher «£>itfe in bie Jpeimath jurücf unb fdm^ft glüefttch gegen bie Stör*
mannen. <§erjog Sßithelm gerdth baburch in fchwereö ©ebrdnge. Littel ber
fciji, bie er aufwenbet, um ben neuen ^önig Subwig gu nöthtgen, bap er Allan
preisgebe, ©eine SSünbniffe mit <!&ugo tton ^rancien, Heribert von Sermanboiö
unb anbern ®ro§en. SBilhelm ^te^t ftcr) ben ^>af beö beutfehen Jfßnigö Otto I.
ju , mit Buftimmung befTelben lapt 2)larfgraf Arnulf »on Slanbern ben 9lox*
mannenherjog Sßilhelm, Rollo'ö ©ohn, im £)e$ember 942 ermorben ... 172
3nhaltgt>er$eicr)niß,
XIII
3n>ölfte« (Sapttel- ^ette
Die Wormanbie unter £er$og Sticfjarb I. »on 943 Big 996. ©efafjren ber Sftinber*
j d^rtgfett. 3n bie SOBette fuchen ^onia £ubmig bev Ueberfeeifche unb ber (Safce*
iinger £ugo von francien baö (Srbe fRoKo'S an ftch gu reißen: einzelne nor*
manmfdje ^äubtlinge bagegen rufen bie 9Biftnger ber @eeblä|je ju <£ilfe.
Dag <£>eibenfhum broljt nueber aufzuleben. «£erjog 9ticharb mirb vom Könige
nac^j £aon entführt, bie Ü'reue feineg SBärterg unb ein geheimes 93ünbniß ber
(Hermannen von Ofouen mit «£ugo von grancien rettet ihn. jtonig Submig
ber Ueberfeeifche fällt in ©efangenfebaft ber 9fcormannen--.£äubtlinge unb beö
^»ergogö ^tugo. Der £ag an ber (Sfcte. JÄicharb I. muß bem (Sabetinger «£>ugo
ben 93afatten;(5ib fchmören. ©eine Sßermählung mit ber £od)ter Jpugo'g. Dag
©eheimniß ber Dänen;(§hen fommt an beu £ag. Die fpdteren Safjre 3lu
d>avbö : er tritt mit ben (Slugniacenfern in 93erbinbung, beftimmt ben (SIerifer
Dubo , bie ©efchichte feineg £aufeg $u fchretben , läßt ftch auf Anbringen beg
(Stents mit feiner bisherigen jtebfe ©onnor trauen, unb öerorbnet, baß ber
jüngfte feiner ©ohne, S^tdjarb II. , ben if)m ©onnor alg rechtmäßige ®emaf)lin
geboren hatte, Nachfolger fein fotle. $tcharb I. ftirbt 996 196
£ret$ef)itte$ (SaptteL
Der üftormannenhergog S^ic^arb II. unter ©ormunbfcfjaft feineg £)hetmg S^ubolf.
Dobfcelte (Smborung ber 93auern unb beg SlbelS in ber Stormanbie, mie in ber
benachbarten Bretagne. Urfacfje biefer ^Bewegung mar bie jlrieggfteuer , metche"
ber SSormünber eingeführt Ijath, um möglichen Angriffen ber in (Snglanb mal*
tenben SBifinger bie ©biije bieten ju fonnen. Der ^ctltge SBilhelm von Dijon
mirb nach ber Stormanbie berufen unb verfefjafft ben 93ejirebungen ber (Stugnia^
cenfer ben ©ieg. 3n folge beffen änbert bag £aug üon Stouen feine frühere
$otitif unb Ijutbigt chrifilichen ©runbfä^en. 3^ueifac^c eheliche 95erbtnbung
gmifeben ben Käufern von JHouen unb 9tenneö.< <£>erjog Slicharb II. jtirbt nach
breißigjähriger Regierung, 1026 224
SBierjeTjttteS (Sapüel*
Die üftormanbie unter ben ^»erjogen 9ticharb III. unb Robert bem teufet, von
1027—1035. Sticharb III., verleitet burch unjufriebene normannifche £äutot*
linge, melche bag alte Unmefen ^erfiellen mochten, fällt in baS Ne^ übfciger
3öeiber. er fich roieber faßt unb eine regelmäßige (Sfje mit ber Tochter
"beö «ftönigg von franfreich eingehen mill, tiergiftet ihn fein 93ntber Robert.
Urfunblicher 23emeig für ben Inhalt beg alten herzoglichen £auggefe|eg. Robert
erbt bie ^»errfchaft, jerfättt aber fofort mit feinem ©roßoheim, bem (Sx%t
bifchofe von 9?ouen, ber ben S3ann über bie Normanbie »erhängt. Stöbert
untermirft ftcr) gule^t ber Kirche, jivaft Die, melche ihn »erführt hatten,
bringt bie Normanbie burch glüefliche Söaffen auf eine früher nicht erfh'egene
^»öhe t-on SDlafyt, unb txiü 1034 eine S3ußfahrt nach Serufalem an, öon
ber er nicht jurüeffehrt. 9lu3 einer milben @he hinterläßt er einen unmünbigen
©ohn SGBilhelm ET. , ben nachmaligen Eroberer Ghtglanbö. ^in^uß , ben 9lbt
SRicharb »on S3erbun auf ben bußfertigen «£>erjog Robert übt. Slnfänge beö
^lofterö 33ec, fo mie ber SJctfnche ^erluin unb Sanfranf. ©rünbe, marum
Robert üon ben (Einen „ber Teufel", von ben Slnbern „ber ©roßmüt^ige" ge;
nannt toirb 241
©efchichte ber Normanbie unter ^erjog üMfjelm II., bem nachmaligen Eroberer Grng*
lanbö, von 1035—1066. fürchterliche S3ebrängniffe, in melche er mährenb
feiner Sugenbfahre theitö burch ungetreue Sßafallen, theilö burch bie (§l)tfuä)t
beS ^onigö Heinrich I. Von granfreich gerieth- 3n harter (Schute gum Spanne
herangereift, übermältigt er alle feine % einbe , fchlägt bie ftrangofen in gmet
^aubtfehtachten, untermirft bie ^Bretagne, SKaine, ^3onthieu unb rüfiet ft'ch nun
XIV
©ette
gum 3uge nach (Snglanb. aSerbienfte, bie ev ftcr) um bie «Kirche erroarb: et
toar eö , ber ben Äönig von ftranfreidj nöthigte , auf fernere 93efchüjjung ber
^e^eret VerngarS ju vergiften. 9Pill&eImö SSerfyaltmffe ju fionfranf unb ©er*
oafüte üUtt JÄljeimS. £)ie Dolitifdjen fiefjren unb Sorberungen ber (Shtgniacenfer
in ber Stovmanbie fcerroirflicljt. JDie .Kirche i»&tb%i i()n be$ Sluftragö, (Sng*
lanb »on ftttlichem unb ftoatltdjem Verberben gu retten. Uebergang $ur
Regierung beS 5lugelfachfen (Sbroarb, beS VefenuerS 250
<Setf>jcl)ttte§ Gapitel*
Anfange beö legten angetfäcfcftfdjen «Königs (Sbroarb beS VefennerS. ©efchichte
(Sngtanbö im £aufe ber 3al)re 1042 bis ju Gmbe 1051. Q3ebtngungen, bie
bem ©oKme (St^elvebö burcr) ben (Sari ©obroin aufgenötigt würben. (Sbroarb
muß bie ©erechtigfeitv'fiege bem 9Jbel preisgeben, mufj ben (Sari unb feine
©öfme mit ungeheuren £et)en auSftatten, muß bie Tochter ©obroinS ehelichen.
2)er unterbrüefte .König fudjt eine ©tütje an Normannen, bie ihn entroeber
nac^ (Snglanb begleiteten, ober bie er fpäter hinüberrief. £)te anfe^nlic^fieu
gübrer biefer ^arthei. (Kolonie ber aus (Snglanb verbannten ©egner (SbroarbS,
roelche gu Vrürge in ^lanbern entfiel)!. Slucr) bie freie Verfügung über bie
ViSthümer, welche bem Könige buret) ben 2öahlüertrag gugeftchert roqrben roar,
fud)t ifim ©obroin unb fein Anhang ju entreißen. GrrjleS Berroürfniß jlütfc^en
bem «£ofe unb bem übermächtigen darl. ©wen, ©obwinS ©ofjn , wirb wegen
eirjeS groben Verbrechens auS bem deiche verbannt, aber in bürgern muß
(Sbtnavb benfelben gurüefrufen, unb jule^t feine 3!^tngltt^ entlaffen. Ver*
mäblung beS ©rafen ©nftacbiuS üon Voulogne mit ber ^albfdjroefter beS «Kö*
nigS (Sbwarb, unb Steife beffelben nach ©nglanb. ©rünbe biefer Steife. Vlu*
tige £änbel ju £)ooer. (Empörung ©obwinS unb feiner ©ör)ne. Verbannung
berfelben auS bem deiche; auch bie Königin, ©obwinS Tochter, roirb »er*
flößen. (Srfier Vefucr), ben £erjog 3Bitr)clm üon 9touen in (Sngtanb ahftatht. 282
<Stefcjet)ttte$ (SapittL
©obwin unb feine ©ohne feieren bewaffnet nach (Snglanb jurücf unb fchreiben bem
Könige (Sbroarb Vebingungen üor. Verbannung ber ganzen normannifchen
^arthei, $Biebereinfe£ung ber üerfrofjenen «Königin. 5)ie Vujefarle , ober bie
glottenmannfchaft, welche bei Qtuflöfung ber ju Sanbe bienenben Ul^inglit^ bei*
fammen geblieben War, fleht auf «Seiten ber ©obroiniben. Dfach Vertreibung
ber Normannen ftü|jt ftcr) ber «König nur noch auf bie halbbänifchen Jpäubt*
linge beS nörblichen QrngtanbS, auf bie (Sarle Seofrif »on SRercia unb ©iroarb
üon üftorthumbrien. ®egenfa| gwifchen ber angelfdchftfchen Vetiölferung im
©üben, roelche ju ©obroinS ^>aufe hält, unb ben 33evoohnern beö nörblichen
%tyiU. ©obroin fiirbt an Dftern 1053 ; boer) feine ©ohne <§aralb unb
£oflig fe|en baö 3ßerf beö 93ater3 fort unb überrodltigen atlmdhlig burdj
üerfchiebene SWittel bie (Sarle öon ^orthumbrien unb SOZercia. «König (Sbroarb
ruft ben ©ohn feines ^»albbruberS (Sbmunb (Sifenfeite nach @nglanb , um ihn
gum Thronfolger einzufetten ; aber berfelbe roirb gleich nach feiner SInfunft in
(Snglanb burch bie ©obwiniben oergiftet. Se^t txitt ber unglüdliche «König
guerfi mit 2BiII)eIm oon 9touen in Unterr)anblung roegen ber Nachfolge. 3ar)re
1052—1059 308
3roiftigfeiten brechen im ©choofe ber ©obroiniben auö. S)ie gegenfeitige ©tellung
ber fdhigfien ©ohne ©obroinö, £aralb unb Xojiig, ju einanber. Umtriebe, roelche
£oftig macht, um fein SGBerF'jeug, ben Sifchof Sllbreb »on 3Borcefrer, auf ben
Grgftuhl üon 9)orf gu erheben unb eine mächtige Vßaxtfyi tu ©nglanb ju ge*
roinnen. 3)er anbere trüber, ^>aralb, fchürgt ein Oie^ am £ofe, »erfbricht feine
SWitroirfung, nach (SbroarbS Tobe bie Nachfolge bem Storbmannen 2BtIr)eIm üon
Stouen j$u oerfchaffen, unter ber Vebingung, bafj ihm SBilhelm bie nörbliche
XV
«Seite
Hälfte (Snglanbg überlaffe. 3m Auftrage beö JtönigS (Sbroarb geht Jparalb
nach Stouen, festlegt bort mit SBilhelm ab unb fmlbigt ihm. 3Jia§regeln,
treibe Softig ergreift , um bie Slbftchten feineö SBruberö *u vereiteln unb bie
.ftrone auf fein eigenes £aufct gu fe|en. Sluffianb ber 9tortbumbrier roiber
ihn, £aralb f)ilft baju, ba§ Xoftig auS bem Oieid^c »erbannt roirb. jlönig
(Sbroarb jiirbt im Sanuar 1066. £aratb totrb jum Nachfolger aufgerufen.
Hofiig forbert fünf dürften beö 9luSlanbö auf, ©ritaiwteti mit jfrieg ju über*
ftier)en. $)ie norroegifche flotte lanbet in üftortfjumbrien, aber in einer großen
©chlacht befiegt £aralb ton (Snglanb ben Norweger unb feinen eigenen 93ruber
Xojiig. 2>ie beiben legieren fallen. «Seerüftungen in ber Normanbie. SGBils
heim von SRouen legt feine Slnftnüche bem heil. «Stuhle t>or, ber für ir)n ent*
fdjeibet unb ilmi alö Seichen fetneö 9?ecr)t3 ein 23anner beö l)t\\. ^etrue über*
fenbet. 33eroei£, ba§ (Saibinal <§ilbebranb, auf bellen Utatf) $abft Slleranber II.
biefe Slnorbnung traf, bie ©efittung beg Horbens gerettet f)at. Nicht nur bie
SWadbt (Snglanbö mar burch bie (S^rfuc^t be$ angelfädjftfdjen ftürjlentljumö
jerbröcfelt, fonbern auch ber öffentliche ®eift burch Demagogie t>erborben . 328
(Sinbrucf, welchen bie erfte Nachricht vom £obe (SbfravbS unb tton ber £hronbefteü
gung Jparalbö auf ^er^og 2ßilr)elm herr-orbringt. @r fucf)t fofort feine Unter*
tränen für einen ©eejug nacr) (fnglanb ju Bimmen, roaS Öjm nur mit großer
9)cühe gelingt. Parlament in fernen. 2>ie meifien Slbgeorbneten rmberfyrecr)en,
aber einzeln geroinnt fte ber <&erjog. Nach Slnfunft beö 33anner3 $etri, baö
*ßabfi Sllexanber II. übevfanbte, t)ört aller 2öiberftanb gegen baf Unternehmen
auf. 3ngger)eim t-erlpjlichtet ber $abji fcen <£>eqpg erfilict) , ^tnfort bie jtrone
(Snglanb »on ber Normanbie ju trennen, unb beibe »erfdjiebenen (Srben $u
übergeben. £>a3 gefdjah auö Otücfft'djt für baä 2Bof)l granfreichö. SmeitenS
mußte Üßilhelm ©ürgfehaft leißen, baf er baS ©regorianifche jlirchenrecht in
Qrnglanb einführen roerbe. Stüfiungen in ber Normanbie. ©röße ber glotte
unb ber £anbmacr)t, melche ber «fper^og jufammenbringt. (5r lanbet auf ber
«Sübfufle (SnglanbS. (geflacht bei <2enlac, geliefert ben 14. Cctober 1066.
jtonig «iparalb fällt nacr) r)artnacfigem Kampfe unb mit if)m bie S3lütr)e beö
angelfächfifctjen Slbelö. S^act) bem «Stege roill baö normannifche ^>eer Bonbon
unb baö gange ditiü) ^»lünbern. 2Bilf)eIm terljinbert bie§, fcblie^t ©ertrage
mit ben Slngelfacfyfen unb roirb an 2Beif)nacr)ten 1066 in ber Söeßminfierabtet
jum Könige ©nglanbö gefrönt. Stäubereien , tt)elct)e bad meuterifebe ^peer be*
ge^t. 3Öilhelm bemeijiert baffelbe. ®efe§e, bie er erlä§t, um fein ^>eer
belohnen ju fönnen, unb bie fcr)ulbigen 2lngelfachfen p betrafen. Äriegefteuer,
SBegnahme ber ^leinobien in ben ©erotflben ber großen £onboner Äaufleute,
(Sinjiehung ber ©üter beö englifchen 2lbelö , beffen Vernichtung Wilhelm be*
fchloffen hat. Duellen be3 9ieichthumS ber Slngelfachfen: Sieferbau, <£anbel,
©chifffahrt, ©etoerbflei§, SWenfchenverfauf. Obgleich nur ein £ljeil ber füblichen
£älfte (Sngtanbö »on ben Normannen befe&t mar, fe^rte 2Bilhelm 1067 nact)
ber S'lormanbie jurücf. Slnbeutung ber ©rünbe biefer Steife. 33iete angelfäcr)-
ftfehe ©ro§e mülfen ihn alö ©eipel begleiten, ©ommer 1066 big jum
grühling 1067 358
S5om ^rühltnge _ biö jum 2)e^ember 1067 hhibt 2Bilhelm in ber ^ormanbie, gibt
bort prächtige $efte, roährenb auf (Snglanb büjtere ?lachrichten »on @rmor*
bungen einlaufen, ©eheime ©rünbe ber fcheinbaren Unthätigfeit beö 9tor*
mannen, jtönig $h^^^ !• »on ftranfreicr) fyatte einen Singriff auf bie Qrrb*
lanbe beö übermächtigen 93afallen befchloffen, aber 2BtU;eIm nötigte ihn, auf
biefen Pan ju »erdichten. 9cachrbeiö ber Tliüd , burcr) melctje SBilhelm
Se^kreö inö 2Berf fe^te. Zugleich fommt an ben £ag, ba^ ber (Eroberer
fich verbinblich gemacht f)atU, für (Snglanb bem ^eiligen (Stuhle ben a3afal(en*
@ib gu leif!en. 3u Sluögang beö Sahrä 1067 fet)rt 9Btfr)elm über ben ^anal
jurü<f. ©rof? e ©ährung in Sonbon , bie er buret) ein ®efe£ befchroichtigt,
XVI
3nl)alt$üeräeicr)mj3.
Seite
melcfjeS baö bürgerliche (Eigentum ftrfjer fteKt. Sluffianbc beö 33oulogner$
(Sitflac^iu^ , ber äftutter unb ber Söljne £aralb3, beö (Stito (Ebgar unb Sin*
beter, ftelcfye 2ßilf)elm fammt «nb fonberö im Saufe beö 3af)reS 1068 nieber*
fdjlägt. SOBäljrenb ber angelfädjftfdje Slbel im -£>affe gegen bie normannifdjie
^errfdjaft yerf)arrt, beginnen bie nieberen Waffen, 93ürger unb ^Bauern, tter*
fofmlicfye ©eftnnungen ju jeigen 5 396
©ittuttbjttjattjiöfte« ^apitth
(Ereigniffe ber Safjre 1069 unb 1070. (Einfall einer mächtigen banifcr)en flotte in
(Englanb. kleinere Sluffldnbe im ©üben unb SBeften. ©rofüe (Empörungen
im Horben. £)ie Stortfyumbrier »ereinigen jtdj mit ben 2)änen unb bem fdjot*
tifcfjen Äöntg SWalcolm. 3)orf wirb t>on if)nen erftürmt, unb meljr als 3000
Solbaten be3 Königs 3Btlfjelm fallen. Sftafiregeln , bie ber (Eroberer ergreift:
burdj 93eftecr)ung trennt er ben 9lnfütjrer ber bänifcr)en flotte »on ben sJior*
tfyumbriern, and) einzelne angelfäcr;ftfcr)e Häuptlinge ber Slufftdnbifc^en gewinnt
er. 9^un »ertoanfcelt ftcr) bie nortf)umbrifcr)e ^Bewegung in einen 93ertitgungö*
Fampf jtoifdjen Slnglobänen , welche jebe Unterljanblung mit SBilfyelm jurücf*
roeifen, unb Slnglofacfyfen, bie auf beö ^onigö «Seite übertreten. 93errätl)erei
beö SifdjofS Slgelroin »on £>urf)am. SWorttjum&rien roirb jur SBüfie. 3m
grüfyling 1070 enbet ber itamipf mit ütfüiger Unterwerfung beö nörblidjen
Gmglanbö. Sluömanberung »ieler Stbeligen nadj 93i)$anj unb anbern £änbern.
£)ie £artnäcfigßen werfen ftcr) auf bie glufüinfel (Eli), wo fte in ben bortigen
Flößern Unterfunft jtnben. ©efejj 3Bilr)elmS roiber bie mit ben (Empörern
tterbünbeten 3Jlöncr)e 415
3tt>emttfc$tt>att$t8fte$ ©a&ttet*
9leue Drbnung, Weldje SGßil^elm ber (Eroberer in ber englifdjen Äirdje einführt.
Strenge Sftafiregeln gegen ba$ »erborbene angelfädjftfcfje SJWndjtljum. Urfac&en
unb ftrüdjte biefer (Entartung; bie judjtlofen Älofterbrüber im S3unbe mit bem
angelfäcfyfifcben ^eic^öfürfient^um. Siterarifdje £f)ätigfeit berfelben. Stynoben
ber Sa^re 1070—1072. ffiil^elm gum gWeitenmale burcr) bie Legaten be$
sßabjleS gefrönt. (Eqbifdjof Stiganb öon (Santerburr; wirb abgefegt. 9ln feine
Stelle tritt ber biöfyerige 5lbt üon @aen, SanfranF. ©eljeime 33erl)anblungen,
roelc^e Sanfranfö (Erhebung vorangingen. £f)oma3, ber neue (Er$bifcr)of öon
3)orf; fein (Svjjtut)! wirb ber Sftetropole (Eanterburty untergeorbnet. ^etri
Statthalter genehmigt biep auö Sftücfftdjt auf bie politifdje Sßoljlfaljrt (EnglanbS.
^Dagegen erfennt 2Bilf)elm ber (Eroberer baö ©regorianifd&e ^irc^enrec^it in
»oltem Umfange an. ©runb^üge bejfelben. Söeroeig, ba§ bie 93erfaffung unb
bie ©röpe (Englanbö guten %f)äl$ auö bem ©regorianifc^en ^irc^enrec^t ^er*
üorforofjte 439
^oßbern fallt in Ungnabe , gefjt nac^ glanbern unb ftnbet bort ben Untergang.
3)ic ©efe^lofen auf ber Snfel (El^. «^erewarb roirb i^r ^»au^tmann. £>ie angel*
fäc^ftfe^e JKitterwei^e, eine $rucr)t reic^gfürfilid)er Oiomantif. 9Bil^elmö %dbt
$ug gegen (Eli) um ben Sommer 1071. 3m folgenben Saljre nötigt er Äönig
SKalfolm von Sd)otttanb, ben ^ulbigungöeib ju leiten. (Englanb innerlich
beruhigt. JDte ©efe^ic^tfe^reiber ber (Eroberung. Sdjon 1072 ar)nt SBilfjelm,
bap baö grope SBer! üotibradjt fei. (Er fe^rt nac^ ber Sftormanbie jurücf . 470
9iänfe bcö ^önigö $r)ili!p£ I. üon ^ranfreic^ gegen SBilljelm ben (Eroberer^ me^alb
le^terer nac^ ber 9lormanbte ftc^ begibt. 93om franjoftfdjen ^ofe "öerfü^rt,
öerfuc^t (Slito (Eabgar eine ©m^örung, üerliert aber fc^netl ben 9Wut^ unter*
mirft ficr) bem (Eroberer, empfängt einen großen ©e^alt unb mirb yerdc^tlic^.
3nljaltötterjeid)ni£.
XVII
Seite
Slufftanb in ber Ttaim. Stolle, bie ber Italiener 9l^o von (Sfle in Sc Sftanö
f^tett. £)er bortige 93ifä)of 9lrnalb errietet im (Einüerftänbniffe mit $abft
©regor VII. eine (Sommune, bie erfie in ^ranfreief). 2öill>elm gelangt wieber
gnr <£errfdj>aft in £e Sftanö, aber vom *)3abfte genötigt, muf er bie Som*
mune anerfennen nnb mit ftulfo üon 9ln|ou ft'd) auöföfmen. 2Bei3l)ett ber »on
©regor VII. ergriffenen SWajjvegeln. ^»od^gettfeft von 9torwiä). 33erfdjmörung
ber brei großen SSarone : beö Normannen Stöger, (Earlö von <£>ereforb, beö
53vetagnerö Slabulf, (EarlS von Dftanglien, beö 9lngelfaä)fen Sffialtljeof, (Earlö
von 9iortfjumbrieu. SDtifjilingen tf>rcö ^tanö nnb Q3eftrafung ber @cf)ulbigen.
2)ie (Sntf)an))tung SBalt^eofö fein ©ewaltßreid) , fonbern eine gerechte $anb*
Iung. Jtirdjlicfje 2lnorbnungen fianfranftf, er fyilft bem (Eroberer (Englanb be*
ruhigen. Srlanb nnb bie irifdje jlirdje. Sanfranf bereitet bie Bereinigung ber*
felben mit ber englifdjen vor. SSertjältniffe 2Bilf)elm3 ju bem (Salier £eins
rid) IV. Saljre 1073—1075 482
SüttfMtbjttMttjigfteS (galtet
Snnere 3erWürfniffe im <§aufe von Stouen. 3Beil ftd) 5Bilfjelm weigert, feinem
erflgebornen @oljne Robert bie Stormanbie abzutreten, empört ftd) biefer gegen
feinen 33ater. (Sljarafter unb ©rjtefyung beö (Erflgebornen. Robert fliegt 1077
erfi nad) ber Sanbfcljaft $erd)e, bann txtiht er ftd) in verfd)iebenen l'änbern
fjerum unb fudjt enbtidj £ilfe beim Könige von ftranfreid), ber bie ©elegenfyeit
mit ftreuben ergreift, ben Stifi jwifdjen 33ater unb <Sol)n ju erweitern. Sioberfö
5lufenu)alt in ber S3urg ©erberoty, einem ^reivlalje für Sluöreijüer. Dffene ge^be
beö <&ot)n$ mit bem SSater. £)rot)enbe Briefe, bie $abft ©regor VII. um
biefelbe 3eit an .König 2Btll)elm von (Snglanb erlief, 33ewei£, bap bie ©Van;
nung ba^er rührte, weil ber *)]abjt ernjutdj auf Abtretung ber Stormanbie an
Robert unb auf Slueföfjnung beS 33aterö mit bem ©ofjne beflanb. 3m Saljre
1080 verftäubigt ftd) aßtUjelm mit Robert, aügenbltcflid) dnbert ber $abfi ben
Xon unb richtet liebevolle (Schreiben an ben «König. (Schlimme folgen, Weldje
baS 3erWürfnifi Ijatte. Stufjlanb in üftortljiumbrien , (Ermorbung beS 93ifd)of3
äBaldjer von $)url)am. SRalfolm von ©djottlanb fällt in (Snglanb ein.
S3eftegung beö (Schotten, 33eftrafnug ber Sicortfjumbrier. 3nm zweitenmal
bricht Robert mit feinem 93ater, unb entfliegt Wieberum auö ber üftormanbie.
2Bat)renb beffen entwirft 23ifd)of Dbo von ^öaieur, 3Btl^elmö £albbruber, ben
$tan, ein normannifcfyeS <£eer auö (Englanb zum @c^u|e ber römifdjen Äirc^ie
Wiber ben ©alier £einrtct) IV. nac^ Stalten ju führen. 9llö ber ^önig Ijievon
Äunbe erhält, ejlt er im #erbfte 1082 auö ber 9tormanbie naa) (Englanb ^in?
über, »erljaftet feinen 53mber, ben 93tfd)of, unb üerwal;rt i^n in bem £fjurme
gu 9touen. Unmittelbar barauf ruft SBilfielm feinen @o^n Stöbert auö granf*
reid) jurü(f, bewilligt feine ftorbemngen unb übergibt tl^m bie 9lormanbie,
bo(^> mit 5luöna^me einiger ber feftejten $ta^e. Sa^re (Sfyrifii 1076 biö ju
(Snbe 1082 . 518
^)ie Königin SKat^ilbe, ©emafjtin 2ßill)elm^ beö (Srobererö, jiirbt SlnfangS 9loü.
1083. Erneuerter ^rieg in SJtaine, ber mit ben planen beö bdmfc^en ^ofeö
jufammenl)angt. ©rofe @eerüjlungen ber Könige ^anut III. tton 2)änemarf,
£)laf III. öon Norwegen unb bee ffl'larfgrafen Robert tion glanbern. 3ßitf|elm
wirbt ein jaf)lreid)eö %eer, fd)retbt eine £)änenfleuer auö unb vereitelt burd)
93efiea)ung bie 2lnfd)lage feiner geinbe. Stuö 5tnla§ beö bänifd)cn 5tngrip
füljrt Äöntg ÜBilfjelm ein ^atajler in (Snglanb ein. JDaö 2)omeöba^bucii).
©inn beö SBortö. SD'lan mup unterfdjeiben jwifa)en ben amtlichen (Sr^ebungen,
auf weldje eö ^thaut iji, unb ber furjen 3ufammen|iellung berfelben, bem
eigentlichen Sn^alte beö S3uc^ö. 5lrt unb 2ßetfe, wie bie (Erhebungen gemacht
Würben, ©ajonung beö GleruS unb anberer (Stänbe. ©tatijltf (Englanbö
nad) SWafgabe beö 2)om^ba^bud)0. 5lcferlanb, Sßiefen, Sffidlber, SBaiben,
SEein-- unb Dbßgärten, @alj; unb 33erg--3Berfe, fttfdjereien. 2ßol)norte : ©tdbte,
XVIII
3nhaltSverjeichni§.
Surfet, einzelne ©ehöfte , Sftanerien ber großen 93afal(en, 93urgflecf en , §c«
fiungen, Pfaden beS .Königs , <Scr)löfTer. 9Uicö ©runbeigentfmm beruht ver*
möge bcr (Eroberung auf königlicher 33erleil)uug. $erfd)iebene klaffen bcr
93et»oJ)ner: bic freien, unmittelbare 93afatlen ber j?rone, ober tenentes in
capite, unb mittelbare SSafatlen. 3m ©anjen jafjtt baS SDomeSbatybud) gegen
9000 auS beiben Staffen auf; unter ihnen gab eS nur fetjr wenige Singet*
fachfen. Mittlere freier censarii, burgenses, liberi homines; alb freie : bor-
darii, sochemanni, cotarii, villani. Erklärung biefer SluSbrücfe. *ßäd)ter auf
befh'mmfe Satire, auf SebenSbauer unb auf Erbe jtnb gemeint. 3iffer ber
vorljanbcnen ^albfreien. Eigentliche porige ober «Sclaven. 3hre Sabl ift
klein. S^at^tüeiö ber Maßregeln, burdj welche 2öilf)elm baS Ertöfdjen ber
(Sclaverei vorbereitete. (Schon mehrere Könige vor Söilfielm ftub t)iertn mit
gutem 93etfpiele vorangegangen. 9lrmenfieuer in Englanb 550
©er (Staat, ben SBitfjelm in Englanb grünbete, tvefentlich verfchteben von bem, Ivel*
d)en er antraf: er gltd) einem Organismus, vermöge beffen fein ® lieb mehr
tfmn burfte, ivaS ber <Selbftfud)t beliebte, fonbern ieglid)eS mußte ftch ben
©efejjen beS gangen Körpers fügen. 2)er jtönig befdjränkt burd) bie 93efug*
niffe ber geifilidjen unb weltlichen ©ropen, bie auf bem Parlamente tagen unb
tfjren SBillen gu erkennen geben. £)ie ©rofjen l)intvieberum befchränft gegen
£>ben burch bie 3Jiacr)t ber Jerone, ber fte bekömmliche (Steuern, in Ratten ber
Notf» baS 2)anegelb, unb überbieft bie regelmäßige Abgabe beS Seheneintritts
ober baS ^elevium gu entrichten fjahzn. (Sine «Schranke nach Unten für bie
©roßen ftub bie fechte ber niebern Staffen, lveld)e ber jtönig unerfchütterltd)
aufrecht hält. 3)er eingetretene 3Bedjfel fpiegelt ftd) in bem SluSbrucfe feudum
ab, ber jkatt beS älteren beneficium in ©ebrauch kommt 581
SBtlhelm Von Oiouen, 3erjlover beS angelfächftfchen 9ieid)SfürftenthumS , von bem
bie (Styroniften fchroetgen, baS aber in ben ©efeljen beutlid) hervortritt- (Snt*
tvicflung ber gerichtlichen begriffe «Sacka, «Socke, Toi, Team unb ©iebSthurm.
2Bilhelm läßt bie fünf (Shven als eitle Flamen begehen , vernichtet aber ihr
SBefen, inbem er bie ©erichtSbarkeit in bie £anbe ber von ber Ärone ernannten
93igtf)ume unb Sujtitiare nieberlegt. Slnbere 9)iittel, bie er aniyenbet, um bie
Orntjkhung gefchloffener Territorien gu verhinbern : £eirathen ber Sßafatlen
von königlicher Einwilligung abhängig ; bie äftanerien ber ©roßen über baS
gange 9?eid) gerfkeut; aud) baS Erftgeburtred)t , baS in ber Stormanbie be*
jianb, fließ er um, bod) erzwangen nadj feinem Tobe bie S3arone SBieberher*
fiellung biefer Slnfialt. SBtlfjelm unb feine Nachfolger begünftigen baS Bürger*
th«nt. ©üben, «Sacka unb Socke in ben «Stäbten 594
©elbtvtrthfchaft im englifdjen 9iormanuenreiche. ^Berechnung ber wirklichen unb
eingebilbeten 2Jlünjen : $funb, SDtarfe, Dere, (Schilling, SDenar, Dbole, @ticfa.
©umrne aller Äroneinfünfte im Sahre 1086. (Siferfucht, welche bie ^öhe ber*
felben in ben ^evvf(3r)ent>cn Käufern von ©ermanien unb granfreid) entgünbet 625
©efchtdjte beS legten Scfyxeö ber Regierung SßithclmS von $ouen. 3m Stugufi
1086 roerben fämmtliche 3)ienfileute ber fjotyn ^ronvafallen gum (Sib ber
Treue gegen ben ^önig verpflichtet, ©chwurtage ju ©aliSburV,, Sonbon unb
an einem brüten, unbekannten Orte. SBilhelm greift ju ben Sßaffen, um bem
3nr)alt$tter$etc$ntf}.
XIX
(Seite
•Röntge Wlifcb I. toon $ranfreirr) bie £anbfcr)aft 93erin $u entreißen. (Sturm
auf bie 93efle Sftanteg. SBilfjelmö 3tofü ftürjt, unb feiner verrounbet roirb er
nadj Jftouen gebracht, ©ein legtet 2BiUe ; offeneö (Singeftanbnij?, ba§ er (Sng*
lanb »um <Stuf)le $etri j^u £efyen trage. 2)er glorreiche Normanne fiirbt ben
9. (Sept. 1087. (Scfnecfen, ben fein £ob in ber Ocormanbie mie in (Sngtanb
erregt; benn man fürchtet, bafj bie (Söfme beö Verdorbenen baö (Sdjroert
roiber etnanber gießen. (Srjbifcfjof Sanfranf r»erf)inbert biefen ©reuet, Jjätt bie
Trennung (Snglanbö von ber S^ormanbie aufrecht unb frönt bort ben Sroeit*
gebornen SGBtlfjelmö I., ben gleichnamigen SBüfjelm IL, jum Könige. £>ie ge*
roöfynlidjen Vorwürfe, toelcfye gegen SÖÜfyelm von 9iouen erhoben roerben, ent*
meber übertrieben ober unbegrünbet. ©ein unfierblicrjeS SSerbienft bleibt, ben
@d)lu§ftein ber c^rtfiltdt)en ©ejtttung beö Horbens eingefefct $u fyaben. Summae
molis erat, borealem condere gentem. ©regor VII. unb SBtlfjelm tton 9touen
©eiftegoerroanbte, 33eibe 3öglinge beö (5lugniacenfer*DrbenS. dtnf)m ber (Sr*
oberer (gngtanbö 640
Stertes 93itd).
§es jjtütgtn Btxtyks imb ditgurs VII. fwjralttttss
Dänemark, dttgfaitb mtb km llormatronstaat auf hx
|torbk«ste Palliens.
©fröret, $ab(i ©tegotiuS vn.
S3b. in.
1
<ttvp$ Copitel.
<£ie (Sinfjerrfdjaft beginnt in 3)änemarf mit ©orm bem Sitten, befielt ®efcr)icf)te jebodj
bunfel genug ift. ©orm jiirBt um 936. Stuf tfjn folgt fem (Soljn £aralb «Sdjtoarj*
jaljn. Kriege beffelBen toiber btc facfyft'fdjen £)ttonen. (5r Wirb roieberfjolt Beftegt,
muß ftcr) bev beutfdjen jtrone unterwerfen unb bag (5fyriftentr)um annehmen. (Srrid^
tung ber jüttfdjen 93iöfljümer (Schleswig, 9ftye, 2tarf)u6, benen Otto II. 974 nodj
ein tierteö, baS r>on Dbenfe auf ftüljnen, Beifügt. 9la$bem £)tto II. 982 bte
fdjwere 9tieberlage in (SalaBrien erlitten f)at, empört ftcf) @roen I. ©aBelBart,
£aralbö I. €>ol)n, $ugteicf) gegen feinen 33ater, bie beutfdje £errfdjaft unb ba$
(Sfyriftentfmm. Jparalb, in einer ©djladjt tobtlicr) tterwunbet, ftteljt nacr) ber 3om$*
Burg unb jitrBt bafelBfi um 986. ©wen ©aBelBart ^crfdflt mit ben SomösSBifingern,
wirb r>on ifjnen gefangen, aber burcr) bie $)änen auegelöet. 3um 2)anfe bafür
fd^afft er baö (Sfjriftenttjum ab unb »erteilt baö ©ut ber von ben Dttonen gegrünt
beten bänifdjen «Stühle unter bie ©emeinben. SlugBrucr) beö €>cr)toebenfnegö. Jtönig
Griridj ber ©iegreidje »erjagt @roeu auS feinem Sfaidje unb eroBert ganj ©änemarf.
3tuS Maß beS SöunbeS gegen £)(af I, £rtygwe'3 ©oljn/ wirb <Swen wieberljergefteltt
unb ruftet fiü) nun jur 2lug£lünberung (Snglanbg. 3aljr 900—1000.
£aut ber früher1) angeführten ©teile ©norro'6 begann bte (§tnr)errfcr)aft
in 3)änemarf unter ©orm bem 2Hten, einem jüngeren 3e^9enoffen «&aralbö
be3 ©tföngelocften, ben aud) $bam von Bremen fennt.2) 2)tefer ®orm
r)at bte etnft von ben (§r§btfd}öfen 5in6far unb Rimbert auSgeftreuten $etme
be$ (Ehriftenttutmö jerftört, n>ef^alb tf)n ber Wremer (Sfyrontft einen 2Bütr)ertcb
nennt.2) $)en ©ö^enbtenft, ber unter @orm roteber jur tooCCen 33Iütl)e fam,
fcfyübert 3) ^Dietmar von Stterfeburg. OTttefyunft beS bäntfcfyen JDbmcultö
roar ber £)rt Settyra auf ©eelanb unroett bem fpäteren ßömgSftfc 9toe6ftfb.
3e nacr) 9 3ar)ren fanben bort* im Sanuarmonat bte großen Opferfeftc
ftatt, bei welken 99 Sftenfdjen, ebenfoütele Cßferbe fammt einer Sln^af)!
§unbe unb ,§>är)ne gefa)(aa)tet rourben. 3)ie 33efa)retbung be$ Sfterfeburger
53tfdt)ofö entfpricf)t $teinltct) genau bem, roa$ ber Wremer 5tbam t>on ben
fd)tt>ebifdjen Opfern $u Upfala berietet.4)
@orm ^atte jroet ©ohne, ,§aralb, ber nachher ben Beinamen 23laatanb
(©djroar^ahn) empfing, unb Äanut, welcher, rote e$ fdjemt, als <5taiU
l) S3anb II, 535. 2) $er| VII, 304.
*) 33anb II, 555.
3) Chronic. I, 9. $erfc III, 739 ffg.
1*
4
fßabfi ©regonug VE. unb fein 3cita(tev.
harter feine« SSaterS, ben fübltcf)en £f)eil 3ütlanb3 Befyerrfdjte. Wt festerem
ftieß im 3af)re 934 ber beutfebe Köllig ^ctnrtcf) I. jufammen, kftegte if)n
nnb jwang ü)n jur Saufe. 3Utc^ ber arte @orm mußte ftcf) unterwerfen,
unb bei Slbfajluß be6 gricbenS Ijat unfer jtönig, allem Slnfcbeine na$, §ur
33ebingung gemalt, baß ba£ (Evangelium ungelu'nbert in Dänemarf ge>
prebigt werbe. Denn 5lbam von Bremen mclbet,1) in golge ber ©iege
^einrit^« I. b)abe ($r$bifcr>f Unitt von Hamburg Dänemarf bereist, nnb
§war ben alten ®orm nicfjt §u befefyren vermocht, n>ot)l aber ben 6or)n
beff elben, £aralb, in fo fern gewonnen, als §aralb ber 93errunbigung beS
^reu^eö freien £auf in feinem Steide lief.
2$om alten @orm ift feitbem nirgenbS mer)r bie $ebe; er fdjetnt um
936, ungefähr §n gleicher 3tit mit unferem Könige <!peinricr) L, geftorben
p fein. Daffelbe gilt von ©ormS erftgebornem <$o|ne Äanur. 3nbeß
laufen über $anut6 £ob verfctjiebene (Sagen 2) um. Die (Sinen behaupten,
baß er von feinem SBruber «garalb ©cbwar^afyn erfragen warb. Saut
anbern Keberlieferungen fiel jtamtt, ©orrnS @or)n, bura) geinbeäfyanb bei
Belagerung ber irifdjen (Stabt Dublin, ober in (Snglanb. ©ewiß ift, baß
er einen (Sofnt hinterließ, ber ben gleiten tarnen, wie fein Dfyeim, nämlid)
^aralb führte, unb fpäter wegen ber 8d)äje, bie er als ©eefönig §u*
fammenraubte, ©olb^aralb genannt warb.3)
Stfacri be$ 93ruber3 unb beS Spätere £obe übernahm #aralb ©djwar&*
jafm, als alleiniger ^önig, bie Regierung DcmemarfS. «Seine ©efeftic^te
ift jeboef) mit Dunfel bebeeft bis §um Sabre 947, in welkem er gegen
£)tto I. feon Deutfcblanb einen unglücfltdjen ,ftampf beftanb. 5Dte Dänen,
fagt4) Slbam von Bremen, batten bie ©efanbten Dtto'S fammt bem von
^etnrtdt) I. etngefe^ten beutfcfyen 9J?arfgrafen ermorbet, unb bie längs ber
®rän§e angeftebelten ©aebfen vertrieben ober umgebraebt. Um btefen ©ebimpf
§u räcben, überwog ber beutfebe Lintig Dänemarf mit jfrieg. £aralb warb
bei ©cf/leSwig gefcblagen, unb ftegreta) brang JDtto I. bis §u ber ©teile
beS SimfjorbS vor, bie feitbem nacb ifyrn ben tarnen £)ttenfunb empfing.5)
Äraft beS griebenSvertragS, ben er bem überwunbenen Deinen aufnötigte,
erzwang bamals ber beutle Köllig bie (Srricr;tung ber bret jüttänbifcrien
BiStbümer (Schleswig, 9ftpe, %Ütfyt$, welche bem Hamburger (Srjftift untere
georbnet würben. Doct) begebt, wie id) an einem anbem Drte gezeigt r)abe,
5lbam von Bremen, £aupt§eugc biefer Gegebenheit, infofern einen von
feinem eigenen ©c^oliaften verbefferten Verfloß, als er behauptet,6) baß
ralb felbft fammt feinem ©ofyne ©wen, ber um jene Sät noa) 9ar in'^t
») q3ev^ VII, 304. 2) JDa^lmann , bäntfcfje ®efc^. I, 72. 3) @te*je 95anb
II, 580. 4) ®fwer, ®. Öl; 1290. 5) «ßcr^ VII, 368. 6) «ßevfc VII, 313.
©(^olton 21.
SBievteg 33uc$. (Sa},. 1. ©efötcfcte SSänemavfö üon 900—1000.
5
geboren war, 947 jur Saufe genötigt Worten fei. (Srft 18 3af)re fväter
fanb bie Saufe ftatt.
Sur bte £>emütr)tgung, welche §aralb Sdjtt>ar$$ar)n tu fola)er SBetfe
vom Süben t)er erlitt, fud;te er ftd) burd) (Eroberungen im £)ften, 2ßeften
unb Horben §u entfd)äbigen. Oben würben Stetten angeführt1;, laut
welcben «Jparalb Sdnvar^afyit eö war, ber auf Bommerns Jtüfte bte 3om$-
bürg grünbete. Leiter berichtet 2) 8aro ist feiner bäntfa}en ®efd)ia}te, baß
ein Sofyn ^aratbö, ^afou, mit einer gtotte, bie tfym fein SBatcr gab,
nao) bem »reufnfdjen Samlanbc ful;r, bort angefommen, feine Sa)tffe ver*
brannte unb bann ben (Singebornen eine töbtu'cfye 9?ieberlage beibrad)te. <Die
Sieger, fügt ber b&mfdje @efd)id)tfd)reiber bei, fyätten fofort alte Semben
umgebrad)t, bie fytnterlaffeueu Sßeiber gecf)ltcr;t, unb einen neuen Stamm
gefugt.
£ro£ ben fielen gabeln, wetebe Saxo vorbringt, err)ä(t feine 2lu3fage
bejügltcr) ber (Eroberung Samlanb3 babura) ©ewicfyt, weil taut gtaubwür*
bigen 3eugniffen 3) bie fragliche !provinj ju ben Sänbern gejault wirb, welche
^aralbö (Snfel, ^anut ber 9Jiäcbtige, unb §war al$ (Erbe feiner 23orfal)ren
bet)errfd)te. 9lua) Gmglanb jog ber 2)äne in feinen $retS. 9£acf) bem
SBcridjte*) be6 Wremers 2lbam, mit bem eine 9?eif)e engltfc£)er (Efyroniften
übereinstimmt,5) fegelte ein ^weiter Solui §aratb0, genannt £irtng ober
Gmd), um 950 nad? (Snglanb hinüber unb grünbete eine Heine £err*
fdjaft in 9?ortt)umberlanb , warb aber balb bura) ben angelfäd)ftfd)en
Köllig (Sabreb in bie (Sngc getrieben unb um 953 von einem ungetreuen
2) anen erfragen. (Snblid) falten in bicfelbe fyit bie früher6) erwähnten
Umtriebe, bie §aralb Sd)War^al)u maebte, um burd? argliftige 23enü£ung
ber ©rbanfprücbe, welche bie Söfyne (Strtcf)^ 23lutart auf bte trotte 9?or*
wegen erhoben, btefeS 9?ad)barretd) in 2tbl)ängigfett von Dänemarf ju
bringen.
3ule$t ging £aralb bamit um, baö SBafatlenbanb, baö ifyx an 2)eutfd)*
lanb fettete, §u burd)bred)en. Um 963 ftnben wir tt)n in SSerbinbung mit
bem 6aa)feu SBtd^mann, bem 23ruber3fof;ne beS neulid) von Otto I. ein?
gefegten £cr§ogö Hertmann beö 33iüungcn, ber über bem $lane brütete,
feinen £>f)eim §u vertreiben unb vom beutfe^en ^atfer abzufallen. SD^öndt)
Sßittufinb von (Eorvev, berid)tet,7) baß SBidnnann ben 2)änen ju einem
Angriff wtber Saasen aufforberte. Allein balb befann ftdj ^aralb etneS
Seffern, er wieö nid)t nur biefe Anträge §urücf, fonbern beftegelte aud)
feine Unterwürftgfett gegen bie beutfa)e ürone buref) eine un§wetbeuttge
») S3anb II, 587. 2) Histor. danic. ftranffutter Stugga&e »ort 1576. @. 166.
3) £angefcecf, Script, rer. danic. III, 160. I, 54. II, 157. *) Gesta hammaburg. II, 22.
$er$ VII, 314. 5) Eppenberg, @efd)ttf>te (SngtanbS I, 392 flg. 6) 93ant> II,
575 flg. :) III, 64. $evfc III, 462.
6 $nbfi ©regortuö VII. unb fein 3eitalter.
$f)at. Um 965 muß e$ gcfd^e^en fein, baß ber Däne ftd) felbft, feine @e*
mafyltn ©unf)ilb unb feinen ©ofyn ©wen taufen tief. Willem ^nfcbeine nacr)
r)at auf t>en eben erwähnten @ntfd)luß beS Dänen außer bem Sunber beS
beutfcben (£lerifer$ unb nadmtaligen Sßtfcbofö $opvo , von welchem unfere
(£r)rontften reben, *) bic gurd)t vor £)tto I. emge wirft, bor bamalS auf ber
,§ör)e feiner 9J?aa)t ftanb unb eben mit ber Äatferfronc gefcbmüdt auö
Statten nad) Deutfajlanb §urücffef)rte. £ätte Dito L Unfälle in Stalten
erlitten, ober Ware er aucfy nur genötigt worben, länger bafelbft $u bleiben,
fo würbe wor)l £aralb <Sa)wars§ar)n ben Einträgen Stahmanns günftigeö
®ef)ör geliehen Ijaben.
Un§w>etfcll)aft ift, baß ber ^aifer nad) fetner 9ftücffcl)r ben Dänen
wie einen Unterworfenen befyanbelte: §u 9D?agbeburg [teilte er unter bem
26. Sunt 965 eine Urfttnbe2) auS, fraft welcher er fämmtltcbe ©üter, welcbe
bte jüttfcben 6tüf)le 6d)le6wig, Dfive, 2larl)u3 jefct fcbon beffen ober tu
3u!unft erwerben würben, von allem jtöntg3§tn6 befreite unb bie ©erid)t&=
barfeit in ben betreffenben <5vrengeln, mit 2lu3fcf>luß ber ©rafen, ben von
ben 3Mfd)öfen beftellten $ircf)ettvögten übertrug. Sllö unumf&rättfter §err
»erfügte ber beutfdje jtatfer, wie man ftel)t, über Sütlanb, unb bte ©»racfce,
bte er führte, fcbeint von ber 5lbftc^t eingegeben worben §u fein, ben burct)
bie (Eroberungen im Horben, heften unb Dften gefcbwollenen Wlufy be$
Dänen §u bämpfen.
Daß £aralb nur au6 gurd)t vor Dtto'3 L SDtodjt ftd) ber beutfajen
trotte unterwarf, unb ben c^rifttta)en ©tauben annahm, wirb audb, burct)
Daö beftättgt, was feitbem gefcbat). Maum fyatte ber Äaifer im ^erbfte
966 ben brttten $ömer§ug angetreten, von bem er erft im (Sommer 1072
furj vor feinem £obe §urücffel)rte, als ber Däne von Beuern §u ben 2Öaffen
gegen Deutfcblanb griff. äßtttuftnb von ßorve», gibt §u verftcfyen, 3) £er§og
^errmann von 6aa)fen fyabe 968 ben *Rebartern SBaffenrufye bewilligt, weil
ber wieber aufgebrochene ^rteg gegen Dänemark alle ©trettfräfte (SadifenS
tn Slnfvrud) naljm. SBter Sabjre fväter fcbeint ber griebe rjergeftellt gewefen
ju fein. Denn Lambert von §er3felb erwähnt4) unter ben vielen ©efanbten,
Welche bem beutfcben Äatfer nacb beffen brttter 9?ücffer)r auö Stalten an
£>ftem 973 aufwarteten unb ©efcbenfe überbrachten, aucr) Dänen. Allein
fur$ naa) beä alten ÄaifcrS Sobe fd)lug £aralb jutn brittenmal gegen
beffen Nachfolger £)tto II. loö: mit welkem Erfolge, ift an einem anbern
Orte 5) gezeigt worben. Die Dänen unterlagen 974 in ber (schlackt am
Danewirf unb ^aralb mußte ftcr) in gotge be3 93ertrag3, ben ir)m ber
©teger vorfcf/rieb, ju ernftltc^er Unterwerfung unter bte d)rtftltd)e ^irc^e
l) ©fröret-, tftrcty. ©efdjtc&te III, 1291 flg. ') «Böhmer, «Regejl. 9fr. 298.
•) III, 70. $erfr.III, 464 flg. *) ^evfc TU, 63. 6) S3anb II, 583 flg.
33ievte0 93ucfj. (5ö*>. 1. ©efdfitc^tc 2)änemarFö uon 900—1000. 7
bequemen. 2Iucfy ber Oberjarl §a!on von Norwegen, ber bem Dänen ju
£ülfe gebogen war, würbe bamalS §ur Saufe genötigt.
5lllem Slnfdjcme nach ha* £)tto II. bei bemfelben Slnlajfe bie (Srrichtung
eine$ tnerten bänifd)en SBiSthumS auf ber 3nfel gül)nen, neben ben bret
älteren Stühlen beö jüttfehen geftlaubeS, bur#gefe|t. ©tue Urfunbe f) ift ttor*
r)anben, laut tt)e(ct)er Otto III. unter bem 18. 9Jiär$ 988 (Steuerfreiheit
unb anbere 9ledt)te ber 33t$u)ümer ©d)lc6rotg, 9?ipe, 2tarr)u3 unb Ottr)e*
n e 3 ro t g beftätigt. 93?it le$terem tarnen fann faum ein anberer £)rt, alä
Obenfe auf güfyncn gemeint fein, roo feit bem Anfang be6 11. 3ahrhunbert$
erroeteltd) ein ©tul)l beftanb. Denn §u einer ©teile ber (Stjronif 2lbam3,
worin ©röße unb 2ßof)lftanb ber ©tabt Obenfe, ber einzigen auf gütynen,
gepriefen wirb, maebt ber ©choltaft bie 23emerfung,2) ber erfte S3tfd;of
gurrnen^ t)abe ^etn^er, ber jnxite (Gilbert geheißen. Da nun bie Sitten
beS erften Otto nur bie. (Stühle $t!pe, ©cbleSroig, Slarfyuö fennen, tton
£)benfe aber fchroetgen, ba §roetten£ bte angeführte Urfunbe be6 brüten
Otto Obenfe nicr)t atö ein neuerrtchtete$, fonbem als ein feit längerer 3eit
befteljenbeö 93t3tf)um IjuijMt, fo folgt, baß bie ©rünbung biefeg ©tuf)l3
in bie 3al)re $rotfd)en 973 unb 988 fällt, alfo allem 2lnfd)etue nach eine
grüßt beö ©tegeS roar, ben Otto II. 974 erftritten t>at.
©eit ben legten kämpfen gegen bie beutfebe Ärone befannte ftcf)
«£>aralb ©d)roar§§ahn aufrichtig jum fatl)olifa)en ©lauben, erbaute eine
§auptftra}e in 9t*oe3ftlb, feinem ,£>errfcherft|, unb mehrere anbere an tter*
ftt}ieben Orten be6 bänifeben Meiches unb nött)tgte hartnäckige Reiben mit
©eroalt jur Saufe. 5lber nun gefaxt), roaö überall im Horben unter äl)n*
lta)cn Umftänben ftet) jutrug: eine, bem alten ©ötterbienft ergebene, *ßartr)ei
machte Umtriebe gegen ben jtönig, unb an bte ©pt£e ber Un^ufriebenen
trat .gwralbö eigener ©olm unb (5rbe, ©roen, ber einige, ber tton fielen
anbern am Seben geblieben roar. £aralb ©chroar^afm erlag, allein bie
©efchtchte feiner legten 3ahre, forote bie Anfänge ©toenS finb t>on ben
ffanbmatnfchen ©agenfehreibern frühe mit (Srbtd)tungen auSgefchmüft roorben,
bie ftd) gegenfeitig roiberfprechen. 3d) fyaltt mich an bie Berichte beS
beutfehen 23ifchof6 Dietmar tton SDierfeburg, ber ein jüngerer 3e^9en°ffe
£aralb$ roar, unb be$ Wremer (£f)rontften.
&£terer erzählt:3) „£aralb, Äönig ber Dänen, ausgezeichnet bureb
©laubenStreue unb Sapf erfeit, nahm baö (£f)riftenthum fc^on in früheren
Seiten feiner Regierung an, t>ert£)ctbtgte baffelbe ftanbl)aft unb regierte
fein ^etdj als ein frommer gürji 2lber in ben legten 3ahren *>c$ $am*
burger (Srjbifchofö Slbalbag (ber 988 ftarb) gerieth bie Ätra^c Dänemark
') «a^enberg, £amburgtfdje$ Utfuubenbuc§ I, 9fr. 50. 2) $evfc VII, 370.
«Sektion 9fr. 106. 3) Gesta hamraaburg. II, 22. 25 26. $evfc VII, 313 unten flij,
8
$abft ©regoviuS VII. unb fein ßtitdlUx.
in fernere ^öebrängntffe. Denn ©tuen, ber ©ofyn beS großen §aralb, machte,
ungebulbig barüber, baß ber SBater fo fange lebe, allerlei böfe 5Cnfcr}Idge
unb l)ielt mit ben Reiben, roeld)e £aralb vviber ifyren Hillen §ur Slnnafyme
beö ct)rtftltcf)en ©(aubenö gelungen b)atte, Diatr) über feinen ©tur$. (Sine
$erfd)n>orung entftanb, in golge weiter bie Dänen ba# (£f)riftentf)um ab*
fd)rooren, <Sroen auf ben Syrern erhoben unb §u ben SBaffen gegen £aralb
griffen. 3« einem treffen unterlag bie ^ßartt)ct £aralb3, er felbft warb
vemnmbet unb entflof) vom 2öaf)lvlai$e ju ©anffe nad) 3umne (ber 3om3*
bürg). Die (§imvor)ner biefer 6tabt nahmen i^n, obwohl Reiben, gütig
auf, bod) ftarb er nad) wenigen Sagen an ber SBunbe, roetdje er in ber
©drtadit gegen ben ©ofyn erhalten fyatte. Wan braute bie £eia> nad)
bem $önigft£e 9ioe6ftlb, wo fte in ber Don §aralb erbauten Dreifaltigkeit^
jtircf>e beigefe^t roarb. 9lie wirb allf)ier §u Hamburg ba3 5lnbenfen §a*
ralbö unb feiner ©emapn ®unf)ilbe er(ö'fc£)en, audj) fyegen wir bie §uver*
ftcf)tltcf)e Hoffnung, baß biefer Äöntg, ber juerft ben ©lauben in Däuemarf
begrünbet r)at, ber ben Horben mit $trd)en unb *ßfebigern beö 2ßort3 au6*
Mattete , ber enblia) unfdmlbig unb um Gtfjrtftt willen auö feinem 9teid)e
vertrieben roorben tft, im Gimmel ben £or)n be$ 9Mrttyrertl)um£ genieße.
Die Regierung §aralb$ f)at 50 3at)re gewährt, fein SobeStag war ba$
geft aller fettigen" (ber 1. November).
Da$ 3al)r, in welchem £aralb ftarb, gibt Slbam nicfyt an: e$ fann
nur annäfyernb beftimmt werben, ©ewiß ift, baß er vor 2lbalbag von
^Bremen, alfo vor 988 mit £ob abgieng. Da £aralb Sd)War§$af)n taut
ben oben angeführten ©rünben um 936 ben £l)ron beftieg, unb ba er nacr)
ber au£brücfticr;cn Angabe Slbamö 50 3af)re regiert l)atf fo barf man
verftcbtlict; annehmen, baß fein $ob swtfajen 984—986 fällt. Darüber,
baß er im jtamVfe gegen ben eigenen <Sof)n erlag, ftnb fämmtlicfye Duellen:
Slbam, 6norro ©turlefon,1) bie um bie föfitte beö 11. SafyrfmnbertS ab*
gefaßte ®efd)id)te') ber englifdjen Königin (Smma, ber ältefte bänifcfye (Sfjromft
@weno 5lggefon,3) welcher um 1180 (abrieb, ber blumenreia^e @aro,4) jün*
gerer 3e^9en^ffe ©weno'ö, ertbltct) bie ftanbinavifdjen <Sagenfd)retber einig.
2lber be^üglid) be3 $err)ältniffe6 , baS äWtfcfyen bem r)errfa)enben §aufe
Dänemark unb ben 3om6wifingcrn ftattfanb, weicht ©norro von ben an*
bem 3eu9en
Saut feiner Eingabe*) ftanb ^alnatocfe mit einer Slnjatyl von %om&
burger ©ebiffen in bem treffen gegen £aralb auf (Swenö «Seite, wäfyrenb
bte übrigen Duellen auSfagen, baß jtönig £aralb in feinem Unglücf bei
l) Heimskringla ed. Schöning I, 229 unten flg. 2) £ange&ecf:, Script, rer.
danic. II, 474. 3) Histor. reg. Dan. cap. 4. ibid. I, 51. 4) Histor. danic. liber X.
<§. 167 flg. bev angefügten SluSgafce. 6) Sl. a. D. 1, 229 ftg.
$terte$ 33u<$. Gap. 1. ©eföidjte SDonemarfa tton 900—1000. 9
ben 3om6burgen £ütfe fud)te unb fanb. Nicht nur bte 9M)r$al)l ber 3eu*
gen, unb baS perfonltdje ©ewtd)t, ba6 (Stnjelncn berfelben §ufommt, fonbern
aua) bie fpäteren (Sreiguiffe nötigen, für le^tere £)arftelumg ju entfdjciben.
3mmcrl)tn läßt fic^ bte Angabe (Snorro'6 mit bcm 3cu9wfle ber Slnbern *
auf ungezwungene Sßcife vereinigen, fobalb man annimmt, baß bie $ar*
thetung, wcld)e um 984 in 2)änemarf ausbrach, aua) bte 3om6mtftnger
ergriff, unb baß ein £l;et( ber bortigett Seeräuber, mit ^alnatocfe an ber
6pijje, für ©wen (ich erhob, währenb bte 9)tehr$ahl ju £aralb J>ielt.
Whlntä @raa)ten0 muß man ftd) bie Sage ber £)inge fo benfen: bte
3om$burger ©emetnbe mar urfprünglid) eine bäntfdje *Pflan$ung, ftrebte
aber nach Unabhäugtgfett, welches 3>\d fte, n>ie tt)ir Riffen, unrHia) erreicht
hat. 5116 nun in ü)änemarf ba3 3etwürfnt|3 swifdjen bem Könige §aralb
unb beffen ©ohne auSbrad;, beilüden bte ^äupter beS flehten (Staats bie
günftige Gelegenheit unb nahmen $artl)ei für ben $ater. Uebevall in ber
gßelt werben poltttfche 3mäc am leid)teften bura) Ausbeutung von ©trei*
ttgfeiten in ()errfa)enben Käufern burchgefc|$t. «gwralb muß in fetner Noll)
ben 3om6burgern bebeutenbe 3ugeftänbntffe gemacht fyaben. Slggefon be*
rtdjtet1) tri biefer £tnftd)t einen 3ug, ber faum erbtd)tet fein fann, erbeutet
nämlich an, baß ber alte ^öntg in ber 93er§wetflung, um bie heibntfeh*
geftnnten 3om$burger §u gewinnen, fclbft baS (Shriftenu)um abfehwor.
2öaS bte Urfaa)en ber (Entzweiung (BwenS mit feinem SSater anbe*
trifft, l)ieng ber 2tuSbrud) beö ©treits fyodrft tr»ar)rfc^ctnltc^ mit ben 9lnge*
legenf)etten bcS beutfetjen 9ietd)S pfammen. hätten bte £)ttonen um 983
uod) btefelbe 93iaa)t befeffen, wie 974, fo würbe 6wen eS nimmermehr
gewagt haben, ftd) gegen ben SSater, ba£ ^t)nftentt)itm unb bie beutfa)e
DberlehenSherrlicr/feit ju empören, beim fonft wäre er unfehlbar erbrüeft wor*
ben. Allein bie ©ad)en ftanben bamalS anberS. 3m Sommer 982 hatte
^atfer Otto IL bei ber calabrifa)eu ©tabt ©quitlace jene töbtltdje lieber?
tage erlitten, in gofge we(a}er alle $m3pflichttgen $ölferfd;aften auf ben
Dp unt> Norbmarfen beS Neidas ftd) gegen bie beutfa)e £errfchaft erfjo*
ben. 2)en Anfang ber Empörung aber machten bie £)änen, inbem fte im
9Dcai ober SUrtl 983 eine ber tton £)tto II. 974 errichteten ©rätt$feftungen
erftürmten. 2) iDtefcr 6d)lag fann nicht son bem 93ater £aralb, fonbern
er muß t>on bem @ol;ne 6wen ausgegangen fein, ba ja (öfterer laut bem
Berichte 2lbamS bem (Shrtfteuthum, unb folglich auch ber beutferjen Ober*
herrfd)aft treu bleiben wollte.
£aralbS Nachfolger, ©wen L, ber feitbem von feinem in jwei Spieen
auSetnanbcrlaufenben jfrtebelbart ben Seinamen ©abelbart (StugeSfegg) er^
hielt,') fd)eint in ber erften 3nt nach fetner ^t>ronIuftetgung mit ben 3om^
l) Sangebec! I, 52. 2) ©fröret, ©. III, 1410. 3) Heimskriugla l, 229.
10 $abji ©vegottuS VII. unb fein Beitalter.
bürgern im grteben gelebt ju fyaben. Denn bte son ben meiften ßeugeit
ermähnte Slbfüfyrung ber Setdie £aralb3 au3 ber 3om$burg naa) Roeöftlb
fefct friebltdje Q3erl$ltmffe t>orau$. 2lua) nad) ©norro'g 33ertcbt ftanb
©wen Stnfancj^ mit ben 3om3n>ifmgern gut. @r erjagt nämiia? , baß ber
Däne bamatö bte ^Äuptltngc ber 3om6burger ju jenem Srinfgelage lub,
bei weitem er ben Srunfenen baö 23erfyrecf;en beS Angriffs auf Norwegen
cntlocfte.1) Slber balb fam e$ $um Kriege awifdjen Reiben, fei e6 »eil
bte SomSburger, befyarrenb auf bem bei 5(u6brua) ber ^3artr)eiung §wtfcf>en
SSater unb ©of)tt gefaßten $lane, bte $nfprüa)e ber £errfcr>aft über tf)re
©tabt, me(c|e ©wen erhoben fyaben mag, prürfwtefen, fet e3 weil fte
für bie argftfttge Aufreizung §um $am:pfe wtber Norwegen $ad)e nehmen
wollten. ©wen ftritt unglütflid). 5lbam £on ^Bremen,2) ©weno Agge*
fon3) unb ©aro4) berichten einfttmmig, baß ber junge Äönig in ©efangen*
fetjaft ber 3omStt>ifmger genetr), unb baß bte Dänen tfm mit fe|r großen
Summen auflösten.
Ueber bie Art unb Seife, in ber bteß gefebaf), werben (Sin§eml)etten
erjagt, bie ta) nta)t übergeben barf. Der Wremer (Efyrontft fagt, baß
©Wen gleid) nad) feinem Regierungsantritt ba6 ^etbentfmm wieberfyerftettte,
unb tro£ ben ©egenoorftettungen, we(a)e ber 988 auf ben ©tu!)! fcon §am*
bürg erhobene (Sr3btfa)of £ibenttuS machte, mit großer Strenge Wtber bte
Triften üerfufyr. ©aro fügt bei, btefe Maßregel f)abe ifjrn bte «£>er§en
beö bäntfeben 93off£ gewonnen unb fet Urfaa)e gewefen, baß, a(6 er in
©efangenfe^aft geraden war, bie Scanner tl)re ©a)ä|$e, bte Seiber it)ren
©d)tnud §u feiner ^Befreiung fpenbeten. Saut AggefonS Slu6fage belohnte
ber ^önig nad)l)er bie Eingebung babura), baß er erftltcb ba£ altbäntfcfce
®efe£, wela)e$ (gleta) bem faltfdjen) bte Softer son ber (£rbfa)aft au$*
febloß, abfa)affte unb tfynen gleiten £f)etl mit ben ©öljmen am ^ac^taffe
be$ 93ater$ §ufpraa), unb baß er zweitens ben ©emetnben Kälber »erlief.
Aua) ©aro melbet ungefähr Daffelbe. Sie »erb/ält eS fta) mit triefen
gorften?
Sa) will furz meine Meinung fagen. Aus ben früher angeführten
Urfunben ber beutfa)en jtatfer £)tto I. unb III. erhellt, baß bte mit 2Baf*
fengewalt t>on unfern ^errfa)ern gegrünbeten ©tüfyle 3ütlanb3 unb gü§*
nenS bebeutenbeS ©runbetgentfyum befaßen. Dtefe Sänbereten müffen An*
bem abgenommen worben fein, benn fyerrenlofeS ©ut gab e$ bamalS in
Danemarf fo wenig mefyr, alö in Deutfa)Ianb. 3a) benfe, bte ilrone Däne*
marf, trielletcbt aua) manche ©emetnben ftnb gezwungen worben, bie Au3*
ftattung ber Ätra)en, Pfarreien unb 53t6tl)ümer herzugeben. 2£eü man auf
0 üöanb II, 588.
lib. X, @. 168 flg.
*) $evfc VII, 316. 3) SangeBerfl, 53. *) Hist. danic.
aSievteS S3ucJj. @ap. K ®efd)i#te 2>finematf3 »on 900—1000. ]j
tiefe 2Betfc »erfuhr, erflärt ftcb bcr £aj3, ber in Dänemarf gegen ba$
(Styriftcnthum $cxrf$te. ^acfcbem nun Swen ben r)etbmfdhen ©ötterbtenft
wieberr)ergeftellt hatte, jog er einen S^ett') be$ itirchengutö ein unb ver*
gab ihn alö (Srfafc für bie aufgebrachte (Sinlö'fungSfumme an bte urfprüng*
lieben (Stgenthümcr, bte ©emetnben.
3)aö ©olb unb Silber Dänemarfö fyat ben jungen ^ö'nig nicht bauernb
gerettet: in $ur§em brach ein mächtigerer ©egner, als bie 3om3wtfmger,
dixid) ber Stegreidje von Schweben, gegen i|n lo£, vertrieb ©wen nad)
mehreren Seetreffen aus beffen @rbreia)e unb brachte £)änemarf unter fd)We*
btfd>e ©ewalt.2) £)er beftegte Ü)äne flot> erft nad) Norwegen, bann nach
(Snglanb, warb aber an betben £)rien §urücfgewtefen, erft in Sd)ottlanb
fanb er Sdmjj, unb lebte nun längere fyit al£ Seefontg vom Stfinger?
©ewerb, meift auf Soften GmglanbS. 3) 2lußer 2lbam von Bremen 'unb
Saro4) bezeugt aud) ber 3e^9cn°ffe Dietmar5) von 5Ü?erfeburg bie bureb
(fd)Webtfche) Normannen bewtrfte Vertreibung SwenS auö 3)änemarf, unb
ba$ (Seeräuberleben, ba£ er geraume j$ät führte.
£>er Wremer (Styrontfi berichtet 3) Wetter: „«ftöntg (Einet; befaß feitbem
$wet deiche: 2)änemarf unb Schweben, er felbft war §etbe unb fyat ben
(Sänften viel £eib." 2)te Strebe, welche fd)on in ben erften Sauren Swen3
fchwere Sd)läge erlitten fyatte, muß währenb (girier^ Ü)o^elregterung tn
3)änemarf erlofcfjcn fein, \*aut 2lbam3 3eu9n$6) War ba£ 33t$tfyum 2lar*
r)uS fdjon etwaö früher eingegangen. 3)te anbern (Stühle erlagen je£t
einem ähnlichen Sd)icffal. 2)te (S^ronif von C^tpe melbet,7) baf ber erfte
SBtfchof biefeö Stifte, 2iafbag, ale er, von ben Reiben verfolgt, über einen
gluß entweichen wollte, erfragen warb. SBifcbof (Sffefjarb von Schlei
wig entfloh nad) 2)cutfcblanb , fanb in £tlbe$f)etm 2lufnar)me unb letftete
bem bortigen SMfdjofe SBernwarb mehrjährige 2)tenfte als Stellvertreter.
3m 3a^re 1000 vert^eibigte er in biefer (Stgenfctyaft bie Sad)e bev £ilbe$*
heimer Ätrct)e gegen ben 9)?atn§er Metropoliten ^Billigte auf ber Stynobe
ju ©anber^hetm.8) SBilligie fuhr ihn Jjart an, warum er ftet) in frembe
^änbel mtfehe unb nicht feine eigene Kirche regiere. (Sffeharb antwortete:9)
„um unferer Sünben willen ftnb bie ©rängen meinet SBiethume von Reiben
verheert, meine Stabt ift §erftört, meine Kirche veröbet, ich fyabe feinen
St£ mehr unb belenne mia) ale 2)iener unferer lieben grauen von «£>il*
be^h^m."
Von bem eroberten 3)änemarf aus machte $öntg (girier) Einfälle in
bte benachbarten ^rovtnjen 2)eutfa)lanb6. Um bte Seilte be£ Sommere
l) «Später toirb fidj ergeben , baß ntcfyt aQeö eingebogen korben ijt. 2) Q3ev^
VII, 316 unten flg. 5) Ibid. ©.318. 4) 91. a. £>. @. 170. 6) ^ßer^ III, 848.
6) $«0 VII, 322 u. 369. T) SangeBed VU, 184. 8) ©fvorer, ^. ©. III, 1559 fig
9) Vita Bernwardi cap. 20. ^er^ IV, 768.
12
<Jk6fl ®regortu$ VII. unb fein faitaUex.
994 erfaßten eine fein* große glotte bäutfcfjer unb fd)Webtfd)er ^aubfehtffe
in ber 9Zorbfee. 2)ic eine §älfte lanbete bei Stabe, trieb bie 9Jtannfcbaft,
Wlfyt bie (trafen von Stabe herbeiführten, auäcmanber, nahm ben ©rafen
Sigfriet) gefangen, mittete mit geuer unb Schwert, bte enbltd) «£>er§og
23ernl)arb I. von Sacbfen heranrüdte unb bie Raubet niebermaebte. SMe oft*
bere £älfte futjr bie SOefer hinauf, ftieg bann ans &mb unb brang, burdj
SBegweifer irre geführt, nad; bem ©linfier DJioor (fübltd) von 23remervörbe)
vor. 3)ort würben fte von ben Saufen überfallen unb Ms auf ben Ickten
Wam erfdjlagcn: 20,000 Räuber follen an jenem £age geblieben fein.1)
%u<X) in ben nächften 3at)ren fetzte Zeitig (Strich bie Staubige fort: bie
Stäbte Sad)fen6 gitterten, (Sr$btfct;of £tbcutiuö ließ Bremen mit (Srbwätlen
umgeben unb flüd)tete bie $irchenfd)ä£e m$ SBtnnenlanb.
3)te vormunbfchaftlid)e Regierung, bie bamatö im tarnen Dtto'S III.
baö bcutfdje 9?etd) verwaltete, war §u fd)Wact) unb ju fef)r bureb anbere
£änbcl befchäftigt, um bem Uebermutr)e beS Schweben grünbltcb p fteuem.
Uebcrbieß ftärfte ftet) (Strtcf) buret) einen 23unb mit bem *}jolenfürften W\i\&
law, ber, wie wir wiffen, bamafö baS 2öcnbenlanb fammt 3umue be*
herrfebte. 2) 3)er Scboliaft §u 2lbam von Bremen berichtet,3) baß SBoleö*
law, ober vielmehr beffen Vater 9)ficiölaw,4) als Unterpfanb ber greunb*
fd)aft bem Sd>weben feine Sochttr — jene Stgrib — jum SBeibe gab.
£)od) fann baS gute Verhältntß §wtfchen (Strid) unb SöoleSlaw nid)t lange
gebauert haben, benn berfelbe 3^9? fügt3) bei, baß ber *ßole fpäter mit
£)tto III. ftet) verbünbet ^abc. 2lu3 30rn h*cruDer tt>t^ e^ gefchchen fein,
baß (Stria) fur§ barauf Stgrib verftieß.
3d) ^abe an einem anbem Drte bemerft,5) baß ftd) baS Sobcgjatjr
be$ SchwebenföntgS nifyt ftd)er beftimmen läßt. (Sr fa)eint $wtfd)en 997
unb 999 ba$ Stitlify gefegnet §u haben. 9kd; feinem £obe fetjrte ber
vertriebene Swcn aus (Snglanb in bie ^eimath juritef, fonnte jeboct) aber*
mal 3)änemarf niebt behaupten, weil ihn (Sirtd)$ Solut unb 9cad)folger,
£)laf ber SdiooSfömg, wieber verjagte.6) 3nbeß verfa)afften ihm fur§ bar*
auf Unterhanblungen ben ruhigen Sßeftti feinet @rbretcr)cö. damals ent*
ftanb nämlich jener große SBunb ber ffaubmavtfchen Seemächte gegen ben
Norweger £)laf, £rtygwe'S Sol)n, unb baS von tl)m verthetbigte chriftltcbe
Softem. $tußer ben Häuptlingen ber 3om6wifmger unb bem norwegifeben
3arl (Sirich, <£>afon3 Sollte, ber alö ©eefömg in ber Verbannung lebte,
50g ber junge Sdiwcbe auch 3)äncn l)mh\. 6wen erhielt bte §anb ber
©igrib, Butter be3 Sd)Weben, weld)c ben ©ohn $n;gwe'£ töbtltch h^ß^7)
') ^ev^VII, 317. 2) S3anb II, 602 f(g. 3) $ei^ VII, 318. 4) Sttan
»erg(. Sangckd, Script, rer. danic. II, 479. 5) S3anb II, 538. 6) «ßerft VII, 319.
7) S3anb H, 607.
93ievtee 93ucfy. (§a\>. 1. ®efrf)icf)te 3>änennuF<? »Ott 900—1000.
13
unb ba£ Verfprccbcn , baß er in Dänemarf nMeberfyergeftellt werben foltc,
wenn Olaf, Stttgnx'S (Sohn, im bcttorftehcnbcn Kampfe unterliege.
933ie früher erjagt werben, fiel ber glorreiche Norweger im $erbfte
1000. Die (Sieger tr)ciltcn ftcb in bie teilte, 511 Däncmarf hin befam
€roen noch ein Stüd beS füblicben SRonvegenS. 3cb muß junäcbft chrono*
kernte ^ebroierigfeiten lefen. 5lbam son Bremen fagt,1) ton ber 9Scr*
treibung €roen$ burd^ ben (Scbrecbcnfönig (5tricb bis ju feiner SÖieberbjetv
ftellung feien jroeimal fteben, ober, roie er an einer anbern Steife nueber*
fyolt,2) 14 Sa^re »erlaufen, (Sa.ro bagegen jäfylt3) nur 7 3af)re. §ier ift
ein Haffenber Sßioerfprurh, ber ftcb meines @rachten6 in folgenber Seife
t)eben läßt: e$ muß irgenb einen @rimb haben, baß 2lbam bie fünftlichc
gorm jroeimal fteben, ftatt ber einfachen 33cftünmung 14 3af)re, roäfylte,
Die erfte Raffte ber Regierung (EwenS, welche bie 3af)re tton feinem JKe*
gierungSantritt bis jur Schlacht gegen Olaf, ^r^groe'S Sofyn, im ^erbfte
1000 umfaßt, jerftel tri $roet burch unglüef liehe (Sreigniffe bezeichnete 21b*
fdMiitte, tton benen ber erfte bte kämpfe gegen bie 3emsburger, ber jroeite
ben febvoebifeben jtrieg unb feine Solgen begreift.
3cb benfe nun, beibe werben gleich lang, nämlich; je 7 3ül)re gebauert
fyaben. deiner ^Xnftc^t nach besiegen ftch bie 7 3^rc, welche ©<uro er*
roäfmt, auf ben jweiten 5lbfchnitt beS (SrbftrettS mit 6d)tt)eben unb ber
Vertreibung @tt)en$ burch (Strich. 5lbam' bagegen begebt in fofem einen
Verftoß, als er bie jrrximal 7 ober 14 3af)re, roeldje bie ganje ©efchichte
SroenS tton feiner Sbronbefteigung bis $ur SSiebereinfefeung im ^erbfte
1000 ausfüllen, auf bie ^cit feiner Verbannung nach (Snglano befchränft.
Demgemäß begann bie Regierung SnxnS ju (£nbe beS 3al)rö 985 4) ober
im Saufe beS folgenben, bie unglücf liehen kämpfe gegen bie SomSrotftnger
unb bie Döthen ber 5(uSlöfung bauerten bis 993, bann braef) ber Ärieg
gegen Schweben auS, in golge beffen ®tt>ejn auS Dänemarf entfliehen unb
7 3^b)re als Verbannter in Britannien leben mußte.
Dtefe Slnnafyme erl)ält burch mehrere Sfjatfadu'it l)or)e ^ahrfaVinlid)*
feit. 235ie oben gezeigt roorben, beftätigte ber berufne ^errfcher Otto III.
tottdj Urfunbe 00 m 18. üttärj 988 ©üter unb Sterte ber ^tStbümer
6^le6ttrfg, 5larbuS, Dfrpe unb Obcnfe. gür unbenffear l)a(te id^ cS, baß
Otto biefe Urfunbe ju einer 3e^ auSgeftetlt haben feilte, ba bte jüttfehen
53ietf)ümer gar nicht mefyr beftanben. golgltd) waren bie ^irchengütcr
Dfinemarff im %atyt 988 noch nicht eingebogen. Dagegen liegt bte Ver*
mutfmng naf)e, baß ifynen um bie angegebene 3^t ®efal)r breite, unb baß
Otto bie fragliche Maßregel in ber Slbjtcfct ergriff, um ben befürchteten
') ^cr|Tn, 318. -) Ibid. ©. 319. 3) 91. a.D. @. 170. 4) 3n biefeä
3a^r »erfe^t bte alte 3elänbifc^e d^venif bei Cangcbccf II, 189 £aralbg Xob.
14
$abft ©regoriuö VII. unb (ein 3eitatter.
©d)lag abjuwenben. 53efaß aber bie bänifebe Strebe 988 it?r (Sigentfmm
nod), fo ergibt ftd) weiter, baß ©wen nod) nidjt auö ber ©efangenfebaft
eingelöst werben war, unb baß feine 3crtr»ürfntffc mit ben SomSwirmgern
unbeftimmte Seit über ba$ 3afyr 988 fymauStoctfyrren. gerner ba 3)äne*
marf unter beutfd)em ^ird)enfd)u£e ftanb, fam ber Angriff, welchen (Strich
t>on «Schweben auf ©wen mad)te, einer jfrteggerHftrung gegen baö beutfebe
$eict) gleich unb eS ift beftyalb wafyrfcbeinlicb, baf ber 6cbwebe, unmittet*
bar naebbem er 3)änemarf in feine @ewa(t gebracht fyattc, ben jtantyf
gegen 3)eutfd)lanb eröffnete, tiefer Mamtf aber begann, wie icb oben
gezeigt bjabe, im 3ab;re 994. golgttd) muß (Sind) nirtt lange vorder 2)äne*
marf erobert fyaben. Die Eroberung, wefebe nacb SlbamS 5iuefage niebt
ofyne 9D(ur)e gelang unb mehrere 6cblad)ten foftete, fällt alfo altem
fcfyein nad) in baffelbe 3a^re 993, baS icb oben aus anbern ©rünben aU
Anfang be£ ^weiten SlbfdjntttS ber erften 9fegierungSf)äIfte <Swen3 be*
jeicfynete.
3um ruhigen SBeft^e Dänemark gelangt, richtete ©wen alle Gräfte
feines (Srbreid^ gegen (£nglanb. Sluf btefer 3nfe( gebier; je$t ba6 ffanbt*
naüifcfye 2öifmgerwefen $u fürcbterlidjer 33lütf)e. 3Bir müffen unö bortr)in
wenben.
J&tueites Capitel.
3uftänbe QrngtanbS unter bem Sodje ber 2Bifinger. £auVtjeuge bie ^rebigten beö Qv^
bifdjofö ffiulfftan von 3)orf. 2)ie Setben, tvelcfje bie «Seeräuber beut angelfädjftfdjen
93oIfe zufügen, erreichen barum eine entfe£lidje ^of)e unb bauern fo lange 3eit, Weil
ber eingeborne 3tbel, längft unbotmäßig unb ber jtrone tro^enb, gemeine ©adje mit
ben $remblingen macfyt unb um ben $reiS, bie niebern (Staffen in «porige ju ver*
tvanbeln, baö 9lmt von Steueveintreibern übernimmt, ftinanjietfe, ftttlidje unb ftre^)-
lidje 3errüttnng beö Sanbeö. 3)tc 93erbienfte, meiere ftd) (^rjbifcfyof JDunftan von
950 bi3 988 um baö angelfäd)ftfdje 93oIf ermorben , treten in ttjr roafjreö Sicfjt.
jtonig (Etljelreb ber Unberufene. Ü)ie erften (Sinfätle ber ffiifinger unter verfemte*
benen Häuptlingen. 3m Safyre 994 erfcfyeint Olaf Srtygivefon mit bem 2)änen
@tcen, £aratb6 Soljne. 53if$of (Slfeg von 58incfye(ler, ein Sdjüler 2)unftanö,
befefjrt ben Normannen, trennt ihn mm ©tven unb fdjtcft ifyn mit 16000 *pfunb
(Silber naefj Stormegen, um bort bie jtircije aufzurichten. Ü)aburcf) erlangt (Snglant*
fedjöjäfjrige diüfy. Sftadj bem @turge Olafs II. fommen bie SBifinger 1001 lieber.
(StfietrebS gleite (Stjje mit Smtna von ber Sftormanbie, welche Söerbinbung 60 Saläre
fväter bem Herzoge ffiilljelm bie 93a£m auf ben engüfcfyen Sljron eröffnete. 93lutbab
von 1002. 3)te »erfcfyiebcnen JDanegetber. O^eue 93errdt^ereien ber engfifcfjen ®ro§en.
Smen, Äönig von 2)änemarf, fapt ben ^tan, baö Ijerrfdjenbe ^>auö ber 5lnge^
fac^fen gu ftür^en. @t^elreb fliegt nadf) ben Seinemünbungen. 9Bä^renb (Stven im
3uge ift, ftc^ gum Jlönig von (Snglanb auf^un)erfen, ftirbt er ben 2. ftebruar 1014.
6d)on um bie TOtte beö 10. 3afyrfyunbert3 l)atte 6wenö 33ater,
^aralt) ©cbwarjja^n, einen ^Berfua) gemacht, (Snglanb au3$uplünbem, in^
93terte0 93ucfy. Ga£. 2. (Englanb unter bem Sod^e ber ©tftnger. ©wen ©abelbart. 15
bem er feinen Solm §tn'ng mit einer SRaubflotte fyinüberfanbte. *) 3Mefe
©efafjr würbe jebocb ntdt)t nur glücfltdt) abgewenbet, fonbem zur nämlicben
3eit err)ob auch ber große (Staatsmann (Srzbifcbof Ümnftan von Kanter-
burr;, beffen £aufbar)n gegen 950 begann, fein Vaterlanb auf eine bis ba*
r)in ntdt)t gefannte £ör)e von ÜHadbt unb 2Bor)Iftonb. 2) 3)unftanS ftarfcr
2lrm beugte ben ftarren Warfen ber Statthafter unb ©rafen, unb nötigte
fte, ber trotte zu gehorchen. Sieferbau, §anbel, ©enterbe blühten, Stdt)er=
r)eit herrfchte auf ben £anbftraßen, eine glotte von 1200 Schiffen ferste
bie lüften, fein auswärtiger geinb wagte eS, (Snglanb anzugreifen. Slllein
nach bem Sobe beS Königs (&bgar, unter weitem 3)unftan baS Steuer*
ruber geführt fyatte, brachen im Schooße ber fönigltcben gamilie innere
liebe Streitigfeiten aus, welche ben Staat zerrütteten unb fremben $äu*
bem ben 2Beg nach (Snglanb bahnten. Doch f)ielt ber @r§bifd)of, obglcicb
vom §ofe verbrängt, fo lange er lebte, baS Verberben auf. Slber er ftarb
im 9Jiai 988 unb nun begann bie traurtgfte *ßeriobe ber ©efdt)tdt)te (Sng*
lanbS, unter $ömg (Stfjelreb IL, ber mit 9fea)t ben Veinamen beS Unbe*
rätselten trägt. 2)ie ©roßen gehorchten nicht mer)r, verrieten zum ^ei(
ungefcheut baS £anb, baburch würbe eS ben SBfftngern, bereu Schiffe 23ri*
tannien umf erwärmten , möglich, 3ahre lang baS $eict) von einem (Snbe
jum anbern auS§uplünbern unb jufe^t baS fyerrfcbenbe £auS §u frühen.
2Bie fam eS, baß ein Volf, baS fonft mächtig, unb um jene Stit
reich war, ein Volf ferner, baS in früheren rote in faäteren gerieben un*
zweifelhaften 9Jhtth bewies, ftet; von, einer verhältnismäßig f leinen Anzahl
frember Abenteurer , bie, wie ber Erfolg jeigte, ntebt einmal nach einem
$lane hobelten, eine fotebe Sßerjanblung gefallen ließ? Auszüge angele
fächftfeher ^rebigten,3) welche ein t>ol>er britifcher ßlcrtfer, Sulfftan (latei*
nifch Lupus genannt), (Sr§bifcf)of von g)orf, mitten.im Crange beS ißtfingef*
Sturmes fyzU, geben Aufguß über biefe grage.
£ier heißt4) eS: „feit bem Sage, ba jtönig ßbgar \taxhf erlitt bie
öffentliche £)rbnung einen fctiWeren Stoß, baS göttliche ^echt wirb verhöl)nt,
baS menfeh liehe übertreten, 9ctemanb ift ba, ber fta) beS ^eiligen annehme."
Dann an einer anbern Stelle:4) „alltäglich fommt in im) crem 2anbe baS
Verbrechen bcS Herraths an bem Röntge vor, unb Viele gibt cS, welcbe
Anfchläge gegen fein Seben machen ober ihn aus bem ßanbe zu vertreiben
ftreben." Von felbft verfteht eS ftch, baß Verbrechen ber bezeichneten Art in
ber Siegel nicht von ^enfehen nteberen StanbeS begangen werben, bie
Scbulbtgen waren offenbar Vornehme, t)or)e Beamte aus ben klaffen berer,
bie man nach fränfifchem ©ebrauebe mit bem tarnen §erjoge unb ©rafen
x) <Ster)e'o&en ©. 5. 2) ©frörer, Stuä). ©efer). III, 1607 flg., nnmentttd) 1618.
3) Sateintfdt) a&gebrucft bei Sangebetf II? 464 flg. 4) Ibid. @. 465.
16
$abfl ©tegoviuö VII. unb fein Bettatter.
bezeichnete. 2Gßte beim weltlichen 5lbcl, fo jerftel aitdf) unter ber ©etftttcrV
fett 3u^t unb Sitte. Der ^rebtger fagt: *) „in böfem ©erucbe flehen bie
f). Seiten" unb abermal:2) „Weber (eben bte (Siertf er nach ben fettigen
93orfcf)rtften ber Strebe, noeb beobachten bte Säten baS weltliche ©efe$. Silk
für unb 23o3r)ctt herrfcht überall, ©erechtigfett unb Sugenb ift üerfebwunben."
Sehnlich fat) eö in Englanb ttor ben Reiten Ü)unftan3 währenb ber
erften Raffte be3 10. 3ahrlnmbert6 auS:3) bte Beamten unb Statthalter
gehorchten bamalS ben Röntgen nur au3naf)m3wetfe, »tele (SIerifer lebten
in ber @he ober gar mit lieberltchen S&etbem, verpraßten baö ßtrehengut,
ober fucrjten ü)re $frünben tn erbltcben 23eft£ $u tterwanbeln. 3)a3, wor*
über 2Öulfftan ffagt , war alfo gewiffermaßen eine Erneuerung älterer
9Q?tß bräune , welche Ü)unftan3 (Sfyarafterfefttgfett tuct>t mit ber 2Bur§el au$*
trotten, fonbern nur jurüefsubrängen vermocht hatte. Allein bte Slnwefen*
hett ber fremben Räuber vermehrte ^gleich Umfang unb innere Stärfe beS
UebelS bis §ur Unerträgltchfeit. S)a$ angelfächftfche föedjt verpflichtete alle
freien Engläuber, Etgenthümer rote 93afatlen, ju bret ^auptleiftungen4)
gegen bte Ärone: fte mußten erfteftel, wenn ber Stuf ruf §um ^rtegöbtenft
erging, bem SSanner be£ Königs folgen, fte mußten §wetten3 ju Unter*
haltung ber 23rücfen unb 2öege beitragen, unb brtttenS bie geftungen be$
ffteityS tn roe^rhaftem Staub bewahren Reifen.
Sn älteren Seiten, ba fein getnb im £anbe ftanb rourbe e8 ben Mo*
ntgen leichter, ungehorsame SSafallen, bte ber Dreifachen Pflicht ftch ent*
Sogen, mit §i(fe ber ©etreuen jur Vernunft §u bringen, wemgftenö fchlug
bte 2Btberfpenfttgfett Weniger bem Cetebe feine unheilbaren Sßunben. Slber
je|t, ba frembe SBtfittger bie 3nfel bur^ogen unb ben Königen trotten,
geftalteten ftch bie Sachen anberS. 2Ber nicht aus eigenem Antriebe ber
^rone bie bret Pflichten letftete, ben fomtten bte Könige, felbft von ben
itorfaren gebrängt, nicht mehr §ur Sreue nöt^igeia , freiwillig traten aber
nur Wenige ihre Schulbigfett, bie sielen Ungetreuen würben buref) bie
geinbe gegen bie wof)lverbtente Strafe gefeilt. So gefchah e$, baß bie
Einfälle ber ^orfaren bem längft vorhanbenen Streben ber ©roßen, ftch
tton ber Jtrone unabhängig ju macheu unb §u ©aufönigen auswerfen,
fürchterlichen $orfchub leifteten. gretlicb gerieten bte Sßafallen burch bie
roachfenbe ©ewalt ber 2Btftnger felbft unter ein 3od), baö in gewiffer
£tnftcbt fchlimmer war, at$ ba$ ber Könige, welches fte abfchüttelten.
Sltlein fte erhielten für biefe Demüthtgung einen Erfafe, ber fte befriebigte.
@roße Summen mußten ben Dfäubent be§al)lt werben: baS ©efchäft,
') Ibid. unten. 2) @. 467 oben. 3) S3ewetöfiet(en bei ©fröret, .Kit$. ®ef$-
III, 1609. 1618. *) £ie fogenannte trinoda necessitas. Sftan fefje Turner, history
of Anglosaxons, 6. edition. London 1836. II, 561 flg. unb ^algraöe, english Common-
wealth II, 368 flg.
Ißterteg 93udj. Qap. 2. (Sngfanb unter bem 3od)e ber 5Biftnger. ©tven ©abetfcart. 17
bfefefben einzutreiben , befolgten bte größeren 2)tenftleute ber tone, bte
@arle. 2113 ^or)n bafür Ralfen irrten bte SBtfmger baS Blöder freie $olf
(£nglanbö serfnerf)ten. 3Me fd)ltmmfte grud^t ber $äuberr)errfcf)aft war
ntcbt ber 93erhifi be6 baaren ©elbeS, baö bem täglichen $erfel)re entging,
fonbern Steimel^ ber Umftanb, baß bte Hetnen (Stgentr)ümer in porige be0
mitten im allgemeinen (Slenb anfcbwellenben SauufömgtfyumS ber ehemaligen
Äronsafallen serwanbelt würben. 9?ad)brücHid) f)eben bte ^rebtgten SBuff*
ftanS btefe ©ette ber ©acfye tjersor:1) „bte Saft, bie un6 betroffen t)at,
wirb größtenteils anf bte ©cf)itltem ber Firmen unb 53eft£fofen abgewälzt,
burcb r)etmlttf)e 9?ad)ftelutngen fängt man fte weg, serfauft fte in ferne
Sanbe als ©Hasen, ober zwingt fte, burct) ÄnecfytSbtenfte ben fte betreffenben
$r)etl ber $rtegSfteuer abzuserbtenen. ©äugfmge werben aus ber 2Ötege
weggenommen unb um einen Spottpreis serr)anbeft. 2)a£ *Rect)t ber gret*
gebornen tft sentiertet, baS 9?ec^t beS ©Hasen eingeengt, felbft baS $ecr/t
beS SllmofenS wirb serfümmert. 2)tc gretgebornen Ijaben tfyre ©elbftftänbtg?
fett verloren, fte bürfen nta^t mer)r wanbem, wofym e£ ilmen MkU, unb
ntcfyt mefyr über ü)r Vermögen frei serfügen. desgleichen wirb baS ©Hasen*
eigen, baS ber porige mit fcfywerer Arbeit unb in langer $ät erworben
r)at, bem UnglücHtctjen endogen, er muß eS ^ergeben, unb felbft baS, was
grömmigfett für bte 5lrmen geftiftet f)at, fommt benfetben nta)t mer)r zu
gut, bie §ärte Ruberer entreißt eS ü)nen ganz ober zum größten Steile."
2)er §wette «gmuptfa^ biefer bunfeln ©teile ift ofme grage bie 5luS*
füljrung beS erften, welker bie $erntct)tung beS 9^edt)tö ber greten, bte
©cbmälerung beS 9?ect)tS ber ©Hasen, unb ben Untergang ber frommen
©ttftungen ober beS 2ltmofenrect)tS behauptet. 2)ett 3ufammenf)ang aber muß
man fta) fo beulen: um bie 53ranbfa)a^ungen aufzubringen, würbe baS son
ben Siftngem befefcte ober bebrofyte £anb, entfprecfyenb ben bereits beftefjenben
SßerwaltungSf reifen, b. f). ben (5*arlfdt)aften ober ^unberten, in ©teuerbe§irfe
eingeteilt, bereu jeber eine befttmmte ©umme abzuliefern r)atte. 2)te ©orge,
ben betreffenben 2lntl)ett son ben einzelnen (Stnwofmern ber §unbertfa)aft
ober @raffd)aft fyerauSzupreffen, blieb ben größeren S3afalTen überlaffen. Sie
ledere babet serfuljren, war ben Häuptlingen ber Stftnger gletc^gtlttg, im
©egentfyetl untersten fte jebe @ewalttr)at ber Etntretber, wenn nur baS
©elb zufammenfam.
33ei ber Eintreibung felbft muß eS, naa) ben SluSbrütfen beS *ßrebt*
gerS zu fcblteßen, gewöfmltcf) fo zugegangen fein: bte 9ftaffe ber 93esölfe*
rung beftanb, wie in ben germanifcfyen ^eta^en be6 geftlanbS, fo aua) in
Britannien, au6 bret \g>auptflaffen: erftlta^ auö ben Hetnen (Stgentfyüment,
bte bis baf)tn feine allgemeine ©teuer an bie Ärone bejaht, unb frei über
4) Ibid. 466 oben,
©fror er, $abfl @regortu8 vn. 58b. IH,
2
18
^afefl ©legoviuS VII. unb fein Seitalter.
i^re ^ßerfon, roie über tr)r Qrtgenthum verfügt Ratten; jroettcnS au3 ©flauen,
benen bie englifd)en ©efe|e, gletcfy benen beö geftlanbS, bie (Srroerbung eines
fogenannten peculium ober SHattcnetgen juftcherten, unb brütend au3 23e*
ftfclofen ober Armen, bie vom (Erträge be$ ftrchltchen Sllmofenö unb frommer
(Stiftungen erhalten rourben. OTe bret Staffen verloren nunmehr ihre fechte,
unb jroar traf bie Aenberung im größten Umfange bte Heilten (gtgenthümer.
Allgemeine 33efugntß ber greten roar, nad) eigenem (Srmeffen ftdi an
einen Ort §u begeben, voohin e$ ihnen beliebte. Ratten fte biefeö S^ec^t
behauptet, fo würben ttorau6ftd)tltcr) voctf)renb ber Seeräuberr)errfchaft bte
Reiften auSgeroanbert fein. 3)te neu eingefe^te Steuertterroaltung entriß
bar)er ben flehten (Stgenthüment fammt unb fonberS bie gretpigtgfett, ebenfo
entriß man tfmen bie freie Verfügung über ihr (Sigentlntm: fte burften
ntd)t mein* nad) eigenem (Srmeffcn faufen unb verlaufen, Sdntlben jaulen,
Schenfungen machen, benn bie neue 93ef)örbe mad)te ein erfteS ^fanbrea^t
auf alle£ fcorrjanbene Vermögen ber Steuerpflichtigen geltenb. (Sbenfo rote
ben bi6f)ertgen freien (Sigentfunnern erging e6 ben «Silasen, welche ein
peculium befaß en, unb ben Firmen, welche vom (Ertrage ber frommen Sttf*
tungen lebten: bie Scha£beamten beS jlorfarentrjumS becften bte £anb auf
crftercö unb jogen baö Armeitgut gan§ ober tf)eilwetfe ein.
3m Uebrtgen Nörten bte Setben ber Unterbrächten feineSwegS mit bem
Verluft be$ felbfterworbencn Vermögens ober bem Anteil am Ertrage ber
(Stiftungen auf. Saren beibe Duellen ber Steuer burd) frühere Att6*
[a^reibungen erfcfcöpft unb würben gleichwohl — wa$ häufig gejchaf) —
neue 33ranbfd)a£ungen geforbert, fo »erfuhr bte 93er)örbe gegen bte 33er*
armten in gletdjer 2Beife, wie nad) ben germaittfd)en Volf3red)ten über*
haupt wtber sahlungSunfähtge Sdmlbner eingefc^rttten §u werben pflegte:
bie Unglüdltchen mußten mit tr)rer eigenen $erfon ober mit bem ^aufroertt)
ihrer ^tttber unb Angehörigen etnftehen. ganben ficb int £anbe felbft größere
©runbeigenthümer, weld)e gegen perfönlid)e 3)tenftletftimgen jahlungSunfähiger
Steuerpflichtigen bte Gmtrtchtung beS Stettcrantf)etl3 , welken (entere ab§u*
tragen Ratten, übernahmen, fo rourben btefe Muten als Arbeitsplänen über*
geben, war btcß ntcf)t ber gall, fo »erfaufte man bie Verarmten felbft,
ober ihre ^tnber tn'S AttSlanb, meift nad) Spanien ober ©riecbenlanb.
Ueberalt 30g bte Sßifmgerrjerrfcbaft 93tenfchcnhanbel im @roßen nad) ftcb.
SefetereS Uebel muß jtt)tfcf)en 1003 unb 1010 eine fürchterliche £ör)e er*
reicht h^en. 2)enn eine britifche ^irchen^erfammlung , welche 1009 §u
^enham §ufammentrat, fal) ftd) genöthigt, bei Strafe beS SBaunS ju unter*
fagen,1) baß Triften, bie fein tobeSwürbigeS Verbrechen begangen hatten,
als Silasen außer SattbeS serfauft werben bürften. 2)affelbe Verbot
») Sangebecf II, 466. 9?ote g.
93ierfeg 93udj. QSap. 2. (Sngtanb unter bem Soc^e bev SBifinger. ©Iren ©abelbart. |9
fd)ärftel) ein ©efefe Köllig (StfjelrebS vom 3ar)re 1008 ein. 9fu0 ben
Korten SÖulfftanS erhellt jeboer), baß bte eine SSerorbnung fo tt>entg nüfcte,
als bte anbere.
Die fragliche Urfunbe n>eiöt noef) auf eine wettere Duette fym, au$
welcher bte von bett Normannen eingefc^ten ©auföntge ober 6reueretntreiber
ti)ctl3 bcn ©elb&ebürfmffen tt)rer £erren genügten, tfyette ftd) fel6ft be*
retd)erten. 3)a$ ^irdbengut mußte r)ert)alten. SBuIfflan faßt:2) „ju ben
3etten be6 £etbentf)umö wagte ^temaub, bte bem ©ötterbienft gewetzten
©üter anjutaften, bte Tempel 31t befepbigen, ober ben $rteftem berfelben
bte gebübrenbe ($r)re ju verweigern. 33et un3 tft e6 anber$: attentt)alben
werben bte .fttrebengüter geraubt, bte gewetzten Statten ber $trd)en unb
Softer angejüttbet ober verwüftet, bte ©etftlic&en befcbtmüft, verfolgt, miß*
fyanbelt." 3)tefe (Srfcfyeinung l)tng mit ben vom verftorbenen 2)unftan ge*
troffeneu (Sinridjtungen $ufammen. ü)abura) baß ber (§r§bifdjof von (Eanter*
bnxi) alle Wöndjc, atte Pfarrer, alle siebte unb ©ifdjofe §um ftrengften
©efyorfam gegen bte 9tegel be6 f). SBenebift von 9?urfta, rote gegen baö
weltliche ©efclj verpflichtete, baburd) zweitens baß er auf verfd)tebenen
bebrofyten fünften beS SanbcS 50 neue Jüöfter errid)tete, Ijatte er über
bte gan^e 3nfel ein 9£e£ entfd)loffener SBollftrecfer fetneö S2Öttten6 auöge*
breitet,3) welche ben fonft fo unbotmäßigen $bel unter unabläfftger 2lufftdjt
fyteften. Wlit verbtffencm Sngrtmm unterwarfen ftd) bie weltttdjen Herren
einer Dtbuung, welcher baö engltfdje $o(f €>td)err)ett unb 2Bor)lfianb ver*
banfte, bie aber ib)nen ein unerträglich 3ocr) festen. bat)er bte oben
erwähnten tnnerltdHm 3erwürfmffe tm (5d)Ooße be$ t)errfct)enben ^aufeö
bte 9J?adt)t 2)unftanS brachen. unb ben Umtrieben etnt)euntfcf)er SBerfdjwb'rer,
wie ben (Smfäflen frember Siftnger, $t)ür unb Dingel Öffneten, ließen bte
Herren ibrer 2Öutt) gegen TOndje unb @etftltd)fett freien Sauf unb rtffen
baS ßloflergut unter bem 33orwanbe, ba$ $)anegelb §u beefen, an fief) unb
verbrannten ober §erftörten bte vorl)anbenen ©ebäube.
3n mer)r als einer ^infta)* wirb (Sinwirfung beö ©etftcö ber ffanbt*
naotfd)en Äorfaren auf bte f)öt)em 6cr)td)ten engOfcber ©efellfdjaft bemerfbar.
2)er wilbe Srteb toerfönlic^er 6clbftftänbigfett, ber nur in ber @d)(acr)tretr)e
©eljorfam gegen baö 9D?ad)tgebot be6 §äuvtltng0, aber im bürgerlichen
geben fein 23anb ber Unterorbnung ertrug, erhielt ftcr) in »oder $raft bei
ben norbifcr)en ©ermanen, nad)bem er längft bei ben fübh'cr)en einen Zv)äl
fetner Svannfraft verloren fyatte. 3n ben SBeretcr) btefer g(amme gebracht,
entjünbete ftd) bte bt6l)er unter ber Sffdje glimmenbe Unbotmäßigfett beö
4) Sangebetf II, 466. 9lotc g. 2) Ibid. ©. 465. 467. fßlan tjcrglctc^c ^tcju
bic öon ^aigraüe english Commonwealth II, 383 flg. gefammette <&ttüm. 8) ©frßver,
Ätr*. ®efd&. HI, 1619.
20 %M ©vegoviuS VII. uiib fein 3ettotter.
englifd)cn 5lbelS ju erneuerter ©Tut. 9lber nodt) fchltmmere 3)tnge lernten
bie Herren von ben 2Ötfingern. 2Bulfftan flaqt , baß baS norbtfdje Reiben*
tr)um in @nglanb wieber auflebe, baß ber ©laube an bte chrtftlicbe Religion
in gewiffen Greifen am (Srlöfchen f et. (Sr fagt:1) „bte gefte werben utebt
mehr begangen, bte fachlichen gaftengebote ntebt mer)r beobachtet. Seute
genug gibt eS unter uns, welche offen bem ©tauben abgefagt haben, welche
bte Kirche verfolgen, bem allgemeinen 2öof)le wiberftreben, baS 9ted)t ©otteö
verleben, bte cbrtftltcben ©ebräuche verhöhnen, -üftatt fe£t unter bem Volfe
allerlei (Stnwürfe unb ©tadjelreben gegen baS 3Bort ©otteö unb bte *ßre*
btger beffelben in Umlauf. 3Me ^Jtenfchen btefeS 3^^*^ febämen ftd) ber
guten 2Öerfe, verfvotten öffentlich ben ©otteSbtenft, rühmen ftd) böfer Zfyaku,
[teilen Diejenigen als 3)ummf övfe hin , welche ber Religion anhängen. 2BaS
fte verabfd)eucn follten, bem jagen fte nach, waS fte tlnm unb treiben, ftnb
©reuel. S)a3 Sanb tft voll ber gröbften Verbred)cr, e£ wimmelt von
Sobtfchlägern, Vater* unb $rteftermörbern, Sobfeinben ber ^löfter, Ver*
rattern ihrer §erren, von offenfunbtgen Abtrünnigen" u. f. w.
9D?ag auef) ein guter beS gemeinen Volfö vom Strome beS Ver*
berbenS fortgertffen Würben fein, fo tft bod) an ftd) Har, baß bte getnb*
febaft gegen ben cbrtfttichen ©lauben, ber ©etft beö Verneinend, beö 3toeifelnS,
beö gegen bie evangeltfdje £el)re gerichteten §ol)n6, welchen 2öulfftan fo
berebt betreibt, von ben fymrfdienbett klaffen beS engltfd)en VolfS aus*
ging. 2)iefe 5lrt von ©tft wächst überall in ben Greifen ber ©enteßer,
unb bringt von £)ben nach Unten.
SBetl ben 2ßiftngern baran lag, bte unermeßlichen 9ht|ungen, bte fte
aus (Snglanb sogen, fo lange als möglich §u genießen, ^aben fte, rote man
fteht, eine etgenthümlicbe $afte etn^eimtfeber ^rannen gefchaffen, bte, nur
von ihnen abhängig, nach Dben baS rechtmäßige ^önigthum untergruben,
nach Unten aber, bem Volfe gegenüber, eine witlfürliaV, fcbranfenlofe ©e*
walt übten. £)amtt fällt jagtet d) Sicht auf gewtffe Ü)tnge, bie fünft beim
erften Slnblitf unbegreiflich erfreuten : Voreltern, baß Herrath am Könige
unter bem engltfd)en Abel ein fo häufiges Verbrechen war. ©egen bie
geheime 33ebingung, jeben Verfud) §u 2Bteberherftellung ronigltcher 9Jtaa)t
$u hintertreiben, hatten bie Sötfmger ben ©aufötttgen jene tr/ranntfehe ®e*
walt in bie §änbe gefvielt. Vermöge ihrer «Stellung mußten beßhalb bie
bevorzugten bem rechtmäßigen ^öntgtl)um entgegenarbeiten. Said) bie lange
3)auer ber £errfd)aft beS «ftorfarenthumS erflärt ftcf) aus berfelben Urfache.
gaft brei 3ahr§ef)ntc haben bte ffanbtnavtfd)en ^traten, tro£ ihren im
©an^en geringen Streitfräften ein Volf, baö ihnen an taufenbfach über^
legen war, wie einen (Schwamm ausgepreßt. (Sbenfo lange lebten bte mit
l) SangeBecf I. 470. Olr. 16—19.
Viertes Surf). @a}>. 2. (Snglanb unter bem 3ocr)e ber SBtfinger. ©tuen ©abelfcart. 21
ifnten verbunbenen 5lbeligeu herrlid) unb in greuben: mitten in bor allge*
meinen (Srniebrigung be6 Volfö blühte t£>r SBaijcn. 3n ber menfcbltchen
9?atur aber liegt ee, baß ©oldbe, bcnen e$ gut get)t, auch wenn it)r ©IM
um bie 6cf)cmbe ganzer Nationen erfauft ift, ba$ S3eftet;enbe ju erhalten
ftreben. 3)a bie gorrbauer be$ *ßrunfe$, ber bie ©auföntge umgab, von
Verlängerung ber ^errfebaft be6 ÄorfarenifntmS abging, forgten fte bafür,
baß (Snglanb ben Räubern unterworfen blieb. 9?ur ba6 geheime 3ufammeit'
fielen emfyctmtfdjer TOtverfcftfoomer macht ben langwierigen SBeftanb bee
3od)3 begreiflich.
(Snbltcfi ftel)t man, baß, wenn nicht vor Ottern bie tiefen (Schöben, an
welken (Englanb fteebte, befeitigt waren, von Slbfchaffung beö norbifdjen
©eeraubS nimmermehr bie S^cbc fein fonnte. Vichts fruchtete bie glatt*
jenbfte 55erebtfamfeit geiftlicber ^rebtger, nichts felbft bie ftrengften ©efe|e,
fo lange ber leiebte ©ewtnn, ben (SngtanbS Sdjwädje bot, bie ffanbina*
vtfebe 3ugenb §um 3©iftngergewerbe vcrlodte. Um ba# engltfche Volf §u
retten unb bie 5lu3rottung beS anbern ©reuels vorzubereiten, war ein
energifduT Surft nöthig, weldjer e3 verftanb, ben SBegterben jener flehten
Herren ein ftafylerneä ©ebiß anzulegen. 2)er nachmalige Cßabft ©regor VII.
hat, noeb al£ ßarbtnal ,§ilbebranb, einen folgen gürften gefugt unb in
ber *ßerfou bc$ Normannen Sßtf^elm gefunben.
Gmbltd) entwerfen Sßulfftanö $rebigten noch ein 93Ub von ben 2ßtr*
fungeu, welche bie Jtorfarenl)cvrfchaft auf bie allgemeinen 3uMn^e ^
Sanbcö unb Volfö l)crvorbrad)te. -6ie waren entfe|lid)er 5lrt. 3n Ver*
jweiflung getrieben burd) bte unerfchwinglichen ©elbforberungen, entliefen
Saufenbc von ©Häven ihren Herren, traten bei ben 2Mtngern unter, unb
halfen bcnfelben, baö eigene £anb verheeren. „$)aö ärgfte ber Uebel," fagt1)
ber ^rebiger, „ba$ einer Nation §uftoßen fann, t)at unö betroffen, ©Häven
entrinnen ihren ©ebietem, f fließen ftd) .ben h^bnifd)en Räubern an, unb
führen nun jlrieg gegen bie ehemaligen £erren. 2)aburch ift e3 fo Weit
gekommen, baß, wenn ber entronnene ©Have im Kampfe feinen £erm er*
fdilägt, ber 9J?orb ungefüllt bleibt, währenb umgerührt ber §err, wenn
er feinen ©Häven tobtet, bie fchwere für 9J?orb an 2Ötftngem übliche SBuße
erlegen muß." 3)er 3uwacbö an ©trettfräften, ben bie Räuber auf folc^e
Steife erhielten, fcheint bebeutenb gewefen $u fein. 3)er $rieg lieferte
f elber bie üflittcl fetner Verlängerung.
Mc Safter unb Uebel, welche Verarmung unb Drucf erzeugt, Wucher*
ten maffenhaft empor. 3)a bei ber h^fchenben ^echtloftgfeit nur ber
SBcftfc von ©elb ©tcherheit verfd)affte, burchbrach bie (Sucht, ftet) btefeS un*
entbehrliche Wim $u verfa)affen, alle ftttlichen 33anbe. Sulfftan fagt:2)
*) SangeBecf II, 468. 9tr. 13. 2) Ibid. <S. 467. 9h. 8 unb 468 ftr. 11.
22
$abfi ©vegoriue VII. unb fein Bettalter.
„bie Siebe jwtf^cn bcn gämtlfenmitgliebern fyat aufgehört, bcr Sltwerwanbte
wirb wie ein grembling befyanbelt. SQSenn \ia) ©elcgenfyett bietet, »erfauft
ber SSater ben Sofyn, ber <£otyi bte Butter, ber 35 ruber ben trüber für
(Selb an bte geinbe." 3)tebftäf;le, ÜHorbfyaten, Straßenraub waren all*
tägltcr;.1) SBetl bte Sieder tton ben »erjttjjrffelten ober tfyrer porigen beraub?
ten (Stgentfyümern ntcfjt mefyr gehörig bebaut würben, entftanb £unger3nott)
unb in golge btefer brauen serberbltaje Seudjett unter fDtatfa>n unb
SBtefy auS.
Daö Sajlimmfte war, baß ber milttärtfdie ©etft be$ angclfädjftfaien
Stammet erlofd), baß btefeS fonft mutige SSolf in meberträcbtige geigfyett
fcerfanf. „Seit Satyen," flagt2) 2ßulfftan, „tft ber Steg t>on uns gewtcben,
unb fo fefyr ftnb un$ bte Räuber überfegen, baß ein einiger Normanne in
ber @djlad)t 10 ber Unfrtgen tn bte glucbt jagt. Sflana^mal brechen 10
bte 12 tu einen (Sbclfjof ein, fdjänben ttor ben Slugen be$ £l;an$ (be$
@ut3beft£er$) feine grau, feine Softer, feine 9ctd)ten. *M)tg ftcf>t ber
Sfyan su, er, ber öietfetc^t großes ®ut beftfct uub fonft unter bie Sapfer*
ften be$ SanbeS gestylt warb. 3a ^weilen gefa)iel)t e$, baß ein efyema*
liger ©Hatte, ber bei ben SBifingern £)tenfte nafym, au# foldjen ^fnläffcn
ben ^errn wie einen §unb befyanbelr. 2)er 3°rn ©otteS, ber auf un$
laftet, fyat uns allen 9Diutf) genommen. 3n Gruppen t>on 3^et unD
burd)ftretft ba$ SMuber&olf bie 3nfel tton einem (Snbe §utn anberu unb
treibt Staffen von (Efmften fcor ftcf; fyer."
Die ©efd)tcbte liefert fyäuftge 33etfptele, baß t>ertt>etdr)ltcf)te SBolfer, ge*
ftäfylt bureb frembe ©ewaltfyerrfebaft, ftcb ermannen unb bte Sugenben be$
sD?utf)3 wieber erlangen. 2&arum gefftaf) l)ier baS ©egentfyetl? 3d) benfe:
Slrgwofyn war Urfadjc bason. £ätte ba£ angelfäcbftfd)e SSolf nur mit ben
SBifmgern §u tljun gehabt, fo würbe c$ bei feiner Ueber$af)l mit ben gremb*
lingen fertig geworben fein. Slllem 3^ber füllte, baß etnfjetmtfcbc ÜBerrä*
ttyx ben auswärtigen Räubern in bte §änbe arbeiteten. 5ßetl ber gemeine
SJcann faf), baß ber ßontg ein Sdiwäcfyltng fei, unb baß ber Slbel, ber bie
SBaucrfdjaft l;ätte ins ©efeebt führen follen, mit ben Äorfaren unter ber
£>ede fptelte, ließ er, an ber 9)(öglicbfeit beS StegS t>er§Wetfelnb, bie £anb
ftnfen. Duette fia), wer fann, war bie Sofung.
•DJctt ben Saftern, welche Verarmung unter ber großen Sftaffe erzeugte,
gingen 2luefdjtt>etfungen ber Ueppigfet't, tterübt von ben Wenigen, bie auS
ber (Srntebrtgung Silier tfjren $ortl)eil sogen, £anb tu $anb. <Sl)cn wur*
ben nur aus 93ercd)ituug gefa)loffen. „Wt ©ewalt," fagt3) 2ßulfftan,
„reißt man (reiche) 2ßtttwen jum Slltare." 2)aS 8anb war voll ^ureret unb
') Ibid. @. 466. yix. 7.
0lv. 5.
2) Ibid. ©. 469. 9tr. 14. 15. 3) Ibid. <S. 465.
«ßierteö 93ucr). Sav« 2. (Snglanb unter bem Socfye ber SBifinger. ©toen ©abelbavt. 23
lieberliajer Käufer,1) unb (Srfcfyeinungen famen ttor, meiere (onft nur bie
grüßte tterborbenfter Ueberbilbung ftnb: „mehrere ftet)en 2) jufammen unb
mieten eine 33uf)lerin, bei ber bann jeber feinen Sag r)at." $ua)lo$ ser*
bient, rourbe ba$ ©elb mit ©d)lemmen burcfygejagt. gemeine Safter
ftellt SBulfftan ©eij unb ^rafferei neben etnanber. 3) £äuftg nat)m bie
()errfd)enbe 2teberlid)feit r)etbmfcr)e gormen an. SBuIfjton fyrid)t4) tton iluu
bermorb, ©tftmtfdjeref unb 53efuct)cn bei roafyrfagenben £eren.
ift ein Buftanb ber Sluflöfung aller gefettfd;aftltcf;en 23anbe, ben
er fdu'lbert. 3)rof;enb m\$t er auf ein $orbilb ber älteren @efd)ia)te (Sng?
lanbd Inn:5) „etnft voofynten in btefem Sanbe bie dritten, son beren €>a)icf*
falen ein ©d)riftftetler, Samens ©ilbaS, §eugt. 2Öeil fte gan§ in $ucf;lofig*
feit tterfanfen, rourben fte tton unfern 93orfal)ren, ben $lngelfad;fen, au$ge*
rottet. 2Benn roir un$ nia)t beffern, wirb e$ und ebenfo ergeben."
QBarum f)at ftdt) fein einl)etmifa)er Detter gefunben, ber bie 2lrt an
bie 993ur§el beS UebelS legte? $ömg (Stfyelreb, bem sunäcbft bie $flta^t
oblag, für baö $3ol)l be6 SanbeS §u forgen, roar allerbingd ein (Sd)roäa>
ling. „@tl)e(reb," fagt6) ein englifc^er (Sfyrontft $um 3a^r 1013, „faß un*
tfyötig ju Sonbon, in £rägf)eit »erfunfen; argroölmifd) unb feig, roagte er
9ciemanbö 9tatr) §u befolgen, noa) ba£ £eer §u oerfammeln unb gegen bie
Räuber §u führen, beim er fürchtete ftetö, baß ber 9lbel GntglanbS iJ?n
im 5lngefia)te beSgetnbeS »erraten roürbe." (Sin anberer ©dirift*
fteller, SBerfaffcr ber Men6gefcbtd)te M (Srsbtfd)of$ (Slfeg, meint,6) ($tf)el*
reb l)abe mel)r einem 9J?öncf)e, alö einem Solbatcn geglichen. Allein (£tfjek
rebö Vorgänger, bie Könige (Sbgar unb (Sbuarb, voaren faum fräftiger ge*
roefen, unb bod) fyatte unter biefen §errfd)ern ber fyeitige £)uuftan ben
grieben gewahrt unb (Snglanb auf eine t)or)e (Stufe t)on -äftaebt erhoben.
5luct) fann man ntd)t fagen, baß mit 3)unftcm$ $obe baö ©efcfylecfjt
fähiger ^ira)enl)äupter erlofct). 2iu£ ber 6d)ule, bie er hinterließ, gm*
gen au6ge§eia)nete Prälaten fyeroor, bie, ob fte auef; an Energie hinter
ifyn §urücfblieben , boct; ityttm £anbe nü^licbe 3)ienfte leifteten. 2Öarum
ttermodjte feiner ber (entern bag §u tfyun, voa3 Ümnftan ttor 40 3af)ren
gett)an fyatte, baS (Steuerruber p ergreifen unb ben Staat §u retten? Die
Urfadie lag in ber tteränberten Stellung be6 53i6tl)umö ^um Sfyrone. 6ett
bem 5luöbrua)e jener Streitigfeiten im l)errfd)enbeu ^aufe roar e$ bem 5lbel
gelungen, bie 33tfa)öfe ^om §ofe §u entfernen, ba3 ^önigtl)um unb ben
^lerud bauerub §u entjroeien. 9lur im SBunbe mit ber Ärone fonnte bie
@eiftlia}fett entfdjeibenben Einfluß auf bie großen ©efcfyäfte üben.
') Ibid. <S. 470. mx. 19. 2) Ibid. 6. 469. S^r. 11. 3) Ibid. <&. 470. 9ir. 16.
4) Ibid. 9ir. 19. 5) Ibid. ©. 471. 9lr. 21 u. 22. 6) SPkUjäug yon 2Befimün{iev
im Sluöjugc, ibid. @. 468. OJote b.
24
Sßa&ji ©vegoriuö VII. unb fein Beitoltev.
•ftta)t bloS an 2)auer gltd) bte £errfcbaft ber 2Bifmger über Englanb
berjentgen Epoche ber @efd)icf)te 3>utfct;lanb3, welcbe man mit bem tarnen
beä 30jäfjrtgen Kriegs belegt. SBcnn au3 te|teteffl 3^traum fein anbereö
2)enfmal auf uns gefommen wäre, al$ bie *ßrebtgt trgenb ctaeö 2Mfd)of3,
worin e$ l)teße: nta)t3 fei häufiger gewefen, alö Verrat!) am oberften £ef)en^
hernt, ber t)ol;e 2lbel fyabe ba$ SSolf fremben Räubern, 3)änen, ©djweben,
©atltern — waren bte Einfälle be$ 2)äuen Ef)rifttern IV. unb be3.©otf)en
©uftao 2lbolf etwa6 2lnbere$, al$ eine Erneuerung ber Sötftnger 3üge beS
10. unb 11. 3al)r!)unbertö ? — in bte £änbe geliefert, bie ehemaligen
greien $u Jtned)ten, bte 23auerfa)aft §u ^Bettlern erntebrtgt, bie Nation in
©cfyanbe unb Elenb geftitrst unb um it)ren mtlttärtfa)en 9iul)m, tr)re £ugen*
ben gebracht, fo würben btefe <5ä£e ben allgemeinen Umriß unferer bama*
Ilgen ($efdnd)te ebenfo getreu fd)ilbern, al$ bte oorf)anbenen 2lu6$üge ber
Äan^elreben SMfftanS ben @ang ber ©efdjtcfe EnglanbS bejetebnen.
ES fei mir geftattet, eine anbere Söemerfung beizufügen, §u welcher
bte $ergleid)ung EnglanbS unb @ermanten£ r)tnbrängt. Äetn 93olf ber
Erbe ift gegenwärtig oorl)anben, baö ftd) an 9ttad)t, an 2Bof)lftanb, an
wol)fr>erbientem 9M)tne mit bem englifdjen meffen bürfte. Unb boef) wie
tief ftanb biefeS Englanb ju Anfang be$ 11. 3aWunbert$ unter ber ©fla*
»enpettfcjje ffanbtnaotfcber ^traten; wie tief ftanb eö wteberum im 16. unter
jenem Reinritt) VIII., ber feinen Untertanen ein ftrd)ltd)e£ unb bürgen
ItcfyeS 3oa) auflegte, wie v>tcUetdr)t fein anberer ^errfc^er e£ je gewagt f)at;
wie tief enblta) in ber ^weiten £älfte be£ 17. 3al)r()unbert3 unter ben
Wteberl)ergeftcllten «Stuart, bte ftd) nid)t fcfiämten, @olb tton ber trotte
granfretd) §u nehmen. Ü)eutfa)e, benen Unmutr; am £er$en nagt, mögen
auö englifebem S3ctfpie(e Sroft fa)ö>fen. 3ebe a)ri filtere Nation trägt bie
gäfytgfett in ftcb, auö innerem ober äußerem Verfall auf$ufter)en, unb barf
bte Hoffnung l)egcn, baß ber 8aum, ber serborrt fdjetnt, wenn günftige
Süfte wel)en, wteber ÄnoStoen treibe.
Anfangs waren e$ ber SEifmger, bie in Englanb einbrachen, nur
wenige, balb ftieg ü)te ßafyl in bem $erl)ältntffe, wie 2)änemarfö Könige
$f)eil an ben ^Raubzügen nahmen. 3Siele tarnen werben erwähnt, bte wir
tton früher l)ct tarnen: *ßalnatode, ber nachmalige Hauptmann ber 3om&
bürg, welcher in feiner 3ugenb wäljrenb eines 3ug3 nach ber englifeben
Mk\k bte «£>anb ber £)lofa, einer Softer be$ waltfifd)cn gürften (EtcpljaH,
unb als 25rautjcbai3 Sinti) ctl an ber ^errfcfyaft bcS ©d)Wiegeroater6 erlangt
l;aben fotl, f) 6tgwalr>, Struu)aralb6 @of)n, gletcbfallö einer ber ^auptleute
von 3om3burg, ber laut ber Sobrebe auf Emma oon ben 5lngelfad)fen,
otelleidU au^ 5lnlaß M 8lutbab3 von 1002, »on welkem fyätcr bie ^ebe
») Sa^enberg, ©efäicfyte (^nglanbe I, 420.
SSierteö 23ud). Gap. 2. (Snglanb unter bem Sodje ber SBifinger. Sroen ©abelbart. 25
fem wirb, erfragen roarb,1) Xfyoxtil,7) roahrfd)etnltch 6tgroalb6 trüber,
ber nad) ben Angaben berfelben Duelle fd)on vor 1000 (Snglanb ^etmge."
fuct)t haben bürfte, enbltd) bie betten 6eefötttge, Olaf, $ryjgtt>e'6 (5ol)n,
ber laut bem früher angeführten3) 3cu9ntffe @norro'3, fa)on um 990 bte
tüeftltcben dJlcm buref/f erwärmte, aber al$ getnb (SngfanbS von angelfäa>
jtfdjen Duellen etft fett bem 3ahve 993 erwähnt rotrb, bann @roen, ber 6ol)n
^aralbö 8d)Voars§ahn.
£)er erfte größere Angriff burch btefe unb anbere 2Öifmger erfolgte4)
im 3a!)re 991 unter einem 2lnfül)rer @utf)munb, ©treftanS «Sohlte, über
beffen ^etmatl) unb frühere Sct/tdfale feine Nachrichten vorliegen. SBtyrtl)*
nott), (Sari von (Sffer, rütfte ben Räubern entgegegen, warb aber von ben*
felben beftegt unb erfragen. 6a^recfen erfüllte ba$ Sattb, unb $um erften*
male gefdjal) e£ bamatö, baß Zottig (M)elreb bte 9fiut)e ber 2Ötfmger mit
einer 33ranbfo)a^ung §u erfaufen befchloß. Sie betrug 10,000 $funb 6tf*
ber. @egen btefe <5umme t»er^fltcr>teten ftet) bte jtorfaren, ntcf)t nur ferneren
^piünberungen für ihre $erfon $u entfagett, fonbern aua), rote e$ fa)etnt,
baS Sanb, baö fte bejaht l)atte, gegen bte Unfälle anberer Normannen $u
fcf)ü^en. Sie felbft blieben in (£nglanb, unb erhielten bte Lieferung von Sebent
mitteilt §ugeftd)ert. £)a£ eine 33erfprea>en würbe fo wenig erfüllt, als baö
anbere: ©utl)mttnbö Seute fuhren fort, baö engltfcr)e 35olf §u bebrängen
unb machten gemeine ©ac^e mit fyäter gefommenen ^orfaren.
Unter btefen Umftänben verwanbelte ftcf» bie 53ranbfc^a|ung von 992,
welche urfvrüngltch ba3 engltfche 3Solf einmal für allemal ju jaulen über*
nommen fyatte, in eine regelmäßige £aft, welche ben Tanten 5)anegclb er*
^ielt unb immer r)öf)er flieg. 2)a6 zweite 3)anegelb würbe im 3al)re 994
an Dlaf, Srtygwe'ö Sof)n, entrichtet unb betrug, rote an einem anbent
Drte gezeigt roorben, 16,000 *Pfunb Silber, ba$ brüte, auferlegt im 3af)re
1002, erreichte bereits bie 3tffer ^on 24,000 *ßfunb, baS vierte, vom
3ahre 1007, flieg auf 36,000 $funb, baS fünfte, vom 3ahr 1012, fchwoll
bis ju 48,000 *ßfunb5) an. 3wtfc^en btefe große 3ahlungen Innern mußten,
laut Eingabe angclfäd;ft|d)er Duellen,5) faft altjäl)rlid) Heinere gemalt Wer*
ben. 3» Uebereinfttmmuug l)iemtt berichtet6) ber beutfehe (%onift 2>tet*
mar von 9)?erfeburg, baß bte Normannen eine 9ftenge ©runbeigenthümer
von §auS unb §of vertrieben, ftd) auf bem geraubten 33oben nteberlteßen
unb überbteß baS engltfd)e 3ßolf zwangen, ihnen einen jährlichen Tribut ju
befahlen. 3>uU%t, nacktem bie Räuber für immer aus (Sttglanb vertrieben
waren, bauerte gleidiwof)! baS X)attegelb fort, c$ gieng nämlich in eine
') Encomium Emraae hei £ange6e(f II, 475. 2) QJlan vergleiche über tfyn ibid. II,
458 flg. ') Q3anb II, 594 flg. 4) ©eiveife bei ^uvnev II, 306 flg. Cappenberg I,
423 flg. 5) SDic SBetoetfc gefammelt bei Cangebecf II, 468. 9lote a. ,;) Chronic.
VII, 26. qjetfc III, 848 oben.
26
$abfi ©regoviuS VII. unb fein 3ettalter.
fteljenbe ©teuer über, roeldje bie ßrone einbog, ^etnrtct) von Huntington,
ber um 1140 fd)rieb, fagt:1) „baS 3)anegelb roctyrt bis auf ben gütigen
Sag fort unb roirb, wenn ©Ott ntd)t l)tlft, noct) lange befielen ; benn btefe
©teuer, bie wir Anfangs au8 ©Breden ben 3)cmeu entrichteten, jafjlen
wir \z%t auS ©ewof)nl)eit an unfere Könige."
2)a$ geheime 3ufammenfyielcn ctnt)etmt)cf)cr 53errätr)er mit ben fremben
Räubern, beffen ©rünbe id) oben entwitfelt f)abe, tritt fogleia) nacb (Sin*
füfyrung beS erften 2)anegelb3 von 992 l)ervor. 2)a bie Räuber tro| ber
3at)(ung baS Sanb »erfjeerten, ließ Köllig (Stljelreb ju Sonbon 992 eine
mächtige glotte auSrüften unb fc^tcfte fte gegen ben geinb, aber bie 2öat?l
bcS Cannes, bem er ben Oberbefehl übertrug, vereitelte bte (Srretcriung be$
3wedö. 2lelff)cre, (Sari von 9ftercta, ber 983 ftarb, hatte einen ©or)n
2lelfrtf htnterlqffen, ber baS 2el)en feines 93aterS erbte.2) 2)tefer Sletfrif
mar balb barauf von $öntg ($tf)elreb wegen Untreue beS £anbe£ verliefen,
aber in Äurjem §urüdgerufcn unb §u ©naben angenommen worben. 2)a*
malS ernannte ihn ber Äöutg §um 33 e fei; 1 61) ab er ber glotte, bod) [teilte er
\%m §wci 33tfa)öfe, bie feine ©unft genoffen, 5llfftan unb 2k3wtg jur
©ette, woraus §u erhellen fcheint, baß (Stf)elreb bem (Sari nta)t recbt traute,
©ein 3lrgroot)n würbe burd) ben (Erfolg geredjtfertigt, benn md;t nur ver*
rtetr) Slelfrtf ben Normannen Ort unb Sag beS befd)loffenen Angriffs, fon#
bern er ging fogar mit einigen ©djiffen §u bem geinbe über. 2)ie eng*
lifd)e glotte lief auS, vermochte aber ben geinb, weil berfelbe gewarnt war,
nicht ^u überrafd;en. 2)te meiften Normannen entflogen, einige wenige
©cfjtffe würben von ben (Snglänbem erreicht unb genommen.
9?aa) biefem uuvollftänbtgcn ©iege berief «ftöntg (Stfjelreb eine 93er*
fammlung welt(td)er unb getftltd)er ©rojkn, welche ben 53ann über Slelfrtf
verhängte, unb feine ©üter ber trotte §ufpraa): zugleich würbe ein ©olm
5lclfrü% Sllfgar, vielleicht 90?itfd)ulbtgcr beS $aterS, auf (SthelrebS 33efel;l
geblenbet. 3) 5)a$ auS bem fübltc^en (Snglanb vertriebene 9?ormamtenheer
wattbte ft<h nad) ben nörblicben ^rovtnjen, wo ftd) von ben ^aufyügen
be$ 9. 3ahrf)unbertS l)er viele 2)änen niebergelaffen Ratten, eroberte bort
bie ©tabt SBanborough , lief bann in bte Sttünbung beS §umber ein unb
verheerte weithin 9?ortl)umberlanb. 2)le (Stnwohncr, obgleich bäntfd)eu @c*
bliitS, waren Anfangs entfd)lof)eu, ber trotte treu ju bleiben, fammelten
©d)tffe unb ein £eer. Allein brci ber (Sbelleute, bie fte $u güljrern roäl)l^
tcn, giengen ju ben Normannen über unb verrieten ba$ Sanb.
3m folgcnben 3al}re — 993 — erwähnen bie angelfäcfyftfcbcn ^l)ro^
ntftn jum erftenmale bie $lnroefenf;eit beS ^orrvegerS £)laf £n;groefon.
l) Saiuje5ecf II, 468. 2) Sa^^enberg I, 420. Ä) Turner II, 309 flg.
\ia)?^euberg I, 424 flg.
93terte£ 93ud). da\>. 2. (Snglanb Bittet bem 3od)e ber Sifingev. ©wen ©abelbavt. 27
($r fur)r bte $hcmfe hinauf bis über £onbon, fefyrte bann jurücf unb ver*
beerte Äcnt. Von befonbern Üftajjregeln, bte gegen tr)n getroffen würben,
tft ntebt bte *Rebe. übermal erfctyfen er im folgenben 3afyre 994, bod)
btefjmal nicht allein, fonbem in ©emeinfebaft mit bem £>änen ©wen, §a*
ralbS ©ohne. 3)a (euerer nad) feiner Vertreibung auS 3)änemarf, laut
ber SluStage !) 2lbamS von Vrcmen, in ©dwttlanb 3uPuch* fuch^ im*> \^
bem laut ben ^nbeutungen bcS s3J?erfeburgcr ^Dietmar 2) baS SBiftngcr
©eroerbe trieb, ba ferner bte engltfcben ^ronifen erft mit bem Safere 994
etwas von ©wcnS Sljaten beliebten, fo siebe tcb ben ©ebluf*, baf bcrfelbe
fur$ vor 994, a()o 993, gelungen worben ift, fein hnmathltcbeS 9ietch §u
verlaffen. 5£)icß ftebt in gutem (Sinflang mit ben anberweittg nachgewie*
jenen ©puren.
Srnrct) bte Vereinigung £)lafS unb ©wenS I)atte bte Tladjt ber SBtftn^
ger eine gefährliche ^)ö^e erreiebt. 3n ber %t)at ftnben wir fofort bie
fäbtgften 9^atl)gc6er beS Königs (Stt)elreb mit ber Aufgabe befefsäfttgt, betbe
Häuptlinge von einanber §u trennen. 93et btefem Slnlaffe tritt ein ßlerifer
hervor, ber offenbar §u ben fäbigften ©cbülem 3)unftanS gehört unb feinem
Vatetlanbe in trauriger 3tit widitige £)tenfie geleiftet hat. (Slfeg, ©projj*
ling eined vornehmen ®efchlcd)tS, wibmete ftefe frühe bem geiftlichen Berufe
in einem Softer bcS ©ebietS von ©loucefter, würbe ftoäter Slbt einer tytie
bei 93atf), unb gewann thctlS burch feine @elef)rfamfett, tr)etlS bura) 2lSccfe
fold>eS Stnfel)en, baß viele ©cbüler ftcb um ihn fammelten.
@lfegS D^uf war feft begrünbet, als Anfangs 2luguft 984 ber bisherige
23tfcbof von 3ötnd)efter, (Stf)elwalb, mit $ob abgieng. 2)er ©tuf)l von
2ßtncbefter lag im 9ttetro:polttanfvrcngeI von ßanterbun;, wef^alb (Sqbifcbof
£)unftan, obgleid) bie Sage fetner überwiegenben 9Jiacht bei §ofe vorüber
waren, (SinfUtf* auf bte 2ßteberbefe$ung beS erlebigten SBtSthumS §u üben
vermochte. Vergebens bot bie bem (Sr§bt|chofe feinbltche, mit bem unpfrte*
benen Slbel verbunbenc, ^artl)ei beS (SleruS 2Wem auf, einen ber 3hr*9eu
nad) ^Btncbefter §u beförberu: bem 2lbcl, bem §ofc unb bem verborbenen
Steile ber ßlerifei $u £ro£ warb bte Erhebung (SlfegS von £>unftan burch?
gefegt.3)
(Seit ber j$tit, ba bie 2Btftnger ^Britannien überfebwemmten, fchlug
ber neue 33t|d;of einen eigentümlichen SBeg ein, um bie ©efabjren, bte fein
Vaterlanb bebrohten, ab$uwenben. Er verfugte theilS felbft, einzelne ber
Räuber jutu (5l)rtftentl)um §u befehren, thetlS'fanbte er Slnbere als 33oten
beS Evangeliums unter bie wilben grembltnge. Unb in ber Xfyat gelang
eS il)m, einen 93?ann, in beffen §anb gewiffermaßen EnglanbS ©cln'cffal
-) ^er^ III, 848. 3) Mabillon anoales ordinis
28
$a6ft ©regoriuö VII. unb fein Settatter.
lag, §u gewinnen. 2In einem anbern £)rtel) fmb bte ©rünbe entwicfelt
worben, meiere 51t ber Sinnahme berechtigen, baß bte Unterhandlung , bte
S3tfa?of (Slfeg mit £>laf, Srtygtoe'S Sofm, anfmrpfte, ben geheimen 3wecf
hatte, burch Aufrichtung ber $ird)e in -ftorwegen ben ^auptquell beS See*
raubS §u »crjtopfen, unb baburch bte ßultur ber weftltdjen 9J?eerlänber
gegen brobjenbe Barbarei ju fta)em. 9Jierfwürbtger 2Betfe gefteht ber eng*
lifche -äftönd) £>Sbern, ber noa) im 11. 3af)rhunbert bte SebenSgefchichte
@feg§ befdjrteb, ben eben erwähnten $lan faft mit bürren Kotten ein.
„211S bte ^traten tf)re 9?aub§üge begannen," jagt2) er, „ging
Bifchof ©(feg mitten unter bte geinbe hinein, fcerfünbtgte tl>nen baS
Sßort beS Sebent, faufte (befangene für ©elb (0$, fcertfyetfte 9M)ruttgS*
mittel ben §ungernben. Unb fo große @nabe verlier; ihm ber Allmächtige,
baß er ntd)t nur (befangene tton jeitfieber, fonbern aua) bte Urheber ber
@efangenfa)aft üon ewiger ^nec^tfebaft befreite. 2). f). ßlfeg beerte einzelne
hetbntfd)e Normannen §um ©lauben unb wußte ebenbtefelben §u bewegen,
baß fte bureb 2£erfe ihren ©tauben betätigten. Aber obgleich 93?ancbe
§um (£hriftetttr)um übertraten, blieb bod) bte 3afyl berer, welche im Ung(au>
ben verharrten, tttel größer, unb biefe faßten einen wüthenben, unauSlöfaV
liefen §aß gegen (Slfcg, benn fte fürchteten, baß, wenn baS Serf, wetd)eS
er betrieb, weiter fortfdjreite , bte nötige ber £änbe bem jhtegSge*
Werbe, »on bem fte lebten — b. I;. bem Seeraub — endogen werben
würben."
Söeiter unten, naebbem £)Sbern er§ät>It tjat, wie bie deinen im 3a^re
1011 (Santerburt) erftürmten unb nun ein fürchterliches Blutbab unter ben
Einwohnern ber eroberten Stabt anrichteten, fährt3) er alfo fort: „(£r$btfchof
(SIfeg, ber mit bem (Stents in bte £)omtnrcbe geflohen war, ließ ftd), als
er erfuhr, was braußen vorging, nicht länger jitrücfhalten , fonbern eilte
auö bem ©otteShaufe f)invx>eg in bte Straßen, wo noch gefämpft warb,
unb trat mitten unter bie Räuber fynän, inbem er rief: wenbet Eure
Schwerter gegen mtcb, ich bin berjenige, ber eurem Sager fo viele Kämpfer
entzog unb ber ftetS (Surem Xl)m\ entgegen gearbeitet hat."
3Me Sporte, welcbe ber Wonfy gebraucht, geftatten ntd)t, an eine folcbe
Berührung §u benfen, welche etwa einen Raufen gemeiner Solbaten bem
^orfarenthum abfpeuftig machte, fonbern unverfennbar ift von Bearbeitung
eincS l)od)ftef)cnben Cannes bte Diebe, beffen Ucbertrtrt bie gortbauer beS
SeeraubS in grage fteßte. Jhtr§, £)Sbem fvielt auf bte geheimen Abftd^ten
beS Vertrags an, ben (SIfeg mit £>laf, $rr)gwe'S Sohn, abgefchloffen l;at.
2)amtt ber Norweger in Staub gefegt werbe, baS große SBerf aus*
jufül)ren, erhielt er bamalS eine Unterftü^ung von 16,000 $funb Silber.
') 93anb II, 597. 2) ?angebcdE II, 440. s) Ibid. ©. 444.
«Bierteö SBucty. (Sap. 2. (£nglanb unter bem 3ocr;e bcr aßifiuger. ©wen ®aUtbaxt. 29
3cb wieberhole bte fiüt>er gemachte Bewertung: nie f)at eine große Staats*
ausgäbe beffere 3in\a\ getragen. Nicbt viel fehlte, fo erlitt febon $wifdjen
995—1000 bitreb £>lafS Vorgehen in Norwegen baS ^iratenwefen einen
töbtlicben Streicb. 2lncb in (Snglanb reiften unmittelbare grüebte. >$mi
3af)re lang — 995 nnb 996 — ift in ben angelfächftfdien (Shronifcn
nirgenbS von Naubjügen bte Nebe, offenbar weil Swen nach bem Slbjuge
DlafS unb vieler ©enoffen §u i'cbroacb geworben war, nm erwaS 23ebeu*
tcnbeS $u unternehmen. 3n bem 3^re 997 ptünberte jwar lieber eine
bänifebe glorte ungeftraft bie weftlid)en nnb öftltdr>eu lüften (SnglaubS,
aber nun rüftete üönig (5tt)e(reb ein zahlreiches Neid)Shcer aus, baS, ob*
gleich über böswilligem 3au^ern unb enblofen SBcratfmngen ber 93afatten
foftbare 3C^ verftrieb, boch anlegt auf bie 53eine fam. ')
Nocb mehr! im grüpng 1000 »erließen bie 2)änen (Snglanb, um ihre
SBaffen gegen bie gallifdje Normanbie $u feb)ren. l) 5)te golge war, baß
^ö'nig (Strjelreb von ber 33ertl)eibtgung §um Singriff, öon ber Sibwefyr §ur
(Eroberung übergeben tonnte. (£r überwog 4) bie an ber ®rän§e SchottlanbS
gelegene *provin§ (Sumberlanb, welche ber fcbottifd>e jlöntg Malcolm als
93afalle ber eugltfcben trotte beherrfd)te, mit $rieg, um biefen Häuptling bafür
ju züchtigen, baß er wä^renb ber legten bänifd)en Einfälle bte vertragsmäßige
§ülfe niebt geleiftet, ober vielmehr — um ben eigentlichen ®runb §u fagen
— baß Malcolm ben 2)änen Swen bisher l)eimlta) unterftü^t hatte.
^immermef)r fyattc (£tr)elreb in foleber Sffieife voranfebreiten fönnen,
wäre nicht ein 3ft>ifcheneretgmß eingetreten, baS bem Slngelfacbfen Suft fchaffte,
feine ganje Stellung veränberte. Nun in bie 3«hre 998 ober 999 fällt
ber $ob beS Königs Strich beS «Siegreichen von Scbweben, ber ^aralbS
©efchlecbt auS 2)änemarf vertrieben unb baS eroberte £anb feinem (Srbreiche
beigefügt fyatte, fowte bie Nütffehr SwenS in bie £eimatl). $on fclbft
ferftcfjt eS ftcb, baß Swen, als er h^intjog, ben größten Sbeil feiner Streit*
fräfte mit fiel) nahm. (Sthelreb gewann baber freie £anb. £>och blieb
eine 2lbtf)eilung ber ^orfaren, bie allem 2lnfcf)eme nad) unabhängig von
Swen war, in (Snglanb jurücf, wagte aber nichts gegen (Striclreb, fonbern
wanbte ftch im grür)ltng 1000 gegen bie Normanbie.
Äurj barauf erfolgte jeboeb in Sfanbinavtcn ber früher2) beschriebene
Umfcbwung. £)laf, £rvgwe'S Sohn, erlag in ber großen Seefcblacht vom
^erbfte 1000 wiber bie vereinigten Streitkräfte beS febwebifeben Schoos*
fönigS, beS 2)änen Swen, beS OberjarlS (Sirich unb ber SomSburger. So*
gleich empfanb (Snglanb bie Nachwirkungen biefeS (£reigniffeS. 2)te SBtfmger,
welche im grühling ausgesogen waren, bie Normanbie ju plünbern, fel)rten
') $te JBetoeteflenen bei Xurnev II, 312 flg. unb bei «a^enberg I, 428 flg.
2) Qknb 609.
30 $a6fi ©regoviuö VII. unb fein 3eüaltet.
naa) ber 3nfel surürf, unb nod) »tele anbere Sttannfcbaften aus ©fanbt*
na^fen muffen cbenborttjtn geftrömt fehl. 2)er 3auber, welri)er fett 995
rquMujtfge Normannen vom 33cfudje (SnglanbS abgehalten fjatte, war ver*
fdjrmmbcn: £)laf, $n;gwe'S ©ofm, lebte ma^t mefyr.
3)aß im Saufe beS 3al)rS 1002 ein übermäßiges £eet fcon gremb*
lingen auf enattfcfyem SBobcn ftanb, erhellt aus einer Sfyatfade, belebe
feinen 3tt>etfel §uläßt. 3)te 2lngelfad)feii fyaben ben Ü)änen im genannten
3af)re bie brttte große 23rcmbfd)a#ung im betrage von 24,000 $funb (Silber
hqaljit 6elbft gürften mm fdbwac^en (Sfyarafter ©ttjelrebS verfielen ftd) $u
foleben 3)emütf)tgungen nur, wenn baS Sßaffcr bis an bie £cl)le retdt.
3u ben Sßtfmgem, welche §wifa)en 1001 unb 1002 nad) (Snglanb über*
festen, muß aud) eine Slbtfyetlung beS bäntfcfjen HeereS unter bem 93efef>l
5XI)orfiI6 ge§äf)lt werben. 3)enn ber SBerfaffer ber £obrebe auf (Stoma
beutet1) an, baß ©wen, ber laut ben augelfäd)ftfcben ßbrontfen erft 1003
wieber perfönltd) (Snglanb t;etmfua)te, früher 40 ^riegSfd)tffe unter ber 2ln*
füfyrung feines Hauptmanns Sbjorftl fyinübergefenbet tjabe.
9hm, ba bie ©efafyr met)r unb mefyr brängte, ergriff Üöntg (Stfyelreb
außerorbentltdje Maßregeln, um ftet) ber Räuber u)eilS bura) 2lnfd)luß an
eine frembe 9J?ad)t, ttjetlS burdj einen verwegenen ©d)lag §u entlebtgen.
(Stfyelreb fyatte als 17jat)riger 3nnglmg Sklflebe, bte Softer beS (£arlS
Sfyoreb, geel)lid)t, ber in ben Sagen beS Königs ßbgar als gelbfyerr ftd)
$uf)m erwarb. ÜMefelbe gebar ifjm, außer bem 9?ad)fo(gev (Sbmunb, fünf
©öl)ne, (Sabmt, 9tetr)elftan, Egbert, (Sabreb, (Sabgar, fowie vier Softer,
ftarb aber vor 1002. 2) 3« einer neuen ^e fdnettenb, wia) @tr)elreb von
bem alten ©ebraua^e ab, fraft beffen (SnglanbS Röntge feit geraumer $ät
nur mit einfyeimifdben grauen ftd) ju vermählen pflegten, er warb um bte
£anb (Smma'S, ber ©ajwefter beS Herzogs 9itdavb II. von ber sJtormanbte.
6et eS baß ber bäntfa^e Einfall vom 3af)re 1000 ben Normannen von
ber 9?ott)wenbtgfett überzeugt fyatte, gemeine ©ad)e mit bem angclfäd)ftfd)en
Haufe gegen bie ffanbtnavtfden Räuber ju mad^en, fei eS baß anbere, von
ben Dürftigen Duellen ntdbt erwähnte, 23eweggrünbe ctnwtrften: bie 93er*
btnbung fam §u ©taube, baute ben 9iormannen ©alltenS bte erfte SBrütfe
nad) (Snglanb unb warb Urfaa^e, baß 2ötlf)elm bei (gröberer fed)$tg 3^)fe
fpäter baS 9?ad)barretd) in feine ©ewalt braute.
$or £)ftem 1002 retebte (Smma, wegen tfyrer ©djb'nfyett gepriefen unb
als 3uwel ber 9?ormanbte gefeiert, tt)re §anb kern 2fngelfad)fen. 6ie
gebar ü)m in ber golge $wei ©öl)ne, Slelfreb unb (Sbwarb, welker ledere
1042 ben Xfyon feines 33aterS beftteg unb naa) feinem £obe ben 33ei^
namen beS 33efennerS erhielt. 2)arf man ben 5luSfagen fpäterer engltfa^er
l) CattßcBecf II, 475. 2) fia^enbevg I, 431 flg.
ißterteö 93ucfy. (Sa*). 2. (Snglanb unter bem 3o$e ber SEßiftn^er. @n>en ©abetbavt. 31
@hroniften, wie beö 33enebifttnerö 2ÖtIf)elm tton 9D?alme3bun;, bie unter nor*
metnnifeber $errfd)aft fcfyriebcn unb bte legten angelfäctyjtfcijen Könige als ein
verworfenes ©efchlecbt fn'nfreflen, hmreidjenb trauen, fo l)at (Sthelrcb feine
@ema()Itn unwürbig bemäntelt. 2ÖfH)eIm von 9Mme6fom; faßt, baß er
mit 93uf)lerinnen ftcfc einlief unb in i()ren Firmen ber SRotr) bc$ £anbe$
uitb ber ($hre feines £aufe3 vergaß. 3n ber $hat fd)eint (Smma (Strjetreb
»eracfjtct ober gefaßt §u haben, benn baß fte nad) feinem £obe bem Sohne
SwenS, welcher ber Sobfeinb ihres erften üJtauneS gewefen, in jweiter
@l)e ftd) vermählte, fegt Abneigung gegen (St^elreb voraus.
Ü)ie jwette 2lnorbnung, welcbe ber angelfäd)fifd)e j^önig im Saufe be6
3af)reö 1002 traf, war ein SBefefu*, alle in (Snglanb anwefenben kälten
meuchlings §u ermorben. königliche Schreiben ergingen beßhalb an bte
£)brfgfeiten ber Stäbte unb Drte. 3)aS ©eheimntß blieb ben>al;rt , unb bte
burd) lange Seiben $ur Surf) gereifte 33evölferung vollftrccftc auf ben Sag beS
heil. 33rteciuS — 13. 9cov. 1002 — ben Stilen beS ÄömgS. (Sin füra)ter*
Itcf?e6 SBlutbab foll angerichtet werben fein. 3)och entrannen viele Normannen
bem £obe, unb in ben näd)ften 3af)ren nal)m könig Swen, ber von 1003
an bis ju feinem $obe faft (eben Sommer (Snglanb l)eimfudUe, 9facf;e für
baS ©efa3el)ene.
(SS wäre unnüg, bie beiberfeitigen Schlächtereien, über welche or)nebteß
bfe bürftigen 3ettyuetlen nur unvoflftänbigen Bericht erftatten, einzeln auf*
jujäf)len. 0 Sie früher, riefen aud) jegt bie 2Bifinger ben Herrath ber
großen angelfäajfifdjen SSafatlen §u £ülfe. 9?ad)bem Swen im Sommer
1003 auf (SnglanbS küfte gelanbet fyatte, griff er bte Stabt (Sreter an.
£>hne kämpf übergab fte ber von (Sttyelreb ober feiner ©emapn (Smma
eingefegte Befehlshaber, @raf <§ugo. £>ie 2)änen brangen hierauf nach
Siltfhtre vor unb Gumberten 6tabt unb Sanb. 5116 fte mit 23eute belaben
nach ber küfte §urüdf elften, follte ihnen (Sari $ elf rif ben 2öeg verlegen,
aber berfelbe [teilte ftcf> franf unb wid) bem Kampfe aus, fo baß bie Räuber
wohlbehalten §u ihren Schiffen gelangten. Sftan weiß nicht gewiß, ob btefer
Slelfrif eine unb biefelbe sßerfon ift mit bem gleichnamigen (Sari, ber fc^on
im 3ahre 993 ben könig verraten unb bafür ben $ann erlitten hatte.
2Öar er ber dämliche, fo muß man annehmen, baß bie Steberein*
fegung SlelfrifS in bie verwirften Remter unb Würben burch bte Normannen
bei einer früheren ©elegenl)eit erzwungen roorben ift. übermal fam ber
Ü)änenföntg im 3af)re 1004 unb verbrannte bie Stabt Sftorwid). Ulfftytel,
Statthalter von Dftfachfen unb Schwiegerforjn beS königS (er war mit
(StrjelrebS Tochter 2Bulfl)ilbie vermalt), «rollte SlnfangS ben grieben um
eine Summe @elbe$ erfaufen. 5llö bie Stfmger gleichwohl mit ihren Cßlün^
l) 93ergl. Xnxnex U, 317 flg. Sa^enberg I, 435 flg.
*)3abfi ©regoviuS VII. unb fein 3eitalter.
berungen fortfuhren, rücfte er benfelben entgegen unb lieferte ihnen ein fteg*
reichet treffen, in welchem viele Dänen fielen, bod) entfam ©wen mit ber
<£)auptmad)t nach ber glotte. £unger$noth , vielleicht eine golge ber von
ben Dänen angerichteten 2Berwüftungen, herrfchte bamalS in Englanb. Darum
fer)rte 6wen im £erbfte be$ 3al)r6 1004 nach ber £cimatr) jurücf unb fam
auch, wie eS fdjeint, im folgenben ntcfct.
Der neuliche ©ieg IltffytelS l)atk ben beweis geliefert, baß bie Dingel*
fadifen, roenn gute Anführer ftd) an ihre ©ptfce [teilten, bem geinbe Siber;
ftanb §u reiften vermochten unb baß tß nur an ben Einrichtungen fehlte.
DaS größte Uebel für baS Sanb war allerbingS bie Unfähigfeit be$ ÄöniaS.
Wilhelm von 9MmeSbun> erjählt,1) ber .Däne £r)orffl tyabe um 1003
folgenben 23erid)t über ben ©taub ber Dinge auf ber 3nfel an feinen ©e^
Bieter, «ftönig ©wen, erftattet: „ba£ Sanb ift fett unb reich, $önig Etlielvcb
aber Wummert, benft nur an Selber unb 2Betn unb erfefmeft bei bem Sorte
.ftrieg. ©ein 93olf haßt, bie grembeu verhöhnen it)n. Die Heerführer be*
neiben einer ben anbem, ber gemeine SERann t)cit ben 9)?utt) verloren unb
lauft beim erfreu £rompetenftoß bavon."
Diefer nämliche jlöntg trug Vorliebe für *ßoefte jur ©cfcau unb nahm
Dichter in feinen ©olb. (Sin norbifcher ©falbe, ©unlauger, fam nad) Sonbon
unb überreichte bem Könige ein ^elbenlteb, in welchem er Etf)elreb6 %u>
genben befang. 211$ Sohn erhielt er bafür einen mit reichem $el$ gefütterten
sßurpurmantel unb einen (St)renft^ im fönigltdjen fßälafte $u Sonbon. Eine
©trophe jenes £ieb6 ift auf une* gefommen;2) fte lautet: „bie ©olbaten
be$ Königs unb feine getreue Untertbanen, ba6 mächtige §eer von Eng*
lanb, gehorchen willig bem Könige Etfyelreb, als wäre er ein Engel ber
wohltätigen @ottl)eit." Älingt baS nicht wie eine ^)of§eitung von ^eute!
Sieberum fanben ftd) bie Dänen mit ihrem Könige ©wen im ©ommer
1006 auf englifchem 33oben ein, unb bießmat muß ihre 3ahl Qroß ge*
wefen fein. Denn nachbem fte mehrere £anbfcf)aften auSgeptünbert hatten,
erfaufte Ettjelreb ben grieben um bie ungeheure 23ranbfcha£ung von 36,000
*ßfunb ©ilber. 3n ben nächften 3al)ren ftrengte ber «ftönig bie legten Gräfte
feinet SanbeS an, um eine anfehnlitte ©treitmaajt auf bie 33eine ju bringen,
offenbar weil er einen neuen Angriff fürchtete. Ueber 9lrt unb Seife ber
5lu3rüftung liegen fchä|en3wertf)e Nachrichten vor. 3^ 310 §tben £anbe6
mußten ein ^riegöfchiff ftellen, je aa)t einen mit £elm unb 23ruftharnifd)
bewehrten Sanbfolbaten liefern. Die engtifefie «£)ibe entflicht ungefähr bem,
wag nach fränfifchem (Sprachgebrauch SDtanfuö heißt. Ein englifcher Ehronift3)
macht bie SBemerfung, man bezeichne mit bem Sorte £tbe ein ©tücf Sanb von
*) Savile Script, rer. anglic. (S. 69 oben. 2) Xnxmx II, 319. 3) «Spetnricij
»on Huntington ad a. 1008, ftefje Sa^enberg I, 439. Otote 3.
93ierteö 93ucf). Sap. 2. (Snglanb unter bem Sotfje ber $ßtfinger. ©wen ©abel&art. 33
ber @röße, baß cö mit einem $flug bebaut werben fönne. 9?act) einer
auf un6 gefommencn mittelalterliche« ^Berechnung, btc jebod) ntcfjt ganj
ftdc)er ift, begriffen btc bteffeitö be6 £umberfluffc3 gelegenen $rovin§en (£ng*
lanbs bamalS 243,600 £iben. liefen Wafätab §u ©runbc gelegt, r)ätte
bie 5lu6rüftung von i 008 eine glotte von 785 £)rlogfcbiffen unb ein £eer
von 30,000 9J?aun ergeben.1)
2)te glotte warb wirflidj) im §afeu von @anbwid), um jene 3«t bem
wtcbtigften beö 9?eid)£, sufammenjogen, aber fte xifyktz ntd)tö au3, weil
QSerratf) unb Unbotmäßigfeit ba£ SBerf fo großer, ja verzweifelter 5ln*
ftrengungen fd)citcm machte. 3^falKen mit bem ßlcrug, mißtrauifct) gegen
ben Abel, t)atte ftct) (Sttjelreb (Mnftltngen in bie Arme geworfen, bie it)n
fct)mär)lict) betrogen. (£mer berfelben, 2Öulfgeat, würbe §ule(3t Wegen unge*
rechter Hrtt)ct(fprüdt)e unb wegen anberer Anmaßungen feiner ©üter unb
(£t)ren entfernt. An 2Bulfgeat$ ©teile trat fcttbem (Sabrtf, ber 1007 baS
wid)ttgfte 2et)en von ganj Gmglanb, bie ©tattfyalterfctjaft ÜRercten , erfjtelt
unb nun feine 93rüber 23ritl)nf, Aelfrtf, @oba, Aetfyelwm unb §wei anbere
ju etnträgltd)en Aemtern beförberte. 'Die tyitqvitiltn fd)tlbern (£abrtf als
einen Wlann von nteberer ©eburt, aber berebt, gewanbt unb ebenfo treulos
als graufam.
2)er ©ünftling unb feine SBrüber waren auf ber großen im 3al)re 1007
unb bem folgenben auögerüfteten glotte. ©in ©treit bracr) swtfcfyen 23rttl)rif
unb einem anberen (£arl 3?amenö SBulfitott) au6. (Sabrtfö 33ruber erfyob
eine Auflage gegen letzteren. 9?un entflog Sulfnott) mit 20 (Schiffen unb
trieb ©eeraub. Wut 80 ©egcln verfolgte 53ritl)rif benfelben, aber ein ©türm
jerfdimetterte mehrere ber gat)rseuge SBritfnifS unb Sulfnotl) verbrannte
bie übrigen. Atö bie 9?actjrid)t von biefen Vorfällen ber föntgltctien glotte
jufam, lööte ftct) Drbnung unb 9J?ann^ua)t auf. $)er $ömg, feine (£arle
unb Stjane gingen nacb £aufe, bie übrige 9Jknnfcbaft af)mte bem gegebenen
Seifpiefe nact). „Die glotte war verfd)wuuben, bie lernte Hoffnung ©nglanbV'
— fo brüden ftct) bie (£r)romften au3 — „vernichtet."
Der geinb beilüde bieß. 3n ben 3at)rcn 1010—1012 überfdjwcmmten
neue ©djaaren bänifc^er Stftnger ben engltfctjen 23oben, jcbocf), wie eö
fcbetnt, ntct)t unter ber pcrfönltcben Leitung be3 Könige ©wen — mrgenbe
wirb fein 9?ame erwähnt — fonbem geführt von bem föntgltdjen gelb*
Hauptmann £t)orftl.2) £)t)ne baß e6 §u einer ©cfylacbt fam, burdijogcn
bie Räuber plünbemb erft bie füblta)en ^rovinjen ber 3nfel, bann ba£
ganje @ebiet ber £t)emfe unb verbrannten mehrere anfcl;nltcf)e ©täbte. $ur
*) Turner II, 319. flg. Sappenberg I, 439 flg. 2) 9luper ben angelfäd&ftfcfcen
(Sljromften unb bem Sobrebner ©mma'ö fennt auä) ber beutf^e Settgenofie, 93tf^of (Dietmar
üon 3Jlerfeburg, (Chronic. VII, 29. $er& HI, 849) ben bämföen 5lnfü^rer Xborfil.
® fror er, $a&|t ©regormS vn. 33b. in. 3
34
$i»bft ©regovtitö VII. nnb fein Settalter.
bte 53ürgcrfdbaft £onboti$ voiberftanb fortroäbrenb mit ©lütf unb £apf erfeit.
3m fürd)terltd)ftett ©ebränge boten 1011 bte 9lttgelfacbfen für ben grteben
eine 23ranbfd)a£nng, bte um ein 93tertl)ctl bte le£te vom 3af)re 1007 über*
traf, nämltd) 48,000 spfrotb Silber,
2Öät)renb ber Vertrag fcf)on abgefcbloffen roar unb baö Dattcgelb ein*
getrieben würbe, führte £l)orftl noef) einen Sd)lag gegen (£anterburty, bie geift*
(iebe £auptftabt be$ SietdjS, bereit erabtfdjöfltdjen ©tur)I im Safyre 1006 nad)
bem Sobe 2llfrtf3 — beö brüten Nachfolgers von Tmnftan — ber bisherige
SMfdjof 5« 5ötncf)efter, (Slfeg, befttegen hatte.1) Der tr>üf)htnterrtdt)tctc unb
glaubroürbige SSerf affer ber Seben^gefcbtc^te @lfeg£ behauptet, baf* ber fönig*
liebe ©üttffltng (Sabrtf e6 war, ber bte Dänen $um Angriff auf ßanterbun;
reljte. „(Sabrifö trüber," fagt 2) er, „hatte ben Slbel von ^ent, öffentlich
am §ofe im 31ngefta)te bcS Äöntgö befcfn'mpft, auch t>te(e 9ftttglteber btefer
jlörperfdjaft um $ab unb @ut gebracht, 5lu3 9^act)e fälligen ttm be^alb
einige tobt, 9htn forberte (Sabrif vom Könige SBeftrafung ber Sdmlbtgen.
2113 aber (Stl)elreb baö Verlangen beS ©ünftltng6 ntct)t erfüllen fonnte
ober sollte, lief (§abrtf §u ben Dänen ^tn unb forberte fte auf, nicht bloS
baS Sanb $ent §u vcrf)eeren, fonbem auch bie Regierung (StljelrebS $u
ftürjen." Unter (Sabrtfö 23ruber tft vielleicht ber oben erroäfmte Sßritfyrtf §u
verftchen.
tyftitk September 1011 erfebtenen bie hätten mit bem $errätbcr (Sabrtf
vor ßanterburty. Der bebrof)te 5lbel warf ftdt) in bte Stabt, bte ^Belagerung
begann. Stürme würben errichtet, Sturmböcfe gewimmert, geuerbränbe mit
^Burfgef dui^en hinein gefcbleubert. 9?ad) §roanstgtägtger 5lrbett burd^brach
ber getnb bte dauern unb begann nun ein fürchterlich e3 ©eme^el; von
ben 8000 53erool)nern , welche (Santerburt) im 2lugenbltcfe ber (Stnitahme
jäblte, follcn nur 800 £aten unb 4 9J?önd)e am Seben geblieben fein.3)
3Bte ia) oben bemerfte, fyatte ftcb ber ©r^btfcbof auf bte erfte ^aebric^t vom
Sturme mit feinem (£leru6 in bte Domftrcbe gepebtet, trat aber fpäter
wieber l)erau6 unb mitten unter bie geinbe Ijtnetn, um Sdionung für baö
$olf jju erflehen. Die 2Büthenben fälligen tr)n mit gäuften, verwunbeten
tl)n fd)Wer unb fehleren tt)n §ule|jt auf bteglotte, wo er mehrere 5Q?onate
gefangen gehalten würbe. 9J?an forberte von ihm ein Söfegelb von 60
Talenten ober 3000 *ßfunb Silber, baö er ftanbfyaft verweigerte. 3>viU§t
ftellten tfm bte Dänen vor tt)ren ,ftrieg6ratf), beffen 9J?ttglteber metft be*
trunfen roaren, „benn ba^ $m," fagt4) Heinrich von Huntington, „hatte
eine neue Stfvfyx von 3Betn auö Süben — b. f)- rool)l au$ einem rhetnifc^en
*) Mabillon annales ordinis S. Benedicti IV, 190. 2) Sangebecf II, 441.
3) Ibid. <&. 443 f(g. 4) Ibid. @. 450. $lok g. (Bin mevfautvbtgev 93elreiö für ben
5£eint)aiibel im 11. 3af)rf;unbert.
$ievteei 53urf). $a\\ 2. ©nfllnnb unfcr bcm %od)c ber 2Bifinger. ©tuen ©aBelbavt. 35
£afen erhalten. " (Steine, jTnocben, £)cf)fcn()örncv flogen an ben jtopf beö
ÜngfücfTtc^en unb ftrecfteu il)tt ju 93oben. (£tn bänifcrier Solbat, 9kmen$
^rum , ben (Slfeg früher getauft l)aben foU, verfemte tt)m au6 SDfitfefben
ben $obe3ftoß mit ber (Streitart. Sllfo ftavb ber r). (Slfeg, <Sd&fifet unb
®et(k6genojfe £)uttftan3, ben 19. 2lprtl 1012.
3nbeffen war an £)ftem bcffelben 3al)r3 bie auSbebungene 33ranb*
fdjafcung von 48,000 $funb an btc kälten bqafyft werben. (£tn großer
Sfyeü biefer Summe muß tu £r)ovftl3 $affe geffoffen fein, jtönig @tr)elreb
unb feine CfJäu)e geigten bamafö , baß fte etwa6 vom getnbe gelernt Ratten,
©letebwte bie ü>änen feit 3ab)ren bie fyoljen ^Beamten ber trotte (Snglanb
jum Sreubrucb »erretteten, fo »erführt« je£t (£tr)elreb ben gelbrjauptmann
@wen6, £l)orfil. ©tue 9fetf)e 3tu$en fttmmt1) übereilt, baß $f)orftl mit
einer guten 5ln§ar;l feiner Scbtffe ju ben 5lngelfacbfen überging unb in
@tf)etreb3 2)tenfte trat. 3)odt) nüjjte ber Sßerratf) Sejterem ntdjtö.
SbetlS um Sfyorfil §ur 9^ecf)enfct)aft ju gießen, tfyetls um baS von
btefem bereite fo weit geförderte üHkrf ber Austreibung beö angelfäa)ftfa)en
jtontgftammS ju votlenben, fegelte Zottig (6wen, begleitet von ^attut, feinem
öfteften ©oljne au6 ber (Sfye mit ber $oltn Stgrtb, im grüfylmg 1013 nact)
(Snglanb hinüber, fur)r nacb ber ^umbermünbuug, lief bann in ben £rent*
fluß ein unb f et) lug fein Sager bei ©atnSborougr) auf. 2)ie metften (£ng*
lättber gaben il;r ^öntg3r)au3 verloren unb waren' bereit, ftcf> bem neuen
§errn 51t unterwerfen. 3m Sager von ©atn^borougf) erfreuen bie ©arte
unb Sfyaue von 9(ortfntmberlanb unb Stncolnjlure unb fjulbtgten. 93alb
folgten biefem SBetfpiele bie Sanbfcbaften, welche nörbltcr) von ber foge*
nannten SatltngSftraße lagen, einem alten 9?ömerbamm, ber quer buref)
ba$ Ofeicb von £>over naa) Sßaleö führte. 5lllc mußten ©eißein ftellen.
9hm ließ ©wen feinen Sofyn ^anut bei ber gleite jurücf, unb bracb
auf hoffen, wetebe bie unterworfenen ^rovinjen lieferten, nact) bem Süben
auf. 2)ie 6täbte Drforb unb Sincbefter öffneten tr)re Sljore unb gaben
©etßeln. 3lber bie 33ürgerfa)aft von Sonbon, wotjtn ©wen jog, wieö ben
Ü)änenfentg jurücf, benn borten war ($tr)elreb geflogen, unb als fein JDtenft*
mann vertfyeibtgte ©wenö ehemaliger getbfyauptmann $r)orfil bie (Stabt
wtber ber hätten 9J?acbt. 6wen fjtelt ftcb ntebt mit einer ^Belagerung auf,
weil er vorauSfaf), baß Sonbon tu to^em ol;ne 3^ang ftet) fügen werbe,
fonbern rüefte weiter gen heften naef) 33atf).
3Öaö ber 2)finc erwartete, gefeba^. ©t^elreb f)atte fcf)on früher feine
@emal)lijt @mma fammt feinen (Söhnen nadb ber 9?ormanbie §um §er§oge
^tebarb IL, bem 8ruber Snima^ hinüber gefebieft. 2tt$ er gewahrte, baß
bte breite ber Sonboner gletdbfallö wanfe, beftieg er, begleitet von einigen
4) Ibid. @. 459 flg.
3*
36
^afcfi ©regortuö VII. unb fein 3ettaltev.
35tfcf)öfen unb bebten, tue tfym atCeut treu blieben,1) ein ©cfytff unb fufyr
nacb ber 3nfel SBigbt, wo er 2Beir)nadjten beging unb yiafyxifyt erhielt,
baß «£>erjog $td)arb bie glüd)tfinge freunbltcb aufgenommen bjabe. 9?un
ging er ebenfalls ju feinem ©ebroager nact; 9iouen unb warb bort gut
empfangen. 2)
<5inb bie Hafykn riebtig, roeld)e @norro <Sturlefon mitteilt3) fo muß
e$ 1013 gefcbefyen fein, baß <3tt>eu ben Dberjarl Norwegens, (Strtcf), §a*
foni <Sor)n, §u ftd) naa) Englanb befdn'eb, unb weiter baß «ftönig Etfjelreb
in feiner äußerften 9?otl) ben zweiten Dlaf, ^aralbö ©ränSfe Sotyn, nad)
Norwegen abfdndte,. um ben ©egenfonig burd) ein im Horben angejün*
beteS geuer jur 9Jücffer)r §u nötigen.
3u gleicher 3ät, ba Etfyelreb Bonbon »edteß, fufyr aud) Sfyorfil bie
Xbjemfe hinunter unb anferte mit feinen ©a)iffen bei ©reenwid) , auf weitere
Entwicklung ber 3)inge fjarrenb. Offenbar roar e6 bamalS fein ^jlan, bei
bem bet>orfter)enben 6dnPrucf)e augelfad)ftfa)er §errfc^aft ein @tücf be#
^Heicbjö für ftd) abzureißen. 9facb Entfernung Etfyelrebö fdjtcften bie £on*
boner eine @cfanbtfd)aft an öwen unb boten ^ulbigung fammt ©eißein.
6wen verlangte außerbem üriegSfteuern unb Lieferung von Lebensmitteln
für ben Sinter. 2)a8 ©leiere begehrte Sfyorf'il für feine glotte bei ©reen*
wieij. *plö£licr) änberte ein unerwarteter SobeSfaU bie Sage ber 3)inge.
Ebe ©wen ben abgefallenen Slfjorftl $u beftegen, unb in Bonbon feinen
@m^ug §u galten vermochte, ftarb4) er ben 2. gebruar 1014 im Sager ju
©ainöborougl).
') @aüüe a. a. £). ©. 69. 2) Xuxmt II, 321. SaWenberg I, 447 flg. *8anb
II, 617. 4) <Daö 3a^v bei ben angclfäcfyftfd&en Slnnalijien. £)er £ag bei SBtl^elm
son SJtalmeöburty, <SaöiIe ©. 71 oben.
Viertes 93u#. @ap. 3. $)er 3>dne Jtanut tt?irb £err über Grnglanb. 37
Dritte* Capitel.
9iacf) bem Tobe (Swenö ©abelbart ruft bie 2fte()r$ar)l beö englifd&en 33oIfö ben entflogenen
(Stfjelveb aug bev 9iormanbie ^uritcf . «Ranut, ©wenä Erdgeborner, wagt ntdt)t länger
in (Snglanb ju bleiben , fonbern entweicht naer) ^Dänemarf. Serwürfniife brechen am
wieberljergefiellten <£>ofe (5tf)elreb3 aug ; er ^erfaßt fogar mit feinem Grrfigebornen
(Sbinunb , genannt <$ifenfeite , bem fäfjigfien unter ben (Söfjnen beö 9lngelfacr)fen.
2)iefe neuen 33ewei|"e ber Unfäfjigfeit (Stfjetrebö ermutigen Äanut ju einem neuen
Einfall nad) (Snglanb. @Ü)etreb, ber Unberatfyene jitrbt ben 23. Styril 1016. (Sbmunb
übernimmt bie Regierung. Tapfere j?äm^fe, bie er gegen bie T)änen befter)t. (Bin
Vertrag fommt $wifcr)eu Grbmunb unb Äanut ju (Staube, fraft beffen ftcr) S3eibe
in bie <$errfcf;aft über (5nglanb tfyeilen. Stber biefe Uebereinfunft bauert nur wenige
2Bocf)en , benn burcfj ein S3erbvedt)en fc^afft ^anut ben 2Ritfönig auS ber 2Belt.
jlanut wirb aU ©ebieter »on ganj @nglanb anerfannt: er läßt eine Sfoifje größerer
ober fleinerer 93afallen , bie iljm gefäfyrlicr) [feinen , ermorben. 3rüei @6f;ne be0
tterfiorbenen (S'bmunb entfliegen erfl nacr) 9£ußlanb, bann nacf) Ungarn, wo if>nen ber
beutfdje jtaifer (Sdjujj gewährt, jlanut er)elicf)t (Smma, bie 3£ittwe @tr)elreb3, unb
Berlobt feine <Scf)Wefier 5lfiriba, audj) SiDJargaretfja genannt, mit Robert bem Teufel,
£erjog ber 9iormanbie , ber jebocr; balb bie SDänin tterjiößt. Anfänge Ulfs unb
©obwinS. ©nglifctyer 9teicf)Stag ju Dxforb im ©ommer 1018. ftaft 90,000 $funb
«Silber werben gu 5lbbanfuug beS großen äBifinger -Speeres bewilligt, an beffen <&pi§e
Jlanut (£nglanb erobert fjatte. Äanut erwirbt natf) bem Tobe feineö jüngeren
Kruberg Jparalb II. 2)änemarf, erobert bie Somöburg, (Samlanb unb «Sdjottlanb,
1014—1020.
3)er SSetftotbene hinterließ au$ ber (§he mit 6tgrib jwci 6ölme, bcu
erftgebornen Äamu, ber ftd), vx>tc ich oben bemerfte, $u ©aingborougl) be*
fanb unb bamatö fyöcfojtenS 14 3at)re gejault l)aben fann,1) unb ben noch
jungem §aralb II., welchen Sroen bei ber 2lbfal)rt auS ber ^eimatl) im
grü>ling 1013 §um Statthalter über Sänemarf beftellt hatte.2) £>ie
nifd)e glotte, ro eiche im Xnnt lag, rief fofort $anut §um Könige au3.
5tber ba3 angelfäct)ft|d)c Sßolf war anberer Meinung. Erbittert burct; bie
fcbroeren ©elberpreffungen, bie biö in bie legten ^age @roen6 fortdauerten, 3)
fanbten @etftUd)e unb Saien SBotfc^aft nacb ber S^ormaubte unb lubeu
(Stl)elreb ein, ben $t)ron feiner 3Säter roieber ^u befteigen, f^raa)en aber
jugleia) ben SSunfcb au6, baß er gcwtffc ältere ge^er meiben, 9Ktf bräune
abfc^affen möge. (Stl)e(reb »erließ alle^ Siebe unb ©ute, er fa)icfte eine
öffentliche (SrHärung, bereu förmliche Sporte auf unö gefommen ftnb,4) nacb
ßnglanb oorauö: „roir entbieten allen ©etreuen unfern ©ruf, geloben jebem
') $Der Sobrebner dmma'ö nennt t^n auö Slnlaf einer Gegebenheit, bie inö Satyr
1014 fällt, juvenis (Sangebed II, 478) unb nocr; jum Sa^re 1017 einen primaeva
aetate florens (ibid. 488 unten). 2) £angebe(f II, 476. 3) SJ^an fefje Turner
II, 322. S^ote 59. 4) Chronic Saxonic. unb Florentius wigorniens. ad a. 1014.
38 #a&jl ©re^ortuS VII. "unb [ein 3eifalter.
etn l;ulbretd;er £>err ju fein. Sir »erben »erbejjern, »a£ unfere Untere
tränen inSgefammt mißbilligen, »ergejfen unb »ergeben foll feto, »a3 »iber
Und gehantelt unb gefagt »erben ift, falXö 5We etnfttmmtg unb olme ®e*
fär)rbe fid) ju UnS »enben."
2M)renb ber gaftenjeit 1014 lehrte (Stfyelreb in bie £eimatr) &urM
unb »arb vom Solle mit 3ubel empfangen, diu SReidjSbefcbluf Verbannte
für ewige Selten alle 3)änen au£ (Snglanb unb erflärte fte für geästet,
Wenn einer ftcb betreten liefe. Die alten ©ünftlinge unt> 2lnl)änger ftrömteu
»ieber nad) bem £ofe. Wlit Zubern »arb Sabril ju ©naben angenommen,
aud) £r)orftl ber 2)äne trat in baö frühere Serfyältnif 51t (£tf)elreb §uiütf.
2lu3 (Srlenntlirtfeit bafür lief Sefcterer fym unb feiner 6d)ipmannfd)aft eine
große (Summe ©elbeä ausbezahlen. 9?ad) ©norro'6 früher1) angeführtem
3eugniffe erging um biefelbe 3ät eine föniglta)e Slufforberung an namhafte
Krieger, ftd) unter ba3 Saliner (Snglanbö §u [teilen.
s3J?it beu sD?aunfd)aften, bie ftd) gefammelt Ratten, rücfte fofort @tl)elnb
nad) ber ©egenb von ©ainSborougl), »0 ber junge $anut uod) immer
mit ber bäntfeben glotte »eilte, $anut »artete bie Slnfnnft ber geinbe
nid)t ab, fonbern ftieg fo eilig §u @d)iffe, baf er felbft bie £eid)e feinet
SSater^ ^urürflief. 3unäd)ft fufyr er nad) bem £afen von €anb»td), unb
fe£te bort bie ©cifel an'3 £anb, »eld)e im vorigen 3af)re bie unter»or*
fenen Se§irfe feinem Sater geftellt Ratten, aber ntd)t olme benfelben vorder
^änbe, sRafen unb £)l)ren ab§ufd)netben. (&$ »aren 5lngef)önge ber elften
gamilien be$ SanbcS, »eld)e biefe unmenfd)lid)e Sefyanblung erlitten. 2lua)
(Stfyelreb verfufyr graufam gegen bie Se»ol)iter ber ©egenb von @ainS-
borougl) unb £mcolit> in benen er 9)iitfd)ulbtge ber numnel)r geflitzten
2)änenl)errfd)aft fal). Seit unb breit lief er bie Räubereien verheeren, bie
9Äenfdjen, bie in feine ©e»alt gerieten, nieberftof en. 2)
Wlit nur 60 (Sdjiffen fam $anut nad) £)äitemarf jurürf, beim bie
übrigen »aren bei XljoxUi §urüdgeblieben, ober vielmehr mit ir)m §u (Stfyelreb
übergegangen.3) £)er Seria)t,3) ben ber £obrebtter (Smma'S erftattet, »ei£t
meinet (£raa)ten6 barauf tyxi, baf @»en$ (Srftgebo riter unmittelbar naa)
feiner Oiücffcl)r Gmglanb für immer verloren glaubte. £>erfelbe fagt nämlicb,
$amit l)abe von feinem jüngeren Sruber §aralb Abtretung ber ^älfte be$
bäuifa)en 9teid)e6 begehrt, unb ünterl)anblungen feien befl)alb $»ifcr)en
Seiben gepflogen »orbeh. Salb mögen jebod) 9?acr)rid)ten, bie über beu
(Staub ber Dinge in (Snglanb einliefen, feinen SDtutf) »ieber gehoben l)aben:
er febritt §u einigen 93?af regeln, »ela)e er»ac^enben (Sfyrgeij verraten.
l) 93a«b II, 617. 2) Florentius Wigorniensis (flores tempor. Francof. 1601. fol.)
ad a. 1014. ®. 615. ©innle Script. <§r. 362 unb 433. 3) Encomium Emmae bei
fiange&etf II, 478. 479.
gSieriea 53ud;. (Sap. 3. JDer £)äne ßanut nuvb £erv über (Snglanb. 39
6wenS 3^9cnoj)e, 23tfd)of Dietmar von 9)cerfeburg, unb (Smma'S
Sobrebner beuten1) etnfttmmig an, baß Kaimts QSater feine ©emar)lm Stgrib
verftoßen unb nad) $olen jurücfgefd)tcft fyatte. 33tS gum Safyre 1014 lebte
fte bei tfyrem SBruber, bem ^olenfönige 93ole6law (Sfyrobn;. 5lber nun;
mel)r reisten jlanut unb §aralb gemeinfd)aftttd) nad) ©laviert, polten bte
Sföutter bort ab unb führten fte nad) Dänemarf §urüd. ©iefyt bieß nidjt
fo au3, als fei ^anut barauf bebacbt gewefen, ntd)t bloS baS Unrecht,
weld)e£ ber verftorbeue SSater au ber Butter unb tfjrem <£>aufe begangen
fyatte, wteber gut §u machen, fonbern aud) ftd) ber «£)ülfe feinet £)l)eim$
SBoleölaw §u verftd)ern, ber bamalS auf ber feiner 9Diad)t ftanb.
Jlüfjn waren bte platte, bte ber junge Däne fyegte, unb letd)t formte
e£ gefd)ef)eit, baß er bei 2lu3fül)rung bcrfelbett mit bem beutfd)en «ftaifetv
fyofe sufammenftteß. Die 23orfid)t riet!) bafyer, ftd) mit bem ^otenfürften §u
verftänbigen, ber bem aufftrebenben beutfdjen Jtatfer ^eittrid) IL bie Sage
fytelt unb an ©tünbung beS älteren norbtfcfyen ©tyftemS arbeitete.2) Dtefe
Deutung ber voIntjd)ctt Dieife ÄanutS unb £aralbö wirb bttrd) anbete Xl)aU
fachen unterftiu)t. 2lbant von ^Bremen berichtet:3) ,„föanut fd)loß einen 93uub
mit feinem ^jalbbruber, bem 6d)00öföntg £)laf von Sd)Weben, unb erhielt
von bemfelben 23eiftanb §u Eroberung (SnglanbS." Man ftefyt bafyer: ber
Däne fuebte, el)e er ba$ Sd)Wert 50g, nad) mehreren (Seiten f)tn bura)
23üttbutffe dürfen unb glanfen §u beden.
3n Qmglaub felbft geftalteten ftd) bie Dinge günftig für fein $orf)aben.
3erwürfntffe waren au bem wteberfyergeftellten £ofe au3gebrod)en. Der
angelfäd)ftfd)e ßfyrontft gloreutiuö von Sorcefter melbeü*) „wäfyrenb im
grüfyltug 1015 ein engltfd)er S^etcr^ötaß §u Dxforb gehalten warb, lodte
(Sabrif bie beiben älteften Statte ber fogenannten fteben ^Bürgen (ober
©täbte) beS §er§ogtr;um$ 9J?ercia, Sigefertf) unb -Xftorcar, §u ftd) in
feine 2ßof)ttung unb ließ fte bort ermorben. 9?acb)bem bieß gefd)el)en, $og
^öntg (Stl)elreb bie ©üter ber ©etöbteten für bie trotte ein unb gab §ugletd)
93efef)l, bie Sittwe €igefertl)3, Sllbgttfye, als (Staatsgefangene nad) SMmeS*
bim; ab§ufül)ren." Offenbar fyatte ber föntgltcbe ©ünftltng ben 50?orb im
Auftrage (StfyelrebS begangen. Allein ber £f)rotterbe mißbilligte offen bte
$f)at beö Königs unb feines ©ünftlütgS. Der (Sf)romft fäl;rt fort: „(Stl)el;
rebö ältefter ©olnt, (Sbmuttb, fa^ bte gefangene 2Btttroe §tt ^almeSbun;
unb nal)m fte wtber ben Stilen be$ QSaterS jur ©emaljltn, aud) bemäa>
tigte er ftet) mit ©ewalt beö ^ac^laffeS ber beiben Statte." 9)?ag bie 6aa)e
5ufammenl)ängen, wie fte will, jebenfaltö ift flar, baß ber ^öntg uta)t nur
einem 2:i)etle feiner größeren SSafallen mißtraute, fonbern aua) mit bem
x) ^ev| III, 449 oben, Sangebecf II, 479. 2) <B\t\)t 93anb II. 494 flg. 3) Gesta
hammaburg. U, 50. $erfc VII, 324. 4) Ad a. 1015. Flores tempor, ©. 616.
40
Sßabfi ©vegoriud VII. unb fein MUttex.
£f)ronerben, bem fünften ber (Söfme ßtrjelrebS, ftcb überroorfen fyatte.
$ielletd)t war bte brot)enbe (Stellung, roeldjc (Sbmunb auf folc^e Seife
gegen ben SSater unb beffen ©ünftlmg einnahm , eine ber Urfacr)en, roeß*
fyalb (£abrif fur§ barauf aur bänifdjen *ßart£)et ibergibg.
3d) fyabe oben bemerft, baß ^anut bei ber eiligen glud)t au3 (Sng*
lanb bie getane feines 23ater6 bafelbft jurüdlteß. JDbgleicr) Äotug (St^clreb
fett fetner 2Bteberf)crftellung feine 9)lüf)e fyarte, bte ©cbetne beö SobfembS
in feine ©ewalt $u bringen unb §u befcr)tmfcfen, erreichte er btefen 3roecf ntet/t.
($me fcornefyme (Snglänberm »erbarg bte £eta}e unb braute fte im grüfylmg
1015 $u 6a}tffe nad) 3)änemarf fnnüber, Vorauf fte $u 9?oe3ftlb tu ber
»on £aralb (Sd)roar^al)n erbauten Ätrdje beftattet warb.1) 2)te £r)at ber
grau tterrtetr), baß ba6 bämfcfje £au£ noeb immer entfd)loffene Anhänger
in (Snglanb aäf)Ite. 23alb erhielt Äanut ftärfere SBewetfe. 9Jftt 9 (Sdnffen
lanbete £f)orftl an ber bäntfeben Mfte, eilte §u <Swen6 erftgebomem (Sofyne,
bat um $er$eif)uitg beffen, Wa6 er gegen ben QSater tterbrodjen, unb Mx*
r)ieß eine letebte Eroberung GmglanbS, inbem er eröffnete, baß er 30 mit
äuoerläfftgen beuten befefcte $rieg3fd)tffe bafelbft jurüefgetaffen r)abe, welche
junt £>tenfte be6 jungen $öntg$ bereit feien.
5)er gelb^ug war befd)loffen. ^anut brachte eine bebeutenbe 9J?acf>t
jufammen. ,5Me fogenannte <Sad)fend)rontf f:prid)t2) oon 160 <Sd)tffett, ber
Sobrebner (Smma'S sal)lt3) 200. 9?tmmt man an, baß bie üon erfterer
Duelle mitgeteilte 3tffer bte eigenen (Streitfrage Stanutö begriff, unb rennet
man bie 39 (Scbtffe SrjorfttS ^tnju, fo fommt bis auf eine ^leintgfett bie
(Summe r)crau$, belebe ber Sobrebner nennt, ^c^terer fügt bei, fein €>ftoe>
fein gretgelaffener, fein in ben 3af)ren SSorgerücfter ober Uufräfttger, fon*
bern lauter fretgebonte, junge, rüfttge Männer f)ätten fta) auf ber glotte
befunben. 2)te fünften Stftnger ber £)ft* unb 9?orbfee mögen tton ben
2)cmen etngelaben worben fein, Sfjeil an bem 3u9e 5U nehmen.
Unter ben oornefymen Herren, bie ben jungen gürften begleiteten, wirb
von ber ^ntytlinger (Saga Ulf erwähnt,4) (Snfel be$ aus fct;Webtfd)em
JtomgSftamm entfproffenen (Seefömg6 (Sttyrbjörn, ber sor 3ar)ren im Kampfe
gegen feinen £>l)eim (Stria) ben (Siegreichen fiel.8) 5lua) anbere oölltg glaube
roürbige Duellen, Slbam tton Bremen6) unb (Snorro,7) fennen btefen Ulf
unb melbcn, baß ilmt foäter Äanut feine (Set) W efter Slftriba jum SÖeibe gab.
($tn §wettcr erlaubter Diormanne, ber Dberjarl unb (Statthalter von 9?or*
wegen, (Sind), ^afonö (Sof)n, au6 bem 53lute ^aralbö beö (Sa)öngelodten,
l) Thietmari chronic. VII, 26. *ßer£ III, 848 unb encomium Emmae Bei Sanges
Uä 11, 480. 2) Ad a. 1015. 3) Sangebed II, 481. 4) Sie ©teile bei
Surner II, 333. 6) 33anb II, 535. 6) «Pcrfe VII, 325. ') Heimskringla U,
225 u. 275.
95ievteß 23udj. Gap. 3. 2)er 2)öne «Kaimt iv-trb £evr über (Siiglanb.
41
ber naa) bem $obe Swenö mit ^anut naa) 2)äncmarf jurücfgefe^rt $u
fein fa)emt, muf X^etl an bem engltfa)eu gelb§ug genommen Ijaben. (Sein
9?ame wirb fpäter genannt.
Um bte WlilU bcd (Sommert i 0 1 5 bratt) $amtt mit fetner glotte auf
unb (anbete $u Sanbwia). Sofort jogett (SthelrebS (Srftgeborner ©bmunb
unb ber (Sari von 2Diereta, (Sabrtf, be3 Königs ©ünftlmg, bte angelfäa)ft*
fa)en Streithäfte jufammen. Slber als biefelben vereinigt waren — fo
beliebtet1) glorentiuS von Stßorcefter — §cigte e$ fta), baß ber 33errätf)er
(Sabril bem ^önigSfolme hetmlta)e Sehlingen ftellte. 3m Unfrteben trennten
fte fta), unb iljx *£>aber fam ben hätten $u gut, bte mef)r unb mcf)r SBoben
gewannen. 23alb barauf ging (Sabrtf mit 40 föntglia)en Sa)tffen, graten?
thetlS von 2)änen bemannt, bte 1014 tu (Stt;etrct>ö CDienfte getreten waren,
jtt Üanut über. 2Beftfaa)fen unterwarf fta) bem Sefctcren unb ftellte ©elf ein,
ebenfo im Saufe beS 28tnterS 9?orthumberIanb. 2) Satjrenb bte 2)tnge fo
[tauben, ftarb ju Sonbon ben 23. $fyrtl 1016 ber alte (Stfyelreb naa) einer
38jährtgen unrühmlichen Regierung. SMe näa)fte golge feinet SobeS war
eine (Entzweiung beS $etd)eS.
(Stücke ©rope unb bte 33ürgerfa)aft SonbonS erhoben ben (Srftgebornen
(StheltebS, (£bmunb, ber wegen fetner Sapferfeit ben Beinamen (Stfenfeite
erhielt, auf ben Stroit. üBtele Rubere bagegen unb §war fowob/l getft-
lia)e als weltlta)e 2Bürbenträger ftrömten naa) Southampton jufammen,
wo Jlanut weilte, unb wählten ilut jum ©tbteter. 9)itttetyunft unb 9ktv
ber Wlafyt (SbmunbS war Sottbon, barum fammelte »ftanut alle feine (Streit*
fräfte unb rüdte vor bte ^auptftabt. 3a) laffe ben S^^fM Dietmar
von Sfterfeburg reben,3) beffen £>arftcllung im @an§en bura) bte 2luSfagen
engltfa)er £lucllen beftätigt wirb: „mit 340 Sa)iffcn, beren jebeS 80 Streiter
führte, fuhr «ftanut bte &hemfe hinauf unb belagerte fett bem 3unimonat
Sonbon, wo bte verwittwete Königin (Smma mit ihren §wci Stteffölmen
(Sbmunb unb Sltfyelftan, mehreren 23ifa)öfen unb weltlichen ©rofsen fta) be*
fanb. (£mma fnüpfte Unterhanblungen an, ^anut gab folgenben 23efa)eib:
wenn fte unvet weilt tf)re §wei Söhne jur £tnrid^ttmg ausliefere, fta) fclbft
mit 15,000, bte 23ifa)öfe mit 12,000 $funb Silbers löfe, wenn fte ferner
bte 24,000 in ber <StaU aufgehäuften ^arnifa)c h^vauSgebe, unb als
*ßfanb pünftlicben SBorthaltenS 300 ©eifel fteUe, folle il;r unb ihren ®c*
noffen Seben unb grteben §ugefta)ert fein, Wo ntd^t, hätten fte alle ben
$ob ju gewärtigen." Dietmar fügt bei: „(Smma fei geneigt gewefen, auf
btefe Sebtngungen einzugehen." Slber eS fam nia)t fo weit: „bei 9?aa)t
entwifebte ©bmunb fammt feinem SBruber 21tl)elftan auS ber belagerten
l) Flores temporum ©, 616. 2) <£te 33eiuetfe bei Jluvner II, 324. 3) Chronic.
VII, 28. $etfc III, 849.
42
SJkbji ©regoriuS VII. unb fein ßtitalkx.
Stabt, lieferte bem geiubc glütfltcbe ©efedjte unb $wang ßanut jule^t, bie
Belagerung aufgeben. "
3er; fyalte bte i>on ^Dietmar angegebene 3al)\ bäntfet/er Scfytffe unb
(Streiter — ba£ §eer muß nad) fetner $ed)nung 27000 9Jcann gejagt
fyaben — für glaubroürbtg. 2Benn aud) «ftanut bei ber Sanbung in Sanb*
widj nur 200 ©cgel befaß, mag bte bänifdje glotte fettbem burd) ben %\v
fd)luß ber norwegifetyen Sd)tffe (£irtä)$ unb bie $lu3rüftung neuer, tton ben
unterworfenen (Snglänbern geftellter, auf obige Stärfe gebrad)t worben fem.
3)te etnl)etmtfd)en (£l)rontften berichten1) gleichfalls »on ber Belagerung
SonbonS unb fügen bei, baß Mannt §ur (Seite ber $l)cmfe einen Jlanal
graben ließ, um einen £l)etl fetner glotte über bte burd) Stürme »ert^etbigte
unb gefperrte ^auptbrüde r)inauf§ufd)affen unb bie Stabt sott betten Seiten
fttattf fließen. S)ie Saaten, weld)e (Sbmunb im Saufe beS Sommert 1016
»errichtete, befdjreiben fte ausführlich: berfelbe entwtdelte eine ftaunenSwerthe
£l)ättgfeit, brad)te ein §eer um baS anbere §ufammen, unb lieferte ben
2)änen in furjen 3wt)$emäumcn fünf größere treffen, beiden (in 2)orfet*
fl)tre), bei Scearftan (in Siltfhirc), bei Brcntfort an ber £l)emfe, bei Ott*
fort (in $ent), enbltcb bei 2lfl)bown (tu (Sffer.) SJtc^rere gewarnt er, in
ben anbern blieb er unbeftegt, unb nur bte Umgenannte bei 2lfl)bown »er*
lor (Sbmunb.
Dbgletd) ba$ Ufte treffen bei 2lff)bown unglütfltd) für (£bmunb enbete,
Ratten aud) bie hätten fola)e Skrlufte erlitten, baß $anut für gut fanb,
auf grtebenöiH'r^anMungen einzugehen, welche engltfd)e @roße beantragten.
Sßeibe Könige gelten im Späti)erbft 1016 eine 3ufammenfunft, auf weldjer
fte flct) über eine Teilung be$ *Retd)c3 »erftänbtgten. Seftfad)fen, Dp
faebfen, Dftangltcn, bte «gauptftabt Sonbon unb bie (üblichen fianbfcfjaften
fammt bem Seester unb föntgltd)en Z\Ui follten bem Sohlte (£t|elreb$ »er*
bleiben, baS übrige Sanb an $anut fallen. 9iad) Slbfcbluß beS Vertrags
begab ftd) ($t>munb tu bie ^auptftabt. Slber faum angefommen ftarb er
eines plögliajen £obeö am SlnbreaStage — bem 30. -fto&ember 1016. ©ein*
ftarfe $crbacr-t£grünbe,2) worunter ein »erftecfteS (gingeftäubmß in einer"
eigenen Urfnnbe Äanut6 — liegen »or, baß ber Ü)äne eS war, ber ben
angelfäa)ftfd)eu 9?ebenbul)ler gcwaltfam auS ber Sßelt gefd)afft f)at.
Unmittelbar nad) bem Sobe (SbmunbS berief ^anut in bte ^auptftabt
Bonbon einen 9?etd)Stag, mldjcx fügfam ben Söunfd^en beö 2)änen ent*
fprad) unb anorbnete, was freiltd) unter ben obroaltenben Umftänben gar
ma)t umgangen werben fonnte. £)te SSerfammlung wal)lte Äanut §um
Üöntge beS ganzen 9fetd)e6 unb fd)loß bie <5öl)ne unb trüber (Sbmunbö
*) Turner II, 331 flg. Calenberg I, 458 flg. «) Surner II, 331 ftg. Zappte
bevg I, 458 flg.
JBievteg 23ucf). &ap. 3. £ev 3Mne Äanitt toirb £cvv ü&ev ©nglanb. 43
für immer von allen 9?cd)ten auf bte $l)ronfolge ober Slittfyeü an ber $e*
giefting aus.1) Ü)aö traten Dororft 3Borte, meiere guretjt t>or #@en>alt
abgepreßt fyatte, unb nxldu' fväter eine anbere ©eroalt roteber untftoßen
mochte. W>tt $anut fdnitt foforl §tt Sfyaten, welche beu 33efd)Iüffen beö
*Ketd)3tag3 9fad)brud geben follten. 3Sor 2ltlem belohnte er bie, bereit
^ptlfe er bauptfäcblid) bte trotte verkaufte. glorentiuS von 2£orcefter fagt:2)
„ber neue Äonig fyälk Gmglanb in vier ^erjogtfnmter: baS eine, ftßtfu
fa^jen, bettelt er für ftd) felbft, ba£ jtvette, Dffanglien, »ergab er an
£f)orfü; mit bem brüten, mit 9J?ercta, belehnte er (£abrtf, ba3 vierte, 9?ort*
l)ttmberlanb, überließ er bem (tmrd) Dlaf II. ^aralbS ©ofyn au$ feiner
nonvegifdn'n 3arffd)aft vertriebenen) (Strid)." 93?an formte vermutfyen,
Mannt fyabe biefe @tnrid)üntg aus eigenem eintrieb unb planmäßig ge*
troffen, etroa um mütelft ^tacbafjmung ehicS beutfdum SSorbtlbS bte vielen
flehten föarle, voeldje ftd) btefycr in Gmglanbö QSerroaltung Petiten, unter
bie ^ufftdit ftrenger 33orgefe^ten §u ("teilen.
Silicat baß bem nidt)t fo roar, erbellt aus bem fväterett Erfolg: «ftönig
$anut t)at im Saufe ber folgettben 3at)re alle bret, bie er nad) bem Son*
boner 9fetd)3tagc vom 3>c§embcr 1016 §u ben t)öct)ften Würben beförderte,
au3 bem Sßcge geräumt. 3)er Sd}tuß brängt ftd) bat)cr auf, baß Äauut
bie (Srrjebung jener ©enoffen unter beut 3wange von SSerbtnbltct)fetten be*
willigte, bie er faum juvor übernommen fyaben muß, unb bie er in ben
erften, nod) fdjwadjett, Anfängen feiner £)berl)errfd)aft über baö gefammte
(Snglanb ntd)t umgeben burfte. 9?id)t of)tte £of)n, fonbern nur gegen be*
ftimmte unb bebeutenbe $crfvred)ungeit voirb (Stria) von Norwegen mit ber
it)m §u ©ebot ftel)cnbeu Wiafyt £eerc$folge geleiftet, »erben £t)orül unb
(Sabri! tt)re angclfädjftfcben ©ebieter verraten l)aben. Ü)iefe (Smporföinm*
Itnge, bte längft nad) Ungebuttbenfyeü fttebten, wollten gletd) ben £er§ogen
3)eutfd)lanb3 bte *Holle von Königen im kleinen fvielen.
3)a3 9Md)fte roar, baß Äanut eine SJiaffe von Sölden, bereu tarnen,
3Hacbt ober böfe ©etvofynbeüen er fürd)ten §u müffen glaubte, auS bem
SBege räumte. Sftefyrerc trüber ober ^albbrüber bc6 verftorbenen Äönigö
lebten in (Snglanb. 2)te 93crfe ehieä 6MbenItcbc6, voeld)e in ber StnyU
Imger (Sage angeführt finb, geben an,3) itanut l)abe alle ^ufammett ent*
roeber be$ SattbcS verrotefen ober umbringen (äffen. 3)cr fäl)igfte unter
(SbmunbS trübem fyieß (Sabttn. Saut bem 3^uBtt^fe 3) be$ glorenttuö
verbannte tl;n Slnfangö Jtanut, unb §uglcia) mit iljm einen jtveiten (Sabroi,
roelcber ben £üel SBaucrföntg empfängt unb ein 8eiten)ct)öß(tng be^ angel?
fddvjtfd^en ^aufcö geroefen ju fein fct)etnt. glorentiu^ fügt bei, Äanut
l) Florentius ad a. 1016. Flores temp. <§ 618 flg. 2) Ad a. 1017. Flores
temporum ©. 619. >) %UXMt II, 336.
44
^a&ft ©regovmg VII. unb fein 3eitaltev.
t?abe nod) im nämlichen 3af)re ben ,£önig6fof)n ßabwt jurüdf gerufen , aber
nta)t um it>n $u ©naben anjunebjmen, fonbem um tt)n für immer verftum*
men ju machen: (gabwi würbe t>or Ausgang beS 3af)reö auf 93eranftaltung
ÄanutS ermorbet.
2)er verftorbene (Sbmunb fyatte weiter jwei unmünbige ©öt)ne f)tnter*
laffen, von melden ber jüngere Abwarb, ber ältere, gletcb bem «Bater,
(Sbmunb |iejj. 23etbe beftimmte Äamtt §um £obe, boeb wagte er mc$t, fte
im Sanbe felbft §u verberben, weil er ben £aß fürchtete, ben tf)m btefe
£r)at bei ben 2lngelfad)fen 5U§ief)en würbe, ($r fdjttfte fte beßfyatb nacb
(Schweben fyiftüb;» §u feinem 6ttefbruber, bem @cr)oo$fomg Olaf, welcfier
laut ber SBefyauptung be$ glorenttuS angewiefen warb, bte Äinber ofyne
Sluffefyen $u befettigen. 2)er Schwebe bebte jeboeb vor bem angefonnenen
$crbred)cn §utüd', ließ bie Knaben am Seben, aber in <5cb weben burften
fte nietet bleiben, fortbern würben in ein frembeS 2anb entfenbet.
SlÜetn über ben Drt tfyreö fväteren Slufent^altö liegen wtberfVrecfjenbe
Angaben vor. glorenthtö behauptet, @d)oo0fö'mg £>Iaf r)abe fte itadt) Vlw*
garn an ben £of be$ Königs @alomo gefebteft. £)teß ift gerabeju un-
möglid). ©alomo beftteg erft 1064 Ungarns Sfyron, $u einer $eft, ba
ber ©einwebe £>laf fdjon über ein 9Jtenfc^enalter tobt war, unb ba ©bmunbö
©efytte faft ba6 ©rctfenalter erreicht tjatten. 2Beit glaublicher lautet bie
2luSfage 5tbam6 von ^Bremen, weld)er gletd)faltö melbet,1) baß Äöntg
(SbmunbS ©ölme nad) $anut3 Sfyronbeftetgung tt)r Sßaterlanb Verlaffen
mußten, aber fte in 9?orbflavten bei ben Muffen eine ßuflucbt ftnbcn läßt,
©te mögen von ©d)Weben au$ naefy Dtußlanb ftet) begeben fyaben. 3)en
Staat von Jtiew bef)errfa)te fett 1019 ©roßfürft SaroSfaw, ber, wie wir
wtffen,2) mit Dlaf von ©djweben in 3Serbtnbung ftanb, unb fonft gerne
©elegenfeften benütite , um bureb gaftltcbe 9lufnar)me vertriebener gürften
ober anbere fifynltcrjc Littel (Stnfluß auf bte benad)barten 9^etct>e §u erlangen.
@letd)Wol)l bin id) überzeugt, baß bte 9Sef)auvtung bc$ angelfäd)ftfcben 6$rö*
ruften, (SbmunbS (Sölnte Ratten §ule|t in Ungarn ftcb ntebergelaffen, wenn
auc^ ber Sftame beS ungartfcr;cn £errfd)er$, ben er anführt, falfcf) ift, bodt)
im ®an§cn einer fytftonfdjen ©rttnblage ntcr>t ermangelt. 2)enn er bringt
^ebenumftänbe vor, bie tfyetlS bureb) anbere 3eu9nWc keftättgt werben,
tfyeite mit fonft befannten 93erl;ältntffen bamaltger 3üt in gutem (Sin*
Hange ftel)en.
glorenttuö erjäfylt nämltd) weiter, baß ber ältere unter ben betben
flüchtigen ©bitten (SbmunbS in Ungarn ol)ne 9cacbfommenfchaft ftarb, ber
jüngere bagegen, Abwarb, ebenbafelbft ftd) mit 5lgatl;a, einer Siebte beö
beutfdjen JtaiferS £einria), vermählte unb mit fr)r brei ^inber, worunter
l) Gesta hammab. II, 51. $er$ VII, 324. -) ©ie^e 93nnb II, 508.
$terteei 93udj. &ap. 3. £>er SMne Mannt öwb £err über (Snglanb.
45
$wei STöd)ter, Qthriftina, tue ben ©Bieter nahm, Margaretha , welche J?ö*
nigin bcr ©Kotten würbe, brittenS einen Solm ($bgar jeugte. 9J?an fann
biefe Angaben faum in 3wetfel Rieften.* Unfcerwerfßche 3™9cn fagen1)
au6, baß nidU blo$ Abwarb ber 23cfenncr, Sof)n (SttjelrebS au6 ber
(§he mit @mma, welcher von 1042 bis 1066 (SnglanbS Stroit einnahm,
1054 feinen gleichnamigen Neffen, (SbmunbS Sol)n, au6 Ungarn $u ftcr)
nad) (Englanb berief, fonbern auch baß bie Slngelfacbfen nad) ber ©d) lacht
bei £afttng6 (Sbgar, ben @ol)n eben btefeS Neffen, auf ben Sfyron er*
r)oben, welchen jebod) (Sbgar gegen 2ßi((jclm ben (gröberer nidit be>
Raupten vermochte.
^Demnach ift anzunehmen, baß (Sbwarb, (SbmunbS ©o^n, nad)bem er
fammt feinem SBruber juerft in Nußlanb 3llPucht gefunben r)atte , fpäter
nach Ungarn überftebelte. 3)er beutfebe jtatfer, beffen Siebte Sfgattya (£b^
warb ehelichte, fann ber 3ctt naefe mir ^einrieb II. fein, gür ben Qkter
5tgatha'3 aber mötf te ich) mit älteren beutfeben unb bänifdjen ©dmftftetlern2)
SBruno galten, ber ein 33 ruber *g>etnrtct)ö II. unb ber Königin von Ungarn,
©ifcla, ber ©emabliu «Stephan^ I. war, vom genannten jlatfer aber um
1006 genötigt Würben ift, in ben geifttiajen ©taub §u treten, unb als
33ifcbof von 2lug6burg ftarb.
9J?it reger (£tferfud)t muß ber beutfebe ^aiferhof bie fdjnctfen gort*
fa}rttte bänifd)cr 9Jtad)t in (Snglanb betrautet t)aben. 3d) fcblicßc bieß au$
ber r)erben ©^radie, welche SBi'fdjof Dietmar von Berleburg gegen €>wen6
©abelbart ©ohne führt. 2)erfclbe braucht 3) von Äanut unb beffen trüber
£aralb ben 2lu3brutf „£)tterngc§ücbte", unb fcbließt ben ^Bericht über bie
^Belagerung SonbonS vom 3at)rc J016 mit bem Sftunfdje, //ber Slllmächttge
möge bie gan§e 53rut berichten mit Stumpf unb Stiel ausrotten." 3)tefe
leibenfd)aftlicben, bem clertfalen ^nftanbe §uwiberlaufenbcn Sorte ftnb offen*
bar ein 9cad)flang tiefer Abneigung, welche unter ben l)or)eren klaffen ©er*
manienö unb inSbefonbere am jtaifert)ofe gegen baS aufftrebeube $au$
©wen$ \)cxx\d)k. 3ft e$ nun ntdt)t bem gewöhnlichen Saufe menfcbltcher
3)inge gemäß, baß unter folebeu Umftänben Jtaifer ^einrieb II. bie flüch)*
tigen ©öhrne beö geftürjten rechtmäßigen §errftfer3 von (Snglanb, welche
bei einem vorau3§u)ehenben Secbfel ber (Sreignijfe nützliche ,2Berf$euge beut-
fd)er ^ßoltttf werben tonnten, in feinen jtretS §og, unb baß Heinrich IL
felbft ober feine Nachfolger, bie betben erften ©alter, feine Wli\t)e fparten,
bie *ßrin$en auö Dfußlanb an ben befreunbeten unganfdjeti ^>of §u beför*
l) Flores tempomm @. 216. 630. äBiÜjelm »on 3Halme3burt) bei <Sav>Üe @. 93.
£etnridj »on Huntington ibid. @. 366. 2) 2a^en6erg, engl. ®ef^. L 464. 9lok 3.
tiergl. ©frorer, ^trc^. ®efc^. IV, 63 u. 213. 3) Chronic. VII, 28. «ßerfr III, 848
unb 849.
46
$abft ©regoviug VII. unb fein 3eitalter.
bern, unb bort ben erneu berfelben mit einer vornehmen beutfchen grau §u
vermählen.
©leicfjem ©cbicffale, wie bie (Sprößlinge beö geftüf&tert «ftönigSftammeS,
erlag eine 9ftajfe angclfäd)ftfdu>r ©roßen. Utfyreb, (Sari »Ott 9?ortrmmber*
lanb, Äönig (SbmunbS wager, Vornan, (Sari von (5t)cftcr , (Stfyelwarb,
(Sbelmar6 Sofyn, 23irtr)rif unb »tele Slnbere mürben auf ft'atttitd 33efer)l
ermorbet. Da3 alte <Sprüd)Wort ging tri Erfüllung: große Herren lieben
juwefleh QSerratr) r aber rite bie SBerrätfyer. 2Beil bor Däne befürchtete,
baß bie ehemaligen Sßafallen @fr)efreb6 unb (SbmnnbS, roelcbe burct) £rcu*
loftgfeit it)re ©ebicter in'S $erberben geftürjt Ratten, e$ ifym ebenfo magert
fönnten, fam er fetten §uvor unb feblug fte triebet. 9kd)bem bie Heineren
$errätf)er gefällt waren, erfyob jtanut bie gauft Wiber bie größeren, unb
$war wiber biefelben, weld)e gletcr) nad) bem ©tur^e (Sbmunb6 jene £er*
jog£ler)eu bavon trugen.
Die $eir)e fam ^uerft an (Sabril von 50?ercta. 2tn 2Beir)nadjten 101 7,
wäfyrenb ber geftlidifeit, gab jtanut 33efet)l, biefen (Smporf ömmling §u er*
morben. Die Seiche rourbe über bie 9)iauern be$ SowerS in bte*£r)emfe
geworfen.*) SBier 3ar)re fpäter — vor bem 9J?artin6tag 1021 — verbannte
ber junge Üönig laut bem 3€Wttffe2) beö glorentiuS von SÖorcefter ben
neuen ^erjog von Dftauglien, &f)orfil, aue bem englifd)en Cetebe, ©c*
nauercS berichtet3) über bie leisten ©dncffale $r)orfil£ ber SSiograpl) be$
(Sr$bifcr;of£ (Slfeg von (Santerburr;: „Weil Köllig $anut, wegen ber Ucbel*
traten, weld)e £l)orfil früher begangen r)atte , tiefe Abneigung gegen ben*
felben r)egte, befebloß er tf)n au6 bem 23ud)e ber Sebenbtgett $u ftreid)en.
(Sr übergab il)m 6 (Schiffe unb befahl ir)m nacb Dänemarf §u fegein.
3116 £r)orfil bort an'3 £anb flieg, boten be$ Königs ^Beamte bie gan§e
33evölferung wiber ben 2lnfömmling auf unb verfolgten ifyn von £>rt §u
£>rt, bi3 er unter ben Streiken eineö dauern enbete. £l)orfi(£ Seidbe
würbe fofort ben wilben gieren §um graße überlaffen."
Deutlich genug gibt ber gleichzeitige sD?önd) ju verfielen, baß bie bä*
ntfcr)en 3arle in ÄanutS Auftrage £f)orfil6 (Srmorbung veranlaßten, unb
baß ber ^öntg rr)n l)interlifttger Seife nad) Dänemarf abgefd)irft l)atte,
vermutlich weit e$ nicht rätt/licr) fdu'en, ben alten Solbaten in (Snglanb
felbft mitten unter bem «^eere, baö au3 alten Spießgef eilen beffelben 6e*
ftanb, nteber$umacben. üukl&t würbe aueb vollenbS ber britte ^erjog, (Sirid)
von 9?ortf)umbrien, bc$ Sanbeö verwiefen.4) Dod) famt bieß nicht vor (Snbe
*) Florentius ad a. 1017. Flores temporum @. 619. 2) Ibid. <§. 620.
3) Sangebecf II, 453. Wlan vergleich nodj Sßttfjelm öon SWnlnieöburi) bei ©amle ®. 73.
4) (Satttie ibid. u. 363 unten.
SSierfcö 93ucfy. ßap. 3. 2)cv 5)äne Äanut tottb £en iibev (Snglanb.
47
be$ 3a^r6 1022 gefangen fein, ba Urfunben big sunt genannten 3ä$re
if)n aB £erjog erwähnen.1)
3er) fomme ju ben unblutigen Wtittdn, burdi tt>clcf>c $anut feine an*
gehenbe ^errfebaft befeftigte. <Scbon vor bem (Sturze (SbmunbS (Sffehfeite,
ober unmittelbar nach btefem Sfetgmffe, Jjatte ftd) @mma, bie £ßithve QtffytU
rebS, ju ihrem 93ruber 9iicbarb IT. in bie 9cormanbie gcflüdtct, xoo ihre
Söhne (Sbroarb unb $elfreb feit 1013 wetten,2) ©eroiß roar (Smma
fammt tt)ren «ftinbern eine gefährliche ©egnerüt für itanut, n>eil it)r (Erbrecht
auf bie $rone (Snglanb möglicher Sßeife burch bie Stacht be$ her$°9uchcn
23ruber6 unterftüjjt werben fonnte. Der Däne fchlug einen eigentümlichen
Sföeg ein, um bie von biefer (Seite \)tx brohenbe ©cfaf)r abjuroenben. Dben
tft bemerft roorben, baß (Smma'ö ®be mit (SMjclreb eine unglütflicbe getvefen
roar. Sie fcheint niebt nur ben ©emaht verachtet §u haben, fonbern auch
gegen bie mit tf)m erzeugten (Söhne gleicbgiltiger geroefett §u fein, als rechte
fdbaffenen füttern erlaubt tft.
hierauf reebnete meinet (SracbtenS jlanut: er bot -- im (Sommer 1016
ein nicht mehr alö 16jäf)riger Süngling, ruhmgefrönt unb an ber (Spitje
eineö ftegreteben §ecre6 — ber ÜRormannfn feine $anb, unb ßmma roteö
ben ^Bewerber, ber ihren erften ©atten auf £ob unb Seben befämpft, ihren
Stieffohn vom %ljxone geftoßen hatte, nicht ^urücf. 9c"ocb im 3uli 1017
fanb laut bem 3eil9lufK3) SlorentiuS bie Vermählung ftatt. Der Sob*
rebner @mmä'$ berichtet,4) fte habe, ehe fte baö 3aroort gab, bie etbltdie
3uftcberung verlangt, baß, wenn fte je in ber ®t)e mit Mannt einen (Sohn
gebaren follte, btefem mit 9lu3fd)luß anberer Äfnber ibreS fünfttgeu ©e*
mahlö bie etnfttge Nachfolge in ber £errfcbaft be6 VaterS juftehe. Der
nämltd)e 3el*ge fügt bei, (Smma'S gorberung fei von Mannt beroitttgt roorben.
(Sine roeitere 93ebtngung be6 neuen (StyevertragS bürfte bahin gelautet haben,
baß bie (Söhne au6 erfter (§be ihre Butter nicht nad) (Snglanb begleiten,
noch bem (Stiefvater übergeben werben. Dtefelben verblieben in ber 9?or^
manbte bei bem £)hetme.
3ugletcb mit ber eben genannten Vermählung rourbe, fo febeint eS,
eine jroeite ^etrath verabrebet, unb gftxtr allem 5lnfcbeine nad) bamit bie
Anfangs rviberftrebenben 5lnverroanbten (Smma'ä um fo tetebter Ihre
fttmmung §u erfterer Verbtnbung gäben. Slbam von Bremen erzählt5) gol*
genbeS: „um ben ^erjog ber 9?ormanbie, 9Kdbarb, (Smma'S Vruber §u
beftimmen, baß er ein SBünbntß mit ihm febtieße, verlobte ber Dänenföntg
^anut feine (Scbroefter Margaretha mit bemfelben. ?lltein ber Normanne
verfebmähte bte Dänin (unb nahm fte nicht §um Sßeibe), worauf ^anut
*) Sa^enbcrg I, 473. 3We 2. 2) Sangefcecf II, 489 u. 491. 3) St. a. O.
®. 619. 4) 8ange6ecf II, 490. 6) Gesta hammab. II, 52. ^}er| VII, 325.
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^ctbfi ©regcriuö VII. unb fein 3ettaÜer.
SDkrgaretba mit bem cngltfcfjeti £er§og Ulf vermählte. 2)cr n&mltdjc Oftcrjarb
trat fväter eine SBallfdfjrt nad) 3erufalem an unb ftarb wäf)renb berfelben."
(Sin fiejner gel)ler ift in biefen Sorten beS Wremer (£l)roniften. $td)arb II.,
ber ©ruber (Smma'S ftarb 1026/) unb (jatte jutn 9kd) folger fetneu gletdv
namigen ©ofm 9itd)arb III., ber aber fa>n nact) wenigen Socken von
einem jüngeren ©ruber Robert au£ bem 2Öege geräumt warb. CDtefer
Robert, befannt unter bem ©einamen be3 $räd)ttgen ober aud) beö Seufele,
übernahm fofort bte £errf#aft ber 9?ormanbie unb berieft fte btö §u feinem
im 3af)re 1035 erfolgten $obe.
9tun Riffen normannifa)e Duellen nid)t# von Reifen, welche ber zweite
ober britte 9ttd)arb nad) bem gelobten Sanbe angetreten Ratten, wol)l aber
beriebten fte, baß Robert ber Teufel ntct)t nur eine Sallfafyrt nad) *ßalä*
fttna maebte, fonbem aud), gan§ wie ber ©remer 5lbam von bem angebe
liefen ©ruber (£mma'£ melbet, wäfyrenb ber 3erufalem6faf)rt mit $ob ab*
ging. £>emnaa) fetjemt e$, als t)at>e ber ©remer (Styronift ben §wetten
Ditcbarb irrtrjiimltd) mit DMert verwed)felt. 3Mefe ©ermutf)ung wirb be*
ftättgt burd) baS 3eu9ntjj «ncS §eitgenöfftfcben 6d)riftftetter£, be$ (Slugnta*
cenferS Otubolf ©laber, ber um bie SDcttte beö 11. SafyrfyunbertS blühte
unb, fclbft ©allter, bte ©erfyältniffe beö nörblia)en granfretd)3 gut fannte.
9?ubolf melbet2) nämltd): ber 9iormannenr)er§og Robert fei mit ber ©ebwe*
fter be3 engftfd)en $önig3 Oftanut) verlobt, (ober vermählt) gewefen, fyabe
aber bte ©raut (ober ©emafylm) wteber verftoßen.
5llfo r\id)t mit 9ttd)arb, fonbern mit Robert t)at ^anut feine 6djwe*
fter verlobt. Robert aber würbe nacbfyer burd) eine jlebfc ©ater etneö
©aftarbö, 2ßtll)elm, beffelben, ber 1066 ßnglaub eroberte. ÜRcm ftel)t:
immer enger verfd)Iangen ftcb bte ©cbtcffale beö normanntfd)en unb beg in
(Snglanb fyerrfcfjenben §aufeö.
21uS ben oben erwähnten ©ebtngungen, roelcbe (Smma ftetlte, gefyt
fyervor, baß ^anut , febon ef)e er bie 9?ormanntn freite, 6öf)ne gezeugt
fyaben muß, benn fonft würbe (Stfyelrebö Sßittrve jene ^laufel ntd)t in ben
©ertrag aufgenommen fyabcn. 3)tefe ©orau6fe£ung wirb burd) bte ©e*
ferste beftätigt. 9)fer;rfad) ift von §wet ©bitten ^anut^, ©wen II. unb
£aralb bie 9tebe, welche tr)m eine vornehme ©nglänbertn Sllfgive, bie
Zodjkx be3 (Sarlö Sllfrjelm, geboren t)aben foll. $voax würbe fvftter bie
5led)tf)ett. ber ©ebnrt betber burd) bie *ßartbei Qmuna'ö beftritten imb be*
Rauptet,3) 2llfgtve, bte unfrud)tbar gewefen, l)abe bem Röntge jwet frembe
$mber, 6öl)ne eines Cßrtefterö unb eineö ©cbufterS, unterfeboben. Allein
baß bteß leere6 ©erebe war, unb baß (5mma n\^)t im (Srnft baran glaubte,
L) Ü)2an fe^c art de verifier les dates II, 836.
quet X, 51. 3) Sa^enberg a. a. D. I, 482.
-) Histor. IX , 6. frei Bou-
93tede3 93itd). (Eap. 3. £>er 2)dnc ,ftanut iwivb £evv üfcer (Snglanb.
49
erhellt aitö bem Vertrage, tt)eld)en fte vor 2lbfd)lu§ ber ©f)e mit $anut
bcmfelben aufnötigte. (Sbenfo wenig glaubte $anut barem, bemt mit
Umgebung be6 Vertrags verteilte er ba3 9cetcb unter bie bret Söfme, fo
ba$, wäljrenb ^arbifnut, (Smma'S ©of)n, CDänemarf erhielt, bem einen
(Solme ber 2llfgive, ©wen, 9?orroegen, bem anbem, «gwralb, (Snglanb
$)iefe Teilung hat $anut offenbar lange vor [einem $obe , altem
Slnfdjeine nacb htrj nach ber ©eburt $dvWnut&, bcfcbloffen, unb fte bürfte
Urfadje geroefen fein, baß ntd)t blo6 äwifchen Mannt unb (Smma ■BWjjfyelltg*
fetten ausbrachen,- fonbem aud) baß (Smma'S 9?effe, «£>erjog Robert, SOta*
garetfya verfließ unb fväter bt'e englifcfje ^rone mit Ärieg bebrof)te. ^anut,
ohne grage ein fefyr fähiger Regent unb roürbig, mit bem granfen (Sari
verglichen ju werben, verfließ nur barin gegen baS 2Bol)l ber von ir)m be*
herrfebten 93ölfer, baß er, vom (Strome normannifeber 3Ü9eMofigfeit in ge*
fcMedjtltchen 93erl)ältniffen fortgertfjen, mehrere (Sljen eingteng, unb nachher
nid)t ben ü}?utr) hatte, ein ßrftgeburtreebt burd)§ufüf)ren. 3)urd) ben einen
get)ler ift in bürgern bie von ihm gegrünbete 3)fynaftie roteber §erftört
roorben.
9?achbem ber gallifchc Normanne Robert 9J^argaretr)a verftoßen hatte,
vermählte fte Mannt mit bem Stötten ober (Schweben Ulf, über beffen
Stammbaum ich oben1) baS 9?ötf)tge gefagt f)abe. 2)iefe @l)e war eine
folgenreiche: Margaretha würbe buref) bie SSerbinbung mit Ulf 5lf)nfrau
eines neuen Äöntcj^aufe6, baS feit ber Watte beS 11. 3ahrhunbertS 3)äne*
mar! beherrf d)te. 3nbeffen nennen alte anbem Duellen Ulf 6 @emaf)(in,
ÄamttS (Schwefter, nicht, wie $lbam von ^Bremen, Margaretha, fonbern
Slftriba ober (Sftrib. Allein baS macht feine ©djroiertgfett. 3$ werbe
unten geigen, baß Äanut felbft neben bem f)etbnifd)en tarnen, ber ihm naa)
norbifeber 6ttte bei ber ©eburt gegeben warb, fväter ben c§rtftltc$en „Sam*
bert" empfteng.
3n gleicher Seife muß Slftrtba auf ben chriftlichen tarnen Marga*
retfja getauft korben fein. Ulfs Vermählung mit Slftrtb jog eine zweite
^eiratf) nach ftd), weld)e ber Wremer (Sfyrontft gleichfalls in ber oben mit*
geteilten ©teile berührt. $ömg Äanut gab nämlich Ulfs ©chwefter, ©tytha,
bem Singelf ad) fett ©obwin junt 2ßeibe, um, wie 5lbam fagt,2) burd) 33er*
fchwägerung bie 3ntereffen ber Stötten unb Sad)fen (SnglanbS ju ^erlitten,
roelc^e $lbftcbt \mxtlia) erreicht n?orben fei. ©obroin ftotelte in ber golge
eine roiditige O^olle. 2Bäl)tenb pfeft ana) noa) Ulf, gleich feinen 3Sorgän^
gern ($md), ^l)orfil, (Sabrif, von ,ftanut geroaltfam gefällt rourbe, roar
l) Oben @. 40. 2) 51. a. £). 6et $er^ VII , 325.
©fvöter, $abft ©regoriuS vu. >8b. m.
4
50
$aBfi ©regortuö VII. unb fein 3eitoIter.
3ener ber etnjtge unter allen (Smvorfömmltngett aus ÄanutS Saßen, ber
unter ben nächften Regenten (SnglanbS längere $c\t eine fchwtnbelnbe <Stcl*
lung ju behaupten wußte. 3d) behalte mir vor, unten an geeignetem £)rte
auf tf)it jurücfsufommen.
3)a Swenö Sohn im (Sommer 1016 Bonbon belagerte, §äl)lte bie
bäntfcbe glotte, wie oben gezeigt worben, 340 DrlogfaMffe , ba$ ^>eer
27,000 (Streiter. -üflag immerhin ber tapfere (Sbmunb (Stfenfette burcb feinen
hartnäckigen 2ßtberfranb viele (Schiffe ÄanutS §crftört, viele (Solbateu nie*
bergeftrecft fya&m, bennoa) ift nid)t §u zweifeln, baß nacb Äanutö Sfyron*
beftetgung bie Wla\\c beö §eer6 unb ber glotte noch vorfyanben war: eine
fchwere Saft für baö £anb unb ftcf)erlicf) pgleicb eine Duelle von Verlegen*
fetten für Mannt felbft. 5113 ^ö'ntg von (Snglanb burfte er nicht mcr)r
bulben, baß btefe Schaaren, bie bei SBettem bem größten £r)ette nach au6
norbtfcf>en 2Öirmgem beftanben, ftdr) fo, rote fte bisher getf)an, vom Otaube
beö £anbeö nähren. Allein jte fort§ufchaffen , war gefärjrlid). 2Öa$ follte
gefcfyerjen? $anut griff burch, jebocb r)at baö Littel, baS er anroanbte unb
beffen 3^crfmößtgfeit man nicht beftreiten fann, bem Sanbe ein le$te6 unb
fel)r r)arte6 Dvfer gefoftet. 3m Pommer 1018 berief er einen 9feid)3tag
nach Drforb. Willem Slnfchetne nach auf btefem 9fetd)3tage, jebenfalls im
nämltd)en 3al)re, würbe bie Angelegenheit bc3 .geereS geregelt.
5CRel)rere englifd)e (Sljronifen melben:1) „bte $rovtn§en mußten eine
(Steuer von 72,000 $funb (Silber unb bie ^auvtftabt Bonbon eine gleite
von 10,500 $funb ju 93efrtebtgung beö ,£>eere$ übernehmen. 9?ad)bem fol*
djeS gefchef)en, rourbe bie glottenmannf&aft abgebanft, unb mit bem groß*
ten Sfyetl ber gar)r§euge in bte balttfcbe (See §itrüdgefchtcft. 9?ur 40 £)r*
logfcr)tffe biteben (fammt ber nötigen Bemannung) bei $öntg «ftanut in
(Snglanb." 2)te ebengenannte jtrtegSfteuer betrug ba6 5ld)tfaa)e bc$ erften
DanegelbS vom 3ahre 992 faft baS doppelte ber 33ranbfcha$ung bed
3ar)r$ 1012. 2öenn fte auch geregter umgelegt, mit weniger ©raufam*
feit eingetrieben warb, als bte früheren, muß fte boch bem Sanbe tiefe 2Bun*
ben gefcblagen ^aben, nac^bem burd) bie älteren (SrVreffungen jene fürchter*
ltdjcn golgcn herbeigeführt worben waren, über welche (gr§btfdr)of SSulfftan
in feinen *ßrebtgten flagt.
^Beachtung verbtent, baß 2)te, welche bte (Steuer anfetjten, (SnglanbS
^auvtftabt. an 3a|iungöf^tgfeit bem ftebten ^t)etl beS ganzen ^etcr^ gleich
ftellten. 3)teß ift ein hanbgretflicber beweis, baß Bonbon fct)on um 1020
eine große, btchtbevölferte ^anbelöftabt war, bte an 9^etct)tr)um unter ben
*ßlä£en beS lattntfa>germantfchen Slbenblanbö vielleicht nur bem einigen
l) Chronic. Saxonic. ed. Gibson unb Florentius ad a. 1618,
SSterteS 33udj. &ap. 3. JDer S)dnc tfanut wirb £en: über (Snglanb. 51
(Söln1) nad)ftanb, unb fttmmt im Uebrigen trefflid) ju ter fyerttorragenben
politifcben SBebeutung, welcbe Sonbon taut beutlicrien 6puren wär/renb ber
unrufyigften Seiten @tf)elreb$ unb (SbmunbS befaß. 2)a, tx>te oben gezeigt
worben, ein $rteg6fduff jur ttoilftänbigen 23ebtenung im 2)urcf/f dmitt 80
Jtöpfe erforberte, fo tft anjuneljmett, baß mit ben 40 Skiffen 3200 SJtonn
in (Snglanb blieben. 6te bilbeten ba£ ftefyenbe £eer beS $eid)3. hierüber,
fo wie über bie Wlittd, weldie jlanut anwanbte, um ben bura) otele Sau*
fenbe abgebanfrer (Seeräuber bebrobten grteben fctneö $eta)e$ §u fd)trmen,
werbe ta) foäter ba$ fRötfyige fagen.
6a)on 1019 war bie neue £)rbnuitg ber 2)inge im 3nfelreid)e fo
grünblicb befeftigt, baß Äanut ofjne @efal)r ©nglanb tterlaffen tonnte. Saut
bem 3eugmffe2) ^er ßfyronifen fegclte er im genannten 3ab)re naa) 2)äne*
marf fytnüber, unb tterroeüte ben SÖtnter £on 1019 auf 20 bafelbft. 2)en
©runb ber £Rctfe geben bie (Sfyroniften ntd)t an, otelIetd)t fyieng fte mit bem
£obe ,£>aralb3 ^ufammen. Sltfem 2lnfcf;etne nadj ftarb3) ber ebengenannte
jüngere 53ruber jtanutö, ber. bte bat)tn rufymwö uub untätig 2)änemarf
regiert fyatte, um 1018, ol)ne jtinber §u fyinterlaffen. ©ewiß tft, baß .ftanut
feitbem bie §errfa)aft be$ ^utterlanbeö übernahm. 3ur namltc^en $tit
machte ^anut tton 2)änemarf aus einen gelb^ug gegen ba6 benachbarte
2Bcnj)enIanb, b. 1). gegen 3umne. ^etnrtct) t>on Huntington, unb ifym
fofgenb, oerfa^iebene anbere (Sfyroniften melben,4) bura) einen näa)t(id)en
Ueberfatt r)abe bamatö ber 21nge(fad)fe ©obwin ben 2öenben eine fdjwere
^teberlage bereitet, unb r)tebura) bie ©unft feinet $öntg$ in ^obem ©rabe
errungen, aua) bewirft, baß jtamtt nia)t mer)r fo gering wie früher oon
engltfdjer Sapferfeit badete.4) Urfunben4) fttmmen mit biefem 3eugmffe
in fofem überein, atö ©obwin feit 1021 ben Sitel ^erjog empfängt. 2)er
©runb $u feiner gläujenben £aufbarm war gelegt, otetfeidjt trug er in
golge beö <5tegS über bie SÖenben aua) bie ^anb ber @d)Wefter Ulfö
baoon.
9?td)t nur englifa^e Duellen, 6) aua) ffanbtnaotfdje, namentlich6) «Snorro
(Eturlefon, nennen ©obwin einen Sofyn 2Öulfnotr)S. lieber feine früheren
@a)icffa(e weiß7) bie Äntytlinger @aga abfonberlicfje 2)tnge $u er§äf)len:
wäf)renb ber (Bcfjlacfit bei @ccarftan (im Pommer 1016) gertetf) Ulf, be$
•ftöntgS $amtt 3arl, pcbtige Slngelfacbfen fccrfolgenb, in einen bieten
l) 3d) Werbe üom lÄei^t^um biefer ©tabt am geeigneten Drte ^anbeln. 2) Flo-
rentius o. a. 619, unb anbeve ifim folgenb. 3) Ttan öergl. Sangebetf I, 159.
fflok c. unb n, 434. 4) (Saüile @. 364, tüomit ju »ergl. Sa^^enberg I, 471. ftote 3.
6) «a^enfeerg I, 439. 6) Heimskringla H, 275 unten. III, 143. ebenfo bie SttyU
linger @aga, mon «ergt Turner II, 333. 7) Turner a. a. D.
4*
52
$abjl ©regoviuS VII. unb fein 3«tolter.
2ßalb, au3 bem er balb feinen 5lu6weg mer)r fanb. (Snbltd) fließ er auf
einen jungen Acuter, ber SBteb) vor ftcf) Vertrieb. Ulf fragte ifyx um fetnen
tarnen, ber datier antwortete, tcb fyetße ©obwtn. 9htu bat Ulf, ©obwin
möchte i()m ben näcbften 2Beg ju ben Scbtffen be3 $öntg$ $anut weifen.
3)er junge 9Jtann erwtbcrte: 3fyr fetb in großer ©efafyr, ber »ftöntg, von
Dem 3^r rebet, f)at geftern bte Scblacbt verloren, unb ba6 Saubvolf bringt
jeben 3)änett um, ber in feine £äube fällt. Ulf erfebraef, $og einen gol*
benen Dftng von ber $anb, unb bot fy% bem 23urfcben. 9jacr) einigem
23eftnnen fprad) ©obwtn: behaltet euren ^tng, unb fetb bennod) verftd)ert,
baß td) eud) §u euren greunben geleiten werbe. 3un^)ft führte er ben
3)änen tu bte glitte feinet SSaterö Ulfnotl), etneö 2Stel)§ücf>terö , ber ben
grembltng, fo gut er eö vermoebte, bewirtete. 5116 e8 bunfel würbe,
fattelte Ulfnotl) jwet Stoffe, unb fagte bann §u Ulf, $tct)t im grteben mit
meinem Sofyn, ber Sud) retten wirb, dagegen erwarte td), baß 3t)r für
benfelben (Sorge traget, benn, nad)bem er (Sud) btefen 2)tenft erwtefen
fyaben wirb, barf er ntd)t mein* in bte £eimatr) jurüdfefyren , weil bte
S3auerfa)aft if)ti fonft tobtfcblagen würbe. Ü)te Reiben retöten bte ganje
9kd)t, am folgenben borgen erreichten fte glüdltd) baö bämfcfye §eer.
Ulf l)telt fein bem $ater ©obwtnS gegebene^ 33erfprea)en , er befyanbelte
ledern wie einen Sofyn unb brad)te §u 2öege, baß jlöntg ^anut ben
Sproffen beS 2}tcr)$üd)ter6 mit ber 8um 3arl erl)ob.
So lautet bte (5r§äf)lung. Sie ift aber vom Anfange bte §um (Snbe
eine gabel. ©obwtnS $ater, $3ulfnott), wirb fett 1008 al6 $afall M
angelfäcbftfc^en jtöntgö (£tl)elreb erwähnt,1) unb tft berfelbe, ber 1009 bte
fontgltcfH* glotte verließ unb auf eigene gauft «Seeraub trieb.2) ©obwtn
felbft empfängt in einer Urfunbe 3) (£tr;elreb3 vom 3af)re 1012 ben
£ttel etneö föntgltd)en 3)tenftmann3. Sulfnott) war nal)e mit (Sabrtf, bem
§er§oge von Sftercta, verwaubt, ber, wie td) oben bemerfte, feine 5lt)nen
§äb)lte. ©leta) tfym t)at ftet) ©obwtn aus ber befebetbenen (Stellung etneö
f leinen £f)an6 §u ben l)öd)ften Stürben emporgearbeitet, aber er begann
feine £aufbal)n al6 (Solbat, mcr>t al6 33auer ober 93tef)trctber.
UebrtgenS fefye td> in obigem Sftärjrdxn ber ittttytltnger Sage eine
grud)t normanntfd)er £>enfwetfe. 3Me 2ßtftnger be3 9?orben$ teilten ben
2ßaf)lfprucb , welchen Schiller ben gretbeutern bei Sßallenftetn'fcben £eereö
in 9Jfunb legt: „auf beö 3)egenö Spt$e bte £Öelt nun ruf)*," unb „e$ fte£>t
feine trotte fo feft, nod) fo Ijocfo, ein mutiger Streiter erringet fte boeb."
Sßtele fül)ne 5lbentl;eurer, bte au3 ber §ütte hervorgingen, Ijaben tm 11.
') Flores tempor. <S. 198. 612. (Sbenfo @aöt(c @. 360. 2) Oben @. 33.
?a^enbevg a. a. D. I, 439. SWe 1.
93terteö 23udj. (Sap. 3. 35er SDäne ßanut tvirb Jpcvv iifcer Ornglanb.
53
3afyrl)iinbcrt mit ber 6treitart ©djäfce unb Räubereien errungen, unb bte
normannifd)en £eere3bid)ter liebten e$, ®efd)id)ten »ort SBauerfö'hnen au3;
jumalen, bie ftd) ttom ©taube §u ^erjogthümeru auffd)wangen.
3* fnüpfe an ben 3U3 m$ 3umne einen fur§en Ueberblirf ber an*
bern Eroberungen, roeld)e Äanut im Saufe feiner Regierung machte. 5) od)
nehme td) r)ie»on ben nomu,gifd)^fd)U)ebifd)en ^rieg au6, weil ber inuere
3ufammenl)ang ber 3)inge mir bie $fiid)t auffegt, i>on (euerem ©egenftanb
abgefonbert §« reben. 3U $t\tyT .mit bem 2Bcnbenlanbe febeint aud)
©amlanb üon Jtanut befeftf worben §tt fein. 3^ar fd)wetgen bie angel?
fäa>ftfa)en Ei)roniften »on einer Unternehmung gegen bie preujnfche Stifte,
bennod) liegen ftarfe ©tüube im , welche ben 6d)lu$ rechtfertigen, bafi
Rannt bie famlänbtfd)e (Eroberung feinet ©rofwateiö, £aralb ©d)war§§ahn,
erneuert fyat. 2Bie td) anbervoeitig ') nad)Wie3, rennen mehrere glaubwütv
bige Duellen, worunter felbft ©efc£e, §tt ben $ro£tn§en, bie bem ©ohne
©wen6 gehorchten, aud) ba3 preujHfcfye ©amlanb. 9iun behauptet2) ber
bänifdie ©efcbid)tfd)reiber 6aro, baß Äauut gleid) am Anfange fetner S^e-
gierung, unb el)e er nad) Euglanb jog, bie t>on ©wen abgefalKenen 2öen*
ben unb ©amlänber roieber unterjod)t habe.
£)iefe Angabe »erftößt jebod) gegen bie nrhmbltdje ®efd)id)te Äanutö.
Offenbar fejjt (Shronift voraus, ba£ Mannt nach bem £obe feinet
$ater£ ©wen eine Sät lang rul)tg 2)äncntarf regierte, wäl)renb er bod)
in ^Britannien brüben §um Könige auegerufen korben tft, bann in bie ,§ei*
matt) ^ort *>ie §Hfc femc^ jüngeren SBntberä §aralb, bem Äönig ©wen
fcor ber legten 5tbreife nad) Englanb bte Regierung Dänemark übergeben l)atte,
in Stnfprud) nahm, unb nun untterwetlt mit ben ©trettfräften, weld)e burd)
§aralb unb ben fd)Webifd)en ©d)oo0föntg §u feiner Verfügung geftellt wor*
ben, nach Englanb jurüdfehrte unb baffelbe in feine ©ewalt braute. 93or
ttollenbeter Eroberung beS brittifd)en DietdjS unb el)e X>änemar! burch «£>a?
ralb$ £ob ihm §ugefallen war, fonnte itanut unmöglid) etwas gegen bie
fernen ©amlänber unternehmen. Darin aber wirb ©aro Dtecht haben, baß
bie tton $amtt bewcrfftelltgte Unterwerfung beö SBenbenlanbS unb ©am*
lanbö rafd) hw^wanber erfolgte nnb auf einen üon «gwralo ©d)War$*
§ahn gelegten @runb fortbaute. 2£irflid) nuibeu bie oben angeführten eng*
lifdjen ($hroniften, bag ^anut 1020 3umne 6eswang. 2)emnad) fällt allem
^Infcheine nad) ber 3U9 9e9cn ^ ©amlänber in btefelbe 3^1-
Enblich errang ^arntt aud) noch bte £)berhcrrfd)aft über ©chottlaub.
Der Sobrebner (Emma'S Jchreibt:3) „fünf deiche gehorchten bem Röntge
l) Oben @. 5. 2) Histor. danic. lib. X, <S. 173 ber granffurter Stu^gaöe »om
Sa^re 1576. 3) Sangebetf II, 492 mit 0iote P.
54 $a&f* ©regoriug VII. unb fein Bettalter.
Äanut: £>anemarf, (Snglanb mit 2Bale6, @d)ottlanb, Norwegen. " gaft
biefelben SQBortc braucht1) Hemridj »on Huntington: „$anut roar £err
t>on gan§ 2)anemarf, »on gan§ QmgCanfe, »on ganj Norwegen unb auct)
»on ©a>ttlanb." CDte ©efcfyidjte be$ (enteren 2anbe3 tft bi£ ju Anfang
beö 11. 3ar)r&uubert3 mit biestern Ümnfel bebest, unb erft mit Kanute
Seiten beginnt £id)t 51t bämmern. 3roet angelfäa)ftfd)e (Sfyroniften, 9J?att)äuö
t?on 2ßeftmünfter unb Sofyann 2Baümgfort>, bie §roar bem ftoäteren Littel?
alter angehören, aber über bie ©efa)td3te ber nörbltdjen sprottinjen (Sng*
lanbS eigentümliche unb, rote cS fa)eint, glaubroürbige Dellen benüfcten,
melben,2) ba£ $önig (Sbgar um 970 mit ber an ber ^orbgränje feinet
5Rctct)6 gelegenen Sanbfcfyaft £otl)tan ben ©ebteter ©ctjottlanbö , Menuett),
belehnt r)abe. 2)iefe fyalbe Abtretung rourbe fettbem ein 2lnlaf fyäuftger
Streitigfeiten $roifct)en 6d)otten unb 2lngelfad)fen. ^anut machte ben Hein*
betn ein (Snbe. 3)urd) glücHict/e Staffen nötigte3) er bie fd|otttf#eft %$tiU
fönige 2)unfan »on (Sumberlaub, beffen Ofyeim DJMfolm, forote jroei, jenen
untertänige gürften, ÜDkcbetfyab unb Sefymarc, engltfct/e Dberfyofyett anju*
erfennen. Tanten taua)en fyier auf, roela)e ©fyafeäfpeare'S berühmte 2>i<f>^
tung »ereroigt fyat.
Diertes Cnpttei.
Jtanut ein großer gf&rfb ber nicht ettoa bloS 93efriebigung bev £errfchfucht nntl, fonbern
auf ©rüubung einer neuen £)rbnung ber £)inge Einarbeitet. (5r fiellt bie ©efe&s
gebung beö angelfäcfyftfdjen Jtönigö (Sbgar, ober eigentlich bie beö (Srjbifchofö ©unfian
n>ieber her, erfennt baburcr) bie Ijoljen 93erbienjie beS Sedieren an; er toirb (Styrift,
baut ben S^ron auf ben 9lltar, gibt bem (SteruS feine Siechte jurücf , fdjafft ben
(Seeraub ab, jltftet ben ©otteSfrieben auf bem £)jean. 2113 Littel ju biefem Swecf
errichtet er unter bem tarnen Shinglitfj baö ältefle (Solbljeer ber c^vifllic^en 9Belt.
93efchveibung ber Xfynqliti) , ihrer ©lieberung , ihres «Selbes , ihrer (Springfebern,
ü)rer richterlichen ©elualt. 3eit ber (Sntfiehuug tiefer Überaug nichtigen 5ln|ialt.
Unläugbar ift eS: bie bisher gefd)ilberten ^g>anblungen beö jungen
2)änen »erraten ebenfo tuet Sßerftanb als ^atfraft. 5lber roofym gelten
|ief »ergoß Äanut nur bef^alb fo »iel 23lut, um als Styrann §u f)errfa)en?
ober »erfolgte er rjöfyere ß^eefe? 2)ie 9Jief)r§aljt , man fann faft fagen, bie
©efammtfjett ber »orrjanbenen Duellen entfa>tbet für (entere Slnafyme. <Statt
5lnberer möge 2Bilr;elm »on SMmegbuü) reben. 5^acbbem berfelbe bie
Hinrichtung jener ©arle unb HerS°9e er§ä^lt f)at, fäf)rt4) er fort: „itanut
tf)at mögliche, um bte Siebe ber $ngelfad)fen §u gewinnen, er gab
*) (Saüile <S. 364. 2) 2)?an »ergl. Sa^enberg I, 409. 3) Sie 93etoeife eben^
baf. ©. 481. mk 1. 4) ©aöile @. 73 flg.
SÖierteö 93ud). &ap. 4. Jlanut, 2Btebetf;evjMev b. djvtjtt. ©tootö. (Suicfyt. b. gtyfaglity. 55
ihnen gleiches ^ecbt mit ben Dänen im Reichstag, im ©taatörath, in ber
(Schlacht. 3» btefem 3roecfe fd)lojj er auch bie ®he mit @mma, (£tr)elreb$
Stttroe, nämlid) bamtt bie 2lugelfad)fen, inbem fte ber gewohnten §crrin
ger/ord)ten, ben ©ebanfen aufgeben mochten, atö feien fte oon ben Dänen
unterbrüeft. 5Ule ungerechten Maßregeln unb @efe£e, bte er felbft (oor
feiner ©elangung auf ben Xljxon unb al$ SSSifmger Häuptling) ober roeld)e
oor tfym anbere englifcbe Röntge (rote ©wen, wie (£tf)elreb) eingeführt Ratten,
febaffte Äanut ab unb brad)te baburch ju Sege, baß bte (Snglänber xijm
bie früher oerübten sJfttffetf)aten t>er§teJ)en. /j
©0 (5l)rontft SBUfyefm. Offenbar will er fagen: bie- großen Sehen*
träger, roeldje bie Brette gegen (Sthelreb brauen unb (Snglattb in SSerrotr*
rung ftürjten, feien barum aus bem Sßegc geräumt werben, weil Äanut
bie Ueberjeugung t)egte, ba£, fo lange biefe SWenfc^cn lebten unb ©eroalt
befafen, feine oernünftige unb gerechte Regierung möglich fei. Docf) ber
Wind) oon 9)?alme$burö fönnte ftcf) täufchen unb bem Dänen lrrtpmlic|
wohltätige 5lbftcbten unterfebieben. 3ft man berechtigt, anzunehmen baß
^anut wirfltch fo backte, wie ber (Sl)ronift annimmt? §ören wir weiter.
Die €>achfend)rontf O unb glorentiuö 2) oon SBorcefter berichten: „auf
bem Drforber ^eid^tage, ber 1018 §ufammentrat, warb befchloffen, baß
bie ©efer3gebuug (£bgar$ wieber in Äraft treten unb hinfort für <Saa)fen
rote für Dänen gelten fotle." 3Belcheö ftnb nun bie @efe($e @bgar$? bie*
jenigen, welche @r5bifd)of Dunftcm oon ßanterburr; , ber im tarnen (SbgarS
baö 6taat3ruber führte, §wtfchen 959 unb 975, roäbjenb einer ber glor*
retebften *ßerioben engttfeher ©efchichte, feinem Sanbe gab! biejenigen, welchen
(Snglanb einen früher ntdjt gelaunten @rab oon @lücf unb 2ßol)lftanb Oer*
banlte! biejenigen enbltcb, gegen welche ber un^ufriebene 5lbel oon
978—1016 unauffyörlid) anftürmte unb fo lange ben $ampf fortfe^te, bte
fein SBuchftabe berfelben mehr aufregt ftattb.
Der ftetchötagSbefchluß oon 1018 ift eine mtt oon höchfter Nichtig*
feit. Durch benfelben fyat $ömg ^anut erftlich ba$ Slnbenfen be3 (§r§*
bifchofö oon ßanterburo, welchen bie unter (Etf)elreb h^rrfchenbe Marthel
al$ einen Sorannen unb Auswürfling branbmarfte, fo glän§enb als eö irgenb
möglich war, in alle @f)ren Wteberf)ergefteÜt, er t)at zweitens SlHeS, waö
er felbft unb fein $ater ©wen früher traten, fttllfchweigenb oerroorfen unb
aurüefgenommen, er l)at bnttenS Diejenigen, welche bie ©efej$e @Dgar3 an*
tafteten, für ^ochoerrätrjer erflärt, unb bamtt zugleich oerberft bte Rurich*
tung ber (Sarle unb v^erjoge, als eine rote burch poltttfche 9lothroenbtgfett
fo burch ftrengeS $ed>t gebotene Maßregel begrünbet. 3n legerer S3e^
Stehung ift bie 5lfte oon £)rforb eine feierltd)e 33eftätigung ber in ben ^3re?
!) Ad a. 1018. z) Flores tempor. ©. 619.
56
^abft ©regoriuö VII. unb fein Seitalter.
bieten 2ßuIfftanS ausgekrochenen ©nmbfäfce. @fctcf> bem Dörfer @r$bifct;ofe
erfannte $anut in ber Untreue ber fyöfyent SBafatfen gegen bie trotte, in
tfyrem Kampfe roiber bte ©efcjje (Sbgarö ober 2)unftan$, bte SBurjel ber
Hebet, bte fett 979 über (Snglanb r;ereinflutl)etctt.
(£bgarg ©efefjgcbuug I;atte ben (Staat auf bte jürerje, ben Sfyron auf
ben Elitär gebaut. 2öar e8 Itanut (Srnft mit ben 23efa)lüffen £on 1018,
fo mußte er ba3 @letd)e tl)utt: er fyat e$ getrau unb §roar im roetteften
Umfange. Äanut voud)6 alö £etbe auf, unb blieb aller 2Bafyrfd)etirttcbfeit
nad) bis nad) feiner (Srfyebung auf ben engltfdjen Sfyron §eibe. €tanb
nia)t fein SBater ©ttjen als £f)ronerbe an ber ©pt&e einer fyeibntfdjen spartet
unb ftür§te mit §tlfe bcrfelben ben eigenen 33ater £aralb ©d)roar^al)n?
fytng niebt bte Butter, roeldje Äauut gebar, jene ©igrtb, ben alten ©öttern
fo fyartnädtg au, baß tyt ber 9?orroege £)laf L, Sn;groe'3 6olut, ben
§anbfa)ub tn'S Slngcftcfyt faMug? fielen ntd)t, voätyrenb ber 9?aub§üge, roelcfye
(5roen son 1003—1013 nad) (Sttglanb madjte, bafelbft, laut bem 3^9*
ntffe SBuIfftanS, taufenbe x>on Triften §um §eibent!)um ab? Uumöglid)
fann man annehmen, baß fo(d;e ©Item ifyrem Pointe eine d)rtftlta)e .(§r*
Stellung gaben. 3)oa) eö bebarf fetner @a)lüffe. 3)er ©cfjoüaft jur norbt*
feben ©efcf)tcf;tc 5ltam^ »Ott Bremen fagt:1) „jtanut, ©toenS ©ofjtt, empfing,
feinen fyetbnifdjen tarnen ablegcttb, in ber Saufe ben d)rtftltd)en Lambert.
2)eßl)alb [teilen in bem Wremer 33rüberfd)aftöbua)e bie Sporte: Zottig £anu
bert t?on ^änemarf, bie Königin (Smma, unb tfyr ©ofytt §arbtfuut fyaben
ftd) anbäa}ttg ben ©ebeten ber ^Bremer 23rübcrfd;aft empfohlen."
2)a3 lautet offenbar fo, als fei itanut, erft ttaajbem er ben Stroit
befttegen fyatte, getauft roorben. 2lnbere ©rünbe §eugen für biefclbe 23or*
auSfe^ung. £lußcr 5tbam fennt feine anbere Duelle ben d)ri filteren Tanten
JtanutS. 2öarunt bteß? Liemes (Sracf;ten3 bcßtyalb, roetl $anut als £etbe
berühmt geworben unb §ur ^acfyt getätigt tft, unb roetl, naef/bem auf foute
2öetfe baS 2Öort Äattut in ben SJtuttb 2lller gefommen roar, bie fpäter
eingetretene Saufe ben älteren tarnen ntd)t mefjr §u tterrotfd)en ttermodjte.
©ine genauere ^Kedmung läßt ftcb auS einem anbertt 3eu8wß ableiten. £>ie
Heine ^ronif »on Bremen melbet,2) ©rjbtfdiof Uttroan oon Hamburg*
Bremen fei eS geroefen, ber ben £)änenfimtg ^anut für (Sfyrtftum geroann,
b. bj. im Saufe beroog. 9lmi faß3) Uttroan oon 1013—1029 auf bem
Wremer ($r§ftu^e. golgltd) ift ^önig ^attut jmifa)en 1013 unb 1029, unb
jroar allem 5tnfc^eine naa) 1019, ba er §um erftenmaie al^ Zottig 2)4ne^
marf befugte, getauft roorben. beiläufig roiU id) bemerfen, baß Äanut^
@a)roe(ter, 2lftriba, bei bemfelben 5tnlaffe ftatt if)reö beengen f)eibmfd)en
^amettö ben a)rtftltd)en 9ftargaretf)a empfangen i^aben bürfte.
l) Scholion 38. «Per^ VU, 324. -) ^ev^ VII, 391. 3) Ibid. 322 u. 328.
$terteö 23udj. Scty. 4. jtanut, 2Bteberfjevfkttev b. (fcvtjtl. (Staate, ©ntc^t. b. fclj&igltty. 57
2Ufo Üanut votlftrccfte bucbftäblicb ben einen £l)eil ber Sßcrbinblicb*
feiten, bie er auf Dem *Rcid)6tage von JDrforb burd) Sßtebcr^crftcltung ber
©efefce (Sbgarö übernahm. (Sbenfo l)at er ben aubern erfüllt. 3Bill)elm
von 93(almc3burt) fährt1) an ber oben erwähnten ©teile voeiter fort: „Äanut
ftellte bie Softer (£nglaub3, bie tl)eil3 burd) feine eigene, tfyeilS burd) fernes
93aterä Sfaufcjüfle befd)äbigt ober gauj jerftört voorben waren, wieber ber.
Sitte £>rte, wo er @d)lad)ten geliefert fyatte, inSbcfonbere 2lfl;bown, f.d)müdte
er mit Rittym, unb errichtete bafelbft $frünbcu für s33teßvrieftcr, um ol)ite
Unterlaß für bie (Seelen ber (gefallenen ©ebete bar§ubringcn. lieber bem
©rabe beö ^eiligen (Somunb, ben bie älteren Dänen (im 3al)re 870)
umgebrad)t haben, erbaute er ein prächtige^ fünfter fammt Wohnungen
für s2lbt unb p&nty, unb ftattete baffelbe fottiglia) mit Sanbaütern au@.
Den Körper beS l). ß'lfeg, ber nad) feiner (Srmorbung (1012) cinftweilen
in ber *ßaitl$fircfoe §u £onbon betgefejt werben war, hob er mit eigenen
Rauben aus ber ©ruft, unb brachte il)n im Srtumphe nach (Santerbun;
jurüef. 3u ber DomfiraV §u ^Btncbefter legte er eine folcfye s33tenge 6a)i^e
nieber, baß bie klugen ber ©efdiauenben von bem ©lanje be$ ©olbcS, von
bem gunfeln ber (£belftetne geblenbet werben."
Urfunben, fo wie 3^gntj|e anberer (El)roniften, betätigen 5Öill)clmS
2lu6fage. ^ein Softer gab e$ in (Snglanb, baö ntebt von *ftanut bebaut
worben wäre, 2lud) ber (£leru$ frember 2änber l)atte Urfad)c bie ©roß?
mutr) be£ Dänen §u greifen. Der s33(önd) von ®t Berlin, $erfaffer ber
Sobrcbe auf ($mma, rühmt,2) baß ^önig Äanut, als er wäl)renb ber Dteife
nad) 9fom, von ber unten bie $ebe fein wirb, 6t. Omer befuaMe, biefeö
Softer reid)ltd) befdxnft tjabe. ©in ©rief 93tfd)of3 gulbert von (SfjartreS
ift auf uns gekommen, worin er für überfenbete ©aben banft. „2113 wir
beine ©efd)en!e empfingen" fd)reibt3) gulbert, „habe id) unb meine trüber,
bie anbern @etfttid)en unb s33fö'nd)e von (SfyartreS, ungleich beine (§inftd)t,
wie beine grömmigfeit bewunbert: beine (Sinftcbt, weil bu, ber bu bod)
unfere ©vrad)e niebt f ernte ji, unb weit entfernt von unS wofmeft, ntd)t nur
beute eigenen Angelegenheiten auf's befte beforgeft, fonbern aud) über ben
3uftanb anberer Sänber fleißige (Srfunbtgung ein^ieljeft; beine grömmigfeit,
weil bu, ben ba$ @erüd)t un6 als einen l)eibnifa)en gürften bezeichnete,
bia) nid)t bloS als einen (Sl)riften, fonbern aud) als eifrigen 23efd)üf$er ber
Stix&e unb beS (SleruS bewärjrteft." 3ux fyit, ba gulbert ben ©rief ab?
fertigte, fanu «ftanut nod) nicht lange getauft gewefen fein. 9(un fällt baS
(Schreiben, nad) Berechnung ber ©enebtfttner, bie aud) id) .für richtig halte,
*) @a»ile ©. 73. 2) SangeGetf II, 494. 3) Dom. Bouquet histor. des
Gaules X, 466. 9ho. 44.
58
$afcfi ©regoriuS VII. unb fein 3ettaUer.
m'$ 3afyt 1020 ober 1021. SQBte gut ftimmt bteß §u ben oben entroicfelten
©rünben, laut welchen ber 3)äne um 1019 §um (£hriftentr)um übertrat.
$ucr) beutfcr)e ittrdjen erhielten 33ett>eife ber greigebigfeit (SanutS.
©eroiß tft er nicht mit teeren £änbcn gefommen, al$ er feinen tarnen in
ba6 33ud) ber Bremer Brüberfchaft eintrug. Slußerbem liegen 3^ußni[fe
ttor,1) baß er nach Sota (5t)orbüc^er unb ein pradjtootteS *Pf alter ftiftete. 51m
metften lernte bie römtfcfcc $ird)e ÄanutS Eingebung fennen. 2)er 3)äne
[teilte ntd)t nur bie roär)renb ber 9Btftnger^err(c^aft unterbrochene Serbin*
bung ber angeljächftfcben Jttrche mit bem t>etl, ©tuf)le, fonbem auch bie
©ntrid)tung beS $eter:pfenning$ 2) t)er. Bifcbof Dietmar £on Sfterfeburg
leitet3) bie (Stählung von ben erften (Sinfätlen be3 Äönigö ©wen nach
(Snglanb mit ben 2öorten ein: „bamafö würben bie (Snglänber, welche bis
bal)tu 3ta6pfltchttge be£ Slpoftelfürften *ßetru6 unb geiftlicr)e Söt)ne beö h-
$abfte£ @regoriu6 I. waren, gezwungen, ben unreinen 2)änenf)unben jär)r*
lieben Tribut §u entrichten." ^Dietmar beutet bannt an, baß feitbem bie 23e*
Zahlung beö ^eter&pfenntngö für längere Seit aufhörte, ^attut bagegen
erneuerte baS alte $er£)ältniß. ^einrtd) oon Huntington fagt2) auöbrücf^
tid), baß er ntc^t nur fta) felbft, fonbem auch feine Nachfolger »erdichtete,
für immer bie ©teuer nad) Nom abzutragen.
3)er Befchluß be£ Drforber Neich^tagS genügte ntdt)t für ftd) allein,
um bie ©efejjgebung (SbgarS wieber in'S Seben §u rufen. 9J?t^brändr)e, bie
in ben legten breißig Sauren etngertffen, mußten abgefc^afft, fobann 9J?aß*
regeln getroffen voerben, um bie ©egenwart ben 6a$ungen (§bgar$ an*
jupaffen. $anut begann bamit, baß er — laut bem 33ertcf)te beS glo*
renttuö — im 3al;re ber Drforber Netch$oerfammlung bie ^affe jener
Naubfchaaren, mit benen er (Snglanb erobert hatte, ausbezahlte, abbanfte
unb nach bem baltifchen Dften, wof)er fte flammten, abführen ließ. 3)tc
2lbbanfung foftete, rote früher bemerft roorben, bem £anbe große £tyfer,
aber fte bahnte ben $Öeg §u georbneten unb gefeilteren 3nftänben. 2)aS
3roeite war, baß Äönig Äanut ein Heines, aber öölltg juoerläfftgeS, unb
jroar fter)enbe3 ©olbljeer, baö erfte unb ältefte im lattnifa>germanifd)en
Slbenblaub, aufftellte. Mehrere glaubroürbige Nachrichten über bieje wichtige
5lnorbnung ftnb auf unö gefommen: erftltd) ein in altbänifd)er ©praa)e
abgefaßter amtttd)er Bericht,4) welcher ber zweiten ^älfte be$ 12. 3al)r*
r)unbert3 angehört, aber aus Duellen gefchöpft ift, bie in bie Reiten ÄanutS
htnaufretdjen; zweitens eine tateinifche Bearbeitung5) beS nämlichen 23e*
richte, welche ber ältefte bämfctje ©efehichtfehretber, ©weno 2lggefon, um
*) £)te Selveife bei «Osenberg I, 469. 0Zotc 4. *) @a»ile ©. 364 2ttttte.
3) Chronic. VII, 26. «Pevfe in, 848 oben. 4) Sangebecf IU, 159 flg. ö) Ibid.
@. 141 flg.
ÜBierteS Wuä). Ga£. 4. Äonut, 2Bieberf)etjkller b. d)vijH. <&taatö. (Stricht, b. £fjinglitt). 59
1200 beforgte; brittcnS eine $ett)e (Stellen1) in ber bänffdjen @efa)id)te
©aro'ö, welchen unfcerfennbar ber eben erwähnte attbäniferje 23ertd)t $u
©runbe liegt.
$anui£ ©olbfyeer roar urf^rünßltct) eine föittgltc^e Setbroacrje unb be*
ftanb aus jungen, fräftigen Männern aller Nationen unb 3im3en/ ^ *>a*
malö bem bänifcfyen (Seester gef)ord)ten, alfo auS £)änen, Norwegen, ©am*
länbern, blatten ber roenbifdjen Jtüfie.2) $tele SSornefyme, felbft gürften,
traten in bie föniglid)e ©djaar ein. ©aro fagt, 2) baß ber wenbifdje gürft
©otfajalf in Kaimts Seibroacfye bleute. 2lua) 2lbam »on Bremen ftimmt
l)temtt infofern überein, als er melbet,3) ber 2ßenbe fei au3 £)eutfd)Ianb
nad) Britannien l)inüber p $önig ^annt entflogen unb längere 3tit bort
geblieben. ©tärfe ober 3^1 be$ fönigltajen £eerc3 roirb tterfdjtebett ange*
geben, ©roeno befttmmt *) fte auf 3000 9J?ann ; ©aro bagegen fpriebt 5)
tton 6000 unb fügt bei, baß benfelben 60 große JfrtegSfcfyiffe, jebeS 100
üftann faffenb, sugetfyeilt geroefen feien. 3^ ^Ite bie fcerfd)tebencn 2lu3*
fagen beiber 3^9^n für feinen Siberfprua) , fonbern glaube, man muß
annehmen, baß Kanute £etbroad)e Anfangs ober jur Sät, ^ errichtet
warb, nur 3000 -äflann jäfylte, fpäter aber bie son ©aro angegebene
©tärfe erreichte. 2Bie fta) erwarten läßt, führte bie ©djaar einen eigentf)üm*
liefen tarnen: $l)inglitf) ober aud) $f)ingmannalitf) l)ieß, laut ber emfttmmigen
2lu6fage ©roeno'6 6) unb (^turlefonS,7) ber gan§e Äörper. Ü)ie einzelnen
©olbaten ber Seibroadje rourben £f)ingmanna genannt. (Sine anbere Be*
jetdjnuna, für fte roar ^uöfarle.8) 2)te fpracpcfye Bebeutung biefer 2lu$*
brüefe fa)eint mir flar. £t)ing befagt ©ertdjt ober SBerfammlung , £ttf)
©d)aar, Stnngmannalttt; märe alfo bem Sßortftnne nad) fomel als ©cfyaar
ber Männer be$ ©ertctjtS. Äarl, gleichen UrfprungS mit bem fränftfeben
tarnen (Sari, be§eic^net einen freien ober eblen Sttann, mit einem ef)ren*
»ollen ^ebenbegriff, voäfyrenb ba$ im neuem beutfcfjen ©pradjgebraud) übrig
gebliebene 2Bort $erl, ba$ auS einer Surjel mit $arl flammt, einen Oer*
äcfytlicben Beigefcfymad r)at. ^u^farle befagt alfo roörtlicb: ein 3)ienftmann
ober ©olbat beg föniglic^en £aufe6.
3eben Sflonat empfingen bie £f)ingmanna ©olb.9) 2)erfelbe belief
fta)10) laut einigen ©teilen ber ©aa)fencr)ronif auf aa^t ÜDtef beS %ai)x?$
für ben 9J?ann. £)ie Ermittlung angelfäa)ftfa)en @elbroertf)$ ift an ftet)
fefyr fd)ttriertg unb burd) ungefdjid'te Untermietungen neuerer ©d)riftfteller
l) Historiae danic. lib. X, <§. 177 flg. 2) Scmgefcecf III , 145 flg. @qxo
(5. 178. 3) $er^ VII, 329. 4) Sangebccf IH, 144. 6) 91. a. £). ©. 177.
6) fiangebeef III, 144 unten. ') Heimskringla H, 15. III, 149. 8) Sangebecf
EI, 149. 162. II, 454. 9We d. 9) ©axo @. 177 unten, ©toeno bei Sangebecf
III, 148. 10) ©a^lmann, bonif^e ©efdj. I, 105. 9lote 1. unb ©. 147. !Kote 7.
60
?|3abfi ©regortuö VE. unb fein 3eitalter.
nod) me|r verbunfelt Worten. Dl;ne 9ftücfftcbt auf bie 9Di einung Ruberer
begnüge tcf> midv furj meine 5lnftd)t §u fagen.
SBtS ins 8. unb 9. 3al)rl)uubert l)tnauf rechneten bie SJngelfacbfen
nad) ber eingebilbeten 9Jlün§etnt)ctt von Silbervfunben, beim e$ gab el;e*
mal$ fo wenig als tefct $funbmün§en. 3)a£ englifdu' *ßfunb aber begriff
im WlxtUMtn, wie I)eute nod), 20 Sd)itlinge, §u 12 Pfennigen jeben.1)
Ü)ie *|3funbred)nung war jebod) ben <Sad)fen nid)t eigentl)ümltd) , fonbetn
von ben graulen entlehnt. Wlan weiß, baß (£arl ber @roße baö $funb
ju 20 Solibt beftimmte, ben SolibuS §u 12 Denaren ausmünden ließ.2)
(Seltener al3 bie Rechnung nad) *ßfunben, lommt bte nad) Warfen bei ben
(Sngläubem vor. 2lfle 2)anegclber ftnb, wie oben gezeigt worben, in
^jfunben angefeist, unb erft wo eS ftct> barum Rubelt, bie 23ranbfcha£ungen
unter ba6 SMinger $eer, baö auö lauter Ü)änen unb anbern Normannen,
nidit au£ 21ugelfad)fen, beftanb, ju verteilen, taui)t bie 9Jfarle auf. 3«f
verftd)tltd) barf man annehmen, baß bie 9ted)uuug nad) Warfen, wie. bei
ben Muffen burd) bie Waräger,3) fo bei ben 2lngelfad)fen wäbrcnb ber
SM'tnger «§errfd)aft bureb bie kälten eingeführt worben tft.
2Bte verfielt ftd) nun bie DJlaxt §ur libra ober bem ^funbe? ÜDtefyrere
3eugen fagen4) au6, bie VJlaxt fei als bie Raffte eineö ^funbeS betrachtet
worben. Allein l)mmt ftnb wir nod) nid)t viel weiter. (§6 gab nämlid)
verfd)tebenc $funbe. 3U j&eittti (Earl6 be6 ©roßen betrug bae $funb
12 Unsen;5) fpäter lam ein größere^ *ßfunb ju 16 Un§en auf.6) (Somit
entftel)t bie grage: machte bie bänt)d)e 9)?arl bie Raffte einc3 *ßfunb3 ju
12 ober §u 16 Un§en au3? 3d) beantworte fte vorläufig mit ben Korten
eines älteren kälten: 6) „in ben Reiten Äauutö II. (gegen @nbe be£
11. 3al)rl)unbert6) würbe bie s))iarl lautem (ungemün§tcn) @olbe6 unb
Silber^ §u act)t Un§en (alfo gleich ber £>älfte bei großen *ßfunbe3) U*
rechnet, aber bei anberen ©egenftänben — uamentltd) bei gemünztem ©elb
— enthielt bie 93carl nur 6 72 Unje."
3d) halte e£ nicht für fcaffenb, l)kx bie Sad)e genauer aufklären.
(Später an einem anbern Orte , wo ftd) unö mehr Stoff bktm wirb, foll
nadjgewtefen werben, 1) baß bie Wfaxt aüerbingö 8 Unsen wog, 2) baß
eine feine 9Jtarl 13l/3 feine Spillinge gab, 3) baß ein feiner Shilling
an innerem 2Öertf)e jwet rt)etutfcf)cn ©ulben von fyeute gleich fam , 4) baß
ftd) ber £anbelswerth be$ ©elbcS im 1 1. 3ahrf)unbert, vergltdjen mit bem
heutigen, verhält wie 5 §u 1 ; mit anbern 2Borten: man lonnte bamalö um
einen falben Schilling fo viel SebenSbebürfmffe laufen, als man jefct mit
«•) Suvner II, 492. 2) Guerard Irminon I, 126. 3) (£tef)c 93anb II, 499.
4) Du Cange glossarium, neuefle 9tuggabe. ^ariö 1843 flg. 5) Guerard Irminon
I, 192. 6) $etru$ Stefeiiiuö bei £)u (Sange a. a. D. IV, 272. ©palte 2.
93ierte8 53ud). 6a*>. 4. Äonut, ffiiebevfjerfWtev b. c^rtflt. (Staate. @rrid&t. b. Sfyinglitfj. 61
fünf ©ulben bqafyt. 93erwattbelt man ben, aus 8 Warfen beftef)enben
3af)reSfolb eines £l)ingmanuett tu (Sdntltnge, fo befommen Wtr 1062/3 <Sd)il*
ttnge. Angenommen, bte jur SBeja^hmg ber SolbS befttmmte 9J?arfe fet
fein ausgemünzt gewefen, fotnmen 1 06 2/3 Saulltnge, an 9Jtetallbetrag nmb
214 unb an ^anbelSwertl) 1070 heutigen ©ulben gletct). Se£t man ba*
gegen üorauS, bte 9Jiarfe fet anf bem gttße, ben ber bäntfd)e 3eiu3e angibt,
ausgemünzt roorben, fo betrug ber <Solb runb 90 Spillinge fein, Welche
an üttetallgefyalt 180, an relattoem Sertf) 900 r)euttge ©ulben ergeben.
3m einen rote im anbent galt muß man ben (Solb fjodt) nennen. SBtel*
leicht erhielten bte £t)tngmamten überbteß nodj freie ^oft auS fontgltcfoer
j!üd}e, ober je nacb Umftättbeu aus ben $orratr;Sf)äuferu ber trotte. 2)tc
£öl)e beS ©olbS wirb t>on einer anbem (Seite r)er beftätigt. 3)er £f)ütg*
manne mußte vt>al)rfcf)ctnltcf) ein *ßferb galten, {ebenfalls große Auslagen
für feine Lüftung macben. 3eber trug als ^auptroaffe eine mit ©olb auS*
gelegte ^ellebarbe, an fetner Seite Ijtng eine gleichfalls mit eblen Metallen
gezierte (Streitaxt , unb (Sweno behauptet,1) baß, als bte Schaar errietet
roarb, bie ©olbfcfymiebe ber englifcben ©täbtc vollauf mit AuSfcbmütfung
tl)rer Staffen befd)äftigt gevoefett feien. 9htr tton trefflia) bejahten beuten
fonnte ber $öntg foldje *ßrad)t verlangen. 2)te «JpuSfarle Ratten fowofjl
ju SBaffer als zu £anb Dtenfte §u leiftctt. 23efonbere ©djtffe waren tfyuen
Zugeteilt unb nacb ber 3a^ berfelbnt würbe fogar, rote Wtr far)en , bie
Stärfe ber 2etbwad)e bemeffen. Saro fagt: 2) „im (Sommer tterwenbete fte
ber jtöntg auswärts zum S#u£e ber ©rängen beS $etd)eS, wäfyrenb beS
Linters ftanoen fte in flehten burd) baS Sanb zerftreuten Sägern." 3)aS
l)eißt meines (£rad)tenS footel alS: wäljrenb ber guten 3al)reSjett freuten
fte auf tfyren Schiffen längs ben lüften, um etwaige Anfälle tton 6ee*
räubern abgalten, ober unternahmen im Auftrage beS Königs Se^üge
in bte gerne, um auswärtige geinbe zu §üd}tigen.
2)en emfyetnufdjcn ober Sßinterbtenft ber £f)tngmannalttl) lernen wir aus
anbem jQuellen genauer fennett. glorentiuS tton Sßorcefter bertd)tet 3) §um
3af)re 1040, baß ^anutS (Sof)tt, £arbtfnut, feine £uSfarle in alle Steile
beS $eid)S auSfanbte, um bie für 23ejarjluitg ber £eibwad)e beftimmte
ÄrtegSfteuer einzutreiben. And) ^anut muß bie ^ttSfarle §um nämlichen
@efd)äfte ttetwenbet fyabett. Saut einer auf unS gefornmenen Urfunbe 4J
würben bie Abgaben unter tfym mit unerbittlicher Strenge eingebogen unb
ber ^ötttg gab baS ©efe£, baß, wenn ein ©teuetyflicbtiger eine 3^1*3
im sftücfftaube blieb, derjenige ofytte Weiteres in ben 25eft§ beS belafteten
©tunbftüdS trat, ber bte auSftef)ettbe Abgabe bellte. Ueberau, wo bte
l) Sangebecf III , 144. 2) ©. 177 unten. 3) Flores histor. @. 624.
*) ^algvatie, rise and progress of english Commonwealth II, 284.
62
*ßa&ft ©regoviitö VII. unb fein Bettattet.
(Steuern in folcber 3Betfe erhoben werben, bebarf bie tfrone bewaffnete
«gülfe. ($in guter (^itölanbö war §ur $tit ber 2)änenr)errfdjaft in
Greife eingeteilt, bte ben tarnen Sapentafe führten.1) 2)a$ Sort warb
fchon im Mittelalter tierfchteben erflärt unb feine Ableitung ift bunfel.
9Refne0 (Srachtenö bezeichnete e3 eine Saffennteberlage , nämlich baS
Hauptquartier ober ben Sagerort eines t>on einer Hetnen Schaar $u8*
farle befehlen SBe§irfe6 unb bann weiter ben 23e§trf felbft. £>aß bte @tn*
Leitung be3 l'anbeS in Sapentafe Sßejug auf bte Steuertterwaltung ^atte,
erhellt auö einer für ^ort^umbrten erlaffenen S3erorbnung,2) welche be*
ftimmt: ber $eter3pfenntng folle in jebem Sapentafe burct) jwei §m?er*
läfftge $r)ane unb einen 9J?eftyrtefter eingefammelt werben. So lange bte
£f)inglitr) nur 3000 jtöpfe stylte, war ju it)rer SBcfrtebtgung ein jährliches
2)anegelb tton 14,000 *)3funb nö'ttjig, im 23erhältntß , wie bie Stärfe ber
Schaar auf 6000 ftteg, erreichte bie ©teuer ben betrag tton 28,000 $funb.
Senn Jtanut auch bie gräulichen SDftßbräuche , bie früher bei ßrpreffung
beS 3)anegelb3 etnrtffen, abfcrjaffte, fjat er bod) jeber %t\t große ©elbfor*
berungen an feine engltfcr)en Untertanen gemalt, unb nur burch bie gurcht
tior ben ^ellebarben ber ^u6!ar(e ift eS meines (SrachtenS gefdjehen, baß
ba£ SSolf ohne Siberrebe zahlte.
Um ftrenge 3ucf;t in ber bunt §ufammengefef3ten Schaar aufrecht $u
halten, noch mef)r um allen 9ftitgltebern guten ®etft unb @runbfä|e ber
(5t)re einzuflößen, lief üönig $anut ein eigenes merfwürbtgeS ©efejj für bie
Mbyoafyz abfaffen. Sweno bezeichnet 3) biefeS ®efe| mit bem 5luSbrucf
3Öttt)erIag , ber alte bämfdje £ert nennt 4) e$ SttherlagSret — Sttf)erlag$*
recht. 5>te Deutung beS SortS ift zweifelhaft. Site — altbeutfct) Seite
— befagt in ber alten ffanbtnatnfchen Sprache 23uße, Strafe, 2krger)en.
Sttljerlag wäre alfo ba6 ©efejj ber 23uße für allerlei grefcel, bie ber föntg*
Itc£>e ^uSfarl begeben mag. £)aS gibt einen guten «Sinn. 9tet bebeutet
unzweifelhaft 9^cd>t. Sttrjerlagret ^etft alfo buchftäbltch $ecbt beS Strafe
gefe£buct)6, wobei ba$ lefcte Sort allerbingS überpfftg, boct) nicht ftnnloS
ift; benn jebeS @efe£ wirb erft burct) bie gerichtliche' ^Inwenbung jum
$echt. S^odt) eine anbere (Märung beS Samens fchetnt mir möglich.
£äufig würben im Mittelalter @efe^6üd)er nach ber garbe beS (StnbanbeS
bezeichnet. Sie nun bie Norweger unb 3$länber ihr ältefteS ©efefc nach
bem (Stnbanbe baS graue ober ganSgraue nannten, fo fönnte baö Strafe
gefejj ber $$iitglft$ au$ ähnlichem Slnlaffe baS weiße genannt worben fein.
Eintritt in bte jtörperfchaft ber §u6farle, fowte ber SluStrttt aus ber*
felben ift frei, aber legerer fann nur unter feftgefe^ten gormeu.unb zu
l) Du Cange, sub voce Wapertachium. 2) *)Mgvatte a. a. O. II, 383. 3) Congc*
Ud III, 142. 4) Ibid. @. 159.
33terte3 93ud&. (Sap. 4. tfatmt, ®ieberl;eijMet b. d&vifit. ©taate. @rri(^t. b. S^inglity. 63
einer befttmmten &it erfolgen.1) 2Öer be6 Königs Dtenft verlaffen will,
ber ^at feinen Austritt am QSorabcnb beö 9?eujaf)r3, ben 31. De$. burd)
$wef tfameraben ansumelben, bann befommt er ehrenvollen Stbfdbteb nnb
fann gehen, wohin er will. 3eber ift, fo fange er in wirfftchem 3Ptenfte
fteljt, bem Röntge, rote ber ^örperfc^aft, jn unbebütgter breite verpflichtet,
bafür barf er von (Seiten beö Mni$ mtlbe nnb fmfbvolle S3el;anbhtng,
foroie ^ünftltdr)e 2lu3be$af)fung be6 monatlichen (SofbeS ervoarten. Daö
SBitfjerfag jähft eine $etf>e Vergehen ober Verbrechen auf, burcr) weltfe
ein ^(n'ngmann feine $fltcbt verlebt, fo roie bie SBußen, mittclft welcher
ein 6chulbtger ©enugthuung $u (elften t)at. Die Vergehen ftnb: Wlntfy
willen an ^ameraben verübt, Verlegung feines ©utS, ^act)läfftg!eit im
Dienfte, gefönte ober vollenbete Untreue begangen gegen bie ^örperfebaft
ober gegen ben Äö'nig. Die (Strafen ftnb: niebrtger (Si£ im gemetnfamen
«Spetfefaale, ©elbbußen, Verabfchtebung, fc^tmpfltcbe 2fu3ftoßung mit £anbe3*
flücf)tigfett unb Verluft ber ©üter, im galfe beö 2Bteberbetreten3 ber £ob.
Damit bie (Stgenthümltchfett be3 2ßttr)erlag llar voerbe, ift nöt^tg,
einzelne 33etfm'ele anzuführen. Von ben 3?iten ber (Spartaner an bis t)erab
auf ben fyeute noefe im engltfchen unb, roenn icf) nicht irre, %'üroeife im
fatferlicrjen §eere beftehenben ©ebraua) ftnb gemeinfame S>olbatemnahfe al3
ein Littel, ben ßorporattonögetft ju förbern, errannt unb in 2lnwenbung
gebraut worben. Der (Speifettfd) fptelt im ©efe^buebe ber £f)ingmannalttl)
eine auSgejetdmete Rolle. Der $la{3 eines 3eben würbe burd) ben Rang
beftimmt, fyöfyeren Rang aber verlief) nacb Sweno'3 DarftelKung , 2) bie tct>
für wor)lbegrünbet hafte, erftltcb befonbere Sapferfeit vor bem geinbe, zweitens
Dienftafter, brittenö erlauchte ©eburr. 2öer ben erfteit Rang einnahm,
hatte ben erften $laf$ am erften Stfct): fo ftufte ftet) bie Reihenfolge h^rab
bi$ jum te^teingetretenen Heuling. Von felbft verfielt e$ ftcb, baß eö Der
Sifche mehrere, ja viele waren; benn an einem ftnben faum 50 SÄann
$la|, wenn anberö für eine leiste S3ebtenung geforgt werben foll. Sie
unter ben (Stnjelnen, bie an einem £tfct)e *)3fa$ nahmen, fo muß wieber
unter ben Stfcfcen felbft eine Rangorbnung ftattgefunben haben. Der erfte,
am @hrcnpla£e aufgefangene, war vor allen bevorzugt, ben gät)tgften,
Slelteften, Vomehmften, alfo ben Oberften unb ^auptleuten vorbehalten. 9J?an
müßte il)n nach neueren Gegriffen bie ©enerals* ober £)fft$ter$*£afel nennen.
Die Uebrtgen erhielten, je nach Sapferfett, Dtenftalter, ©eburt, ihre Stelle
an ben anbern, bem jwetten, britten, vierten Sifctje u. f. ro.
Run verorbnete, nach bem 3eugntffe 3) Saro'ö, ba6 SBitherlag, wie
folgt: „wenn e$ ftch fügte, baß bitter wegen Dtenftgefcbctfte nicht jur rechten
3ett bei flifche erfchten, fo fonnten bie fonft hinter ihm ft^enben vorrüefen
Ibid. @. 148. 2) SangeBecE III, 147. 3) %. o. O. @. 178.
64
*Pa6ft ©regoriuö VII. «nb fein S^ttaltcr.
ltnb ben leer gebliebene tetjte Stelle an ber betreffenden Safel mocbte
bann ber @rfte be$ näajften $ifd)c3 einnehmen. $am ber Ausgebliebene
gar ntd)t, }o roar e$ gut; erfcbien er aber nod) roatyrenb beö (SffenS, fo
mußten bte, roelcbe fonft hinter tfyn faßen, *ßta£ macben. £>te golge bavon
roar, baß ber le£te beS bevorzugten Sifcbeg, ber, rote tc£> faßte, von bem
näd)ften Sifcfye vorrücfte, feinen Si| verlor. 3l)m fam e6 je£t §u, auf*
Stifteten unb ftdt? anber£rool)in §u fe$en, roo er $aum fanb. Verweigerte
er bteß unb blieb tro$tg ft|eh, fo fonnte ber ©efränfte $lage anftellen.
©efc^at) foldjeS unb beroieö ber ©efränfte bie Sdmlb burd) 5lu3fage jroeter
3eugen, fo traf ben Sd)ulbigen bie Q3erabfd)iebung. 3nbeß fyatte ber Äöntg
im be§etd)tteten galle ba3 *Red)t, breimal bie (Strafe beö 2Jbfct;teb$ bafyin
ju ermäßigen, baß ber Verurteilte einen niebrigern $la£ erhielt. Auer; bei
einer vierten 2ßteberr)olung fonnte ber ilöntg ben 2lbfct;teb erlaffen, aber
bann burfte ber jum vtertenmale Straffällige ntd)t mel)r an einer £f)tng*
mannatafel ftcr) nteberfe£en, fonbern mußte für ftä) effen unb fcfyroetgenb
r)tmtel)men, roenn gefränfte ^ameraben ^nodien naa) ir)m roarfen. 4)
Tiit niebrigern @i|e am Stfdje rourbe beftraft, roer Äameraben mittle
rottlicj fctjmäfyte, roer fte mit 33ter begoß, roer Heine 3)tenftv ergeben ftct) ju
Sd)ulben fommen ließ.2) £f)at bie £l)tttgmannalttr) 3)tenft §u £anbe, fo
mußten in ber Dfegel, fei cö alle, fei e$ ein Sfyeil ber 9J?annfd)aft mit
^ßferben verfemen fein. „9hm roar cö," jagt') Sroeno, „bamalS nod) nidjt
im 53raud), baß bie £u3rarle £etbburfa)e Ivetten, um ftd) bebienen ju
laffen, fonbern (Siner rjalf bem Anbern bte ۧferbe beforgen." 2)a6 28ttberlag
gibt in btefer §inftd)t mehrere 23cfttmmungen: „roer außer bem eigenen,
ba6 Cßferb be6 Äameraben §ur Sc^roemme füfyrt unb babei Inn unb ()er
auf bem fremben Stoffe reitet, ober roer, roenn er bret Vünbel ©erfte in
bie Grippe roarf, jebeSmal feinem *ßferbe bie Acoren, bem Stoffe beö Slnbem
ba$ Strof) aufhob , ober roer fo §ur Sränfe ritt, baß er bem SRoffe be3
neben tfym reitenben ©enoffen abftcfjtltcf; baS Saffer trübte, ber erhält bei
£ifct;e einen ntebrtgeren $la|$.4)
Sd)läft (Siner auf ber Sad)e bergeftalt ein, baß man if)m unbemerft
bte 2ßaffe ober ein Stütf ber Jlletbung roegnelnnen fann, fo roirb er mit
einer ©elbftrafe gebüßt.5) (Sntftefyen unter ^ingmannen Streitigfetten über
£anbbeft$, brtcfjt (Stner in ben §of ein, auf roeldjen ein ©enoffe 9ied)te 51t
l)aben behauptet, fo entfdieibet baö @erid)t, roelcfier von Reiben ^um S3e^
roeife jugelaffen roerben folle, unb ber, bem bieß bcrotlligt roorben, mag bann
fetti (£tgentl)iun0redjt mit 6 burd)£ Sooö geroäl)lten (Sibeöl)elfern be$ nänu
Itcben Duartterö befa}roörett. ö) 2)aö 2Bttl)ertag fc|t meineö (SracfyteuS vor^
l) Sangebed a. a. £). III, 148. z) Ibid. 149. 3) Ibid. 147. 4) Ibid.
147 u. 148. 5) @axo a. a. 6. @. 179. fi) Sangebecf a. a. 0. ©. 150 cum sex
sortitis in suo coetu, id est Fiarthing, tuebitur.
93ierte$ 93u#. 6a£. 4. JTanut, 2Bieberl)erfW(er b. d)ri|H. Staate. @rrtdt)f. b. £l)inglttt). 65
aus, baß #änbel ^er betriebenen 2lrt ntcf)t nnter ben Sfyingmannen »or*
fommen, bie am föniglicfien £of(ager ober in großen ©täbten weilen, fonbern
nnter fönten, bte in hrgenb einem 2Bapentafe ber ^rovinj — naef) bem
(Spradjgebraud) ber £l)inglitf) in einem Duarticre, gtartfying b. f). Viertel
— lagen. 3)aß einzelne £l)ingmannen branden auf bem £anbe Käufer
unb ©üter befaßen, erhellt nicfjt bloS a«3 bem 9. 2lbfd>nitte ber flehten
6d)rift 6wetto% fonbern and) au3 einer Haren ©teile 4) bei <5aro. (£nt*
ftanbeu nun unter $l)tngmannen, bie nad) einem entfernten 6tanbquartter
ber $nttnn$ abgefdn'cft waren, 6trettigfeiten über nafye gelegene ©üter, auf
welche jwet 5lnfprüd)e erhoben, fo fcfcrieb baS ©efe£ mit gutem guge ttor,
baß bie @ibe6l)elfer nur au8 ber 3al)l ber ©enoffen beffelben Duartierö au6*
gelooSt werben burften. 2)emt nur foldje formten oon ben $erf)cUtniffen
genauere Äimbe traben.
S3on allen bt^er erwähnten $ergefjen ift baS desjenigen, welcher ftdj
weigert oom Stfcfye aufjuftefyen, bem $nfd)einc naa) baS geringfte, unb bod}
wirb eg am l)ärteften, nämltO) mit 3)tenftentlaffung , beftraft. ©letd)Wof)l
^at ba$ fragliche $erfaf)ren einen guten ©runb. 2öer unbefümmert um
baS 3Sorred)t eineö ,£öl)ergeftetlten \ia) einen ^3(a| am (£f)renttfd)e anmaßte,
oerftteß gegen bie Stogorbnung , unb folglich gegen ben SebenSfeim ber
Sfn'ngmannalttr). 2)enn $erfaffung unb 23eftanb btefer Äörperfdjaft war
auf (Sfjrtrteb gebaut.
$laa) ben $erget)en leichterer 5lrt Rubelt ba$ Sttfyerlag tton ben
groben SSerbrectjett. (Sittel folgen madjt ftdj fcfjitlbtg, erftlid) wer einen
^ameraben oerwunbet ober gar fernlägt, zweitens wer etwas gegen baö
Seben ober bie ,§errfd)aft be$ Königs unternimmt. SSerlet^ung beS Jtame*
raben wirb als Untreue gegen bie Äörüerfd)aft beftraft.2) 3ft ein galt
ber 5trt fcorgefommen, fo lann ber ©d^ulbige ba$ 2leußerfte nur bann ab*
roenben,3) wenn wentgftenö bret Sfytngmannen als (Übereifer mit tf)m
befanoören, baß ein 3rrtl)um obwaltete, mit anbern Sorten, baß ber
©d)u(bige im ©lauben, er l;abe cö mit einem Anbeut §u tfyun, ben $ame*
raben fcerwunbete ober fd)tug. Sfteineö (SracfctenS öffnet l)ier baS 2Bttt)er*
lag ein £tnterpförtd)en für ben galt ber £runfenl)ett. 2)aS $olltrmfm
muß fjäuttg unter ben norbtfa)en 2Biftngern gewefen fein unb in folgern
3uftanbe ließen ftcf) (Sinjelne, bie fyetmliajen ©roll wiber einanber fjegten,
leta)t §u Stjätltcfyfetten Einreißen. §ätte bat>r baö ©efe§ ntct)t einige
Mtcfftd)* auf baö ^ationallafter genommen, fo würben bie Dieken ber
Sfn'nglttl) allsufeljr bura) 5lu^ftoßung gelittet werben fein. 2)er ©ct)wur
ber @ibe3t)elfer befreite jeboct) ben (5a)ulbigen nur oon ber 5lu6ftoßung,
9t. a. D. <&. 179 mitk. 2) «angebet III, 162 si quis verbere aut vulnere
leges societatis infregerit. 3) 91. ct. £). @. 157.
©frörer, $at>fl ©regoriuö VII. 18b. in. 5
66
©regortuö VII. unb fein 3eitaltet.
nfcf>t tton ber gefe£lid)en ©enugtfyuung : er mußte ttielmer)r bem SBefcfjä*
btßtcn bie fcom gemeinen germanifdien dicfyt für Verlegungen »orgcfcr)riebene
33uße $al)lcn. 5(uct) warb tr)m btefe 2Bol;ltl)at nur bann ju Sfyeil, wenn
feine 53elaftungö§eugcn wtber tt)n auftraten.
konnte bagegen ber Kläger jwet 53elaftuug6seugeit [teilen, welche ett>^
lid) ansagten, ber 33eHagte l;abe ben ^lameraben wtffentltct) unb •oorfä^Itct)
mtßfyanbelt, fo war ber Scbulbtge verloren, er würbe jitm ©cbelmen
(9?ttl)tng 4) erficht unb au8 allen Sanben »erbannt , u>cldt)e unter be3
jvönigö Mannt ©cepter [tauben. Sief ftd) ber Verbannte je lieber auf
bäntfebem 23oben betreten, fo galt jeber Srjtngmanne für einen Schelm, ber
nict)t fogleicf;, wenn er ben Sd)ulbtgen traf, angriff unb niebcrmacf)te.
2)te 5lnflage auf baö febwerfte alKer Verbreeben, auf Verratt) Wtber
bte $rone, war mit außerorbentltcfycn görmlicbfctten üerbunben.2) ©laubte
ber «ftontg irgenb einen £f)tngmann ber getonte fdjulbig, fo lief er ben
Verbä'd)tigen breimal burd) §wet ^ameraben, bte berfelbett 2lbtr)etluttg
(sweet) unb bemfelben £luartter, wie ber Verbäcbttgc, angehören mußten,
ba$ erfte unb §wettcmal mittelft 5lnfünbtgung im gememfamen @pe(fefaale,
ba£ brtttemal im «gwufe beS 2lngcfd)itlbtgten fcor ba6 «ftrtegSgericbt laben,
unb tr)m £)rt unb Sag anfagen. ©teilte \ia) ber 23eflagte auf bte brttte
Sabung ntcfjt, fo galt er für überführt: fein £ab unb ©ut verfiel ber föutg*
liefen Cammer, er felbft ber 2ld)t.
(grfdn'ett er t>or ©ertebt, fo lag bem Könige ob, bte jtlage burd) jvt>et
Sfytngmannen, bte als 23elaftuug^eugen auftraten, etbltd) erwetfen $u laffen.
ganb fta) fein Slnngmann, ber ben 3eugcneib wtber ben 2lngcflagten
fc^roören wollte, fo burfte ber 2lngeflagte gleia)wob;t Weber felbft einen
*Jietniguitg3fd)Wur ablegen, nod) (SibeSfyelfer beijtefyett, fonbem bte einige
sReditSfyülfe, bie ttjtn im bezeichneten gatle übrig blieb, beftattb bann, baß
er ftd) bem ®otte6urtl)etle be£ glüfyettbeu (SifcnS unterwarf. 9htr ein S&uttbcr
fonnte ir)n retten. SBenn bagegen §wet SBelaftungSjeugen etblta) wiber tlnt
auSfagten, fo war fein ©cbtcffal entfer/tebett. 3)enttoa) traf üm junäc^ft
ntebt £ob, fonbem Verbannung.
„2)aö @crtct;t legte bem Veruitf)cilten bte grage ttor, ob er §u £anb
ober §u SBaffer entweihen wolle? 2Öäf)lte er baö Gaffer, fo »erfal) matt
tfm mit einem gaf^eug unb ben nötigen £eben3mttteln, unb geleitete üm
an baS Ufer. (£rft wenn $uber unb Segel au$ bem ®eftd)te fc^wanben,
rief man tf)m breimat ba$ Urtl)etl ber Verbammung nact;. 3^g er eS ttor,
$u £anb §u entweichen, fo führte man tl)n jutn näcbften SBalbe, wartete
eine 2Bette, bte er ftet) entfernt fyatte, unb rief tf)m abermal auf gleite
SBetfe fein Urteil nact;. Äam ber Verurteilte je wteber auf ben SBoben
*) Ibid. @. 151. 162. 2) Ibid. 158 flg. 161 unb <saro @. 179.
33ierteg 93ud£j. Ga}>. 4. Jtanut, 2Biebevfjeif etfer b. e^rifU. (Staafö. @rrid&t. b. Sfjingtttfj. 67
bcö 3?et*6 jurücf, fo roar e$ um fem febeh gefc^c^en." 2luö ber ©teile,
n>o bat?on bie $ebe tft, baß bie, roelcfie bcn beg ^)od)t>errat!)6 SlngeHagten
üorlubcn, bcrfelbcn Spotte unb bcmfclben Viertel, rote ber SBerbächttgc, an*
gehören follten, ger)t fyerttor, baß bie £r)inglttr) in größere unb Heinere
Unterabteilungen verfiel.
■fticht ber König, fonbern nur bie ®efammtr)ctt ber $r)uigmannalitr)
erfannte — verfielt ftdt) nach bem 33uct}flaben bc3 2Bitr)erlag — über alle
Klagen unb verhängte alle ©trafen. Ü)te ®efammtr)ett r)teß, fofem fte
ba$ Ortcbteramt übte, £u3farle*©teffne ') (SBerfamntlung ber £u6farle) unb
roar in 3Bar)rI;ctt ber oberfte ©ertebt^of ber bereinigten fronen 3)änemarf
unb ßngtanb. ©roeno fagt,1) ba6 2Bl)itcrrag verfügte, baß jeber £r)tng*
manne, ber einen (£ameraben roegen irgenb roelchcr ©acf>e belangen wollte,
feine Klage bor bie SScrfammlung aller Sfjmgmannen ober baö feutfade*
©teffne — in 9lntt>efenr)ett beö Königs §u bringen r)ak. (Sbcnfo r)etßt
eö1) im alten bänt)cf)en Serie: „©treitigfetten &rmfcr)en 9Jtitgliebern ber Zt)in§*
mannaltth tonnen nur bon bem £u8farle*©tcffne einschieben roerben."
©elbft Kaimt erfannte bura) einen feierlichen TO an, baß er, obgleich
£err be$ 9tetcr)3, unter bem Kriegsgericht ber §u6farle*©teffne ftefye. 3n
feinet Soxncö *g>aft hatte er, ben roiebtigften 5lrtifel be3 2ßitf)crlag berle^enb,
einen £r)mgmann erfcb lagen. 2) 5(16 ber 9J?orb rud)bar rourbe, gertctl) bie
ganje ^ingltt^ in Aufregung, ber König aber, ber fchttell fta) befann, be*
rief bie ©erichtStterfammmng, roarf fict) in Tiittt berfelben auf bie Kniee
nieber unb bat um fein ©traferfenntniß. 2>te $f)ingmannen berathfchlagten.
„Würben fte baS begangene Verbrechen nicht almben," r)teß e$, „fo
fei ba6 8lnfer)en beö 2Öttl)erlag bar)tn, baö unbeweglich, rote ein gel3,
bleiben muffe 5 gefdjcr)e aber bem 53uct)ftaben be$ @efe|eö (Genüge, bann
habe Kanut ba£ £eben oerrotrft unb bie golge roerbe fein, baß bie ganje
Körperhaft, ^auptloö geworben, bem £affe ber (Englänber unterliege."
(Snbltch faßten fte ben 55efchluß, bem Könige m erf lären, , baß fte nicht
über ihn richten tonnten, unb baß er felbft eine ©träfe anfefcen möge.
Kaimt tt)at bieß. 9?acf) gemeinem germanifchen fechte3) rourbe 9ttorb, b. h-
unter erfchroerenben Umftänbcn oerübter Sobtfchlag, mit ber neunfachen
SBuße gewöhnlicher Söbtung beftraft. 2)te 23uße für Söbtung betrug in
(Snglanb 40 Wlaxt Pfenninge. 2öirfltch legte ftcb Kanut neunmal 40 ober
360 Sftarf Pfenninge auf, unb §al;lte jubem eine Ueberbußc4) von 9
Wart ©olbeö. S3on ber ganzen ©traffumme gehörte gefe^ltch ein ^Drittel
ber Krone, ba£ gleite drittel ber Shmgmamialttr) , baS brüte ben 2tn*
l) £angebe<f III, 149 unb 162. 2) Ibid. @. 150 flg. unb @axo @. 180.
3) 3. *8. naä) bem alamannifc^cn. 4) 3)dntfc^ ®övfum. SKan ücrgletd^e üBer baö
©ort Sangeberf III, 155 unb S)al)tmann I, 155. ftote.
5*
68
$abf* ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
tterroanbten be$ ßrfchlagenen. $anut üerfcrjenfte jebocf) ba$ bem @djaj3e
verfallene Drittel an bte ßixdjc unb bte 5kmen.
Unter allen (gfyren, beren bte Äafte ber Sfy'nglitl) genoß, war ba6
oberfte Oftcbteramt fta)erltd) biejentge,. voeldje fte felbft am meiften ferste.
2) arum ift begreiflich, baß ber 9?äme, ben bte ilörperfchaft ftd) felber
gab, auf baS theuerfte Vorrecht 33e$ug nimmt ^iug heißt eine jum ©e*
rieht berufene $oltoerfammIung. 2ßetl bte ©enoffenfcbaft ber ^u^farle
ben ^öcf)ften @erta^t^l)of beö von ßamtt beljenfcfeten föetdjS btlbete, liebte
fte eS, ben ftoljen Tanten Beamter beS ®ericht3, Sfymgrnanna, §u führen.
3) a3 engltfc^e SSolf brauchte anbere 5lu6brücfe: e6 l)teß bie TOtglteber ber
föntgttchcn Setbroadje ^auöfarle ober ©ölbner1) (Stipendiarii, solidarii),
ober bezeichnete fte gar mit einem Sorte, ba$, rote ich unten bartfnm werbe,
ben roahren Urfyrtmg ber itörperfcbaft aufbecfte, aber ntd)t$ weniger, als
fcf)mctcr)elt)aft roar: ich meine ben tarnen piratae, (Seeräuber.
Ü)ie ganje Einrichtung ber Slnnglttl) §telte barauf ab, ben Eintrieb
anjuftacheltt, unb zugleich al$ $et§ §ur Sapferfett, glorreiche Erinnerungen
beS Horbens in ber (Schaar road) §u erhalten. £)er bänifche <5)efcf)td^)tfcf)ret^
ber ©aro tf)etlt2) bie 9?ad)rid)t mit, baß Äöntg Otegnar Sogbrocf t>on ©ee*
lanb, beffen ©efcf;td)te mit bieten gabeln3) auSgefchmüdt ift, (um bie Dritte
be$ 9. 3cil)rl)unbert6) bte altgermantfchen QMf3gerid)te in Dänemarf abge*
fchafft unb ftatt ihrer Kollegien von 12 fogenannten Tätern eingeführt habe,
bie olme 23eroet$oerfahren, of)ne förmliche 5lnflage, ol)ne 3Sertl)eibtgung, alle
Streitfragen, peinliche rote bürgerliche, cntfd)teben. £)aö war offenbar eine
9kd)ahmuug ber von (£art bem ©roßen, anftatt ber altfalifchen Dfadu'nbur*
gen etngefe|ten 6cböffen. gab bemnad) jur Stit Äanutö unb ©roenö
in $)änemarf längft feine 23olfögerid)te mehr, aber in ber $htn3marmaütfy
lebten fte auf.
9?oa) anbere gefeierte ^echt^anftalten beS germantfehen 2lltertf)umö
famen bort tyieber §ur ©eltung. 3)a$ große ©eroteht, welches baö 2Gttf)erlag
bem 3^ugen^ewe^ betlegt, ift ohne grage attgermantfd) , boch hai tyeM
meines Erachtend mtlttärtfd)er ©charfblicf mttgerotrft. ÄrtegSgertchte müffen
furj, bünbtg verfahren, aud) bin ich überzeugt, baß, roa£ §roet ©enoffen
einer vom regften ©emeingeift erfüllten «ftörperfdjaft auf ihren gahnenetb
rotber einen ^ameraben auöfagten, ftetS ber 2Öaf)rr)ett gemäß roar. eitlem
roär)renb bte 2lnflage nur bura) 3eu9er^ beriefen werben burfte, ließ baö
3Bttl)erlag in gragen, bie ntd)t ben Xfyatbtftano , fonbern bie Slbftcht einer
Zfyat, ober ba$ 23eft£recht betrafen, bie Reinigung bura) ba$ altbeutfche
') 2)te S3ei»eife Bei Sangcbetf II, 455. 9We d. 2) Histor. danic. lib. IX,
Sluögabe üon 1576. <S. 154 Glitte. 3) Uekt bie ächten (Elemente betreiben üevgletd^e
man £>al;lmann, bantfe^e ©efc^tc^te I, 62 flg. 9iote 4.
JöierteS 93uc^. (Safc. 4. .taut, Söteberljerfieller b. c^rijU. (Staate. (Srrtd&t. b. SbMngUÜ). 69
3nßttut ber (StbeStyelfer 511. Dabei benüfete jebod) ber ©efe|geber bte $or*
fta)tregeln, auf welche gefunber 9)?enfd)enverftanb unb vteljährtge (Srfal);
rung im @ertd)tSwefen bfc ©afier ber s3J?crotx>im3er§etten geleitet hatte.
Slngeflagte £f)ingmannen burften (SibeShelfer nicht naef) eigenem @utbün*
fen auS ber ganzen @enoffenfd)aft herauswälzen, fonberu baS @efe£ fdjrieb
uuabänberltcb 2ut unb Seife bcS Verfahrens vor. 2Bo eS bte Reinigung
burch jwei (StbcShelfer gemattete, fonnteu nur bte jwet, welche junäc^ft über
unb unter bem SBeflagten am Spetfettfd^e fafen,1) bie £ülfe leiften. 3n
gätlen, wo bret ober mel)r dtbe$r)elfer ju fchwören Ratten, muf teu fte burcr)
baS SooS auö ber Slbthetlung, bejiehungSwcife aus bem Duarttcr, welchem
ber 33eflagte angehörte, ausgesogen werben. 2) Senn aber bie §wet Treben*
jl$er, ober bte burd) £006 bestimmten (StbeShelfer , ben 5tngef tagten für
fdntlbtg fetten unb folglich ben ($ib ber Reinigung verweigerten, fo galt (Srfte*
rer für überwtefen unb r)atte verloren. ©ermutige greunbfchaftSbieufte mit
Slnwenbung beS (Sprichworts: eine ^anb wafcht bte anbere, roaren bem*
uad) , wie man ftef>t , vorneweg uumöglid). 2lef)nltd)e 33orfc^rtften über
bie Auswahl ber ©ibeSljelfer haben norwegtfebe Röntge unb ber Urheber
beS alamannifa)en ©efefjeS3) gegeben.
£)te (§rfd)etnung , baf* in KanutS ^tngltt^ altnorbifdje 93olfSred)te
wteber auflebten, ftel)t ntdjt vereinzelt ba. 2lucr) anberwärtS fjaben gute
(£inrtct;tungeu beS 2llterthumS, weldje Scannet fonft überall nteberwarf,
in bemjenigen 6tanbc, welker felbft unter verborbeneu SSölfem -DJknnSfraft
unb Sugcnb bewahrt, im §eere, eine le£te 3uffocht gefunben. 2utS bem
bürgerlichen £eben ber 3)eutfd)eu waren bis $u (Snbe beS vorigen 3al)r*
hunbertS $olfSgerid)te fpurloS verfdjwunben , aber im §eere erhielt ftd)
etwas il)nen 5lel)nlta)eS. Ü)te Kriegsgerichte finb altem ^erfommen gemäß
aus <5olbaten aller ®rabe §ufammengefe§t unb bie gällung beS ©prucfyeS
erfolgt von Unten naa) £)ben. 2>ie erfte ©ttmme gibt ber gemeine <5ol*
bat, bte jwette, brüte, vierte, ber ^ottenmetfter, gelbwebel, Lentenau*
u. f. w. ab.
2)er S^vecf, ben bie ganje ©lieberung ber S^tnglit^ erftrebte, tft er*
reicht worben. 9lte fal) bie 2£elt eine mannhaftere, beffere, fa}lagfertigere
l) €>U)eno cap. 9. £angebecf III, 150. proximorum uno interiori , altero exteriori in
coenaculo reo assidente. Sftan t>ergleid;e fyiemit bie $Borte im 5. (5a!pitel, roo bar-on bie
Oiebe ijt, bafj einer jur (Strafe um einen ^la|$ niebitger am £tfcr)e gefegt rotvb, placuit
eum uno homine exterius in coenaculo residere. 3ludj ber bänifdje £ext fagt 2)aff«Ibe
(ibid. <S. 162 SWitte) minoris momenti lites terminari debent juramento duorum com-
militonuni unius intra, alterius extra (reum sedentis). z) Sweno cap. 9. <S. 150 oben,
cum sex sortitis in suo coetu, id est Fiarthing — se tuebitur. (Sbenfo ber bdnifdje !Tert
(ibid. @. 162 SOfttte) si de fundis aut domus depraedatione actio instituta fuerit, sacra-
raento sex virorum per sortem in sua mansione delectorum probabitur. 3) iwerbe
bieg in meiner ©efd?t$te ber beutfd)en a3olf3recr)te bereifen.
70
*ßafcfl ©regoviuS VII. unb fein ße'üalkx.
«ftriegerfcbaar. 9J?att fann tl)re Srefflichfeit auö einem ßengntffe barthun,
ba£ tu 3öa()r()ett glänjcub genannt ju derben »erbtent. £>te mittelalter*
liefen 9?orroeger unb SSlänbcr tt)arcn ein überaus ftofyeS 93olf, backten
gering von allen anbern Nationen, nnb nur von ber eigenen groß. 2l(ö ju
Anfang ber 6chlad)t bei @roolt> im £erbfte bcS 3ar)re8 1000 bie bänifchen
«Skiffe <Svoen$, bie fd)tx>cbtfcr)cn bc$ ©ctjOoSfötugS unb bie ber Sßifinger
be$ 3arl3 (Sind) gegen bie nomxgtfcfye glotte fymmMtm, »erlangte $öntg
£)(af, £rr/groe'3 ©ofm, laut bem Senate1) ©norro'S, SluSfunft über bte
3ufammenfc£ung bcö fetnbltc^en §ecre6. 235er ftnb bie ba ? fragte er feine
Umgebung. 2)te Antwort roar: bcö Königs ©roen ^annfaiaft: „btefe
2öeia)Iinge," fyrad) £>laf, „fürd^te ich ittdjt, beim ber £)äite hat roenig ffllvttl)."
2Öer ftnb bte näd)ften? ful)r Olaf fort : ber ©efragte erroieberte : bie ©djroe*
ben be$ ©choo£föntg3. „D biefe/' rief ber ^orroege, „waren beffer §u £aufc
geblieben, unb Ratten baö £>pferbhtt ihrer ^effel gelccft." 2öer führt bie
brttte ©d;aar? 3art (Strtd) ift e3 mit feinen 9?aubfchtffen, entgegnete ber
£öflmg. „!Die roerben utt3 fd)roere Arbeit machen," fprad) £>laf, „beim
fte ftnb gleich un£ üftorvoeger."
2BoI)Ian, ein ©d)riftfteller, ber fcon bemfelbcn 9Sorurtf?ei( erfüllt tft,
©norro ©turlefon, berichtet2) bezüglich ber ^Ijtngmannen golgenbeS: „nach*
bem ber Torwege ^aralb ^arbraba tm ©ommer 1066 befchloffett t)attt,
ben gleichnamigen kernig tton (Shtglanb anzugreifen unb §u entthronen, bot
er bte £älfte ber ©trettfräfte fetneö ^etdjeS pm Kampfe auf. SStele ta*
betten Dtefe Maßregel, tnbem fte fpraa)en: Jtrteg mit ber Jlrone (Snglanb
fei eine bebcnlltd)e ©acbe, beim ^Britanniens ^ö'nig bcftfje in ber £f)ütg*
mannaltth ein unübertreffliche^ «g>eer ber Art, baf je jroet ber beften
norroegtfcheit ©olbaten md)t vermöchten, c6 mit einem £t)tngmatm auf§u*
nehmen. "
©erotf roar bie Aufteilung ber £htn9mcmnettfchaar e*ne merfttmr*
btgfteu ©chöpfungen bc3 11. 3ahrl)unbertö. ©d)on bte 3cit9enoffcn fPra*
a)en ihre SBerounberung aus. ©roeno unb ber alte bäm)d)e $ert, ben tet)
beilüde, ftrömt über vom Sobe be$ $önig6, ber bie Setbroact)e errichtete,
unb be£ 2Berf3 , baS er fdmf ; auch erwähnen beibe bte Tanten £)crer,
roelche ^aitut §u S^athe jog. @roeno berichtet:3) „Köllig ^anut berief bte
roetfeften Männer feinet Oielch^, tnöbefonbere ben ©eelänber £)e^e, ben
matt ben klugen nannte, unb beffen (5ol;it d$t\l, roelct)e beibe ©ehetm^
fchretber beö ^öntgö roaren unb in ben rotd)ttgften Angelegenheiten »er?
roenbet §u roerben pflegten, ftch, unb berathfchlagte mit ihnen über bte
5lrt unb Steife, rote ba6 neue ^eer eingerichtet, unb über bte 2)tenftoor*
fchrtften, bte für baffelbe entworfen roerben follteit."
') Heimskringla I, 338. l) Ibid.. III, 149. 3) £angefcecf IU, 146.
«Bierteö 8uc§. Gap. 4. Ättittt, 2Bteber^evfieUer b. t^rifil. «Staatö. (Srrid&t. b. StyngliÜ). «71
Sehnliches fagt ber bänifcbe Sert1) unb ©norro.2) Smmerfym glaube
id) nicht, baß Mannt unb feine D^atfegeber einen gan$ neuen ©toff bearbet^
teten, fonbem fie fc^etnen ttjeilweife frembe Erfahrungen bemu)t ju l)abtn.
3Bie früber3) gezeigt korben, ftattete ber berühmte sßalnatode bie ©ecrciu*
bergemeinbe ber 3om$burg gegen Gmbe beö 10. 3al)rf)unbertö mit einem
eigenthümlichen @efe£e au6, ba£ bie borttgen Sßifinger, bie gleich $anut£
£u6farlen au3 allen £änbern jufammengelaufen waren, in einen wol)lge*
regelten militärifa^en Körper fcerwanbelte. *PatnatoaY3 Stiftungen mögen
tton ben Urhebern be$ 28itf)erlag ju ©runbe gelegt korben fein.
wieberum biente ^anutS @d)öpfung als QSorbib für einen größeren ^retö.
gaft bie ganje ^f)ätigfett beö beutfe^en Äöntgö £einrid) IV. breite
fid) feit 1065 um ben boppelten 93erfucb, eine 9?eid)3fteuer einzuführen
unb ttom Ertrage berfelben ein (£olbl)eer aufzurichten. Wohlan, waö
^einrieb IV. erftrebte, war in Englanb längft x>cx\vixilia)t f mittelft ber
ÄrtcgSfteucr, bie $anut tton ben Englänbem, unb, wie ich fpäter bartlnm
werbe — aud) son feineu übrigen Untcrtfyaucn erhob, unb mittelft ber
$f)inglitl), bie ebenberfclbe gegrünbet f)atte. (§:$ ift gcrabeju unbenfbar,
baß (SnglanbS Vorgang nicht auf be$ ©altert Begebungen eingewirkt baben
follte. Britannien, nur bura) bie Meerenge ber 9Jorbfee t>om bamaligen
beutfdien 9feicbe getrennt, ftanb in lebhaftem $erfer;r mit ©ermanien; ja
(Sbwarb ber Befenner, ber »Oriente Stbnia, auö angelfäd)ftfa^em Stamme,
hat fogar bem QSater beS vierten ^einrieb, wie unten gezeigt werben foll,
bei gewiffen Slnläffen Seljenbienfte geletftet. 2Bäre e$ bem inerten §einrid)
gelungen, ba$, was er schatte, fas SBerf §u fernen, fo würbe auf beut*
fasern Boben eine ^Ijinglitl) unb ein 2)anegelb im größten ?£Raf ftab ge*
febaffen worben fein.
2)te 3«t, ba ÄanutS $f)M9Wh erftanb f fann naebgewiefen werben.
Der Bcrfaffer ber Sebenögefcbid)te beö t)til Elfeg ersäht,4) baß $öntg
$anut, als er ben Befd>luß gefaßt hatte, t>ie Cetebe be6 Erjbifcbofö au$
Sonbon nach (Santcrbun; ju fa)affen, aus gurcht ttor einem Slufftanbe ber
£onboner Bürgerfchaft, bie %l)m\ebxMt, bie nächften $höre cer ©tobt unb
bie Straße längs bem Strome hin buret) feine £u3farle befefcen ließ. 2)ie
Ueberfteblung ber Seiche erfolgte5) im «Sommer 1023, folglich war bie ©e*
noffenfehaft ber 3^hm9^ im eben genannten 3ar)re bereite ttorhanben.
Allein ihr Urfprung reicht erweislich um 5 3af)re weiter hinauf. 2Bie ich
oben bargethan habe, ift baS große 2ßtfingerheer 1018 fraft ber auf bem
£>rforber Reichstage gepflogenen Unterhanblungen abgebanft worben. £ätte
aber Äanut bei Entlaffung ber 9J?affe feiner alten Sm'eßgefellen nia)t einen
4) Ibid. @. 160. 2) <S. 178 mitte. 3) ©anb II, 589 ffg. 4) SangeBed
II, 454 flg. 6) Flores temporum ©. 620.
72 ' $af>ft ©rcfloriuö VU. unb fein Bettalter.
Ztyil §urücfbef)a(ten, fo wäre er mitten in einem eroberten £anbe wel)rlo3
bageftanben. 3)ieß fann unmöglich angenommen werben. 3n ber £f)at
fagt1) ber ^au^euge, glorenttuS von SBorcefter, auSbrüdltd) , baß 40
«Sdu'ffe im 2)tenfte beö Königs ^urücfbUcbcn. 9?un war, tote tt)ir Wtffen,
bte 3al)l ber (griffe §ugletd) ein SDfaß für bte Stärfe ber 9Jiannfcbaft, bie
auf tfynen verwenbet würbe. 3)amalö aber beftanb bte ^Bemannung eines
(£ct>iffeö au$ 80. köpfen 5 folglich fetten 40 6d)iffe ein §eer von 3200
SO^ann voraus. (£ben btefe 3^ bc§etd)ttet in runber ©umme ©weno als
urfprüngltd)en beftanb ber £t)tngtttf).
£)emnad) wäre e6 mutwillig, bezweifeln gu wollen, erftlidt) baß $a*
nut im Slugenblide, ba er ben großen Raufen ber SBirmger abbanlte, bte
$ör:perfd;aft ber ^ingmanna errichtete, unb zweitens baß er bte ©tamm*
liften ber (enteren auö ben SRelljen ber erfteren gefüllt f)at. 2)te fräfttgften,
tauglichen SÖtfmgcr ftnb ber £f)tnglttr; einverleibt worben. gür btefen
Urfprung §eugt außer ben eben entwickelten fcfylagenben ©rünben nod) ein
2öort beS angelfäcbftfdjen 6prad)gebraucr;3. 2)a$ engltfdje SBolf nannte
bte ^>u6far(e be6 ^öntgS gewöfynltd) Giraten, b. t). 2ßttmger ober 6ee*
räuber. glorcntuiS von Sorcefter bertdjtct,2) baß im 3al)re 1041 jlöntg
^arbtfnut, 6ofm itamttS L, eine große ^rieg^fteuer §u Sßefolbung fetner
£u$farle erfyob. 9J?attfyäu3 von SLÖeftmünfter , ber jenen auSfdjrieb, ver*
änbert ben AuSbrucf, inbem er fagt, 3) ^arbtfnut f)abe feine Amtleute au3*
gefebteft mit bem 25efel)l, ba3 ©elb einzutreiben unb mit tf)m bte ^traten
be£ Königs ju safylen. ßtue 9feif)e äl)tt(id)er ©teilen rjat 3)u (Sange ge*
fammelt.4)
9J?an ftel)t nun : e$ war fein leeret SÖort, als «ftanut auf bem $etcr;^
tage von Drforb ben @runbfa£ auSfprad), bie ©efe^gebung (£bgarö folle
Wieber aufleben. (§r ergriff wichtige Maßregeln, welcbe ben 3wed ^atten,
(Snglanb auS tiefer 3errüttung l)erau3§u§tef)en, bte 3uftänbe ber ©egenwart
um§ubtlben unb in bte S3at)n l)tnetnsuletten, we(d)e ber glorreiche (Sr§btfa)of
2)unftan von ßantetbun) vor einem fyalben Safyrfyuttbert vorge^eidmet Jjatte.
9^oa) Viele anbere ©efe§e Kanute ftnb auf unS gefommen, bereu 3af)r fia)
ntd)t ermitteln läßt. 3^r gemcinfd;aftlid)e3 3tel ift, bte @etftHa)!ett sufrte*
ben ' ju ftellen, 9J?tßbräucf;e abjutfyun, jebeS ber verfcfytebetten 93ölfer, bte in
feinem 9?eia> wohnten, im ©enuffe bcS angeftammten *Recr;te3 §u bewa^
ren, namentlich aber bie 5lngelfad)fen gegen Anmaßungen ber Dänen ^u
fd)ü|en.5) «gäuftg burc^retöte ber Zottig, geleitet von feinen $ätf)en ober
©Treibern, bte ©raffd)aften (Snglanbö, überrpaa)te bte ©eredjttgfett&pflege
unb beftrafte ungetreue Beamte.
i) ibid. @. 619. :) Ibid. @. 623 flg. 3) Ibid. @. 211. 4) Oleuejie
9luögaBe beö dJlofTarö V, 264. 6) Ancient laws of England. London 1840. fol.
@. 153 flg. man »ergieße no^ fiop^enterg I, 466 flg.
Viertes SsBud). @ap. 5. $>ie engt, ©efefce in 2)<5nemarf unb Störungen, .ftaifertfmm. 73
.fünftes Capttet.
9ludj in ben anbern 9faicijen bei* großen üon Jtanut gegrünbeten üftonarcfyie wirb bie ®e*
feftgebung bev englifdjen angefaßt, ber ©eeraub abgefcfyafft. Steige ber XfyingliU)
in 2)änemarf, ÜHorftegen unb SBcnbtanb. Littel, roetdje Staunt amuenbet, um
bie ttevi'cfyiebenen Nationen, bie unter (einem ©cepter flehen, geizig ju einigen. (5r
tterfudjt eö, bie 33i3tl)ümer IDänemarfö unter bie SDletrc^oIe ßanterburty ju jWlen,
(erweitert aber an bem SBiberftanbe ber @rjbifcr)öfe von ^Bremen. Jtanut nimmt nacr)
bem Vorgänge älterer angelfäcr)ftfcr)en Äontge ben £itel Jtaifer an. Dtücfblicf auf
ben ©ebraudj ber 5Borte ^laviug, Steliug, 93aftteu3. Stellung ^anutö ju ben 33e;
Ijerrfdjem £)eutfdjlanbö : er üerftänbigt ftcr) mit bem ©alier (Sonrab II. (Seine
romifcfje Steife vom Safjre 1026.
3d) gef)e §u einem feiten ^auptpunfte über. 3)te neue Drbnung,
welche ^amtt in (Snglanb fd)uf, hatte §ur notf)ttxnbigen golge, baß er auch
bie ©efe^gebung in ben anbern Reifen feinet 9teid)3, in 3)äncmarf, in
ben roenbifchen unb famlänbifchen 23cft£ungen, fyäter in Norwegen umge*
ftalten mußte. 2)er engftfe^e (SleruS, beffen gute Meinung Jlönig itanut,
rote roir fa^en, auf jebe 2Beife §u gewinnen ftrebte r hatte fett Sauren bie
größten 5lnftrengungen gemacht unb unermeßliche Opfer an ©elb gebracht,
um burd) (Einführung be$ (St)riftentt)umö in ben ffanbinaotfehen ^eteben ben
©eeraub ^n vertilgen, ber, von bort au$ betrieben, fort unb fort $ßol)(ftanb
unb grteben (SnglanbS bebrohte. ©d)on 9iücfftd)t auf bie 2Bünfche ber
©eiftlidjfeit gebot bem Röntge, bie Slxt an bie Surjel M Uebetö ju
legen.
9}och anbete ©tünbe ber bringenbften Slvt tarnen f)in§u. Ü)urd) ben 5lft
von 1016 roar (SthelrcbS trotte $anut3 (Sigentfyum, roaren bie $ngetfaa>
fori feine Untertanen geroorben. Sßenn bie baltifa^en 2ßiftnger jej$t noch
rote früher Qmglanbö lüften verheerten, vergriffen fte fta) an bem (Erbe
eineö Königs, beffen Sanbeu bie meiften biefer Räuber ber ©eburt nad) felbft
angehörten, alfo an bem eigenen «£>emt, benn bie ÜM)rl)ett ber Giraten,
roekfye bie 9?orbfee burchfd;roärmtcn , beftanb au£ Kütten, 3om$burgeru,
SBeroohnern ber füb(ia)en, bem £aufe $anut6 unterworfenen ©egenben
8a)n)ebenö. konnte ftch Äanut unter biefen Umftänben ber Pflicht ent*
$ief)en, ben einen £f)eü feiner Untertanen gegen ben anbern, unb §roar bie
georbneten, frieblidjen, geroerbfamen, U)ol)I^abcnbett gegen bie jügeüofen,
räuberifa^cn, armen §u fc^ü^enl Unb fcfjnelt mußte etroaS gefd)cl)en. 2)urd)
bte 21bbanfung von 1018 waren taufenbe ber verwegenftett 93?en[d)en brob*
unb ^rrenlo^ geroorben, jeber 2tufftcr;t endogen. 3öenn man fte fta) felber
überließ, brofyte augenfd)einlta)e ©efa^r, baß fte ju bem geroo^nten ©e^
toerbe prüdfetyren, Speere unb lüften mit Diaub Ijetmfuc^cn. ^anut fa^ritt
rafa) ein.
74
$abft ®regortu$ VII. unb fein 3eit<üter.
3d) ^abe an einem anbem Drte1) na%ett>iefen, baß fett 1028 $a*
nute Sol)it, Swcn, alö Statthalter feinet Sßaterö neue, fer)r ftrenge @e*
fefce tu bem eroberten Norwegen erlief. Die wid)ttgften SBefttmmungcn
berfelbcn ftnb: 1) bei Verluft beS Vermögens barf fein Seefahrer ohne
Erlaubniß beS Äöiugö auslaufen. 2) 3n jebem Schiffe, baS auf er San*
beS geht, tft ber mittlere Otaum für bte SSaaren beS ÄönigS vorbehalten.
3) DaS Seugniß eines einzigen 9JianneS, ber einer gewiffen bevorzugten
(Sfaffe angehört, ha* ntefyt ®eroia)t als bie SluSfagen von 10 gewöhnlichen
SanbeSbcwofjnent. 4) Die gretbauent f ollen ittcl)t bfoS bie $ronr)öfe fce*
[teilen, fonbern fte muffen auch ftänbige (Steuern, beftefyenb in Erzeugniffen
ber •£anbroirtt)fa)aft unb SBie^uxfyt, entrichten. 5) Eben btefelben ftnb zum
Secbienft, wie zur allgemeinen £anbwef)r verpflichtet.
SluSbrüdltd) bemerft Snorro Sturlefon, bem wir bte Nachricht von
Einführung btefer ©efefce verbanfen, baß fte aus Dänemarf nach 9?orwc*
gen verpflanzt worben ftnb. Sie beftanben alfo fd)ou vor 1028 in erfte*
rem 9ietd)e. 2ßer fyat fte bafelbft gegeben? unb wann gefd)ah Soldes?
3a) muß nod) einmal auf ihren geheimen Sinn surücffommen. Dben
würbe gezeigt, baß ber erfte Slrttfel einen fräftigen, man fann fagen, ver*
nichtenben Stretch gegen baS ^ifingerroefen führt, $cin beS Seeraube
Vcrbäd;tiger barf mehr auslaufen, benn er empfängt bte fönigliche Erlaub*
uiß nicht, unb wer fte erhält, muß SBürgfchaften guten Verhaltens geben,
^temtt hängt thettweife ber zweite Slrttfel jufammen. Der jtönig behält
ftd) für Söaaren ber trotte ben beften 9?aum eines jeben auSlaufenben
^auffahrerS vor. Die 2lbftd)t btefer Verfügung tft eine bopvelte. (Ein*
mal liefert ber vierte 2lrtifel, von bem fogleia) bie *Rebe fein wirb, in bie
fömglta)en Vorratl)£häufer eine Spenge 9taturer$eugnijfe, welche faum an*
berSwo als im SluSlanb verwertet werben rennten. Damit nun bte grad)t
feine Soften mache, zwingt baS @efe£ ben «ftaufmannftanb, bte Sßaarcn
beS Königs umfonft mitzunehmen. Die Sache hat ieboch noch eine anbere
Seite. SBtrb ber ^öntg fein @ut ol)tte 2lufftct)t ber Ehrlichfeit eineS er*
ZWungenen grad)tfahrerS anvertrauen? ©ewiß niebt, fonbern er fd)icft auf
jebeS Sd)iff, baS in ber grohne Eigentum ber trotte verladet, einen §u*
verläfftgen Diener, bura) beffen Vermittlung er zugleich in Staub gefegt
tft, ^anblungen unb £lbftd)ten beS $auffahterS §u überwadjen, namentlich
ben betrieb ungefc£ltd)en Erwerbs burd) gelegentlichen $aub §u verhinbern.
Der zweite Slrttfel warf ber Piraterie einen nicht mtnber ftarfen Damm ent*
gegen, als ber erfte.
5lber weiter um zu bewirfen, baß fein beS SeeraubS verbächttger aus*
laufe, fobann um jebem mit föntgltcher Erlaubniß abfegelnben $auffar)rer
*) <Sanb II, 640 flg. 2) Heimskringla II, 384.
SStevteö 93udj. Sn^. 5. $te engl, ©efefce in JDfincmarf unb 9lortoegen. Äaifevtfyum. 75
einen tauglichen Sluffeljer bct$uorbnen, tft eine ganje ©djaar von gut be*
jagten unb jwar bewaffneten SBädjtern nöt|ig> benn nur mit ben Staffen
in ber £anb faitn man fyartnätftge Seeräuber von gortfe|ung i^red @e*
werbS abgalten. 3e nun! btefe Sachter waren vorhatten, ber brttte
Slrttfel Ijat fte im 5luge, benn mit jenen bevorzugten Seuten, beren 3eugntj3
met)r vor ©cricht gilt, ald bte SütSfage von je jetyn gewöhnlichen (Sin*
wol)ncrn, beutet baS ©efe£ verftetft auf eine föntgltche 6d)u$wache, ober
um eS furj ju fagen, auf einen bänifd)en unb norwegifeben 3wetg ber
Stytnglttl; l)tn. Dodf nicht bloS ber britte, fonbem aua) ber vierte Slrttfel
gcl;t biefelbe Stymglttr) an. Er forgt für i(;ren Unterhalt.
©letcr; ben Englättbern muffen nunmehr bte kälten — unb ebenfo
etwas fpäter bte SomSburger Senktt unb bte ©amlänber — eine Kriegs*
fteuer bejahten, benn $u Befolbung einer £anbeSfd)u|3Wad)e bebarf bte trotte
WktUl Dabei nimmt jeboct) ber ^öntg auf bte verfd)tebenen SSert^ättniffe
ber feinem ©cepter unterworfeneu SSölfer gebührenbe ^üdftd)t. Britannien
beftfct etne alte Kultur unb viel baareS ©elb; alfo txäU bort $anut baS
Danegelb in $funben, Schillingen unb Pfenningen ein. SlnbcrS Däne*
marf: bie grope 5fter)r$ar)l borttger Bauern tft gelbarm, befr)alb forbert
hier ber Köllig bte ©teuer in ©eftalt von 9J?al$, Butter, glad)S unb
Ochfenfletfch.
Unb nun haben wir bte nötigen 2ltthaltSpunfte gewonnen, um mit
6td)err)ett feftjuftetlen, wann unb burd) wen bte von ©norro erwähnten
©efefce in Dänemark eingeführt worben ftnb. Da bte wtchttgfte Befttm*
mung berfelben barauf abhielt, bem Seeraub einen töbtlta)en Stoß $u ver*
fefcen, fo tft flar, baß bte Einführung erft naa) 1016 erfolgt fein fann.
Denn bis jutn genannten 3af)re traten Dänemark Beherrfcher in Englanb
als Sccfönige, ober wenn man bte Wahrheit ungefärbt fagen will, als
9täuberl)auptleute auf, unb bie Strettfräfte, mit Welchen fte Britannien
auSbcutcltcn, beftanben aus lauter Sßifingcrn. Erft nachbem Äamtt form*
lieh von ben 3lngelfaa)fen als ©ebteter anerfannt worben war, fa)rteb tl;m
fein Borthetl vor, bte Beute, b. t). EnglanbS trotte, für ftdt) allein $u be*
halten unb bte bisherigen ©enoffen an gortfej&ung beS $aubS §u hntbern,
alfo baS ^orfarentl;um nteber$ufchlagett. $önig von Englanb aber würbe
«ftanut 1016, folglich tft bte Einführung ber fraglta)en @efe£e um etwas
tyäter als feine Krönung.
3wettenS Snorro bezeugt,1) baß btefe @efe£e tn Norwegen wütheube
Unsufrtebenhett erregten: eS wirb in Dänemarf nicht attberS gewefen fein.
Bisher hatte EnglanbS Eroberung ben Dänen }d)WereS ©elb eingetragen,
iefct aber fam ihnen von borther ein fchltmmeS 3ocr). Der ^öntg von
*) Heimskringla II, 385.
76
$abjt ©vegonuö VII. unb (ein Bettalter.
3)änemarf, jeju'ger ©ebieter (£ttglanb6, forberte oon fernen bänifchen Untere
trauen faft im nämltdjen 9D?aße ©teuer«, vt>ie bte, welche btefyer oon ben
S3auernföl)iten 3ütlaub3 unb ber 3ttfeht, ben SBifingern ÄattutS, aus bem
angelfächftfchen Sßolfe herausgepreßt korben waren. SDfußte ba$ ntd)t böfeS
SBlut machen! Könige oerfünben @efc$e, wie bte, sott benen hier bte *Rebe
tft, erft bann, wenn fte be6 33eiftanb3 einer genügenben Sd)aar bewaffneter
2Berf§euge oerftchert ftnb, mit benen fte ©eljorfam $u erzwingen vermögen.
AuS btefem ©runbe fann bte Veröffentlichung berfelben tn 3)äne*
mar! erft nad) Aufrichtung ber cng(tfa)en ^hinglitt), alfo nach bem (Sommer
1018, oor fta) gegangen fein. Detter ein 93olf, baö bitycx frei war unb
feine ©feuern bejahte, wie baö bänifa)e, nimmt foWje ©efe|e nur bann
an, wenn c3 ftel)t, baß ber, welcher fte gibt, mit ber nötigen 9J(ad)t im
£anbe ftetyt, um jeben Sßtberfoenfttgen oemtdjten §u fönnen. 9*tun tft' laut
ben ange(fäd)ft)0}en S^roiufen1) Äöttig ^anut feit ber englifchen Krönung
1019 jum erftenmale unb §war mit £eere3mad)t— in 3)änemarf erfc^tenen —
war alfo bamafö tm galle, ben Ü)änen fagen §u fönnen, jagtet unb leiftet,
wa$ ta) verlange, ober ^ingmanna tn>r! 2)emnaa) ergibt fta) mit r)öa)fter
iBaf)rfc^etnlid)fett, baß bie sott 6norro erwähnten ©efc£e 1019 tn 2)äne*
marf eingeführt worben ftnb.
3ug(eta) fällt je£t tyUc$ £td)t auf ben wenbtfchen unb famlcmbtfcben
^rteg, ber laut benfelben Sl)rontfen unmittelbar nad) ber bemifchen £eer*
fa^rt auSbrad;. 2)te 2)änen fügten fta) in ©ebulb bem Stilen ^anutö
— beim nirgenbö tft tton kämpfen §wtfd)en tlmen unb bem Röntge bte
9iebe — aber «Jeff fo bte 3omöburger, unb le£tere0 ift in ber Xfyat }el)r
begreiflich. <5ett (Sntftchung beö ^aubftaatö war ba$ 2Btfinger'<8d;iff Ader
unb $flug ber 3om6burger. 3^t follten fte :plö£ltd) auf Befehl be$ §erm,
ben tl)re gäufte groß gemacht Ratten , bem gewohnten ©ewerbe entfagen,
unb nod) ba§u ©teuem entrichten! ©ti griffen jum @ewef)r, unterlagen
jeboch im Kampfe. 3)te golge beS 6teg$ muß gewefen fein, erftlta) baß
auch bort bte neuen ©efeje ©eltung erhielten, zweitens baß auch bort
eine Abzweigung ber £hmÖutfy errietet warb, unb baß btefelbe als 23c*
fa^ung in bie 3om6burg etttrüefte. Leiter sog bte Unterwerfung ber 3omS*
burger ein Unternehmen gegen ©amlattb naa) ftch- 2)enn wenn Mahnt
bte alte bänifche Volonte nicht befejjte, ftanb ju befürchten, baß bte hart*
näcftgften ber 3om^28tftnger ftcf> borten flüchten unb eine neue ^aub*
bürg an ben Ufern beS $regel grünben. S)a C^ücf ftdr)t auf ba$ 2Bol)l
(SnglanbS u)m bte Pflicht auferlegte, um jeben $reie bte Piraterie aufr
Surottten, burfte er ben 3om3burgent, al6 ben gefährltcbfteu fetner Unter*
thanen, feinen 6d)luüfwtnfel übrig (äffen. 3d) bin überzeugt, baß Äanut
l) <Sie^c oUn <&. 51.
93terteö 23udj. @<ty. 5. £)te engl, ©efe^e in £)änemavf unb Sftortoegen. ßaifettfjum. 77
auct) im ©amlanb eine $htn$UIh einlagerte. ©Heber biefer itö'rperfchaft
ringelten ftcf> , obroohl burch roette 3votfd)enräume unterbrochen, einige v)mu
bert (Seemeilen ttou ben öftltd)en Vorgebirgen Englanb6 bis fn'nanf nacr)
ber Kernel.
9cur tterbeeft erroähnt ©norro ben bänifeben unb norroegifdjen 3^eig
ber ^ing(itf), ber jugleicb mit obigen ©efefien in beiben Säubern eingeführt
roarb. 2)emt er betrachtet bie 3)tnge au3 bem norvoegifd)en ©eftcht&punft,
hebt bemgemäß bloö bie ©eitert ^eroor, roelche bie Unjufriebenheit feiner
©tammgenoffen erregten, ftefyt ab »ort Wem, roaö an «ftanutS ©d)öpfung
berounbernSroürbig voar. (Sein ©ttftfcbrocigen voirb jeboef) buret) anbere
Duellen ergänzt. 2)er tttelfad) angeführte alte bäntfd)e £ert melbett1)
„ba3 2Öiir)erlag unb bie Drbnung ber ^hinglitt) bauerte ungefcfcmälert fott
unter acht Königen, nämlid) unter «ftanut I. (bem Gilten), unter §arbi^
fruit, unter 9J?agnu3 bem ©uten, unter ©roen III. Eftribfon, unter
£aralb §em unb beffen trübem, $mtt III. bem ^eiligen, £)Iaf junger
unb Ericf) Ejegob." 2)er 3e^raum/ ^tx t)ter erroäl)nt roirb, erftreeft ftch
öon 1016 biö 1103. Von ben genannten Königen t^crrfct)tc nur ber erfte,
«ftanut, über bie 9^etcf)e Englanb, 3)änemarf, 9iorroegen jufammen, nur ber
jroettc über Englanb unb Ü)änemarf, nur ber britte über Norwegen unb
2)änemarf, bie fünf übrigen geboten blo£ in 3)änemarf.
golgltd) ift bie £f)inglitf) unb ba3 5Öttr)erlag nicht etroa bloS in Eng*
lanb, fonbem ebenfo in 3)änemarf unb 9?orroegen eingeführt voorben, unb
r)at in beiben Unteren Säubern einen met)r als 70jäf)rigen ungetrübten 33e*
ftanb gewonnen. Wlit ber Stymglitl) unb bem 2Bttherlag hingen aber bie
übrigen ©efef^e unjertrennlid) §ufammen: roo jene galten, mußten auch btefe
in $raft bleiben. 9Jtan fann überbief bafür, baß nach Vertreibung ©rocnS II.
auö 9forroegen bie tton ihm getroffenen Einrichtungen, alfo ^h^n9^^/ 2öttt)er^
lag fammt ben gman§gefe|en nicht aufgehoben roorben ftnb, einen unmittel;
baren 23evoei6 führen, ben icf> früher2) ttcrfprach unb f>ter nachliefere, ©norro
©turlefon berichtet,3) baß erft Äönig ©igurb, ber 3crufalemfat)rer, mit
feinen 33rübern Einftein (Slugufttn) unb £)laf, bie »on ©roen IL, bem
©ohn ber Sllfgioe, erlaffenen 9J?ifgeferie (alögur), roeld)e Urfad)e fo bitterer
klagen ber Norweger roaren, um 1112 abgefdjafft habe.
$)er fünfte Slrtifel jener @efe|e üerprlidjtcte bie SBaiterfctyaft neben ber
Saft, (Steuern 311 Zahlung ber ^J)tnglttr) aufzubringen, auch nod) ju per*
fönlichem ÄriegSbienft ju Gaffer unb §u Sanb. Wian fönnte ftet) verflicht
fühlen, hierauf einen Einrourf gegen Errichtung »on £r)mg,Ittt)ert in 3)äne*
marf unb Norwegen §u begrünben, fofern eS unglaublich fcheine, baß ßönig
*) Sangefcecf III, 162 unten.
252 unten.
!) 93anb II, 649.
3) Heimskringla III,
78
tyabft ©regoriuS VII. unb fein 3ettalter.
$anut fernere Seifhmg bc3 attgermantfdben allgemeinen $eerbann6 geforbert
unb bodt) juglctdt) ein befonbereö @olbl)eer in £)ienfte genommen t)abe.
3»etfler mögen fagen, bie gortbauer ber erften 5lnftalt fcfjftege bie SDtög*
ticf>f ett ber jroeiten aus. 5ltfein baö »aren nichtige ßwetfel. 3fa<fj in @ng*
lanb mußten btefelben Untertanen, tt>etdt)e febroere Danegelber entrichteten,
je£t rote früher, bem ^Banner be3 Königs folgen. 2ln bem gelfyuge »tber
bte 3om6burger nafym ein angelfächfifcbeg ^eer unter ©obttmt neben ber
S^fafllfty Xtyit, benn bie (Shrontften bezeugen1) ja, baf fettbem $anut
aucr) engltfche £apferfett jn fehlen begann.
©benfo melbet2) glorenturö üon 2Borceftcr, baß $anut3 Sof)n $ar*
btfnut im 3a|re 1041 außer feinen «guSfarlen faft alle ©rafen ©nglanbö
mit einem mächtigen §eere abfdbtcfte , ben Slufftanb ber (Stnroofmer üon
Sorcefter nteber§ufchlagen. (Sntfcfjetbcnb ift baS $er)nte unter ben roelt*
lieben ©efejjen3) JtanutS: „bie bret ,£)aUptyfltchten: 23eroact)ung ber 23ur*
gen, 2lu3befferung ber 33rücfen unb Heerfahrt muffen mit größter $ünft*
Ud)Uit erfüllt »erben." 5luf gleichem guße, »te bie 2lngelfachfen, be*
r)anbelte ^anut 2)änen unb Norweger: ber alte Heerbann mußte geletftet
unb boer) zugleich bie neue (Steuer für bie Sljmgltu) aufgebraßt »erben.
2)urch ledere %$at hat «ftamtt mct)t bloS ber $rone (Snglanb, fonbern
auch feinen Nachfolgern auf ben Ztyown von £>änemarf unb Norwegen
pel ^errfchmittel erften NangS, einen <5taai$\fya% unb ein 6olbr)eer, über*
liefert. 3nbem aber beibe 5lnftalten in Dänemarf SOSurjel trieben, rücften
fte bt$ fyaxt an bte beutfße 9?eict)3grän§e t>or. 3ft e3 ein 2ßunber, frage
ta) noch einmal, baß ber Salier «^einrieb IV. Willem aufbot, baS, roa$ in
(Snglanb, £)änemarf, Norwegen burchgefeijt werben, auf beutfcr)en SBoben
ju »er^flanjen ! Ü)te Regierung be£ SalterS empfängt au$ ber ©efchtchte
beS Horbens Sicht.
28te fct)cn bemerft roorben, gef)t au$ ben weltlichen ©efe|en Äanutö
berttor, baß er bie ^tgenthümKchfeit ber tterfchiebenen SBölfer, Weiße feinem
©cepter gehorchten, forgfam fd)onte. ©letßwohl fchroebte ihm ber ©ebanfe
t>or, bie 23cftanbtl)eile beS großen ©cbtetS, ba3 er beherrfchte, enge unter
ftcr) $u üerfmtyfeu unb ein gefchloffeneS ©anje auö benfelbeu ju bilben.
(SttteS ber Littel, baS er p (Streichung btefeS 3>md$ in Bewegung fe£te,
war baS mtlttärtfehe 33anb ber ^htngltth/ beren ©lieber neuartig ftch über
alle 23eft£ungen beö Königs erftreeftett. (Sin §wetteS 53anb ber (Stnhett
»ob er auö ftrct)Iichem Stoffe, jlanut roolltc ben (§r§ftuhl fcon ßanterburt)
jum getftlichen SJctttelpunfte beö ©efammtretcbö maßen, 2)änemarf, Nor^
roegen, bte balttfchen Kolonien mit ^ifßöfen befe^en, bte in (£anterburty
4) D6en @. 51. 2) Flores temporum <&. 624. 3) Ancient laws <S. 163;
»ergl. ibid. 537.
*Bievte3 93ucf). (Scty. 5. £5ie engl, ©efefce in £>änemarf unb üftorlvegen. Äaifert^um. 79
ihre 2Öeir)e empfangen, btefer Metropole jnm ©er)orfam Verpflichtet fein
follten. 5ltletn bei ber 9Ju6füf)runcj ftteß er l)art mit ben roiberftrebenben
33orrecf)ten beS Hamburger (£rjftift6 jufammen, nnb mußte $ulefct, rote cd
febetnt, feinen $lan aufgeben.
Slbam von ^Bremen erjagt:1) „^öntg $anut febtefte viele 93ifdjofe
au$ (inglanb nacb 3)änemarf; auf bfefe Seife beftclltc er 33ernr)arb jum
93tfchof in (Ecboncn (mit bem <Si£e ?uub2)/ ©erbranb jum 25tfd)of in 6ee*
lanb (mit bem @t£e 9?oe3ftlb), föcgtnbert §um 33tfcf?ofe von ginnen. 9?td)t
gfeidjgilttg nahm (Sofdjeö ber Hamburger Metropolit Unroan fyn. JDtc
(Sage geb/t, baß Unroan obgenannten ©erbranb, als berfelbe eben, naa>
bem er burdj ben (Srjbtfcbof von ßanterburty , Sltlnoth, bte 2öetl)e empfangen
hatte, au6 ßnglanb in feinen 23tfcf;of6ft£ SfoeSftlb §urücffel)rte, unterroegS
verhaften lieg. £)a$ Mittet rotrftc. 9?othgebrungen letftete ©erbranb @e*
nugtlmung, fc^rour bem Hamburger €tu^e fanomfcr>en ©ehorfam unb warb
nun von Unroan §u (Knaben angenommen. 3a, ber Metropolit bebtente
fxdj feitbem ber Vermittlung ©erbranbS, um mit $bmg Staubt Unterhaun
hingen anjufnüpfen, if)tn ©efebenfe %a überfenben, feine ©lüdroünfcbe über
ben ©ang ber 3)mge in (Sttglanb abjuftatten, aber aueb um gegen bte An-
maßungen ber au$ (Snglanb nad) 3)änemarf gefenbeten 23tfchöfe SBefc^roerbe
$u führen. 3» ber £l)at brachte ©erbranb eine AuSfö'hnung äWtfchen bem
Könige unb Unroan $u Stanbe: hulbvoll nahm $anut bte SBorfteltun^
gen beS Hamburger Metropoliten auf unb tfyat nichts mer)r gegen beffen
Stilen."
Ü)er von 5lbam erwähnte Sltlnotl) l;at im 3al)re 1020 nact) bem Sobe
2tvtttg$ ben ©rjftu^I von ßanterburr; befttegen. Ü)te fircbltchen $lane ^anutö
begannen alfo feit btefer $nt ftd) ju entlief ein. $lud) wirb in einer eng*
lifeben Urfunbe4) von 1022 ©erbranb als SSifa^of von ^oeSfilb aufgeführt.
53efnttfam unb jurücft)altenb brüeft ftcb ber Wremer (St)roiuft über bie 93er*
hanblungen jwtfchen ^anut unb Unroan aus. 2)er grtebe rotrb febroerttet)
o^ne 3utr)un beö beutfeben «§ofe6 vermittelt roorben fein. 3m Uebrigen
fter)t man, baß bte Slbftcht ^anutö, £>änemarB ^trdt)e unter bte Dberauf*
ftebt ber Metropole ßanterbun; $u [teilen unb vom fird)licben Verbanb mit
Hamburg abliefen, leicht §u einem 23rucb §wtfd)cn ben fronen ßnglanb
unb 2)eutfchlant> führen fonnte. 9?ocb anbere, gewaltigere Anläffe §ur
jroetung lagen vor. 2) och um ledere tn'ö gehörige Sicht §u [teilen, ift
nöthtg, baß ich auf bie ältere ©efehiebte germanifcher Stämme jurücf greife.
Schon ju ben 3eton be$ faiferlid)en 9tom6 famen über Segittmität
ber ^errfcherhäufer begriffe in Umlauf, welche ben heutigen ähneln. 211$
l) Gesta hammaburg. II, 53. $et£ VII, 325, 2) Ibid. 370 unb 371 mit ben
Rotten. 3) Florentius ad a. 1020 a. a £). @. 619. a) iapptnUvQ 1, 471.
80 $af>fl ©vegovtuö VII. unb fein 3ettalter.
ältefter legitimer Äaifer ber römtfd)en SQöelt würbe 93e$paftanuö betrautet.
!l)och gefchah bteß in vollem SDiaße erft als baS (Sr)riftentr)um (Einfluß auf
bie ©eifter $u üben begann, obwohl fdjon im feiten 3ar)rf)unbert nach
(Sr)rifht$, $u einer 3e"/ *>a Me r)etbntfcf)e Religion tl)re ^errfdiaft über bie
unettblidje 9Jter;rr)eit ber Bewohner be6 Neidas behauptete, verwanbte 3been
fiel 23ar)n brachen. SBefanntlidj ftarb mit 33e3paftan3 fettem Nachfolger,
Domitian, bie von erftercm gegründete £>i;naftie au3. Nad) ber furjen
3wifchenregierung Nerva'3 gelangte ba3 jlatferthum an Srajan, bann an
§abrianu3. Setjterer ftammte au3 bem plebcjifchen ©cfcblechte ber Gelier,
bem er, ohne c$ §u Riffen, eine 5lrt von mtyftifchem ©lange vertier). 43 60
wenig al£ SrajauuS, hinterließ nämlid) ^abrtan einen natürlichen (Srben,
beftimmte aber §u feinem Nad) folger ben von Savinium gebürtigen $itu$
5lntoninu3, ben er an ÄmbeSftatt angenommen hatte. 3)tefelbe 2£etfe ber
llebertragung be6 $$roft0 burd) 2Iboptton wieberl)olte ftet) feitbem mehrfach,
bie meiften ber nächftfolgenben $atfer aber nahmen $u (S'hren ^abrtanö ben
Beinamen SleliuS an. 5)iefe$ 2Öort war 511 einem (Sütnbtlbe ober tyifyn
rechtmäßiger ,§errf Obergewalt geroorben. 0
©0 blieb e3 bte herab auf ßonjtantiuS (St)(oruö unb beffen ©ofm (£on*
ftantin ben ©roßen, mit benen eine Slenberung eintrat. Um bie 2Belt
glauben §u machen, baß fte ein legitimes Nea)t auf baö ^aiferthum befä*
ßen, welches fte mit Waffengewalt an ftet) gebracht fyatten, gaben fte vor,
aus bem §aufe ©eSpaftauS abstammen, ber ein gtavter geroefen roar,
unb legten ftd) als fcheinbaren beweis ihrer 33erroanbtfct)aft festeren tarnen
bei.1) 2Bte oben angebeutet roorben, roirften chriftliche $orftelumgen auf
biefe Maßregel ein. SBeSpaftan, ber 3erftorer SctufalemS, galt ben ©(du*
bigen für einen gottgeliebten gelben, welchen 3efuS ßhriftuS felbft ba§u
auSerforen habe, ben ghta) beS Rimmels an bem verworfenen 93olf ber
3uben ju vollftreden. 3)te ^bftammung von einem folgen ^errfcher fetten
baher vorjugSweife geeignet, baS ©efcblecht beS ßonftantiuS (Sf)loruS in ben
5(ugen ber -DNenfchen über alle anbern gamilien ber römtfehen Seit ju
erhöben.
2)er fünfte Nachfolger (SonftantinS I., ^eoboftuö ber ©roße, wela)er
als ber lc|te rö'mifche ^aifer baS gan^e römtfd)e Neid) vereinigt t)at, roar
abermat gleich $eSpaftan, £abrtau unb (SonftantiuS (£f)loruS ein Neuling,
auch er griff nach einem ähnlichen Littel, wie legerer. 2) och leitete er
fein ©efchlecbt unb ein Erbrecht auf ben Stroit niebt von SBeSpaftauuS,
fonbem von ,£>abrtanuS ab unb nahm, bte ©ewohnheit jener «ftaifer beS
jroeiten unb brttten Sahrhunbertö erneuernb, ben Namen Melius an.1) 2)te
*) 2)ic S3eWetfe in ber Stbfyanblung öun C. P. B.ock, les dernieres solennites des
jeux capitolins ä Rome. Bruxelles 1849. @. 18 flg.
33ierteö23udj. (5ap.5. £>te engl. ©efe$ger)ung tn^Dänemarf u. 92orroegen. Äatfevttjum. 81
wetbltd)en 9Dfttglteber ber gamtlte beS $r)eoboftuS ahmten bem SSater nad),
aber mdjt fo bte (Säfaren ber folgenden Sabrfmnberte. ©ämmtltd)e 93e*
l)errfct)er beS bt;janttntfd)en Orients famen vielmehr auf baS 23eifptel, baS
ßonftanttn gegeben, $axM, unb führten — wie foll icf) fageu — ben Beinamen
ober ben £itel „glatter". 3Me ehemalige 23e§eid)nung einer aUrömtfa^en
gens t)atte ftd) in ben begriff ber ^Berechtigung §ur Thronfolge oerwanbelt.
93alb fähigen einzelne Röntge ber germamfa)en deiche, bte auf bem
23oben ber Oiömerwelt entftanben waren, äf)nlicr)c 33af)uen ein. ^atfer
3ufttntan, ber oon 527—565 ben Stroit §u 33^anj einnahm, l)at be*
fanntltch wctl)renb einer 38jä()rtgen Regierung unabläffig an bem $lane
gearbeitet,1) ber germantfchen ^errfdjaft ein (§nbe §u machen unb fämmt*
ltdie ehemalige ^3rot>tn§cn ber ßäfaren unter feinem ©cepter lieber $u »er*
einigen. Alle möglichen Littel würben ju 33ertt)irHia)ung biefeS 3tt>edeS
aufgewendet, SBaffen, @cr)ä|e, *MtgionShaß: — mit Ausnahme ber granfett,
fingen bie germanifd)en QSölfcrfchaften, welct)e auf römtfd)em @runbe ftct)
feit bem (Snbe beS 4. SahrfmnbertS niebergelaffen Ratten, bem ^etbetttfmm
ober bem artantfchen 6a)i6ma an, unb mit furchtbarer ©ewanbthett benü^te
Suftinian baS artanifd)e SBefemitntß ber gotfjtfdbcn unb sanbaltfchett Könige,
um fte mit ihren Untertanen romanifa^er Abfunft unb fattjoHfc^en ©laubenS
unheilbar §u entzweien unb b.aburd) in'S 3Serberben §u ftür§en. 9Ricr)t viel
fehlte, baß er fein 3iel erreicht J>ätte. 2)te Dftgottjen StaltenS, bie QSanbalett
Afrtfa'S untertagen, bie 2Beftgott)en ©pantettS gerieten in fct)wereS ©ebränge.
(Ein Jtöntg beS (erstgenannten $olfS, Ofeffareb, weldjer 586 nad) bem £obe
feinet SBaterS Seooigtlb bie Alletnherrfchaft über ©panten geerbt l)atte, be*
t)er§igte bie oon Suftinian ben beutfd)en Ariane™ gegebene 2et)re: er trat
mit feinem $olfe §um fatr)oltfct)en 3)ogma über. 3u gleicher 3eit tt)at D^effareb
noct) etwas AnbercS, Wa6 einen verborgenen ©tnu r)atte: er nat)m ben Stiel
glaotuS an,2) unb feine Nachfolger at)mten biefem SBetfytcle nact). 3)
33alb barauf gefcbal) ähnliches in Stalten. Nach Ausrottung ber £>ft*
gotfjen waren bte Sangobaroen über bie Alfcett eingebrochen unb l)atten bie
nörblid)en ©ebtete ber «Jpalbtnfel befejt. ©eitbem lagen fte in beftänbigem
Streite mit ben b^antintfc^en Äaifern beS £)ftcitS, bte als (Srben SufttmanS
bie ^errfchaft über Stalten anfpraa)en, unb bie etngebrungenen Sangobarben
mit Waffengewalt ober mit fünften ber Stft §u oerbrängen fugten, bitten
in btefen kämpfen legte ftet) ber langobarbifa)e Zottig 3lutl)ariS ben Sttel
„glattiuS" bei, unb mehrere fetner 9laa)folger traten Daffelbe.3)
2BaS be§roecften nun bie gürften Kattiens unb £angobarbtenS mit ber
eben erwähnten Maßregel? ©te war eine öffentliche ©rflärung, bte fo »tel
l)ieß al6: 3Btr Könige von ©otteS ©ttaben weifen bie Anmaßungen ber
*) ©froren ^irc^. ©efc^. IIr 932 flg. 953. 982. 2) ü)af. @. 988. 3) Du Cange
Glossarium, neuefic 5iuögabe 33b. III, 320 (sub voceFlavius) u. 23b. VII. Stnfjang @. 167 f(g.
©fror er, $abft ©regoriu? vn. >8b. m. 6
82
*pabfi ©vegoriuö VII. unb (ein Zeitalter.
br;$anttntfchett $errfcr)er jurücf. 2ötr ftnb fo viel als fte, ihnen an SÖürbe
unb ©ervalt votlfommen ß(ctcf). 2)em erftcn 2lfte germanifcher Berwabrung
gegen 2tnfprüd)e auf 3Be(tt>errfd)aft , bte auS altrömtfd)cn Atteln unb tarnen
abgeleitet würben, folgte ein Reiter, ber aber nicht mel)r ben Smbcratoren
be8£)ften$, fonbcnt einem abenblctnbifdjen unb beutfchen ©cwalthaber galt.
2fn Bttyrntfim beS 3al)r3 800 war ber graufe (Sari bura) $abft
£eo III. §um jtaifer gefrönt Horben. SQScber bte granfen felbft, noct)
anbere germam'fdje Golfer, bte bem fränftfdjen 9^ctct)e nicht gehorchten,
täufd)tett ftcf) barüber, baß *ßtVVtnö 6ohn entfdjloffen fei, als angeblicher
9?aa}folger beS erftcn römtfct)cn ÄatferS (S. 3. (Süfar, auf bie ^l)at beS
*J3abfteS 5lnfprüa)e an bte 2öeltf)crrfd)aft §u grünben. Slüein foldjer ©dbretfen
r/errfcfjte vor ßarlS überlegener 9Nad)t, baß fein anbetet gürft, obgleid)
faft alle fta) burct} bie neue Jerone bebrol)t wußten, es wagte, bem granfen
offen in ben 2Beg §u treten. (Srft mefyr als ein 3al)rt)unbert fbäter, $u
einer 3eit, ba Weber in granfretd) nod) in £>eutfd)lanb ein gürft ben
$atfertitel führte, ftößt man auf ^anblungen, welche bie 2lbfta)t verraten,
gewiffe Ncd)te, bie auS ber Äatferfrönung von 800 abgeleitet werben
mochten, §u beftreiten. 2)tcfe ^anblungen gingen von angelfächfifchcn Königen
auS, waren aber verbecfter Natur. Wian muß wiffen, baß bie £errfcher
von Bi^an^1) für fta) auöfd)ltcßlich ben 3,itd BamXaig führten, ben
Königen ber übrigen $ßclt bagegen mir ben attS ber (atetnifcr)en ©Vraa)e ent*
lehnten Namen Qfjyeg. gaben. £>aS SBort BaftlcuS befagte im b^anttntjchcn
jtan§leifü;t fovtel als ber alte römtfa)e 2luSbrud ßäfar ober Smverator.
*piö£lia) legten *) ftd) nun in ber vorberen ^älfte bcS 10. 3af)rr)unbert$
angelfäa)ft}d)e Könige ben b^antinifd)cn Stiel Baailelq bei. £)cr erfte,
ber bteS t^at, war, fovtel mir befannt, 5letl)elftan, SlelfrebS §weiter Naa>
folger , ber von 924—941 Britannien bel)crrfc^te. (Sbenfo gelten eS §wet
ber nächften Röntge, (Sabreb unb (Sabwi. 3nbeß fommt unter ben prächtigen
Namen, bie ftd) beibe letztere gaben, bereits ber 2luSbrud imperator
neben BaftleuS jum 93orfa)etn. *) $lar tft, baß bteß Verfahren ungefähr
benfelben ©Inn hatte, wie bie einige 3af)rl;unberte früher von langobar-
btfa)en unb weftgotfytfdjen gürften beliebte Maßregel, nur war bte Ntcbtung
eine anbere. Britanniens Röntge erflärten babura): wir ftnb fo viel als
bte Beherrfcbcr beS £)ftcnS, folgltd) ben abenblänbifa)cn Äatfern aus (SarlS
©efa)lecht §um 9Ntnbeften an Söürbe gleich. Sie fa)on bemerft worben, läßt
ftd) fein trgenb brtngenber ©runb nad)Weifen, weßfyalb (guglanbS Zottige auf
ben ©ebanfen verfielen, ftd) felber fola)cn 2Bcil)raitd) §u ftreuen. $erfönlid)c
(Sttelfett, ©rillen trgenb welcher 5lrt, fcb einen baä 9Neifte babet getrau §u
haben. 5lber eine ernfte Senbung nahm bie 6aa)e ein 3ahr§et)nt fväter.
4) Belege gefammelt bei !ßalgrave english Commonwealth II, 342 flg.
ffiievteg 93ucf). Gap. 5. JDtc engl, ©cfe^gefrung in&nnemavf u. ^eriuegen. Äaifertfjum. 83
5lm Stditmcgtage 962 Jjatte Otto I. sott 3)eutfd)lanb baö abenblün*
btfcbc jlaifertfyum erneuert, tnbem er ben beimaßen $abft Sodann XII.
smang, tf)m bte trotte ßartS beö @roßen aufzufegen. !) 2We SGöelt Wußte,
baß c$ bem (Sacbfen uicrjt an gutem Etilen nod) an 9J?adt)t fefyte, um bte
$ecfite, welche er bura) bte Krönung errungen §u fyaben glaubte, rücfftdjtS*
loö auszubeuten, Srofibcm liefen bte übrigen Röntge ber (Sfyrtftenfyeit rufytg
gefangen, wa£ fte rndjt änbern fonnten. Tim ein einiger, ber 2lngelfad)fe
@bgar, in beffeit Tanten (Srjbtfdjof ünmftan regierte, febwieg ntdjt. 9cjcb;t bloß
fut)r er fort, unb §roar in weit mfd)Wenberifd)erem STcaße als feine Vorgänger,
bte Stiel Äaifer unb 93aftlcu3 in feinen Urfuuben an^uroenben, fonbern feine
*Ratf)geber, bL> SBenebtftmer, fd)rttten §u einer offenfunbtgen£r)at. 2ln *pftngftcn
973 — bem SobeSjabjre Dtto'S L — geleiteten fte tfyn nact) 9Batl) — bem
engltfcbett ©egenbtlbe ber beutfdjen jfatferftabt £iad)en — unb frönten tfm
bafelbft niebt junt Könige, waö (Sbgar längft war, fonbern jum $aifer.2)
konnte man ber 9Q3cIt beutlidjer üerfünben, baß baS angelfäd)ftfd)e
«ipauS entfd)loffcn fei, ben beutfajen Dttonen um feinen gingerbreit )u
wetdjen? 2lud) (SogarS angelfäcf/ftfcf)e unb bäntfebe 9?ad)folger führten bte
näniltcbeu £ttel fort. (§tr)e(re&, ber Unberatl)ene, nannte 3) . ftcf; in Ur*
funben: „burd) be6 2Ulmäd)ttgen 2Btnf SBaftleuS tton ganz 2llbton," ober
„burd) bie @nabe be$ f)öd)ften Donnerers 9Q?onard^ ber Drfaben unb aller
umltegenben Snfeln, and) 3nbuperator ber 2lngelfad)fen." Sie flägltd)
ftacben gegen btefeS l)od)tönenbe Sortgeflmgel bie Unmacfyt (StfyelrebS unb
bte ü)emütbtgungen ab, weld)e üjm ©wenS unb ^anutö Stfinger zufügten 1
9ftcf)t bloß ber §errfcbertttel, fonbern noeb vieles Rubere roar in (Snglanb
b^antinifa) geworben. 3)er angetfäcbftfdfye $an§letftr;t befaß einen eigenen
5lu3brucf für „Prinzen tton @eblüt". Wlan bezeichnete bie 6ör)tte unb
2krroanbten beS ^öntgö mit bem — ofme 3wetfel auö bem grtecf;tfcr;cn
nXeirog abgeleiteten Sorte clito ober clitones, bie unmünbtgen unter ben*
felben gießen clituneuli.*) 23et ber unzweifelhaften Vorliebe für btyjcmttmfdje
gormen follte- man erwarten, aueb bte lüften btyjanttntfcrjen 6taat3ämter in
(Snglanb nacbgealjmt §u fefjen. 3) od) ift bem niajtfo: t>telmet)r biente ber
fränftfdje £of zum 33orbtlb beS angelfäd)ftfd)en. 2)ie Sürben ber comites
stabuli, majores domus,5) seniscalei, buticularii, eubicularii, pincernae,
dapiferi, consiliarii wieberr)olen ftd),6) boeb meift mit angelfäd}ftfd)en tarnen
roie «Ställere, 33urtl)egn, 3)iö^^l)egn, §rägek£l)egn, ^fjegn at ^Räbe.
l) ©frorer, Stixü). @ef^. III, 1244. s 2) JDaf. @. 1619 flg. 3) q3algraüe
a. a. D. @. 343 : ego gratia Summi Tonantis angligenura Orcadarum nec non in gyro
jacentium monarcha Aethelredus, Anglorum induperator. 5)amtt ber le^tere %itd rccr)t
Voetifc!^ Hinge, muß bie Sßerbrefyung ^er^oltcn, bte ftdj ber Stüter ©nntuö an bem SQBerte
imperator erlaubt ^at. 4) SWan öergletc^e Du Cange sub voeibus clito et clitunculus.
5) Flores temp. @. 623. 6) ^3algrai?e II, 346.
6*
84 $<i&jt ©vegoviuö VH unb fein Settalter.
IBejügltd) ber föntgltcben Sttel trat ^amit in bte gußftapfen feiner
angelfüd)ftfcr;en Vorgänger. (Sine fetner Urhtnben ttom 3af)re 1018 be*
ginnt *) mit ber gormel: ,,td) ^aifer jtanut, Y>on (Sr)riftu8 bem jtöntg ber
Könige §ur £errfd)aft über (Snglanb berufen; id) Äanut, ©ebteter ber eng*
lifcben Seit." 9^odt) mefyr, roäfyrenb bte faiferlidjc ^errltcfjf'ett ber älteren
Könige (£nglanb$ nnr tton ben <5d)rctbcrn ber ifanjlci gefeiert roarb, fyrecf)en
§cttgenöfftfcbe ©dmftfteller tton bem j?atfertlntm itanutö. 2)er £obrebner
(Smma'ö fagt: 2) „bureb bie ^errfcfyaft über bic fünf ^entgretebe Ü>äuemarf,
ßnglanb, SBretenlanb (SÖalcö), ©cbottlanb, Sftorroegen, roelc^e Äanut errang,
ift er §um ^aifer geworben." 9hm fyrtngt in bie 5lugen, baß bie vt>trHtcf)e
9J?ad)t, über roeld)e Mannt verfügte, ben 2lhft>rücf)en, bie jenen %Mti §u ©runbe
lagen, ein ©erotd)t ücr(ier), ba$ ben (Stnbtlbuitgen feiner Vorgänger mangelte.
gaft unttermetbltcr) febetnt e$, baß bei folebem ©taube ber £>mge
jrotfeben ben 93er)errfcfoern 3)eutfd)lanb$, bie sott ber übrigen Seit aner*
fanntc 9?ecf/te auf ba6 ^atfertlntm befaßeu, unb bem Ü)änen, ber eigene
mäcbtig fiel) benfelben Sitel beilegte, ein ernftlid)e$ 3ertt>ürfniß ausbrechen
mußte. ©leid)roor;l fam e$ niebt ju gctubfeligfetten, fonbern ju einer SBer*
ftänbigung, über beren (Sinjelfyetten jeboct) feine genügenben 9?acbria^ten fcor*
banben ftnb. 2113 nacb bem £obe ^einriebö IT. ber «Stifter beg falifeben
^aufeS, ßonrab IL, ben beutfd)en %l)xcn beftteg, erfyob 3) ftcb balb (Europa
votber trjtt. §ättc Äanut *ßartr)et für bie @egner be$ ©alters ergriffen,
fo roürbe ber £e£tere allem £(nfcbeinc nadb unterlegen fein. (Sonrab roar
offenbar felbft biefer 2lnftcf]t, benn er fud)te ben £)änen in @utem §u ge*
rotnnen: wäfyrenb er feine anberen getnbe mit ben Staffen in ber §anb be*
fftmipfte, febloß er mit Mannt einen Vertrag, bei roelcbem ber $ortf)eil auf
©eite beS 3)änen roar.
5lbam fcon Bremen er$äf)lt : 4) „fur§ naebbem ßonrab ben beutfeben
£r)ron befttegen batte, ging er unter Vermittlung beS Hamburger (§r§*
btfc^ofö Unroan ein 2Sünbntß mit bem Röntge von Ü)änemarl unb ©nglanb
ein, verlobte in golge beffelben feinen ©olm unb (Srben (Qtinxia) III.)
mit ber Softer beS 3)änen unb trat jugleicb au ledern ©cbleSrotg fammt
ber ganzen jenfettS ber @tber gelegenen 9J?arfe ab." Setter unter bringt5)
ber nämltcfye (Styronift mit bem SSerlöbntffe nod) bie $etfe in SSerbinbung,
roelcfye .^anut unb (£onrab II. §u (Snbe be$ JatyrcS 1026 gemeinfebaftlicb
nad) 9fom machten. Unüerlennbar ftnb 2lbam3 Sorte fo geftellt, baß man
niebt bloß bte Abtretung ©cble6rotg^ unb ben §etratl)plan, fonbern aua)
bte ^eife ale^ grüebte ber Verftäubigitng betrachten muß.
*) Ego, imperator Knut, a Christo, rege reguin, regiminis anglici in insula po-
titus, Knut gubernator anglici orbis. 2) Sangebetf II, 492. 3) ©fröver, ftixä).
®efc*j. IV, 225 flg. 4) Gesta hammab. n, 54. ^ev^ VII, 325. 5) II, 63.
ibid. <S. 329.
93tevieö 93udj. (SaV. 5. JDie engl, ©efefcgebung in£)änemarf u. 9^orh.>egen. Äaifevttjum. 85
greiwilltg geben ^errfcber, bie ftcf) felber achten, nie ein ©tücf i^reö
©ebteteS fyer: bte Abtretung muß bem beutfd)en Röntge burd) gurdjt ttor
«ftanutS 9J?act)t abgepreßt worben feilt. din ©egenbtenft für ba,S Dpfer war
meines (Srad)tcnS bte Verlobung ber £od)ter «ftanutS mit bem beutfd)en
Sfyronerben fammt ber SluSftattung, bte fefyr groß gewefen fein foll;1) ben
gleichen 6tmt ()atte aber autt) nod) bte römtfdje 9?eife beS £)änen. ^knu
litt) beutltd) gibt bieß 2lbam von Bremen $u »erftefyen, inbem er, bte pfeife
ermäfynenb, beifügt, bnrd) bte §errfd)aft über brei »eretntgte 9fctd)e, welche
jlannt befaß, fei er ein ©egenftanb beS ©d)recfenS für bie fremben Nationen
gewefen. 3d) benfe, ber bentfd)e ilöntg fyat ben bämfdjen mit gutem S3e^
bao)t eingelaben, mit tlnn $om §u befud)en. (SonrabS 2lbfid)t babet war,
bie 2öelt burd) bte £l)at 511 überzeugen, bap ber mäcbttgfte gürft beS
Horbens, welchen gran§ofen, (Elbeflaücn, *ßolen unb Ungarn, bte <£>au:ptgegner
(SonrabS, fürchteten, mit iimt enge üerbunben fei.
2lber ftd)erltd) mad)te Plannt ben weiten 2öeg nidjt bloß um beS
©altert willen, fonbern er verfolgte außerbem perfönltcbe 3werfe. cr
etwa unter Slnberem bewirken wollen, baß ntd}t nur (Sonrab II. unb baS
beutfd)e §errfd)erf)auS, fonbern aud) ber *ßabft ben engltfd)en ^atfertitel
anerfenne? Sir roiffen eS nid)t. Ueber biefen 9lft ber ®eftt)td)te Kaimts
liegt feine anbere Duelle sor,2) als ein offenes 6d)retben, baS er felbft,
auf ber ^eimfefyr aus 9?om begriffen, im Pommer 1027 an bie (Snglänber
erlief. 3n ber fragltd)en Urfunbe be$etd)net er als grüd)te feiner ttaltenifd)en
*Retfe folgenbe fünfte: 1) feien tfym vom $abfte, vom beutfd)en §errfd)er
(Sourab II. (ber wäfyrenb ber 51nwefenl)ett $anutS in 9?om bte ^aifer*
frönung empfing) unb Slnbern bte größten (M)ren erwtefen worben; 2) l)abe
auf fein Verlangen ^3abft 3ol)ann XIX. eine (Ermäßigung ber großen
sßalltengelber, welche bis bafytn engltfd)e (£r§btfd)öfe an bte apoftoltfdje
Cammer erlegen mußten, jugeftanben; 3) gälten fowof)! ber beutfdje ^atfer,
als ber $öntg von Sßurgunb bie etbltd)e 3ufid)erung erteilt, baß bie
fa)weren 3öüe, bte früher von englifd)en pilgern, wie and) von ^aufleuten,
welche nad) Stalten fyanbelten, erhoben würben, aufhören follten. S5efonbere
23ead)tung »erbient ber le£te ^unft. Man erfteljt barauS, baß bie (£ng*
länber fd)on in ber erften £älfte beS 11. Satyr futnbertS namhaften $erfel)r
nad) Sembern beS 9)?ittelmeereS , tuSbefonbere nad) Statten unb 23urgunb,
trieben unb baß $öntg $anut bura) ntd)tS fixerer bte Siebe feiner angele
}äd)ftfd)en Untertf)anen erringen §u fönnen glaubte, als wenn er traten
§anbelSt>ortl)etle t>erfd)affte.
J) Cnuto filiam suam imperatori romano (b. f). bem nachmaligen ^aifer <£>etnridj III.)
cum ineffabilibus divitiis maritavit. <So -^einnc^ von Huntington bei <5>awle @. 364.
2) ©fvötev, Äivc^. ®efc^. IV, 254 flg.
86
$abft ©regoriug VII. unb fein 3eitalter.
%ed)$U$ CapiteL
Serwürfniffe brechen im (gchooj^e ber Familie Kanute auö. ©eine ©ema^Iin (Emma, bie
'Sftormannin, toifl it)df)tenb ber römifchen Steife beö Honigs , gemaf bcm Herrath*
»ertrage, ir)tem @ohne «§arbifnut bie Sflac^folge im deiche mit Sluefchlufj ber jtinber
9Ufgiüen$ »erraffen, fte üerbtnbet ftcr) ju biefem Stoecfe mit ^»erjog Ulf unb mit
£>Iaf II. »on Norwegen. $anut, Ijieöon Benachrichtigt , eilt nach (Sngtanb jurücf,
bietet bie Styinglitl) auf, unb jtoingt Ulf, yon feinem Vorhaben abjufiehen. Jttieg
gegen £>taf II. tton Norwegen. Ulf wirb ermorbet. ^anut hattet bie ©ohne feiner
anbern ©emahlin, Sllfgive ber 9lngelfächftn , mit Sanb unb beuten auö. JDie pu^*
lic^e Berrüttung, §o!ge ber S)oN>eU)eiratt) , bewirft, baß jtanutä Stacht noch tor
feinem £obe ftnft. Jtanut fiirbt im November 1035.
3Me tömifd^e Steife btlbct pgtettt einen Senbepunlt ber ©efducfjte
Kanute*. Unglücflid)e $erroicHungen begannen feitbem unb §roar nict)t olnte
9Berfcc.utbung beö Königs, itetnut ijielt bie in bem früfjer erwähnten
ratfyoertrage !) ber 9?ormannm (Smma ^ugefianbene 23ebtngung . niebt, baß,
mit 2tu£fct;luß ber ©ölme aus erfter (Sr)e beS Königs, nur bie ©troffen
ber ^weiten 23erbtnbung §ur 9?acf)folge berechtigt fein follten. (Smma t)atte
ü)rem @emal)le außer einer $od;ter @utü)ilbe — berfelben, bie 1026 mit
bem beutfcr)en Sfyronfolger ^einrieb III. verlobt unb tr)m 1036 üermäf)lt
warb 2) — - einen ©ofyn ^arbifnut geboren, tiefem gebührte nact) bem
(Sfyeoertrag bie £l)ronfolge; aber ber 2kter wollte neben ifym aucr) bie
älteren ©tiefbrüber mit £anb unb geilten tterforgen. 2lbam tton Bremen
berietet: 3) „oon ben brei ©öfmen, reelle Äanut (au£ §wei oerf ergebenen
(Sfyen) befaß, wieö er jebem ein eigenes Ületct) §u. dx felbft befugte ju*
Weilen 3)änemarf, (fpäter) aucf> Norwegen, metft aber oerweilte er in ($ng*
lanb." 9Jt it. unterem ©a£e beutet ber (Sfjronift an, baß nod) $u ben £eb*
Seiten ÄanutS bie brei ©öfyne §u Untertomgen (ber eine in 2)änemarf, ber
zweite erft im Senbenlanbe, bann «in Norwegen, ber britte in Gmglanb)
emgefe|t worben ftnb. ©ben bteß fagt*) er weiter unten noeb unoerljolener:
„nact; bem £obe $anut3 erbten, ben oom $ater getroffenen SBeftimmungen
gemäß, ,§aratb ßnglanb, ©wen II. Norwegen, «garbtfnut £)änemarfVy
%Jl\t 5tbam oon ^Bremen fttmmt ber bäntfcfye @efdt)tdE?tfd>ret6er ©axo über*
ein, welcher metbet,5) baß Äanut unmittelbar nad) ber $ücffel)r tton ber
römifeben 9^eife feine brei ©öfyne §u Unterfönigen einfette unb sroar ben
einen, ^aralb, in (Snglanb, ben ^oeiten, ©wen, in Norwegen, ben britteu,
^arbifnut, in $)änemarf.
Unläugbar ift bal)er: Äanut Ijatte ben mit (Smma abgef ersoffenen @()e?
»ertrag gebrod;en. Der SBrucr) erzeugte nad) mel)r als einer ©ette fyn
l) (Siehe oben @. 47. 2) ©frörer, Ätrcl). ©efch- IV, 311. 3) Gesta ham-
maburg. II, 63. $tx$ VII, 329. 4) II, 72. @. 332. 5) ©. 177 SRitte.
93ievte8 Sucfj. Gap. 6. 3eümirfmffe im £oufe Äanutö. JDerfel&e jlivBt. 87
böfeö SBlut. 2Bte oben gezeigt roorben, fdjlug ber 9cormannen*$er§og
Robert um 1030 gegen jtamtt toö. 3Mefer Angriff fann faum auS einer
anbem Slbjtcbt unternommen roorben fem, alö Weit ber Normanne baS
jetner uädiften SSerroanbtcn (Smma unb bereu Sollte zugefügte Unrecbt
rächen wollte. 9? od) erbitterter als Robert roar begreiflicher SBeife (Smma
felbft. SBon ihrer $artl)et würben bamalS jene ®erüd)te ') auSgeftreut, baß
bie $tnber ber SUfgtoe 2ßed)felbälge, unterfd)obcne Sör)ne eines *PrtefterS
uitb cineö SebufterS, feien. 9?ad) bem gewöhnlichen Saufe menfcpdjcr
ü)tnge (äffen eS in foldjen gälten letbenfcbaftlidie Mütter nicht bei fcbltmmen
SBorten bevoenben. Sie roiro irgenb (StroaS §u ©wtften tljreS Sol)neS
£arbifnut geroagt haben.
9iun möge ber SSlänber Snorro reben. @r erzählt: 2) „als Jtöntg
$anut (im grüfylmg 1Ü26) auS 3)äitcmarf nach ßnglanb surüdle^rte, U*
[teilte er (Smma'S Sol)n, ^arbifnut, §um Statthalter über erftereS Sanb,
gab il)m aber, weil ^arbtfnut nod) ein $inb roar, feinen Sdiroager, ben
3art Ulf, ©ematyl ber Slftrtba, als Sßormünber bei. 23alb hernadj berief
Ulf eine bäntfdje 9veia)Sv>erfammlung unb forberte biefelbc auf, ben jungen
^arbifnut jum Könige §u wählen, inbem er ein föntgltd)eS Schreiben
mit angehängtem StaatSftegel »orwicS, in welchem ftanb, baß ^anut felbft
folcbeS angeorbnet l;abe. 3)tefeS Schreiben aber/' fäl;rt Snorro fort, „roar
erfchltdien. 3)te Königin (£mma, bie mit Ulf jufammenfptelte, t)atte ihrem
©emal)l baS Siegel entroenbet, ben 33rtef auffegen (äffen unb bie gan§e
Sßerwicflung §ugerüftet. 3)te tterfammetten Stätten entfyracf)en bem SÖunfdje
Ulfs, «£>arbtfnut würbe gewählt unb als jtontg ausgerufen. 9cad)bem
bteß gefd)er)en, bot Ulf alle Jaunen 3)änemarfS auf unb §og ein %al)U
reiches §eer in Sütlanb §ufammcn, angeblid) ptn Kriege voiber Olaf tton
Norwegen unb ben mit Olaf oerbünbeten Sd)webenfömg Slnuttb 3afob,
griff jebod) nadjher biefelben ntd)t an, obgleid) fte r)eranrü<ften. 3m fojt
genben Sommer fegelte üöntg Äanut mit einer fel)r großen Streitmacht
nach 2)änemarf hinüber, Sogtetd) fct)tcftctt Ulf unb ^arbifnut SSoten an
bie Königin (Smma unb riefen ihre 53errocnbung an. 2ßtrfltcb brachte
(Smma §uwege, baß ^anut ntdit nur feinem Sohne ^arbifnut, fonbern
auch feinem Schwager Ulf »efjfety. 3)och mußte festerer feinen in ber
mit Slftrtoa erzeugten Sohn Swen, ber mit §arbtfnut eines Alters roar,
als ©eißel ftellen."
3d) muß §unächft bte Qcft befttmmen. Ohne baß Snorro nach 3atyren
(Srjrifti jählt, sieht boct) ein tüchtiger chronologtfeher gaben bureb feine @r*
jählung hinbureb. SSergletdjt man feine Angaben, fo erhellt, baß bte angeb-
liche Dfctfe ^anutS aus 3)änemarf nach (Snglanb, ober beffer bie (Smfefcung
4) ©ie^e oben @. 48.
2) Heiraskringla II, 225. 266 flg.
88
$abfi Oregoviuö VII. unb fein 3ettalter.
£arbifmtt3 tn£ 3ar)r 1026 fällt. 2)tefe $ecbnung wirb bura? anber*
weitige Sfyatfadjeit beftätigt. Der betrug, ben (Smma im herein mit Ulf
fptelte, fejjt uiwerfennbar eine längere £tbwefenf)ett «ftanutS ttorauS. 2Öer
wirb glauben, baß Ulf unb (Smma fo etwaö gewagt fyätten, wäre jtanut
in (Snglanb brüben gewefen, wo man laut bem 3eugntffe 0 5lbam£ oon
Bremen innerhalb bret Sagen 9?ad}rtO)ten aus Dänemarf erhalten fonnte?
3n bie §wette £älfte be6 3af)reS 1026 fäUt aber bte ftetfe Kanute naa)
9fom, bte er burcf> glanbern unb 33urgunb antrat.2) 9htr wär)renb ber
langen 2lbwefenf)ett, welche biefe $eife §ur golge fyatte, ift eS benfbar, baß
dmma unb Ulf jenen ©tretet) führten. Snorro, ber ntct)tö oon ber SRom;
fafyrt weiß, bewährt gleid)Wol)l eine gewtffe ©enautgfett. 2ßof)tn gingen
bie 5lbfta)ten ©mma'S unb if)re£ $ittoerfcr)Wi>renen? 93ietfetd)t äfften fte,
baß Jlanut auf ber römtfa)en C^ctfe oerunglüden werbe. @ewiß bagegen
war e3 tJ>r $lan, baß ^arbifnut ober ttietmefyr Ulf, im gall ber ^önig
jurüdfefyre, ©ewalt wiber il)tt brausen unb tr)n mit ben Staffen in ber
£anb zwingen folle, bem ©ol)tte ber 9lormanntn bie 9?ad)folge im @e*
fammtreia^e einzuräumen. Denn Ulf fammelte ja, fogletcf) nacrjbem £arbt*
fnut §um Röntge aufgerufen worben war, unter bem $orwanbe eines
jfrtegS gegen £>laf ben ^eiligen, ein £eer; oerwanbte eS aber ntdjt §u
bem tforgefd)ül$ten 3wed. Sllfo führte er anbere Dinge im (Sa^tlb; fur$
bie fragliche Sfyat läßt nur obige (Srflärung $u. gür waf)rfd)einlta) fyalte
ia) überbicß, baß (Smma unb Ulf baran backten, je naa) Umftänben ge*
meine €ad)e mit bem Norweger gegen $anut §u machen.
Der alte $öntg muß noa) in Stalten ^unbe von ben Vorgängen in
Dänemarf erlangt fabelt; er befctjloß fofort, unmittelbar nact) Dänemarf §u
eilen, bte bort angebettelten 9?änfe §u burcfyretßen unb ben Norweger nie*
ber§ufa}mettern. 3n bem oben erwähnten ©abreiben an bie (Snglänber, ba£
er auf ber £etmretfe erließ, fyetßt3) e$ unter 5lnberem: „wtffet, baß tcr) ge*
fonnen bin, §unäa)ft naa) Dänemarf §u gef)en unb bort mit 23etl)tlfe aller
Dänen ben $rteg gegen bie Golfer (Norweger unb (Schweben), bie unö,
Wenn fte e6 oermöcfyten, gerne Ärone unb £eben rauben würben, §u been*
btgen. — 2Öenn ia) bann ben grteben fyergeftellt r)abe unb mein Otetct) im
Often alfo wirb beruhigt fein, baß ict) oon feiner (Seite mefyr ^rieg ober
9?ad)ftellungen (Stnjelner §u füra)ten brause, bin id) wtllenö, noct)
im laufenben ©ommer (Englanb §u befugen." 9Dftt ben feinblid)en 93öl*
fern fönnen, wie id) bereite anbeutete, nur bie Norweger unb bie mit tt)nen
oerbünbeten Schweben gemeint fein, Seit feiner £ljronbeftetgung lebte
^anut mit Olaf son Norwegen im Streit. S3on biefem geinbe unterfaßt*
*) Gesta hammab. II, 50. $erfc VII, 324. 2) £)a^mann I, @. 108. 3) @a*
ötle <S. 75.
Vierte« 93ucfj. &ap. 6. 3ertoürfniffe im Jpaufe Äamitö. Serfdbe fiirbt. 89
bet jtanut bie 9cad?ftcllungen 0 ($tn§elner. 2)aS paßt einzig unt) allein
auf ben tfon 6mma imb Ulf gefpiclten betrug. 6norro?S Darftellung
wirb alfo ^eilwetfe buvd) bte eigenen Sporte beS jtöntgS beglaubigt.
$anut änberte jebod) feinen urfprüngltd)ett *ßlan, »ermutf)ltc§ tx>ctt er
in £>eutfd}Ianb wäl)rcnb ber durchreife »ernafym, baß bie £)tnge in £>äne*
marf bebenfltd)er für ifyx ftanben, als er erwartet haben mochte. @r ging
uid)t erft unmittelbar nach Dänemarf, fonbem eilte nach (Snglanb, bot
bort ^inglitl) unb £eerbann auf, unb fuhr bann mit gefammter Kriegs*
mad)t unb begleitet tton ber Königin Gmtma naa) 3ütfanb hinüber. 2)teß
bettetet2) 6ul;m auS bänifajen ober engltfdjen Duellen. 5lucb (Ettorro
fagt,3) baß $anut im (Sommer 1027 bei Anfang beS norwegischen ÄrtegS
auS bem heften, b. t). auS (Snglanb nad) Dänemarf fam.
3)cr $öuig berjanbelte1) ben @mpörungSoerfuch §arbtfnutS unb ben
jtampf wtber ben Norweger £)Iaf II. als gragen, bte entroeber ftradS §u*
fammenhängen, ober bod) nur eine mit ber anbern gelöst werben fonnen.
3n ber %r)at ftanben er unb £>laf längft auf Kriegsfuß gegen einanber.
3u bem Schreiben an bte Gntglanber bezeichnet er, wie wir fafyen, Sftor*
weger unb (Schweben als alte unb überbieß als erbitterte getnbe fetner
Ärone. 3m (Smflange l)tcmit fagt4) ber Wremer 2lbam: „jwifcben $anut
unb £)laf l)errfc^te ununterbrochener $rteg unb l)örte nicht auf, fo lauge
33eibe lebten: bte 2)änen ftritten für bie ^crrfcbaft, bie Norweger für bte
greifet." £>er ^erfeburger 23ifd)of Dietmar fpricht5) *on 30 9taubfchtf*
fen, Welche 1018 bie lüften (SnglanbS anfielen, aber t»on Mannt über*
wunben würben. Wiit Sappenberg6) nehme ia) an, baß Dietmar 9corwe-
weger im 2luge l)abe. 5l(S (Srbe feines $aterS (Ewen I. , weld)er nach
bem 6tur§e £)lafS I. Srtygwefon Norwegen an ftd) gebracht Jjatte unb
als fein (Stgentlmm betrachtete, machte Äanut 2lnfprucr; auf bie itrone 9?or*
wegen unb jaf) in £>laf II. einen Xtyonxanbtx. 5luch führte er Norwegen
gleich Ü)änemarf unb (Snglanb unter feinen Atteln. 2)aS offene @enbf abreiben
an bie (Snglänber beginnt mit ben Sorten: „3ch jtanut, Äöntg tton gan§
Gmglanb, oon 2)änemarf, Norwegen, unb eines SfjetlS üon Schweben."
Unter bem &f)etl t>on Schweben, ben Mannt fein nennt, ftnb ohne
3weifel bie Warfen an ber ©otljaclf ju »erftetyen. s2lber eS war meines
(SractitenS ein fchltmmeS 23or§ctchen für ben 6ct)webcnföntg 9Jnunb 3afob,
baß Mannt unteres (bebtet nia^t mit bem eigentlichen tarnen belegte, fort*
bem als einen £f)etl ScbwebenS be§ctd)nete. 3)tefe 2lrt bcS 5luSbrucfS
Herrath, wie mir fa)eint, gute £uft, aud) baS übrige Schweben in feine
*) Pacato omni regno nostro hic in Oriente , ita ut a nulla parte bellum aut ini-
micitias aliquorum timere habeamus. 2) £)afjtmann I, 110. $lok 2 it. 3. 3) Heims-
kringla II, 267. 269. 4) II, 55. $ev£ VII, 326. 5) Chronic. VIII, 5. $er$
IU, 863. 6) ®efd)i(^te (Sngtan^ I, 464. 9Me 4.
90
$abft ©vegoriuö VIT. unb fein 3eitalter.
©cwalt ju bringen. (Sine trrtt)üm(tcf)e Deutung ber angeführten 3Infang3*
Worte be£ 93rtcfö würbe allem 3tofcfyeme nach Urfaa)e, ba£ mehrere ber
älteren (Shrontften *) ba3 ©abreiben nnb mit bemfelbcu aud) bie römtfcbe
9tetfe be3 Königs in bte Seit nacb erfolgter Eroberung 9?orwegen£ verfc^
ton. Sie wähnten nämltd), Äanut t)abe erft nad) legerem (£retgntffe ben
Site! Äönig von Norwegen annehmen Uttum, wäf)renb er bod) benfelben
fraft (SrbrecbtS von jer)er bcanf:prud)te.
9iacbbem ber Äö'ntg bie alte £)rbnnng ber Dinge tn Dänemarf wte*
berl)ergeftellt, bem 3arl Ulf aber — bem er, wie tötr fer)cn werben, nur
Sunt ©Cheine versteh — SBefehl erteilt hatte, alle bäntfehen (Schiffe ^erbet^
§ufüf)ren, lief er mit ber gefammten englifd)en unb bäntfehen Seemacht ge*
gen bte vereinigten2) glotten Dlafö II. unb 5lnunb 3afob3 au$, weld)e
bie lüften Schonend verheerten. 2lnfang3 focht ber Däne nicht glücfltd):
an ber 9)iünbung beS £elgafluffc6 erlitt itanut eine ©d)lavve. £)laf von
Norwegen l)atte bte ©ewäffer ber «£>elga unb einiger anbern benadjbarten
33äct)e bura) einen aufgeführten Damm gefd)Wcllt. 5116 nun ber Damm
burd) [lochen warb, ftür§te baö Gaffer mit foleber ©ewalt auf bte vorltegenbe
glotte $anut£ loS, ba|3 felbft bae föntgltd)e glaggenfa)tff, ber Draa)e gc*
nannt, tro# feinet f)üt)en 23orb3 in ®cfar)r gerietr). 9fur bte Savferfett
Ulfs, ber bem Röntge §u <§ülfe eilte, wanbte eine ^teberlage ab.3)
$on ben engltfd)cn Duellen fennt nur bte ©achfetutronif , unb aud)
btefe bloö tu einigen §anbfd)riften, ben eben erzählten Unfall ^anutö, unb
fttmmt babet genau mit bem ^Berichte Suorro'^ überein,4) waö abermals ein
93cwet3 von ber £reffltd;feit beö tölänbtfd;en @efd}td)tfd)reiber3 ift. 6ett*
bem nahm ber $amvf eine günftige Beübung für ^anut. Die fd)WebtfaV
norwegifdje glotte warb, wie ich früher gezeigt habe, bt£ nach ber Klüfte
von £)ftgothlanb htnaufgebrängt, unb £)laf II. mu^te im ^erbfte 1027
ben Olürfweg naef) Norwegen §u £anb bura) Schweben antreten.
Den hinter von 1027 auf 1028 brad)te ^öntg Äanut §u 9toe3ftlb
tu ber borttgen *ßfa(& §u. (StneS £agö gab ihm 3arl Ulf ein geftgelag.
$anut fat) ftnfter bretn; um tt)n §u erheitern, fchlug ber 3arl ein 6d)aaV
fptel vor, was Äanut gut fyief. Der jlbmg fptelte jebod) ntebt gut. 3art
Ulf nahm tl)m einen bitter — fo fytejj nacb norbtfdjem (Sprachgebrauch ber
©vrtuger — weg, <ftanut wollte baö nicht gelten laffen, barüber gerteth
Ulf In 3orn, fttef ba$ Schachbrett um unb eilte fort. 5llö er an ber &hure
war, rief berßönig: fliehft bu, furchtfamer Ulf? Der Sari entgegnete: an
') Sßie £einridj yon Huntington (@amle ©, 364) unb ^lovcntiuö ». SQBorccfiev
(Flores histor. ©. 620). 2) Ueber baö Sünbntp üevgleicJ)e man ba$ , ioaö tc^ 93onb II,
(S. 636 fagte. 3J Heimskringla II, 269 flg. 4) Sa^^enberg, ©efc^id^te @ug^
lonbö I, 475 Note 1.
QSicrteö 33ucf). (Sap. 6. Bevuuufniffe im £aufe Äamitö. JEevfelbe flivbt. 91
ber §elga bift bu geflogen, nidjt idv, bamalS f)ieß id) nidjt feiger Ulf, als
ia) bir $u #ülfe fam gegen bie @d)weben, bie (§ucfe wie £unbe prügelten.
S3ett>c gingen jn 33ett. 51m anbevn Georgen forberte ^anut feinen 8eib>
biener — (wörtltd) feinen (Sdnifybuben, ber bem £errn bte gußbefleibung
au3* nnb einbog) auf, ben 3arl §n elfteren. £>er Sei&biener ging fyin,
braute aber bic 9£ad)rid)t jurücf, baß Ulf nad) ber 3)reifaltigfeitftrd?c ge*
flüchtet fei. 9tuu gab Äamtt einem gebornen Norweger, 3war bem SCBetfc
fopf, ber in ber foniglidjen Seibivade biente, 33efe|i, ben Satl umzubringen.
3war fanb ben Unglücflidmt im (£r)ore ber Strebe unb l)ieb ihn §ujammen.
diu folcfje^ (Snbe nafym im @pätl)erbft 1027 ber letzte jener (großen, bie
e$ gewagt Ratten, eine |er$ogltcfte Stellung neben kernig Jtanut §u befyaup*
ten. 2)er @rfd)lagene Unterließ auS ber @l)e mit Siftrtba, Aqmitf Scfywe*
fter, einen Sofyn , Swen III., ber nacb bem frühzeitigen §lu8fterben ber
Jhttytfinger ben Stroit £)änemarf$ beftieg unb eine Stynaftic grünbete,
weld)e bie ^errfefjaft mehrere 3af)rl)unberte lang behauptet l)at.
3m folgenben 3al)re griff jtanut met;r mit ®olb unb 23eftcdumg, als
mit Staffen an unb erreichte feinen 3we<f, wie idj an einem anbern £)rte 2)
gezeigt l)abe. Olaf II. würbe auö feinem £anbe vertrieben, unb alö er
1030 jurüdfefyrte, in ber Scblacbt bei Stiflaftabt vom 23auernl)cere getöb*
tet. 3m nämlidjen 3al)re fandte Mannt feinen Sorm erfter (§r)e, Swen IL,
ber bi^er föniglidjer Statthalter über bie wenbifdjen 25eft£ungcn geroefen
war,3) mit bem Sitel eineS Könige nad> Norwegen l)inüber. 3)ie $or*
munbfd)aft über ben jungen §errn, ber bamatö raunt 15 Sarjr.e ge§äl)lt
l)aben fann, follte feine Butter, bie (Snglänberin Sllfgive führen, worauf
erftcfttltdj, baß «ftanut mit ber erften ®emal)lm fortwäfyrenb in frennbltcfyen
$erf)ältniffen ftanb.
2>er anbere, jüngere Solut Mannte aus ber mit (Smma, £arbt*
fnut, blieb alö Unterföntg in 3)änemarf. (£r hat nacb bem £obe feinet
$ater3 trojj ber Umtriebe, welche feine Butter (Smma unb bereu $artl)et
für i|n matten, bie jfrone (SnglanbS l)auptfäd)lid) barum nidjt erlangt,
weil er feit 3al)ren in 3)äuemarf abwefenb war. Um bie 3eit, ba ^anut
bie von Ulf unb (Smma angebettelten 9iäufe burd)riß unb bie frühere £)xi*
nung l)erftellte, alfo im 3al;re 1027 ober fur$ barauf, föefnt MoniOr Mannt
eine wid)ttge tixä)l\ä)t (Smridjtung , bte längft in ©nglanb beftanb, auf
Dänemarf au3geber)nt ju ^ben.
Um 1070 fdjreibt4) $abft Mkxatöex II. an ben bamaligen Mbnia
von £>änemarf, ©wen III., ber Slftrjb Solut: „2öir ermahnen bidi, baß bu
ben 3in^/ ben beine Vorgänger an bie apoftoltfa)e Cammer ju entrichten
Heimskringla II, 276 flg. 2) Söanb II, 636 flg. 3) Heimskringla II,
383 flg. *) Mausi XIX, 943. Jafie, regesta pontificura 9^v. 3379.
92
$abfi ©tegonug VII. unb fein Bettalter.
pflegten, und unb unfern Nachfolgern pünftltcfc überfchideft." Demnad)
haben Vorgänger ©wenS III. einen ^etcröpfenning für tl)r 9^etct) t>er rö?
mtfcfjen Kirche gejault. Nun waren bte älteren Röntge Dänemark, btö
auf Swenl. ©abelbart l)crab, gange ober halbe Reiben. (Srft itanut l)at
ein ettgeS 33erl;a(tnt0 mit ber Mxfyc angemüpft unb feine cngltfdjen Untere
Ratten ftrenge §u (Sntridjrung beS $etergrofa>enö angehalten. ($r muß e$
gcwefen fein, ber btcfelbe ©teuer aud) auf Dänemarf übertrug, unb td) fefye
leinen paffenberen ßeitpunft, in welchem ©olcfyeS gefeiert fein fönnte, al3
bte näcbften 3ar)re unmittelbar ober balb nad) ber ^etmfefyr t>on ber
römtfchen Netfe.
Der britte ©of)n ÄamttS, #aralb, tri ber erften @f)e mit SUfgtoe er?
§eugt, bem ber SSater laut bem 3eugmffe 2lbam3 unb ©aro'3 baö Untere
fönigtl)um tu (Snglanb §uwanbte, foll nad) ber Äntytltnger ©age1) feinen
©i$ im nörblidjen S3rttanutcn erhalten haben, liefet unwal)rfchetnltd) tft, ba£
ber fcr>ottifd)e Ärieg, ber leiste von ^anut geführte,2) roelcber 1031 ausbrach
unb mit Unterwerfung ber burd) ©hafefpeare gefeierten gürften enbete, ju
$aratoä ©unften unternommen warb. Dunfan, üttalfolm, 9Jiafbetl)ab
flehten «£>aralb$ ©eepter untergeordnet worben ju fein.
Die Duellen berichten fel)r wenig au$ ben legten fahren ^anutö.
28ir erfahren blo6, baß ber SBerfud) bee Normannen Robert, (£uglanb am
zugreifen, mifjglücf te. 3) Dagegen erhellt auö ber norwegtfd)en ©efd)td)te,
baß gegen (Snbe ber Regierung ilamttS feine Wladjt bei Weitem nicht mein*
fo fel)r gefürd)tet würbe als früher. Denn fonft würbe Weber jener See?
föntg Tn;gwe im 3af)re 1033 ben 3U3 Öe9eu ©wen IL von Norwegen
angetreten, nod) würbe bte ^arthet DlafS II. im folgeuben grül)ling (1034)
e$ gewagt haben, bem jungen SJkgnuS, DlafS II. ©ol)ne, Anträge §ur
Nürffcl;r in baö väterlid)e Neid) §u machen.4) Der Däne ©aro beutet5)
an, baß Mannt an einer langwierigen ,ftranff)ett litt, bte feinen Tob tyx*
beifügte. Diefeö ©ted)tlntm, verbunben mit ben 3erwürfniffen im ©choofje
ber föntgltchen gamtlte, welche burch bte Umtriebe ber betben Mütter, (Smma
unb 2ltfgtve, unb ben ber bret Söhne wtber eiuanbcr genährt, fort?
bewerten unb nad) Kanute Tob an$ Tageslicht hervorbrachen, mad)t bte
Tf)at Trtygwe'3 unb bte Mtyxtyit ber tyatfyd DlafS II. begreiflich.
Saut bem 3eugmffeG) ber ^tlbeShetmer (£f)ronif ^ ^ glorenttttS
von ^Borcefter, baS burch ©norro beftätigt wirb7) unb burch Angaben fpä?
terer ©d)riftfteller, weld)e beS Königs Tob tnS folgenbe 3af)r verlegen,8)
nid)t gebrod)en werben fann, ftarb $anut tm ©pätf)erbft 1035. 2ll£ To?
*) Cap. 17. man üevgl. <$af)fmann, bänifdje ©efc^id^te I, 113. 2) @ielje oben
©. 54. 3) SDte Belege bei Babenberg I, 480. 4) <Sief>e JBanb II, 645 flg.
5) ©. 181 gegen unten. 6) «Sietye 23anb II, 646. ') JDaf. 8) JDa^lmann I,
115. 9?ote 2.
93ierfeö 93uch- &a\\ 7. Sfaögang ber Äntytlinger £aralb unb Jparbifmtt. 93
betrag nennt glorentiuS ben 12. ^ftooember, ber £üneburger 9MrologO
bagegen, eine gute Duelle, ben 11. bcffelben 9J?onat£. @r fann faum ba$
36. 3afjr erreicht tjaben. £>ie Setdße würbe in ber wefifäcftftfdjen
ÄönigSgruft ju SBindjefter befgefe|t. ßanut blieb bte §u feinem @nbe in
gutem (Siiwernefymen mit ber @lerifei, für welche er 2lujkrorbentlid)e8
gctljan t>at. ©eine geiftlicfyen ©efefce verfügen,2) Wie folgt: „ffiet bie
Abgaben an ben (SleruS, näm(id) ben Sßflugfdjöfj, 15 Sfädfjte nad) £)ftem,
ben SSte^e^nteti auf ^(tngften nub ben grud^inö auf 2Üler fettigen ÜJJeffe
ntdbt un&ertt>eigerltc$ entrichtet; ber wirb fogleicb anSgepfänbet. Ser bie
$omfteucr (ben *|3eter$pfennmg) auf sperrt Stfeffe (*ßetri ^ettenfeier, b. I).
ben 1. 2luguft) §u jarjlen fäumt, ber muß an ben betreffeuben 23ifcr;of 30,
an bie föniglicbe Äammcr 120 ©dullmge 33u(k abtragen. " 2)te -Jftaffe beS
englifd&en $olf3 bagegen fcfjeiut bie bäuifd)e §errfd)aft mit minber günfti*
gen Singen bdxafytit ju Ijabcn.
Siebtes CapiteL
üftach bem Xobe jtanutg roirb in (Snglanb fein erflgeborner ©ofm auö ber (§!je mit Sllfgioe,
-£>aralb , jum Könige aufgerufen , aber (Srjbifchof Slelnoth »on (Santerburty toeigert
ftch, benfelben fronen. £)iefe Sljat beS Prälaten frifcht ben tiefgefunfenen SWntf;
Chntna'ä unb ifjrer ^art^et lieber auf. £aralb mirb gelungen, bie £ätfte (Eng*
lanbö an <£arbifnut, ben ©oljn ©rnmo'S auf ber jtoetten (Sf>e mit Äanut, aoju*
treten. $>ie SRutter ruft £arbifnut, ber in £)änemarf roeilt , nach (5'nglanb fyin*
über, aber berfelbe fann, burcfy ben Ärieg gegen SJlagnuö oon ^iortoegert aufgehalten,
nicht fommen. Soll Ungebulb hierüber, forbert (Smma ihre ©ohne auö erfter (§*l)e
mit Slettjelreb , (Ebloarb unb Slelfreb auf, ^»aralb ju vertreiben unb ftdj t^reö üäter*
liehen Geichs ju bemächtigen. (Sbloarb erfcf;eint mit einer fleinen flotte auö ber
Cftormanbie, fe^rt aber tvieber um, ba er ftef)t, bafj bie Slngetfacfyfen tfyti nicht untere
fiü|en. 9cun macht (Ebftarbö jüngerer S3ruber, 5lelfreb, einen (Einfall in Qhtglanb,
tt?irb aber »erraten unb getöbtet. (Emma mufj nach Slanbem flüchten. £aralb
jiirbt im Wläx$ 1039 tolo&tich toeg. 3e|t ruftet £arbifnut eine glotte in 2)äne^
marf auö, holt feine Butter (Emma in glanbern ab, fegelt nach ber englifchen ^üfie,
tt)irb aU Äontg begrüpt, behanbelt aber gleichwohl baö Sanb alö ein erobertet.
(Eintreibung fehlerer (Steuern. (Empörung Don SOBoicefier. Stäche an ben 33eft'egten.
^arbifnut fiirbt im Suni 1042. $)ag ganje ^»auö Mannte ift ertofehen. 2)dne^
marf für immer üon (Englanb getrennt. 1035 Bis jum (Sommer 1042.
@leic^ nad) bem ^obe Kanute brac^ rmlbe $)x>ktxati)t au6. 2)te
$artl)ei (Smma'3 unb bie große Wltyxtyit ber 5lngelfad)fen verlangte, baf
^arbifnut ober roemgftenö einer ber ©ö^ne (Smma'S au6 ber Gfyt mit
(£tl)elreb, bie noeb immer in ber ^ormanbie weilten, auf ben Xl)xon er^o^
l) ffiebefinb, OZoten III, 85.
unb 533 flg.
2) Ancient laws of England @. 156 unten flg.
94
tyahfi ©vegoviuö VII. unb fein 3eitaltet.
ben werbe.1) 9ütf Seite (Smma'S ftanb bcr macbtige ©obwin, (Sari üon
«ftent, ber tto&Xjretib ber innerltcben ©treittgfeiten unter ben Sutten $anut6
immer höher ftteg, aber aucb je nad) feinem SBortfyeif bie garbe wecbfelte.
OTefn bie in (Snglanb angeftebelten 3)änen, namentltcb bie §u Bonbon ein*
gelagerte Slbtheilung ber ^hinglitt),2) waren anberer Meinung, unb weil
fte 9Jfacbt unb Sßaffen in ^änben Ratten, brangen fte burcf). 5luf einem
nad) £)rforb berufenen £anbtage wägten3) fte ^aralb, ben (Sor)n ber 2llf*
gbe, §um Herrn be# SfJcfdbö / ber, wie iaV oben fagte, febon £on feinem
SSatcr §um Unterfönig im Horben üon (Snglanb eingefe^t Würben war. 3u
Haralb hielten3) außer ben hätten faft alle £l)ane beö Horbens, inSbe*
fonbere ber (Sari i>ott ÜDkrcien, Seofrtf. 3>r neue Äönig febiefte fofort Sölb*
»er aus unb ließ ben 6cba£ ßamuS, ben (Smma §u Sßmdbefter bewaebte,
gewaltfam wegnehmen; fte felbft erlieft Sefefyl, a!6 Verbannte am ncimlt*
eben £)rte ju bleiben.1) Scbreefen ergriff nach biefen Vorgängen bie $ar*
tfoet (Smma'3: »tele flogen in 2Öälber unb (Siuöben.5)
3)ie *ßartheiung, bie im SRetdje fyerrfdjte, l)at ftd) ben (£t)rom(kn mit*
geseilt. 3l)re 9cachrtd)ten ftnb fur§, mangelhaft, unsutterläfftg, unb c3 ift
beßhalb fd)Wterig, ben lettenben gaben ^erau6§uftnben. 3)er Sobrebner
(Smma'6 berichtet,6) furj nach ber 2Bal)l jum Könige b)abe ^aralb ben
S'rjbit'chof 5lelnotl) tton (Santerbun; aufgeforbert, tf)n ju frönen, aber biefeö
infiniten fei üon bem Prälaten mit ber (SrHärung jurüefgewiefen worben:
fo fange ilmber (Smma'3 leben, werbe er nie unb unter keinerlei Umftanben
trotte unb ©cepter einem Slnbern übergeben. 3)er Sobrebner fügt bei,
Haralb habe feitbem fofeben Haß gegen ben (Sleru6 gefaßt, baß er bie
sßfltdjtcit ber rbnftß^en Religion tterfäumte unb, ftatt bie 9J?effe §u hören,
auf bie 3agb ging. 3cf) halte biefe 2lu3fagen barum für waf)r, weil tro£
ber neultcfjen 9?tebcrlage bie ۧartl)ct (Smma'3 alSbalb wieber einen uner*
warteten 2luffd)Wung naf)nt. (Sine fötale Slenberung fann nur bura) '^w>U
febenereigniffe herbeigeführt worben fein, unb gut paßt t)ie§u ba6 Auftreten
beö (Srjbtfdjofö , baö ben (SleruS befttmmen mußte, ber #&itt\vt treu §u
bleiben.
Uebereinfttmmenb melben glorentiuö7) unb Heinrich8) »on Huntington,
baß §ara(b in Jhtr$em -genötigt warb, (Snglanb §u tbeilen unb ben <B\u
ben beS $eid)3 an ^arbifnut abzutreten. 3)a (euerer, burcf; äfcrjWkftuit*
gen in 2)änemarf priicfgeljaltert , nicht perf ertlich erfreuten Tonnte , follte
(Smma bie 9fegcntfchaft im 6üben übernehmen. £>ie 6achen [tauben je^t
jo, baß bie 5ßartr)ct ber Königin bei einigem gleiß unb ®lüd bie Herr*
fchaft über ba6 ganje Saub hätte erlangen fönnen, waö ftd)erltd) ihre 5lb*
x) @a»ile 76. 894 unten. 2) S)ie @acf)fend^vontf ad a. 1035 fagt: the lithsmen
ou Lunden. 3) @aöilc ®. 364. 4) FJores temporum (5. 622. 5) @at)tfe 894
unten flg. 6) fiangeberf II, 496. ') Flores temporum <&. 622. 8) ©aöile ©. 364.
23terte£ 93ud). Gap. 7. Sluögang bet »ftntytlinger £»u-alb unb #arbifnut. 95
fidjt war. ü)ennoct) gelang mcfrtS, unb §war fyauptfäcblicb bef fjatb, weil
ber wafyre (Srbe, ,§arbtfmir, ftd) ntd)t felbft feiner ©acbe annahm. SBarum
fam er md)t au3 3)änemarf herüber? (Sr fonnte ntcbt ! 2)er ©d)lüffel fct^
nc3 3*>9crnö tf* m ^en norwegifdwt $erl)ältntffen fttdien.
5ln einem anbent Drte *) würbe berietet, baß s)J?agmt6, £>laf3 ©of)n,
feinen ©egner, ben eben fo jungen ©wen IL, $anut3 ©olut, nod) im
3al)re 1035 auö Norwegen vertrieb unb tt)n nötigte, am §ofe feinet
©ifefbruberS $arbtfnut in £>änemarf 3uflud?t 51t nehmen, ©wen II.
ftarb balb barauf, aber feine 2lnfyrüd)e auf bie verlorne $rone erbte ber
jüngere 33ruber §arbtntur. 2)arum .5fr ieg §wifd)cn Dänemarf unb 9lor^
wegen. 33eibe unmünbige Röntge $ogen wiber einanber ju gelb unb ftan^
ben längere 3eü unter SÖaffen, bis bie SBafallen beS (£tnen wie beö 2ln*
bem ben früher2) befd^rtebenen (Srbüertrag erzwangen. Wlan fter)t nun:
^arbifnut fonnte, fo fange biefe gekannten $err)ältmffe §um yiafybaxfiaak
bauerten, 3)änemarf nid)t tterlaffen, weil er fonft ber @efat)r ftd) au6fet$te,
feine (Srblrone ju verlieren, wa6, wenn er aud) für ftd) wenig SOSertt) auf
biefelbe legte, feine SBafatfen nie gebulbet rjaben würben. $aum war ba*
gegen bie ©teüung gegen Norwegen geftdjert, al§ er aud) eine §eerfar)rt
nad) ©nglanb antrat. §ie»on fpeiter.
Altern bie Königin (Smma, bie nur il)re näd)ften 233ünfcf)e unb Wnge*
legenfyetten im 5luge fyatte, fal) bie 6ad)e au6 einem anbern ©eftd)tö^un!te
an unb fytelt baS ©äumen ^arbtfnutS für ©d)Wäcbe unb ^acbläfftgfeit. 3)
SSoll Ungebulb forberte fte ir)re älteren 6öfme au6 ber erften ($r)e mit
(Stfyelreb, (Sbwarb unb 2lelfreb auf, einen bewaffneten Einfall auö ber 9?or*
manbie §u Eroberung beö angelfäd)ftfd)en sJ?eid)ö §u wagen. £)er £obrebner
u)etlt4) einen SBrief mit, ben bie 9J?utter §u biefem 3*wcf an ü)re ©örme
richtete, fügt aber bei, $öntg §aralb l)abe baö ©abreiben gefd)tniebet unb
ben betten gürften, bereu (§rbred)t er fürchtete, in bie £änbe gefptelt, um
ifmen eine galle §u legen. 2)ieg ift meines (SradbtenS eine ©rftnbung,
welche 6d)metcbelet erfann, um bie $erantwortlid;feit ber fdblimmen golgen,
welche bie unüberlegte (Sinlabung naa). ftcb §og, sott ber Butter ab auf
Die ©ctyultem eines Slnbern ju wälzen. (Smma fyat ben S3rief wirflia) ge^
fa^rieben unb bie ©öfme gelten tfyn für äd)t: fte folgten bem SRufe.
3uerft braute Abwarb eine glotte »on 40 ©Riffen in ber 9^ormanbte
aufammen, fuf)r über ben ^anal hinüber unb (anbete in ©outl)ampton.
©ein $ortjaben war bereite t>erratl)en, eine ©d)aar feinblic^er Gruppen,
welche ^aralb auggefcf)idt r)atte, erwartete i^u, fam ju einem Kampfe,
in welkem Abwarb geftegt f)aben foll. £>a er jebod) gewahrte, baß ba£
l) 33anb II, 646. 2) 3)af. @. 647. 3) Flores temp. ©. 622 unten.
4) Sangebecf II, 497.
96
^>abfl ©vegoriuö VII. unb fein Bntctlter.
$olf, f et e3 au6 ®l$i$$i{ticjttit f fei eS auS gurd)t vor §aralb6 über*
legener 9J?ad)t, lüc^t geneigt fei, für ifyi bte Staffen ju ergreifen, fefyrte
er lieber um unb fegelte nad) ber SRormanbte jurücf. ')
(Stntge 3ett fpäter unternahm (SbroarbS jüngerer 23ruber Slclfreb einen
jroetten (Einfall, aber nicht von ber 9iormaubte, fonbem von glanbem au$.
Der 9tformannenf)erjog Robert, iuicf)fter 93ervoanbter ber ©öfytte (Emma'S,
auf beffen SBciftanb fte fonft Ritten rennen fönueti, lebte nicht mefyr — er
war, rote tct) früher fagte, 2) auf ber *Rücffel)r von einer SBallfahrt nach
3erufalem 1035 geftorbcn, fein bamalS noch unmünbiger (Erbe 2Ötlr)elm
ftanb unter 93ormunbfd)aft beS franjöftfc^en $önig3, 3) ber ftcf) nid)t in bie
eitglifchen £r)ronhcutbel mifd)en roollte. ®elb, um auf eigene gauft rote fein
53ruber (Sbroarb SRannfcbaft unb ©c^tffe §u werben, fcheint Slelfreb nicht
gehabt $u haben, alfo roanbte er ftd) an baö längft mit bem normannifajen
verbunbene flanbrifa}e ^>au6. 3)er bamaltge -üOtafgraf SBalbutn V., ver*
mahlt mit 2lbela ber £oa)ter beö Königs Robert von granlreta), gab tfjm
einige <5d)iffe, mit betten er nach (Snglanb hinüber fur)r. 5lnfaitg6 faxten
tfym ba$ @lücf §u lädjeln. 3ener ©obrotn, ber nad) bem £obe $anut6
bie CßartJ>ei (Smma'ö ergriff unb für fte arbeitete, fam tf)m entgegen unb
verfpraa) treue 3)teufte. $3 war 95erratt). ©obwin , bura) §ara(b mtttelft
großer $erfpred)ungen gewonnen, ^atte bie garbe gewechselt: er lieferte ben
^nfömmltng fammt feinem ©efolge in bie §äube bee Königs, ber bie
Begleiter 2lelfrcb6 ermorben, if)n felbft alfo blenben lief, baß er an ber
$erwunbung ftarb.4) 2)ieß gefchaf) im Saufe be$ 3af)r6 1036.
(Sin beutfa^er 33ertO)t liegt vor, ber im 3ar)re 1036, mitten unter
obigen (Sreigniffen abgefaßt, ein IcbenbtgeS 23ilb ber 3er^ürfntffe be3 $nv>
littger £aufeö gibt. 3)cr nämliche ^offlerifer, bem wir treffliche 9laa>
rtcbten über ben Stur§ beö ^ärntl)ner «£>er$og3 2lbalbero verbanfen,5)
fd)rieb ß) im 3ult 1036 an feinen getftlidnm $orgefe$ten, ben 33ifa)of
Sl§efo von 2Borm6: „3hr fte^t in fyofyer @unft bei unferer jtatferm ©tfela,
auc^ bte junge Königin jhtnigunba, bie jarte ©emal)lin be$ Sfyronerben
§einrid)ö III., will (Such Wof)l. 6te fyat fcr)on mehrmals geflagt, baß
fett (Surer (Entfernung vom §ofe 9^temanb fte mit füßen 9^anbeln befa)enfe,
noch fte, fo roie 3hr tratet, mit väterlichen Korten §u tröften rotffe. Neulich
roar fte etroaö franf, tft aber je^t roteber roohl auf. 2lud) erfd)ien fürjlich
vor ihr eine angelfäcbftfche ©efanbtfcbaft, roelche golgenbeö melbete: ßure
ungerechte (Stiefmutter (Sllfgtoe) ftnnt barauf, ©urem leiblichen SBruber §arbi>
l) Guilielm. pictav. de gestis Wilhelmi Bei 93ouquet XI, 75. z) Oben <S. 48.
3) @aüile @. 364 unten ftg. Sangebecf II, 497 n. 499, fo nne S3ouquet a. a. £).
4) Flores tempor. ©. 622. gangebed II, 497. 33ouquet XI, 75 flg. 6) <Ste^e 33anb I,
473 flg. fi) ©tefebrec^t beutle Äaifec II, 612 flg.
93ierteö 93ud). (5ap. 7. ?Iu§gnn^ ber Än^tlinger £aralb unb .iparbifnut.
97
fnut baS 9^etcf> §u entstehen. 3« folgern 33ef)itfe gab fte ben engftfcben
©rojkn prächtige gefte imb fparte Weber @elb nod) glatte Sporte, um bte*
fetbcn 511 »erführen. 2tber biö jefct ftnb ftc ber $erloa"ung m'cfyt nur be*
ftarrli* irctberftonben, fonbern Reiben aueb (Suren 93ruber $arbtfnut burdj be*
fonbere* 93ettolTmä'&ttgte einmütig aufgeforbet, baß er fo balb als mb'gltd)
nädj (Snglanb fommen möge/' 2Bie man ftet>t , roar eS 2llfgioe, toeldCjc
hinter tbrem €obne ^aralb voirfte, unb bte $änfe roiber (Smma'S @efcf)(ccf)t
leitete. Smmerbm Raiten bte engltfdjcn ©efanbten, roclcbe am faltfcrjen
£ofe erfebtenen, ben (staub ber 3)tnge in (Snglanb brüben afl$u rofen*
färben gefdn'lbert.
9?ad) 2lelfrebS £obe brad) ein ©erottter über bte §roeifacr) beftegte
sßartfjei (Smma'6 loS. (Sin 9?etd)6tctg, ben ^aralb 1037 §ufammenrtef,
erflärte bte Königin 2ßtttroe unb ifre 6of)ne aller 5(nfprüd;e auf bie $rone
Gmglanb tterlufttg. 3Me füb(td)en . Cßro^tnjcn , belebe fte in golge beS oben
erwähnten £r)eilung3oertrag3 bis bat)in berroaltet tjatte, würben eingebogen,
ßmma felbft auS bem Sanbe verbannt. €ie flot) nad) glanbern §um 9Jcarf*
grafen 33album V., ber fte gütig aufnahm unb ü)r bte 6tabt Brügge aum
2Öol)nftr3e anroteS. „tiefer Ort," fagt1) ber £obrebner, „war bamalS roeit
berühmt burd) retten »ganbel, unb bte SJftaffe sott Jtaufleuten unb SBaaren,
bie bafelbft §ufammen ftrömten." Saut bem 23erid)te 0 bcö £obrebnerS berief
(Smma tr)ren @or;n (Sbroarb §u ftcr) nact; Brügge, um if)n noct) einmal §u
einem (Einfall in (Snglanb §u befttmmen. (Sbroarb er)cr)ten, ging aber ntc£)t
auf ben 33orfa)lag ein, fonbern [teilte ber SJtotter vor, baß bei ber Sautg*
fett, roelcfye bte engltfcfyen ©roßen . jetgen, feine Littel bei Settern ntcfjt
für ein folcbeS Unternehmen ausreichen. 9to ber jüngere 6ttefbruber,
^arbifnut, befuge als «ftöntg von 2)änemarf bie nötige yjlafyt, um ^Bri-
tannien §u erobern.
(£mma lief ftcr; bieß gefagt fein unb fanbte S3oten an §arbifnut.
(Subita) gingen tr)re SBünfdie in Erfüllung. Der griebe §rotfcben 3)äne*
mar! unb Norwegen roar gefiebert, (Smma'S 6or)n fonnte bat)er feine (Streit*
fräfte gegen ßnglanb roenben. 3m hinter fcon 1038 auf 1039 rüftete
er eine große glotte aus, welche 2Sefel)l erljielt, ftcb im grüf)ling §u fam*
mein. Sobatb baS (SiS aufging, fegelte £arbt fruit mit 10 (Schiffen oorauS
nac^ glanbern, um bie Butter $u begrüßen, roal)rfd)einlicb aua) um fte an
53orb §u nehmen. UnterroegS traf tr)n ein 6turm, bode) erreichte er glücf(ic§
Brügge. 2öäf)rcnb Butter unb <£oty\ bei ..etnanber roaren, lief aus Qtn$*
lanb bte 9^adt)rtdt;t tom ^obe ^aralbS ein, ^gleich erfa)tenen ©efanbte ber
5lngelfad)fen, roelc^e £arbifnut, als ben einigen noc§ übrigen ßrben
^anutS einluben, ßnglanbS £r)ron ^u beftetgen.2)
l) Sangebccf II, 499 SWitfe. 2) Ibid. @. 500.
7
98
^abfi ©regoriuS VII. unb (ein Seitalter.
£aralb war pityüfy am 17. $cär§ 1039 ju Drforb c^eftorben. 4) 3)te
Duellen über feine Regierung ftnb überaus bürfttg. 9lußer Ü)em, wa6 oben
er^lt worbcn, bertefiten fte nur noct) eine Maßregel, welche in bte leiste
3ett be$ jungen Könige §u fallen fd)eint. ^einrtd) von Huntington
fagt2), nadibem er £aralb6 £ob gemelbet l)at: „unter il)m beftanb bte
gtotte au3 18 6d)tffett, ber ©olb blieb berfelbe, wie in ben Sagen Kanute,
nämltd) 8 SJkrf ©über." Unmöglich famt ber (£f)rontft etwas SutbereS im
©tnne l)aben, als bte Kriegsflotte ber englidien £r)tnglitf). 3)tefelbe tjatte
im 3al)re 1018 vierzig ©egel mit 3000 ^uöfarlen , 3) in fyäteren 3al)ren
Kaimts bagegen laut bem S^ttiffc4) ©aro'3 60 £)rlogfa)tffe mit 6000
9Jfann gejäl)lt. daraus folgt beim, baß §aralb bte im ganzen £anbe
bitter verfaßte £f)titgtttl) bte auf 1600 50t ann verringerte, ©cfywacb, ein*
faltig, unerfahren, rote er war, unb von tnnern wie von äußern getnben
bebrol)t, mußte er tfyun, waö bie unenblia^c 5CRer)rl)ett beS 33olf6 begehrte
— bie }cf)roere KrtegSfteuer ermäßigen unb alfo mel)r al3 bte ^älfte ber
$l)tttgmanna abbanfen.
£)bgletcb von ben Slngelfadifen auf ben Stroit berufen, jog ^arbtfnut
e3 vor, alö (Eroberer in (Sngtanb aufzutreten. $Jlit ber gefammten bänu
fd)en glotte, bie 60 ©egel umfaßte, itnb begleitet von feiner 9J?utter ($mma,5)
erfaßten er an (Snglanbö Küfte unb warb gläujenb empfangen. Slbcr 9?ad)e,
$acbe roar feine unb ber Butter £ofung. glorentmS erjagt :6) „naajbem
^arbünut ben Sfyron beftiegen fyatte, gab er bem (£r$btfa)of 2le(frif von
g)orf, bem (Sari ©obrotn, bem 9J?ajorbomu3 ©ttyr, bem ^au^ofmetfter
(Sbrtf, bem tonigltdum genfer Sfyronb 23cfef)l, bte £eid)e beö verdorbenen
^aralb au6 geweifter <5rbe l)erau6§ufd)arren./y (£3 gefebat) : bte ©ebetne
be# föniglia)en ©tiefbruberö würben erft in eine @rube, bann auf erneuerten
23efer)t ^arbtfnutö in bie £l)emfe geworfen. 2)ort fing fte ein gtfcfyer
auf unb brachte fte ben in £onbon angejtebclteu 2)änen, welcbe fte f)etm*
Ha) auf tljrem Ktrcfyfjof §um ^eiligen (Siemen^ belferten. 2tu3 obigen Sorten
erhellt, baß ber föntgttdje genfer §u ben ^ofwürbeträgern ge^lt warb.
SSon ben lobten fcfyrttt bie $ad)e §u ben Sebenben. (Sabulf, (Sari
von Sftortfmmberlanb, ein ©ettenverwanbter beö föntgltd)en Kaufes, fyatte
£arbtfmit3 ober ber verwittweten (Smtna £aß auf fid) gebogen. ,§arbt*
*) £>ie (Stellen über Satyr unb £ag, ba Jparalb ftarb, ftnb gefammelt bei SangebecE
II, 500 flg. 9iote t. u. v. Jpieju mag man nodj fügen bie SluSfage SlbamS »on *8re*
men , laut Welver £aralb 3 Safere regierte. 2)a Jtanut im 9loö. 1035 »erfcfyieb , ba
ferner nacr) feinem 2;obe längere (Streittgfeiten auöbrac^en , im Saufe beren £aralb gu
Drforb ertoäljlt marb , fann bie £f)ronbefieigung faum früher alö in ben Slnfang beö
Sa^rö 1036 falten. (Sr ^at bemnac^ Biö jum 3)larj 1039 üolte 3 Satyre unb etlnaö
brüber regiert. 2) ©aöile @. 365 oben. 3) Oben <S. 59. 4) 2)af. 6) Sange;
beef II, 501. 6) Flores tempor. <S. 623.
9?ierteö 93ud). @a£. 7. Sluö^ang ber Äntytlhiger <§avafb unb ^»arbtfnut. 99
fnut belieb i^n $u ftcb, empfing it)n mit erheuchelter greuublid)feit, lief
tt>it aber nad)f)er burd) Siroarb nieberftoßen. 2116 §or)n ber %t)at trug
ber SJiörber ba3 große Sehen bc£ ©emorbeten bavon. 4) (ün ähnliches £ooö
brot)te ben 93errätr)crn be$ imglücHicben Stelfrcb. 2lußer bem (£arl ©obroin
rourbe biefeS QScrbrccbcnö ber SBifdbof Stoma, von 2ßorcefter befchulbigt.
93eibe logen ftd) hinaus. Stohtg verlor jroar fein 33i3tr)um, erhielt e$ aber
im näct)ften 3al)re jurücf. Der (Sari erfaufte bte 93erjetr)ung be$ JtönigS
burd) ein u)eure6 ©efebenf, baS au$ einem präd)ttgcn Sdiiffe beftanb. Die
SBänbe beffelben waren vergolbet, unb vorn gleichen Metalle [trotte bie
adjt^'g ^öpfe jählenbe ^Bemannung. Diefe Solbaten trugen fd)roere golbene
Slrmbänber unb vergolbete ober mit @olb aufgelegte feinte, Schübe,
Sd}roerter, Streitärte, Sanken.2)
Die nächfte Sorge roar, bie alten Steuern r)er§uftellen unb mit ihrem
Ertrage bie bämfche £r)mglür) $u belohnen. 3n tftoti grtften rourben 32,000
*Pfunb auSgcfcbrieben. 3) 28te fonft, erhielten bie ^uefarle ben Auftrag,
baS ©elb einzutreiben, Sie überfluteten §u btefem 3wecfe ba$ gan§e 9^etct),
boeb lief baö ©efefjaft niä)t überall im ©uten ab. 3U 3Borcefter erfd)lug4)
ba$ SSolf im -äftat 1041 §roei Steuerbeamte. Secf)3 Monate, bis jum
November, ftanb cS an, er)e bie Sl)at beftraft roarb. 3er) §ier)e barauS ben
Scbluß, baß ber Äöntg erft 3utüfiungen traf, um ein fürchterliches SBeifpiel
ju geben. 3n ber Xljat fagt5) glorentiuS, baß ^arbifnut außer fämmt*
liefen ^)u6farlen ein großes «£>eer, alfo bie Sanbfarmen, nach SBorcefter
beorberte. Da§u roaren SSorberettungen nötf)tg. Der 33efer)l lautete, bie
(Einwohner von SBorcefter §u erwürgen, bte Stabt $u verbrennen, baS um*
liegenbe Sanb §u verroüften.
•iJcur bie ^roei legten fünfte beS Auftrags fonntc baS £eer vollftrecfen.
Denn ef)e baffelbe beranrüdte, roar bie (Stmvofmerfchaft nach einer 3nfel
ber Savcm entflogen, roo fte ©fangen aufroarf unb ftet) fo lang mut^ig
vertheibigte, btö ber ^önig, ber ftet; inbeffen eines Seffern befonnen ju
haben fcheint, 33erjeil)ung bewilligte. Die Stabt bagegen roarb angejünbet,
baö £anb vernniftcr. ßnglanb jaulte , bie 33ranbfcr)at&ung fam §ufammen.
Sei ber 93ertr)etlung erhielt laut bem Berichte6) beS glorentiuS ein Solbat
ber ^mgltth 8, ein Steuermann 12 Wiaxt Silber. 3n ÄanutS unb
^aralbf Jlagen roar ber Solb für alle gleich geroefen, je 8 Wtaxt auf ben
Stotf. @r febeint je^t für bie Steuerleute um bie £älfte erhöbt roorben §u fein.
Wlit 3ngrimm muß ba6 englt)d)e Sßolf bie Letten ^arbifnutö unb
feiner 2)änen getragen haben. Der ^önig bemäntelte baffelbe alö einen
Raufen Gebellen, ber nur buret) Sd)recfen im ©ehorfam gehalten roerben
J) Chronic, saxon. ad a. 1041. 2) Flores tempor. @. 623. 3) @a»tle @. 365.
4) Flores tempor. <S. 624. 5) 9t. a. O. 6) Ibid. @. 623.
7*
100
^abfi ©regomtö VII. unb fein 3eitalter.
fb'nne. Gittere klagen1) über Ungcbüfyr ber bämfctyen £f)inglitf) ftnb auf
uns gekommen. Ü)ie £>änen »erlangten, baß fyunbert unb metyr Singet
fadjfen, wenn fte einem einigen Sfyingmann begegnen, [title ftet)en unb ben
9faf)enben bemütl)ig begrüßen, baß eben biefelben, wenn fte einen Styngmann
auf eine SBrütfe sugefyen fefyett, tfer ber (enteren Ratten unb warten, bi£ ber
(Solbat vorüber tft. 28er e6 ntebt tfyat, fyatte grobe 93<ißl)anblung ju ge*
wärtigen. 3n bte Käufer fötaler 2lngelfacbfen , bte im ©entere abgeneigter
©eftnnung [tauben, würben Sfungmanuen eingelagert, welche nidjt fetten
grauen unb £öct;ter entehrten.
3m nämllcben 3at)ie, ba bae 6trafgertcbt über 2Öorce[ter erging, lub
^önig ^arbtfnut einen @aft §u ftd), ber fur$ barauf fein 9kcbfolger auf
bem £t)rone (Snglanb6 würbe. Diefer @a[t war HarbifnutS Stiefbruber
(Sbwarb, (Stt)elreb0 <Sof)tt, ber noo) immer in ber 9?ormanbie als $er*
bannter lebte.2) (Sin jüngerer Stitymotfe, Steint ttou Cßottter6 , bringt
bte £Reife (Sbwarbö mit ber jMufltdjfelt ^arbifnutö in SBerbtnbung. „2)er
junge Äönig," fagt3) er, wollte feinem ©tiefbruber (St>warb wol)t, benn
ba er fyäuftg an Brautzeiten titt, bebaute er bte jtürje beö Sebent." 3)a3
lautet fo, als fyabe ^arbünut, im gälte er felb[t früfye unb finberloS [terbe,
bem ©ttefbruber bte Sfyronfolge ^ugebacfjt unb tfjn beßfyalb ein[tweilen nad)
(Snglanb berufen. 2)te Königin SBtttwe mag übrigens bei ber <Sacbe be*
tfyeütgt gewefen fein.
£ro£ feines fielen ßörperS liebte ^arbtfnut bie greuben ber £afet
met)r, al6 für irjn gut war. ^emrtdj tton Huntington ergäbt:2) „in r)or)em
@rabe übte ber junge «ftönig bte £ugenb ber gretgebtgfett; täglicf) fytelt er
viermal Safel mit feinen Röfleuten." (Sin £runf bei är)nltct)cr ©elegenfyeit
brachte trjm ben £ob. (Sin Höfling be$ Königs, £)3gob fflapa, fyatte feine
Socbter ©tytfya mit bem reichen hätten £owi, genannt $rttt, b. i. ber 6toIje,
»erlobt unb fytett Honett §u £ambetr> Slucr; ^arbifnut erfaßten als @a[t
beim gefte, erfyob ftd), tranf ben 9tfeiwermal)lten Heil §u, leerte ben SBecber,
warb ttom ©abläge getroffen, ftürjte fpract)loö nieber unb ftarb2) balb barauf
ben 8. 3um 1042. Wlit il)m erlofcb ber SflannSfiamm ©wenö L-
Sie fcfynell f)at Ueppigfeit, an weld)e ftd) ©wenS I. ©öfme unb (Snfel
im reichen (Snglanb gewöhnten, baS @efcf)led)t abgenü^t unb auSgefaugt !
2)er ©roßttater ©wen L, ber Eroberer ^Britanniens, bxafyte fein Hilter etwa
auf 50 3al)re, ber ©ol)n $amtt erreichte nur ba$ 35. ober 36. 3al)r, ber
(Mel Harbtfmtt [tarb 1042 mit 20 3al)ren, HarbifnutS @cr;Wefter ©un*
Ijtlb, @emal)ltn beö beutfa^en £f)ronerben §einria) III., war fcr)on4) 1038,
*) 3)ie 93etoetfe bei Sa^enBetg, ©cfc^tc^tc ©nglanbö I, 492. ftote 1. 2) Flores
tempor. @. 624. (goöite @. 365. 3) «ouquet XL 76. 4) qjer^ HI, 125. toergt.
©fröret, ^irc^. ©efc^. IV, 336.
93ierte$ 93ucr). (Sap. 8. £>änemarf üon ßnglanb getrennt, unter <2roen III. (Sflribfon. j Ol
oon ben 6riefbrübern ^arbtfmttS auö $anut6 erfter (£r)e mit 5tlfgtt>e war
ber eine, <2wen IL, fc^on 1035, bcr anbere, §aralb, 1039 abgetoelft. (Sin
40jär)riger 3^t^m genügte / um bie ganje 3)miaftie in 9J?erooinger §u
t>erwanbeln.
©eit bcr Ueberfafyrt nad) (Snglanb gefyorcbte bem Könige ^arbtfnut
auf er bem neuen 9ieid>e aud) baS ältere, £Dänemarf. 2)iefl bezeugt ntd)t
nur ©norro ©turlefon, fonbern aud) 5lbam »on Bremen, welcher fagt:1)
„^arbifnut befaf §ugleid) (Snglanb miD £>äncmarf." 3^ar behauptet2) ber
Wremer ßlnonift weiter unten, «ftönig 9J?agnuö flon Norwegen fyabe, wä>
renb ^arbifnut tn Britannien weifte, SDänemarf überfallen unb erobert.
5lber biefe Angabe fann gegen baö einftimmige 3cuÖ™f ©norro'ö unb beS
2) rontl)etmer 93cönd)ö £f)eoberid) ntcbt befter)cu. 3d) werbe Ijtcrauf unten
jurütffommen. (Srft nad) ^arbifnute £obe gefd)af), was 2loam in bem
Stetten 6at$e melbet. Vermöge be3 ©rbvertragS , ber um 1037 §wifa)en
beiben fronen abgefd)loffen worben,3) l)atte Magnus nad) bem eingetretenen
$obe §arbifnutö ein 9tcd)t auf 2)äncmarf. (Sr ermangelte nid)t, fein $ed)t
an§ufyred)en, fur)r im (Sommer 1042, wie id) früher4) §etgte, hinüber na et)
3) änemarf unb würbe wirflieb bort alg $ontg anerfannt. S3on 9hm an
laufen bie @efa)icfe Ü)änemar!6 unb Britannien^ au6einanber, nie mefyr
ftnb beibe Sänber vereinigt worben. Steine 3)arfteüung wirb ftdc) bafyer
junädift au6fd)lief3lid) mit 3)önemarf befd)äftigen, um in fpäteren 2lbfd)nitten
nadj$ur)oIcn , wa$ über (£nglanb6 ©efcbicfite $u fagen ift.
&ü)U$ Capitd.
£>änemarf unter «Sroen III. (Sjirtbfon, »on 1043 Bis 1076. ©roenö Kampfe gegen
üDiagnuS unb J&avalb <£a\braba t-on Sttorroegen. (Sr erfjält £itfe »on ©broarb bem
93efenner, bem neuen Könige ber 9Ingelfacr)fen , fo roie üom falifcr)en «§ofe, bem er
£ef)enfreue leiften muf. 23erfucr)e ©n?cnö, bte ftrcf)ltcr)e unb politifcfje ^ofjeit ber
2)eutfcr)en abgufc^ütteln. ©eine Unterfjanblungen mit ben ^ä&fien Sltexanber IL unb
©regortuS VII. <Seine IBielrueiBeret- „SDer Ätfmg Sater". ßujMnbe ber bänifcfyen
jlircr)e unter it)m , ungenügenbe SluSjlattung ber öiötpmev unb Pfarreien. S)ie
ehemaligen (Solomen im SBenben; unb im <Sam;£anbe ger)en öerloren. Gültig ©treu
tfirfct im Steril 1076.
liefet lange blieb Magnus unbestrittener £err üon 3)änemarf. ©wen III.
©ofm ber Slftriba unb Ulfs, bureb feine Mütter (Snfel ©wen6 L unb ber
näd)fte überlebenbe ©eitenoerwanbte auö ÄanutS §aufe, trat als 9feben*
bunter wiber if)n auf. Ueber bie Anfänge ber 9Me ©wenS berichtet5)
l) Gesta hammab. II, 72. «ßer£ VII, 332. 2) Ibid. II, 74. 3) Q3anb II, 647.
4) SDof. ©. 650. 6) qßer^ VII, 332 flg.
102
$afcfi ©vegoriuö VII. unb fein Settaltev.
Slbam oon Bremen golgenbeS: „nad) (Srmorbung feinet 93ater3 Ulf ging
er $u Ajtafg 3afob 2lnunb oon ©ctjweben unb blieb §wölf 3af)re lang in
fd)webtfd)en JtriegSbienften. *) 2113 aber Äonig §aralb in Qmglanb geftorben
war unb beffen ©tiefbruber ^arbtlnut ben erlebigten Stroit erworben t>atte,
befcfyloß ©wen III. fta) nad) Qmglanb §u begeben. 3)a3 ©d)iff, auf bem
er ful)r, warb burd) einen ©türm nad) ber Äüftc be3 jum Wremer (£r^
ftift gehörigen SctnbdjcnS fabeln ocrfcfjlagcn. ©wen ftieg au£ unb t>er^
wüftete ben umliegenbeu 23e§irf nad) ber ÜKktfe oon Seeräubern, fiel jebod)
tn bie @ewalt ber ©olbaten be$ (§r$bifd)of£ tton Bremen, 2llebranb, welche
baö ©eftabe bewachten. 2)te ©olbaten führten ifyn als (befangenen ^or
ben @r$feifct)of, welcher ben Dänen gütig aufnahm unb balb wteber mit
©efcfyenfen entließ. ©wen fegelte nun nad) (Snglanb. 9?acr) feiner Slnfunft
lief bort bie fflafyidjt ein, baß ber Norweger 9Jiagnu3 Dänemarf überfallen
tjabe. Um ftd) l)tefür §u rächen, ernannte ^arbifnut feinen nafyen 5ln*
»erlaubten ©wen DJ. §um 2lnfül)rer ber englifeben glotte unb fanbte ttyn
wiber bie Norweger. Allein ©wen foebt unglücflidj unb !am gefd)lagcn
nad) (Snglanb §urücf. Sllö er bort eintraf, lebte ^arbünut ntd)t mef)r,
eben Ratten bie 2lngelfad)fen Abwarb, (MjelrebS unb (Smma'ö ©ol)n, auf
ben Xljxon erhoben. Der neue Jtöntg fd)ö>fte $erbad)t gegen ©wen, baß
btefer bie 5lbftctjt fjege, .(SnglanbS ^rone an (tdb §u reißen. Deßfyalb fyarte
er fein Littel, if)n ju entfernen. (Sin Vertrag warb mit it)m abgefa^loffen
beö 3nr)alt$, baß ©wen nad) (Sbwarbö £obe, felbft im gälte legerer
jtinbet r)tntertaffen würbe, ben englifa)en Ztyon erben folle, aber für je£t
au$ bem 9£etcr)e ftd) entferne unb Ärieg wiber Magnus ergebe. 5luf btefen
Vertrag r)m fegelte ©wen nad) Dänemark unb lieferte bem Norweger
SDfagnuS »tele ©djladjtcn." ©o 2lbam.
2Bar)re£ unb Unwahres ift in feiner Darfteltung bunt burd)etnanber
gemtfa)t. ©inen %l)äl obigen 23ertd)t3, nämtid) ben ^aubanfatl, weisen
©wen auf bie jtüfte oon fabeln machte, begrünbet ber (Sfyronift auf baö
eigene 3cugniß beffelben, inbem er behauptet, ©wen fyabe it)m bteß felbft
ersäht. Da c$ faum benfbar ift, baß ©wen als Jlömg *>on Dänemark
fälfd)lid)er SBeife auSgefagt Ijaben foEte, er fei in feiner 3ugenb 2Bif Inger
gewefen, tonnen bie betreffenben SfiSortc 2lbam3 md)t in ß^eifel 9eS°9en
werben, geft fter)t alfo: ber nad)malige Jtönig oon Dänemarf, ©wen III.,
t)at, als er um 1039 ben fd)Webtfd)en Dtenft oerließ, baS (bewerbe etneS
©eeräuberö getrieben. 5lnbere ausgezeichnete gürften be$ Horbens, wie bie
beiben Dlafe tton Norwegen, mad)ten eS in it)rer 3ugenb ebenfo. Slbam
berichtet nur t>on einem Unfall auf bie Mfte be6 Wremer Gtxtfttftör aber
^uoerftc^tlid) barf man annehmen, baß ©wen feine Staffen noa) anberi
') SWon tteigt. tytxiibex Heimskringla III, 27.
«BierteS 93udj. Q>ap. 8. £änenmrf \>on Ghtglanb getrennt, unter ©iven III. (Sfiribfon. 103
wotyn, namentlich gegen bie 23eft£ungett beS jlönigS ücm Norwegen tefjrte.
Ü)enn ©wen macbte, wie ter (Srfolg bewies, (Srbanfprüche auf bie trotte
2) änemarf, unb eS ift beßbalb wat)rfd)einlich , baß er (n 9D?agnuS wegen
jenes Vertrags, ju weldiem ber Norweger ben Detter ©wenS, ^arbtfnut,
genötigt hatte, einen getnb far).
Erweislich fatfef) ift bagegen, baß Magnus vor bem £obe ,§arbi*
tnutS 5)änemarf erobert habe, liefet nur ber 2)rontr)eimer 9J?önct)
Sheoberid),1) beffen ©enauigfeit ftd) uns ftctS bewährte, fonbem auch ber
9J?eifter norbiftfer ©efdmtte, ©norro2), mclben etnfttmmig, baß ber 9cor*
weger erft nach bem £obe ,£arbifnutS unb mit Berufung auf ben (Srbver*
trag von 1037 3)äncmarf befcjte. 3)amit fällt alfo ber ©runb weg,
wegen beffen' §arbifnut nach 2lbamS Vorgeben ftd) an 9J?agnuS von 9?or*
wegen räd)cn wollte. (Sbcnfo unwahr ift jweitenS, baß ^arbifnut ittieg
an Magnus erflärte unb ben kälten ©wen jum Anführer feiner glotte
bcftetlte, benn wäre bieg gefct)et)en, fo müßten, um von ben norwegiferjen
ober islänbifchen ^tftortfern £l)cobcrtd) unb ©norro §u fchweigen, boeb we*
nigftenS bie angelfächftfchen (Shrontfcn trgenb etwas von beiben begeben*
heiten meloen. 2lber fte fagen fein 2Börtdr)en von norwegifchen Äämvfen
ober einer ^auptmannfehaft ©wenS, zweien fingen, bie, wenn fte anberS
ber SßirHichfeit angehörten, unmögltd) verborgen bleiben tonnten. $lbam
irrt alfo.
2lber wie nun? feilte gar nichts 2Baf)reS an bem fraglid)en Zty'xi fei*
neS Berichts fein? SOtetneö @t achtens liegt il)m ein ©tüct ächten Metalls
p ©runbe. 3a) glaube, ©wen §at wirtlich jwifchen 1039 unb 1042 als
©eefönig auf eigene gauft Norwegen verheert unb ben ^önig Magnus,
fo gut er vermochte, bebrängt, unb zweitens er t>at ©old)eS mit geheimer
englifcher Unterführung gethan. drittens benfe ich, baß ber ^önig von 3)äne*
marf bem ^Bremer (Styroniften etwas ber 2lrt, aber nur obenhin unb ben
eigentlichen 3ufammenr)ang verbedenb, er§ät)(te.
©eit ^arbifnut aus 2)änemart naa) EnglanD überftebelte, mußte er
fürchten, baß 93?agnuS, bie Verlegung bcS §ofcS unb bie Entfernung ber
bänifchen glotte benüf^enb, baS 9?acbbarreid) angreife. 3n folgen gälten
gefchieht eS gewö'hnlid), baß Könige ©egnern, benen fte nid)t trauen, frembe
geinbe auf ben §alS laben. 3U gleichem 3^ecte wirb ^arbifnut bie
3) ienfte feines Detters ©wen in £tnfvrud) genommen t)aben, inbem er ihn
heimlich mit ©elb unb (Schiffen unterftü^te, unb anwies, bem Norweger
ein geuer am eigenen £eerbe an^ünben. SSegreiflich ift, baß $önig
©wen, als er bem ^Bremer @f)roniften eine Ueberftcht feiner £ebenSgefchid;te
l) De regibus norwagicis cap. 24. £angebecf V, 332. 2) Heimskringla III,
24 ft9.
104
tyabß ©vegoriuö VII. unb fein Bettalter.
mitteilte,1) nur obenl)tn von ben ^erbältniffen fpraef), in benen er bamalö
$u ^arbtfnut ftanb. 2)enn bte 9Me, bte er als Sßtfmger unb (Sölbttng
beö attgelfäcrjftfdum <!pofeS fptefte, war feine el)rem>otle. Um nun ben fei)*
lenben 3ufammenl)ang $u ergänzen' , benfe tcb mir, fpamt 2lbam fünftlicbe
gäben, erbidjtete, baß 2)änemarf wiberreebtltd) t>on Magnus angefallen
worben fet, unb baß ^arbifnut, um Ijiefür 9faa)e 51t nehmen, eine glotte
wiber Norwegen auSgefenbet unb §um 33cfct;l^£;a6er berfelben Ulfs <5ot)n
ernannt l)abe.
(Snbltdj alles, was 5tbam über bte 23erl)anblungen §wtfd)en 8wen
unb bem neuen Röntge fcon (Snglanb, (Sbwarb, berichtet, fjafte ta) für bua>
ftäMta) wafjr. Umnöglid) fann man bezweifeln, baß 9JcagnuS fcon 9ior*
wegen nad) bem Sobe ^arbifnutS, geftü$t auf ben (Srbttertrag, nid)t b!o6
2)änemarf in 2lnfprud) nafym, fonbern auet; bte 9kd)folge in (Sngtanb for*
berte. 3)enn er fyat ja, wie früher gezeigt worben,2) fobalb eS tr)m bte
Umftäube erlaubten, feine §änbe nact) (euerem 9^etct)e auSgeftrecft 5 aud)
tft faum ju leugnen , baß bie tton 6norro angeführten Sßorte beS $er*
tragS bem Norweger ein 9^ccf)t fo gut auf baS engltfc^e, wie auf baS
bänifebe Gnbe ^arbtfnutö »erliefen. Abwarb war alfo gleict) im Anfange
feiner Regierung, wo fo siele innere 6d)Wierigfetten tfyn peinigten, buret)
ben Unfall eines mäd)ttgen auswärtigen ©egnerS bebrot)t.
©ab eS nun ein beffereS Littel, biefer ©efafjr fcor§ubeugen, als
ben SluSweg, welchen Slbam anbeutet, unb ber barin beftanb, baß er baS
von ^arbifnut gegebene Q3eifyiel — jeboer) tn größerem Umfang — nact)*
at)mte, ben 6eeföntg ©wen, ber als $erwanbter beS fntytlfagtfcfyen ,§aufeS
ben uorwegtfd)en §aralbiben gegenüber ein (Srbrecfyt auf Ü)änemarf gel*
tenb mad)te, unb tu biefem feinem £etmatt)lanbe 33erbtnbungen untere
fßUf mit Söaffen, mit ®elb, mit Skiffen unterftü^te, tfm bann nad) bem
baltifc^en üDJeere fjinüberfanbte", um bort bie aufftrebenbe 9J?acf)t ber 9cor*
weger ju befämpfen unb baburd) 9J?agmtS sott einem Angriff auf (Snglanb
abjuf)alteu ! (Sin jeber $önig fyätte eS in (SbwarbS Sage ebettfo gemad)t.
2)ie l;öcf)fte innere 39Sal)rfdjemltdjfeit fpridjt bemnadj für ben SBcrtc^t beS
Wremer @efd)id)tfd)retberS. 31 6 er aueb 3wantf|e angelfäcbftfa^er (%ontfeu
fommen l)tn§u.
glorenttuS von Sßorcejkr bm&kt3) §um 3af)re 1045: „Jtontg Abwarb
fammelte im §afen von ©anbwtcr; eine mäd)ttge glotte wiber ben Üftorwe*
ger SttagnuS, üon bem eS l)ieß, baß er Gmglanb angreifen werbe. 3)ie
gefammeUe glotte lief jebod) niebt aus, weil 3ßotfcr)aft fam, baß ber 2)äne
^wen burd) ^rteg, ben er wiber SDfagnuS erl)ob, benfelben gefyinbert l)abe,
2) ©ie^e ©anb II, 656.
üßievteg 33ucr). (5a£. 8. £)änemarf tum Gnglcuib getrennt, unter (Stven III. (Sjhifcfon. 105
(Snglanb anzufallen." 211 fo €wen war ber SSorfämpfer für (SnglanbS
©rc^erfyett! 3ft cS nun benfbar, baß (Sbwarb einen fo trappen Wwfybax
ofjne £ülfe ließ? £ören wir weiter: ber nämliche (Er)rontft melbet1) jum
3at)re i 047 : „Äöutg €wen von Dänemark forberle burd) eine ©efanbt*
fd;aft ßbwarb fcon (Suglanb auf, ü)m eine glotte gegen SfiagnuS §u §ülfe
jn fd)tcfen. SBtrfltd) trug (Sari ©obwin im geheimen SRatljc bc$ $önigö
barauf an, baß wenigftenS 50 £d)iffe nad) Dänemarf beorbert werben foll*
ten, aber Seofrtf unb viele Slnberc hintertrieben ben 23orfd)lag. &Betl 6wcu
bie »erlangte glotte nicht erhielt, warb er in einer großen 6eefcb(ad)t von
3)iagnu$ überwunben unb aus Dänemarf vertrieben. Dod) ftarb ber 6ie.
ger balb Ijernad)." Da£ Stnftnncn ber 3ulCUDUn9 e*ner Sfott** Weldas
€wen [teilte, nötigt §u ber SBorauSfefcung, baß ein engeö SBcrtyftlttttsß §wt*
jehen betbeu fronen ftattfanb. 9?ur von einem folgen gürften, ber 93ep?
binblidifeiten gegen tl)it hatte, fonnte ©wen fold)c Dtenfte forbem. golg*
lid) ftanb (Sbwarb im SBunbe mit bem Dänen. Dieß sugleid) bie ©rünbc
für ©emcinfdjaft §wifd)en Abwarb unb ©wen, bie id) früher2) nad)§ulicfern
verjprodjen habe.
Die @e)d)tdUe Dänemark wäl)renb be6 Kampfes ber norwegtfctien
Könige $iagnu3 unb feinet 9iad)folgcre Jparalb ^arbraba gegen <Swen III.
würbe anberSwo3) er§äl)lt. 3nbeß Ifi no'tf)tg, (§mtge$ nac|pholen. 3a)
habe einzelne S$atfa$en angeführt, welche ben 6d)luß rechtfertigen, baß auch
ber beutjehe ^)of ben 'Dänen t)etmltdb ober offen gegen 50tagnuö ober §a*
ralb fdni^te. 6tarfe 2ln§eigen beffelben 2krf)attmj|e$ fttibett fia) bei ben
englijd)en (Er)rontften. 3um Safyc 1049 fdjretbt4) glorentiuö: „ßatfer £ein*
ria) III. rüd'te mit . einem großen §eere wiber SBalbuin V. von glanbern,
weil berfelbe ben $alaft §u Heimwegen verbrannt r)atte. Sin biefem gelb*
&uge nahmen *ßabft Seo IX. unb viele vornehme unb mächtige £crren Zl)til
Slud) ber Jvönig von Dänemarf, (Ewen, erfaßten, gemäß bem von ,£>ein?
rid) III. erhaltenen 2kfel;le, mit feiner glotte unb leiftete bamale bem
fer ben (gib ber £el;entrcue. Desgleichen halte £emria) III. eine ©efanbt*
fd;aft an Mntg (Srwavb von (Snglanb abgefajttft mit ber SMtte, verhinbern
§u wollen, baß 93alt>uin feewärts entfliehe. 311 fold^cm ^voede 309 wirf*
lia) (Sbwarb eine glotte im §afen von ©anbwid) jufammen, welche fo lange
bafelbft blieb, biö S3albuin bem ^aifer vollftänbige @enugtt)uung leiftete."
Der gelbjug ^einrich^ III. gegen ben glanbrer, fo wie bie 2tuwe*
fenheit Sco'ö IX. im taifcrlichen Sager wirb buia) beutfehe Duellen 6eftä*
tigtj biefe Uebereinftimmung feftlänbifcher ^hronifen erwedt ein günftigeö
SSorurtheil für bie 2LÖat)rr)ctt ber bem $lngelfaa)fen etgenthüm(id)en 9tact)^
4) Flores tempor. ©. 625. 2) Q3anb 11,651. 3) 2)af. ©. 655 flg. 4) 91. 0. £>.
®. 625 flg. SJergl. ©fröret, Jtiv<$. @efc^. IT; 503.
106
$abfl ©regoviug VE. unb fein Bettalter.
richten bejügltd) bei 9\olle, roeldje bamalS 6roen unb (Stroarb von (Snglanb
fvielten. ©eine eingaben müjfen begrüntet fem. 3)er oeutfebe Jiatfer ver*
fügte über eine fytnt riefe enfce £aubmad)t, aber an einer ihiegeflotte fehlte eS
il)m, bte bod) ttötfytg war, um ben glanbrer, ber et« .ftüftenlanb beroofynte,
§u paaren §u treiben, £etnrid) III. üerfc^affte ftcb in btefer Verlegenheit
(Bd)tffe aus (Snglanb unb 2)änemarf.
SRun voiffen bte Duellen nid)tS von^ einem Vafatfenverfyältnif , baS
©wen vor 1049 gegen einen beutferjen jtaifer einging. (Sbenfo wenig tft
irgenbwo von glotten bte 9tebe, weld)e bänifd)e Könige in ber näcbfteit
3eit t>or ober nad) 6wen beutfeben ^atfern ftetllen. 23et btefem Sacbver*
fyalt muß man annehmen, baß ber 2)äne barum feine ©d)iffe bem (salter
§ufül)rte, weil legerer erfterem aus irgenb roelcbem Slnlaffe «gntlfe geletftet
unb weil bafür ^etnrtd) III. als (£rfa£ ftd) ©egeubtenfte auSbebuugen
fyatte. Um jene Seit verlief baS 7. 3al;r, fett ©wen ben roütbenben 91n*
griffen ber norwegtfd)en Könige Magnus unb £aralb einen im ©an§en
erfolgreichen 2£tberftanb entgegenfe^te. 6tdu'rltd) wäre tl)tn bieg nid)t ge*
luttgen, fyätte tfym nid)t baS falifdhe §auS, welcbeS ntc^t bulben tonnte, baß
ber Norweger ftet) auf 2)eutfd)lanbS 9iorbgrcm§e fejifefte, bte ^>anb gereift.
3d) benfe, als ©egettletftung fytefür forberte Äatfer ^einrieb III. bte 6d)iffe,
unb ber £)äue gab fte. 23et ber nämltd)en ©clcgenbeit wirb cS §u weite*
reu Unterfyanblungen §wtfd)en Reiben gefontmen fein, in golge wetd)er ber
beutfd)e Äaifer nod) ausgiebigere Unterftü£uttg , als bisher, wiber ^aralb
^arbraba vergieß, ©wen bagegen ben förmlichen Vafatletteib fa)wor, von
welchem glorenttuS fvrtd)t.
$lel)ttltd) muß eS ftd) mit (SbWarbS Stellung ju £emrtd) III. vergalten.
Äetn cngltfcfyer Zottig l;at im 11. 3af)rl)unbcrt ftd) beutfeben ^atfern $ur
Vafatlenfd)aft verpflichtet. SEenn gletd)roel)l Abwarb für £etnrid) III. feine
glotte aufbot, fo muß bteß wegen gewiffer greunbfd)aftSbtenfte, welche ber
3)eutfd)e bem 2lngelfad)fcn etwtefen hatte, ober wegen eines befonbem §Wt*
ftt)en Reiben abgefa)loffenett Vertrags gefd)el)en fein. bewarb war burd)
§aralb faft ebenfofef)r bcbrol)t, als ©wen, am Gntbc aber fonnte ber 9cor*
weger nur burd) geheimen ober offenen 23eiftanb, ben ber $atfer bem 3)ä*
neu lief)/ im 3«ume gehalten werben. - 2öenn ber ©alter feinen fcbü$enben
5lrm §urücf§og, gieng mit 2)änemarf aud) (Snglanb verloren, ©buarb fyatte
bal)er guten ©runb, ben 3)anf beS beutfd)en ^atferS §u oerbtenen, ba
oermöge ber obroaltenben Umftänbe (SnglanbS 3u^nft in §etnrta)S III.
£änben lag. Wlan ftcl)t: bte tollen <8rreid)e beS ©tfenfopfS, ber von 1047
bis 1066 Norwegen bel)errfd)te, Ratten ben (Srfolg, bte Wlafyt etneS gür?
ften, ber viel Hüger als ^aralb roar, über bte Otetcfye ©fanbtnavtenS auS*
5ubcl)tten. ^eimtd) III. fvtelte ben 6d)tebSrtd)ter beS Horbens.
(Sroen III. befanb ftd) vom Anfange fetner volitifc^en Saufbal)n an bis
Viertes 33u$. ®ap. 8. £)änemarf innt (Sngtanb getrennt, unter <Slven III. (Sjhtbfon. 1Ö7
1064, ba ber Slbfcbluß be£ griebenS mit Norwegen erfolgte, in einer ge*
fär)rlidjen 2age, unb bie ©ewanbtfyett unb ©tanbfyafttgfeit, mit Welcher er
fein ©d)iffletu burcr) alle möglichen flippen f)tnbur#fteuerte, verbient 23e*
wunberung. Unaufl)ör(icb mußte er ben Unfällen bcS müt^cnben £aralb
bie ©vi£e bieten, er mußte überbieß, waö noer) fcfywieriger, ben §xfovin$*
ß$feiten eigcnnü£iger Reifer, wie ber (Snglänbcr, vielletdn bc3 SÖenben
9otf$aff, am meiften beö beutfd)en #ofe$, cntfc^lüpfcn. 9?od) läfttgcr aber
alö bie 3umutr)uncjen be$ ÄaifcrS ^etnria) III. felbft würbe it>m bie @fyr*
fua}t, weld)e £etnrtd)3 HI. geiftltct)er ©eln'tlfe, @rjbifd)of Valbert von £am*
burg^remen, entwitfelte. 21(3 gäbe e$ feine Jlrone 3)äncmarf, ober als
fyätte fte feine ,£or)ett3rcctjte, verfügte Sbaföert über baS ©ebtet be$ beilade
karten ^önigö, fdjrieb1) vor, wann unb wo auf bäm|d)em 53oben 23iö;
tl)ümer erria)tet werben follten. 2Bate gar fein anberer SBeweiö vornan?
ben, baß 6 wen III. von beutfcfycr ©uabe lebte, unb baß datier ^einrid) III.,
burcr) bie ^änbel ber jfanbtnavtfcben Röntge §um ©d;teb3ridUer be$ 9?or*
benö erhoben, überalt feine £änbe einmi|d)te, fo würben für ftdb allein
SlbalbertS ftrcblicfye $(äne bafür bürgen. 2lbam von Bremen fagt:2) ,,nod)
mef)r alö bura) Waffengewalt l)abe ^aifer ^einrieb; III. burd) 2lbalberte>
fünfte ©fanbinavien fammt ©lawien befyerrfcrjt."
S3et ben vielen Sugenben, bie ©wen befaß, fröfynte er einem ^auvt*
lafter — ba£ Slbam, um ben Äönig §u entfcbulbigen, ein allgemeine^ ber
©fanbinaven nennt3) — §ügellofer Neigung §u 2ßetbern unb §ur Völlerei.
„2llle £efyren unfereä (£r§btfcbof3," fagt ber Wremer (Sfyrontft, „nafym Sic*
nig ©wen willig an unb befolgte fte, nur von ben gemeinen ©ünben beö
Horbens, von Unpd)t unb £runf, fonnte ifyn Valbert triefet abbringen."
CDiefe böfe ©ewofynfyeiten trübten grieben unb (§f)re feinet «£>aufe6, unb
verfdblimmerten §ugleict; feine (Stellung jum Hamburger (Sr$ftuf)le. ©wen
jd)(oß, wie e$ fcfyeint, §wei wirflia^e (Sfyen, von benen jeboer; nur eine ben
©a^ungen be6 fira)iia)en 9*ecbte£ entfpracb. 3nbeß l)eirfd)t ©treit fowol)l
über bie Reihenfolge beiber (§r)en, alö über bie tarnen ber ^wei ©emal)*
(innen, ba bie Duellen nicr>t mit einanber überetnftimmen.4) ©enug, bie
eine fjieß ©utfya, bie anbere ©unfyilb, bie eine war bie 2£ittwe be3 Rh
nigS 3afob 2lnunb von ©ct/Weben, beffen $ülfe fyauvtfäcfyltd) ber 3)äne
©teg unb £l)ron verbanfte. 3Me anbere war eine £od)ter ebenbeffelben
©Sweben au£ einer früheren (£l)e unb folglia) ©tieftocbiter ber anbern.
£)te eine gebar if)rem ©emafyl einen ©olm, Welver, ber einzige rechtmäßige
l) Gesta hammaburg. HI, 32. Tlan toergl. ©frörer, Stixti). ©efc^. IV, 470 ftg.
2) Ibid. III, 31. 3) $erfc VII, 343. fammt ©emotion 73. 2)aju noc^ ibid. @. 356.
*) SJlan fe^e bie ttcfitttolle Slueetnanberfe^ung Bei Sangebed III, 335. SWe a, Ivo bie
Beugniffe abgezogen roerben. ^auptquelle i|l 2loam von Siemen III, 1 1. ©. 339. 2)ann
©. 341 oben unb ©c^olton 67. (Snblicfj @. 343, ©c^olton 73.
108
^abft ©regovtuS VII. unb fem 3etfaUev.
©prößling fetneö 2kter3, ben gleichen tarnen erlieft, nämlicb ©wen, aber
fiüf;e wegftarb, bte anbere hatte feine jtinber. £>ie eine enbete bura) weib*
lidje SSoöfyeit, benu Xfyoxa, eine ber Bielen ^etfdjlctferinncn ©wett3, tief bte
rcd)tmäßige fötaigin aus (Sifcrfucr/t vergiften. 2)te anbete warb gewaltfam
von ©wen gefdnebett.
23c$ügltch be$ lederen galleö erjagt l) 5lbam golgcttbeS s „Uebermüthtg
geworben bureb augenblidltd)c3 @lüd, vergaß ©wen bte Pflichten, welche
er ber Kirche fcbulbete, nnb vermählte ftd) mit einer tfym blutSverwattb*
tut ©cbwebin (allem tfefefettt nad) ift bie ©tteftoebter ber erften ver*
gifteten ©emaf)Im ©wenS gemeint). 2113 unfer (Sr^bifcbof I)tevon jhtnbe
erhielt, febiefte er eine ©efanbtfdjaft an ben i?ömg, burd) bie er if)m erttft*
Hebe ^orfteünngen machen ließ, §ule|t brofyte er mit bem ^trdjenbanne.
©wen geriet^ in S^utf), tobte, lärmte, fd;wur, baß er Hamburg attjünben,
ba3 gan§e (§r$fttft mit geuer unb ©chwert verheeren werbe. Slber ber
Metropolit blieb feft, brachte bte ©adfye nach $om, unb erzwang, baß ber
Köllig auf ein ©d)retbett bcö *ßabfte3, baS er erhielt, ber ©chwebtn einen
6a)etbebrtef aufteilte. @leid)Wohl vermod)ten bie ^rtefter md)t fo viel über
tyn, baß er ftcb fettbem ber ^eufd)l)eit befleißigt hätte, fonbern ©wen fuhr
fort §u leben wie früher, nahm ein 2Beib, eine jtcbfe um bie anbere."
3)aß (§r§bifd)of Slbalbert gegen ©wenS @r)e mit ber fct>webifd)en
Königstochter eintritt, gefebaf) meines (SrachtenS ebettfo fein* ober nod)
mel)r au$ ipolittfdjer ^Berechnung, als um baS 5lnfel)en ber Ktrchengefcfce
aufredet §u galten. 2Öefcb' naa)ftet)tiger Ausleger beS KtrcbenrecbtS war
Valbert fonft, wie oft brürfte er bie klugen §u! Offenbar fttelt ©wen
barum fo feft an ber fdjwebifdnnt @emal)lin, weil btefe 33erbinbung tl)tn
£alt unb ©tärfe gab. 2)a$ wollte Weber ber Wremer, noch fein faifer*
lieber 53robt)err : ber 5)äne follte von beutfeber ©ttabc abhängen, barum
warb er genötigt, bie ©chwebtn fort^uidnden. 2)iefelbe muß laut ber
2luSfage2) 2lbamS eine vortreffliche gürftin gewefett fein. Unter Herfen
ber 2Bol)ltl;ätigfeit brachte fte tl;r übriges Scben auf ben ©ütern fytn, bie
fte jettfette ber bönifeben @rän§e von ©d)onen befaß.
9lod) fdiwerer verftieß ©wen aus anberem Einlaß, in trunfenem 9Jcutl),
gegen baS Äira)enred)t. Ü)oa) war cS bteßmal ntcr>t ber Hamburger 9}?e*
tropolit, fonbern ein einl)etmifd)er Sßtfcbof, ber tf)tt §ur ^ea)enfd)aft §og.
$)aS norbtfd;e 3ulfcft bauerte unter djriftlidjen gönnen fort. %m -IftcujahrS;
abettb würben in ber itömgSbnrg ju ^oe^lilb ©elage gehalten, bei weld)en
bie ©roßen beö 9ietcbö mit bem Könige tafelten. (Einmal — baö 3a^r
tft nid)t genattttt — fielen bei folcfyer @elegenl)eit auö trunfenen Äel)len
böfe Sieben über ©wen. 2Bof;lbteuer hinterbrachten fte iljm, fein 3^™
A) $tx$ VII, 339. 2) $tx1fr VU, 341 oUn.
93terte3 93ucr). @ct£. 8. £cinemarf tton (Snglanb getrennt, unter @\pen III. (Sjiribfon. 109
flammte auf, unb er gebot, bie Ucbermütrjigen am nädbften borgen, unb
jwar wäfyrenb beö ©otteSbienftö in ber Strebe, nieberjufjauen. <&o gef#ab)
e6 auefr. 2)a6 53htt mehrerer floß tu bemfelben Tome, wo einft Äamtt
6wen3 SBater, Ulf, r)atte erfteeben Iajfen.
5luf bem (Stuhle von $oe$ftlb faß 2öilr)elm, vom Metropoliten 5lbal*
bert jum 33ifcbofe geweift. l) 3t)m fam e$ ju, €ül)ite für bie böfe Sljat
$u forbem. 9Jhitl;ig erfüllte 2Bü§eltn feine ^flicbt, fo fauer e£ il)m fallen
moaMe, ba er beim Könige in bofyen ©naben ftanb. 3116 ber «ftönig nadfy
vollbracbtem 9)?orbe in bie Mixdjc fam unb in ben (£t)or vorfebreiten roollte,
»erjagte if)m ber SBtfdbof mit vorgehaltenem ^irtenftabe ben (Eintritt, nannte
it)n einen SRorber. Die Seibwarten be6 Äöntgö ftürjten vor, jogen i()re
©ebroerter, allein ©roen, formell $ur 23eftnnung gefommen, gebot ifmen $alt,
verlief bie Strebe, feljrte in ben ^alaft jttrücf, legte 23ußfleiber an, fam
barfuß wieber unb warf ftcb in ber $orr)alle nieber. (£ben war baö
^rie (Sleifon beenbigt, ba£ Gloria follte beginnen, als 25tfcbof $BtIf)elm
erfuhr, was brausen vorging; er eilte fyinauS, empfing be6 itönigS Scbulb*
befenntniß, legte il)m 33uf e auf unb fpraef) ib)it bann loS. Wdt einer
falben §arbe (2lmt3be§irf) ber 3nfel @eelanb fübnte €>wen fein ÜBer*
gefjen. 2) 2)a6 23eifpiel beS l)eiligen 2lmbroftu3 f)at Reiben, bem SBtfdt)ofe
unb bem Könige, vorgefebwebt.
(£0 fonnte mct)t fehlen, baß ein fo verftänbtger gürft, wie @wen, mit
Unwillen bie ftr^licben unb politifcben geffeln trug, in welche ifm ber fa*
Ufdbe §of unb 3lbalbert von Bremen verftrieft fyatte. (Swen wünfebte vor
Willem , bie $lbr)ängtgfett ber bänifeben j!ircbe vom Hamburger (§r§ftui)l §u
breeben. 3)a6 Littel bap war bie (Srridbtung eines eigenen ©r§6tötr)um6
in Ü)änemarf. 5lbam (abreibt:3) „naebbem baö (Sf)riftentl)um überall in
1)änemarf Eingang gefunben blatte, verlangte Lintig «Swen, baß ein <&xp
ftut)l bafelbft gegrünbet werbe." 5Rur mit römifeber <£)ülfe vermochte er
ba$ febwierige 2ßerf §u vollbringen. 33on Leitern b)er arbeitete er barattf
r)m, in ber *ßeter6ftabt mächtige greunbe §u gewinnen. Unter bem 25. 3a*
nuar 1075 febretbt4) *ßabft ©regor VII. an Strien: t$m 3ett, ba tcb noeb
bloßer 3)iafonuS ber römifeben ^trcr)e war, f)abe ict) oft von beiner Stebben
^Briefe, unb ©efanbte erhalten unb mit Vergnügen barauS beine 2Bof)Ige*
netgtr)eit gegen uns erfefjen." 3m golgenben fügt ©regor VII. bei, baß er
befonbereS Vertrauen §u <Swen l)ege, weil er in Siffenfd^aft unb jtunbe
beS JtircfyenwefenS anbere Könige übertreffe. Sugfetcfc be§eicbnet er als
einen ber ©egenftänbe, über welche früher unterb)anbelt worben fei, bie (Sr*
*) Ibid. @. 366. 2) @in blumen? unb fdjnorfelretcfyer 95ertc^t ^oU unauöfrefjttc^er
JR^etorif bei <5aro üb. XL @. 189 flg. 3) Gesta hammab. III, 32. $erfc VU, 347.
*) Jaffe regest. 5Jlr. 3688. Mansi XX, 164.
110
$abfl ©regoviuö VII. unb fein 3ettalter.
ricbtung etnel bänifcben (grjbiltfymnl. SBetläufta, will icb bemerfen, baß
a liefe ber SBremer Slbam bie miffenfchaftltcben ftenntniffc bei Ü)änenrontgl
hervorhebt. ') ©wen febeint Satein tterflanfeen ju fyaben.
2>et 3)äne hatte, tr>ie man ficht, längft SBerbinbungen bem ge*
nannten $mdt in $om nnb namentlich mit (Sarbinal ,$pilbebranb ange*
fnüpft. Allein $etri ©tattbalter, obgleich, wie ber Erfolg bewiel, geneigt,
ben SBunfd) bei £änenronigl p erfüllen, fonnten vorerft nichtl u)un,
fo lange bie ©ewaltherrfdwft bei falifdjen £aufe$ über ben tyil ©tubl
fortbauerte unb fo lange ©wen fclbft $m beutfdjer ©nabe abging. SBie
icb früher setgte,2) mar Slleranber IL in ben Anfängen feinet *ßontiftcatl
ferner bebrängt unb mußte barum bureb ©efälligfeiten bie guten Ü)ienfte
2lbalbertl, ber am beutfeben ^ofe bal große 2Öort führte, ju gewinnen
fueben. Um biefelbe 3üt mar vom Wremer (§r§bifd)ofe eine ©tyriobe nach
©d)lelwig aulgefchrieben worben, auf welcher alle bäntfdjen SBifchö'fe er*
fdieinen feilten , um bie 23efel)le tyrel geifttiefeen ©ebteterl ju empfangen.
(Siner ber ©elabencn, Gilbert üon ginnen unb ^elgolanb, blieb aul, un*
verfennbar im geheimen (Sinoerftänbmffe mit Slmtlbrübem unb bem Könige
©wen, meiere bie ©adje hintertreiben wollten. 9cun flagte Slbalbert beim
$abfte, unb 2Ueranber fanb geraden, ben bänifa^en 33ifa)öfen in ftrengem
£one it)re Unbotmüßigfeit §u oerweifen.3) £)al fab) ntebt fo aul, all ob
Köllig ©wen Hoffnung Regelt bürfte, baß *ßabft Slleranber je jenem SBunfdje
entfpreeben werbe.
Allein allmählig befferten ftet) bie $erhältniffe bei fyeil. ©tul)lel unb
^gleich bie bei bänifcrn'ii jlöntgl, obgleid) er bem jungen ©alier Heinrich IV.
um 1063 förmlich tofymttm fyatte fdjwören muffen.4) 2)er £ßcnbepunft
für ©wen trat, wie tcf> anberlwo jeigie, burd) ben norwegifeben grieben von
1064 unb burd) ben um §wet ^erbfte fpäteren ©turj £aralbl ^arbraba
ein. „93tl bafym," fagt5) ©aro, „wanfte ber %tyo\\ ©wenl unaufhörlich,
je#t (tanb er feft." Slud) bie Eroberung (Snglanbl burd) Wilhelm, ben
SBaftarb ber -ftormanbie , feblug jum 93ortr;etle bei bänifchen ÄönigS aul.
©wen III., ber all @nfel ©wenl L rechtmäßiger (Srbe $u fein behauptete,
forberte von 2Öü|elm 3tnl unb £ufotgung. 3)a ber Eroberer fühlte, baß
er in ben erften Reiten einer bitter gehaßten ^errfchaft (Sinmifchung frember
geinbe um jeben $retl verhtnbem müffe, gab er gute Sorte unb fchidte
einen $lbt all griebenlgefanbten nach Dänemarl ^>iiiitber , ber große @e*
fchenfe überbrachte unb baburd) ben 3)änen für ben Slugenbltcf befchwiebtigte.6)
2)urch gleiche Littel gewann 2Bilf)elm ben ßrsbifcbof von Bremen, bamit
er ben 3)änen in guter ©timmung erhalte. 5lbam fagt:1) „©wen unb
*) Gesta hammab. III, 53. «ßct^ VII, 356. 2) S3anb l, 669. 3) Saffe »r. 3376.
5)onn 5lbam von Bremen, ^ev^ VII, 365 flg. *) SBanb II, 663 flg. 6) Histor.
danic. lib. XI. @. 187 unten. 6) Legatio Heisini abbatis bei ZariQtUd III, 256.
■Sßievteö 33udj. ($a\>. 8. JTänemarf t?on (Snglanb getrennt, unter Stoen III. (Sfhibfon. 1 1 1
Sßt^etm ber 33aftarb fjaberten über ben 23eft£ oon (Snglanb , obgleid) unfer
Metropolit, burd) reiaV ©aben 5Btl^eImö geföbert, (Sroen jur 9^acf)giebtg^
fett ju beftimmen \ud)U.H Die «Sachen ftanben jefct anberö atö früher:
Formalen mußte ber ßrjbtfcbof ben Dänenfönig begrüben.
9]ort günftiger für Swen roar bic Vertreibung Abalbertö fcom §ofe,
tie um einige Monate ber Eroberung @nglanb3 voranging.1) 3war 9e*
langte beifelbe um 1069 roteber jur ©eroalt, aber mit tiefem Augenbliefe
begannen in DeutfaManb bie Vorbereitungen bc6 VürgerfriegS, bie 1071
ben Salier §einrtdj IV. unb feinen 9tatl)geber Abalbert nötigten,2) für
baö Anerbieten ber Abtretung einer ^anbfebaft auf ber beutfa^en 9corbgränje,
bie §ülfe (SroenS gegen bie voiberfpenftigen <Bad>fcn in Anfprucf) §u nehmen.
Daß ber betreffende Vertrag rtad^er utebt ttotljogen roarb, machte ruebtö
au$: ber bentfebe ^errjaVr ^atte einmal ben bänif&en al3 einen felbft*
ftänbigen gürften behanbelt. Die fyittn ber bemüt^tgen (Stellung SvoenS
roaren vorüber. Doppelte SQStrfungen ber »erbefferten Sage be$ ©tur)Ieö
^etrt unb be$ bänifa)en itönig$ treten fofort in Verhandlungen groifc^en
beiben fyenwr.
3* habe oben3) ein (^reiben erroäbnt, in roelcbem *ßabft Aleran*
ber II. ben ränijaVn Köllig aufforberte, gleich feinen Vorgängern, 3"^
ober einen ^eterepfenuing an bie römifebe Jiird^e ju entrtebten. Die frag*
liebe SBuüc ift bloS im Au^uge obne Drt unb 3af)r auf unö gefommen,
famt aber nur ben fpäteren Reiten bc$ Cßabfteö angehören. Sicherlich hätte
nun Aleranber eine folebe gorberung niebt geftedt, roäre nicht aud) er feiner
SettS bereit geroefen, bem Dänen ctroaS §u bewilligen. Die 33uHe roetet
bafjer barauf r;M, baß groi|0}en ber römtfäeit Sude unb bem banifdjen
§ofe Verrentungen fchroebten, bie fdjon ber Steife ftcb näherten. 9?un
nnffen roir, baß Sroen bie Errichtung eineö bänifcheu (SrjftuhleS roünfcbte,
bie nur Cßetrt (Statthalter gewähren fonnte. AnbererfeitS ift befannt, baß
$om an ^Bewilligungen ber Art ©egenbebingungen §u fnüpfen pflegte.
(Sine ber gorberungen, bie ooraueftcbtltch Stteranber bamalS machte, roirb
bie Entrichtung be6 oon Äanut eingeführten 3lufe^ geroefen fein. Eine
jroeite lernen roir auö bem ebenfalls oben *) berührten (Srlaffe ©regorS VII.
t>om 25. 3anuar 1075 fennen.
©regor VII. beutet barin an,5) baß ^öntg Sroen in ben Sagen beö
^abfteö Aleranber II. , alfo jroifchen 1061 unb 1073, ftcb erboten fytibt,
im galle 9tom $ur ©rünbung be6 bäntfeben Er$btethum3 bie £anb reiche,
fein D^eich bem fall $etruö ju eigen §u geben unb atö Sehen jurücfju^
empfangen, ©regor fügt überbteß bei : baß bamalS auch noch geroiffe
*) <Stef)e 93anb II, 130 flg. 2) £af. ©. 302 flg. 3) @. 91 unten flg.
4) @. 109. 5) 9t. o. O. Mansi XX, 164 unten.
112
5ßabft ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
anbere 3)tnge jitr Sprache gefommen feien. Sftan ift meines (SracbtenS
berechtigt, unter btefen anbem fingen bte von Aleranber in ber unbatirten
SBulle gemalten gorberungen ju begreifen. Allen Anzeigen na* fungcn (entere
nnb bte von ©rcgor VII. erwähnten Unterhanblungen enge jufammen.
AuS bem eben ©efagten ergibt ftcb : erfteuS jnr $?\t ba Aleranber IL
auf *ßetri ©tur)Ie faß, ift Lintig Sroen nm Errichtung eines ErjbiStbumS in
2>änemarf eingenommen nnb r)at als ©egenlcifhmg ftd) anr)etfcbig gemacht,
ein £ehcnSverhältniß nun Avoftelfürften etnpgefyen; jroeitenS ber genannte
*Pabft nahm. biefeS Anerbieten an, bocb genügte eS ihm nicht, fonbern er
ftelTte bte wettere SBebtngung, baß Sroen, für ftcb nnb feine Nachfolger, bte
gortentriebtung beS von .ftanut ^ngeftanbenen, aber fpäter in Abgang ge*
rätselten, 3\n\c§ übernehme, i)ie Unterhanblung gebiet) jeboch ntc^t jum
Abfcbluffe, benn baS fragliche ErsbiSthum ift in SroenS Sagen nicht er?
richtet roorben. Sie fc^eint gefd)eitert ut fein, entroeber weil Sroen im
Angenblicfe ber Entfchetbung aus gurebt, §cturicbS IV. unb AbalbertS
9?ache auf ftet) ju laben, jurüenrat, ober weil er bei ber Armut!) feinet
£anbeS bte *ßeterSfteuer aftjubefchroerltch fanb.
AuS eigenem Antriebe — nicht buret) Sroen ba§u aufgeforbert —
fnüvfte sßabft ©regor VII. bte vermutlich gegen Enbe beS vorr)ergef)enben
*]3ontiftcat3 abgebrochene Unterhanblung, mittelft beS mehrfach ermähnten
Schreibens vom 25. Januar 1075, wieber au. Ü)ie betreffenben Sorte
ber 33ulle lautcu: „Wiffe, baß Sir vor einiger ßtit ©efanbte an biet) ge*
febteft fjaben, um mit bir theilS über bte Errichtung beS (Sr§ftur)Ieö , ü)etfS
über anbere 2)inge mef)r, um welche bu §u ben Reiten unfereS Vorgängers
Aleranber gebeten unb zugleich ©egenleiftungen verbeißen fjatteft, ju Ver*
hanbeln, baß aber biefelbcn aus gurebt vor ben Unruhen in £)eutfchlanb
unverrtc^teter 2)tnge §u uns §urücfgefchrt ftub. (Sollten bir biefe 2)tnge
noch immer am ^erjen liegen unb btft bu entfcbloffen, baS p rinnt, was
beute bevollmächtigten uns mehrfach jugeftebert r)aben, nämlich btdt) nnb bein
SRetct) bem Aüoftelfürften ^u eigen ju geben: fo feube unverweilt §ttverläfftge
£eute an UnS, bannt Sir beinen Sitten vottftänbtg vernehmen unb bir
unfere Meinung mtttr)ei(en fönnen. Außerbem wünfehe ich) SBefctieib, in rote?
fem bte r)et(ige römtfehe Stirpe in etwaigen gälten ber 9?otr) auf beut
Schwert unb betne Strettfräfte $äf)Ien barf? 3n unferer 9cät)e liegt eine
reiche, von feigen $e|ern bewohnte, £anbfcbaft am Speere, über welche
Sir einen betner Söhne, roenn bu anberS, wie mict) ein S3tfcf)of beineS
SanbeS verftcherte, Suft I>ätteft, ihn mit einer An§af)l verläßlicher Solbaten
in 2)tenfte beS avoftoltfchen Stuhles ju geben, als ^er^og nnb $ertr)etbtger
beS ©laubenS etnfetien würben/'
Sie man ftef)t, roar ber $abft bereit, baS (SrabtSthnm in 2)änemarf
ju errichten^ zweitens beftanb er, gleich Alexanber IL, baranf, baß ©wen
23ierteö 93ud). @ap. 8. £)anemarf tton (Snglanb getrennt, unter <Stoen III. (Sfhibfon. H3
als ©egen(eiftung fein $eicb ttom Slpoftelfürften Sellen neunte; brittenS
er mutete auf bie tton feinem Vorgänger auSbebungene 3a^un9 enic$
jäfyrlidjen 3tnfeö ; viertens forberte er als @rfa£ für ben 3inS feft §ugeftd)erte
SSqffentyftlfe in Kriegsfällen; fünftens als vetteren $ei$, um ben König
für feine spiäne jit gewinnen, [teilte er tu 2luSftcbt, baß er einen ber (Söfjne
(SwenS jum «Jperjog über ein ntc^t genauer bezeichnetes italientfd)eS ©ebiet
befördern wolle; fectjStenS fnüpfte er hieran bie weitere SBcbingung, baß ber
fragliche Sor)n mit einer genügenben 3«W bänifeber Normannen tu Kriegs*
bienfte beS apoftolifeben €tuf)leS trete.
2lllcS, was ©regor über baS ©ebiet fagt, erwägenb, $ieb)e idj ben
<Sd)luß, baß irgenb eine, von 9D?cnfcben gricd)ifd)en unb barum fejerifdjen
33efenntuiffeS unb ttielleid)t auef; grieditfa^er 6pracb)e bewolmte, (Streefe
5lpulienS gemeint fei, welche bie Normannen (SübitalienS auS 5lnlaß von
tlnterljanblungen, bie in bie erften 3äkn ©regorS VII. fallen, an ben
römifdjen Stuf)l abgetreten fyaben mögen. 2)te lange ^errfebaft ber btyjan*
tinifd)en Kaifer über baS (übliche Stalten Ijatte jur golge, baß ein guter
£l)eil bortiger SBesöIferung tudjt nur baS grieebifa^e 33efenntniß, fonbern
aud) bie griecbifcfye Spraye annahm. ^DocJ) bieß ift eine 9c*ebenfad)e. 2)efto
größere S3ebeutung fommt bem übrigen 3nl)alt beS ^Briefes §u. Um?er*
fennbar will ber Cßabft ben 2)anenfömg fortreißen, er läßt §u folebem
3wede bie t?on feinem Vorgänger ttorangeftellte ^auptbebingung, wdd)e
€wcn läftig fanb, fallen, maä^t an if)rer Statt anbere, auf weld?e ber
2)äne leiditer eingeben fonnte, er fügt enbiieb am 6d;luß noa? ein befonbereS
sReijmittel bei.
©in ^weites 6cbreiben ©regorS an benfelben König, auSgeftellt im
nämlidjen 3af)re, aber faft bret Monate fpäter — unter bem 17. Slprtl —
tft auf uns gefommen.1) 9cad) einem bebeutfamen Eingänge, in Weld)em
er über bie Sauigfeit ber cbriftlic^en Mitwelt Hagt, unb bann bie 9J?ad)t
unb ,£)errlicbfeit ber apoftolifd)en Ktrd)e hervorhebt, bereu ©ebiet ftd) weiter
erftrede, als einft baS Scepter beS 9luguftuS, erteilt er ber Sapferfeit
unb bem ©laubenSeifer ©wenS unb feines $o(feS gfänjenbe £objprüd)e
unb fäfjrt bann fo fort: „bebarfft bu irgenb etwas, was btr bie römiferje
Kirche gewähren fann, fo gib mir 9?ad)rid)t burd) suverläfftge SBotcn, unb
bu follft Ellies r)aDen- 2)a bu unferem Vorgänger, feiigen ©ebäd)tniffeS
2tleranber IL, gewiffe bitten Vortrugeft, auS welchen hervorging, baß eS
beine Slbftcbt fei, in ausgezeichnetem ©rabe bir unb beinern $ctd)e ben
6a)u$ beS Slpoftelfürften ju erwerben, fo erfucfie ich bid), bu wolleft mir
bura) biefelben 23otcn anzeigen, ob bu noch ben nemlicben 2Bunfcb l)egeft ober
ntef/t, ober gar, waö mir feljr angenehm wäre, ob beiu §er§ noa) eifriger
') 3affe regesta Wr. 3714. Mansi XX, 184.
©fröret, $abft @rcgoriu8 VIL 33c. in.
8
114
s#abft ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
alö früher, ber ©act)e jugeroenbet tft u. f. ro." 3n welchem Sßerljältnfffe
ftefyt ba£ jroette (Schreiben §u bem erfteren? Offenbar tft eö eine (Sr*
gänjuug, gletd)fam eine 9?acbfcfyrtft §u jenem, e6 I)at bett Su erflären,
baß, wenn etwa bem Röntge sott Dänemark bie im erften ©abreiben ge*
boteneu 23ebingungen nicht ttotlfommcn einbrechen, *ßetrt (Statthalter bereit
fei, noc^ mehr §u gewähren, ^önig ©roen möge nur fettere Sünfche ttor*
tragen unb ftc^er auf (Erfüllung rechnen.
§at ber £>äne bie Anträge ©regorS VII. §urücfgerotefen, ober gebiet)
bte ©ache jum Slbfchtuß ? Sefetereö ift ber gaü. 3)er ©choliaft 2lbamö
tton Bremen berichtet: l) „©roen üon Dänemark fcbicfte feinen ©orjn auf
ber Verbtnbung mit ber Äebfe Zljoxa, berfclben, roetche bie rechtmäßige
©emapn beö Königs ttergtfteUhat — biefen ©of)n, genannt 9J?agnu3,
fcbicfte $öntg ©roen nad) 9tom, bamit er bafelbft t>om $abfte §um Röntge
ge^ei^t roerbe." Der ^ntfcf)(uf beS alten Äönigö, feinem ©ol)ne in $om
bte 2Öeif)e erteilen §u laffen, fe£t vorauf , baß ©roen mit ©regor VII.
ftd) »erftänbtgt, namentlich aber eingewilligt hatte, fein Dfetch bem tyil
5tyoftelfürftcn §u übergeben unb eö als Sehen surürfutempfangen. 3Me
römtfcbe ©enbung be$ jungen 3>ftagnu$ roar gleichfam bie 23efteglung be$
mit Cßetrt ©tuf)l abgefd)loffenen Vertragt. 9mn befttmmt freilich ber
©choliaft bte Seit ber Steife nicht, allein ba aus beiben angeführten
©abreiben ©regorö unrotberlegltcb erhellt, baß im 2tyrtl 1075 ein 5lbfa)lup
noch nicht §u ©tanbe gefommen, fo fann -lOfagmte bie Steife erft nach bem
2tyrtl be3 genannten 3al)re3 angetreten Ijahcn. 2)ie (Srroähnung ber Steife
in 2lbam£ Serf macht feine ©d)roiertgfett. 3)enn obgleich 5lbam bte ©e*
fchtchte be6 Horbens nur bis etroa 1073 fortführt, trägt ber ©choliaft
häufig, rote ich an einem anbem 2) £)rte §eigte , fpätere (Sretgniffe nad).
2)te ©enbung beS jungen gürften rourbe jeboch vereitelt. 2)er ©cboltaft
fährt fort: „ber unglüdltche Süngltng gelangte ntdU nach ^Kom, fonbern
ftarb auf ber Steife. " 3)a6 SBetroort „unglüdltch" fdjetnt an^ubeuten, baß
ein Verbrechen an 9)?agmt3 verübt roorben ift. Ob ihn etroa Sfteib feiner
trüber, ober 5lrgltft beö beutfchen $o\$ au6 bem 2Öege räumte, ober ob
er trgenb einem anbem TOßgcfchtcf erlag? 2Btr rotffen eö nicht. ©emig
ber *ßlan ©regorS VII. unb ©roenS, bte bänifche jtrone tton ber beutfchen,
bte bortige Kirche üom Hamburger (Srjftuht unabhängig §u machen, ij* nicht
aufgeführt roorben. 5luch roenn ©roen bte 2tbftd)t gehabt fyätte, burch
-5lbfenbung etneö anbem ©ohnö bie ©adje roieber aufzunehmen, roäre e6
ihm nicht möglich geroefen, benn er ftarb fur$ barauf.
Ü)te bänifa)e Kirche J>at bamalö feinen eigenen £>berr)irten befommen,
aber fonft roar fte faft t>ollftänbtg auögebilbet. 2Btr müffen fte inö 5luge
l) 5ßev^ VII, 343. @c^olion 73. 2) S3anb II, 552 flg. 555.
93ierteg 93ucr). Qiap. 8. JDdncmarf r>on (Snglanb getrennt, unter (Sroen III. (Sfiribfon. H5
faffen. grüner1) würbe gezeigt, baß £)tto L von 2)eutfcblanb jwifcben
947 unb 965 brei SBiStfyümer fit 3üt(aub — (EaMeSwig, S^tpe , SlarrmS
— grünbete unb auSftattete, formte baß Dtto II. ein viertes auf güfyten
— wafyrfcbeinltcb mit bem (Eatje £>benfe — Ijuuufügte. 3)iefe Qinricbtung
erlitt jebo-t im Saufe be6 11. 3af)rfnmbert3 merflictye Veränberungen.
2lbam cr$äf)lt: 2) „in fpätern Reiten ging baS von Dtto t gegrünt
bete 33i$tf)um 5(art)uö ein, fo baß Sütlanb nur noeb jwei ©tüf)(e, ben
von D^ipe unb ben von (Schleswig, behielt. 2U3 aber neuUcf) S3tfa?of
üH>al von £Rfpe ftarb, würben au3 feinem sprenget, unter 9J?ttwirfung be£
9)?etropo(iren Valbert, vier ^iötbümer (ba3 verfeinerte 9tipe, baö wieber*
tyergefteHte 21arf)u3, bann SSiborg unb enbltcb Sßenbfyffel mit bem Si$e 3)
£iörtng) gebilbet." Sütlanb $äf)(te bemnaef) je£t fünf 6tüt)Ic, ba3 93iö*
n)um auf gülmen aber, ober £)benfe, bauerte fort. Außer biefen famen
fyinui — wafyrfcbeinlicb unter «ftanut L — DfoeSfüb auf ©eelanb unb £unb
für (Scbonen. £e£tere£ erweiterte4) fpäter 6 wen III. ju §weien, inbem er
neben £unb noa) ben <8uu)l von Qalbt) für (Baronen grünbete. 2)ie 3a^
ber bänifeben S3tötr)ümcr belief ftcb bemnad) gegen (Snbe ber Regierung
SwenS III. auf neun, wovon fünf für 3ütlanb, §wet für bie 3nfeln, §wet
für <2cbonen.
9?aa) ben 2&orten Abamö §u fctjlteßen, ftnb bie neuen 33t$tr)ümer
jwifeben 1060 unb 1065 errietet werben. 23e§üglicb ber jütlänbifcfyett fagt
er, üönig (swen l)abe fte nacb bem £obe 2Öa(6, ber neuUcf; erfolgt fei,
au£geftattet. Abam fcbrteb 5) etwa $wifcben 1072 unb 1075. beultet) ift
für ü)n eine Vergangenheit, bie fünf biö ad)t 3af;re utrüefttegt. 3n bie*
felbe Seit fällt6) aueb bie Ablöfung beö 2)albi;er (Sprenget von bem
Sunber. Allem Anfcbeine nact) Ijüig bie ©rünbung ber neuen (Stütjle einer*
feitS mit ber früher erwähnten bäntfa^en ©tynobe, welcfje Abalbert §u
(ScMeSwig galten wollte ober wtrfltcb gehalten t)at, anbererfettö mit ben
Unterl)anblungen §ufammen, welcbe «ftönig <2wen III. feit etwa 1064
wegen Aufrichtung eines bänifeben (5r$fuu)leö §u 9fom anlnüpfte.
Aucf; mit $farrfird)en war ü)änemarf reicrjlicf; verfemen. Abam von
Bremen fcfiä^t 7) bie An$af)l berfelben in (Ecbonen ober bem bänifa^en
(Schweben auf 300, in (Seelanb auf 150, in gübmen auf 100, alfo im
3nfelreicbe Ulfammen auf 250. Von ben Pfarreien auf 3ütlanb fcfjweigt
er, ba aber bie £albmfel fünf, baS übrige 2)änemarf nur vier Stühle
befaß, ift man berechtigt anzunehmen, baß in ber feftlänbifa>n «£>äifte be£-
Oben <&. 4 u. 7. 2) Descriptio aquilonis cap. 2. $er^ VII, 369. 3) Qafy*
mann, ®e[d)t(^te ü. S)dnemarf I, 179. *) «)}er^ VII, 371. 5) Ibid. <&. 267. 6) JDtep
er^eHt auö 33ergletcf)ung ber @teßen: descript. aquil. cap. 8 u. 9. $er^ VII, 371.
') Ibid. cap. 7. 370.
8*
116
$abft ©regoviuö VII. unb fein ßiitalttx.
®efammtreid)e3, bie allerbingS tncle unfruchtbare Strecfen in ftd) faßte,1)
immerhin gegen 400 Kirchen beftanben haben mögen.
2£te »erhielt e$ ftd) nun mit 2lu3ftattung btefer «Stühle unb $farr*
firchen? 3n 9?orroegen unb Schweben gab e$ bamafö, laut bem früher
angeführten2) 3eugniffe 2lbam3, 23tfcböfe unb Pfarrer genug, bte feine
-regelmäßigen (Stnfünfte belogen, fonbcr.it »on bcn @abett, roelche ihnen bte
©läubtgen barbrachtett, ober gar toon bem greife lebten, um roelchen fte
bte Spenbung ber Saframente toerfauften. (Sollte bteß nicht auch in 3)äne*
mar! bezüglich einzelner, ober vieler Kirchen ber gall geroefen fein?
£>ie ©ac^e serbtent genaue (Erörterung. 9lu£ ben Urfunben,3) roelche
bte Äatfer £>tto I. unb £)tto III. §u ©unften ber Stühle Schleswig,
$tye, 2larf)u3 unb £)benfe edieren, geht l)ert>or, baß alle toter Sänbereten
befaß cn, alfo t>on ben genannten itatfent auSgeftattet roorben ftnb. Ä an
hat feine Urfacfje anzunehmen, baß bte 2lu$ftattung eine färgliche roar.
2)enn afö Sieger, alö (Eroberer, haben bte beiben ^errfcher jene $3t6thümer
errichtet , fte roerben baher toorauSftchtltcf) bäntfcheS Staatsgut §ur Sicherung
toon Slnftalten, roelche bem beutfct)en Staatshoheit auf fetnbltchem 33oben
bientett, nicht gefchont haben. 5lÜetn fpäter ging eines ber toon Dtto I. ge*
fchaffenen jüttfehen SBtSthümer, nämlich SlarhuS, ein.
2Barum ift bteß gefchehen unb roann? 3$ fyabc früher4) naebge*
rotefen, baß Sroen I. ©abelbart, §um 2)anf für bte großen Summen,
roelche bte hätten, um ihn au3 jomSrotftngtfcher ©efattgenfdmft au6§ulö*
fen, jufammenfehoffen, Salbungen an ©emetnben üerlter), unb baß höchft
roahrfcl)etnlich einen Z^cil biefer gorfte bte S3tötr)itmer, roelche burch £>tto I.
auSgeftattet roorben roaren, hergeben mußten. 9lachbem bte jütifchen Stühle
eine folche 2lberläffe erlitten fetten, ift eS begreiflich, baß fte nicht mehr
rote früher fortbefter)en fonnten, fonbern baß einer »oit ihnen, 2latr)u$, in
bte 23rüd)e fiel.
3roette grage : roann erlofdh 2larfm3? Ü)te SSermuthung brängt ftch
auf, baß e6 Sroen L geroefen fei, ber ba3 23i3thum einbog. 2)enn er
»erteilte ja jene gorften, bte Sluöftattuitg jüttfeher Stühle, an Saien, er
begann überbteß feine ^errfcherrotle als feaupt einer r)etbntfd)cn Cßartt)et
unb begünfttgte auch noch *n festerer 3eit ben alten ©ötterbtenft. 3n ber
5£t)at fagt5) 5lbam »Ott Bremen: „bte Ueberlteferung hat ftch erhalten,
baß feit ber 3eit, ba Wtetxopolit Slbalbag toon Hamburg ftarb, btö auf
unfere Sage herab 3ütlanb nur $roet 25t6thümer behielt, inbem baö britte
$u 3larhuö einging." Slbalbag tterfchteb 6) 988, nicht lange nachbem Sroen I.
bcn bänifchen Zhxon frefttegen hotte, gegen baS $obe$jar)r Slbalbagö aber
') 23anb II, 451. 2) SDaf. @. 556. 3) 35 af. @. 4 u. 7. 4) Oben ©. 10 flg.
6) Gesta hammab. II, 44. Sßerfc VII, 322. 6) Ibid. II, 26. @. 316.
*8ierteö 33ucr). (Safc. 8. ©änemorf tton (Snglanb getrennt, unter <8fren III. (Sjlribfon. 117
tvarb O ber 3)äne in ben fd)limmen ©treit mit ben SomSWifmgern fcer*
riefelt, melier ©wenö ©efangenfebaft unb SluSlöfung nach ftcfo 50g. DaS
(Srlöfcben be$ 23t3thum3 SlarfyuS unb bte £o$faufung ©wenö fälXt alfo
§ufammen: ein faft r)anbgretfltd?er beweis, bafj baö erftere (Sretgmf eine
golge bc3 lederen war. 3tt>an§tg Safyre nad) ©wcnS £obe mufj bie
bäntfehe $trd)e eine jwettc, noch größere, (Srfdbütterung erlitten haben.
2)er wohlunterrichtete Styroruft »ort £ilbe8r)eim berietet2) §um 3ahre
1035: „im 2ötnter warb Äanut Iv Äöntg ber kälten unb 2tngelfad)fen,
bura) überfrühen £ob weggerafft. 5U3balb begann ba$ ßhrtftenthum, baS
er treulich befchü&t t)atte, §u wanfen." (§3 muf eine ftarfe, ja. eine
fchreienbe £l)atfad)e fein, auf welche ber #tlbe$r)etmer hinweist. 3<§ fer)e
in feinen Sorten eine Slnbeutung, ba£ bte bäntfa)en 23i3thümer in eine
feljr fchwtertge Sage gerieten. 9?od) anbere ©puren beS ^üdfattS in ba$
£eibenthum treten feitbem am 23elt unb ©unb herttor. 2ßo bte Kirche
im Horben 33obcn gewann, erl)ob fie, wie wir wtffen, fogletd) unerbittlichen
£am:pf gegen ben ^auptgreuel ©fanbtnatnenö, ben ©eeraub. 9?un biefe
fittltcf)e $eft, bie üon Äanut eingebämmt worben war, lebte gleich naa)
feinem £obe wieber auf, unb §war waren eö bäntfehe Könige, bie bem
2Btftngergewerbe in3gef)etm ^8orfa)ub (eifteten.
3m 3a^re 1043 läuft3) Äöntg SflagmtS ber @ute tton Norwegen,
DlafS be$ ^eiligen ©obm, getrieben som ©etft feinet SSaterö, mit ge*
fammter ©eemaebt gegen bte 3om3burg auö unb verbrennt baS fcer*
ruckte 9left tfon ber (Srbe weg, weil e6 ttoll ift »on Reiben unb ©ec*
räubern. 2Me 3om3burg ftanb aber bis furj t>or 1043 unter ben ©öfmen
jtanutS L, ©wen II. unb ^arbifnut, folglia) haben fie ben (Seeraub be*
günfttgt. 3)a$ ©leiebe gilt »ort ©wen III., wentgftenS bis gegen (Snbe
fetner Regierung. 3)er Vorwurf, welchen Slbam t>on SBremen ergebt:4)
an ©olb fehlt e3 in 2)änemarf ntd)t, benn bie 2Btftnger §af)ten bem SDänen*
fönige Tribut, bamit ihnen geftattet werbe, frembe ©ebiffe §u berauben"
unb weiter unten: „überhaupt ift oteleS faul in 2)änemarf", trifft ttorsugS*
weife ©wen III.
2)iefer ^önlg unb fein nädjfter Vorgänger £arbtfnut ^at ©old)e3
weniger au6 33o$r)ett getrau, als aus Sftotr). ©eit bem ^obe Äanutö I.
liefen bie norwegifcfyen Könige 93?agnuö unb namentlich ber ^ifenfopf,
^aralb ^arbraba, wä^renb einer langen 9^eil)e von ^a^ren ©türm wiber
3)änemarf. ©wen III. unb ^arbtfnut Ralfen fic^, fo gut fie fonnten,
namentlich rief erfterer bie £ülfe naher unb ferner 9tad)barn an unb wieö
aua) baö ©olb, ba6 bie SBiftnger boten, ntc^t $urM. 5lber noa) etwaö
l) (Siefje oöen @. 7 flg. 2) ^ßer^ in, 100. 3) «anb n, 653 flg. 4) @te$e
S3anb U, 670 ober ^er^ VH, 370 SWitte.
118 WM ©rcgoriuS VII. unb fein 3etfalter.
5lnbere6 Farn fyfn&u. 3m\ gürften auö bcm (Stamme ©ormö, beö Gilten,
(Sroen I. unb Äanut, fyaben für furje &itf *>cn nachmaligen (Scbroe*
bentontgen ©uftao Stbolf unb (Sari XII. , eine glän^enbe föolle al6 SBelt*
mächte gefpiclt. ^3Iö^Hcf) fat)en ftet) ifyre Nachfolger auf ba3 tnappe ©rblanb
§urücfgeroorfen , baburd) rourbe IDänemarf, roaS e3 noa) t)eute tft, §u lang
unb $u fur§: §u lang, weil bie Röntge auf ba6, roa3 ehemals roar, 2ln*
fprüd)e bauten, bie fte hätten oergeffen feilen; ju fur§, roetl bte regelmäßigen
Littel be£ £anbe£ für ben @lan§, ben bte Herren burchauS um ftch t>er=
breiten trollten, nicht genügten. 5116 ber (Srfte geriet!) in btefe Sage £arbt*
fruit: er ließ, ber bracht baö Nötige aufopfern*), 53i^tl)ümer eingeben;
al$ ber 3^ctte «Sroen, ber 2lftrib (Sot)n : er fdjloß, biedre ber itrone au3
ben klugen fer^enb, mit (Seeräubern £anbel3gememfchaft. (Spätere machten
e$ nicht beffer, fte branbfehaftfen unter bem £ttel (Sunb§oll bie ©<$tfffal)it
aller Nationen, ober ftürjten fta) in unermeßliche ©Bulben.
23ei foldjer ginan^lage be6 föeicfeeS tft ntct)t §u erroarten, baß bie
bäntfetje Strebe unb namentlich bte um 1065 errtdjteten (Stüf)le über ein
r)tnretchenbe3 ßtnfommcn »erfügten. £>er Wremer Slbam braucht ben 2tu3*
bruef : *) bte neuernannten oter 33tfa)öfe (oon Sötborg, SEBenbfyffel, 9f*ipe,
2larf)u3) Ratten tt)re (Sprengel burd) ba6 ©efctienf beö Königs (Sroen er*
langt. 2)a3 fchetnt atlerbtngS auf eine 5lu3ftattung htnntroetfen. Willem
e£ fragt jtet): oon roetd)em Umfang unb reeller 5trt war btefelbe? 5ln
einem anbern £)rte berietet2) ber nämltd^e (Slnonift: „ber jüngere £)btnfar
(welcher 1045 als 53tfd>of oon 9fipe ftarb),3) flammte auö einem oor*
nehmen ©efcblechte unb befaß groß e@ 2krmögen, baS er ber ^tra)e Oer*
machte. Die (Sage gef)t, baß Dbtnfarö 9?ad;laffe ber (Stuf)t oon Dftpe
feine 2lu3ftattung oerbanfV 3tt>ct Salle ftnb benfbar: entroeber fprtcbt
Slbam oon bem 3ct^^nm , ber §rotfd)en ber (Sc^enfung £)btnfar3 unb ber
$8ertf)etlung be6 23tStl)umö S^ipe in oier (Sprengel oerfloß; bann folgt, baß
ba6 §oa)ftift *Rtpe oor ber (Sd)enfung £)btntar6 fooiel atö nxd)t0 befaß,
roaS fef>r gut §u bem (Schluffe fttmmt, ben man aus obiger (Stelle ber
^)ilbeöf)eimer (5r)ronif $tefjen muß. £)ber roill ber Wremer fagen, bei ($r*
rta)tung ber oier neuen (Stür)le fei 9ftpe auf ben Nachlaß £>btntar£ ange^
rotefen roorben; bann folgt, baß Äöntg (Sroen bte bret anbern (Stühle
trjetlroeife ober gan§ mit ben Sänbereten au^ftattete, roela)e JRtpe oor ber
(Sc^enfung £)btnfarö befeffen batte. 3m einen lote im anbern galle tft
flar, baß ber Däne für bte Drgamfatton oon 1065 roentg ober feine
£)pfer brachte. (Sbenbteß erhellt noc^ auö einer jroetten ^Ijatfac^e.
S03te oben gezeigt roorben, Ijat (Sroen um bte nämliche 3^it ben ©prengel
J) 91. a. £). $er^ VII, 369. quatuor episcopi dono Sueini regis sortiti sunt pa-
rochiam. 2) II, 34. @. 319. 3) Ibid. @. 334. (Scholien 60.
Sßterteö 93ud). Gap. 8. SDcmemarf von dngtanb getrennt, nnter <Sften in. (Sftribfon. 1 1 9
von Sunb in jtvei ^iSthümer , baS verfleincrte £unb unb 3)albty, aufgelöst,
einige 3a^re fväter aber vereinigte er fte fofebet,1) inbem er (Sgüto, ber
feit 1063 ober 1064 bereits 33t|"cr)of von 3)albty war, $u 23elobnung ber
großen Sßerbtenjk, bie ftcf> berfelbe erworben tjatte , auch noct) mit bem
£ocbftift Sunt) bebaebte.1) 3)aS ftebt fo aus, als fei ütalbty bei ber
^f)eilung mit gegen ber ehemaligen SluSftattung von Sunb abgefveiSt
Horben unb als fyabe jlönig Sroen, weil betbe Stühle feitbem faum be*
ffcben fonnten, ftet; genötigt gefel)cn, bie jerriffenen ZUik lieber sufammen*
jufügen, bamit ber wol)lverbiente (Sgtno ein roürbigeS (Sinfommen erhalte.
(Sntfcheibenb tft, roaS ber zweite 9?ad;folger SroenS III. , Jlanut ber
<£>eilige, unternahm, tiefer jtöntg maebte, rx>te ich unten §etgen werbe, bie
größten 2(nftrcngungen , um bie Mängel ber £UtSftattung ber bänifeben
93t8tr)ümer §u ergänzen, er fegte weiter feine jtrone aufS Spiel, um ben
©efammtcleruS feinet Geichs burd) (§iufür)rung ber fytynttn auS einer
SDiittelloftgfcit herauszureißen, welche ben @harafter beS geiftlia^en StanbeS
gefährbete. daraus ergibt ftcf; unabweisbar, baß in SwenS Sagen baS
SttftungSvermögen ber bänifa^en Ätrcbc ein win^tgeS, unjureidjenbeS war,
unb baß SBtfcböfe unb Pfarrer einen guten %f)til tr)reö Unterhalts mit
$vüetbeuttgen Mitteln clerifalen (SrwerbS , ober mit ©efebenfen ber dauern
beftreiten mußten.
2£äf)renb ber größeren ^ätfte feiner Regierung hatte Swen faft un*
ausgefegt mit ©egnern $u fämpfen, bie ir)n als einen (Smbrmgling unb
^h^nräuber berjanbelten. (£r felbft behauptete, ber -rechtmäßige (Srbe von
3)änemarf §u fein unb auch feine Unterthanen glaubten baran. tiefer
$Biberftreit fpiegelt (ich in einem SBorte ab. Schriftftetter, bie auf Seiten
ber getnbe 2)äncmarfS (tehen, fügen entWeber, wie Snorro Sturlefon unb
bie islänbifche ^öntgS&ronif, bem tarnen SwenS ftetS ben Sag bei, Ulfs
Sohn,2) ober fagen fte,3) roie ber Wönfy Sr)coberi(^ von 2)rontr)etm,
höchftenS Swen, Sohn beS Ulf unb ber 2lftriba. 3lucb 2lbam von Bremen
nennt*) ihn einmal Swen, 28olfS Sof)n. 2)te bänifeben (5r)rontften ba*
gegen braueben ftanbhaft bie 53e§eicbnung Swen ?tftribfon, inbem fte ben
tarnen beS SSaterS Ulf wohlweislich weglaffen. 5)
£)urch feine Butter Stftriba ftammte Swen von Swen L, burch biefen
von ©orm bem Gilten, bem ©rünber bätttfcfjcr StaatSeinhett ab, von Väter*
Ud)er Seite bagegen fyatte er feinen Sdtfprucb auf (Dänemark %fyxcn. 3n*
bem nun bie 2)änen auSfchließlich ben tarnen 2tftrtbfon anwenben, weifen
fte barauf hin, baß Swen nach bem 2luSfterben beS ^anut'fchen SHann*
4) Ibid. ©. 371. 2) 3- 33. Heimskringla III, 27. 31. 36 u. f. f., cBenfo
annales Islandorum, SangeBecf III, 142 u. 143 unb necrolog. island. ibid. II , 509.
3) SangeBecf V, 332. 4) H, 71. ^ VII, 332. 5) 3- 53. Sangebecf I, 160.
III, 162. 260.
120
$abfi ©regortuö VII. unb fein ßdtalkx.
ftammcö red)tmäfuger (Erbe ber bänifdjen jtrone fei. 3eneö 23eiwort ent*
fyelt eine fttüfdnt>ctgcnbe ^Berufung auf eine (Sigcnfdjaft SwenS, Welche man
neuerer %üt mit bem £lu3brud Legitimität bezeichnet.
£)f)ne grage ift biefer 23egriff, fobalb er einmal in gleifd) unb 93lut
ber 93ölfer überging, einer ber mäd)tigften £cbel, um £>rbnung in ber
Söelt ju erhalten, ben imtem grieben ber Staaten §u fta)em. 5lber mit
»oller Jtraft fann er erft riixtm, wenn bie I)errfa^enben ©cfd)lechter ftd)
einem ^auögefe^e, genauer gefprod)en, wenn fte ftd) einem (SrftgeburtS*
redit unterwerfen. Die (Einführung biefeS Snftitutö aber wirb bebtngt buret)
£eilighaltung M ehelichen 23anbe3. So lange bie Könige mit jtebfen §u*
gälten unb bie Söfyne if>rcr Äebfen als (Srbcn behanbeln,1) wirb fein
l)äuöltd)cö Leben in ben ,£ofvfal§en fetmen, werben ewig ^ronftreitigfeiten
nach bem £obe eineö ^crrfdn'rS ausbrechen. 2)enn eine ^ebfe fyafjt fraft
tunerer Nothwenbigfeit bie Nebenbuhlerin, unb ein SBaftarb hat fo viel ober
fo wenig Nedjt, als ber anbere.
Nid)t umfonft beftanb bie fatholtfd)e jtircr)e mit fo unerbittlicher @nt>
fchloffenheit barauf, baß bie Könige überall, namentlich im Norben, ba3
d)nft(td)e (S$egcfe$ anerfennen. Säre bie Butter ber Nationen ntd)t bureb*
gebrungen, fo würbe baS mannhafte SSolf ber Sfanbinaven allmählig jnr
Stufe von morgenlänbifd)en 3^lambienern r)crabßcfunfcn fein unb nie hätte
bann ber Sßtfmcjer fein fd;änblid)c3 ©ewerbe aufgegeben, nie ber Norben
ftd) ju d)r(ftlid)er ©eftttung erhoben.
©röblid) verftteß nun Monis Swcn gegen baö ebengenannte QaupU
gebot ber $ird)e. Swcno %3cfon fagt:2) „baS SSolf l;icß tljn nur ben
„^önig 2kter", weil ber $a(aft wimmelte von jtinbern, bie von allerlei
SÖtüttern — lauter Äebfen — geboren waren." 23loö aus ber Uxtt,
bie ben SSarer überlebten, leimt3) man mit Namen 13 Söfyne G£>aralb
mit bem SBetnamen §etn, Jtanut, nacbmalS ber ^eilige genannt, £)laf,
(Srid), Swen — biefe fünf folgten nach einanber bem 33ater — 5Xr)orgtfer,
Sigurb, 23enebtft, 23jörn, ©uthorm, (Srmiunb, Nile, Ulf) unb 4 Töchter
(Sigrtb, vermählt mit bem 2öenbeu @otfd)a(f, 3ngrib, ©cmahlin beS nor*
Wegifdien Könige Dlaf III. j^rre, Nagenf)ilb, ^elena).
(Sine Quelle, welche ©lauben verbient, melbet,4) Swen ftabe fterbenb
feinen Söhnen bie 23ctfcflid)tung abgenommen, gemeinfam bal)tn wirfen §u
wollen, baß ba6 Hilter ber ©eburt bezüglich ber Nad)folge auf bem £r)rone
ben SSorjug habe, im Uebrigen möge ftetS ber jüngere Söruber nad; bem
*) 9Ba3 im Horben überan" ber ftalt tt>ar, man üergl. 9lbam »on SSremen II, 72.
$pevfc VIL 332: filii a coneubina geniti, ut mos est barbaris, aequam inter libe-
ros regum sortiti sunt partem hereditatis. 2) Histor. reg. Daniae cap. 5. Sctngebecf
1/ 56. 3) 2angcbecf III, 335 flg. 4) Vita S. Canuti bei Sangebecf IV, 258. Slefm*
lid; 2ßtl(;clm »on äftalmeSbuity bei ©arnle @. 106 unten.
93terfeö 93uet). ßafc. 8. 2)dnemavf öon (Snglanb getrennt, unter (Sroen III. ßfhtbfon. 121
$obe beö öfteren bie jlrone erben. Demnach r)at er ntc^t getvagt, (Einen
auö fo ^Bielen §u feinem Thronfolger §u ernennen, fonbern jcbcm Hoffnung
auf einfüge §errfd)aft eröffnet. 9J?emeö (Erachtend fonnte er gar niebt
anberö hanteln. £ätte er (Einen bevorzugt, fo würben bie Slnbern über ben
^Bevorzugten hergefallen fein nnb nidU el)er gcrul)t l)aben, alö btö er mit feinem
jtopfe für bie Vorliebe be$ 93ater£ büfjte. 2lud) werben wir unten fer)en,
baß bie fpüteren (Ereigniffe vortreffli* ju ber 5luSfage beö angeführten
3eugen ftimmen.
Der ä'ltefte unter ben (Bohnen <2n>en$ war ^aralb, er hatte alfo —
wenn anberö bie 23rüber baä bem Sßater gegebene 2öort hielten — ben
näd)ften Slnfpruch auf bie $rone. 2lber an galjigfeit unb ^J)arafterftärfe
übertraf ihn, wie bie übrigen <Eöt)ne SwenS, bei SBeitem ber ßwettgeborne,
$anut, ben auch ber 23ater befemberö geaebtet §u fyoben fcheint. 2Bäl)rent>
bie 33rüber 51t §aufe bem Vergnügen lebten, §og er mit tapfern ©ef eilen
au$, fchirmte ben ©otteSfricben auf bem £)§ean unb erwarb unvergängliche
Lorbeeren. (Efthnifche, fünfte, famlönbifd)e SBtfinger beunruhigten gegen
(Snbe ber Regierung ferne« SBaterS bie -Oftfee. $anut befämpfte fte in
vielen (Ed)lad)ten, eroberte il)re 8d)iffe. l) (Er fyat fchon in jungen Sahren
unb nachher alö Äöntg völlige Ausrottung beö ©eeraubS fta) §ur Auf*
gäbe ge [teilt.
(Eamlanb, t>i'elJfctct)t auch Stüde von (Efttjlanb unb ^Urlaub, waren
in üönig ^anutö Sagen, wie oben gezeigt worben, unter bäntfd)em Scepter
geftanben. Dief fann bamalö nt#t mehr ber gall gewefen fein. Denn
$rin$ Jtanut betyanbelte bie genannten ^ßrovinjen als feinbliche, auch weif
man au$ ber ©ejebichte bcS Dornberger 23tfchofö Dtto, bdfj- bafelbft bi$
tief in baö erfte Drittel bcö 12. 3af)rhunbert$ fynän baS in Soleglaw'S
beS $olen, fowte beS Anglobänen Kaimts I. klagen jurüefgebrängte Reiben*
ihum au6fd)ließlich t)errf et) te , was niebt möglich gewefen wäre, fyatte bie
trotte Dänemarf il)re ehemalige Roheit über bie fraglichen £änber be*
hauptet. Darauf folgt, baß Swen btefelben wäl)renb ber kämpfe gegen
9Jiagnu£ unb £aralb «gmrbraba verlor. DaS ©klebe gilt von bem eJ)e^
malS bäntfehen 2BcnbenIanb, benn Jtanut ber ^eilige l)at als Jlönig, wie
wir unten fer)en werben, nicht nur bie gehbe gegen Samlanb unb (Ehfttaub
fortgefc^t, fonbern aud) bie SBcnben befriegt.
Ueber baS SobeSjahr @wen$ III. r)crrfct)t SBiberftreii jwifchen ben
iSlänbtfd)en unb englifchen (Ef)ronifen einer* unb ben bäuifdjen anbererfeitS.
3ene nennen2) ebenfo einftimmig baS 3al)r 1076, als biefe ba$ 3al)r 1074.
9?icht bloS Weil englifche unb tölänbifcfje 3^gntffe früher ntebergefchrteben
l) Saxo histor. danic. XI. S. 191. 194. *) £ie (Steifen gefammelt Bei Sange*
Uä III 339. 9We 1
122
$abjt ©regoriug VII. unb fein Beitatter.
würben aB bänifebe, unb alfo bie 93orau3fe£ung größerer ©enauigfeit für
ftcf) t)aben, fonbern noa) t>iet mer)r befjfyalb, weil ber ß^tgenoffe, toett ber
tton 2Utem, waö vorging, auf6 23efte unterrichtete $abft ©regortuS VII.
im Safyre 1075 gw>ei Briefe1) an ©wen III. [(trieb unb ifyn alfo un*
§weifetr)aft afö einen ßebenben befyanbett, muß §u ©unften ber erfteren $n*
gäbe entfcfyteben werben. ©wenS SobeStag 2) war t)öcf>ft vr>al)rfct)etnUcr) ber
28. Styrtt. 3Me ßefdt)e be6 Königs erhielt, bem 2Bunfd)e beffelben gemäß,
tl)rc le#te Ofutjeftätte in bem ©rbbegräbniffe ju 9?oe6fttb.
Keunto Capitet
£)änemarf unter ben Königen £aratb £ein unb ^anut II. üftacr) bem £obe (StoenS III.
brechen gefäfyrltdje «Streitigfeiten unter feinen gaf>lretdt)en (Söhnen auö. 5tuf einem
Reistage ju 3(öre luirb £aralb £ein (baö tyeipt 2Beid)fiein) jum 9cacf)folger ge;
Xüäfylt. Stidjt oljne große Dpfer errang £aralb biefen 93oqug : er mufite bie ^rons
formen ben ©emeinben überlaffen unb groeitenö bie ältefie $orm ber germanifcJjen
@efcr)roornengericr)te , fraft melier bie Slngeftagten iljre (SibeSljetfer felbfi roäf)Ien
burften , roieberfierjMen. JDic ©rüber £avalb8 roaren nact) Worroegen" gu ifjrem
©cfytoager, bem Könige Olaf III.; enfftofjen unb tagen bemfelben an, bafi er £aralb
mit SOBaffengetoatt ^inge, 2)änemarf in 13 ©tücfe ju gerreißen. $abfl ©regor VII.
rettet ba$ bänifcr)e Sind) t>on btefer brotjenben ©efafjr. -£aratbS ©riefwedjfel mit
©regor VII. Hörrig 2Bei<ä&fletn jtirbt im SIpril 1080 ftnberioö. Stuf ü)n folgt
jtanut II. , ber fäfyigfte unter ben ©ßfjnen (StoenS Iii. @r rottet ben (geeraub
tioUenbö auö, t>erfud)t e8 ben Stuten einzuführen, »erteilt ben S3ifd;6fen baö erfie
2öort auf ben Reichstagen; er ttmt enblicr) Sittel 2ftogIid;e, um bie Slcfjtung ®re*
gorS VII. ju gewinnen, ®leicr)ir>ol)l brütet Äanut II. über einem $lane , ben
©regor VII. nie gebilligt Jiaben hntrbe, ioenu er bie Seit erlebt fjätte, ba ber 2)äne
gur 9üt0füf>rung fetyritt : «ftanut loilt (Snglanb erobern, ©rope Ü?üjüingen, bie er
madjt, ©egenmafiregetn 2BtIl)elm8 beä Normannen. (Sine Qnn^örung bricht in
2)änemarf auS, unb Äöntg Äanut II. roirb ben 10. 3uli 1086 ju Obenfe erfcr)tagen.
Uebergang jur ©efdjictyte ber Stormanbie.
©tetet) nacr) bem £obe be$ 33aterö bxafyen Raubet unter ben Stelen
trübem au£. 2)a ber alte ©wen eö ntdt)t gewagt fyatte, über bie 9?aa>
folge eine binbenbe Verfügung ju eriaffen, machte eine anbere ©ewalt, baS
S3o(f, vom attgermamfcr)en Sat)(recbte vollften ©ebrauc^. 3« 3före, auf
ber 3^orb!üfte ©eelanbö, trat ein allgemeiner 9ieia)6tag jufammen. 3) 5ltö
^au^tbewerber erfc^ienen laut ©aro'S 33erid)t §ara(b unb Äanut. 3)te
^Berfammlung wählte jenen, tl>etlö weit er ber erftgeborene war, t|ett0
weit er bem 93oIf aujkrorbentttcfye 3ugeftänbniffe vergieß: fo würbe ^aralb III.
jum Könige aufgerufen.4) SUöbalb flogen bie trüber auö bem 9ieict;e unb
4) ©ie^e oben <S. 113. 2) «angebeef III, 339 u. 340. 9cote n. 3) Sange--
bec! I, 56. @axo @. 192 unten. 4) Ttan vergleiche noef; überbiep £angebecf III, 340.
«BierteS Q3udj. (Sap. 9. £änemarf unter £aralb £ein nnb Äanut II. 123
begaben ftd) metft §u bem ©emahle tl)rer 6cbroefter ober ©tieffchroefter
£)(af III. $t;rre oon 9?ortt>egeit. 3hre 51bftcbt roar or)ne grage, ben 9?or*
wcger ju beftimmen, baß er beu tteuettttäpen §aralb mit Waffengewalt
ju gleichmäßiger Verthetlung bc6 $eid;ö unter bie 13 nötige. 3)änemarf
jchroebte, wie man ficht/ in bringeuber ©efat)r ber Stuflöfung.
Allein $abft ©regor VII. fd)ritt ein. 3n einem Schreiben,1) baö er
unter bem 6. 9?oo. 1077 an ^aralb 2) erließ, ermahnte er if)n, bte %w*
genben beö $ater6, ber ein treuer 6ot)n ber Jttrcfye geroefen, nachzuahmen,
aber bte fletfd)(ict)en 6ünben SroenS III. §u metben, Arme, 2ßtttvoen unb
Sffiaifen ju fanden unb fteten $erfef)r mit Cßetri Stuhl $u unterhalten.
AuS einer feiten, früher 3) erwähnten SButte, welche ber nämltdje *)3abft
unter bem 15. 2)e§. 1078 an £)(af III. Ätyrre oon Norwegen richtete,
ger)t heroor, baß ©regor VII. cntroeber fd)on oor bem 6. 9coo. 1077 ober
balb nad)fyer, atö er 9kd)rtd)ten üon ben Umtrieben ber übrigen (Söhne
Sroen3 III. erhielt, Köllig §aralb aufgeforbert r)at, bte 3^^pürf lung 3)äne*
marfö nicht §u bulben, hingegen, bamtt feine 23rüber oon ihrem oerrud)tcn
Vorhaben abfte^en, biefelben burct) ftanbc^gemäße AuSftattung §u beliebigen.
£)en nemltd)en ©ebanfen fyricht ber $abft, rote td) früher geigte, aud) in bem
an £)(af gerichteten (Schreiben auf energtfdie 2Betfe au3. £>te Teilung
3)änemarfö unterblieb, bt3 auf ©inen feilten <2rocn3 III. ©oI)ne auf bte
©tnlabung tr)re6 föniglid>en 23ruber# in bte ^etmatr) §urüef unb rourben
mit ©ütern r)inreid)enb oerforgt. ©ine Aufnahme mad)te nur ^anut. 3U f*<%
tton ber ©nabe ^aralbö §u (eben, fejte er (aut bem ^Berichte4) (Saro'S,
obgleich er nur bret Ärtegöfdjiffe befaß, ben $lamp\ gegen bie Seeräuber
ber £)ftfee fojt.
^ö'ntg §aralb r)a* bie auf bem 9?etd)6tage oon 3före gegebenen 53er?
jprecfcungen erfüllt. 3wet rotd)tige 9fed)te ftnb oon tfym bem bänijchen
Volle jugeftanben korben, ©in unoerroerflicher 3cu9e melbet:5) „^aralb
l)at bie 9cu£ung ber gorften, roelche fonft nur ben Vornehmeren §uftanb,
Allen eingeräumt." 3um jroettenmal ift hier in ber bäni)cr)en ©efchtchte
oon 9ht|rtteßung ber 2ßält>er bie 9febe. Schon <Sroen I. fyattc um 990
SBäiber, bte früher voor)l nur jum Xtyil ben jüttfcfjcn (Stühlen gehörten,
roährenb anbere Äronetgenthum geroefen fein mögen, an bie ©emetnben
oergabt. Angenommen, baß, roie ia) glaube, bie Kälber, roeId}e ©tt)en I.
oor 80 3ahren ben ©emeinben überließ, unb über roe(ct)e je^t hinroteberum
§ara(b III. oerfügte, gan§ ober $um ^he^ biefelben toaren, laffen ftch jroet
gätle benfen. ©ntroeber Ratten bie mächtigeren unb reteberen Snfaffen ber
l) Saffe 9<h\ 3797. Mansi XX, 244. 2) Sn fiteren «Briefen nennt er tfjn ^afon,
m MkM<$)t ein Setname £araO>ö roar. 3) 33anb II, 666. 4) 9(. a. D. ®. 193.
5) Sangebed l, 57. S^ote a. unb ibid. Xtxt (5. 378.
124
$abfl ©vegoriug VII. unb fein 3eitaltet.
©emetnben, welche ©roen I. bebaute, ber ©chenfung eine folcbe 2ßenbung
ju geben gemußt, baß nur fte au$ befaßten gorften ©emtfj §ogen, bte Ster*
meren bagegen batton auSgcfchloffen biteben: bann folgt, baf Köllig £a*
ratb III. alle ©emetnbemttglteber ohne SluSnahme, fei e$ §u gleichen Styet*
len, ober nad) bem Sftaafe fce$ @runbbeft£eö, ben ein jeber hatte, jnr 9?ut^
nießung berechtigte.
2)iefe Deutung ftimmt fetyr gut §u ben Korten1) beS ©chrtftftellerö,
ber über bte fraglta)e SDiaf regel S3crtcr)t erftattet, unb erhält überbtef burch
gelegentliche Sicherungen ©aro'ö namhafte^ ®ert)ta)t. Sin ber ©teile näm*
lid), wo ber bäntfa)e @efchtd)t)d)retber tton ben Mitteln rebet, mit welchen
£önig ©roen I. bte Umgebung ber Dänen belohnte, fagt2) er: ,,©d)onen$
unb ©eclanbS (Sinroohner befamen bte Kälber of)ne (Sinfchränfung, in
Sütlanb bagegen nwrbe baö (Eigentumsrecht nur ben größeren ©tppfchaf^
ten §u £r)etl." Die 93tttglieber btefer ©efchlechter ftnb eben bte Reicheren
unb 9Jtäa)tigcn, oon welchen ber anbere ©chriftfteller rebet.
Dber §roetten$ formte man annehmen , bafj bie SBälber , roeld)e
©wen I. ben ©emetnben ausgefeilt hatte, fpäter, alö »ftöntg ßanut I.
um 1020 jene ftrengen ginansgefe£e in Dänemarf einführte/) wieber §um
^rongute gefd)lagen worben ftnb, unb baß fettbem Dänemark §errfd>er
nur einzelne Vornehme mit ber 9htfmtefmng btefer 2Bälber begnabtgten.
3n legerem galle hätte Äöntg ^aralb III. bte oon feinem Urgroßvater
©wen I. üergabten, aber oon Äanut wieber eingesogenen gorften an bte
©emeinben, unb §war ju allgemeiner ^ujung §urücfgegeben. 3a) §tef)e bte
erftere Deutung üor.
Daö zweite ßugeftänbntß, welches ^aralD III. bem 3Solfe machte, be*
ftanb bartn, baß er bte berüchtigte @efe£gebung Diegnar Sogbrofö umftteß
unb bte alten germanifd;en ©efd)Wornen;©erid)te — ober ba$ Snftitut ber
(Sibeefyelfer — im roetteften Umfange wteberhcrftellte. Vermöge jener entfd)te*
ben, voie früher4) bemerft korben, ^roölf t>on ber trotte eingefe^te dichter
ol)ne Slnllage, ol;ne SSertheibtgung, einfach nad) ihrem (Srmeffen über alle
9iecht£hänbel. Diefe Einrichtung biente trefflich ben 2>mdm beS ilönig*
tlnim^, »ermehrte beffen Wiaa)t, aber bem SBolfe, namentlich ben Firmen,
bie feinen mächtigen ©önner Ratten, muß fte alö eine fa)were SBürbe er*
fchienen fein, tx>cpl;alb je^t, ba ßöntg £aralb auf bie öffentliche Meinung
hören mußte, ein ©türm wtber bte 12 SSäter losbrach-
2Ba£ ben anbern *ßunft betrifft, fo gab e£ bei ben ©ermanen §wei
»erfchiebene gormen gerichtlicher Slnwenbung ber (SibeShülfe. 9^act) ber einen,
l) St. a. £). Haroldus Silvas a solis potentibus obsessas communes fieri jussit.
2) Lib. X. <3. 168 unten, apud Jutiam vero nonnisi familiis propinquitatis serie co-
haerentibus emptionis communio fuit. 3) ©iet;e ofcen <§. 74 flg. 4) Oben @. 68.
33terteö 93ud&. @ap. 9. £5nemarf unter £aralb £ein unb ßanut II. 125
im fränfifcben ©allien gegen (Snbe be6 6. 3ahrhunbert6 eingeführten, burfte
nicht ber 2lngeHagte nad) freiem ©utbünfen bie TOtfchwb'rer be^etebnen,
fonbem baS ©eferi [teilte eine Sifte ber angefe^enften Männer beö ßantonS
auf, au$ beren -üJcüte, fei e3 mit, fei c6 ohne Sutimn be3 Slngeflagten,
bie (SibcSfjelfer genommen werben mußten. Befdiworen fte mit bem 2ln*
geflagten beffen Unfcbutb, fo war er frei, wo triebt, fo galt er für fdjulbig.
!£)te jweite gorm bagegen, bte in bie germanifcrien Urwälber r)tnaufretd)t,
lief bem 2lngeHagten freie £anb, bie @ibe$t)elfer felbft $u wählen, er fonnte
nad) ©utbünfen 93erwanbte, greunbe, (Sdnribner ba&u anwerben, nur muß*
ten fte unbefcbolten fein. *) (Srftere gorm verbreitete ftet) au£ bem fränfifcben
!Retd)e nach mehreren benad)barten Säubern, namentlich nact) Britannien, unb
fte tft bie ©runblage ber engltfcben unb buret) biefe ber anbern neueren
@efcbwornen*©ertchte geworben. Sie jweite bagegen fanf frühe, weit fte
ju fcbänblicben 9Jiißbräucben, namentlich §u un$ar)figen Steineiben führte,
in allgemeine Mißachtung, unb vernünftige ©efe£geber wirften beßhalb auf
iijre Slbfcbaffung Inn.
2lu6 ber fd)Wülftigen Darftcflung 2) Saro'ö, weiter ^aupt^euge über
bte von Äömg £araft> OL bewilligte Umänberung beö ©ericbtSwefenS tft,
ger)t beuriich t)ervor, baß baö bänifebe 9Solf nicht bte erfte gefunbe, fonbern
bte jwette ältefte gorm ber (Stbe^l)ülfe von «garalb III. begehrt Ijat, unb
auc^ wirflieb ba3 Verlangte erhielt. 3Me golgen blieben nicht au$. €aro
flagt über bte 9J?affe von Steineiben, über bie Unftdr)err)ett atte$ Rechts,
über bie 3cnüttung ber <Btaat$$ett>a\t, bie au3 ber neuen (Einrichtung
ftanben fei. £)l)ne grage waren H bemofratifdie Beftrebungen , bie ftcr)
bamalö auf bem Reichstage von 3före regten. £)ieß barf um fo weniger
auffallen, ba im benachbarten 2)eutfd}(anb , wie in Dberitalten unb einem
$hdl be$ Öftrichen 9?euftrten6, wär)renb ^etnrid^ IV. Regierung ein afyu
lieber ©eift wehte. 5luct) erlofcb ba$ einmal entjünbete geuer ntebt fo balb
wteber. 3^anjtg bis breißig 3ar)re fväter mußten Norwegens Röntge bte
ftrenge ginanjgefe|gebung 6wen6 II. surücfneljmen,3) unb in 3)äncmarf
würbe unter Äönig 9WS, bem Bruber ^aralbö, an ber £r)l'n9utf) gerüttelt.
Mehrere 3eugen ftintmen barin überein,4) baß 3)änemarf$ 93off feit*
bem bie Bewilligungen ,§aralb$ als ein «ftleinob betrachtete unb feine fpä*
teren Könige nöthigte, vor ber (Erhebung auf ben £f)ron «^aralbS1 ©efetje
ju befchwören. Deffentlicfc würbe er als ein (£a(omo unb 33ater bcS 93o(fS
gevrtefen. £)aß aber im (Stillen bte 2eute anberS von ihm bauten, erhellt
*) 3)iefe meine 93etjau£tung , bte, tote icr) roof)! toeifj, ben je£t in £>eutfcr)fanb um*
laufenben Slnftc^ten flratfS roiberfyridjt, wirb in meiner ®efcr)icv)te ber beutfe^en 23oIf$retf)te
grünbli($ betoiefen werben. 2) Histor. danic. lib. XI, ©. 193. 3) (gief)e oBen.
<S. 77. 4) Aelnoth vita Canuti cap. 4. bei Sangebecf in, 341. <Saro a. a. D.
<§. 193. 3Wan »ergl. no^ 8roeno 5tggefon cap. 5. Sangebe^ I, 56 unten ftg.
126 *ßa&ii ©regoviug VII. unb fein 3ettatter.
auS bem ^Beinamen, ben er erhielt. 9Jcan f)tef xt)n £aralb £etn, b. h-
£wralb ben Seid)ftetn. ')
,§aralb Seichftein fcheint felbft gefüllt §u haben, baß er nichts @e*
fcfoeiteS angerichtet t;atte: er fucbte am (Sleru^ einen 9^ücft)alt gegen bte etn?
reißenbe Unorbnüng. Saro gibt §u verfielen, baß er öul betete, täglich
bie Kirchen befugte. $Rit *ßetri Stuhl blieb er in regem $erfef)r. 9J?ittelft
Schreiben2) vom 15. Dctober 1079 ermahnte ifyx (Tregor VII., auf ber
betretenen guten Sßafyn ber breite gegen bte Kirche ftanbhaft $u verharren,
feinen Untertanen ftetS mit gutem SBeifpiel voransuleuchten unb enbttct)
einen bänifcfyen Genfer nach 9^om §u fenben, ber bie Seri)ä(tniffe feines
93aterlanbeS genau fenne unb im Staube fei, ^ä6ft(tdr)e Aufträge pünftlicb
auszurichten. 9cod) in einem anbern Briefe3) vom 19. 2tyril 1080 ernannte
@regor baS gute Verhalten beS Königs lobenb an, fügte aber bie Sarnung
bei, §ara(b möge nicht länger ben greulichen Aberglauben bulben, vermöge
beffen bie kälten für fchlecbteS Setter, ©türme, Unfruchtbarkeit beS 3af)reS,
auSbrechenbe Seuchen, djriftliche ^riefter ober böfe Selber (b. h- <§eren)
verantwortlich mad)en. 3)er Sahn, baß bereit Setter herauf befchroören,
herrfchte unter allen germanifd)en QSölfern. Slber baß man auch $rieftem
folche 2)inge fcbulb gab, fcheint auf einen geheimen §aß gegen ben ßleruS
hinjubeuten.
3)aS letztgenannte Schreiben traf ben ^öntg »ort 3)änemarf nicht mehr
lebenb an. ^aralb Seid;ftein roar ben 17. 2l>rtl 1080 ünberloS ge*
ftorben.4) ...
Sofort rourbe Jtanut II. §um Könige geroäf)lt, 5) vielleicht ber befte
unter ben gürften, bie je 2)änemarfS %fyon befttegen, aber unglürflich.
3)ie 23eenbigung eines fct)on früher begonnenen Krieges roar fein erfteö
©efchäft. Saro fagt:6) „^önig $anut II. braute ben ut ben Reiten fei*
ne$ 23ater3 Sroen angefangenen, roährenb ber Regierung feines SBruberS
§aralb fortgefe^ten, $ampf gegen bie Seeräuber beS DftenS ut glorreichem
@nbe: bie sJJiacht ber Äuren, ber Samlänber, ber (Sfthen roarb gänzlich
von ihm gebrochen." ^Demnach voaren in jenen ©egenben roatjre ^aubftaaten
entftanben. 5luct) gegen bie Senben von 3umne muß eS §um Kampfe
gefommen fein. 3ch fchließe bieß aus einer (Stählung, roeldje nicht Saro,
fonbern einer ber iSlänbifd)en Sagenfchreiber mittheilt,7) unb roelche zugleich
3eugmß von ber Strenge ablegt, mit roelcher Äanut gegen bäntfehe ©roße
einfehritt, roenn fte (ich beS Seeraubs fdmlbig machten.
*) £ein begetd^net nemltdj bte toeidjjle 9trt tton @djletfj!enten. Sangebecf o. a. £).
L 56. mok z. 2) Saffe 9lr. 3870. Wlanfi XX, 291. 3) Saffe Mr. 3888. 2flanft
XX, 304 flg. 4) Uebet Satyr unb Sag »ergl. man Sangebecf III, 341. 0lote f. 443.
506. 6) i'angebecf III, 318. 6) ®. 194. 7) SDcr 0la^»eiö Bei ©tefebrec^t,
toenbtfche ©efchi^te II, 130 flg.
93tevteg 23ucr). (Xap. 9. IDdnemarf unter £aralb £etn unb Äanut II. 127
Äönig Äanut IL f)atte @gil, Ragnore Sofytt, mit 9 Äronfyöfen ber
3nfel 23ornf)olm unter ber 23ebingung belehnt, baß er au$ bem (Ertrage
alte Sfaägaben für SBcrtfyeirfgung ber 3nfe( beftreite. @gtl vollftrecfte le^
teren Auftrag mit befonberem CSCfer, fammelte viele Krieger um ftcb, bereu
3lnf$nglicr)fett er burcb reicbe ©efcftenfc gewarnt. Die regelmäßigen (Sin*
fünfte beS £er)enö reiften ^ieju ntcfct aus, aber (Sgil vermehrte fte, inbem
er jur Sommerjett anf 2Öifinget fahrten auslief. Damit erwarb er viel
©elb unb ©ut, baö er im Sinter $um Unterhalt feiner Krieger verwanbte.
Der ^önig mißbilligte jebocb ba$ 9Serfar)ren (SgilS, befahl fym, fein @e*
folge ju verringern unb verbot bie Heerfahrten. ©leidiwobl fegelte @gtl
eines (Bommert mit 18 Sdjiffett gegen bie Mfte bcS SenbenlanbeS. Die
Senben rücften tym entgegen, unb eS fam ju einem garten ©efedit, in
welcbem 93iele erfd)lagen würben. (Sgil ftegte, töbtete ben fernblieben 2ltb
fübrer unb machte große 23eute. (§rfd)övft von ber Slnftrengung, verlangte
er ju trinfen. Der Diener, bem er gebot, 2ßaffer §u Ijolen, fagte: bie
gäffer finb l)eute roäljrenb beS ©efecbteS ausgelaufen, baS ©ctränfe ift in
ben Schiffsraum gefloffen unb bort mit 53lut vermifebt worben. Dennocb
ging (Sgil hinunter, nal;m ben ^elm ab, fcbövfte aus bem Schiffsraum unb
tranf bret lange 3üge: eS war großen 5Xl>etf0 33 litt. 5D?an l)icß tt)n fettbem
23lutegil.
Der Jtönig erhielt l)ievon jhtnbe j als bal)er (Sgil balb barauf an ben
^of fam, nafym il)n ^anut bei Seite unb fragte ihn, ob cS wabr fei, baß
er 33lut getrunfen babe? (Sgtl geftanb bie Sfyatfacfye ein, entfa^ulbtgte fte
aber bamit, baß er eS aus 9?otb, nicht abftcbtltcb getrau. Äanut erwiberte:
ben Ungel)orfam gegen mein ©ebot verleibe idt) bir wegen beiner treuen
Dtenfte, bie Sünbe aber, bie bu burcb ©enuß menfct)Itcr)cn SBlutS begangen,
follft bu einem ^riefter beizten unb naef) fetner 33orfc^rift büßen. (Sgtl
verfpracb eS, ^>tett aber tttcf)t SBort. 3m näcbften grüt)ial)r befugte Mannt
SBombolm unb erfunbtgte ftdt), ob (Sgil gebeichtet habe? (Sgtl gab vor, er
^abe eS vergeffen, unb warb nun vom Röntge ernftlta) gemannt, nicf)t lern*
ger $u fäumen. (Etatt beffen lief (£gil balb nad) ber 2lbretfe ÄanutS auf
eine Stfing erfahrt auS unb fam erft im ^erbf e mit reicher 93eute §urücf.
211S bteß ber itönig erfuhr, berief er it)n ju ftet) unb machte ihm befÜ9e
Vorwürfe, baß er nacb ^etbenart unb wtber föniglicben 53efc^t Seeraub
treibe. Seiter fragte «ftamtt, ob (Sgil für bie erfte Sünbe 23uße getrau
babe? (Sgtl gab eine tro^ige Antwort unb warb nun abgefegt. Dennocb
Verminberte er fein ©efolge nicht, fonbem bauSte mit bemfelben auf einem
eigenen ©eböfte, baS er §u 5Bomf;olm befaß. Muri naebber lief ^lage aus
Norwegen von beS Königs Scbwager £)laf III. ein, baß ein Scbtff mit
reifer Sabung, baS burd) ben Sunb nacb 33ornf)olm fub)r, fpurloS ver^
febwunben fei. Der 33erbacbt fiel auf (Sgtl. Äanut JL begab fta) felbft
128
Wahfi ©regoviuS VII. unb fein Settalter.
nach ber 3nfcl unb ließ (Sgtl t>er^aften. £)tefer geftanb ein, baß er baö
Sdu'ff geplünbert unb bann sufammt bei -Jftannfdjaft verbrannt habe. 2J16*
balb gab ber Äömg 33efel)l, (Sgil aufzuheulen, feine $aubgefellcn würben
tfycils Eingerichtet, tl)eil3 oerftümmelt, tt>et(ö aus bem Sanbe ttermtefen.
9)ian bemerfe: obgleich ^anut II. etgenmädjttge Heerfahrten verboten
hatte, beftrafte er bod) ben Angriff (SgilS auf ba$ 2ßenbenlanb nicht. SBarum
btcß? offenbar beßhalb, tt>ctt bte breite 3)änemarf gegen bie Senben auf
iftrtegSfufk ftanb: wiber erflärte gctnbe war kaperet gefc^ltd) erlaubt.
2lber faum tft @gil ber ^Beraubung eines Schtffeö überführt, ba6 einer
Nation angehörte, mit welcher 3)änemarf im grteben lebte, fo muß er am
©algen für fein Verbrechen büßen, golgltch beftanben unter Äanut ftrenge
®efe£e gegen Seeraub.
gerner berichtet1) Saro: „ba Unbotmäßtgfett ber ©roßen bie 33anbe
be3 ©ehorfamö gelocfert hatte, fchritt ber ^önig unerbittlich ein unb [teilte
burdj J)arte Strafen bie alte üufyt wieber r)er- 9Wtf)t greunbfehaft , nicht
Verwanbtfchaft, nicht fyoty Stellung am $ofe üermod)te bie Schulbigen §u
retten. 2)urch biefeS Verfahren §og ftch ber ^onig großen ,§aß bei ben
Vornehmen §u." 33efonbere (Srlaffe, bte ber ^önig in ber befd)riebenen
Dichtung gegeben hätte, führt Saro ntdjt an: ich benfe, bie -DJiaßregeln,
roeld)e er im Allgemeinen fdnlbert, waren gegen bie 23ebrücfuttgen, welche
ftch einzelne ©roße wiber bte niebern Stänbc erlaubten, namentlich aber
gegen verbotene Heerfahrten, b. I). g^öen Seeraub gerichtet. 2)te »on fei*
nem Vorgänger bewilligte gorm ber ®efd)Wornengertchte fann jtamtt nicht
umgeftoßen haben, beim bte Duellen fdjwetgcn nicht bloö »on einer folchen
Slnorbnuttg, fonbern fte geben ba£ ©egentheil §u t>crftcr)en, inbem fie, wie
icb oben gezeigt habe, melben, baß bie Röntge, weldje nach «garalb 2Beta>
ftein ben Zijxon 2)änemar!S beftiegen, auf bie ©efe^gebung §aralbö ttcr*
pfltcbtet werben feien. 2)iefelbe beftanb alfo fort.
2ßtr haben bis je$t nur bte eine Seite ber Strffamfeit be6 bänifchen
jtöntgö, bte folbattfdje, feinten gelernt. 3n anberer «£>tnfid)t erfd)eint Sta*
nut faft wie ein Wönty. 5lelnotr) erzählt:2) „«ftanut fpei6te hungrige unb
SJrme, fleibete 9?acfte unb grierenbe, fcfoüfcte Sötttwen unb SÖatfen, fpen^
bete Sllmofen an gremblinge, et)rte tton ben ßlertfern bie einen wie Väter,
anbere wie ©ebteter; feiner ©enrahltn Slbela, ber Tochter bc3 ^erjogö
Robert t>on glanbern, bewieö er unüerbrüd)ltd) eljeltdje £rcue unb berührte
nie ein anbere3 2Öetb; er befuebte ben ©otteöbienft täglich. Sin gafttagen,
tngbefonbere allwöchentlich am Samftag, genoß er nur 23rob unb Sal$,
tranf auch feinen 28etn nod) 3fteth/ obgleich leefere ©endete wie fonft auf
bte föntglicr/e Safel getragen würben. 2)enn $anut wollte niebt, baß fein
*) «. a.D. @. 194.
2) Vita s. Canuti regis cap. 7—9. Sangebetf III, 343 flg.
St'erieö 23uc$. (5op. 9. £änemarf unter Qaxalb £ein unb Mannt II. 129
gaften ber 2Bclt funb werbe. 2>te Spetfen, welche namentlich an gafttagen
übrig blieben, ließ er nacf)r)er nnter bie Firmen verteilen. (£nbltd) traf er
(Stnritftung , baß feine (Sapellane ©erolb unb 2lrnolb if)m juwetlen bte
©eißelbuße geben mußten. n
2)aS 5llleö r)atte einen tiefen (Sinn. $anut tft ber ©djöpfer einer
eigentr)ümltct)en fira^Iicben ®efe£gebuug. 33iS ju feiner 3*tt ftanben bic
©etft(tcf>en in Ü)änemarf unter ben gewöhnlichen ©eriebten. jtamtt bage*
gen t>erlte^ bie peinliche ©ericfitSbarfeit über ben ganzen ßleruS au6fcf)lteß*
Ii* ben 2Mfd)öfen: (Slerifer fonnten feitbem nur *>or bem betreffenben 23t*
febofe belangt werben unb tton allen Säten berieft nur ber jtöntg unb ber
£f)ronfolger baS ERecf>t , ©etftltcf?e vorhaben. 1) 3«9^* räumte1) Sta*
nut II. ben btfd}öfttrf)en ©ertöten bie 23efugniß ein, £aten wegen 33er*
gef)en gegen bie Religion mit ©elbftrafen ju belegen, roeldt)e feitbem einen
n>tcf)ttgen £f)ctl beS bifa^öffiajen (StnfommenS btlbeten. 9Joct) ©rößereS tljat
jlanut für bie $ircr;enr)äupter : er gab1) ben 23tfcböfen 6i£ unb ©timme
auf bem Dfata^tage unb befttmmte jugleict), baß fte in ber 9feia)6t>erfamm*
lung ben QBorrang ^or allen anbern ©roßen r)aben follten.
2)e6 $tfnig3 näctifte ©orge war, ben (SlerttS mit r)ütretcr)enben 9ien*
ten ju verfemen, ©a.ro erwähnt7) bie großen ©aben, welche Äanut IL
ber Sunber <fttrct)e barbraa^te. £)er Scbenfungebrief felbft — bie ältefte
»orr)anbene bänifdie Urfunbe — auSgeftellt unter bem 21. Wlai 1085, ift auf
unS gefommen. 3) Slußer fielen §öfen tter(tel) ^anut II. bem bifd)öf lieben
©tufyle ben vierten £r)etl fämmtlic^er föniglicben (Sinfünfte aus ber (Etabt
Sunb, nur bte 33ußen für tterfäumte «geereSfolge, baö »erwirfte Vermögen
ber grteblofen unb ben ^acfylaß berer, welche or)ne (Srben ftarben, behielt
er ber trotte vor. Unter ben 3euQ^1 werben mehrere Stallare erwähnt,
fo wie ein §er$og £afon, ben man fonft nic^t fennt. (£ö fehlte, wie man
jtetyt, am bäntfa)en £ofe nietjt an glänjenben Atteln. 2)ie bem gewöhn*
liefen ©ebrauebe gemäß eingefügte gutcbformel beginnt mit ben Sorten:4)
„follte trgenb Semanb, fei er abclig ober ntcf)t abelig, geboren ober nta)t
geboren, ftet) erfreuen, gegenwärtige (Sc^enfung anjutaften" u. f. W.
2)tefer @a£ tft ber ältefte SBeleg für baS SBorfyanbenfein bänifdjen
2lbel6, unb §war, wenn td) fo fagen barf, ein fauftbtder 23eleg. 2Bo
man bie auf (£rben r)erumlaufenben 9ftenfd)enfmber in ©ebome unb Ung-e*
borne einteilt, ftnb begriffe über 2lbel im Umlauf, bie ntcf)t mef)r mit
einer jarten $flan§e, fonbern nur mit einem 2Ba(bbaume *>erglia)en werben
fönnen. 3er; ftnbe übrigens bie Sattle begretflia). Seit vollen 60 Sauren
beftanb bamatö bie £f)tnglitr; in £)änemarf. Äann man fta) wunbern, baß
(} @aro @. 194. 2) @. 196. 3) Stbgebvucft Bei Sange&ec? III, 425 flg.
4) Si quis praepotens, nobilis vel ignobilis, natus vel non natus.
©ftöver, $a&f* @regoriu$ vu. 33b. IU. 9
130 ^a&tf ©regoriuö VII. unb fein 3ettattev.
biefe Butter eine aud) im bürgerten geben bevorzugte «Stellung bcS
SlbelS gebar!
Sieben ber SluSftattung beS Stuf)lS fyricht ©aro von prächtigen ©e*
febenfen, tr»etct)e Äöntg ^anut ff. ber aus Stein von ihm neuerbauten Strebe
§u DfoeSfilb maebte. 3)aS waren Vorthetle, bie einzelnen fachlichen 5ln*
ftalten 51t ©ut famen. Slllein Äanut arbeitete jug(etcf) an einem großarti*
gen platte, welker ben 3*ved hatte/ bem gefammten (SleruS $)änemarfS,
SBifc^öfen unb Pfarrern, für immer ein ehrenvolles 5luSfommen zu fiebern.
9Jcel;rere unb unverwerflidie 3™gniffel) ftnb vorrjanben, baß ber jtöntg in
feinem Cetebe zu ©unften ber ittrdje ben 3ef)n*en einführen wollte, aber
bei btefem Vorhaben von Seiten beS VotfS auf verzweifelten Siberftanb
[tief, ben er nta)t §u bewältigen vermochte. 2)er Verfucb, ben 3*hnten bureb*
Zufe^cn, fyat if)m baS Seben gefoftet; tnbeß war baS 2ßort einmal aus*
gebrochen, ber ©runb gelegt, obgleich eS noch einen faft anbertr)albr)unbert*
jährigen Äampf foftete, bis ber ©ebanfe jlamttö II. verwirfltcbt warb.2)
Jtanut erlief noch anbere @efe£e, bte , wenn fte auch mcr)t unmittel*
bar bte ittrcfye betrafen, boct) unzweifelhaft aus ftret^ttd^er 9lnfd)auung ent*
fprungen ftnb. Slelnotl) melbet:3) „Äönig jtanut verorbnete, baß grembltnge,
moebten fte fommen woher fte wollten, als grete be^anbelt werben, unb
gleiche 9ted)te mit ben £anbeSetngebornen genießen fotlten." £)er SebenS*
be|'a)retber fügt bei, biefe Verfügung fet von ben !Dänen gar übel auf*
genommen worben.- SluSlänber, bie ftd) in 3)änemarf beS «£>anbels wegen
ober auS anbern ©rünben aufhielten, müffen bis baf)tn eine fd)lechte 93e*
hanblung erfahren haben. $anut machte bem ein (Snbe. Möglich ift, baß er
bie Slnfäßtgmachung frember Äaufleute in feinem Sanbe erleichtern wollte.
SebenfallS feblug bie betreffende Verordnung baS Stranbrecht nieber, ver*
möge beffen bte jtüftenbewofmer baS ©ut ber Schiffe, welcbe in ihrer 9Ml)e
fcheiterten, als (Eigentum aufbrachen.
Detter berichtet3) ber ^Biograph* ,/beSgleichen erließ jtönig Äanut IL
baS ©ebot, baß Sflaven, welche von ihren Herren fretgelaffen worben, fo
wie auch bte, welche mit bem (Ertrage ihrer eigenen Arbeit ftd) loSgefauft
hätten, öffentlich (von StaatSwegen) alS grete anerfannt werben follten."
Dtefe Verorbmmg ift von großer Tragweite, bebarf aber ber (Erläuterung.
Sflaven bie von gütigen Herren freigegeben würben, erhielten in ber Siegel
boch bie volle ftaatSbürgerliche greifet nicht, fonbern fte blieben in einem
gewiffen 2)ienftverr)ältniffe §u ihren bisherigen ©ebietern. £)te Verorbnung
ÄanutS II. fchaffte nun lefcteteS ab, inbem fte befttmmte, baß gretgelaffene
l) <§aro ©. 194., bann bte Ui Sange&ed I, 160. II, 170. 209. m, 319 u. 393
aufgeführten (Sljromfen. z) SKünter, «ftircfyengefd&tcfyte beö ^orbenö II, 15 flg. 3) Vita
Canuti cap, 14. £angebecf III, 352 flg.
93terteö 93udj. (5a V- 9- £>änemavf unter £avalb £ein unb Jtanut II. 131
fjinfort alle, geborenen greien jufteljenben , 9fccd?tc erlangen follten. 9?od)
l)öl)ere SÖtdjttgfeft fommt bem 93orberfa£ beö oon Meinolf) erwähnten @e*
fefceS su, aber er tfyeilt benfelben ntcbt ttollftftnbig mit, fein 23ertd)t muß
bafyer ergänzt werben.
SBorerft ift flar, baß Äamtt IL ben ©flaoen eine 2öor)ttl)at erweifen
wollte. Allein biefe feine Slbftdjt fy&tte ber Äoiüg nid)t*erreid)t, wenn ba6
©efefc nur bie 23efttmmung enthielt, weldbe Sleluou) auffüllt, beim bann
brauchten ©ebteter, welche, ben Hillen beö Königs umgefjenb, ifjre ©ffaoen
behalten wollten, bloS fein ©gentium berfelben §u bulben", fonbem i^re
etwaigen ßrfparniffe an ftd) §u sieben, unb ifynen feine freie %ät §um @r*
werbe §u raffen. 3)a nun unmöglia) angenommen werben faun, baß jtanut
nidjit wußte, waS er tfyat, mit anbern Sorten, baß er eine 5lnorbnung traf,
weld)e, ftatt bie £age ber Sffaoen ju oerbeffern, fte norf) fd)ltmmer bettete,
ift eine Sücfe im 33eric^tc $(elnotr)6 unoerfennbar. 2)er §auptbeftimmung,
weldje Slelnotf) allein erwähnt, müffen brei weitere 2lrttfel beigefügt gewefen
fein, bie fo lauteten: 1) baS ^efulium be3 ©flaoen ift unoerle^lid), unter
feiner 33ebingung barf e3 bergen antaften; 2) bie ^erren ftnb oerpflid)et,
in jeber $Bod)e ben porigen einen ober einige Sage freier Arbeit ju ge*
ftatten, bamit festere ba3 $efultum burd) ben Erwerb tt)rer §änbe mefjren
fönnen; 3) jeber 6Haoe fyat einen gefejjlia) beftimmten Cßretö , ben ber
§err nid)t überfctyreiten fann; ift eö bem Rödgen gelungen, burd) bie
Arbeit feiner ^)änbe bie feftgefe^te @umme $ufammen§ubringen, fo muß il)n
ber $err für ba£ erworbene £öfegelb freigeben. 9?ur mit biefer (Ergänzung
r)at baö tfon Meinolf) erwähnte ®efe£ ©um unb 3ufammenbang, nur fo
fd)lägt e3 ben einzig möglichen, oon ber Jtirdje längft empfohlenen SBeg1)
ein, bie ©Haoerei allmärjltg or)ne S3lut unb ©ewalt unb in frudjtbarer
3Beife ab§ufa>ffen.
3m Uebrigen gibt 2)a6, was Snorro ©turlefon, betreffenb ba$ $er*
fahren be$ norwegifa^en £erfen (Erling erjäf)lt,2) oollen 2luffa)luß über
bie 33erorbnung be$ bänifa^en ^önigö, unb liefert $ugletdj einen wcitmn
23ewei3 für bie 2Öaf)rl)eit meiner 2)arftellung. 2ut$ bem SBeridjte ©norro'S
erhellt nämltd), 1) baß ber Norweger Erling, ein na^er QSerwanbter beö Mpüitß
£)laf L, ba6 *ßefultum al£ unoerlefjlid)e3 (Eigentum feiner ©flauen be*
trottete; 2) baß er feinen porigen freie $ät ließ, um tf>r ©flaoeneigen
ju oermefyrenj 3) baß er baS £öfegelb nie erf)öl)te; 4) baß bie grilasjen
nacb erlangter greifet in einem Dienftoerfyältmffe $u if>m blieben ; 5) baß
fein Verfahren eine grua)t d>riftlic^er 3been war. Unter bemfelben (Einfluffe
^at Äontg «ftanut Ü)a^ waö btöl)er einzelne gütige £erren freiwillig fljaten,
*) 3$ luerbe biep in meiner ©efd&td&te ber S3olfßrcdT;te grnnbltc^ eriveifen. 2) Ste^e
33anb II; 614.
9*
132
$abft ©vegoviuS VII. unb fein 3ettattev.
jum $ctd)Sgefe|$e erhoben unb nebenbei üerttollftänbtgt, tnbem er, nm jeben
UnterfaMeif afyufdmeiben, baS 93anb §roif$en grtla^en unb Herren auf*
hob, unb bie gretgeroorbenen unter ben Sd)u{3 beS SfyroneS [teilte.
23ltcfen voir jurücf. £)l)tte grage hatte jtanutS N. ©cfe|gebung ben
3voecf, baS 3beal eines d)ri[tltd)ett »ftöntgthumS, baS bte ©regorianer, ober,
um mid) genauer auSjubrütfen, bte (Slugm;acenfer fett einem 3af)rhunbert
aufhellten, ^u ^errütrfltd)en. Wiit bem 2lugenblict>, ba baS ^reu§ im Horben
aufgepflanzt roarb, begann ein unoerföhnlicbcr Jtampf gegen baS Äorfaren*
tf)um. 3^ ben Stelen SBeroeifen, bte früher angeführt roorben ftnb, rotll icb
einen neuen fügen. 2lbam von Bremen erjagt, ') baß (Srsbtfdjof SibenttuS I.
^on^ambitrg^remenben^tra^enflucb roiber bie normannifcbenSötfmger fcbleu*
berte. 2Öof)(an! alle Hilfsmittel feines 9^etcf)eö bot «ftöntg ßernut II. auf,
um ben Seeraub mit Stumpf unb Stiel auszurotten unb gut §u machen,
roaS feine Vorgänger auf bem throne an ber 9Dtefcbheit verbrochen Batten.
3nxitenS feit unbenfltdjer 3>tit fud)te baS d)riftltd)e 9J?öncbtbum bie geffeln
ber Sftaverei auf frieblta^em 28ege §u fprengen. 3e nun! $anut III. erläßt
ein wohltätiges unb vernünftiges ®efc|, roeld)eS eS ben porigen mög*
lieh maa^t, if)re gretheit felbft §u erwerben, drittens bie Kirche gebot,
grembltngen Sdut£ ju gewähren. Äönig ^anut gibt eine 33orfd)rift, welcbe
verorbnet, baß 2luSlänber gletd) (Stngeboruen bef)anbelt werben follen, unb
jroar rechtfertigt er laut ber 2luSfage eines tüchtigen 3eu9eu2) btefe
fügung aus bem ©runbe, weil grembe wie (Sinl)etmtfc^e trüber, Hilter*
löste 3efu (S^rifti feien.
Viertens baS Äirdjenredjt [teilte längft bie Regel auf, baß ber (SleruS
nur von ben 23ifchöfen gerichtet werben bürfe. $amtt überträgt wirflich bem
bäntfe^en 23iStf)um bie ©ertd)tSbarfett. günftenS unaufhörltd) ermahnte Cßabft
©regor bte Röntge, fletfchltche SBegterben ju benähmen, ber Vielweiberei
als [taatSgefährltch ju entfagen: Äanut bewahrt feiner ©emahlin Slbela
unverbrüchltdje Sreue. ©erstens bamit ber ßleruS ehrenhaft befielen fönne,
»erlangte ber Cßabft ©regor VII. (Einführung beS 3el)nten$ im Horben:
^öntg jtanut II. fe|t feine ^rone auf's Spiel, um biefe gorberung beS
Statthalters $etrt p erfüllen. StebtcnS überall brang ©regor VII. barauf,
baß Regierungsformen tn'S £eben treten, welche bie ©iltigfett föntgltcher
23efd)lüffe unb ©efe^e von (Stnwilltgung beS 23iStf)umS ober überhaupt ber
©täube abhängig machen. 2lud) btefer gorberung beS $abftS fommt ^anut II.
bereitwillig entgegen: er verletzt feinen 23ifct;öfen ben erften Si|, bie erfte
Stimme auf bämfdjen Reichstagen. (Sin 53linber muß feiert , baß Ü)tct;ten
unb brachten ^anutS bal)in jtelte, bie 5ld)tung, baS 2Öol)lgefallen beS
größten ber *ßäbfte ju verbtenen.
l) Gesta hammab. II, 31. Ißtxt*, VII, 317 unten flg. 2) SangeBed III, 319.
SSierteö 93u#. Qa\>. 9. JDöncmovf unter £ara(b £em unb jUuut II. 133
Auffalten fönnte eö, baß feine Hutten ©regor6 an einen foldjen $öntg
vorfyanben ftnb. 3mmerf)in mögen einzelne Schreiben, bte er wtrfltcr) an
$anut II. richtete, verloren gegangen fein. Ü)ennoa} glaube tet; nietjt, baß
eö berfelben viele waren, ja c$ ift benfbar, baß er gar nie an Äanut
febrteb. 2)ie Regierung biefe£ $öntg6, ber, rote td) fagte, 1080 ben Stroit
beftteg, unb 1086 enbete, fällt in bie forgcnvollftcn 3al)re ©regorS VII.
$om grüfyltng 1081 biö jum (Sommer 1084 ftanb ber Malier £emnc§ IV.
in Stalten unb bebrängte unaufl)örlta) ben $abft, ber §ule£t §u ben 9cor*
mannen naa) bem ©üben entfliegen mußte. 2Bäf)renb fonft zuweilen von
einzelnen Sagen Briefe @regor3 VII. tri SJcaffe auf un3 gefommen ftnb,
nimmt bte Hafy feiner (Srlaffe von 1081 an fidjtltdj mel)r unb mefjr ab.
8o mag e$ gefcbefyen fein, baß er feine Sät fanb, ^Briefe mit $öntg
^anut II. von 3)änemarf §u Weddeln.
©ewtß verbient bte SBtrffamfett be$ hätten 33erounberung , aber er
verfolgte einen efyrfücfytigen 3teben§roecf unb zwar einen folgen, ben ®re*
gor VII., wäre er nod) am geben geroefen, nimmermehr gebilligt tyaben
würbe. 2)er *M)m feinet SlfmS, Kanute L, beö ©roßen, ließ tr)n ntct)t
rul)en. @leia) tfjtn wollte er (SnglanbS ^rone §um bäntfcfyen (Srbretcbe
fügen, unb ber (Sifer, mit welcbem er auf alle SBünfdje beö (SIcruö ein?
ging, fotlte §u 3Bege bringen, baß bte jtirebe ba3 betroffene SBerf ber
Eroberung gut r)etße. @a)on im 3af)re 1074, ba fein SSater ©wen nod)
lebte, fyatte Jtanut im herein mit £er§og £afon, wal)rfcf;emltd) bemfelben,
ber in ber Sunber @tiftung6urfunbe vom 9Jiat 1085 genannt ift, an ber
6vi£e einer glotte von 200 (Segeln (Snglanb angreifen wollen, aber unver*
rtditeter 2)inge roteber umfefjren muffen, weil feine 9ftacf)t ber be3 Königs
2Btlf)elm weit nidjt geroacfjfen war.1) 3e£t, ba er über Dänemarf ver*
fügte, bot er alle 8trettfräfte feines (Srbreta)ö auf unb gewann überbteß
ftarfe QSerbünbete.
£)ie Umftänbe waren günfttg. -äfttt 3ngrtmm trugen bie 2lngelfact)fen
ba$ allerbtngS fct)were 3od) beä 23aftarb6 2Btlt)eIm, ba3 jeboa), gletct; einer
btttern 5lr§net, fte allein von tief eingewurzelter 3w<^tloftgfett §u Reiten unb
§u einer großen Nation tyeranzubtlben vermochte. Saut bem 3wgntffe2) 5lel*
notr)ö fcfyicften bte Unjufriebenen t)äuftge ©efanbtfa^aften an $anut IL
unb forberten tl)n, tätigen 23etftanb verfyetßenb, auf, ba6 Dieter; feines glor*
retten 5lt)nö wieber aufzurichten. Ueber glanbern r)errfct)te bamalS Robert
ber grtefe,3) beffen £ocf)ter 2lbela Äanut II. geef)elid)t l)atte. Der flau>
brifct;e §of Jjegte fett ber 3eit> ba (Smma, von il)rem 6tieffo^n §aralb II.
vertrieben, bort 5lufnaf)me fanb , allerlei $lane, au6 ber 3eniffenbeit @ng*
l) Chronic, saxonic. ad a. 1075., efcenfo ^einric^ tson Huntington Bei @aütle ©. 369.
2) Vita Canuti cap. 10. Sange&ecf III, 347. 3) ©onb II, 255 flg.
134
*ßa&jl ©vegoviuS VII. unb fein 3eita(tev.
lanbö jum ßwecfe eigener Vergrößerung 9?u£en §u jte^en. *) Um fo be*
reitwtlltger ging Robert auf bte Anträge feines bäntfcben (StbamS ein, $u*
mal ba er längft mit 2Ötll)etm bem S3aftarb in gembfcfjaft lebte.1) 2luct)
ber $ömg Don Norwegen, £>laf III., ^anutö Schwager, trat bem bunbe
bet. Snorro berietet,2) baß auf einer. 3ufammenfunft, weldje bte beiben
jtöntge $u ^ongljella an ber ©ottjaelf gelten, £)laf III. ftcf) tterbinblicf)
gemacht fyabe, feinem Schwager 60 wofylauSgerüftete £)rlogfd)tffe §u lie*
fern, unb baß £)laf biefelben wirflia) [teilte.
2BtIl)elm tton 9)calme3bun; fpric^t3) — meinet @racl>ten$ übertrieben
— tton 1000 Schiffen, welcfye Äanut um bie WlitU be$ SommerS 1085
im £jtmfjorb »ereinigte, fcon 600 wetteren , welche ber glamanber Robert
feinem (Etbam jufebtefen wollte, ©ewiß ift, baß jtanut fämmtltcbe £ülf3*
quellen 2)önemarf6 in Bewegung fe£te. 2lbcr aud) 2Ötlf)elm tton (Snglanb
machte bte größten ^Inftrengungen, um bie ©egner §urüd§uwetfen. (Sr fanbte
SÖerber in bie umliegenben Sanbe au$, bot fyofyen Solb unb ntcfyt ol)ne
(Srfolg: £aufenbe von bewaffneten §u $oß unb gttß ftrömten nad> ber
9?ormanbte §u feinen gafyuen; fte würben nad) (Snglanb r;inübergefcf;icrt unb
bort bei bürgern unb bauent eingelagert. 2)er Untertan mußte bem
Solbaten ntd)t nur £)bbacb, fonbern aud) $oft retten.4)
3ugleia) fetjrieb Jtontg 2Btlf)elm eine jtrieg6fteuer au3, bte fo läfttg
war, als je in ben faMimmften 3?\Un beS 3)anegelb6 unb ber 2Btftnger*
f)errfd)aft; benn glorctttiuS &on 2Öorcefter bezeugt,5) baß bamafö 6 <BfyiU
linge auf bie £tbe Sanbcö ober einen bauernfyof erhoben würben. £)er
Ertrag biefer Steuer ift e6 meinet (SraditenS gewefen, waö ben *ßlan Sia>
nutö Wie eine Seifenblafe verrinnen machte: allem 2lnfd)ein nacb bat ber
alte fcfylaue Normanne ÜKBilfyelm ben golbbelabenen (Efel angewenbet, welcher
laut ber befyauptung beS 9J(acebonen *ߣ)tlt>:p bte ftärfften bürgen ju gälte
bringt. 9Jcit englifc^em ©etb muffen Verrätfycreten im bämfd)en «£>eere an*
gebettelt worben fein.
($3 war (Sommer 1085. biele Skiffe fammelten ftcr) nact; unb nad)
bem befehle beö Königs gemäß im £jtmfjorb, aber anbere blkbm auS,
unftd)tbare £änbe woben eine Verzögerung um bie anbere. £)aö §eer,
wa^rfa>einlict) fdwn t)orl)er bura) bie (Sinfüfyrung be$ 3e*)nten erbittert, unb
überbieß bura) bie ©roßeu aufgellt, bte über Äanutö ftrenge ©efe#e groll*
ten, murrte lauter unb lauter, bte bor$etd)en einer Empörung brängten
ftcf). Unb nun fam an$ SageSticbt, baß ber geheime genfer be$ Spielt
Kanute eigener bruber Olaf — wor)l @of)n einer anberen Butter —
4) hierüber ba$ 9läfyere unten, an geeignetem Orte. 2) Heimskringla III, 184
unten flg. 3) @amle @. 106 unten flg. 4) Chronic, saxon. ad a. 1085. 5) Ad
a. 1084. Flores histor. ©. 641.
93ievtce 93uc$. 9. £änemarf unter Jpavdb Jpein unb Jtonut II. ^ 35
war. Olaf gab fieb baju fyer, bte 93efcbwerben beS leeres bem Könige
vorzutragen.1) Se^terer befahl, ben $errätf)er §u verhaften, allein bie
51f)inglttr) verweigerte ben ©ebjorfam : „eS laufe wiber ben gabnenetb", jag*
ten2) fte, „an einen «ftöntgSform «§anb ju legen." %)oa) (Stieb, ein anberer
trüber l)egte tiefe SSebenfltcbfetten ntebt, entfcbloffen , alle ©cfafyren mit
^anut §u feilen, verhaftete er Dlaf, ber gefeffelt nad) glanbern abgeführt
warb, um als Staatsgefangener in ben ^änben beS fönigltcften ©cfywfe?
gervaterS $u bleiben, JlanutS Stanbfyafttgfeit vermochte jeboa) bte watt;
fenbe £)rbnung nid)t mef)r ju befefttgen. 2öie eS febetnt, auf bie 9cacf)ria)t
von erfolgter Verhaftung Olafs, löste ftcb baS im Sjimfjorb verfammelte
£eer auf: bie «Skiffe, bie Solbaten gingen cigenmädtfig nacb £aufe. .
2)tefe Sfyat war ein fd)WereS Verbreeben, baS ber alte fränfifd)e
Svracbgebraud) mit bem tarnen »£)eriSli§ bezeichnete. Saut bem 3eugntffe 3)
Saro'S ftanb nad) bämfdjem 9fed)te ber £ob ober (Sin§iel)ung ber ©üter
mit SanbeSverweifung barauf. $)er Äönig 50g eS vor, biefe (Strafe in
eine ©elbbuße §u verwanbeln. 3)te rjeereSpitcbtigen ScbtffSmetfter feilten
je 40, bie gemeinen Solbaten je brei Wlarf Silber bellen.4) 3)te Summe
war t)ocb, aber ber $öntg bot eine SQitlberung. 5luf ben *ßlan beS 3efyn*
ten jurüdfommenb, verfünbtgte er ben Sd)uttngen, baß, wer ftcfy verbtttblicb
maa^e, l)infort 3ef)nien an ^ ©etftltcfyfett §u entrichten, von ber ,£eereS*
büße — man nannte5) fte 9cafengelb (^efgialo) — befreit fein folte. Allein
bie große 9J?ef)rl)ett erflärte, lieber baS ^afengelo §u jaulen, als ben 3efyn*
ten §u geben, beim jenes fei eine vorüberger)enbe, tiefer eine ewige Saft.
Um nun bie 2Btberfvenfttgen mürbe §u mad)ett, gab Äanut 23efef)l,
baß bie 23uße mit rüdftcfjtSlofer Strvnge eingetrieben werbe. 3m grür)ltng
1086 reiste ber $öntg nad> 3i>enbfi;ffel, wo er ben Anfang mit ber (Sin*
treibung macben wollte. 3)ie Steuerbeamten führten niebt btoS ben€ßtllen
beS erzürnten ©ebieterS buchftäblid) aus, fonbern fte erlauben fid) gro*
ben Unterfcbletf. 2)a baS vorfyanbene baare ©elb bei Settern ntebt aus*
retebte, mußte §u SBegnalune von Viel) unb ^auSratl) gefa)ritten werben,
Welche ©egenftänbe nacb altgermanijcbem $ecbte einen gefeilter; bestimmten
sßreiS Ratten. $>te Beamten betrogen, fc^ä^ten, was eine Un$e wertb war,
laum §u einem Scbtlling. 6) darüber riß ben 23ebritdten bie ©ebulb. Ü)aS
Volf von 2Benbfi;ffel fctilug jwei Steuereinnehmer tobt, braeft nun in bte
Jtronfyöfe unb ^faljen ein, raubte, fengte, morbete. Der Äönig flor) nad)
ber Sdjlety, aber ber 9ütfrul)r folgte il)tn. 3n ScbleSwtg faf) er feine
Königin 5tbela unb bereu Solm (Sari $um le^tenmale: er forberte 23etbe
*) Aelnothi vita Canuti cap. 13. Sangebetf III, 351. 2) ©aro ©. 197.
3) 3(. a. £). ©. 197. 4) Ibid. 198 oben unb «angebeef I, 58 oben. 5) San^eberf
I, 378 unten. 6) ^angebecE III, 354 oben .
136
$öfcf* ©tegoriuS VII. unb fein Bettalter.
auf, wenn fte Nörten, baß bte ^Bewegung einen fajltmmen 2lu6gang neunte,
nact) glanbern $u fliegen. Sie ftnb wirHia) borten entfommen. «ftarntt
fegelte fcon Sdjlcöwig nad) ber 3nfel güt)nen hinüber unb begab ftet) in
bte Stabt £>benfe. 2lud) bort brad) ber (Sturm log. 9J?tt ben wenigen
^Begleitern, bie bei üjm au^arrten, flüchtete er in bie ^tre^e §um rjetltgen
Sllban unb beichtete in SobcSgebanfen. Jhirj barauf traf tl)n eine tobt*
lidje 2an§e. üfteben t|m würben fein trüber SBenebtft unb 17 ©etreue
erfa)lagen. ') 2)er Sag,2) an bem er enbete, ift ber 10. Suli be$ SafyrS
ber ©nabe 1086.
SÖelct) unüberfefybareö Unglücf f)ätte ^anutö II. @roberung$:plan über
^Britannien gebracht, wenn er oerwtrHidjt worben Ware. £)ret 50^äa)te,
£)änemarf, Norwegen, glanbern, würben ftd) um gerben be$ unglüdticr)en
£anbeö gertffen Ijaben, unb bie unau$Metbltd)e golge mußte fein, baß trofc
allen guten 5lbfta)ten, bte ^anut II. rjegen mochte, auö ber oon tfym ge*
ftreuten ©aat bte ©reuel ber alten 28ifinger§eiten wie $racfyensüt)ne wie*
ber aufpreßten. Unmögtid) ift, baß $abft ©regoriuS VII. je ba$ 93or*
t)aben bc$ 2)änen gut geheißen l)ätte, aber er lebte m'cfjt met)r, al$ $amtt
im 2lu3füf)rung fetyrttt. ©regor VII. war ben 25. Wlai 1085 §u (salerno
geftorben.
Wlit bem Unternehmen jlauutS oom 3al)re 1085, offenbar einem miß?
glüdten 33erfuct)e, Veraltetes unb unter wefentKd) fceränberten $erf)ältniffen
Unmöglichem m8 Seben §urüdsurufen, t)örten bte (5ee§üge ber öftttcfjen Sfau*
btnaoen gegen (Snglanb für immer auf. (Sine neue £)rbnung ber 3Mnge
tjatte im Horben 2£ur§cln getrieben, bte leine ©ewalt mcr)r §u erfetjüttern
vermochte. 2>tefe £>rbnung bauert tf)ren ©runb§ügen nad} bt3 auf ben
heutigen Sag fort, baS SSerbtenft aber, fte gefc^affen §u l)aben, gebührt
©regor VII., benn als (Eolbat ber ^tra)e ift ber gallifc^e Normanne 2Btl*
r)elm auf engltfd^em SBoben erfctjtenen. SSenben wir unS naa) ber üftor*
manbte ober ben -tDiünbungen ber Seine.
l) Aelnothi vita S. Canuti cap.14— 28. Sangebecf III, 352 ftg. u. <Söxo <5. 198 ftg
2) Sange&ecf III, 371 ftg. u. 450.
93tevteö 93udj. (Sap. 10. Anfange ber 9Zormanbic. Sfyre S^ac^bam. j 37
JkljnUö Kapitel.
2)ie ©efcr)icr)tfcr)reiber über bie üftiebertafütng bcr Normannen an bev <Seine;2ftünbung.
Ueberftdjt ber neufhifdjen Könige, meiere gu (Stibe beö 9. unb Anfang beS 10. ^afjr*
ljunbertö regierten, fo roie ber (5rbt)evvfdt)affen, welche unmittelbar an bte 9?ormanbie
giänjten : Käufer »on Aquitanien, 2Injou, SHaine, Bretagne, 93ermanboiö, $onttjieu,
Strien ber (Sapetinger. 3eit ber Stnfunft Diolfö beS §u§gänger3 (StoUVö) in
ftranfreicr) : er wirb jum Hauptmann geroä^It unb befe^t mit (einen SBifingcvn baö
Sanb um Stauen. Vertrag t>on <5t. (Stev im Saljre 912, ber ben ©efätjrten sjtatto'S
ben rechtlichen 93eft$ if)rer (Eroberungen jitfpvidt)t. <Die (Eroberer treten in bie iatyo:
lifcfje Jtircfje über. (Srjte Q3ebeutung beS 2Borte3 „33igot". Urfprünglicfje ©rdnjen ber
9tarmanbie. Söetfe @efe£e Otatto'g, bie in jturjem baö üerobete £anb ju 2Bof)Iftanb
unb 33lütf;e bringen. £e|te kämpfe OtauVS roiber bie 2If>nf)erren ber (Sapetinger.
£>ie Normannen ber Sotre erlangen buref) Statlo'ö <£ilfe @tabt unb ©egenb öon
Nantes, £erjog Otafto, ein großer Surft, ftirbt um 930.
6a>n vor ber Wtte be3 11. 3af)rl)unbert3 war baö £ooö Britanniens
tief in bte ©efcfytcfe ber gatttfcrien Normannen verflochten, bereu gürften*
ftamm balb §err über baö 93olf ber 5lngelfac£)fen werben f öftre, gaffen
wir junäcf)ft bte Duellen für bte ®efct)icrite ber 9?ormanbte tn3 2luge.
£)er ältefte (Sfyronift, welcher über bte normanntfebe 9?teber(affung an
ben (seinemünbungen fcfyrteb, blut)te gegen (£nbe beS 10. 3af;rl)unbert6,
t)iej? £>ubo unb war ßanonifuS im (Stifte §u 6t. Duentin. Um baö 3at)r
987 fanbte il)n 2lbaibert ©raf von SScrmanbotö an ben 9?ormanneufürften
9^tcr)arb I. mit Aufträgen, bte er glücHicb ausführte. 2)ubo blieb feitbem
in vertrauten 3Berl)ä(tniffen §u *Rtd)arb unb beffen (Sttefbruber bem ©rafen
$abulf von 3*>n;. 23etbe forberten ilm auf, bte ©efcf)td)te ber 9?ormanbte
unb ü)re3 ©rofvaterS OtolKo §u fct)reiben, unb ©raf S^abulf tf)eilte $u
biefem 3wecfe bem (£anonifu3 viele 9?aa)rid)ten mit. 3)ubo febrttt jur
%l>at unb verfaßte ein Serl in brei Büchern, baS er bem 23ifcfiof Slbalbero
wibmete, welcher von 977 — 1027 ben ©nü)l von Saon einnahm. 8etne
Arbeit, bte, obgleia) t)öd)ft verbtenftlict) , ba unb bort mit unnötiger ®e*
lel)rfatnfeit unb Iateimfct)en Herfen »rangt, reta)t bt£ §um £obe ^Ricfcarbö L,
ber um 996 ftarb.
£)em SBorbilbe 3)ubo'3 eiferten jroet (Slerifer nact), bie beibe in ber
^weiten £älfte beS 11. 3arjrt)unbert3 blühten, beibe ben tarnen 2Mt)elm
tragen. 2)er eine, 2Q?önd) im normannifd)en ^lofter 3umiege3 (Gemmeti-
cum ba^er fein ^Beiname gemmeticensis) fc^ilbert in 7 53üc^ern bte @e?
fcbia)te ber Normannen von O^ollo unb feinen Vorgängern an biö t)erab
auf bte Eroberung (Snglanbö bura) Stll)elm ben SBaftarb. 3n ben vier
erften 8üa)ern, welche ben gleichen 6toff be()anbeln tvte 3)ubo, fefereibt er
biefen aus. 2)cr anbere 3Btlt)elm, geboren tn bem normannifeben ü)orfe
138
$abji ©regoriuS VII. unb fein Seitaltev.
$reaur, bag jum (Sprengel von Sifteur geborte, war tu fetner 3ugenb
Solbat, trat bann in tue ^lofterfctmle von ^oitierS — woher fein 23ei*
name *ßtctavtnu£ — warb Cßrtt fter mir balb ^ofcavellan bc3 SrobererS,
fpäter erlieft er ba$ 2lrd)tbiatonat ju Sifteur.1) 3n btefer (Stellung be*
fc^rteb er baö Sebcn fetiteS ©ebieterS, bcä neuen Königs von Snglanb, bocb
reicht bie Arbeit bcö SavetlanS nid)t biö §um 5£obe be3 SrobererS, fonbern
nur bis jum 3af)r 1070 l)tn. 2Biflj*Im von $ottter3 tft trefflich untere
richtet unb, obwohl ein ^ofmann, bemtod) im ©anjen tx>at>r, babet ein
guter Sateiner, aber er afymt juwetkn bte 9t>beweife ber großen ^tftortfer
be$ römtfetjen 9llterthum6, namentltd) beö ©alluftiuS, mit mefyr £reue beS
©ebächtntfjeS als ©efchmad nadi. £>ie Serfe ber bret genannten Schrift*
fteller t)at 2)ucbe6ne tu fetner normanntfeben Sammlung,1) *ßart$ 1619,
herausgegeben.
9D?an ftefyt, £)ubo unb bte betben SBü^eXme blühten unb fa)rteben $u
einer 3>c\t, ba fd)on mand)e (§tn§elnfjetten ber 23efe£ung be£ SanbeS »er*
geffen fem muften unb ba 9fouV3 Nachfolger fid) §u einer 9J?ad)t empor*
gearbeitet Ratten, wekbe etngeborne Slertfer, Untertanen jener, jur
Schmeichelet verleiten mochte. Ü)iefe Mängel unb Süden werben theilwetfe
ergänzt burd) $(u$fagen neuftrtfdjer Shrontften, welche 3ctt9cnoffen Nollo'S
ober fetner nächften Nachfolger waren, bureb einzelne Urfunben, enbltch burd)
ba$ merfwürbige Swgmjj, 2) Weldas ber große ©efchtcritfchretber beS NorbenS
Snorro Sturlefon, Sagmann auf 33lanb, bejügltd) ber ^erfon NolfS
ablegt.
©allten hatte jur 3*tt, fcß bie Normanbte geboren warb, ungefähr
folgenbe ©eftalt: ben Tanten etneö Königs ber neuftrifa)en granfen trug
von 893 — 929 ber Sariinger (Sari III., genannt ber Stnfälttge, ein gürft,
bem von bem ehemaligen ©lanje feiner 5lt)nen nichts übrig geblieben war,
al$ (Erinnerungen unb einige krümmer. Nicht einmal ben rontgltchen Settel
befaß Sari ber (Einfältige auSfajltcßlich; Nebenbuhler bebrängten ifyx wetyrenb
eines guten %\)äl§ fetner Regierung. 6ett 888 erftanben 3), nacb bem
(Etur§e SarlS beS 3)iden, mit Sinwilligung ber beutfeben €tänbe, welche bie
2Öelt von ben Uebeln gewaltsamer 5llletnl)errfc^aft befreien sollten, im
€üben unb SBeften be£ beutfeben Neidas mehrere Könige, betten jeboch mr
SBebingung gemadjt roarb, bie Sct)cnl)or)cit beS beutfehen ^errfcberS Arnulf,
als Oberhaupts ber Sariinger, anzuerkennen. 3)amalS erhielt4) NeuftrtenS
trotte £)bo, ber ©ol)n D^obertö be^ 6tarfen, benn man betrachtete ba^
§auö ber neuftrifd)en Sariinger al^ erlofchen, obgleid) noch ein fleiner
^nabe — Sari ber Sinfältige — lebte, welchen Slbelbetb, bte jroeite ©e?
') 2)uc^eöne script. rer. normannic. ©. 503 unten unb 521. 2) (Sie^e 93anb II,
562. ') ©fröver^ef^ic^te ber (Xavlingev II, 296 flg. *) 5)af. II, 299 flg.
Viertes 93utf. 10. Anfänge ber fWormcmbie. Sfyve üftacfc&avn. j 39
maf)Itn ShibroigS beö Stammler^ , fünf SJconate nacb bem $obe it>reö
üftanncä, im Sept. 879 gebar.1) günf 3abre bef)errfdbte ber genannte
£>o, ttielfacb burd^ bte ßtnfäfle ber Normannen unb nod) mehr buret) bie
Unbotmäßigfeit ber großen unb fleinen SBafallen eingeengt, bodb ol)ne
sJ?ebenbuf)lcr , 9? enftrien.
Wkin im 3al)re 893 roarf 0 eine unjufriebene $artfyei ben 14jährigen
(Sari ben Einfältigen $um ©egenfönig roiber £)bo auf. 2ll6balb mifebte
ftet) ber beutfebe ^önig 2lmulf, ber ben einen burd) ben anbern ©egner
verreiben wollte, in ben ^ampf, inbem er balo biefen balb jenen unter*
ftii{3te. 23i£ §um 3al)re 895 beln'elt £)bo im ©an^en bie £>berbanb, aber
im 3af;re 896 erfaßten ein Heiner §aufe Normannen, nad>bem biefeg SBolf
feit einiger %tit granfretch in $uf)e gelaffcn J)atte, lieber auf ueuftrifebem
53obcn, im folgenben 3af)re famen größere Scbaaren nacb. (Sari ber (Sin*
fältige trat in freunblicben SSerfebjr mit ben fremben Räubern. (Sö roirb ge*
melbet, baß er einen ber normannifeben Häuptlinge au$ ber Saufe b)ob. 3)
Tian tft berechtigt l)ierauö ben Scbluß §u §iel)en, baß ber (Sariinger ee
roar, ber bie Normannen inS 2anb rief, um mit Üfyctt £ülfe bie lieber?
macht £5bo'6 §u bred)en. Slucb rourbe Unterer roirflicb erreicht. ©c*
fcr>recft bureb bie Slnfunft ber gremblinge, fctjloß £>bo mit (Sari einen 93er>
trag, fraft beffen er einen Ztyii feines 9leid)$ gutwillig an ben leritcren
abtrat. 3)
Stux% barauf fiel £)bo in eine jd)tt>ere ^ranffjeit, ermahnte fterbenb
bie 9?euftrier $ur £reue gegen (Sari unb »erfebieb4) ben 1. 3«nuar 898.
«Sofort tterfammelten ftd) bie ©roßen M $eict)3 auf einem ßanbtage §u
9t()etm3 unb roäl)lten einftimmig (Sari ben (Sinfältigen §um ©ebieter. 3)te
fremben Reifer vermochte ber neue Köllig ftd) nicht mel)r vom ^alfe ju
febaffen, fie blieben für immer auf fran§öftjd)em SBobcn. dagegen behauptete
er bte «Jperrjchaft ober bereu tarnen bis 922, in welchem 3af)re mißgünftige
23afallen ben SBrubcr be6 898 tterftorbenen £>bo, Robert, §um ©egen*
fönige erhoben.5) (Sari lieferte bemfelben um bie 9Jiitte beö SommerS 923
eine Schlad)*, in welcher Robert fiel, aber ber Sariinger beftegt warb.6)
sJhm wählte bie $aithei Dfobertö ben SBurgunbcr jRobulf, Sot)n beö §er?
$ogö Oticbarb, §um Könige, ber bis ju feinem im %at)xc 936 erfolgten
£ob bie ^rone bettelt.
(Sari ber (Stnfältige erfuhr ein fchlimmeS Scr)icffal. ©raf Heribert
von SSermanboiö bemächtigte ftet) fetner *ßerfon unb warf ihn in 33anbe;
jwar gab er ihn 927 noeb einmal frei, aber nur um ben jtönig *Robulf
ju fingen, baß er bie Sßtebereinferferung be£ ©egnerS mit großen Dpfern
f) 2)af. II, 196. 2) 2)af. @. 329 flg. 3) 2)af. @. 358 flg. 4) 2)af.
@. 369 flg. 5) ^er^ III, 370. 6) Ibid. ©. 371.
140
$ct6fC@vegoriu$ VII. unb fein 3eitalter.
erfaufe. 9?ad)bem £e£tereS gelungen, würbe (£arl wieber eingetf)ürmt 4) unb
ftarb 2) als Staatsgefangener ju gerönne im 3al)re 929. (£cf;on im An*
fange feiner 93erl)aftung war ßarlS ©cmafylin, @abgive, bte 2od)ter beS
angelfäd)ftfd)en Königs (Sbwarb L, mit i|retn einigen ©objne Subwtg 511
ityrern SBruber bem $öntg Aetfjelftan nad) (Snglanb entflogen. 3) 5(16 biefer
©ofyn 936 nad) granfreidb surüdfcfyrte , um ben £t)ron feiner QSäter §u
beftetgen, erhielt er wegen feines längeren Aufenthalts in (Snglanb ben
^Beinamen beS Ueberfeeifdum. Aud) (SarlS ©egenföntg 9fobulf fyatte wenig
Urfadj)e, ftet) beS 23efi|KS ber ^errfebaft ju erfreuen. Um bie übermütigen
^afalten, benen er feine (Srfyebung verbanfte, §u befriebigen, mußte er bte
metften nod) verfügbaren ^rongüter verfcfyemm4) 9fobulf ftarb5) ben
15. 3anuar 936 fmberloS.6)
3u ber 3e^/ bte Normannen bie 9?orbfüfte ©alltenS befehlen,
Ratten ftcf) bie £ef)en ber neuftrtfan'n tone ofyne Ausnahme in erblichen
23efij3 verwanbelt, eS fefylte bafier Diel, Daß bie Könige ober ©egenföntge
bie einigen gewefen wären, welche im £anbe geboten. 2)oa) fann ia) von
ben größeren SSafaHen fyter nur diejenigen aufsähen, welche in nafyer 23e*
Stelmng §u ben Normannen ber ©eine ftanben unb auf baS (Edn'cffal ber
Anfteblung einwirften. 3m Allgemeinen §erftel, wie ta) fväter geigen werbe,
bie 9Jcaffe fran§öftfa^er Sellen in fünf ©ruvpen: bie norbfran§öftfd)e ober
normanmfd^panbrtfcfye, bte ber (£f/amvagne unb ber auf ben alten cave*
ttngifcf/en ^ammergütein entftanbenen X>9naftten, bte aquttantfdje, bie bur*
gunbtfa)e, cnbttcf) bie tolofantfau'. ßunä^f* foramt bie erfte in Sßetracbt
unb §war nefjme id) bte ^idituug von heften nad) £)ften.
Auf bem Itnfen Ufer ber unteren £oire, bem Speere §u, erftreefte fta)
bte große ©raffdjaft von $oitterS ($oitou), ehemals ein Srjetl Aquitaniens
unb in golge ber normätmtfcficn Anfteblung wieber mit bem £er§ogtf;um
Aquitanien verbunben. $ottou würbe feit bem (Snbe beS 9. 3af)rl)unbertS
ein erbliches gürftentfyum. 3)tefelbe ^Bewegung von 888 benü^enb, welcher
£)bo, Roberts beS ©tarfen 6of)n, bie jlrone von granfretet) verbanfte,
warf ftd) SRamnulf §um «§erjoge von Aquitanien unb ^>errn von *ßottterS
auf.7) SSon ben Normannen gebrängt, mußte £)bo ben Aqirtantcr aner*
fennen, fväter jeboa) (um 892) lief er benfelben vergiften unb übertrug
baS erlebtgte 2ef)en einem Anbern.8) ©letcfywor)! erhielt um 902 (£blo, ber
(Sorjtt 9iamnulfS unb noeb ba§u ein natürlicher ©ofyn, ben beften Ztyil
vom 9cacblaffe feines SßaterS, namentlta) bie ©raffd)aft $ottou.8) AuS
einer Urfunbe, welche bie SBenebtfttncr anführen,9) erhellt, baß @blo um
') ©ouquet VIII, 165. 2) $evfc HI, 378. 3) Souquet VIII, 258. 4) qSevfc
III, 373. 93ouquet IX, 51. 5) 33ouquet VIII, 322. c) Ibid. ©. 243. 7) ©frärer,
(Sarttngev II, 303 u. 315 flg. 8) $8ou<\uet VIII, 232 flg. 9) Art de verifier les
dates. (Paris 1784, 3 vol. fol.) II, 352.
93ierre3 93ud). (5ap. 10. Anfänge bei Oiovmanbie. 3f;re 9ta<$Battt. 141
932 ftarb. Auf fl)n folgte1) nun eine 9teü)e von 2Btt$efaien: 2Btlf)eIm L,
dblo'3 ©ofyn, ber fron feinem Webten «Jpaarrvucb« ben Seinamen caput
stupae empfing/ fett 951 ben ^erjogtttel von Aquitanien mit ber ©raf*
febaft *ßoitou vereinigte unb um 963 ftarb ; «£>er$og SEMIfyelm IL, be« Vorigen
Sofyn, ber um 990 mit £ob abging; $erjog 2Eift)eIm III., be« Stetten
3obn unb (Srbe, mit bent Seiuamen be« ©rofjen, ber in ber Glje mit ber
Surgunberiu Agne« eine gleichnamige $ocbter jeugte, roelcbe un« al« ©e*
mablin be« Äatfer« ^einrieb III. unb äRutter bc« vierten ^einrieb« roofyl
befannt ift. «£w°9 3Bilbelm III. von Aquitanien unb ^oitou ftarb im 3al)re
1030. 3cb voerbe fpäter an geeignetem Orte auf ba« §au« von Aquitanien
juriieffemmen.
hierblieb von ^3ottou Hegt bie ©raffebaft Anjou (pagus andegavensis)
mit ber ©taW Anger« al« ^auptort. 2)te (Srblidjfeü von Anjou begann
mit bem 3al)r 870 unb bie (Srben folgten2) fteb in biefer Drbnung: 3n*
gelger von 870 bi« 888; gulfo L, 3ngelger« Sofm, genannt ber Slotfye,
von 888 bt« 938; gulfo IL, be« erften (Sor)n mit bem Seinamen be«
©uten, von 938—958; ©obfrteb I., gulfo'« II. €ol)tt, von 958 bi«
gegen 987; gulfo III., ©obfrteb« <Sobn, genannt ber 6cbrvar$e, von
987 bis 1040; ©orfneb II., gulfo'« III. <£oh\, mit bem Seinamen Partei,
3ettgenoffe 3öiifyelm$ be« Eroberer« von (Snglanb, von 1040—1060. 3$
roteberbole bie oben gemaebte Semerfung aueb bejüglid) einzelner ©rafen
von Anjou.
Um mefjr al« ein r)albe« 3at)rbunbert fpäter entftanb eine erbltcbe
gürftenreibe in ber Sanbfcbaft SDiaine, bie norbroeftlicf) von Anjou gelegen
ift. ^auptort ber ÜRame roar bie (Stabt s)Jian« an ber (Sartre. (Seit ber
anbem £älfte be« 10. 3tft)rf)unbert« erfebeint al« ©raf von -DJeatne «Jpugo,
ber bt« gegen 1010 lebte. Auf il)n folgte fein €ol)n Heribert L> ber,
roeil er e« liebte, feine geinbe bei 9ffad)t 51t überfallen, ben Seinamen
^unberoeefer empfing, unb 1036 mit $ob abging. Heribert« (Eofyn, §ugo IL,
erbte fofort bie ^errfebaft feine« Sater« unb behauptete fte bi« 1051, in
roela)em 3af)re er ftarb. Auf ib)n folgte fein Sofnt Heribert IL, ber 1062
ba« 3*Mw&« gefegnete, ol)ne jtinber $u Ijinterlaffcn. iftacb Heribert« II.
$obe bemäebtigte ftcb SBilljelm, ber Saftarb von SRouen, be« roofylgelegenen ,
9cacbbarlanbe«. 3)
AI« Antjängfcl von 93?atne fann man bie Heine ©raffebaft4) Saval mit
ber ^auptftabt gleichen tarnen« betraebten, roelctje am DJktyennefluffe liegt.
2)te erbliche S^et^e von Saval beginnt mit ©obfrteb 2Btbo, ber in einer
Urfunbe vom 3af)*e 1002 al« ein mächtiger §err bejetebnet Wirb. Auf
*) SWan »ergl. ibid. @. 353 flg. 2) Ibid. II, 828 flg. 9) Ibid. *) Art
de verifier les dates II, 864.
142 $abft ©regimug VII. unb fein 3eitaltcv.
tyn folgte bte gegen J 067 SSMbo, bann beffen Sol)n £amon bte 1080,
wetter be6 Röttgen €»o$ti, $ßtbo IL btö 1095. Sowohl $amou als 2ßibo IL
[tauben in 2)tenften 2Btlf)clm$ be$ (Eroberers unb erwarben ©üter in
(5nglanb.
SSeftlia} an Slnjou unb 5Dtatnc ftöjjt bie große £anbfpt'r3e, ober wenn
mau fo will, §albtnfef, welche auf $wei (Seiten tfom Sfteer umfloffen unb
nur nad) ber brüten fjtn mit bem gefttanbe §ufammenl)ängenb, £on brttatu
nt|d)cn (Selten , weld)e, bureb Ingeln unb Sacbfcn gebrängt, ihre ^jetmatl)
tterlaffen unb fid) auf ber gegenüberliegenben Mfte ©alltcnS angeftebelt
Ratten, ben tarnen Britannia minor, ober tu ber fpötern romanifchen SJiunb*
art Bretagne empfing. 9cod) bte auf ben heutigen Xag beurfunbet eine ber
gaeltfd)en Berwanote Styracbe ben bttttfa)en Urfprung ber Begeiferung be6
genannten SaitbeS. Schon t>or ber TOtte beö 9. 3ahrf)unbert3 erhielt bie
Bretagne etngeborne Surften1), weldu' Sehenträger ber (Sarltnger waren.
Um 825 ernannte Subwtg ber gromme §um Statthalter ber £anbfcbaft ben
Bretagner 9comenoe, ber bis §um Sobe be£ genannten £errfcher3 , b. t).
bie 840, ber fränftfeheu jtrone Sreue bewahrte, aber feit 5lu3brucb ber
(Srbhänbel äWtfdu'n ben Söhnen £ubwig3 ftd) §um unabhängigen Gerrit beö
£anbe£ aufroarf unb bte angemaßte ©eroalt in glücklichen kämpfen gegen
(Sari ben Bahlen behauptete. 3m 3at)re 848 berief üftomenoe eine Kirchen*
tterfammlung nad) einem fleinen Drte in ber 9Mr)e oon SSanneS, fetjte \)kx
alle ttom Sourer (Srjbtfa^ofe, bem treuen $afatlen (Sarte beS Bahlen, ge*
roeil)ten Btfd)öfe ber Bretagne ab, erfyob an ihre (Stelle (Slerifer, bie feine
©efchöpfe roaren, brad) ben ftrcblid)eu $erbanb ber Bretagne mit ber
Metropole t>on $our£, errichtete einen eigenen bretagntfe^en (£r$ftulj)l $u 2)ole
unb ließ fid) »on demjenigen, ben er §u ber neuen Sßürbe beförbert hatte,
jum Könige ber Bretagne frönen. 5Me bamate auSgeftreute firchlid)e Saat
hat böfe grüßte getrieben: bte m$ 12. 3af)rl)unt>ert tyxab lagen bie
SBtfchöfe oon 2)ole mit ben Sourern in beftänbigem Streit. 9comenoe
ftarb 851.
5luf ihn folgte fein Sohn ^ertepog, mit welchem (Sari ber ßahle
einen Vertrag fcbloß, fraft beffen er alle oon Sftomenoe gemachten (Sr*
oberungen anerfannte. ,£ertepog t)atk ein einjigeö «ftinb, nämlich eine
Tochter, welcherart beruhte mit feinem Sohne unb (Srben, Subwig bem
Stammler, ju oermähten wünfehte. 2)tcfer ^3lan, auf welken £ertepog
einzugehen fid) bereit erflärte, foftete bemfelben ^errfdiaft unb Seben. £>er
Bruber 9?omenoete, jRtoallon, fjtnterltef einen Sohn Salomo,2) ber, weil
,£cri&pog feinen männlichen (Srben befaß, ein Stecht auf bie Nachfolge an*
fpracb. Erbittert über ben ^eirath^lan, ber ihn ju enterben brot)te, er*
2) Tlan ttergl. 93ouquet VII, 220 SKitte unb 222 oben.
93ierteg 93u$. @a*>. 10. Slnfänge bei Stormanbie. 3!jre Sttadjbarn. J43
fähig er 857 feinen Detter £eri$Vog unb riß bfe ^errfcbaft an für). 3)urch
fefa Einfälle ber Normannen rourbe ßarl ber Mafye genötigt, ftdt) mit
6afomo ju verftänbigen. ©emetnfchaftlich befämvften fie bie etngebrungenen
Räuber unb, als *ßrete für bie geleifteten Ü)ienfte, erfannte (£arl ber tfaljle
bem 33retagner 872 ba6 Necht $u, eine itrone §u tragen unb eigenes ©elb
fcblagen. 23alb baranf im 3al)re 874 fiel @alomo unter ben £änben
zweier 9J?örber, welche Slnverwanbte be$ regterenben ^aufeö waren, *) $a$*
quüanö unb ©urwanbö.
33eibe Reihen ftcb in ba£ Sanbi $a3quttan führte ben Stiel ©raf
von Cannes, ©urwanb ben eines ©rafen von Lennes, aber in jtur§em
brach Uneinigfeit $wifdjen ihnen au$ unb ju btefen innern ©trettigfeiten
famen erneuerte Unfälle ber Normannen. *ßa6quttan unb ©urwanb enbeten
um 877. 9hm folgte in Cannes -Slllan L, 33ruber *Pa3quitan$, in Nenneö
3ubifael, ©of)n ©urwanbS. Nachbem fie Anfangs bie 6tretttgfeiten tfjrer
Vorgänger fortgcfe£t Ratten, t>erföt)nten fte ftch unb vertheibtgten tf>r (§rbe
gemeinfam gegen bie Normannen. Subifael blieb 888 im Kampfe wiber
bie Räuber. Kilian brachte benfelben eine Nieberlage bei, bie ilmt t>en
^Beinamen beö ©roßen erwarb, er vereinigte fofort beibe SanbeötJjefle unb
l)errf cbte rüfymhcb bis 907, in welchem 3af)ve er ftarb. 2tber nun famen
bofe Seiten. 2Öeit unb breit verheerten Normannenfchwärme bie Bretagne,
wer §u fliegen vermochte, flor), bie Reiften nach (Englanb hinüber, Rubere
in benachbarte ^lovin^en granfretchS, baS Sanb veröbete.2)
3n ben bretagnifd)en ^rontfen beginnt hier eine fühlbare Sücfe. 9D?an
fönnte biefelbe mtttelft normannifcher Nachrichten auffüllen unb au$ ihnen
nacbweifen, erftlicb baß auch jrvifchen 907 unb 930 eine 5lrt von ,£err*
fchaft in ber ^Bretagne fortbeftanb; zweitens baß unb warum an bie (stelle
be$ älteren ©egenfa$e$ ber §wei Käufer von NenneS unb SBanneS feit
930 ein neuer §wifchen 2)tynaften von Nantes unb Lennes trat. Allein
ia) halte eS für geeignet, mich hier auf bie ßeugmffe bretagnifcher ^Bericht*
erftatter unb gelegentliche 2leußerungen fränftfcber (^hroniften ju befchränfen
unb baS was Normannen melben, fowie eS bie Natur beS 6toffeS ver*
langt, in bie ©efchichte Der Normanbte $u verflechten.
(£rft nacb 930 fommen in bretagnifchen Duellen wieber einheimifche
Surften jum $orfcheüt unb $war $tx>et neben einanber, wie früher, aber ber
(Sine von ihnen an einem anbern Drte, nämlich §u NenneS 3ubifael6 6ofjn,
SBerngar, ju Nantes bagegen Kilian II. mit bem Beinamen 23arbatorta,
©ofm einer Softer 2WanS I. ©eitbem verwuchs bie ©efchichte ber SBre*
tagner fo enge mit ber beS £aufeS von Nouen, baß fie in leitete ver*
woben werben muß.
') Ibid. @. 221 unb $erfc I, 586 flg. J) Soüquet Vm, 275 unten flg.
144
$abji ©regoriuö VII. unb fein 3eüatter.
3)te bt^er aufgeführten flehten (Srbftaaten waren btc weftlichen SRaa>
barn ber 9?ormanbte. ©egen ©üben fttcfj bte normannifebe (Solouie an ba$
©ebtet eines gürftentrmniS, wcld)eö man baS bo'fe S8erl)ängnijj ber ftnfenben
ßarltngcr nennen fann. £aut bem 23ertd)te l) be6 *ßrümer 5lbt6 $egtno,
übertrug Äöntg (£arl ber jtatyle von 9?euftrien 861, in Verzweiflung ge*
trieben burdj bte Unfälle ber Normannen, bem granfen Robert ba6 2)utat
ober bte fyer$og(tcbe ©ewalt in allen Äronlanben äwtfdjen ©eine unb Soire.
2)urd) große ^rteg6tl)aten erwarb Robert ben Beinamen beS 6tarfen,
warb von bem banfbaren 93oIf afö ein fetter SubaS 9J?affabäu6 gevrtefen,2)
fiel aber fa)on 867 im Kampfe gegen bte Normannen. Robert ber (starfe
hinterließ §wet ©ofme, £)bo unb Robert IL, bte betbe fväter als ©egen*
ronige (SarlS be$ Einfältigen bte trotte von granfretet) trugen. 5Bon ihnen
flammt §ugo ßapet ab, ber gegen (Snbc be$ 10. 3al)rr)unberi$ bte (£ar*
Hnger SReuftrienS vom Sprotte fließ unb ein neueö ^crrfchergefchlecht grünbete.
2Öir werben bem (£avettnger unb feinen 2ll)neu fväter an anbern £)rten
begegnen.
9^acf) £)ften enbltch gränjte bte 9?ormanbte an bte @rbf)errfcbaften ber
Käufer von SBermanbotS unb ^ontl)teu. 2)ie 2)r;naftte ber ©rafen von
$ermanbot6 t'ft auS carltugtfa^er Sursei emvorgefüroßt. ©egen (£nbe be$
9. 3«^)rl)unbertö fommt int nörbltcfjen ©allten al6 §err von £anb unb
beuten ein ©raf Heribert L, (Snfel 5Bernr)arb$ von Stalten, welken ^aifer
£ubwtg ber gromme 818 abfegte unb blenben ließ,3) unb ©oftn $ipinö
§um 93orfcf)ein,4) beffen Seijen §war feine ber gleichzeitigen Duellen genau
bezeichnet, ber aber gleichwohl bte ©raffdjaft ©t. Duenttn befeffen haben
muß. Ü)enn triebt nur weist hierauf bie (Stählung be3 Wonfyö von SSaaft
l)in,5) fonbern in ber genannten ©egenb ftnb fpäter gleichnamige ©rafen
begütert, bte faum etwas anberS als 9cachfommen beS fraglichen Heriberts
gewefen fein fönnen. ©t. £luenttn h*ef 6) w tömtfehen Otiten Augusta
Veromanduorum, bal)er erhielt bie ©raffchaft ben romanifeben Tanten
VermanboiS. Heribert I. wechfelte wäbrenb ber £t)ronftrettigfetten jwtfdjen
(Sari bem Einfältigen unfr £)bo, bem Söfft« Roberts beS ©tarfen, bie
$artl)ei: jiterft ftnbet man ü)n auf «Seiten beS Gerlingers, bann ging er,
weil er burdt) ben jtrieg §ab unb ©ut verloren hatte, ju £)bo über, ge*
rietl) baburch in £änbel mit bem glanbrer ©rafen 23albuin IL, beffen
trüber 9Jubolf er erfc^lug unb warb bafür um 900 von einem 93af alten
23albutnS II. getöbtet.7)
5luf tl)n folgte Heribert IL, einer ber gefährlich ften 9iuheftörer, welche
') ^erfc I, 570 unten flg. 2) $tx$ I, 380. 3) ©fröret, Jtird&. @efc^. III, 725.
4) ^er| I, 567. 605. 5) $er^ II, 206—209. 6) £)en 93etüetö tn ber art de ve-
rifier les dates II, 700. 7) Tlan öergl. außer ben angeführten (Stetten noc^ S3ouq«et
IX, 73.
33terteS 23ucb\ $a\\ 10. Anfänge ber JRormanbie. Sfyre S'iadjbarn. 145
ist ber erften £älfte be3 10. 3al)rl)imbert6 granf reich ^ern>irrten. (£r roar1)
e$, ber (Sari ben (Sinfältigen oenätherifcher 2Beife gefangen nahm unb bis
ju feinem Xobe in §aft l)ielt, er voar e£, ber ^euftnen unb felbft Stalten
in Bewegung fefcte, um bte (Erhebung feines fünfjährigen (Sofmeö §ugo
auf ben (Srsftufyl oon ^I)eimö ju ergingen. Obgleich er ber $etr)e nad)
mit ben cinheimtfeben $art()eien, folgte mit auswärtigen 9JMd)ten anfnüpfte
unb brach, unb oft 9?teberlagen erlitt, oermerjrte er baS ©ebtet, baS ihm
Heribert I. tyinteilaffen, buref) bebeutenbe (Srroerbungen. 2lußcr 8t. Duentin
gerieten bie £>rte unb ScHöffer (Ehatcau %t)imy 0 an ber 9)?arnc,
rönne,3) 3)outtenS, «£>am4) (biefe bret in ber ^icarbte) forote bte btfd)öf*
Iia)en Stäbte 5lmtenS 5) unb Srot;eS in feine ©eroalt. 3nbcß bettelt er
SlmtenS nur furje 3*tt, mit $rot;eS bagegen oerforgte er einen feiner naa>
geborenen Söhne, ber eine Diebenlinie grünbete, ^pieoon unten. Heribert II.
ftarb6) 943, fünf namentlich befaunte Bfyw, Valbert,7) Heribert in., 8)
£)bo,9) <£>ugo, ben oerunglüeften ©r^btfcfjof oon $heimS, uu^ Robert10)
htnterlaffenb.
£)te picarbtfeben ©üter erbte ©raf Valbert. 9Jcan vt>etfs nicht tttel
mein" oon bemfelben, als baß er um 965 bem oertrtebenen ^Burggrafen 3o*
hann oon (Sambrao S11^)* ta 8t. Cuentin gewährte,11) fonft aber bem
Röntge gehorfam roar unb mit bem (EleruS im grteben lebte.12) Slbalbcrt,
ber um 988 geftorben §u fein fd)etnt, hinterließ einen (Sohn, Heribert IV.,
ber ihm folgte.13) 2lua) Heribert maebte feinen Sarm in ber 3BeIt. 5Reben
bem Xitel eines ©rafen führte14) er ben eines 2lbtS oon St. Duentin.
(Seine ©emahlin (jiejj (Srmengarb, mit roelcber er $roet (Söhne, Valbert II.
unb Dbo jeugte, bie betbe nach eiuanber ©rafen oon $ermanbotS vourben.
Heribert IV. ftarb um 1000. 2113 (Srftgebonter folgte ^unäcbft 5lbalbert II.
2)ic Shvoni! oon (Sambrat; entroirft ein fcblimmcS S3ilb oon feinem Sebent
voanbel. „©efebtoa^ig, lieberlid), meineibtg, ein Spötter," fagt15) fte,
„roaljte er ftcb in allen Saftern, bis er in eine febroere Äranfr)ett fiel, roelcbe
bevoirfte, baß er in fid) ging unb auf ben diatl) eines frommen 9)iönd)S
bte tote nahm, Siaum roar er jebod) roieber gefunb, als er baS Softer
oerließ unb fein IteberlidjeS £ebcn oon oornc anfing. Ü)te göttliche (Strafe
blieb nicht auS: eine §rocite Jtranfhett befiel il;n, oon ber er niebt roieber
erftanb. -DJcan reichte ihm bie heilige 2£eg$el)ruttg, aber in feinem 9Jcunbe
l) ©fröret, ßircfj. ©efd). III, 1209 flg. 2) $erfc HI, 372 oben. 3) Ibid.
<B. 373 2ftitte. 4) Ibid. @. 380. 5) Ibid. (5. 380 unten. 6) Ibid. <&. 389.
7) Ibid. ©. 399. *J Ibid. ©. 389. 9) Ibid. @. 390. t0) Ibid. ©. 404.
") ^er^ VUr 439. 1J) 3Ran vergt. bte Urfuuben bei 33ouquet IX, 605. 622 unten
flg. 735. 13) 93ouquet X, 564. 14) 3Kabillon annal. ord. S. Bened. IV, 41 unten
flg. unb Q3ouquet X, 597. 9lote c. 15) Gesta camerac. III, 23. $erfc VII, 473.
©fröret, $abfi ©tegoriuä vii. >8*. Iii. 10
146
^afcfi ©vegoriug VII. unb (ein 3ettaltcr.
verwanbelte fte ftd) in ver$el)renbc3 geuer, unb @raf 2lbalbert II. ver*
fd)ieb unter unfägltd)en €>d)merjen."
CDte ©raffajaft erhielt nun SlbalbertS jüngerer Söruber, Dbo, ben man
au$ mehreren Urfunben fennt, meiere er ^t>ifa)en 1015 unb 1045 alö
@raf von 9ßermanboi3 unb 2lbt von 6t. £luentm unterfd)rteb. l) Dbo
ftarb 1045, au£ fetner (§f)e mit ^armet einen Sofm Heribert V. lunter*
laffenb, ber tf)m folgte.2) Heribert wohnte 1059 ber Krönung beö jungen
Königs SPtilfyp L von granfreieb bei, unb wirb in ber Urfunbe,3) welche
ben ^ergang befct)reibt, alö einer ber angefefyenften ©rofen beö Reid)6
aufgeführt. Heribert V. erlangte furj vor feinem Sobe nod) eine zweite
®raffd)aft, bie von 93aloi6. 2lber Weber biefe noa) fein älterer 23eft£ ging
an ben rechten (Srben über, ©raf Heribert V. fyatte nämltd) §wei ^inber,
einen Sof)n Dbo unb eine £oct)ter 5tbe(a. 3)em beftet)enben Red)te ge*
map l)ätte ber 6or)n nad) bem Sobe feines SBaterS, ber 1080 ftarb, ben
üftacfylajj erhalten fotten. TOefa ber Sol)n würbe für einen Marren erflärt,
bannt bie Xodjkx 21bela, weld)e mit «£>ugo, bem trüber beö Königs *ß$u
lipp I. von granfreid), ^ermäl)lt war, unb burd) fte if)r @emaf)l §um 23eftfc
von £anb unb beuten gelange.4) 2luf folaje Steife fielen bie faum §uvor
bereinigten ©raffa)aften von ^ermanbote unb SBalotS in ba$ ber
$rone.
Rod) muß bie @efd)id)te ber Nebenlinie von £rotye$ ober be£ @ra*
fenfyaufeS ber (Kampagne nachgeholt werben. Heribert II. fyat, ol;ne baf
man wüfte, ju welcher ^cit, ^c Stabt SrotyeS erobert, unb bef t;alb ben
£ttel ©raf von Srotyeö ftd) beigelegt. 2)ief erhellt au£ einer Urfunbe,*)
welche bie 2krfaffer be£ a)riftlta)en ©allien^ veröffentlichten. Rad) feinem
£obe erhielt einer ber jüngeren Sollte, ber oben erwähnte Siobert, bie £err*
fcfyaft SrotycS. D^tc^crtuö führt6) benjelben als gürften von SrotyeS auf.
Robert ahmte in $ergröfkrung$luft unb Räubereien feinem 33ater nad),
unb warb Riebet getreulich von feinem trüber Heribert III. unterftü£t, ben
\l)m ber SSater beigefellt §u tjaben febeint. ©emeinfchaftlia) legten fte 954
unfern ber 9Rarne ein Raubneft an, ba6 globoarb mons felicis, ©lücföberg,
nennt;7) gemeinfd;aftlia) verbrannten fte 963 bie @tabt (Shalonö an Der
SJiarne.8) Süperbem wirb er$äl)lt,9) bap Robert für ftet) bie 6tabt SMjon,
bagegen Heribert für ftd) (Spemai) eroberte. Die Eroberung 3)ijon'£ be*
fam jeboa) (öfterem fd)lecht. 33om fransöftfd)en Röntge Sott)ar ju ^)ülfe
gerufen, eilte erjbifchof^ersog brutto von (Söln, beutfe^er Statthalter im
Ueberrl)em, mit £eere$niad;t tyxbci unb nötl)igte ben ©rafen von ^rot;e^,
l) Art de verifier les dates II, 704 unb Sflabitlon a. a. O. IV, 454. 2) 2Jicu
btlton a. a. D. V, 109. 3) «ouquet XI, 32 flg. *) Souquet XIII, 415. 5) Art
de verifier les dates II, 610. 6) Histor. III, 11. ^erfc III, 611. 7) $cr^ IH,
401 u. 402. ») Ibid. 406. 9) Ibid. 404—406 u. 611. 612.
33terte£ 93udj. 6a£. 10. Anfänge bev 9lormanbte. 3f)ve JWacparn. 147
JDtjon ^erauöjugcben. Robert ftarb1) um 968. ©ein trüber Heribert
folgte tf)m in ber ©raffebaft SrotycS.
£)iefer Heribert III. fd)lof? eine merfrvürbige $l)t. ßarl ber (Smfäl*
tige Unterlief bei feinem 929 erfolgten $obe eine SQßtttroe, bie Softer bcS
angelfäd)ftfd)en Äonigä Abwarb unb 9Jhttter beö franjöftf^en Königs £ub*
roig be$ Ueberfeeifd)en. Sie fyicjj @abgive, unb lebte §u £aon, bem jlö*
wi^ljifc ityrcS ©ofynS. 3)a fte ben ebengenannten ©ot)it 921 gebar, fann
fte gegen bie SHitte beö 10. 3al)rl)unbertö nicht viel weniger als 50 3afyre
gewählt haben. (Sben biefe (Sabgive verfd)tt>anb ohne Vonviffen tr)rc3
<&ol)\\$, beö jtönigg, 951 vlöfjlid) aus Saon, lief ftd) von ben betben @ör)*
nen Heriberts IL, bem ©rafen Valbert von SSermanbote unb Heribert III.
entführen unb beglüefte Unteren mit il>rer £anb. 2) £)ie 33erbtnbung
Heriberts III. mit ber föntglid)en 2i>ittroe beroeiöt meineö (§rad)ten6, baß
feine 2lbftd)t bar)in ging, bie trotte 9?euftrten3 an ftd) ju reiben, folglia)
3)affetbe §u unternehmen, voaS £ugo (Sapet 30 Saljre fpöter in 8 2Berf
fefcte. £ro£ i^reö vorgerüdten SUterS gebar (Sabgive bem §roeiten ©emahle
eine Softer 5tbeU)eib, 3) unb einen Sofyn (Stephan. 9J?it ber £od)ter fd)lofs
nachher ber le£te (Sarolingcr, ßarl, ^etjog von Lothringen, eine (Sf)e, bie
eine b(utfdiänberifa)e genannt roerben untfL 3)cnn in ber ^erfon 2lbell)eib6
hat (Sari, felbft ein (£ol)n ßotbarö unb folglich (Snfel ber (Sabgive, bie £oa>
ter fetner eigenen ©roßmutter geheiratet.
Ǥugo, Slbt von glavigm;, ber in feiner (Shrontf n)ieberl)olt Heribert
als ©rafen von £rot;c3 bejcidjnct,4) fagt4) aus, baf berfelbe um 991 ge*
(torben fei. £)er einige (Sohn be3 Verblichenen, jener ©tephan, erbte fo*
fort bie ©raffdiaft. 9itd)t3 weiter tviffen wir von ihm, al6 baf) er Köllig
Robert I. von granlrcich erfudit l)at , bie von feinem 93ater Heribert III.
gegrünbete 5lbtet £agtü) §u beftätigen, mad burd) Urf'unbe5) vom 23. gebr.
1019 gefchal). <Stcpt)an ftarb balb barauf unb nun fiel bie Champagne
an einen älteren ^ebenjroetg bc$ (Sapctingifd)cn «£>aufe3, beffen £oötrennung
vom ^auvtftamme über bie Säten ber Erhebung ,£mgo (^apetö hinaufreicht,
^jievon fpäter am geeigneten £)rte.
SOBenben rotr und §um ^aufe von ^3ontr)tcit. (£arl ber ©ro£e be*
[teilte, um bie am meiften bebrohte ^üfte feinet 9?eta)3 gegen (Einfälle ber
Normannen §u fet/ü^en, eigene £er$oge ober ©rafen ber See §roifd)en ben
Scheibe^ unb ©ememünbungett. 5lngilbert, ©emahl ber 23ertl)a, einer un*
ehelichen Socbter beö ÄaiferS, roar einer ber ßrften, bie §u ber fraglichen
Stürbe erhoben rourben,6) unb bad gleite $mt foll aua) 9ittharb, ber ®e*
A) Art de verifier les dates II, 610. 2) $evfc III, 401. 3) «Äid^er IV, 49.
bei $erfc IU, 642. aSerghd&en mit Jöouquet X, 226 u. 291. 4) $er^ VIU, 364 2Kitte
unb 367 unten. 6) 33ouquet X, 602. 6J S3ouquet V, 371.
10*
148 W»f* ©vegoriuß VII. unb fein 3eüalter.
frf)ic^tfcJ)rctbcr beö SBrubcrfricgö fcon 840—43, ängtlkrtö eobjn, bef leibet
haben. *) £lu3 btejer Schöpfung be$ großen (Sari ging bie ©raffchaft *)3on*
thteu, im Satetn. pagus pontivus genannt,2) rjerfcor, welche baS Jtüftenlaub
*>om 2lu6fluß ber S3reöle (unweit Qfti) bis gegen SBoulogne r)in begriff.
Ü)te befannteften £>rte berfeibeu ftnb Slbbeoitte an ber 6omme, baö uralte
Softer ßentula ober auf Nomanifch 6t Dftquter, enblta) bte 23urg Wien*
treutl. 3)je ßrblta)fett be6 ®rafen(ef)en$ oon $ontr)ieu fann fett ber jroei*
ten ^älfte beS 9. 3a^)rr)unbert6 naa)geroiefen roerben. ©eroöfmltcb füf)r*
ten bie ©rafeu neben ihrem gräflichen Stiel noch ben oon Saienäbten ju
et. Ntquier. m* ©raf^bt erfebeint srotfa)en 855 unb 865 £eligaub. 2luf
ifyn folgte fein 6ol)n £erluin, ber jeboa) bie 2ßürbe eines W>tö im Softer
6t. Dftquter an einen Wonfy abtrat.3)
2)er näa)fte ©raf tyiefj £eltgaub II. unb voar altem 5infa)eine nach
ein eoJ)n $ycMn% unb (£nfel #eltgaub$ I. 2IuS Langel an Duellen
(eibet feine ©efa}ia)te an £)unfelf;ett. globoarb §äl)lt4) tr)n §u ben @eegra*
fen, bie an ber @rän§e beö üftormannengebtetS faßen, Oiichertuö nennt5) it)rt
einen ©rafeu au3 einem ber erlaudjteften ©efchlechter. Ueberbteß berichtet6)
noch globoarb, baß £ertuin, £eltgaub3 II. (ober «JpilgaubS) €oi)n, £err
bc£ Schlöffet 9Jtontreutl am Speere roar. 2>te $hatfad)e, baß §eltgaub II.
a& ^ac^folger £erlutn£ I. bie ©raffchaft tymfyim bel)errfct)t |at, ift ba*
r;er unbe^roetfelbar. Allein §u welcher er auf feinen Vorgänger §er^
lutn IL gefolgt fei, ob fd;on gegen 880 ober nach bem Anfang be$ 10.
Sahrhunbertö, läßt ft<h ntd)t beftimmen. 3n ben ßhrontfen fpidt er erft
mit bem 3ai)re 925 eine 9Me. ,£>ugo ber ©roße, ©raf tton ^arte, unb
Heribert IL oon 3Sermanbotö roaren 925 im Kriege gegen bie Normannen
ber (Beine begriffen, ^tuet) ^eligaub nahm mit einigen anbern ©rafeu ber
6eerufte an bem Kampfe %t)e\l un^ verheerte bie Normanbie. 7) £>teß hatte
fchlimme golgen für ihn. 3*n folgenben 3ar)re (926) brauen bie 9?or*
mannen btö in bte ©egenb oon 5lrra3 oor. 3f)nen gegenüber ftanb Äöntg
$obulf oon Neufter mit ben ©rafeu Heribert IL oon SSermanbotö, %dU
gaub II. oon *ßonthtcu unb mehreren Slnberen. fam §u einem treffen,
in welchem itöntg $ot>ulf eine SKunbe empfing, ^eltgaub bagegen erfcbla*
gen roarb.8) 3)er ©raf oon $ontl)icu hinterließ bret @ör)ne, £erlum IL,
roeldjer bem Sßater folgte,9) Lambert, ber 945 mit feinem älteren SBruber
f ei, unb (Sbrarb.10)
2)tc weitere @efchid;te beö §aufeö $onthteu r)ängt enge mit ben
*) Ibid. VI, 229. 2) S)af. V, 759. 3) ©ouquet VII, 244. 4) Ad a. 925.
^}er^ III, 375 mttt. 6) Hist. I, 51. Ibid. III, 583. 6) Ibid. @. 378. *) $cv^
III, 375 u. 583. 8) Ibid. 378. *) £)ubo &ei £)ucfye$ne script. rer. normannic.
©. 123. lu) Flodoardi chronic, ad 932. $erfc III, 380.
33ierte3 23ud(j. @a£. 10. Anfänge bet üftormanbie. Saaten £rolfg. 149
(Educffalcn ber Normanbte jufammen unb Wirb bat)er gelegentlich im Saufe
ber (Stählung fetter geführt derben.
Erbliche ©aufürftenthümer, wie bie ebengenannten, fammt unb fonberö
au6 caroltngifcf)er SBerwefung hervorgegangen, umgaben bie Normanbte, ja
füllten ben wetten Naum NenftrtenS au3. ^ann man ftch wunbern, baß
ein £aufe entfchloffeuer 2Öifinger ftcf) unter folgen Nadjbarn ju einer 2Belt*
macht emporzuarbeiten vermochte!
Unb nun nach ben ©etnemünbungen.
Nacf)bem bte 2ßtfmger fett einiger 3ett granfretch in Nuhe gelaffen
Ratten, tiefen, n>ie ich oben1) zeigte, 896 wieber einige Schaaren berfelben
in bte ©eine ein unb im näcbften 3af)re famen mehrere Raufen nad). £)aß
fte rjöcfyft roafjrfcir) einlief) von (£arl bem Einfältigen gerufen worben ftnb,
habe tet) gleichfalls bemerft. £)er SNönch von 33aaft nennt2) ben $nfüt)*
rer ber 896 eingebrochenen Räuber ,£>unfbe. 2)tefe3 2Bort ift wahrfcbetnltch
bie in romantfehem 9J?unbe verfeuerte gorm eines normanntfehen NamenS,
aber Nollo ober £rolf fann nicht baruntcr verborgen fein, benn tfyeilö ift
bte $erfd)iebenheit beö SautS §u groß, tf)etl3 bemerft ber ßfyronift, baß
£unfbe 897 getauft warb, roäfyrenb Nollo laut glaubwürbtgen Nachrichten
erft 912 bte Saufe empfing. Nichts befto weniger fann man faum bezweifeln,
baß ber nachmalige «£>er$og Nollo mit ber 6chaar einbog, über welche ba*
malö nach bem 3™gniffe beS Vaafter 9J(önd)3 §unfbe ben 23efer;l führte.
2)er große ©efehtchtfehretber be3 NorbenS, Snorro 6turlefon, ha* ^ne
Ziemlich genaue 3etochnung. Vergleicht man nun feine Angaben mit benen
be$ tSlänbtfchen *ßriefterS 2lre, fo ergibt ftch, 3) baß £rolf, ©of)n be$ 3arl$
Nogenwalb von TOre unb nachmaliger Herzog ber Normanbte, 895 Nor*
Wegen verließ, um auf ncuftrtfdjem 23oben eine neue ^etmath §u fachen,
©tue Sät lang burebfurchte er bie norbtfehen 9Neere unb wirb bemnach
896 an granfretd)$ Jlüfte gelanbet I)aben. 5lua) bte fogenannte Norman*
nenchronif, beren unbefannter Verfaffer vor ber Sftttte be£ 10. 3ahrfmn*
bertö gelebt 51t fyahen febetnt, behauptet,4) baß Nollo — fte nennt ihn
Nobo — 895 in bie ©eine einlief. Sreffitd) ftimmt baö jufammen. 2ln*
bere neuftrifche Quellen bagegen erwähnen Nollo erft naa) Anfang be3 10.
3ahrhunbert6. ©egen ba$ ©djwetgen ber älteren granfen unb gegen baö
3eugniß beö 3$länber$ fönnen 2)ubo ber ^Domherr von (5t. Duentin unb
bie fpäteren Ehrontften , bie ihn auöfameben, nicht befreien, weld)e Nollo
um ein ©uteS früher nach granfretch fommen laffen. 3ßarum ift nun von
ihm jwtfchen 896 — 912 fo wenig ober gar nicht bte Nebe? ich benfe
barum, weil £rolf Hein anfing unb ftch erft nach unb nach burd) füfjne
l) <5. 139. 2) «Per^ II, 208. 3) Heimskringla I, SBovflüd @. 52 unb Xnt
<S. 100. 4) «Tjerfc I, 536. b.
150
SPaBjt ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
Saaten jum gelbfyattptmann attffcfyroang. 9tur erprobte unb tt>ot)It>erfucf)te
©olbaten roäfylten bte SBtfittger §u tfyren 93amterf)erren.
©eit einem 3af)rf)unbert Ratten 9?ormanttenfcf)aaren grattfretcr; unb
Ü)eittfd)tanb geplünbert, roarett aber in ber Siegel lieber mit ber 23eute in
bte ^etmatf) jurücf gefeiert. £Barum machten §rolf unb feine ©enoffen Ijtc*
t>on eine 2lu3nal)me? 2ßetl fte außer bem ©cfmlje beö f)eimtfd)ett ©efei^eS
ftanben, roetl tfynen üon (Seiten beS JtönigS £aratb beS ©d)öngelodten
©algen unb 23etl brofyte, im gall fte §utütf feierten! 2)te bitten periteten
naa) 33(anb unb ftebelten ftc^ bort als gretbauern an, bie 5lnbem grün*
beten ^errfc^aften an ber ©eine. übermal bewährt eS ftef;, baß bte 3S*
länber Snorro unb 2lre ben Scfylüjfet §um $erftänbntffe ber rotcr;ttgften
^Begebenheiten beS 10. unb 11. 3^rl)unbertö geben.
©erotß ift, ber «§attfe, bem £rolf angehörte, blieb feit 896 auf fran*
jöftfd)em SBobett. Whx über ben Saaten, tt)efcf>e fte bort »errichteten, liegt
bis 912 3)nnfel, unb nur fosiel fom man mit (Sicherheit behaupten, baß
fa>n feit längerer ty\t 9?ouen unb baS umltegenbe £anb fic^ in ihrer ®e*
mit befanb, benn fonft t)ätte (Sari ber Einfältige ftcr/erttch ben Vertrag
von St. Eiere nicht mit tfjnen abgefctjloffen. (Sine $V)XO\\it »on (SenS
fpricfjt1) »on einem <Sieg, ben bie ©rafen ^Rtcfjarb »on 33urgunb unb ber
Eapetinger Volbert, naebmattger $öntg »on ^euftcr, 911 über einen £au*
fett Normannen bei Ef)artreS battontrugen. Db 9Mo bei biefer lieber*
läge beteiligt roar ober nicht, roitl ta) ttid)t entfehetben, aber folfte auch
Elfteres ber galt geroefen fein, fo ftet)t gletd)roor;l feft, baß ber genannte
Normanne im Horben granfreid)S an ben 6etnemünbungen bie unbeftrtt*
tene Dberfyanb befaß. 2)enn, rote td) fcf;on bemerfte, in bem 3abre, baS auf
bte ©flacht bei El)artreS folgte — 912 — trat Earl ber Einfältige an ben
Sifinger^äutotling unb feine ©enoffen ben ganjen £anbftrtch ab, ber fett*
bem uaa^ ben neuen 23eft£ern ben tarnen 9?ormanbte empfing.
Ueber bie Urfaa)en, roelche ben Earlinger §u btefem Entfchluffe befttmm*
ten — ober roettn man lieber fo rotll, über bte bamaltgen ßuftänbe granf*
retet)^ erftattet ein allerbtngS ziemlich ffcäter Schrtftftetler2) einen Bericht,
ber meinet Erad)tenS jtdj felbft beglaubigt: „Un$ufrtebenheit (jerrfc^te im
ganjen £anb, bie 53tfef)öfe, bte ©rafen, bie Marone brachten tf)re klagen
biö ttor ben ilöntg, baS SSolf aber murrte laut unb fpraa): nichts erblieft
man überall als §erftörte Dörfer, »erbrannte Kirchen, Raufen uott Erfchta*
genen, unb t>on all' bem trägt beS Königs Schwache bte ©a^ulb, bie 9?or*
mannen tlutn, roa6 tt)nen bdkht. 3Son 33loiS bis 6enliS ift fein Slcfev
beftellt, ^temanb wagt mef)r im gelbe §u arbeiten ober in ben Dieben.
^Qoxt ber Ärieg nia)t auf, fo muffen roir 5ltle ^ungerS fterben." Unge^
*) $er^ I, 104. 2) «ffiace, im Vornan bc dton, Vol. I, 73.
U3ierte3 23ucr). (5a^. 10. SInfänge ber Sßormanbie. $r)aten Jprolfg. j5|
fär)r fo wirb eS tu 9Jeuftrten auSgefeljen r)aben. 23et einem öfteren 2fnlaffe
legt1) Dubo tton ©t. Duenttn ben ©enoffen 9ftoüVS bte 2Öorte inSRunb;
„biefeS Sanb Ijter ift, obgleich üeröbet, an ftcb anmutig unb fruchtbar, fjat
Ueberflnf an gorften unb 2öilb, an ftfebreteben SBaffern, eS gefällt unS
tt)ql)l, eS muf unfer fefteS Eigentum werben." 2BaS blieb bem (Sariinger
jule&t übrig, als bem Verlangen ber ©tärferen $u meieben.
Saut bem 33ertdt>te 2) ÜHtbo'S übernahm Er$bifcbof granco &on föouen,
ber fett längerer $eit ^ Vertrauen *ReüVS genof, bie Vermittlung, ©ine
3ufammenfunft fanb ju ©t. Eiere an ber Epte ftatt: jenfeitS beS gluffeS
feblug 9Mo mit feinem Normannen ein Sager auf, bieffettS erfreuen
mg (Sari ber (Einfältige unb ber granfenberjog Volbert mit tfyren Sefcen*
Ieuten. 3)a6 Ergebnis ber Unterhandlungen ri)ar: 1) bafj ber Sariinger
baS Sanb fcon ber Epte bis §um Speere mit vollem EigentfyumSrecbt3)
auf ennge 3^ten ait Mfen 9?a&folger abtrat, 2) baf er ir)m
aud) eine gettiffe ^errfajaft über bie Bretagne einräumte, aber nur $u
bem >$rx>ede , Lebensmittel auS biefer benachbarten *)3romn$ $u bestehen;4)
3) baß er tr)m feine Socbter ©ifela §um 3Betbe gab. dagegen übernahm
Dtollo bie boppelte Verbtnblicbfett, mit feinem Volle jur djrtftlta)en Jltrcr)e
überzutreten unb fytnfort als 2er)enmann ber trotte SReufter baS nörblicbe
granfreief) gegen bie (Einfälle anberer Räuber ju fcbüfcen.
Ü)ubo, ber faft ein 3af)rf)unbert nact) Errichtung ber 9?ormanbte fcbrteb,
ift $aupt$euge über ben 3nt)a(t beS Vertrags tton 6t. Eiere, feine 2luSfage
jeboeb wirb im ©an§en bura? anbere 3^ugniffe beftätigt. Sine Urfunbe5)
EarlS beS Einfältigen üom 3af)re 918 liegt ttor, fraft n)elcf>er biefer
nig erflärt/ gettnffe Sänbereien an 9Mo unb bie Normannen ber ©eine
unter ber SBebingung, baf biefe baS 9tetcb febütjen, abgetreten $u bjaben.
©in Vertrag, ber ftet) auf Einräumung von £anb bejog, muf alfo t>or
918 stt)ifa)en Earl bem Einfältigen unb *Mlo, bem Häuptlinge ber Wox*
mannen, abgefallenen Horben fein. Der $ontg bejetet^net bte @efäf)rten
SftoUVS barum als Normannen ber ©eine, rtml §u gleicher 3ät no*
bere Normannen, üon benen unten bie 9tebe fein wirb, fict) an ben Wlün*
bungen ber Soire angeftebelt Ratten. 2lucf) bafitr, baf tu bem üon 2)ubo
l) £>u$egne ©. 76. 2) Ibid. @. 83. 3) Quasi fandum et alodum , unb
wettet unten in alodo et in fundo, al$ Sonbgut unb alö 9Ileb, b. r). mit tollem 99efifc*
redjt; man fc^c £>u (Sange, neuejle Sluggabe beS Glossarium I, ©. 198, jtoette ©palte.
*) 2)ie betrejfenben Sorte ©ubo'ö lauten a. a. £). @. 83 : dedit ei terram determina-
tam in alodo et fundo a fiumine Eptae usque ad mare, totamque Britanniam, de qua
posset vivere. $)ann weiter unten ©. 85 : Rollo Britannos rebelies sibi subjugavit
atque de eibariis Britonum totum regnum sibi concessum sufficienter pavit. 5) 33ou*
quet IX, 536 — partem, quam annuimus Nordmannis Sequanensibus, videlicet Rolloni
suisque comitibus, pro tutela regni.
152
$afefl ©regortuS VII. unb fein 3ettatter.
erwähnten Vertrage ba$ glüßcben (Spte jur ©ränjbeftimmung gebient hat,
tritt ein anberer ©eroährSmann ein unb §roar ein gleichzeitiger, globoarb
fcon $heim$ fagt1) §um 3af)re 923: „baS Sanb jenfcitS berate roar feit
längerer 3«* ton Normannen gegen bie Sßebingung, baß fte ftd) taufen
liefen unb grteben gelten, jugeftanben korben.''
2)te allgemeinen Umriffe beS tton 3)ubo erftatteten ^Berichts ftnb, rote
man ftef)t, gegen {eben Steifet gefiebert. 2lber im Einzelnen leibet berfelbe
an 5)unfelfyett. 2)er EanonicuS fagt, (Sari t)abe ben Normannen ba$
Sanb tton ber (Spte bis junt 9D?eere gegeben. 2)a6 ift eine SBefttmmung,
bie, an ftdt) betrachtet, mehrfache Deutungen zuläßt. 5)tc Epte nimmt bei
bem Orte ©oumaty burtf) Bereinigung mehrerer fleinen S3äc^e bie ©eftalt
eines gluffeö an, lauft bann in ber 9ftd)tung tton Horben gen ©üben ber
(Beine ju, unb ergießt ftxr) in biefen ©trom §tr>tfdr)en Nantes unb SBernon.
9?icf)t roett ttom Ursprünge ber Epte beginnt ein anberer Heiner gluß, bie
S3re$le, tx>etcf)e in umgefehrter Ortung tton ©üben nach Horben lauft unb
unfern fcon (£u inS 5D?eer fällt. Sin 53u'cf auf bie Äarte jeigt, baß bie
Epte für ftdt) allein §u feiner ©ränzbeftimmung taugt, fonbern nur im 93er*
ein mit ber 23re3le ben fraglichen 3wecf erfüllt. 3)te Epte mit ber 23re3le
Zufammen derben bemnacb, fo fdjeint eS, bie ©ränzmarfe be£ ben 9?or*
mannen eingeräumten ©ebietS gegen Dften gebilbet l)aben. 3n ber $r)at
verhält ftcf) bie ©ache fo, benn globoarb beutet2) zum 3ar)re 925 an, baß
bie 55urg En, bie, roie icf) fagte, am SluSfluffe ber 23re6le gelegen ift,
©ränzfeftung ber Normannen war.
2Bir fennen je|t bie eine 3Dtofe ber normanntfehen 33eft^ungen, näm*
lieh bie öftltcf>e , aber nicht bie übrigen. 2)er ©a{$ „t>on berate bis zum
2D?eere" fomtte befagen: ein formaler ©treifen £anb ttom (Stnfluffe ber @pte
in bie ©eine, ben erftgenannten gluß l)inauf, bann überfpringenb zur SBreSle,
biefe hinunter bt6 zum 9J?eere bei @u fei bem Normannen 9Mo gegeben
roorben. Allein außerbem, baß bie mächtigen gremblinge fta) nimmermehr
mit einem fo ärmlichen 3u9ef^nbntß begnügt fyahen roürben, fter)en ber
fragltcben Erflärung anbere entfebetbenbe ©rünbe entgegen. Saut Ü)ubo'$
3eugniß befaßen bie Normannen geraume Seit *>or 912 bie ©tabt *Rouen.
2Ber roirb nun glauben, baß fte auf biefelbe ^erjicbteten. Um biefer ©c^roie*
rigfeit §u entgegen, fönnte man annehmen, ber Vertrag tton ©t. (Slere fyahe
bie ©eine im 2ßeften, bie Epte unb 53reöle im £)ften, baS 9J?eer im 9?or*
ben als ©rängen be$ ben Normannen abgetreteneu ©ebietS bezeichnet. Allein
aueb ba3 geht nicht, roeil 3)ubo fagt: „(£arl ber Einfältige verlier) an^olfo ba$
Sanb fcon ber Epte bis ju bem Speere unb bie ganze Bretagne." ©ollen
biefe Sßorte ©inn fyabcn, fo muß man ttorauSfefjen, baß baS Sanb jtt)tfd)eu
*) qSer^ III, 372. 2) $tx§ 1U, 375.
93terte$ 93ucr). (&ap. 10. 9(nfänc;e ber S^rmanbte. Saaten £ro!f$. j 53
ber @vte unb bem 9J?eer ein ©ebiet umfaßte, rvefcbeS irgenbtt>o an bie 23re*
tagne ftieß, unb baß 2)ubo'd Meinung bie ift, ber Gerlinger fyabe bem
Normannen ju bem £anb pifdjen ber (£tote unb bem Weere aucr) nocb
bie benachbarte Bretagne gegeben. $)ocb eö bebarf feiner (Scbfüffe.
Wlit bürren Sorten fagt1) eben bieß ber (£l)ronift, nur einige $dUn rvet*
ter oben: „ber ^önig verftanb ftcb baju, bem Normannen außer bem be*
reit$ jugeftanbenen ?anb aud) nocb bie Bretagne §u geben, bie an erfte*
re6 granjte."
9?un ftnb roir am 3kU: Taut ben eigenen 2(eußerungen Tmbo'S muß
bie Bretagne als ©rän^beftimmung beigejogcn werben, ^ftan benfe ftcf>
eine £ime von bem (Sinfluß ber (£vte in bie ©eine bis jum näcbften fünfte
ber Bretagne, fo lauft biefelbe an ber ©pt^e bcö 9)?eerbufen0 von (£aucale
aus. 3$ faö* weiter: nur roenn man bem 53ericbte SHtbo'S btefe ^Deutung
gibt, wirb bie 23eftim,mung von ber (£pte bis §um Tim, bie fonft.fo %kl*
beutig unb tmnfel fcfjetnt, flar, genau, vernünftig. Ü)ie ©rdnje beS abgetre*
tenen ©ebietS bilbete gegen Dften bie (Svte unb 33re3te, gegen Horben baö
9fleer, gegen heften abermal ba$ 9fteer an bem fünfte, roo baö 9tfor*
mannenlanb an bie ^Bretagne ftößt, im 6üben bie £inie von bem 2lu3fluß
ber (5;Vte bis junt 9J?eer unb ber bretagmfdjen 9ftarfe. 9?adj biefer (§tft&*
rung, unb jvoar nur nacl) biefer, r)at 3)ubo feinen roefentlicben $unft über*
gangen unb fprtdjt, rote ein 9Jknn von $ovf: fte muß a(fo roa^r fein.
Mein aua^ roenn 3)ubo nidjt feine Sorte felber auflegte, roürbe fein
3weifel über ben roafyren ©inn beS Vertrags von St. (Slere obroalten,
weif anbere 3eu9en eintreten. 3n ber jroeiten £älfte beS 12. 3af)rl)un*
bertS lebte2) ju (SfyalonS ein ©etft(tc£>er Samens ©utbo, ber eine @brontf
verfaßte, bie nur in S3rucfcftücfen auf un6 gefommen ift, welche ber Sftöncb
Elberich jufammengeftellt fyat. Ü)tefer ®utbo fagt:3) ,/^öntg Sari ber (Sin*
fältige belefynte ben Normannen SfJollo mit bem £anbe von ber (Spte bt6
jur bretagnifeben ©rünje." 3)a6 !Rämltdt)e melbet4) ber 5lpulicr ©alfreb von
9JMaterra, ©efebiebtfebretber ber von ben Normannen ©übitalienS verria>
teten Späten, welcher um ein 3ar;rf)unbert früher fcrjrieb als @uibo, unb
beffen £luelle bie eigenen 2luSfagen ber Söhne SanfrebS waren: „ba$ (im
Vertrag von 6t. ©lere) an 9tollo abgetretene £anb Ijatte folgenbe ©rängen:
im £)ften bie Sanbfcbaft ^3ontl)ieu (welche bura) bie 53re^le unb (Svte von
ber 9^ormanbte gefcr)ieben rvirb), im Horben baö 9D?eer, ebenfo im Seften
biö $ur Bretagne ^tn, roelcf)e bie Seftmarfe beö ^ormannenftaatö abfc^lteßt,
im 6üben bie 9J?aine, bie ©ebiete von (SfyartreS unb 3Serin bi6 jurücf §u
4) 3)u(^cöne vScite 83, 3. 10 Don unten rex spondet ei Britanniam , dare quae
erat in confinio promissae terrae. 2) 2ei6ni| , accessiones historic. II, praefatio
jtüctteö 33Iatt. 3) Ibid. <5. 251. •) Histor. sicul. I, 2. Ui SWnratort Script, rer.
ital. V, 549 flg.
154
$afcft ©regoriuö VII. unb fein Bettalter.
ber £errfcr)aft von *ßontf)ieu." 2)te von 9Materra mit $ücfTtctt auf bie £o*
Httfdjen SRadjbarn befcfcrie&ene ©übgränje fällt jufammen mit ber geogra*
pl)ifctien Stute, welcbe 3)ubo ööti ber Epte nad) ber bretagntfd)en SRarfe
jtef)t. Enblidb gibt1) 3)ubo felbft vcrfteben, baß baS Heine gtüftöcn
(Soiämrn, baö in ben SBufen von Eancale auSmünbet, fdjon $u ber 3e^/ Da
fRoUfo tjerrfcbte, bie ©ränje beS 9formannenftaat3 gegen bte Bretagne bil*
bete: ber EoiSnon tft @rän§fluß geblieben bis §ur frau^öftfcfjcn @taat$um*
Wäljung von 1789.
2llfo bte Dcormanbie erhielt fcbon burdt) ben Vertrag von ©t. Eiere im
2Öef entließen biefelbe ©eftalt, weld)e bis auf unfere Sage fortbauerte. 9?un
entfielt eine anbere grage: I;at Earl ber Einfältige, al3 er bem Normannen*
Häuptling baö £anb §wifd)en Epte unb EoiSnon jufprad), einen wirf*
lieben 23eft£ abgetreten? mit anbern Sorten, ger)ordt)te ifym bamafö ba$
gan§e £anb, ober etwa bte «gnilfte, ober au* nur ein £f)eil? Wiit
nid)ten. Wlit 2)ubo fttmmen alle 3cu9en/ sie frÖenD Weldas ©eroiebt fyaben,
überein, baß 9Mo unb feine Normannen, ebje fte mit bem Earliuger unter*
Rubelten, längft tfyatfäd) liebe £erren ber 9?ormanbie voaren. 3a) laffe
Einige reben. 2lbr)emar von Slngouleme, ber um 1030 fcfjrieb, er§äf)lt: 2)
„^ormannenfebwärme befehlen $ouen unb anbere umltegenbe 6täbte, bie
fte menfcfycnlecr fanben, wählten bann einen Häuptling 9?amen3 9Mo ju
iljrem §er§oge, ber in Kotten feinen SBo^nft^ auffeblug. später würbe
biefer 9Mo Kfyrtft.'' Ebcnfo 3) ein anberer, älterer Etjronift, beffen ß&
ftcb md)t genau beftt'mmen lägt: „naa)bem $ollo bte ganje 9?ormanbte mit
Waffengewalt erobert fyatte, trat fte (Sari ber Einfältige an ilni ab." (Sin
brttter Efyrontft au3 ber erften £älfte be$ 11. SafyrfyunbertS, ber, rote ftd)
unten ergeben wirb, aud) fonft vortreffliche 9?aa)ric^ten über bie ©rünbung
ber 9?ormanbte mtttfyetlt, Uxifytit:*) „gewaltfam au 3 feinem $ater*
lanbe vertrieben, ful)r 9Mlo naa) ber ©eine, natjtn bte veröbeten
©täbte borttger ©egenb in 33eft$, unterwarf bie wenigen Einwohner, bie
er vorfanb, ober vertrieb bie, welche feinen ©efyorfam letften wollten, ver*
tfjetlte ba3 2anb burdt) ba6 £oo3 unter feine Begleiter unb 2Baffengefäf)rten ;
in ber golgejeit würbe er Efyrtft." Unter allen fränftfcfyen 3™gen weiß
nur biefer eine, baf §rolf au6 fetner ^etmatf) verbannt worben ift.
sfiollo r)at bemnad) mit Earl nid>t barum getagt, bamtt er ein
5lnbern gehöriges Sanb belomme, fonbern bte Unterl)anblung t;atte einzig
ben 3^e^/ bie Eroberung, welcbe ^atfac^e war, in reebtlicben SSejtJ um*
guwanbeln. 9cur (Sari ber Einfältige formte bieg gewähren; benn obgleich
von ungetreuen SSafaKen verraten unb ein ©ptelball ber $artt)eien, war
>) S)udt)eöne Script, rer. normannic. @. 230. «j Söuquet VIII, 232. 3) Ibid.
IX, 131. 4) Ibid. @. 3.
93terte$ 93ud&. (Saj>. 10. Anfange ber 9?ormatibi'e. Sfjaten #rolfÖ.
155
er als (£rbe bc$ großen @arl3 rechtmäßiger ©ebteter oon granfretcf). 3)er
Kormannenrjäuptltng fat) ein, baß er, um ein bauernbeS 2Öerf ju grünben,
ben (£rroerb be6 6chroerte$ burcb baö beftchenbe (Staatsrecht heiligen raffen
müffe. 3U btefem 3we<fe fyat er ben ßarlinger fo fange buret) unauöge*
fefcte Unfälle bebrängt, btö berfelbe 23rtef unb ©iegel au6ftellte nnb bte
Eroberung förmlich guthieß. 2Öüßte man mcbtS 2lnbere3 tton Kollo, alö
ben einen 3ug, er roürbe für ftch allein beroeifen, baß biefer Normanne
ein 9Kann oon ©eift roar.
(£tne ^atfaa^e fdjemt jeboct) bem eben ©efagren §u rotberfyrecben.
globoarb oon Kf)etm$ berichtet:1) im 3ar)re 924 fei ba3 ©ebiet ber Kor*
mannen mit 3ufHmmung beS Königs Kobolf, fraft eineö befonbern $er*
tragS, burcb Abtretung oon SBateur vergrößert roorben. 2)ie 6tabt 23ateur
liegt unfern ber normanntfeben Korbfüfte unb foTgltcf) innerhalb ber oben
errt>är)nten £tnie 2)ubo'3. 5XIfo Ratten bte Normannen im 3afjre 912 noch
nidbt bic gefammte Kormanbie tnne, ober ift ihnen §roifcr)en 912 unb 924 ber
£)rt SBateur roteber abt)anben gefommen. (SS mag fein, baß, obgleich Kollo
baS ganje Sanb fchon oor 912 al3 fein (Sigentfmm betrachtete unb ftch im
genannten 3ar)re ben rechtlichen 33eftt$ beffelben juerfennen ließ, boch ba
unb bort einzelne £)rte ihm noch trotten.
Snbeffen fyat e$ allem Slnfa)etne nach mit 23ateur eine befonbere 23e*
roanbniß. Saut 3)ubo'3 Bericht 2) eroberte Kollo balb nach feiner Slnfuttft
in ©allten bte (Stabt latent, jerftörte fte oon ©runb au6, nahm aber
eine ber gefangenen Sungfratten, *ßopa, bie Tochter beö borttgen gürften
33erngar, jum üHktbe. Ü)er SJiönch 2Ml)elm oon 3umtege3 thetlt genauere
Kachttcbten mit; er fagt 3) nämlich: „ bie SBerbmbuucj Kotlo'3 mit 9ßopa fei
eine bänifche, b. h- eine rotlbe (St)e geroefen, auch Ijabe ber Normanne bie*
felbe, obgleich fte ihm einen ©ohn Wilhelm gebar, auS 5lnlaß ber fetten
unb rechtmäßigen ®fje, bte er mit ©tfela, ber Tochter (SartS beS (Sinfäftigcn,
einging, tterftoßen, jeboct) fpäter nach bem $obe ©ifeta'3 roieber §u ftet) ge*
nommen." (£tu britter (£r)rontft, Drbertcb, melbet:4) baß ber 33ater ^opa'S,
S3erngar, einft ©raf oon 23ateur geroefen, aber oon Kollo bei (£rftürmung
ber 6tabt erfchlagen roorben fet;. 2Ufo befaßen bte Konnannen allerbtngö
SBateur oor Slbfchluß beS Vertrags oon Sfc (Slere. Slber eine anbere grage
tft, ob Kollo auch fyäter »§err ber ©rabt blieb. 3d) benfe nach 33er^
ftoßung ^opa'6 roerben ftch bte (§mroof)ner oon 33ateur, roelche, rote ftch
tiefer unter ergeben roirb, auö beutfehem S3lute flammten unb ben Kor*
mannenherjogen oon Kouen viel ju fchaffen machten, Kollo ben @et)orfam auf*
gefünbigt haben, roeßhalb eö gefct)er)ett fein mag, baß bie Stabt oor 924 als
«Per^ HI, 374. 2) fDud^cöne a. a. O. @. 77. 3) Histor. norm. lib. II.
cap. 12. ibid. (5. 219 u. cap. 22. ibid. ©. 233. *) Ibid. @. 459.
156
$at>jl ©regoriuö VII. unb fein Zeitalter.
unabhängig von SÄoflo'S ,£>errfd)aft erfc^dnt. -iftacb bem £obe ©ifela't ver*
fölmte ftd) *Rollo laut bem 3eugnfffe bet Sftöncbt von Sumieget mit ber ver*
ftöfenen *ßopa, ftarb aber felbft balb barauf. 3)er $ob sRollo't fällt §wifcf)en
926—930, bie 2Biebervereiuigung mit *ßopa einige 3af)t*e früher, alfo um
924, folglta) in biefelbe Seit, ba ber von globoarb erwähnte Vertrag bem
Normannen 23ateur §uerfannte.
SD?etneö (Eracfytent Rängen betbe (Eretgniffe jufammen: mit anbem
Korten Weil Sectio bte $erftoßene lieber ju ftdg genommen fyatte, fefyrten
bie (Einwohner ber 6tabt §um ©efyorfam §urücf. globoarb fagt fein 2Bort
bavon, baß S^ollo ©ewalt brauchte, um 33ateur ju unterwerfen. 2)emnadj
fdt)etut et, alt l)abe bie SBürgerfcfyaft (td| in ©utem gefügt. SÖarum trug
aber bann 9JoHo 6orge, baß if)tn bie 6tabt burd) ben Vertrag von 924
abgetreten warb? £)f)ne 3^eifel bemfelben ©runbe, weßfyalb er audj
ben um 12 3al)re früheren Vertrag von 6t. (Eiere abfd)Ioß : bie vollenbete
£fyatfad?e feilte burd) förmliche (Einwilligung ber franjöftfcben «ftrone gefetj*
lieb gemacht werben. £)ocb fiel 23aieur laut bem 3eu8mffe l) globoarbt
febon im folgenben 3al)re 925 wieber von *Rollo ab, benn ber (Efjronift
melbet, baß (Einwohner von 53aieur bamalt bat ©ebiet ber 6eine*9tormannen,
b. f). wo 1)1 bie Umgegenb von D^ouen, üert)eertcn. 2Öar vielleicht bie ^Bürger*
fcfyaft unwillig barüber, baß ftd) 9Mo tfyre 6tabt, bereu Unterwerfung auf
einem freien Vertrag beruhte, von ber trotte granfreidjt f)atte fct)cnfcn laffen!
Später muß SSateur wieber unter bat fyer^oglicbe 6cepter §urütfgefefyrt fein,
benn 944 erfdjemt et alt ein bem 9cormannenftaat einverleibtet ©lieb.2)
3cb fomme an einen britten $unft. ümbo behauptet, baß (Earl ber
(Einfältige im Vertrage von 6t. (Elcre bem $Öifinger 9Mo außer bem Sanbe
§wifa>n ber (Epte unb bem 23ujen von (Eancale aud) noefy eine befcfyränfte
£errfcbaft über bie Bretagne verlief. 2)er (5l)rontft begrünbet feine 2lut*
fage burdj ben 3nfyalt ber 33er^anblungen , welche bem 5lbfdjluffe voraus
gingen. (Er erjäf)lt3) nämlia): „alt ber Jtönig bereite feine 3uf^mmun9
gegeben fyatte, bat ©ebiet §wifcf>en (Epte unb bem 9fteere abzutreten, er*
Härte ^ollo: bat genügt mir niebt, benn jenet ©ebiet ift veröbet unb
unbebaut, nur mit größter Sßefcfywerung ber wenigen (Einwohner fömtte td)
meine Seute aut bemfelben nähren. 3$ verlange bafyer, baß ber Äönig
mir noü) eine anbere Provinz für fo lange einräume, btt bat mir §um
51 lob verliehene Sanb wieber in gutem 6tanbe bet einbaut fein Wirb.
Stuf biefe gorberung |iu/' fäfyrt 2)ubo fort, „fjabe bann (Earl ber (Ein*
fällige aud? noef) bie ^Bretagne, jebod; unter ber oben erwähnten (Etnfcbränfung,
beigefügt. "
3ft nun bie 2lutfage bet (Eanonthtt von 6t. £luentm wal)r? fte
l) $erfc III, 375. 2) Ibid. @. 391. 3) ©ud&egne @. 83.
Söierteg 93ud). &ap. 10. Stnfdngc bei iSttormanbte. Saaten £rolf$. 157
muß e$ feftt. (Erinnern Vt>tr unö/) baß laut einer bretagnifct)eri Duelle,
ber (Shrontf von Nantes, fett 907 nach bem £obe StüanS L bie ganje
^Bretagne auf eine 9ietr)e von 3a^ren fyn unter bte ^ertfa^aft ber Sftor*
mannen von Slouen gerietr) unt> fürd)terltcb auSgefaugt würbe. 9?od) ein
jweiter 3eu9c/ un*> 5War ent fotc^cr , ber bem 10. Safyrfumbert angehört,
berichtet/2) bte Normannen fyätten, nad)t>em 9?ouen unb bte umltegenben
Stäbte für immer von tfynen eingenommen woiben, aua) bte Bretagne be*
fc£t. (Snbltd) leiteten, rote tet) unten geigen werbe, mehrere ber fyäteren §cr*
joge ber SRormanbte auS bem Vertrage von St. (Slere 2lnfprüd)e auf bte
£efycn$f)errltd)fett über bie ^Bretagne ab. 9J?an ha* bal)er feinen ©runb,
bte ÜEBar)rl)ett ber 2lu3fage Dubo'S in ßwetfel 5U Steden. 3m Uebrtgen
verhält e$ ftd) mit ber Bretagne, wie mit ber ^ormanbte felbft. SBeibe
*Provin§en waren bereits in ber ©ewalt $oüV$, als er ftet) mit ihnen be«
lehnen ließ, unb bie föntglicbe SBeftätigung follte nur ben thatfächlidxn 23e*
ft£ rechtfertigen.
9fad) 2lbfd)luß beä Vertrags ton ©i. (SIere ereignete ftet) laut bem
Berichte 3)ubo'3 eine Scene, bie ich nid;t für wahr galten fann. 2)erfelbe
melbet: 3) „bie fränftfdjcn 93ifd)öfe unb anbere @roße verlangten von dloÜo,
baß er §um Stifyn ber «gmlbtgung bem Könige (Sari ben guß füffe. 2)er
Dtormanne entgegnete: id) beuge vor -DZtemanb meine jtntee, noa) füffe id)
ben guß trgenb eines Sftenfcfyen. $11$ gleid;wof)l bie Höflinge auf ihrer
gorberung beftanben, gebot SRqUq einem gemeinen Solbaten, an feiner
Statt baS ©ewünfehte ju tf)un. £)er Solbat aber griff, ftatt nteber§ufnten,
nach bem guße beö jtöntgö unb jog tf)n in bie §öl)e, fo baß (Sari ber
Einfältige rüdltngS nteberftürjte, waö ein lautet ®eläa}ter ber Umfteljenben
§ur golge hatte." (So 2)ubo. 3cb will glauben, baß in geheimen Sßer*
l)anblungen bie grage fniefälliger ^ulbigung §ur Sprache fam, tcf> will
aua) immerhin §ugeben, baß *Rollo ben jtmefall verweigerte unb baß ber*.
felbe gänzlich unterblieb, aber nimmermehr laffe ich mir einreben, 9follo, ber
fein §od)mutr)3narr, fonbern ein 9Jiann von f)cllem Sßerftanb war, fyaU
einen folgen Auftritt jugerüftet. 9loa) viel weniger fann man vorau3fe£en,
baß bte granfen eine blutforbentbe Sßelcibtgung tl)re^ ©ebteterö ruf)ig ober
gar wie einen Spaß mit Sachen hinnahmen.
©leichworjl hat bie von bem 2)omr)erm vorgebrachte Sage gefdneht*
liehen SBertr). Sie betx>etöt nämlich, baß man febon gegen (Snbe beö 10.
ober jcbenfallö ju Anfang beS 11. 3ahrl)unbert0 am £ofe von Kotten, wo
£)ubo bie Schnurre gehört haben mag, bte aüerbmgS rechtlich wol)lbe*
grünbeten 5lnf^rüche auf bie iDberfehen^herrlichfett über bte Üftormanbte,
welche bie legten (Earltnger ober bte erften (Sapettnger erhoben, tn$ Fächer*
*) OUn <§. 143. 2) $crfe IU, 570. 3) $Du(^e^ne ©. 84 oben.
158
s4kbft ©regortuö VII. unb fein 3eüaltev.
lid;e 50g. 3)ic (Sfyrontf von SourS gibt1) über benfelben SSorfaü eine
anbere @r§äl)luttg §um heften, bte äd)t §u fein fcfydnt: „al£ bte fränftfcfyen
$offmge in 9^oÜo brangen, er foüe bem Könige ben guß füffen, fagte er
in normattntfd;er <8vrad)e: „no bi @ot". darüber verspottete ber Jtönig
(Sari unb feine £eute ben Normannen, unb btö auf ben heutigen Sag nennt
man bte Normannen l)ier $u Sanbe bigotten." 9caa) btefer 3)arfteÜung
roar ntcfyt ber MniQ, fonbern Diollo ber äkrlacfyte. 9cun l;at ber Unname
feine ^tajttgfeit. (Sin anberer (£l;ronift, ber ebenfo rvte ber von Sour$ auf
fran§öftjd)em, niajt auf normanntfa)em 3Soben lebte, 9}ia)arb von ^ottterö,
meint: 2) „bte Normannen ftammen von ben SBcftgot^eit ab unb man foüte
fte &>tftgütl)en nennen; aber ba£ Qiolf verfeuert btejen 2luebrucf in baö
2£ort SBigotben." £>er sJJföna) fud;t, wie man fte|t, ben Unnamen, ber
in 2111er 9Jhmb gevoefen fein muß, mit unglüdtid)er @elel)rfamfeit §u er*
Hären. Unten rvtrb ftd) ergeben, wie unb toarum ber 5luöbrucf 23tgot,
ber urfvrünglict; im 6tune (Earlö beö (Stnfälttgen einen -Uftenfdjen olme
23tlbung bezeichnete, eine gan$ anbere SBebeutung erhielt.
5luf Die £ult>tgung ju (5t. (Eiere folgte ettvaS SlnbereS, 2ßtO)ttgereö :
bte Saufe, rveldje S^otlo unb ber größte Sfjdl feiner 2Baffengefäf)rten ju
JKouen empfing. Saut £mbo'ö 23erid)te 3) roar ber £er§og vorder, gemäß
uraltem ^ira)engebraua) , eine 2£od)e lang (Satea)umene ) an jebem Sage
biefer äßocfye vergabte er an bte ^auptt'trd)en be$ £anbe3 bebeutenbe ©üter.
£)er Hermanne füllte, baß er ba3 begonnene 2£erf ber ©rünbung einer
neuen, bauernben ^errfebaft nur mit £ülfe beö (Sleruö §u glürfltaVm (Snbe
führen tonne. Unb in ber Sl;at trugen bie SBol;ltt)aten, roelctje er ber
©etftlta)fett pivaubte, reicfyltdje grüa)te. 9cäd;ft bem guten 6a)tt)erte ber
Normannen l)at ber 23eiftanb be6 23t£tl)um£ baS Reifte ba$u betgetragen,
baß bte sßflainuug DfouVe tu mr^er ^txi tiefe 2öur§eln trieb unb ju einem
mäd)ttgen S3aume f;eramvud)£.
9^onen, ber £errfa)erft$ beS Stifters ber 9cormanbte, roar feit alten
Sagen Metropole. (Sartö beS ©roßen Seftament vom Safyre 811 friert *)
bte ^ormannenftabt aß eine ber 21 großen 9)iutterftra)en beS fränftfcfyen
2Beltretd)£ auf, benett unfer erfter ^atjer einen Sfyetl fetner 6a)ä$e ver*
mad;te. £)er (Strenget von $ouen umfaßte bis auf bte neueren tyiten
fyerab fea)ö ©uffraganftül)le, nämlta) 2lvrand)e0 unb (Soutanceö, beibe un*
fem ber äöejtfüfle, SBateur, Sifteur unfern ber 9torbfüfte, See§ unb (Evreur
im 3nnern U$ 9cormannenftaatö. b) ^at nun jdion ber Vertrag von
6t. (Eiere btefe fed>S 6uffragane fammt ber Metropole bem £er§oge dioüo
5ugeftoroa}en? ol;ne Steffel! ^ören tvir ben (Sl)roniften Oiidjertue,6) ber
4) 93ouquct VIII, 316. 2) Ibid. IX, 24. 3) 3)uc^eöne @. 85. 4) ©fröver,
Mixti). @ef(^). III, 585. ß) SWan öergl. ben XI. 33ant> bev Gallia christiana. 6) $tx$
III, 570.
«Bterteö 93ucfj. @ap. 10. SCnfdnge bcr Sttormanbie. Saaten £iolf$. ^ 59
als jüngerer 3cttgenoffe OfoüVö betrachtet »erten barf : „tie Häuptlinge
te$ granfenretebö trangen in tr)ren Hörrig, tte Jtüftcnpromn$ Deö nörtliaVn
©allienS an tte Sulinger unter ter 23etingung abzutreten, tag fte, tem
©ötjenttenfte entjagent, jum (Sfyrtftentfyum ftcfj befennen unt fyinfort ten
Röntgen ©allienS ju Gaffer unt Sant treue Ü)ienfie leiften. Die 9J?etro*
pole befagter *ßro&in$ tft Stoucn, $u teren (Srjfprengel fed)ö (Stätte gehören :
2lbriucantu£ (SforanaVä), SBajocae (ftatair)', (Ebrocae ((Stmur), Magium
(Seej), (Sonftantia ((Eoutanceö), Stedum (Siftcur). 2Beltfunttg tft, tag
tte Normannen bamatd all tief erhielten."
5)ie 2lu£fage 9^icr)erö liefert einen legten Sßeleg, tag ter Vertrag
X>on (Et. ©lere ten ganjen Umfang ter -Iftormantie in SRoHo'ö Häute ge*
brad)t l;at. 6te berietst nod) mel;r, nämlid) tag ter 9?ormannenl)et$og
l;elle- Slugcn fyatte, tag er, cl)e er mit tem (Einfältigen *@arl abfeblog, ftd)
fletgtg nacb ten SBerfy&Itmffctt be£ SanbeS unt ten ^Beringungen geteil)lia)en
2ßaa)$tl)um£ erfuutigte; fte beroeiet trittenö, tag ter (Srsbijcfyof granfo
üou Diouett mit 9iollo etnträcbtig jufammenrotrfte. 2Öal)rlia) nufyt obne
guten ©runt fyebt ter £>omr)err tton 6t Oucntin fo tnele 3C^CU ¥vh0^
Ita)en SBertrauenö fyeroor, tag (Srjbifdjof granfo genog. £>er 9iormamten*
ftaat biltete £011 feiner ©eburtSftunbe an ein firc^lta) abgefaMoffenc$ ©anje,
unt taö roog febvoer.
£)te Saufe §u $ouen roar tte SBefteglung oter aueb ter Slnfang einer
£Reit>e organtfdH'r ©efe|e, roelcbe Cfollo feinem Saute gab. (Einige (Ebro*
niften behaupten, tag tie neue 23erfaffung fajon sor ter Saufe, antere
(unter tt>ela)en 2>uto), tag fte nad) terfelben eingeführt roorten fei. 33ette
mögen in germffem (ginne $ecbt l)aben: ein Sr)etl ter ©eje£e rotrt früher,
ein Sfyeil wirb fpäter itte Seben getreten fein. 33or Sltlem mugte Diollo
für feine £Gaffengefäl)rten Jorgen, teren tapferer 5lrm il)n ju einem nuia>
tigen gürften erhoben fyatte. 2)uto Jagt: ') „mit ter Sftegfdmur tfyeilte
9^oUo taö Saut unter feine ©etreuen au6." 9?ad) welchem ^erfyältniffe
rourten Riebet tie Soofe beftimmt? (Sf)e man tiefe grage löfen fann, ift
nötfn'g, tie ©lieterung te6 normanntfeben Hecrförperö §u erforfeben. ^infmar
fcon 9tt)eimö fa)reibt 2) 311m 3af)re 861: „tura) (Stürme fcerfyintert, in tte
See ju ftea)eu, be§og ein grogeS Heer normannifcfycr Üßtfinger gegen ten
Spätfyerbft be$ genannten 3al;reö Winterquartiere in ten Berfcfcicbcnen
Hafenplafceu ter Seine son teren Sftünbung an bte Innauf nad) $arte,
unt tie Verlegung erfolgte naa) Sftaggabe ter ©eno jfenjd)af ten,3)
in roela^e taö Heer &erftel." S^eineö (Erac^tenö tarf man annehmen, tag
l) 2)U(^eönc >S. 85. illam terram suis fidelibus funiculo divisit.
3) Secundum suas sodalitates.
2) ^er^ 1, 455.
160
$abji ©regoriuS VII. unb fein Bettafter.
aua) 9Mo'S £eer in fold;c ©ettoffenfcbaftett geseilt mar. 2)amtt fmb
tvtr jebod) nid)t viel weiter.
2BaS bildete bie ©runbtage ber ©enoffenfdjaften? 3*n 9lngeftd)te
Steffen, was in früheren 2lbfd)ttitten oorliegenbeit 2BerfS über bte ßuftänbe
ber bäuifa)en, fa)webtfd)en, norwegtfdjen, engltfd)en Normannen, namentlich
über »ftanutS I. £fn'nglitl;), bargel^an korben, behaupte ta), Schiffe waren
baS <ftttoa)ettgerüfte normamttfa)er «IpeereSglieberuug: fo »tele Schiffe bie
gleite 5äl;lte, fo oiele @enoffcnfa)aften jäfjlte ber ,£>eereSföiper, berfelbe
beftanb auS gälmletn tton 60—80 Tlam. 2ßer lieferte nun bte Sdjtffe,
als «£>rolf unb feine ©enoffen auf gut ©lud auS ber £etmatl) abfuhren?
9Zia)t bie ganje ÜDtonnfcfjaft sufammen, fonbern einzelne reta)ere ©ruttb*
eigetttf)ümer, bei beucn bie Rentieren als 2)tenftleute auf 2lntf)eil an ber
53cute ober aud) gegen Solb eintraten. Sie anberSwo ge$eigt l) worben,
l)at Zottig Jlanut ber ^eilige von 3)änemarf wegen ber «£>ereSlt& oon
1085 bte gemeinen Solbateu mit je 3, bie Sa)tffSmetfter mit je 40 SDiarf
«Silber gebüßt, $IIS (Eigener ber (Skiffe mußten le^tere 13facfye Strafe
§at)lcu. 3a) ben!e, bie glotte £rolfS fjatte eine äl)ttlid)e ober btefelbe (Sin*
ricritung. 3)ubo fpria)t von Häuptlingen ber Normannen, welche ber alte
Htolf fünf 3al)re oor feinem £obe §ufammenrtef, um tf)iten bte (Srwäl)lung
feines Sol)tteS 2ßill)elm §um 9iad)f olger §u empfehlen. 5lud) fonft ftnben
fta) bis in bte Seiten ber ©rünbung beS galltja)en SftormannenftaatS fytu*
auf Spuren, baß ein Heeres* ober glottenabel borten beftanb. 2)ie ur*
fprüttglidjett Elemente btefeS 2lbelS "waren meines ßraa)tenS bte Sa)ifjS*
meifter ober 2luSrüfter.
$ln foldje Häuptlinge müffen größere Soofe, ^Dörfer, otelleidjt fletneve
Greife ausgegeben worben fein. 2)enfmale, bte tyteoon zeugen, erhielten fia)
in oielen £)rtS* unb gamiliennamen. 2)te Üftormanbie fyat Dörfer, wie
$lngotntle, 23or.ttefcitle , ©rimottoille , Herouoille, bereit Saut uttoerfennbar
auf bte Seit l)imoetSt, ba bie äfteßfdjnur 9Mo'S gebogen warb ; eS ftnb
Soofe, weldie ein ^ttSgob, ein 8jörtt, ein ©rim, ein £aralb a^ tymi
9lntl)eil empfingen.2) £)ber neunte man bie alten Siftett 3) ber @t oberer, bie
mit bem 33aftarb oott $ouen 1066 naa) ßnglattb ^ t ttit b c r f d; t ff t e n. £ter
fommeit 9tamen oor, wie 23onbeotlle, SBotoille, (Sl)anoitle GftanutSheim),
(Sh;forb, £>liforb, ^edeuety, Sftaunbeoille, £>auitbexnlle, Umfreiülle, 2)omfre*
oille, (§t;ottle, ßleoillc, 33olotüe, 23aSfaroitle, SBotetour unb 23ote»elehn:
eS ftnb Sehen, Stürme , Dörfer, ßüfteninfeln, SBuajtett, welche einzelnen
Anführern, bereit normamtifaje Tanten bura)fa)immertt, jugewiefen würben.
33efain aber aud) ber große Haufe beS ^eereS, bie SÄajfe ber gemeinen
Oben @. 135.
Paris 1846. I, 154. 9We.
2) A. Thierry, histoire de la conquete de l'Angleterre.
3) Ibid. II, 290 flg. *94 fig. 297 flg.
Sterteö 93ud). Q>ap. 10. SInfängc ber Stormanbie. <$te SPtefifönur. 161
(Streiter Sanbctgenthum? £)f)ne 3nxifel Sa> em )c^er ^)at fe^nen <&°f
empfangen! $f)ette ftnb bie SSorte Dubo'S fo geftellt, baß man auf
eine allgemeine Maßregel fcblteßen nrafr, tr)eil$ bürgt ber (Srfolg bafür;
Unjufrtebcnfjeit roürbe entftanben fein, roenn ber $er$og Saufenbe übergan*
gen tyätte. 9iun beroaf)rte aber baS £eet bem alten 9follo unverbrüchliche
Sreuc, alfo I>at er getfjan, roaS ntcfct blod bte ©ereebtigfett, fonbern eben
fo fcf>r ber gefunbe 9J?enfcbenvetftanb riet!). 2)enn forberte niebt baS 3Bor)t
bcö Staates, baß ber .£>er$og über baS ganje Sanb ein 9?e£ von ©utSbe*
ftfcem verbreitete, voelcbe bte ftärfften 23anbe an ihn feffelten unb beren
(5t)re unb (Stellung buref) bte ungetrübte gortbauer ber Eroberung bebingt
roar. (Sitbltcf) fagt1) 2>ubo einige 6ä£e roetter unten, 9Mo r)abe bte
9?ormanbie, welche früher veröbet geroefen, nad) allen (Seiten thetlS mit
Solbaten, tr)eil6 mit (Stnroanberern aus ber grembe angefüllt. Ü>a6 famt
nur auf 3uroetfung von «£>öfen an fämmtitche (Solbaten gebeutet roerben.
(Sine ©efafyr, bte leicht aus ber 93ertr)etfang von ©runbftücfen unter
bie ÜÄaffe ber Normannen entfielen fonnte, roarb von 9tollo befeitigt: ein
Zfyil be$ £eereS blieb betfammen unter ben galten. 2)ubo erroär)nt2)
roteberholt einen l)ol)en Beamten beS §er$og6, SRamenS 33otl)o, ben er
balb al6 prineeps militiae, balb al$ prineeps domus bezeichnet. 2)er £ttel
prineeps militiae ^at nacb meinem ^Dafürhalten feinen (Sinn, roenn nicht
ber, welcher tl)ri trägt, ftetö (Solbaten unter ftet) r)a*- 2luch aus anbern
Shatfadjen, bte ich fväter anzuführen mir vorbehalte, roirb ftcf) ergeben,
baß eine 5lrt von ^tngltt^ unauSgefejjt im 2)ienfte beS «£>erjogS ftanb.
3n großem 9J?aßftabe beroerfftelligte 5lecfervertl)eilungen an ein £eer
von Eroberern ftnb ein 2ßagniß, baS gewöhnlich bie einfyetmifcbe SBevötfe*
ntng $u ©runbe rietet. 2lber in ber S^ormanbte war bteß nicht ber gall,
fonbern baS ©egenthetl gefc^at) ; rafefc blül)te baS Sanb auf. ü)ie 3eugen
ftnb hierüber einig. 2)ubo erjä^lt : 3) „*Rollo verhieß 5lnfteblem aller 9?atto*
neu, roelcbe ftch in feinem Sanbe nteberlaffen würben, vollfommene (Sicher*
hett, [teilte ben 5lnbau beS SBobenS, ber gänzlich verfallen roar, wieber tyx:
Stäbte unb Dörfer bevölferten ftch von Beuern. SÖetfe unb für lange
Dauer berechnete @efe$e, ju roelcben bte ©roßen ihre (Einwilligung gege*
ben hatten, bewirften, baß deiner ben 5lnbcrn unterbrüefte, unb baß 9We
frteblich neben einanber lebten. 3Stele Streben, bie dauern ber Stäbte,
viele geftungen erftanben auö ihren Krümmern. 2)cr Straßenraub rourbe
völlig ausgerottet, unb folcbe (Sicherheit beö GfigentfjumS herrf^^ ^m Sanbe,
baß ber £er^og baS ©ebot ausgehen ließ, 9?temanb folle hinfort roährenb
ber 3«t ceS 5lcfernö ben ^Sflug vom gelbe mit nach £aufe nehmen, ober
Sßteh auf ber Setbe gegen Unfälle bewachen."
*
l) ®. 85 Kitte. 0 Ibid. <S. 91 u. 92. s) Ibid. @. 85. 86 passim.
©fröret, $atitl ©regoriuS vn. 33b. iu. 11
162
$>a6fl ©vegovmg VII. unb fein 3eitalter.
Ü)ubo fiif)rt fofort ba$ 93eifpiel cineS 23ctrug6 an, ben ein Bauer
unb fein 2Betb bitrdb Sfagefge eines erbid)teten gelbbiebftahlö treiben woll*
ten, ber aber ftrenge an ben Urhebern beftraft warb. 2)ann er§äf)lt er
weiter: „alle ©ewaltthaten, gel)ben, (Empörungen hörten auf, unb »eil
baS Sanb be3 tiefften griebenö fowohl im 3nnem als gegen 5lnßen genoß,
gelangten bie (Einwohner §u einem 2Öol)(ftanb, ben man früher nicht ge*
fannt hatte." 3Me allgemeine ©tdjerfyett beS (SigenthumS in Stabt unb
Sanb, welche 3)ubo fo ftarf betont, nötigt meinet (SrachtenS ju ber 5ln>
nähme, baß bewaffnete (Scbu^wachen bie $ro^tnj nad) tterfcbiebenen (Seiten
burchftreiften. golglid? war eine ftefyenbe Gruppe, ähnlich ber anglo*
bänifcr)en hinglitt), t>orr)anben.
(Ein ^weiter, jum ^l)eil noch genauerer Bericht über bie normannifc^en
3uftänbe ftnbet1) ftcr) bei bemfelben 9)iönd) üon gontenelle, ben ich oben
alö 3eu9en in einer anbem (Sache aufrief: „$ollo, ber weifefte unter allen
2Öiftngem, bie je in granfretd) einfielen, beftimmte fefte ©ränjcn §Wtfcben
feinem Sanbe unb ben umliegenben ©ebieten, gab feinem $olfe fowor)l be*
SÜglid) beö JlriegSwefenS, als für bie Verwaltung vortreffliche unb gerechte
®efe£e, welche §ur golge Ratten, baß eine sJJkffe (Sinwanberer ber t>erfct)te-
benften Berufsarten (b. r). fowo|l dauern clU ©ewerbSleute) nach ber
9cormanbte §iifammenftrömten unb ftef> bort nieberlteßen , unb obgleich bie
neuen unb alten (£inwor)ner weit au Sprache unb 5lbftammung t>on cinan*
ber abwichen, wud)fen bod) alle in bürgern §u einem gleichartigen $olfe
^ufammen, baS bie benad}barten 9?eid)e au $al)l unb 9Jkd)t übertraf."
Wlan ftel)t, ber Wönd) fprid)t wie ein Staatsmann. 2)aS Sanb war fcer*
öbet, als et D^ollo übernahm. £>r)ne Beeinträchtigung älterer ©runbbe*
fttjer, welche ber lange iftrteg weggerafft hatte, fonnte bar)er ber ^erjog
eine 9Jkffe £anbetgentfnun an feine Solbaten vertheilen.
2)iefeS ©igen erhielt jebod) erft Serttj, wenn fleißige ^änbe von
5lußen §uftrömten. 3)eßl)alb wanbte 9Mlo große (Sorge barauf, bie (Ein*
wanberung aus ben umliegenben Sanbcn, wo greulid)e ©efe£loftgfett einge*
riffen war, §u beförbern: cS gelang tl)m. 3)iefcS ©elingen aber beweist l)iiv
Wieberum, baß er Weife ®efe£e eingefühlt, jebem §u feinem 9ied)te verhol*
fen, Sicherheit ber *ßerfouen unb bcS (Eigentums gewährt, ben 2öol)lftanb
2111er gefaxt fyaben muß, mSbefonbere, baß er ftch mit mäßigen Abgaben
begnügte. £)enn in Sänber, wo Stenerbrud herrfdji, wanbert fein sDcenfd)
gerne aus. Unb nun wirb flar, warum OWlo auf ben Beftj3 ber Bre*
tagne fo fyotyn 2Bertr) legte. (Sie folltc fein (Steuerlanb fein, wäf;renb er
feine normannifdjen Untertanen wie ^inber vom §aufe fd;onte. Ü)ubo
l) S3ouquet IX, 3.
I
Viertes 33ucf). ®a\>. 10. Anfänge ber 9lorm«nbte. «Tie SNefjfönur. 163
fagt:1) „mit ben Lebensmitteln, roelcbe bie dritten liefern mußten, nährte
9Mo (in Säten be£ Sttißroa&feö) fem ganzes £anb."
Die t>erfcf)tebenen üftacbrtcbten über bie ©efe£gebung 9loüV6 ftefyen in
fo gutem (Sinflang unb beglaubigen einanber gegenfeitig bergeftalt, baß man
if)re 3Bal)rr)ett niebt bejroeifeln fann. Ueberbieß liegen ©egenproben fror.
3u normannifcf)en Urfunben2) be$ 11. 3al)rf)unbertö ift tjäuftg tton hospi-
tes b. I). gremblingcn bie Diebe, bie in ber Sftormanbie meift al6 dauern
angeftebelt roaren. golglid) l)atte eine ftarfe (Sinroanberung in früheren
3etten ftattgefunben. (Sobann wirb bie Eingabe be3 9Jcönd)6 tton gonte*
nette, baß bie bunten Elemente ber 33eüölferung beö ^crmannenlanbeö in
^urjem ju einem gletcbartigen ©anjen üerroaebfen feien, burd) eine Sfjat*
fad)e beftätigt. Ü)te füfylbarfte Jtluft jroifcben @inroor)nern eineö unb be3*
felben 2anbe3 füfjrt 93erffbiebenr)ett ber Spraken auf. 9Mo'3 £err*
febaft begann, beftanb bie 23ettölferung beS (SeinelanbeS allem Slnfctyeme nact)
au6 ttier ^auptftämmen : au3 Romanen, bie ttor ber (Eroberung bort faßen,
au$ Sfanbinatten, bie mit £RolIo al6 (Eroberer einbogen, au6 2Balen ber
^Bretagne — benn bretagmfebe Duellen fagen ja, baß feit 907 eine 9)?enge
SBretagner nad) ben umliegenben Sünbent au^roanberten ; enbltct) auö 9?te*
berbeutfcf)en. £at ber 9J?önd) Stobt, fo muß in $ur$em eine Sprache tn
ber ^ormanbie fyerrfcbenb geworben fein.
3n ber Zljat ift festeres gefcbefyen. 2lbf)emar, ber um 1028 fcfyrteb,
er$är)lt:3) „auf 9Mo folgte fein <£or)u 3Btll)elm, ber febon in ber Ämbfyeit
getauft roar. Unter btefent 2BtIt)elm gewöhnten fiel) bie ©fanbtna&en ber
9?ormanbie allmäl)lig ifyre 9Jhttterfpracbe ab unb nahmen bie romanifaje
SDfunbart an." Slucty 3)ubo fttmmt §u; er berichtet:4) „£er§og SBüfyelm I.
fa)icfte feinen Sofyn *Riduirb, ber in Diouen erlogen roorben roar, nad)
23ateur, bamit er bort bie germantfebe (Sprache erlerne." Denn in $ouen
fprad) man romanifa), voäfyrenb in 33ateur bte germanifaje 3un3e ft$
galten fyatte. ©ett bem @nbe beS 4. 3al)rbunbert3 fommen in ber ©egenb
tton S3ateur fäcbftfd)e Slnftebler §um Sßorfcbein. 2)a3 6taat6bucr> be3 alten
9?öm erreich, ober bie fogenannte notitia imperii, bann ©regor tton $our$,
roeiter ein (Sapitular @arl£ beS ßatylen vom. 3ar)re 853 unt> mehrere faro*
lingifa)e Urfunben gebenfen5) if)rer: aus obigem 3^gntffe aber erhellt, baß
bie altfäa5ftfa)e Sprache bort bis im 10. 3af)vlntnbert fortbauerte. dJiit
if)r blieb noa) etroaS Slnbereö roact>: ^nfyänglicbfeit an baö £etbentl)um
unb £ro§ gegen bte £errfcf;aft beö ^aufee sott *Rouen. 3a) l)abe bereite
gezeigt, baß fa)on Oiollo öon (Seiten ber ©tabt 33aieur Sßtberftanb erfuhr;
*) ^ucr)eöne 85. 2) 9lac^etmefen bei Sa^^enBeig, engltfc^e ®ef^. II, 20. Oiotc 1.
3) öouquet VHI, 235. 4) ©uc^eöne <§. 112. 5) 2)tc Belege jufammengefieUt Bei
2)u Sange, Glossarium sub voce Otlingua.
11*
164
*pafcfi ®regoriu3 VII. unb fein 3ettaltet.
ebenfo erging e6 feinem 9?ad)f olger. 2Öace aber, ber normanntfcfje föeim*
djromft, melbet,1) baß Normannen au6 jener ©egenb noch im 11. 3af)r*
Rimbert zuweilen ben Schlachtruf ertönen liefen: %fyox fyelfc, währenb ber
hersoglich'fatholifcbe lautete : ©Ott tyelfe.
Ueberatl wo 9Mo'3 2BtUe bie £)berr)anb ^at, geht bie 9ßerfchmel§ung
jener vielgeftaltigen (Elemente im normannifcben Sanbe rafch vor ftdt) r nur
wo ir)m burch ältere germanifcbe (Siuflüffe bie £änbe gebunbcn ftnb, ftößt
ba$ 2Öerf auf ^inberniffe. 3>a$ r)eißt bie fragliche Maßregel ging von
bem ^ermöglichen ©chloffe in SRouen aus, unb töa|rltc§ fte beweist für ftd)
allein, baß ber Normanne $ollo einer ber erften Männer feines 3ahrr)un*
bertS unb §um ©efejjgeber unb ©taatengrünber geboren war. SQSte einen
böfen *Pfar)l Ijatte er ba$ prächtige Sehen, ba3 er farolingifa^er (Schwäche
abtrotte, mitten in ben £eib 9ceuftrienö hineingetrieben; *Mlo ar)nete, baß,
wenn ittdt)t er felbft, bocr) feine Nachfolger gewärtig fein müffen, Angriffe
von ©eiten ber bebror)ten Könige granfretct)6 ju erfahren, golglict) galt e$,
für fommenbe gälle fo viel Gräfte beö Siberftanbö al6 nur möglich ju ruften.
2)er Normanne begann bamit, baß er baS ©emengfel von 9J?enfchen,
baS er aus allen ©cgcuben ber SBelt in gleicher Steife nach ber Normanbie
50g, wie 2000 3af)re früher 9vomulu3 ähnliche (Elemente in ber Siege be$
alten 28eltreich$ gefammett ^atte, $& einem lebenbigen, geifttg verbunbenen
©an§en umzuformen ftrebte. Sege führten $u bem gewünfchten $kk:
erftenö (Sinl)ett ber Religion. S^ollo fagte für ftdt) felbft bem norbifchen
£)bin6bienfte ab unb beftimmte feine Saffengefärjrten, ba£ ©letale ju tfjun:
gemeinfam traten fte in bie fatholtfdbe Kirche ein. 3n)eiten6 <Stnl)eit ber
Sprache. 2)tc Umftänbe erlaubten e$ nicht, ber Normanbie bie beutfdje
3unge aufjubrängen, aber bie Sfanbinaven beö §eereö, mit ber SDfaffe ber
romanifchen Sßevötferung verglichen, eine Heine 9)tinber§af)l, tonnten ber
Sprache nach Romanen werben. Nur gehörte Sclbftverleugnung ba§u, benn
ber ^)err richtet fiel) nic^t gern nach bem Unecht, unb ber Normanne trug
überbieß bie Nafe t)ocr) , fyclt 'f^ unb fein $olf für viel beffer alö ben
Skalen. Ü)ennocb fe$te $ollo burd), wa$ bie Vernunft gebot, er ließ fei*
nen Sorm unb (£rben romanifch ergehen, unb wirb Wot)l noch felbft in fei*
nem Hilter 9tomanifd) gelernt haben. 9?ocr) mehr, er beroog feine ^auptleute
unb Solbaten, ba$ ©letale §u thun. 3)a3 war gleichfam eine zweite ©e*
burt ber Normanbie. Sie herrlich unb reich fyat jtet) ber normannifche
geuergetft unter romantfdier «gülle entwickelt! 3ct) wiebcrhole eö: £rolf,
ber gußgänger, muß ben großen tarnen ber ©efchtchte beigezählt werben.
*) Roman de Rem II, 32 u. 34.
Raol Tesson criait : Tur ai'e,
Willam crie: Dex ai'e;
C'est Tenseigne de Normandie.
93ievte$ ©udj. (Sap. 10. Anfänge bev Sttotmanbie. JDie SWejjfönur. 165
Stefe $ur)e genoß baS Sanb »on 912 bfö gegen 920 r)tn. 3)a warb
eS in bte Girren »erwttfelt, welche catoetingifdjer (Sfyrget§ gegen (Sari ben
(Einfältigen anbettelte, 9?od) früher fd)etnt ber (Earltnger felbft etwas ge*
gen feinen (Sibam 9Mo gefpomten §u fyaben, was jebod) für fta) fd)Werltcr)
2lnlaß $u einem 53ruct)e gegeben fyätte. Ü)te (5l)e $oüVS mit ©ifela war
ftnberloS unb, als grud)t üolitifeber 33erea)nuwj, oljnc gegenfeitige ^umU
gnng. 9hm erjäfjlt ') 3)ubo gefyetntnißtioll: „(Sari ber (Einfältige fcr)tcfte
jwei feiner JDtenfilrote an feine $od)ter ©ifela, bte mit 9Mo »ermäf)lt
war. ©ifela aber »erbarg bie Slbgefcutbten forgfältig fcor tfyrem @emal)le,
bem £er$og, in einem abgefonberten «£>aufe, unb behielt fte bort lange Sät.
(^nbltct) erfuhren normanntfräe ©roße, was vorging, nnb geigten eS bem ,§er*
joge an. 2)a gerieu) btefer in 2Butl), ließ bie beiben 9?euftrter aufgreifen
unb fytnrtcfyten." (Sin gürft wie 9?ollo »errängt ntcfyt olme ©runb SobeS*
(trafen, man muß bafyer annehmen, baß irgenb ein SSerbrecben »on (Sari
bem (Einfältigen unb feinen 2ßerf§eugen beabftebttgt würbe. 3a) »ermutt)e,
ber (Sarltnger fyatte feine Softer aufgeforbert, ben (Srben 9touV6, 2Bü*
fyelm I., welcher ©tfela'S Sttcffofm war, aus bem 2öege §u räumen, ober
wentgftenS »ou ber 9lact;folge im §erjogtl)um ju »erbrängen.
9^aa) obigen Korten fa|rt £)ubo alfo fort: „als Robert II. »on
graneten Ogmgo'ö be$ ©roßen 33ater unb beS erften caüetingtfd)en Königs
©roßttater) »ernannt, baß 9Mlo bte 2)ienftleute (SarlS t)atte umbringen
laffen, fdjttfte er ©efanbte an ben Normannen mit folgenber 53otfa)aft: mit
beinern 9fatl) unb betner £ülfe will td) mid) gegen ben (Sarltnger ergeben,
ü)m baS ^eictj entreißen unb il)n aus bem £anbe jagen, hierauf entgeg*
nete 9Mo bem Raupte ber ©efanbtfdmft: bein §err rettet allju fdmell, ben
Äönig (Sari mag er meinetwegen ju ©runbe richten, aber nie werbe tcr)
bulben, baß Robert bie trotte auf fein eigenes §autot fe|e." ®letd)Wol)l
fc^lug Robert II. loS, aber lub ftd) baburef) nta)t nur ben §er§og $otlo,
fonbern nod) ein anbereS ^ormannenfyeer, baS wir je£t ins 2luge faffen
müffen, auf ben Warfen.
globoarb, ber ju»erläfftgfte neuftrtfd)e (Sfjrontft beS 10. SafyrlmnbertS,
beffeu 2Berf {eboct; erft mit 919 beginnt, fprtcbt2) §um 3ar)re 921 »on
eirfem Raufen Normannen, welche ftd) an ben 9Jhmbungen ber £otre feft*
gefegt Ratten. Offenbar ftanben fte bamalS im ©olbe (SarlS beS (Einfällt*
gen. 2)enn globoarb berietet weiter: „Robert (ber ©egner beS (Sarltn*
gerS) belagerte bte Normannen ber £otre fünf Monate lang, fmtyfte bann
mit tfynen Unter^anblungen an, empfing ©eißel »on tfmen unb trat flimen
einen ^etl ber Bretagne, namentlta) ben ©au »on Nantes, ab. @eit btefer
3ett begannen einzelne ber Normannen »on ber Sotre, ben a)rtftltcben ©lau^
l) £>ucije0ne @. 86. 2) sßtxfr III, 369.
166
$abfl ©regoviuS VII. uub fein 3eitaltev.
ben anpneljmen.'' 2)a8 Stüd ber Bretagne, baS Stöbert ben Norman*
neu ber Sotre §ufprad), gehörte ntdjt tym, fonbem bem $ed)te nact) ber
jtrone granfreid), thatfädjlid) aber ben Normannen fclbft, bte ftch ja laut
bem 3™9wfje globoarS längft bort aufhielten. 3)te üon Robert beliebte
Abtretung fytcfj alfo bloS fofctel, er fefnerfelW wolle ^orerft bte Norman*
neu nicht hmbern, ba£ fte länger an ber Sotre bleiben, jebod) bann, wenn er
$ömg werbe, tlmen bie füblid;e ^Bretagne förmlich einräumen. 3^eitcnö
bte Normannen ber Mxc waren b\% bafyin Reiben, folgltd) ftanben fte
nicht unter SRollo'S 33efef)l, beim btefer hatte mit feinen Saffengenoffen
fett 10 3al)ren ben cbrtftlid)en ©lauben angenommen.
3m (Sommer 922 wählte ') bte bem (Sariinger abgeneigte ^artfyei ber
9?euftrter ben bisherigen £er$og Robert junt Röntge. Robert ritt alfo \mU
ter, als in- ben 5lbftd)ten DioüVS lag, aber (ebenfalls ntcfyt fo weit, als er
felbft gewollt l;atte. Ü)enn im folgenben 3al)re fam eS §wtfchen (Sari
unb Robert §u ber Sd)lad)t bei SoiffonS, in welcher ber lejstere, obgletd
(Bieger, fiel. Slua) wenn Robert nid)t erjd)lagen worben wäre, würbe er
einen fcfyweren Stanb Mammen fyaben, weil fct)on sor bem treffen bie
Normannen niebt nur ber £otre, fonbem aud) ber (Seine ftcr) gegen tl)n
erhoben hatten, wie fte beim aud) feinem 9iaa)folger unb Schwager, bem
neugewählten Könige $obolf, bem 33urguuber, Dkl §u fd;affen machten,
globoarb erzählt:2) „nach bem unglüdlichen Kampfe sott SoiffonS forberte
(Sari ber (Stnfältige bte Normannen auf, ihm eilige *g>ülfc §u letften. 3Bte
bief bte granfen unter Äönig $obolf erfuhren, belogen fte, um bte Sßcret*
ntgung ju üerhmbem, eine Stellung an ber £)tfe §wtfd)en (Sari unb ben
fyeranrüdenben Normannen, ©leid)Wohl fe|te 9?agcnolb, Anführer ber Wox*
mannen »ort ber £otre, ben ^lufforberungen (SarlS folgenb, glüdlicb über
bte £>tfe, §og nun »tele Normannen ber Seine an ftd), unb verheerte baS
£anb." 5llfo bte Normannen ber £otre Ratten einen eigenen felbftänbigen
Anführer, ber 9fagenolb ober Dfogcnwalb fyt% üon $öntg (Sari bem (Sin*
fältigen <Solb bejog, ober ftd) bod) als fein 23unbeSgenoffe geballte, im
Uebrigen aber mit bem Raupte ber Seine^ormamten, mit *Jfollo, §ufammen=
hielte.
$ur§ barauf erlitt 9?agenolb burd) ^arthetgänger ^obolfS mehrere
Schlappen, 9hm erft faßte 9iobolf SDhttf), ben «£>er§og 9Mlo unmittelbar
anzugreifen: er überf abritt bie (Spte, ben ©rän$flitfj ber ^ormanbie, unb »er*
fyeerte mehrere 23c§trfe. Allein er fonnte ftet) ntebt galten: ^Bewegungen,
bte tymter feinem dürfen in Lothringen auSbrad)en, nötigten ihn mr S^ücf-
fehr. 3nt Sinter 924 würbe über Slbfcblufj eines griebenSoertragS unter*
hanbelt, ber ganj ju fünften ber Normannen ausfiel, globoarb fagt:3)
») Oben <S. 139, 2) $er& III, 371. 372. 3) «ßer^ III, 373.
«Öicrteö 93u#. @a£. 10. Anfange ber fttormanbte. fbie Sfte&fdjnur. 167
„r.ad) bem fRettjatyr 924 trieb man im neuftrifdjen 9?eid)e 6teuergelber ein,
welche ben Normannen bejaht werben follten." gür tt)en waren biefe
SBranbfcfia Jungen beftimmt? für bie Normannen ber 8oire, ober für bie ber
Seine? 3$ benfe, man beabftdjtigte fte unter beibe ju t>ertr)eilen. Stuf er
bem mutfymaßlicben Slntfyeil an ber ^rtegöfteuer trug $ollo eine 93ergröße*
rung feineö ©ebtetS bason. Ü)amal3 würbe ifjm nämlicb S3ateur jugefpro*
dum, unb überbieß bie Sanbfdjaft SDcaute abgetreten. Ueber bie fßttifiXt*
niffe ber ©tabt SBaieur t)abe id) oben baö 9*b'tf)ige gefagt. 3)te abgetretene
Wlauu blieb nid)t lange unter ber ^errfebaft beö £aufe£ sott Diouen. 2Bie
td) oben1) geigte, erfebeinen bort feit ber Wlitte be£ 10. 3<if)rr)unbert$ felb*
ftäubige ©rafen.
2ßär)renb ber im legten hinter gepflogenen 93err)anblungen fdjeint ben
Normannen ber Soire $ugeftd)ert worben §u fein, baß aud) fte gleid) $ollo
ein eigenes ©ebiet erf alten follten, allein fte gingen leer au$. 9kd)bem
globoarb bie Abtretung t>on SBaieur unb 9Jcame an Otollo bexitykt fyat,
fäfyrt2) er fo fort: „weil nod) immer fein 8a nb auf gallifd)em SBoben an
^ageuolb überwiefen worben war, tterfyeerte er mit feinen Normannen baö
©ebiet «gmgo'ö (be$ (£apetingcr$) §wtfd)en teilte unb £oire." Offenbar
ftnb l)ier tton bem (Sfyrontften einige TOttelgtieber überfprungen, welche er*
gän§t werben müffen.
3)er 3ufammenf)ang tft meinet (£radjten$ folgenber: im 3al)re 921
fyatte §ugo'6 93ater, Robert, alö er ben Normannen üftauteS überlieft, bie
SSerbinbltcbfett übernommen, trauen fobatb er ^önig werben würbe, bie
©tabt förmltcf) abzutreten. 3)iefc3 23ertyred)en war aber nid)t erfüllt wor*
ben, obgleid) bie graulen 922 Robert auf ben Stroit erhoben. 5lud) bei
ben 93erbanblungeu üon 923 auf 924 muß baö SBerfpredben erneuert unb
üon §ugo unterftüfct worbcu fein, ©leid)Wol)l l)ielt man il)nen abermal
nid)t Sort. Um ftd) §u räd)en, erholten ftd) nun ^agenolb unb feine ©e*
noffen an ben ©ütem §ugo'8, als eineö £auptfd)ulbigen am Sreubrud).
3um folgenben 3ar)re berietet globoarb Wetter, baß ber Normanne 9tage*
nolb, nadjbem er baö l*anb jwifdjen ©ein« unb £oire auögeplünbert tjatte.
ftd) gegen £)ften wanbte unb 23urgunb mit geuer unb ©ctjwert l)eimfud)te,
33urgunb war baS £au6gut be$ bamaltgen fran§öftfd)en Röntge 9tobolf.
£>emnacb bcfyanbelte tl)tt föagenolb als ben ^weiten $auptfc§ulbtgen am
Sreubrud).
2)ie (Erneuerung be$ Kampfs §wifd)en 9togenolb unb bem neuftrifdjen
Könige l)atte jur golge, baß aud) D^olXo 925 wieber p ben Staffen griff.
Allein fogleid) bilbete ftd) ein mädjtiger 33unb wiber ir)n. 3n ©emetnfdjaft
mit bem Könige 9ioboIf rüfteten ftd) ber glanberer Arnulf, ©raf Heribert II.
') ©. 141. 2) tya% in, 374.
168 ©regortuö VII. unb fein Seitaltev.
von SßermanbotS, ©raf £eligaub II. von *ßontf)teu ju einem Eingriffe auf
bte 9cormanbte. 23eibe $l)eilc fugten etnanber §uvor$ufommen. 3)tc 9(or*
mannen ber ©eine brauen gegen SlmtenS, bann btö 5lrra£ vor, fengten
unb brannten. 3tyrerfefi$ fielen bte SSafaücn 9fobolf3 in bie 9cormanbte
ein, erftürmten ba3 ©d>loß (Su unb Rieben bte ganje SBefafcung nteber,
welche ber alte 9Mo hineingelegt hatte. Sugletcf) fähigen auef) bte Hin*
mof)ner von 93ateur, welche 6tabt im vorigen 3a^rc förmlich abgetreten
morben mar, mtber 9Mo lo£ unb vermieteten bte Umgegenb von Kotten.
5luf bie 9cachrtcbt von biefen Vorgängen fe^rte baö §eer, ba$ nach Slrraö
vorgerüdt mar, eilenbS naa) ber 9cormanbte prücf, um bte bebrobte
math §u fdjüfcen. 3)od) fdjetnt eine 2lbtl)eilung bei Slrraö geblieben $u
fein, ba globoarb sunt folgenben 3afyre melbet,1) baß ^önig $obolf ba*
felbft Normannen, bte in einem Salbgebirge ftcr) feftgefe^t Ratten, be*
lagerte.
2)te *Rüdfef)r beS normanttifeben §eereö 6ract)te eine entfebeibenbe
Strfung hervor; benn globoarb fagt, *) ^erjog £ugo, ^Roberts Solm, ber
mäa)ttgfte 9Jiamt in 9ccufter unb btöfyer Sßerbünbeter be£ Königs miber
S^otfo, l)abe für ftdt) allein mit ben Normannen grteben gcfd)loffen unb bte
anbertt Reifer be$ Jlöntg$ $obolf im 6ttcbe gclaffen, 3m folgenben Säfyxt
926 entfpann fid) im ©ebtet von 2lrra3 smifeben bem jurücfgebltebenen
fRormannenr)aufen unb bem ilönig 9?obolf ein Äampf, in meinem ©raf
^eligaub von ^ontlu'eu fiel unb ber JtÖntg felbft eine fernere 2Bunbe er*
hielt. 9tun mürbe allgemeiner griebe gefa)loffen, ber abermal 31t ©unften
9Mo'ö lautete. S)er Normanne erhielt eine bebeutenbe SBranbfcha|$ung, $u
mela)er gan§ ^euftrien beifteuern mußte.
9cur bie Normannen ber Sotre ftanben noch in Staffen gegen £er$og
£ugo von grancien unb ben ©rafen Heribert II. von SBermanbote, aber
auch fte ni^t mehr lange. 9kchbem £ugo vergeblich verfugt h«tte, fie im
grühlmg 927 $u überwältigen, fam auch auf btefer Seite ein Vertrag §u
©tanbe, fraft beffen £ugo — ohne 3wctfel mit (Sinroilligung bcS Königs
SRobolf — Nantes für immer unb förmlich an bte Normannen ber Soire
abtrat. £)amtt mar einer ber £aupt§metfe be6 fett 6 3al;ren von *Rollo
faft ununterbrochen geführten $rteg$ erreicht.
Sßon 9cun an ermähnen bte 3al)rbüd}er von 9^{)cimö nur noch einmal
9toüV$ tarnen. Heribert II. von SBermanbotS, ber, mie mir miffen, ben
unglüdlichen (£arlingcr (Sari ben Einfältigen feit 923 in SBanben hielt,
ließ feinen ©efangenen plö^lich 927 loS. 5)te nächfte Slbftcht beS ©rafen
mar, ben $önig Dfobolf, mit bem er ftcb fürjlich verfeinbet hatte, ju $min*
gen, baß er bte 2Bteberetnfperrung be$ ©egenföntgS um einen r)oheu ^ßreiö
l) Ibid. @. 376.
JBievteö S3ud). (Sop. 10. Anfänge ber Sflotmanbie. £>te SKeffönut. 169
erfaufe. 3u$U\<f) extyUt aber auö mehreren Sfyatfacrjen, baß 9fcoHo jur
Befreiung be6 ßarltngerö mitgeroirft t)at. globoarb erjätjlt1) erftlicr), gleict)
naa) (Sntlaffung (£arl$ beö Einfältigen J)abe ber Normanne feinen @of)n
unb (Exbcn 2Bilf)elm an ben befreiten Äöntg abgefd)tdt, um bemfelben §ul*
bigung ju leiften. Stettens berichtet2) ebenberfelbe §um 3al)re 928, baß
9Mo ben ©ofut Heriberts, £)bo, al$ ©etfel in ,£änben Jjatte , unb ifyn
nifyt el)er frei gab, bis niebt nur Heribert, fonbem aud) mehrere anbere
geiftlicfye unb roeltlicr)e Sürßen SReußrienS bem (Sariinger l)ulbigten. 9Mo
Ijat alfo tfyetlä felbft (Sari ben Einfältigen, mit 2luöfd)luß be6 ©egen*
Fönigö Oiobolf, als rechtmäßigen (SeMetet granfreid)S anerfannt, tr)ctl6 5lnbere
genötigt, baS ©leiere ju tr)un. Unmöglich farnt man unter biefen Um*
ftänben bereif ein, baß bie SoSlaffung (SarlS §um guten Steile Sßerf ber
Normannen oon fernen roar.
9htnmel)r ftnb rotr im 6tanbe, bie ^änbel ber 3at)re 922—928, bie
beim erften 5lnb(icf fo oerroidelt erfahrnen, aufklären. 93ielletd)t fajon
fett ber Seit, ba $ollo in granfreta) einbrach, trieb fid) bafelbft ein anbe*
rer £aufe norbtfdu'r SBtftnger um. Severe ftanben unter einem «gwupt*
ling, ber Dtogenotb r)tcß, im Uebrigen beerten fie auf eigene 9?ed)nung.
®letcr)rooI)l muß Dioüo mit biefen anbern unabhängigen Normannen in
SSerbinbung getreten fein, er gebaute, fie für einen wichtigen 3wecf ju
brauchen. 2£te roir Riffen, hatte 9Mo bie neu(trifd)en Scr/attenfönige ge*
jungen, ihm außer ber 9?ormanbie aud) bie Bretagne $u überlaffen. £>te
^Bretagne aber ßteß gegen 6üben an baS ©ebtet beS ca^etinQtfcfjen £au*
fe$, tx>cfcf)eö feit bem legten Drittel be6 9. 3ahrf)unbert$ baS Sanb
fct)en (Beine unb Soire fein (Sigenthum nannte. 2)er oerrounbbare $unft
feines bretagnifcr)en 2ef)enS roar batjer in 9Mo'6 ©inne bie ©übfpi^e, ober
ber ©au von Nantes. SBeil er bie ©ad)e fo anfal), befctjloß er bort feine
SanbSleute, bie <5d)aareu SRagenolbS, an§uftebeln. ©te follten für bie (Sa*
pettnger ein $faf)l im gletfa), ein eherner bieget fein, ber Roberts beS
©tarfen (Snfel hinbere, roetter gegen Söeften vorzubringen. 3U folgern 3wede
fd)ür§te 9follo feit 920 allerlei knoten, fa>b balo ^agenolb voran, balb
jog er felbft baS ©djwert unb ruhte nia)t ef)er, bis 927 Nantes in befter
gorm an bie 23unbe3genoffen abgetreten roar. 3t)rerfettö letfteten bie (Sa?
pettnger ben entftt)loffenßen SBiberßanb, benn fte begriffen roofyl, rool)tn
9Mo [teure, aber §ulet$t mußten fte bem ^ormannenfeuer roeidjen. 2)ie
6c£)aaren DtogenolbS rourben 33eroof)ner ber füblic^en ^Bretagne.
Dura) biefe ^t)atfacr)e empfängt eine (Srfcheinung ber bretagntfehen
©efd)ta)te genügenbeö Sia)t. S3iö ju bem 3^ttounfte, ba naa) bem ^obe
Allans beö ©roßen bie Bretagne unter frembeö 3oa) geriet^, ftanben bort
*) Ibid. @. 377. 2) Ibid. @. 378 oUn.
170
$af>ft ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
jwet fyerrfcbenbe Käufer, ba3 oon 9iemte$ unb baS oon 93anne3, einanber
gegenüber. üJkcr; Sffiteberljerftetlung 6rctagntfcf)er Unabfyängtgfeit, lebte auet)
bte ßweifeft voteber auf, aber tu anberergorm; uur OtenneS blieb, SBanneö
bagegen t>erfd)Wanb, unb 9?ante£ trat an feine ©teile. Sftatürlid): buref)
Slnfteblung ber ©paaren *Ragenolb$ war 9?ante3 @cr)Werpunft ber füblictjen
^Bretagne geworben, Cannes tjatte feine ehemalige S3ebeutung verloren. 2)er
©raf beS ©übenö pflanzte barum im 9?orntannenlager §u Nantes fein
^Banner auf.
3wetten$ D^oüo wollte ntebt, baß ein fräftigeS jtöntgtfyum in granfretcr)
wadjfe; unb Riebet fyatte er, oon feinem ©tanbpunft auS bte @act)en
fel)en, atlerbtngS 9?ed)t. 2)erm fobalb lieber wirfltdje Röntge in 9?eufter
auffamen, ließ ftet) oorau3fel)en, baß fte bannt beginnen würben, bte §er*
§oge von $ouen gleta) eingebrungenen Diäubem auS bem Sanbe f)tnau6§u*
jagen. 3)eßf)alb erflärte 9Mo bem Slbgefanbten Roberts II.; bein £err
mag meinetwegen ben einfältigen (Sari in bie (Snge treiben, aber nie werbe
tefy bulben, baß Robert 9tfeuftrien3 £f)ron beftetge. 9Mo t>at 2öort gefyal*
ten, fo weit feine $cact;t retd)te. 50?tt bem Slugenblttf, ba ber (Sapettnger
Robert, unb naa) lfm fein ©cfywager, ber 33urgunber, bte ^rone auf tr)r
§aupt festen, warf er tjjnen bei jeber ©elegenfyett ©reine in ben 2ßeg unb
nötigte §ule£t ben ©rafen von ^Bermanbote, feinen ©efangenen, ben (Sar*
linger, l)erau^ugeben. ßttt ^öntg wie ber Einfältige ßart, fd)waa) an
SBcrftanb unb Milien, fd)Waa) an 9J?aa)t, erbärmlich, war für bie 3wecfe
be£ Normannen §u $ouen ber redete 9Jcann, bte Mxonc von granfretd) ju
tragen.
2113 ber (Sariinger wieber frei würbe, fyarte 9Mo bie äußerfte ©rän§e
be£ ©retfenalterS erreicht, „^iebergebeugt bura) bie Saft ber 3at)re unb
bie Arbeit fo vieler ©d)lad)ten ," fagt1) Ü)ubo, „formte ber alte <£>er§og
ntd)t meljr §u $ferbe fteigen." 3n feiner Sugenb nannte man Üm laut
©norro'3 S^gniffe2) $rolf ben gußgänger, weil fein ^ferb ftarf genug
war, ben gewaltigen £etb beö gelben ju tragen. 3um ^er^oge emporge*
ftiegen, muß er betutod) l)inreia)enb ftarfe 9foffe gefunben unb nun guten
Xrjettö vom ©artel l)erab regiert l)aben. 2)te f)of)en 3al)re werben et
Wot)l auet; gewefen fein, bte t|fi l)inberten, nod) einmal ein§ufd)reiten, als
ber ©raf t>on 2krmanbot3 ben (Sarltnger von Beuern eintfyürmte. 5lnbere
©orgen befdjäftigten ben alten Normannen.
£)bgleid) von ^>auö aus nur einet 3arlö ©ot)n, nid)t ©proffe aut
föntgltcfyem ©eblüte, übte er, fo lange er lebte, faft unbegrän§te3 S(nfel)en
über baS ^ormannenl)eer, unter bem ftd)erlid) nod) mand)e anbere 3artö^
följne ftd) befanben, bte l)oc§ oon fia) felber backten. Ü)ie lange ©ewofyn*
*) $Duct)eöne 6. 86.
z) Heimskringla I, 100.
93ierteö 93urf;. &a)p. iO. Sfofänge ber 9lormanbte. #rolf fHrfct. 171
r)eit beö ©erjorfamö im gclblager, unb bie (Sl)rfiircf)t , n?elcf)e ben (Sieger
in fo oielen 6d)lad)ten umgab , ging aua) auf ba3 fyalb bürgerliche £eben
über, bem jtdj bie 5D?affe ber Normannen nad) 5lu3tf)eilung ber 2anbloofe
roibmete. 2lber nunmehr, ba bie Seit fam/ ^o ^°Wo ftd) entfalteten
mußte, feinen $lajj an einen Zubern abzutreten, fd)eint il)it ber ©ebanfe
befa)Iid)en ju fyaben, ob nid)t naa) feinem £obe bie Häuptlinge, in-rfütjrt
üon bem 23etfptele ber 93afallen in ben umttegenben neuftnfdjen Sanben, fei*
nem (5ofme baö gleiche ©du'tffal bereiten würben, baö jene ben Königen
(Earf, Robert, 9?oboIf bereiteten. 9Mo traf geeignete Maßregeln ber
93orM)r. JDubo fagt:1) „er rief bie gürften ber Normannen unb SBretag*
ner nifammen, übergab in tl)rer ©egenroart feinem Sofjne 5Mfyelm 2ltle6,
roa6 er befaß, forberte bann bie Häuptlinge auf, if)n nim HerS°9 Su ®>&¥
len, unb nad)bem bie Normannen tl)it roirftid) ntdjt blo3 nun Hcr3°9> f°n*
bem nun e r b I i et) e n ©ebteter erforen Raiten, legte er bie $an\t ber gür*
(ten in bie feinet €or)ne3 unb nafym Elfteren einen (Stb ab, baß fte 2e§*
terem treu fein unb fyelfen wollten, ba$ 9iormamienerbe §u behaupten unb
ju mehren. "
,,9kd) biefer 2Bal)l, ttor roelcber ©ifela, bie §roeite ©emafyltn 9?oüVö
bereits geftorben war/' fäl)rt 2)ubo fort, „lebte ber alte HcrS°B no$ funf
3af)re, bann ging er ben 2Öeg alles gleifcrjcS." 3)a6 £obc3jal;r 9f£ollo'g
fann niebt genau beftimmt derben, roett bie Angaben ber (£l)rontften §roi*
fajen 928 unb 931 fdnranfen.2) 3* ftimme für 930, roeil im näcbften
3al)re — 931 — Ümigc gefa)al)en, bie id) für golgen üom £obe DioüVS
') 2>uefye3ne a. a. £). @. 86 öergltcfyen mit 91. 2) Siefie Sa^enfcevg, ©cföicfjte
tton (Snglaub II, 16. 9?ote 5.
172
$abji ©regoriuö VII. unb fein Bettalter.
(Eilfte* Capitel
2>ie Stformanbie unter -^erjog Sffitlljelm I. , Sangfdjiuert genannt, @or)ne JJtolIo'S, tton
930—942. Slufrutjr beö Normannen 9iiulf, unb £rene , roeldje 93ernfjarb , £au£t*
mann ber Seibmacfje, bem jungen £erjoge beweist. Söaljre Urfadje biefer 33eroegung
roar baö normannifdje £au£gefe|5, lueld^eö r>orfcf)rieb, baß bte «£erjoge ber 9lox;
mannen nur in fogenannten bjntföcn, b. \). iuilben (Sfyen mit Äebfen gejeugt roerben
bürften. 93ernl)arb ergingt eine Slbftnbung , laut roeldjer jtoar audt) fürber nur
23ajtarbe bie .£>errfcr}aft erben foÜen, bte aber gIetd)tvof)t ben ^erjogen gemattete,
nacr) (Sr^telung eineö drben €>cr)einer)en mit ebenbürtigen ftranjöftnnen ein$uger)en.
©eljeime ©rünbe biefer «Setzung. (Empörung ber ©retagner S3erngar unb SUlan,
roeldje <£>er}og £Büf)etm nur mit <§ilfe beö frangöftfc^en .Königg Slobolf ju betoäl*
tigen vermag. 3« Sotge ber mit ^obolf abgefd)loffenen Uebereinfunft muß $BiU)etm
£angfä)roert ben 33retagner 93erngar aU Jperrn ber £anbfcr)aft $enneö anerfennen,
ben ©rafen üon 9lante^93anne$ bagegen, 9iüan, »erjagt er au3 bem £anbe. Slttan
f!ürt)tet nacr) (Snglanb. £f)ronftecr;fel in Ofeufhien. 2)er (Sariinger £ubn?ig , ber
Ueberfeetfdje, rotrb mit «£itfe feineö DfyeimS, beö angelfacr)ftfa)en ^>errfa)erö 2ltf>eljtan,
.König oon Sleujlrien. Äurj barauf fefyrt ber S3retagner 5lltan gleichfalls mit eng*
lifdjer £tlfe in bie Jpeimatf) juvücf unb färnpft glücfticr) gegen bie Normannen.
<£er$og Sffiilljelm gerätl) baburcr) in fd^roereö ©ebränge. SWittel ber Sijt, bie er auf*
roenbet, um ben neuen .König Subtuig ju nötigen , baß er 9lllan ^rctögebc. «Seine
23ünbniffe mit £ugo von ftrancien, Heribert r-on 93ermanboiö unb anbern ©roßen.
9£ilf)elm ^iet;t ftd) ben £aß beS beuifdjen .Königs Otto I. ju , mit Buftimmung
beffelben laßt Sftarggraf 3lruutf von ftlanbern ben S'lormannen^ergog 3BiU)elm, Qtollo'S
<Sof)n, im £)e$ember 942 ermorben.
£erjog Silhelm I., §rolf^ ©olm, war nicht in bem §aufe be£ 2k*
terö, fonbern nach norbifcher (Bitte in bem eines 5tnbcrn, beö ©rafen 53otho,
aufgewachten , melier fein Nährsater würbe.1) 9Mo fcheint biefe Wlap
regel ergriffen §u v)abm, weil er fürd)tete, baf bie (Stiefmutter ©tfela ben
6of)n ber Nebenbuhlerin nicht gut bel)anbeln fönnte. 2Öilt)e(m erhielt burd)
@eiftlid)e eine romauifc^e unb c^riftlt^e (Srsietjung. S3alb nad) feiner Sfyron*
befteigung brauen swet fefyr gefährliche ^Bewegungen auö, bie ihm beinahe
^l)ron unb Sebcn gefoftet hätten: eine Empörung ungetreuer Sßafallen unb
StbfaH einer mit ©ewalt unterjochten $rooin§. Obgleich 2)ubo beibe (£r*
eigniffe nicht innerlich mit etnanber öerfnüpft, bin ich überzeugt, baf fte ^u^
fammenhiengen unb ich werbe fte in ber £)rbnung erzählen, bie mir bie
natürliche fchetnt.
Nad) norbifchem (Gebrauche hatte ftch SBilhelm eine Normanuin Wa*
menö ©prota beigelegt, bie ihm auch einen ©ohn 9ftcharb gebar, ber nach
Silhelmö frühem Sobe «&er§og ber Normanbie würbe. 2) 3)ubo fagt, MU
heim h^be biefe SBerbtnbung nid)t aus eigenem Antriebe, fonbern auf ba$
*) 2)ua)eöne @. 90. 2) Ibid. @. 95 unten, 97 oben unb 234.
ÜBterteg 93udj. Gap. U. £te Stovmanbie unter Sßilfyelm 1., Sangfcfytoert. 173
3lubrängen ber normannifchen Häuptlinge eingegangen. DaS tonnte eine
von clerifalem (Sifer eingegebene Befchönigung fein, barauf berechnet, ben
jungen £crrn wegen eines ©djrittö ju cntfchulbigcn , ber allerbingö ben
©efefcen ber Stirbt §uwibcrlief. Allein fpätcre Begebenheiten machen eö
tt)af)rfc^ein(icl) , baß bie 2lu6fage Dubo'ö buchftäbltch §u nehmen ift.
Dem fei, rote ifym wolle: feft ftet>t, baß 2Öill)elm in ^urjem auf ben ©e*
banfen geriet!), (Sprota $u verftoßen unb eine gefe&u'dje @t)e §u fließen,
aber nid)t mit einer 9?ormannin, fonbem mit einer granjöftn.
SDte 6d;weigfamfeit Dubo'S geftattet ntcfyt, mit Sicherheit §u entfdjei*
ben, ob 2Öi(r)elm fd)on vor Ausbruch ber (Empörung 9ftulf3, von ber fo*
gleich bie $ebe fein wirb, ftch mit ber Soditer beS ©rafeu von Berman*
boiö verlobt hatte, ober ob bt'ep erft fpätcr gefchar). Dagegen gefielt ber
(Shtomft unverholen, baß SBtlhelm Unterhanblungen, beren 3wecf cr n^t
bezeichnet, mit Heribert von BermanbotS Pflog. Die Äunbe von btefen
Dingen entjünbete unter ben normannifchen Eroberern ober beren Löhnen,
alfo unter ber t)errfc^enben (Stoffe ber Bevölkerung, leibenfchaftltdje 2lufre*
gung. Die alten 6olbaten 9Mo'S glaubten, ober gaben vor §u glauben,
ber junge £er§og he9e geheime Stbjtcht, mit ber fran§öftfa}cn ©emah*
lin franjöftfche *Rathgeber inS £anb §u Riehen, wichtige Remter an 95er*
roanbte beS §aufe3 Bermanboiö §u vergeben unb bagegen ben bisherigen
(Sinftufü ber normannifchen Häuptlinge ju brechen.
Die SBorte, weld)e Dubo bem Anführer ber Empörung in 9Jiunb
legt,1) beuten barauf hut, baß bie ©cgenpartf)ei beßhalb ju ben SBaffen
griff, weil laut ihrer Behauptung ber Herzog mit ^ülfe grember eine mu
befch raufte Herrfchaft grünben unb bie Normannen unterbinden wollte, ger*
ner berichtet2) ber Domherr von 6t. Cluenttn weiter unten, Herzog 2Bil*
heim habe fogletch nach Ausbruch be3 5tufftanb6 bie bamalS hod)fchwangere
©prota in ben £)rt gefamp an ber 9J?eere6füfte gefchidt, mit bem Befehl,
fte, im gall bie Empörer weitere gortfehritte macben follten, nach (Snglaub
hinüber 51t flüchten, bamit ©prota nicht in bie ©eroalt SftiulfS gerade.
Diefe ^anblung läßt feine anbere Deutung §u, als bie, baß Silhelm, ber
ben Stanb ber 6ad>en am Beftcn fennen mußte, überzeugt war, ber 2luf*
rühr ftehe in engem 3"fammcnhange mit ber grage über ©ültigfeit ober
Ungültigfeit ber §vx>tfdt)en il)m felbft unb ber 9?ormamün 6prota beftef)en*
ben Berbinbung. 2ltleS erwogen, glaube ich, baß wtrflich unter ber gorm
btefer grage einerfeitS bie Begebungen ber romantfehen ©eiftltchfeit, weld?e
Silhelm er§ogen hatte unb ihn lenfte, anbrerfeitS bie Slnfprüche, welche bie alten
JtrtegSgefährten SfMo'S auf Slntheil am Regiment machten, {jart aneinan*
ber gerathen waren, (£S hanbelte ftd) barum, ob bie 9?ormanbte ein nor*
l) Ibid. ©. 94. 2) Ibid. ©. 110 unten.
174
*ßabft ©regoviuö VII. unb fein 3ettalter.
bifd)er ©olbatenftaat bleiben ober ju ben allgemeinen gormen fränftfdjer
©eftttuug übergeben feile.
(Sin ^ormannenf)äuvt(ing, Ramend 9ftulf, warf ftcb $um Raupte ber
Uniufriebenen auf. 9ftetmdjronifi 2Öace faßt,1) btefer JÄtulf fei ©raf beö
SanbeS tton ber $ire, bie nid)t weit von SBaieur tu baö 9J?eer auSmünbet,
btö §ur ©ee gewefen, berfelbe faß alfo in ber ©egenb, wo, wie wir wiffen,
altgermanifdje (Erinnerungen vorfyerrfcrjenben (Einfluß übten. *Riulf ftellte
laut 2)ubo'ö 23ericf;t feinen ©tanbe$genoffen vor, §er§og SBffljelm gefye
bamtt um, Serben unb Slemtcr an granjofen §u verteilen, bie Eroberer
aber ober bereit ©öfyne ju verjagen, barum müffe gefjanbeft unb juvorge^
fommen werben. SSiele Normannen fielen tl)m §u. hierauf fanbte Oftulf
33otfc^aft an ben §erjog mit bem 33egef)ren: 2öilf)elm folle ungefäumt ben
ganzen £anbftricb von bem 93?eerbufen (Sancale btö §um 9fillefluß an bie
ilnjufriebenen abtreten, ober M $amvfe3 gewärtig fein.
S)te 9fille fließt §n?tfdt)en £onfleur unb £lutlleboeuf unfern ben ©eine*
münbungen in 8 $?eer. 3)a6 ©ebiet, baö 9liutf verlangte, betrug jW.et 3)rttt*
djeile ber ^ormanbie. 2)ubo fäfyrt 2) fort: „als bie 8otfct)aft einlief, %x*
fcfyracf £er$og SÖil^elm in tieffter ©eele, berief eine 9fatf)e5verfammtung
feiner ©etreuen unb erteilte im (Smvernefymeu mit tfynen ben 23oten folgenbe
Antwort: baS ?anb, baS 3t)r forbert, fann tcbj ntcfjt gewähren, bagegen
bin icf) bereit, ben ganzen ©d>al3 meines 93ater$, Saffen, Stoffe mit (Sud)
§u feilen, aud) werbe id) nad) eurem 2öof)lgefatlen regieren, nidjtö 2Bttt>
tigeö obme (Sud) tlum, bie, welcbe 3fyr erhoben wiffen wollet, ergeben, bie,
welche 3t)r Raffet, wegwerfen." Unverfemtbar fyat gurebt biefe Antwort
eingegeben.
«Sie btente nur ba^u ben Srotj SEtulfS §u mehren, (§r warnte feine
ganger, baß fte ben glatten Korten 2Öitf)elmS ntd)t trauen möchten,
eine ©anlange fei unter ben ^Blumen verborgen, man müffe ben <£>er§og
au$ bem £anbe verjagen. JDk Normannen fyorebten auf feinen 9latrj,
fd)aarten fta) §ufamnten, festen über bie ©eine unb fdjlugen vor ben dauern
ber ©tabt Sffouen il)r Sager auf. Irinnen f)errfd)te 23eftür§ung, ffit$elm
räumte bie ©tabt unb §og mit feinen ©etreuen fyerauS. 2113 er gewahrte,
baß 5)te, welche if)m folgten, an 3al)l bem f einbüßen Raufen weit nid)t
gewaebfen feien, 'erflärte er ben ©einigen, baß er ben @ntfd)luß gefaßt
f)abe, bie 9?ormanbie ju Verlaffen unb §u ben $erwanbten feiner Butter,
ben ©rafen von ©eulte §u fliegen; mit tr)rcr £ülfe werbe er jurücffommen
unb baö meutenfcfje £anb unterwerfen.
3e£t trat einer au3 ber ©cfyaar fyervor, 23ernf)arb, ben 3)ubo ftetS
mit 53otl)o, bem £)berften ber Willig $ufammenftellt; er muß £autotmann
*) Roman de Rou 33er<3 2108 flg. 2) 9t. n. £). ©. 94.
93ierfcö 93u#. (5o^. 14. SDte SRovmanbte unter 2ßtlf;elm I., Sangfd&roert. 175
geroefen fein. Dtefcr 33ern^arb fntb atfo an: ,,.£>err £er§og! unferem
Dienftetb getreu, rocrben rotr eud) geleiten bi3 an bte (Styte, ben ©ränjfluf
unfereS ©ebtetö, aber feinen (Stritt heiter. 28tr ftnb unfähig, al$ Bettler
unb Verbannte in bem Sanbe ber granfen ßuffatöt h11 fucfyen, biefer granfen,
Die 2Bir unter eurem glorreichen 33ater 3at)re lang niebergetreten f)aben.
SOenn 3hr mit IjauptloS maaVn roollct unb ntct)t $er$ genug beftjjet für
euer gutes 9ied)t §u fecbten, fo möget 3f)r e3 tf)un, Sir unfercö tfyeilS roerben
bann in unfere norbifd)e ^etmatf) jnrücffcl)ren./y Dtcfe $ebe [tackelte ben
©eift feiner Sinnen, ber 3ar(e NovrocgenS, in bem jungen SBtlhelm auf.
(£r entgegnete, baf fte mit Unrecht tr)n für einen geigltng gelten, unb bafj
er, roenn fte ihm beiftünben, gleicb auf ben gctnb loSftürjen roerbe.
Slugenblidltch änberte ber Normanne 33ernt)arb ben £on, t>erftd)erte
ben «£>er$og feiner unbebingten Ergebenheit. Dann gegen bie 20?annfcbaft
geroenbet, rief er: roer folgt feinem «£>errn? Drethunbert traten fcor. 9htn
lief 23ernr)arb ben Dienftetb üorfagen unb nafjm bie sD?annfd)aft tton Beuern
in Pflichten. Die 300 fcblugen §um Seiten ^er greubtgfeit nach attger*
mantfd)er <Sttte 6cbroerter unb (Schübe jufammcn. Die übrigen, bie mit
bem ^erjoge bte 6tabt üerlaffen r)atten, festen, ben Äampf fürc^tenb, nacf)
^ouen prücf.
Um>erroeüt brachen bie 300, ben jungen §er$og an ber ©pt£e — c3
rotrb roof)l burd) näd)tlid;en tleberfall gefcbc(;eu fein — in ba3 Sager ber
©egner ein unb machten fürchterliche Arbeit, bie metften Meuteret rourben
pfammengehaucn, bort) entfam $iulf burcb eilige gluckt. „(Settbem," fagt1)
Dubo, „herrfdjte 2öt(t)c(m ungeljmbert über bte Normanbte, roie über bte
^Bretagne, unb Ntemanb roagte eö mehr, ftc£> gegen tlnt §u ergeben." Offene
bar nutzte ber Domherr mehr, als er fagt, unb fannte ben geheimen 3^
fammenhang ber bamaltgen 93evoegung genau, aber er hütete ftd), erfdiöpfenb
auf eine grage einzugehen, bte noch §ur jfcit, ba Dubo fd)deb, §u bin
brennenben gehörte. Nimmermehr roerbe id) glauben, baf man mit nur
300 9J?ann bie Normanbte, roelcbe »oll ber tapferften ©olbaten roar,
bauemb im 3<uwte hatten tonnte. (Seit bem ©iege auf bem ©eftlbe »or
*Kouen müffen neben ben 300 nod) anbere gäufte aufgeboten korben fein,
um 2MheIm6 ^errfchaft §u fcfcüjjen.
2Bol)tn jtelte ber $lan, ben ber junge <£>er§og »erfolgte? offenbar auf
©letchftellung ber Romanen mit ben Sfanbtnatten ber Normanbie. @erot(3
ift biefer $lan nach $erntd)tung ber Meuterer »erroitflicht roorben. 5lber
inbem folcheS gefchaf), erhielten bte Romanen baS Stecht, in ba$ «Speer ein*
Sutreten, Waffen p tragen, unb gelangten folglich §um 33eft^e ber Wittd,
roelche nötl)ig ftnb, um ftd) felber unb ihrem 53efcbül3er bem jungen §er§oge
*) 3)af. @. 97.
176
$abft (SJregovtuS VII. unb fein Bettalter.
Neajt ju verfcr/affen. deines (SrachtenS fyanbefte Shtbo weife, inbem er
nur reife auf ben eigentlid)en ©runb ber Empörung NiutfS ^inbeutete, im
Ucbrigen e3 vcrmieb, baS SBort „©tammeSverfchiebcnheit" au^ufyrechen
unb bamt't ein Hebet ju bezeichnen, ba$ im Saufe beS 10. Sahrfmnbertö
wie ein 2llv auf ber Normanbie laftete, §u Anfang be$ 11. noch nicht
gan§ vernarbt war unb erft unter SSMfljelm bem (gröberer, nachbem bie
Normannen ftd) in granfen verwanbelt hatten, verfebwanb. (Sin vernünftiger
9J?arm wirb §. 33. in guter aber gemifchter ö'fterreichifdjer @efetlfd)aft nicht
von ben Nachteilen vieler Sprachen unb Nationalitäten reben.
gaffen wir §unäcf)ft bie 300 inö 5tuge. Söte td) feben bemerfte, reiht
Dubo jenen 23ernr)arb, ber für bie 300 baS SBort führt, mit 23otho §u*
fammen, ben er einen £)briften ber Willig nennt. 33emt)arb muß einen
äfynitdjen SBeruf gehabt tyaben wie 33otf)0, er muß alfo ein gür)rer von
Gruppen gewefen fein. 3)ie 300 aber waren e$ meines (SracbtenS, bie
unter feinem 23efef)le ftanben. Smbofagt,1) baß fte mit (Sifen bebeeft, b. h-
geharmfebt vom SBirbel bis jur 3ef)e, in jener 9?ad)t baS Sager ber Meuterer
angriffen. Wtit (Stfen bebeeft ftnb fte folglich auch aus Nouen ausgesogen,
als Sflr)elm in ber Verzweiflung bie Normanbie verlaffen wollte. 2)er
Ningelvan§er war ihr gewb'hnlidjeS Äleib, bie Sturmhaube ihr taglicher
§ut. .$ur§ bie 300 bilbeten ben Xtyil ber normanntfa)en ^inglitf), wela)er
ben ,£er§ogShof von Nouen bewachte. 511S fola)e fyaben fte aua) ger)anbelt.
211S red)tfd;affene Solbatcn, von bem ©efül)le burd)brungen, baß jeber ein
verrußter Sdn'lm fei, ber nicht unter allen Umftänben ju feinem Kriegs*
herm in beffen Nöthen fte^e, folgten fte tr)rem §erjoge §u bem Sturm
auf baS Sager vor Kotten, obgleich eS SanbSleute waren, gegen welche man
fte führte.
Nad) bem «Stege haben fte nicht vergeffen, baß aud) in ihren Slbern
Normannenblut fließe unb baß fte ben gebemütf)igten trübem gewiffe Nücf*
ftd)ten fd)ulbeten. 3)ubo fagt2) mehrmals, 23ernf)arb fei gleich bem £)berft
S3ott)o in bie ©e|etmttrffe beS §er§ogS eingeweiht gewefen. £>aß Silhelm
ihnen nicht nur volles Vertrauen bewies, fonbem auch baß Veibe ben
£er§og lenften, warb furj naa) ber @rftürmung beS SagerS ber Meuterer
offenbar. 2Bte «£>er$og Silhelm von ber Verfolgung beS gefd)lagenen Ntulf
äurüdfef)rte, fam ein SBote auS gefamto baf)er, welcher bie Nachritt brachte,
baß bie Normannin Svrota eines Sö'hnleinS genefen fei.3) StlSbalb gebot
Sühclm bem 23tfd)ofe Heinrich von SBateur unb bem £)berften ber
23otf)0, nach gefamv §u eilen unb bort ben Neugeborenen auf ben Namen
Nicharb 51t taufen, Sie vollftrecften ihren Auftrag.
*) Ibid. <&. 94. Wilhelmus cum trecentis ferro indutis irruit. l) Ibid. <2>. 92
unb 111 unten. 3) Ibid. @. 97 unb 111 flg.
«Bierteö 33ud). (§afc. II. 2)ie 9lormtwHe unter 2ßilf;e(m I., Sangfcfcfoert. 177
(Sine gragc brängt ficf) l)ier auf: gefamp liegt auf bem red)ten Ufer
bcr (Seine unb gehörte 511m ©prengel von Kotten. 2Öarum ließ gleid)Wol)l
ber Herzog in einem Drte, ber unter bem ^rummftab von 9?ouen ftanb,
eine fyeilige ^anblung, mit Uebergermng be$ Metropoliten, bunt ben SBtfcfcof
einer anberu 2)iöcefe t>crrtct)ten? 3)a6 Mtfyfel wirb ftcb unten aufflären.
3)ubo fäfyrt1) fort: „nad) 3iirü<ffunft ber Slbgefanbten, wekbe bcr Saufe am
gewohnt Ratten, begann Herzog 2Öilf)elm über bie grage ber (Erbfolge*
orbnung im rjcrjoglidKn <£>aufe 51t beraten, @r fanbte fofort brei feiner
vertrauteren *Kätr)e, bie alle ©efyeimniffe bcS ©ebieterö tarnten, nämlia)
33ernl)arb (ben Hauptmann), 25otr)o (ben £)berfteu) unb Stnöfef ab, ben
Knaben nadi einem Orte in ber Mitte jwifd)eu gefamp unb D^ouen §u
bringen, bamit iljn bort ber 33ater fefyen fönne."
„(So gefebaf) cS, 2Büt)cIm »erfügte ftcf) felbft an ben £)rt, naljm baö
jlinb auf feine Sinne, fyerste unb füßte eö, unb erflärte ben iDreien, baß
*Ktcbarb bereiuft (§rbe ber 9?ormanbte fein unb nacb 2Bill)elm6 £obe £crjog
werben fofle. 3)ocb bieß war noct; nidjt genug. 3)cr ^evjog fprad) weiter
ju 53ott)o: icb will, baß ber Äuabe in normanntfdier (Sprache auferjogen
werbe, barum gel) fyin mit ü)m naefc ber (©ermanem) ©tabt 23aieur unb
forge bort, baß er bie 9?ormannen§unge gut erlerne. $3otl)o nar)m ben
Knaben, braebte il)n nadj SSateur unb bewahrte ifyn bort wie feinen 2lug*
apfel. £>rauf an Dftcm beffelbigeu 3af)re3 tarn «£>er$og 3öilr)elm felbft
nad) IBateur unb verblieb borten bis ^ftngften. 2ßäl)rent> biefer 3ett be*
rief er eine SBerfammlung ber Häuptlinge fowof)l aus ber 9?ormanbie al3
au6 ber Bretagne. 2)anu eines £ag£ lub er fteben ber Stnwefenben, bie
an 3)?ad)t über bie Zubern hervorragten, fammt ben brei obgenannten ge*
Reimen Diätfyen Oöotfyo, SBernfyarb, 5In6lef) $u ftd), eröffnete tr)nen feine
3lbftcbt, baß ber junge 9itd)arb einft 9^ad)folger werben fofte, unb forberte
fte auf, bemfelben al£ bem (Srbfürften be$ £anbe3 febon je£t ben (5ib ber
Sreue $u fd;wören, wa$ bie ^Berufenen fofort traten."
«£>erjog 2Bilr)e(m t)at nad)l)er bie 9?ormannin Sprota verftoßen unb
bafür bie £od)ter beö ©rafeu von SSermanboiö geel)ltd}t. §lber ber junge
9üct)arb blieb 9?ad)fofger, unb id) glaube, barum weil er e3 blieb, §og bie
jweite (£be mit ber gran§öfm feine neue @rfa}ütterung beS £anbe6 nad)
ficr). Siutgarb, bie Softer von SSermanboiö, gebar in il;rcr (§l)e mit 2Öill)cIm
feine Durber, obgleich fte in einer anberu 33erbinbung, bie jtc nad)
morbung S^illjelmö mit bem ©rafen ^fjetbalb fa)loß, if)re grud)tbarfeit
erprobt fyat.2) 5lber f)ätte fte aud) in ber (S^e mit 2ßilt)elm einen (5oJ)n
geboren, fo wäre bod) 9^tcbarb ©rbe geblieben, ober bie 9?ormanbie würbe
einem Söürgerfrteg verfallen fein. 3^oa) mel)r! 2)tefelbe ©rfdjeinung, wie
l) 3t. a. O. ©. 111 unten flg. 2) ©ouquet X, 42 oben.
@ fröret, $a&fl ©regoriu« vir, 93i>. Iii. 12
178
5ßabji ©regortuS VII. unb fein 3ettalter.
unter 2Bül)etm, votcberl)oUe ftd) unter ben folgenben Herzogen. SRicharb I.,
SMhelmS <£or)n, ehelichte bie gran§b'ftn Emma, $ocbter beS granfen*
f)er§ogS ^ugo beS ©rofien, aber bte granjöftn gebar feine $tnber, dagegen
zeugte ^tc^arb mit ber ^ormanntn ©onuor, meldte neujtrifdje Duellen als
eine $ebfe bezeichnen, ©ö'fme unb Softer, unb einer biefer <5or)ne erbte
baS £anb.
SRidjarb IL, beS vorgenannten gleichnamigen SBaterS Sfotytt; Ijeiratt)cte
feine granzöftn, fonbern eine 33retagncrin. £>iefe Ehe roar rotrfltch eine fird)*
(ich gültige, aber eS l)atte mit berfelben eine befonbere 23eroanbtni£, welche
ich erft unten enthüllen fann, überbtef trug fte bem §aufe von 9fouen eine
$rovin§ ein. 3>te 23retagnertn war fruchtbar, unb tt)re ©öf)ne würben
Erben. 3>cr fünfte <£>erjog, Oticharb III., hatte ftch §war mit einer gran§öftn
verlobt, fyixatfyte fte aber ntcf)t, Wof)l weit tlnt ein früher £ob barau
Ingberte, bagegen hinterließ er ^iuber von einer $ebfe. £>er feeböte £er§og
enblia), Robert, $tcbarbS IL ©o^n, fc^lof überhairpt feine (St)e, fonbern
lebte mit einer normamttfd)en ilebfe, bie ihm Silfyelm, ben fogenannten
S3aftarb von 9touen unb (Eroberer EnglanbS , gebar.
@tnb bteß ntdt)t auffallende Sfyatfacfyen, bte ju @d)lüffen berechtigen !
ü)ret 9^ormannenl)er§oge fyabcn hinter etuanber ebenbürtige granjöftnnen
geerjlicht: 9Mo bte ©tfela, EarlS beS Einfältigen Socbter, 2ötll)etm bte
StutgarbiS von QSermanbotS, 9ftd)arb I. bie Emma, £od)ter beS granfen*
herjogS §ugo, unb fämmtlicbe bret Ehen blieben unfruchtbar, dagegen r)aben
biefelben ^erjoge, bie mit fransöftfcfjen grauen feine ^inber erhielten, mit
9cormanntnen, welche ihre Äebfen genannt werben, @ör)ne erzeugt, bie baS
Erbfolgerecbt erlangten. 3)aS fann fein ßufall fein.
3a) behaupte: im normanntfehen §er§ogl)aufe beftanb ein geheimes
gamtltengefc{3, welcbcS verfügte, erftltd) Erben ber 9cormanbte fönnen nur
fold)e 9cad)fommen SfoüVS fein, bte von unebenbürttgen normanntfd)en
lüttem geboren jtnb, welche niemals bie 9^edt)te von Gemahlinnen, alfo
von Herzoginnen anfpreeben bürfen; zweitens bie ^erjoge gehen ju folgern
3roecfe mit einheimtfeben 9Mbchcn $erbtnbungen ein, bte tnfofern ntd)t
unter ben begriff einer d)rift(ia)en Ef)e fallen, als ber «£>er§og befugt tft,
eine foldje 9cormamtht, nad;bem fte ü)m ©o'hne geboren, nach ©utbünfen
fortntfehiden. Dagegen fyaben brtttenS bte alfo gefugten 6ö^ne volles
Erbrecht, baS ber SBater ntd)t antaften barf. Viertens ber romantfehen
SBevölferung zu ©efallen, welche in überwiegender 2lnzaf)l baS Normannen*
lanb bewohnt, wirb bem Herzoge geftattet, naeftbem er eine 9cormanntn,
bie if)m Erben geboren, fortgefdn'cft ^aben roirb, eine El)e mit einer eben*
bürtigen gransöfm abjufchlteßen. günftenS festere Ef)en ^aben vor ber
Seit ©ültigfcit unb ftnb nach ^trc^enrect)t unauflöslich, aber insgeheim
93ierle3 53urf). ßafc 11. JDie Stonnanbie unter Sittjelm I., 8angfc#h>ert. 179
müffen fte 6rf}einet)en bleiben: JUnberer$eugung b arf t r 3roe<f
n i cf) t fein.
Wlan roirb einroenben: bie eben entroitfelten ©äj$e mögen immerhin
ang obigen $l)atfacben richtig gefolgert fein, aber ©tauben »erbtenen fte
erft, roenn au$brücHtcr)e 3ntgniffe ^tnjufommcrt. 9hm c3 f ef>Tt niajt an
genügenben SBeroeifen. £>er ßlugniacenfer 5Dcöncf) Ofubolf ©(aber fagt:1)
„feit ber ütit, ba fid) bie Normannen an ber (Seine nteberliefkn, f)errfd)tc
bei i()nen ber ©ebraueb, baß nur folcfje €öl)ne oon ^erjogen, roeld)e aus
ber 5Sermifd)ung mit Äebfen erzeugt roorben roaren, bie Nachfolge erlangten."
2)a3 roäre ber eine §au»t»unft. 3)en anbern betreffenb, ftnb §voet »on
@mgcroeil)ten aufgeteilte ^anbtteften auf unö gefommen, au3 welchen flar
erl)etlt, baß in ben (ffjen, roeld)e 9?ormannenf)er§oge mit ebenbürtigen
granjöftnnen abfcbloffen, abfteib tlic£> unb grunbfa|mäßtg feine Durber erzeugt
roerbett burften. Um nid)t bem natürlichen Verlaufe ber (§r§är)lung »or§u*
greifen, roerbe tcb bie betreffenben Urfunben erft ffcäter an geeignetem £)rte
mitteilen.
3a) fage weiter: bie betben §äupter ber fyerjogltdjen £eibu>acf)e, 33otl)o
unb SBernbarb, roaren e6, rocld)e bie lernte ^anb an baS fraglid)e factum
geferi legten, inbem fte nad) $erntd)tung ber $artl)et DftulfS einen 93er*
gleid) jit)tfct)cu rontantfdjen unb normannifcr)en $nfprüd)en ergangen. <Sd)on
in 9?ollo'3 £agcn müffen »on ben Normannen äljnlidie gorberungen be$üg*
lid) ber (Erbfolge geftellt roorben fein, benn obgleid) 9Mo bie granjöftn
©ifela e(;(ta)te, jeugte er feine jtinber mit it)r, t)at fte roat)rfct)eittlicr) nie
berührt, unb ber Soljn jener *ßo»a, roeld)e 9Mo nact) bänt ferner Söeife
ftd> beigelegt fyatte, erbte baS £anb. 9?acr) bem Sobe DfolWS flehten bie
®eiftlid)en, roeldje 933tll)elm I. erlogen unb roeld)e »on tfyrem ©tanbfcunft
au3 ba$ normannifctie (Sfyeroefen unmöglich billigen fonnten, »on tf)rem 3Ö9*
ling geforbert §u l)aben, baß er bie tu bänifcfier Sßeife genommene 6prota
fortfd)icfe unb eine cbriftlidje (Sbe im »ollen ©inne beö 2Bort3, alfo unter
Einräumung bed Erbrechts an bie ju erjielenben ^inber, mit einer eben*
bürtigen 9fomanitt f erliefe.
3ßtll)elm, in d)riftlict)cn Gegriffen aufgeroacf)fen unb »oll SSol)lrooiren
für feine rontautfcfjen Untertanen, entfprad) ben SBünfctjen be$ (SleruS unb
unterfjaubelte mit bem ©rafen Heribert oon SßermanboiS roegen etneö ($t)e*
bünbtttffeS mit beffen £od)ter. 5lber alebalb erhoben ftet) bie Normannen in
Staffen unb rücften unter DftulfS 3lnfüf)rung »or Kotten, um ben «£>er§og
au3 bem £anbe §u »erjagen. 9?un fcr>ritten bte betben £äupter ber £l)ing*
litl), Sßotfyo unb 23ernr)arb ein; fte fähigen bie Empörer nteber unb retteten
it)rem §errn Seben unb £errfct)aft; fte retteten Wetter feine (Sfyre, inbem
l) «ouquet X, 51, e.
12*
180
©regoriuö VII. unb fein 3ettaltev
fie bürdeten, baß £Öilf)elm baS, wa£ bie Whutwt Ratten verfytnbern
WooHerr, tlntn, nämlicb baß er eine granjöfm el)elid)en burfte. £)iefeS 8«ge*
ftänbniß jdjloß an unb für ftcb eine ra$tlf$e ©leicbftetlnng ber Romanen
mit ben 6fanbinaven bor ÜJcormanbte in ftc^ : eine ©leidjfteüung, weld)e,
wie id) oben geigte, aud) noct; au$ fielen aubern ©rünben bamalS bewilligt
korben fein muß.
Wein an einem fünfte ber normanifd)en gorberungen gelten aua)
23otb)o unb Skmfarb unerfd)ütterltd) feft: nie bürfe ber <£ol)ii einer eben*
bürtigen Butter #er$og werben, fonberu bie ^erbinbungen, aus welchen
(Srben ber 9?ormanbie fyervorgerjen, muffen in 3utaft tt>fc früher unter
ben begriff faden, ben man mit bem tarnen bänifebe (Sfye bezeichnete. 9?od)
auf bem 6d)tacbtfelb vor $ouen r)at, fo fdjeint e$, 23ernr)arb ben geretteten
£crjog befltmmt, bie (kaufet gut §u Reißen. Denn ber erfte 2lft, melden
SBüfyelm bort vornahm, war eine ©tnräumung, bie er bem 93orurtf)etl ber
Normannen mad)te. 9c1d)t ber Metropolit von Diouen, ber romanifdjen 6iabt,
fonbem ber 33tfd)of von S5atcur, ber mitten unter ben r)i£tgften Normannen
in einer germanifdjen @tabt lebte, ber ferner in ber ©eroalt ber Eroberer
ftdt) befanb unb tt)neu Verantwortltd) bafür War, baß ber 9?eugeborne baö
(£rbrcd)t erlange, wirb abgefdu'cft ben ©olni ber Svrota $u taufen, obgleich
gefamv, wo bie ©eburt erfolgte unb bie Saufe vor ftd) ging, im 6prengel
von Stötten lag.
(§:$ war, wie mau jiejjjt, ein ßornpromiß, eine Ausgleichung wiber*
ftreitenber 2lnfvrüd)e, ben bie Rauptet ber Seibwadje §u ©taube brad)ten.
tiefer SBergleidj l)at ein unnatürliches (gerecht bem herzoglichen ^>aufe auf*
genötigt, ein (Sf)ered)t, baö ben ©afcungen ber Kirche §uwiberttef. Aber
unter ben vorr)anbcnen Umftönben war bie Uebcreinfunft noch ba$ leibltd)fte,
Wa3 of)ne Vernichtung ber (Eroberer feftgefefct werben mod)te. 2ßenn bie
^erjoge von holten nad) Belieben ebenbürtige granjöfinnen aus bem deiche
9?euftcr, unter beffen $&fylt bem tarnen nach aud) bie 9?ormanbte ftanb, el)e*
lieben burften, unb wenn ben 6öl)nen fötaler Mütter bie Nachfolge gebührte,
Wa3 würbe bie golge gewefen fein ? 2)ie, baß ba6 §auö von 9famen bura)
gamilicnbanbe in bie 3ntrifen ber neuftrtfcr)en Könige unb ihrer ©roßvafallen
hineingezogen warb, in zweiter £tnte bie, baß granfreief^ Könige ober bie
aufftrebenben ®efa}(ea)ter, bie, wie baS capetingtfehe, nach ber ^rone angelten,
ben geöffneten Eingang in baö herzogliche (schloß von 9iouen benüjjt Ratten,
um baS !^ct)en norbifdjer Räuber, baS man 9^ormanbie nannte, §u zerret*
ben, ju forengen, bie ©ohne ober (Snfel ber Eroberer nad) bem Horben
rücf jujagen , von wannen Öjre 33ater gefommen waren. ©an§ granfreia)
haßte bie s3tormamten ber ©eine wie eingebrungene Seufel, unb fein Mittel
blieb uiwerfuc^t, um fie ju verberben. 2)ie Häuptlinge beö 6olbatenftaatö
Ratten ba^er guten ©runb, auf il)rer $ut §u fein.
IBterfeö 93ud). (Sa}>. 11. SDic 9Unmanbte unter ffiüfjetm I., £angfcf>u)ert. 181
SBeiter wenn emfyeimtfd^e Sungfrauen, welche <£>erjoge 511 SGSeibern
nafymen, bte 9Jed)te von vollen ©emafylinnen, alfo von § ersinnen erlangt
t)ätten, wa3 würbe barauS entftanben fein? 2)ieß, baß bie 2lnverwanbten ber
Herzoginnen unfehlbar ben natürltdjen (Stufluß, ben fte auf (entere übten,
ba$u miß brauchten , um eine ©malt §u erlangen, weld)e baS Slnfefyen ber
anbern normannifd)en ©roßen untergraben mußte. 3)amtt bte ®letd$eft
bewahrt werbe, fdjnttten bte 2£ortfüf)rer beS 9?ormannenl)eere0 bie 9J?öglta>'
fett ab, baß je einer au6 tt)rcr Wlitte ben <£>er§og feinen (Sfoam nenne.
2lelutltd)e 58crl;ältntj|e fyaben 400 3at)re vor (Eroberung ber ^ormanbte
gleiche (Sfyegefefje für ba3 £au6 ber 9)ierowtnger unb abermat 600 3al)re
fyäter gleiche im *ßalaft ber fürftfd)en (Sultane eingeführt. 2)te meiften
merott)tngifd)en Röntge waren (Sölute bunfler Mütter, unb bte (Sultane
follen bem $ecf;te nad) ^inber von Sflavtnnen fein.
5)a3 SBefte an jenem SSergletd) war, baß ber ^u ©unften romanifduT
(Set;etner)en eingefügte 5lrttfel allmäl)ltg bie Slbfdjaffimg beS ganzen §au^
gefeljeS anbahnte. 3)te brei erften «£)er§oge §eugten auö bänifdKtt SBerbm*
bungen 9?ad)f olger. £)er vierte, ^tcfyarb IL, fd)loß eine fo'rmlta)e (Sf)e mit
Subitb), ber £od)ter be$ bretagntfcf)en ©rafen ßonan. 3ubitl) roar jeboa)
von £au£ aus Untertfyantn $td)arb3, ba bte normannifdjen ^erjoge feit
einem 3al)rlmnbert Sel)enl)errlia)fett über bte Bretagne Wirfltd) übten ober
aufprägen. 2lud) l)at bie (£l)e 9fta)arb6 II. mit Subita feineSwegS frem*
bem ©nfluffe ein £f)or geöffnet, fonbem im ©egentfyeil bte 2lbf)ättgtgfett ber
^Bretagne erneuert, (£3 ift bal)er in ber Drbnung, baß bie alten auf ba$
§erfommen erptd)ten Normannen ein 2luge §ubrücften. Ü)ie näcfyften Arbeit
ber 9?ormanbte feierten §um alten 53raua)e §urücf. 2)er fünfte «£>er§og,
Oftajarb III. lebte t)öd)ft wafyrfcbeiulid) mit einer $ebfe, gewiß ber fechte,
Robert ber Teufel.
(Srft ber ftebte, 9Bill)etm ber Eroberer, ging eine (§r)e ein, weld)e in
jeber §tnftd)t bem alten «gmuSgefe^e juwiberlief. (Seine ©emafylin sD?atl)tlbe
roar ir)m ebenbürtig, als £od)ter beS £aufe$ glanbern, baö au @lan$ unb
$?ad)t bem normannifdjeu md)t nad)ftanb. (Sie war §weiten6-eine grau*
jöftn, jeboct) aus einem ©efd)led)t, baS gegen bie $rone eine eben fo fetnb*
lia)e (Stellung einnahm als baS normannifebe. «Sie gebar itym brittenö
^tnber, weld)e ntdt)t bloS bie 9?ormanbte, fonbern aud) ©nglanb erbten.
Allein anbererfeits ift gerotß, baß in 2ßtlr)elm3 Sagen baS alte §auSgefe£
feinen (Sinn mer)r l)atte. QMcnbet roar bie poltttfcfye SBefefttgung ber S^or^
manbie — fein S^euftrier bad)te mefyr baran, baö ©ebäube S^ollo'ö mn$u*
ftürjeu — vollenbet roar bie SSermif^ung unb gegenfetttge Ü)ura)bringung
romamfa^er unb ffanbmavifO)er Elemente, vollenbet ber (Sieg romanifd)er
gorm unb 3unge. Stein 5lbfömmling ber Eroberer fyract; mel)r ffanbina^
vifd), im ©egcntr)eil l;aben 2QStlt)eImö Begleiter bte fran$öftfd)e (Spraa)e
182
sßa&ft ©vcgoriuö VII. unb fein 3eüalter.
nach (Snglanb hinübergetragen unb nicht tttel fehlte, baß fte bort eingebür*
gert korben wäre. £eute noch ruft bei (Eröffnung beS ^Parlaments ber
£erolb gevotffe gormein in altfranzöfifcher Bunge au3. Unbefchnen fonnte
baher SBilhelm baö £au3gefe& bcfeitigen.
^Beachtung »erbtent, baß Sßilhelm ber Eroberer &on gleichzeitigen (^r)ro^
niften, unb zwar fowof)l üon englifchen unb ncuftrifchen, al3 tton beutfd)en !)
unb flanbrifcben,1) ben Beinamen „SBaftarb" empfängt. Unb bocb war
2BilheIm$ ©cburt um nichts mangelhafter, afö bie ber übrigen normanni*
fd)en §er§oge, mit alleiniger 2lu3naf)me ber 6ö|ne 9ctd)arb6 II. Sitte zu*
fammen flammten üon Jtebfen ab, unb erfreuten folglich im Angefleht beö
jtfr$enre$t6 al3 SBaftarbe. 2Barum nannte man gleichroohl nur i()n fo,
unb nicht aud) feine Vorgänger? 3d) benfe, 9ctemanb werbe mir roiber*
fpreeben, wenn ich behaupte, baß ber, welcher §uerft jenen Unnamen in
Umlauf fegte, foldjeS feineSwegö |ur ß^te SÖtlhelmö that. 3)er 9came
ift aufgebraßt worben, um bem £er$oge felbft unb zugleich um ben 9tor*
mannen einen s)Jcafel anzuhängen, unb um babureb beibe zu zwingen,
baß fte ftd) be6 HauSgefefjcö fchätnten unb iß aufgaben. bie allge*
meine Verbreitung beS $&oxt$ 2ßtU)clm 23oftar beweist, baß bie öffentliche
Meinung (£nropa'3 gegen jene bänifche (Sl)en entfehieben hatte. (Sin 9Diiß*
brauet aber, ber ein foldjeä 3nftcgel empfängt, fann nicht mehr beftel)en.
5^och fei mir geftattet, h^orjuheben, wie trefflich ber 2)omherr fcon
©t. Duenttn, 3)ubo, unterrichtet ift. Sorgfältig tf)cilt er bie Zfyätfafytn mit,
weiße einen (Sinblid in bie geheimften Verbältniffe ber 9?ormanbie geftat*
ten. ^>k nötigen golgerungen au3 ben SBorberfä|en zu ziehen, überließ
er ben £efcm, beim als ein t>om Hofe C^ouen begünftigter ©efehichtfebreiber
ber -Dcormanbte, wollte er häfelige ©eftänbniffe meiben, aber bejüglidb beö
Vertrauend, baö er in ben Sc^arfftnn ber Äommenben fegte, hat ftch 3)ubo
getäufd)t. 2)te neueren ©efdjtchtfchreiber ber 9cormanbie unb uormannifd)er
Verhältniffe gingen argloö über bie ^änbel 2ßilf)elm6 L, bie fielen £)änen*
ehen, bie finberlofen Herzoginnen ber 9cormanbte unb bie ftete Nachfolge
ber SBaftarbe weg: fte rochen fein ^ufoer.
Vor ber Empörung 9ftulf$ er§äl)lt £)ubo ben Slufftanb ber SBretagner.
SKctneS (SrachtenS fpielte le&terer §Wtfchen erftere gittern unb warb fogar
fpäter beenbigt, obgleich bie bretagnifche ^Bewegung begonnen haben mag,
ehe 9iiulf ttor Otouen rüdte, fo baß alfo Ü)ubo bezüglich beö Anfangs 9ted)t
behält. 3)a ber alte Dtollo 5 3al)re sor feinem £obe Slnftalt traf, baß
Sötlhelm zum (Srbherzoge erflärt würbe, berief er laut 2)ubo'ö Bericht2) zu
bem Sanbtage außer normamüfehen gürften auch bretagnifche. 2)ubo füf;rt
Zwei ber bretagnifchen Häuptlinge namentlich auf: fte hießen SBerenger unb
•J Ü3er& V, 36 oben, 65 unten, 216 SfiitU, 559 unten. 2) ®u$e0ne @. 86.
93terte$ 93ud&. <5a%>. 11. S)ie ölormanbte unter SBtUjelm I., Sangfcfytvert. 183
Slllan. £>er Ü)omr)err erjagt fobann weiter: ') „obgleid) SBerenger unb
Zittau gleict; ben normannifdien ©rufen bem jungen <£>er§oge SSBtlfjelm (Srb*
fjulbigung geletftet Ratten, fanbten fte nad; bem £obe 9Mo'3 eine 23ot*
fcfyaft folgenben 3nl)altS an 2Öi%fon L: mir ftnb entfaMoffen, btr niajt
mel)r 31t' bienen, fonbem wollen wieber werben, waö unfere 23äter waren,
unmittelbare ÜBafatten ber neuftrifd)en trotte. 3^ar itöntg (Sari bie
Bretagne beinern 33ater D^oUo, ber ein 9$äuberl)auptmann war, eingeräumt,
aber ntdt)t §u erbittern 23eft&e, fonbem nur für fo lange, al$ bie Norman*
bie wegen SScröbung, nia)t l)inreid)en würbe, um betnen SSater unb fein
9ßolf §u ernähren. 2)te 9?ormanbie trägt längft wieber grüd)te unb bu
befommft ntd)t3 mel)r von unS."
2luf biefe 93otfd)aft läßt 3)ubo prächtige Sieben folgen, welche 93ern*
tyarb unb 23otl)o, „s3ftitwiffer ber ©efyeimniffe be6 £er$og$", im $atf)e bet
Normannen gelten, unb in welchen fte 2obfprüa)e auf ifyre früheren @ro^
traten ntet/t garten, bann f ätjrt er fort: f/§erjog 2ötlf)elm jog eilig bie
Streitkräfte feinet gan§en SBolfeS §ufammen, fe$te über ben gfuf? ßotSnon
unb verheerte bie ^Bretagne. 2)te (Empörer verbargen ftcf) binter ben
dauern fefter Stäbte, boeb üEßtlljelm eroberte mehrere berfelben. Allein
alö er nact; Ofouen jurücf f er)rte , folgten ifym bie SBretagner auf bem gupe
unb befefcten ba£ ©ebtet von 23aieur. Später bot 2öill)elm ba3 £eer von
Beuern auf, fcf>nttt ben 33retagnem ben Mcfyug ab, feblug fte in mef)*
reren ©efeebten, brang bann §um 3tt>ettemnale in bie Bretagne ein, §üa>
tigte ba3 Sanb burd) junger, erfd)lug .SStele unb brad)te §u 2öege, baf bie
fcbulbigen Häuptlinge SBerenger unb Kilian iljre Unterwerfung anboten.
2Bilf)elm verlief) bem (Sinen berfelben, SBerenger, aber ben Slnbern, Slllan
verjagte er auö bem £anbe, weßljalb Kilian nad> Qmglanb fjtnüber §u $önig
5ltl)elftatt flol)."
Obgleich £)ubo nur von Siegen 2Öilr;elm6 rebet, erhellt boa) au£ fei*
nem eigenen 23erid)te, einmal bap ber erfte Einfall in bie Bretagne ein
fcfyiefeg (Snbe genommen fyat, zweitens baf ber «ftrieg mit ben SBretagnern
längere Seit bauerte. ©lütfltctyer SBeife ftnb wir im ©taube, bie SluSfagen
be$ ^ofmannö buret; bie 9?act)rtct)ten etneS unpartfyeufdjen S^rontften $u er*
gänjen. globoarb von 9ftr)etm3 melbet2) §um 3af/re 931: „bie SBretagner,
welche ben Normannen von ßornuailleS untertänig waren, erhoben ftcf)
Wtber biefelben am St. ->D?icr;ael6tag (ben 29. September) 931, erfcfylugtn §uerft
tfyren 2lnfüf)rer gelefan unb follen aud) alle übrigen bis auf ben legten
9Jcann umgebracht fyabert." 2)ann weiter unten gegen 9lu£gang M.$atyti&
931 fäfyrt ber $l)eimfer ßfjronift fort: „3nfon, Häuptling ber Normannen
4) Ibid. 92 flg. 2) $evfc III, 380.
184
^ctbft ©regoriuö VII. unb fein ßtitaUtx.
»Ott ber Sotre, bxafo mit feinen beuten in bie Bretagne ein, beftegte unb
töbtete »tele SBretaguer unb brachte baS 8anb in feine ©ewaft."
hieraus gel)t nun fyerttor: erftlict) im heutigen Departement giniS*
terre,1) roafyrfcbeinlid) §u 53reft, tag eine 2lbtl)eiluitg itormannifd)er Sfying*
Xttf> als ftefyenbe 23efa£ung, um bie ^tb»fnj im 3^um 31t galten unb 21b*
gaben einzutreiben. Stettens als biefe SBcfafcung ben «Streichen ber auf*
ftänbifcben 23retagner erlag, füllte ftdj §er§og 2BtlfyeIm fo fd)tt>acb, baß er
bie Empörer entroeber gar nicfyt, ober boa) nid)t mit fyinreicfyettben (Streit*
fräften §u §ücbtigen tterntodjte. 9Jtag ^rolf'S (2of)it auefo bamalS über
ben (SoiSnon gerüeft fein, fo rourbe er, taut bem eigenen ©eftänbniß Dubo'S,
balb lieber mit Verluft ^untergetrieben. Drittens roeil 2öiU)elm ntcfjt felbft
mit ben SBretagnertt fertig werben fonnte, rief er bie Normannen ber Sotre
§tt $iffe, welcbe baS Saub tfyeilroeife ober ttollftänbig unterwarfen.
2öarum roar 2ßtll)elm bamalS fo fdjroact»? 3fttt ftegenber ©eroalt brängt
ftd) bie 2kriuutf)ung auf, eS fei barum gefangen, roeil bie Umtriebe 9ftulfS
bereite begonnen Batten. 9?atürlid) fo fange 9ttulf bie fyalbe ober ganje
9?ormanbte gegen ben «jperjog aufwiegelte, fonnte Söilfyetm ben SBretagnern
bie (Spitze uid)t bieten. 933 ad ift aud) an ftd) roat)rfd)einlid)er, als baß bie
93retagner ttott ber (Stimmung in ber ^ormanbte Jhmbe r)attett unb ntdr)t
er)er loSfcblugen, bis .bie Verlegenheiten beS jungen ^er^ogS eine gerotffe
Qöty erreid)ten. 2lud) bie eigenen (£tngeftänbniffe Dubo'S voeifen auf bie*
feit 3ufammenl)ang l)tn; beim gibt er nia)t §u »erfreuen, baß bie SBretagner
ftd), nad)bent fte 2Mb;elm §um 9uid£uge genötigt Ratten, in SBateur ein*
nifteten. 33ateur, <5i# beS ungefügigen, tterbtffenen ^ormannentfm'mS, voar
§ugleid) geucrfyeerb ber Umtriebe S^iulfS. Der bretagnifebe 2lufftattb unb
bie normanntfd)e Empörung rann bafyer in (SittS §ufammen. 2lucr) rotrb
jejjt bie 23er§roetflung begreiflia), roela)e 2ötlt)elm tterrietf), als ^iulfS $ar*
tl)et t)or bie &t)ore t>on Ofouen rüdte. 3n ber $t)at roar feine Sage troft*
loS. 2lufriU;rer \m ber ^auptftabt, baS fyalbe Sanb im 23eft£e abgefallen
ner 23retagner! (Sine fold;e Sßervoidluttg fonnte in trüber Stunbe felbft einen
mutagen sJJknn §u bem ©ntfa)luffe Einreißen, inS 2luSlanb §u fliegen.
SQBie groß erfd;etnt baS Verbtenft, baS fta) Hauptmann SBernfyarb enoarb,
als er tfyat, voaS oben befa)rteben roarb!
DaS ©enteret »or *Rouen fd)affte bem jungen ^erjoge Suft; nun erft
fonnte 2Btlr)elm an grünbltd)e ßü^tigung ber 33retagner benfen. Stber aucr)
jet^t verließ ftcf) ber «£>er§og nidjt ganz auf bie eigene ^raft, fonbern er
rief bie «£)ülfe beS fran§öftfd)en ^)ofeS an, ber ntct)t ofyne febroere Dpfer
baS @euutnfa)te geroät)rt haben fann. globoarb berichtet2) jum 3al)r 933:
') 3>nu biefee ift mit Dem 2lu3bvucf coruu Galliae gemeint. 2) -ißerfc III,
381 iDiitle.
23terteö 93udj. @a}). 11. 2)ie SHermattbje unter 3BtU)etm I., tfanflfcfytvert. 185
„SfÖtltyelm, «ge^og ber Normannen, unterwarf ftcf) bem Könige Siobulf »ort
9?euftrien; bafür fyrad) ifym ber $önig ben 23cft$ ber bretagnifdiett Wttm&
lüfte ju." 2Belcf)c SBerpflidjtungen ber Normanne übernehmen mußte, faßt
ber (Sfyrontft nid)t. Mdjt ftnb fte gewiß nidrt gewefen. (Srft nact) btefer
§ulbtgung brad) meine* (Sradjten* 2Bill;elm mit überlegener -üJtadjt in bie
Bretagne ein, jwang bie betben aufftänbtfd)en gürften, benen jeber Vor*
wanb §u wetterer Sortierung fte* ßampf* burcr) bte §wtfd;eu bem Norman*
nen uub ber trotte abgefd)loffene Uebereinfuuft endogen war, ftdj ju er?
geben, unb »erbannte MUanf wäfyrenb er 33erenger verlief), ober vielmehr
verleihen mußte. Denn unzweifelhaft ift, baß SBüfyelm ntdjt au* eigenem
Antriebe, wie Dubo bie <5act)e barftellt, fonbern im Auftrage be* Äönig*
beibe Häupter be* Slufftanbe* bei gleidjer 6d)ulb nad) verfd;tebenem s)3taße
gemeffen f)at.
£ier ber 33ewei*: nactj 2Bieberl)erftellung ber ©elbftänbigfeit be* bre*
tagnifd)en laufte* crfefyeint, wie früher l) gezeigt worben, Verenget' alö @raf
von kernte*, Stllan a(* §err von 9?ante*. (öfterer tft von SBilfyelm, bem
Normannen, ntefyt vertrieben wovben, unb bie SBiebertyerftetlung ber Unab*
fyängtgfeit fyatte für tt)n nur ben ©tun, baß fte ba* £el)en*banb $n)ifd)eu
tr)m unb bem normannifd)en «Jpaufe lö*te unb ba* (£omitat Dienne* umntt*
telbar unter bie tQotyit ber trotte [teilte. Sinter* Man; bie £anbfd)aft
Sannes, bie er verwaltete, begriff bie 9J?eere*lüfte, wäl;renb ba* bretag*
ntfa^e 33imtenlanb §um Verbanb von 9tenne* gehörte. 9iun wirb flar,
baß globoarb nid)t ofyne ©runb fagt: itönig SRobulf fyabe bem Norman?
nenl)erjog bie Meereslüfte §ugefvtod)en. Der (Styronift unterfa^eibet nämlid)
fttllfd)Wetgenb ba* SMnnenlanb ber Bretagne von bem ^üftengebiet, ober
bie ©raffdjaft ®mm$MmM von ber ©raffefjaft Stattet: Da ^önig
9iobulf erftere bem Normannen 93Mtf)elm übertragen l)atte, ntd;t aber ledere,
fo mußte ber Normanne ben ©rafen 33erenger fronen, tonnte bagegen
5lttan ungefn'nbert vertreiben. Die Verbannung Bflan* ift alfo niebt ofyne
3uftimmung 9iobulf* unb weiter bte Unterwerfung be* weftlidjen Sfyeil*
ber ^Bretagne tft erft, nacfybem Silfyelm bem neuftrifd)en Könige bie von
globoarb erwähnte erneuerte £ulbtgung geleiftet fyatte, alfo nacr) bem grüf)*
ling 933, etwa im Pommer be* genannten 3af)re*, vor fteb gegangen.
Seijt fann tdj bte 2ütfe auffüllen/ bie oben in ber ©efd)icr;te ber 23re*
tagne offen blieb. Die bretagnifdjeu Duellen melben, baß feit bem £obe
2lüan* be* ©roßen — b. r> feit 907 — tf)r Sanb in tiefe* (Slenb buret)
Einfälle ber Normannen geftürjt warb ; uub erft um 936 führen fte
wteber etnl)eimifd)e gürften auf. @ie haben in fofern $ect;t , al* fte
unabhängige gürften meinen. 2lbr)ängtge Sanbvögte, nämltcf) fola)e, bte
l) ©. 143.
186
$a6jt ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
*>on normannifd)em ©nabcnbrob lebten r gab c3 gleid)Worjl §Wtfcrjen 907
unb 936 , imb §war waren ifyrer jn>et im Sanb. Slllan ber @rof e, ber
907 ftarb, fyatte bie gan^e ^Bretagne unter feinem Scevter vereinigt.1)
9?aa)bcm bie Normannen ber ©eine Gerrit ber 9?ad)barvrovin$ geworben
waren, jerftücfte fte biefelbe, gemäß bem @runbfa£e: l)errfd)e burd) %fffc
hing, unb gaben ba3 eine Stücf an 8erenger, 3ubifacl$ Sofm, baS
anbere an Sltlan IL, beö erften Slllan (Mel, unter ber SBebingung, baß
jeber ben tfym §ugewiefenen 2lntrjeit tri ber (Sigenfc^aft eines normannifd)en
Steuervogts regiere. So lebte burd) «Rollo'S ®ia<itäfunft bie voltttfdje
j$wi$tit, bie febon früher in ber Bretagne beftanb, aber unter 2111cm I.
erlofcfyen war, §um 9?ad)tf)etle beS £anbeS wieber auf.
Stua) für SBefttmmung ber $ät, ^ 9?ollo ftarb unb ba ber Slufruljr
DfrulfS begann, fyaben wir fefte 2lnl)altSVunfte gewonnen, So lange ber
alte Normanne lebte, würben Weber bie SBretagner ben Abfall, noef; Dftulf
ben 5lufrul)r gewagt l)aben. 9£un Rieben bie aufftänbifd)en SBretagner laut
bem 3euBntffe globoarbS Gmbe «September 931 bie 33efa£ung von SBreft
nieber, 9^ollo muß alfo vor bem ^erbfte beS genannten 3af)reS — unb
§war aus anbem ©rünben allem 2lnfduune nact) im Saufe beS 3af)reS 930
geftorben fein, gerner ba bie SBretagner loSfd)lugcn, gäfyrte bereits bie von
9ffrulf in SBaicur unb (£outanceS angebettelte ^Bewegung. 3)iefe begann
alfo war)rfdjetnlta) im Saufe beS Sommert ober grüfyltngS 931. drittens
als 2Büf)eIm im «gerbfte 933 bie weftlta)e ^Bretagne wieber unterwarf,
war *Ätulf vertrieben, feine *ßartl)ei niebergefcfylagen. £)ie 9Jf ekelet vor
SRouen fdjeint bal)er inS 3al)r 932 §u fallen.
3)er bretagnifcr)e 5lnfftanb Jjatte bie fd)limme golge für 2Bill)elm, baß
er in härtere £lbl)ängtgfeit von ber neujirifcfje« $rone nnb, als natürliches
@egengewict;t, in bie ewigen ^änbel neuftrtfdjer ©roßvafatlen verftrieft warb.
3)enn um ftcfj gegen mögliche (Singriffe beS Königs 51t beefen, fuetyte ber
Normanne notfjgebrungen SBünbniffe mit anbem fran§öftfd)en ©roßen, bie
fid) auf gleiche Steife burd) ben Äönig bebrol)t glaubten. Dbgletd) 3)ubo
von biefen 2krl)äitntffen febweigt, berichtet er bod) von Vorgängen, welche
bie naturgemäßen grüd)te ber fraglichen 3SerWtdlungen waren. 2)er 2)onu
l)err von St. Duenttn betreibt ein Sagbfeft, baS ber Normanne gab.
2ÜS gelabene ©äfte erfa)ienen2) bei bemfelben Heribert von SSermanboiS,
£ugo ber ©roße, £er$og von grancien, unb 2Bilf)elm L, ©raf von Cßoitou,
genannt caput stupae. Seigerer warb um bie §anb ber Scfywefter beS
9?ormannenf)ersogS, welche ©erlof l)ieß,3) unb erhielt fte. S3et biefer @e*
legenfyeit legt £>ubo bem Normannen Sieben in 9Jhtnb, welche, wenn fte
bucfjftäblid) wafyr wären, beweifen würben, baß ber Sofjn 9Mo'S feine
*) Oben ©. 143. 2) £>uc$egne @. 97. 3) Ibid. ©. 235 oben.
SSiertcö 93ucf>. &ap. 11. Sie 9ionnanbte unter SöiUjelm I., Siintjfd&toett. 187
$erad)tttng gegen 2fUe3, wa3 nettftrifd) fyteß, ganj ungefdjeut au^tyrad).
Sturz barauf fam audj bte SBcrmäljhtng beö Normannen mit ber £od)ter
beö ©rafen Heribert öon ÜBermanbotö 511 Staube. SBkUcifyt ftnb betbe
SBerbtnbungen md)t ofyne 33e$ug auf ben Sobe^fatt, ber 936 eintrat, abge*
f Stoffen korben.
3m genannten Safyre ftarb Äontg Dfobulf ber 33urgunbcr: granfretdjs
Stroit war alfo erlebigt. Grüben in (Snglanb lebte ein Sofyn be3 929 im
Werfer verftorbenen (Sari bcS Einfältigen, Suüwig ber Ueberfeeifdie , beut,
tt>enn baS $tcd)t gehört warb, bte SRadjfolge gebührte. 2Iber in granf*
reid) gab eö (Sfyrget'ätge, bie naa) bem SBcftftc ber l)öd)ften 2Öürbe angel*
ten. £atte ntebt £)bo, ber £>l)etm be8 Eapetingerö §ugo beö ©röfen,
unb fyatte nidit Robert, eben beffelben -leiblicher $ater, bie trotte von -Ifteu*
fter getragen? Sßarum fotlte niäjt «gntgo ftd) Hoffnung gemalt t)aben, ba(*
er ba3 gleite 3kl ermannt fönne? 2) od) warb ntcrjt er, fonbern ber Max*
linger Subwtg §um 9h d) folger eingefeijt. 2öer fyat biefj bewirft? 2)te (Styro-
niften gefeit weit au6 einanber. Saut bem öerfdjte-1) globoarb^ von 9tf)eim3
war e3 £ugo ber ©roße, ber Subwig au6 (Snglanb fyerüberrief , unb il)tt
bann auf ben Scroti crl)ob.
©anj anberä ftcllt £>ubo bie Sadje bar. „51(6 Äöntg Sltljclftan von
Engtanb," fagt2) er, „von bem attßerorbcntlid)cn 2lnfel)en l)örte, in welchem
ber 9?ormanncnr)er§og 393tlt)elm bei @iiü)eimtfd)en unb gremben ftanb,
fd;tdte er ©efanbte mit prächtigen ®efd)enfen an ihn, wefdse folgenbe 2ltt*
träge übcrbraditcn: 2£in)elm möge auö Siebe §u 2Ul;elftan beffen Neffen
Subwtg ben Ueberfeeifdjen auf ben neuftrifeben Zljxon beförbern, er möge
#&titmp( abermal auS Siebe §u Slt^clftan, bem 23retagncr 5lttan »er$ei|en
unb benfelben wteber in bie väterliche @raffa)aft emfefcen, §er(^og 2Btl*
heim," fährt ber Eaitontfttö von 6t. Duenttn fort, „etttfprach ben $&\m*
fernen be$ Stttgetfachfen Slt^clftan. Sluf fein betreiben lubeu §ugo ber
©roße von graneien, Heribert, ©raf von SBermanboiö, fo wie mehrere S3t^
fa)öfe ben jungen Subwtg, ber bantate ju Sonbon weilte, ein, baö Ofetd)
feiner Sinnen wieber einzunehmen, empfingen ir)n feftlid) unb falbten ihn
jum Könige von 9?euftcr unb 55urgunb. 2)e3gleid)en lief 2Öilr)elm au3
Siebe ju 2ltl)elftan bem Sretagner Titian vottftänbige $er§etl)ung angebei()en,
gab bemfelben 5Jtle6 §urücf, waö er früher in ber ^Bretagne befeffen hatte.
6e^r banfbar war luefür Man, o\)m 2ßanfeu (;ieng er feitbem bem 9?or*
mannen SQßiltjelm an.''
3ebermann jiel)t, baf 2)ubo \)\tx ben §ofton anfa}lägt, unb bie 2)tnge
in bem romantifdjen rofenfarbenen Sid)te barftellt, ba^ nur Einfältige für
baare 5D?üttje ()innet)men. §er§oge, bte auö (auterer Siebe 5(nbere auf
l) ^er^ III, 383. 2) ^uc^eöne <S. 97 unten flg.
188 $a&j* ©rcgoriuö VII. unb fein Settatter.
Sfyrone ergeben, ©raffelten an £obfembe oerfd)enfen, geboren ber wirf*
liefen äöelt ntd)t an. 2) od; tft ben glätten 3rrtl)ümern, welche ber ßanfl*
nifuä vorbringt, ein giutfe Satyrfyett beigemifcfyt. 3n ber Zfyat war ei$
ber 2lugelfad)fe tfo|elfian> sott bem ber Slnftoß §u (§rr)cbung feines Neffen
Subwtg auf ben erlebigten neuftrifcfyen Stroit ausging, globoarb, ßeitge*
noffe, ja faft Augenzeuge, berichtet,1) baß Atfjelftan im brüten 3al)re ber
9tü<ffc|r SubwigS, 939, bemfelben eine engltfa)e glotte §u §ülfe fcbldte.
SBer fola)e £)pfer bringt, bem tft e$ (Srnjr.
@letd)Wof)l fyat ber Angelfad)fe bie (Stnfefcung feinet Steffen nicfjt mit
Gewalt bewirft, fonbem btefelbe ging in ©utem ttor ftd;, benn Dubo,
globoarb unb aud) 9frcrjertu6 2) ftnb barüber einoerftanbett, baß £ugo unb
anbete fyofye Sßaf allen Subwig att£ (Sngtanb fyerüberrtefett. 2)er Angelfaci)fe
wirb bemnaa} eine $artf)et tu granfreia) gewonnen l;aben, \t>elct)e bie ©aa^e
SubwtgS §ur irrigen machte unb bem (Sapetinger £ugo ju ©emütf) führte,
baß für it)n mfyW §u fyoffen fei. 3Lötrf Itc^ fagt 3) 9Wefyeriu6, baß bie
betgtfcfyen ©allier, b. I). bie 9?orbfratt§ofen, fta) für Subwig ben Üebetfee^
fa)en erflärten, unb baburd) «£>ugo, für beffen (§rr)ebuttg bie Aquitanier unb
bie 23eroof)iter be$ mittleren granfreia)£ waren, §ur 5*caa)gtebigfeit nötigten.
3u»erfta)tlta) bürfett roir annehmen, baß bie, roeld)e 9?ict;er Velgen nennt,
mit Atr)elfrart in 93erbtnbung ftattben. Meines (Srad)tett£ meint ber gatlifdje
(Sfyronift tnöbefonbere ben Marfgrafen Arnulf sott glanbertt, ben trafen
Heribert son SBermanboiä unb wol)l auef; £erluin oon $ontf)teu. Sängft
etferfüa)tig auf §ugo, wollten fte ntd)t, baß feine Wlafyt nod) fyöfyer wacfyfe,
unb sogen beßfyalb ben (Sariinger £ubwig »or.
©owie £ugo far), baß tfym feine Hoffnung blitze, gab er bie 9folle
eine^ Mitbewerbers auf unb fpielte ben eifrigften Anhänger SubwigS, um
baS SBerbienft feiner (M)ebung für jtdj in Anfprua) §u nehmen unb fo viel
SBortfyeil al$ möglich barauS §u erfdjwtngett. Unter «gmgo'S Leitung warb
bie ©efanbtfäaft nad) (Snglanb rjinü&ergefdn'cft, welche ben Ueberfeeifd)en
eittlub, üfteuftrienS Stroit §tt beftetgen. ($r empfing ben Anfömmltng ftatt*
lia) $u SBoulogne, unb geleitete ttjtt im Srmmplje nad) £aon, wo Subwig
gefrönt warb. 5)ocr) burcfyfdjaute ber Angelfacfyfe Att)eljian bie Abflauten be$
(£apettttgere unb erwartete nichts @ute3 oon ifym, benn globoarb melbet,4)
$lt^elftan ^abe, e^e er fetnett Neffen Subwig stehen ließ, ben ©efanbten
(welche ^>ugo abfa)tdte) einen @tb abgenommen, baß fte, ober »ielmefyr
tl)r Auftraggeber, bie abgelegten $erfyrednmgen reblia) galten wollten. 3m*
merl)in erreichte §ugo wenigftenö für ben Anfang feinen ^md: Subwig
gerietl) in bie ^änbe M ßapetinger^, tl;at ntct)t^ of)tte tl)n, unb geftattb
') $erfc III, 386. -) Ibid. ©. 587. 3) Ibid. @. 586 unten. 4) «Perfe
III, 383.
SSiertcö 33uc^. (Sap. 11. <£te 9iormanbie unter 2Bi(fjetm I., Sangfcfyiuert. 189
baS 9$err)ä(tnifj, in baS er öerftrieft warb, fogar fraft einer im 3af)re 936
aufgeteilten Urfunbe l) öffentlich ein. SBafjre greunbe johlte ber (Sarlingcr
mir unter ber ©ciftlid)fcit, namentlich burftc er auf ben @r§btfd)of Slrtolb
von 9il)cintö bauen.
Unb nun jurücf §u bem Normannen 2Bill)elm. ©efjorte btefer aud)
ju ben Velgen, bte laut 9ftd)er3 Singabc SubwigS (Erhebung unterftü^
ten unb mit 5ltl)elftan unter ber Ü)ecfe fvicltcn? (£6 mag fein, ba£ 2Bil*
l)e(m lieber ben (Sarlingcr als ben ßavetinger auf bem Sfyrone fal), aber
mit bem 2lngclfad)fcn ftanb er ftd)erlid) utdjt im SÖunbe. JDcnn §u gleichet
3ett, ba 3ltl;elftau feinen Steffen nad) granf'rctch hinüber beftfrberte, \)at er
gegen ben Normannen fctnbfeltgc SDcajjrcgcln ergriffen.
£örcn wir globoarb, ber §um 3al)re 936, unmittelbar el)e er bte
pfeife £ubwtg£ nad) granfreid) er§äf)lt, golgenbeS melbet:2) „mithülfe be$
Königs 9ltr)elftan festen bte verbannten Bretagne* (nämlich Titian unb
feine Seilte) in it)re §etmatl) §urüd unb nahmen btefelbe wieber in 33ejt£."
globoarb beutet, wie man ftel)t, auf baö «ftüftettgebiet ber Bretagne l)tn,
au$ welchem SBilbelm ben ©rafen Kilian 933 vertrieben hatte. Stllan muß
alfo fein (Srbe bem Normannen wteber entriffen haben. SSetter berichtet3)
ber 9ü)etmfer (Sljrontft §um 3af)re 937: „bie SBretagner, Welche nad) länger
rer Verbannung prücfgefommen waren, lieferten ben Normannen, weld)e
if)re ^eimatr) eingenommen Ratten, viele @efcd)te, in betten fte metft bie
£)berl)anb bettelten." 2)ann abermal4) sunt 3ar)re 939: „bte SBrctagner
erftritten einen großen Sieg über bie Normannen, auch f ollen fte eine ben
lederen gehörige 33urg erobert haben."
2öarum vermochte 2Bilr)elm, fonft ein mächtiger gürft, bie §urücfge^
fommenen SBretagner nicht §u bewältigen? Offenbar weil leitete fortwährenb
von jtönig 2ltr)elftan, ir)rem Sefebüfccr, 23etftanb erhielten. SSon ber Seefette
her fonnte ber Slngelfacbfe ungehinbert unb nad) belieben Kilian unterftü^ett.
3weitettö wag mag 2ltl)elftan bewogen fabelt, ftd) be3 33retagner$ fo eifrig
anzunehmen? SWeineS (SrachtenS fal) biefer Jtönig, einer ber fähigem, bie
auf (SnglanbS Xtyonc fafjen, in ben Normannen ber ©eine gefährliche
Nachbarn, er afmete, baß von bortf)er feinem Steide €d)ltmme0 brof)e, er
fua)te bejjf)alb ben ^äuberftaat innerlich §u zerrütten. (Sin tauglicheres WiiU
tel fyqu gab e$ nicht, als wenn er bem Normannen ben SSretagner gegen*
übcrftellte, beibe für immer mit etnanber verfeinbete.
3u gleicher Sät forgte bte nämliche Maßregel für bie Sicherheit fei*
ne6 (Schüblings unb Neffen Subwtg. 2)a Sltt)elftan eS war, bem ber
lleberfeetfche bie Shtftytmg auf graufretd)S Xtyon verbanfte, ba weiter
Subwig unb Sltfatt im nämlichen 3al)rc, vielleicht im gleichen SHonat, mit
l) Souquet IX, 585, d. 2) *ß«$ III, 383. 3) $er| III, 384. 4) Ibid. ©. 386.
190
*fJabji ©regoviuS VII. unb fein 3eitalter.
engfifcfjer £ülfe itaer) ©allten l)ittüfcerfe|ieri, fo fann fem 3>tt>efftl fein, baß
ßiibwfg bie 9Wle, weld)e 2ltt)elftan bem S3rctagncr Villau §uwie3, gebilligt,
bie Unäbfjängrgfdt ber weftltciett Bretagne von normannifd)cm 2et)en3ver*
baub ausgebrochen fyat. (Sbett bieß vermehrte bie SBerfegenfyeiten ^ifljelmS,
beim inbem er gegen Man fämpfte, beletbigte er beffen 6d)u£rjerrm , bte
trotte graurreieb, bereit SSafall SMfyelm felbft war, aud) fonnte Slttjelftan
um fo uttgefebeuter bett SBretagnem #ülfe fenbett, ba er fytetntt einen 3md
förberte, ber von feinem $erbünbeten, bem frattjöftfdicu Röntge, form(tcf) ge*
billigt war. 2£ir werben fogleicb fegen, baß ber Normanne bte Sage ber
Dinge au$ bem eben cntwtcMteit ©tanbvttnfte beurteilte. Die größte^
Slitftrcngungen machte er, um Zottig Subwig §u nötigen, baß er ben
23rctagtter preisgebe, ®r reebuete: Man muffe ftd; fügen, fobalb ber neu*
ftrtfd)e Äöntg auSgefvrocbeu bjaben werbe, baß bte weftltaje £älfte 23reta*
ntenS wieber unter nornianmfd)e ,£)or)ett jurücffeljren folle.
QStcr ber mäcbtigften 3kfallen, weld)e bei ($tr)ebung SubwtgS tt)ätig
gewefett waren, verlangten ausgiebigen 8or)n für ben geleifteten Dienft. §ugo
Wollte in bcS JRfafgS Tanten fyerrfeben. Da £ubwig, ber eine gute (Sdmle
tn Cmglanb gemadit r)atte unb von £au$ au'3 fclbftäubtgcr war, alö bie
fpötercu Gtarltitgcr vor unb ttatt} ifyrn, in ^urjem ftd) ben SunuUfymuten
beS granfcnf)er§ogö entzog, jerftel er mit bemfelben. Heribert II. von 93er*
manbotS forberte, baß £ubmta feilten treuften 5ln^änger, ben @r§btfd)of
5lrtolb von ^beintS, ben vor einigen Saferen «ftönig *Robulf cingefcjtf fyatte,
vertreibe unb ben erften (Stuf)l ^euftrtenS an ben Knaben «gmgo , £ert*
bertö 6ol)tt, juritefgebe. ') 3Bte billig, wicS Köllig Subwig biefeS unver*
fdjämte 2lnftnnen §urücf , Weßfyalb Heribert von il)tn abfiel. Der brüte
©roßvafaUe, Arnulf von glanbern, l)cgte bie 5lbfta)t, feinen Tiatykax, ben
©rafen ^erluin von $ontl)ieu ju verfaMingen, baburd) fein ©ebtet bis
an bte ©räitje ber ^ormattbte auszubeuten, unb erwartete, baß Äöntg
Subwig aus Danfbarfcit für ben 93orfd)ub, ben ber glamänber bei ber
jlöttigSwafyl gctfyatt, rul)ig bem 9faube §ufel)e.
293ir!lid) fcfycint ber ßarlinger entfd)loffen gewefen §u fein, ben gla*
mänber nierjt 51t fyinberit, aber ein Ruberer, ber 9?ormantteuf)er§og, trat Up
terem in ben 2Öeg. (Snblid) ber vierte, 2öilbelm, *RoÜVS 8olm, begehrte
vom Könige , baß er bett 53retagner 5lllan preisgebe. Seil bieß Subwig
verweigerte, verbanb fiel) 2ötll)elm mit Heribert unb §cr§og <£>ugo, bte be*
rettS §u ben Waffen gegen £ubwtg gegriffen Ratten. Der Normanne er*
retdjte bt$ ju einem gewiffeit fünfte feinen ßwetf. 6d)lauer ober wenig*
ftenö glüefltd)er alö ^>ugo unb Heribert, brauchte er beibe alö Jletle, um
l) «Sie^c ©fröver, .fttvd?. ®ef(^. III, 1209 flg.
SBierteS 23udj. &a\\ 11. SDie 9?ormanbie unter 2Bi(fjelm I., £angfd)hKtt. 191
feine Slbjtcbten burd)jufe£en, itnb traf nachher geeignete Maßregeln, baß
feine bisherigen 23unbe3genoffen ntct)t an6 erftrebte 3\d gelangten.
£ugo ber ©roße eljelMjte*) im 3at)r 938 £ebroig, bie (Schroefter
beö beutfdum JtönigS Dtto L, unb fc^fug nutr, auf beutfcbe £ülfe bauenb,
gegen £ubroig ben Ucberfeeifcben loö. 311 gleicher 3e*t Qtift ') ©raf
bert bie SBcft&imgen bor S^eimfer Strebe, alfo ben treuen Liener beS M*
nigd, (Srsbifcbof 2lrtotb, an. 21 ud) 3BiU;eIm ftanb mit ben beiben im 23unbe.
Denn globoarb berietet1) jum näcbften 3al)re: „Äöntg Subwig rücfte 939
gegen §ugo i>on granetcu unb 2Öilf)clm ben gürften ber Normannen in$
gelb. 2Öctl ber Normanne geroiffe ©ütcr bc3 glamäuberS Arnulf verliert
hatte, roarb er von ben 23tfcf)öfen, bie um ben Äöntg vcrfammelt roaren,
mit bem SBanue belegt. Die gleiche ©träfe traf ben ©rafen Heribert Dö'n
SBermanbote, unb §roar biefen, roetl er n>iberrect)tltc£) mehrere Dörfer, bie
bem 9?beimfer (Srjftuhle gehörten, jurücf behielt."
5Xuf beö Äönigö ©eite ftanb alfo bamal6 Stmulf von glanbem, gegen
beibe aber Ratten ©raf Heribert IL, 2Bt(()e(m ber Normanne, unb £ugo
von graneten einen breifachen 53unb gefcbloffen. 2ll$batb mißbrauchte 5lr-
nulf bie augenblicflid)e ©unft beS Äb'ntgS, ober vielmehr bie ^ülflofigfett
beffelben, um burd) einen 6cblag gegen ben 9kd)bar feine Wlafyt §u ver*
großem. Dura) Herrath bemädjtigte2) er fta) ber 8urg Sftontreutl unb
befehle *ßontf)teu. 5lber unverroctlt fcf)tcftc ber Normanne Sßühelm bem
bebrängten 9?ad)bar ein §eer §u «£)ülfe, mit welchem ©raf ^erlutn bie
23urg roteber eroberte, ben *ßlan beö glamänberS burchrtß. 9cie hat feit*
bem 5lrnulf bem Normannen biefe (ginmifdjung in feine Greife vergehen.
globoarb fagt nichts von Sßtrfungcn be$ gegen 90ßilf)clm gefchleuber*
ten 33anne$ — berfelbe fcheint erfolglos geblieben ju fein. Dagegen melbet3)
er, baß ber Normanne — offenbar in golge feinet SBunbeS mit Heribert
unb ^)ugo — in perfönlidje ^Beziehungen §u bem SBeherrfdjcr von Deutfch*
lanb gerieth. 5tuf frari§öftfchem SBoben fano um bie ffltttk beS 3ar)rc$
939 eine 3ufammcnfunft beS bamaligen Königs, nachmaligen Äaiferö
£)tto L, mit 2Öühehn bem Normannen, mit £ugo bem ghranfen, mit feexu
bert von SBermanbotS unb enblich mit bem glamänber Arnulf \tatt 3) §at
£e£terer etroa bie <Sad;e beS (SarlmgerS Subroig vertreten? ^ebenfalls rour*
ben burch baS SBeftreben, einen Mächtigen, ben beutfdien ^öntg §u geroinnen,
Männer jufammengeführt , bie einanber ^eim(ic| auf ben £ob t)a$tex\.
Der ßarlinger muß ftdt) burch bie SSerbinbungen , roelche feine unge*
treuen 3SafalTen mit £)tto I. eingegangen t)atten, ernftlid) bebroht geglaubt
haben; benn er ergriff ein außerorbentlid)e3 Littel, ba3 offenbar barauf
') $etfc III, 385. 2) «Pevfc III, 385 unb SDwfceöne script. normann. ©. 102.
3) ?ßerjj ni, 386.
192
$afejl ©regoviuö VII. unb fein Bcitalter.
abhielte, bcu beutfd)en Köllig auf feine (Seite f)erüberju§ter;en unb tton ben
93afallcn jti trennen. ©ifelbreaM, <£)erjog t>on 2otf)ringen, @emal)l ber ©er>
berga, einer feiten 8a)roefter bt$ beutfd)en Königs £>tto, war im £erbft
939 auf ber glud)t über ben Oifyein ertrunfen. Slm^ barauf — unb §voar
nod) im nämlichen 3af)re — efyeliaMe Subroig ber Ueberfeeifcfye bie Sittroe,1)
burd) bereu §anb er, gleid) £ugo, ^voager be$ beutfeben Königs rourbe.
(Sin boppelteö %%w öffnete ftd) babura) für bie Umtriebe ßtto'S I., er
fonute ben Einen burd) ben Zubern bämpfen, beibc in 2lbl)ängigfeit fcon
ftd) ermatten.
3»be| redinete Shtbroig nid)t blo3 auf fremben SBeiftanb, fonbern fiteste
ftd) felbft burd) eigene £f)ätigfeit ju Reifen. 2)afj er mit ben brei ,£auptgeg*
nern, mit «£mgo, Heribert unb 2Bilf)elm bem Normannen, §ufammen ntebt fertig
derben forme, faf) er vool)l ein, beßl>alb f'nüpfte er mit bem Normannen,
al3 bem 9J(äd)tigften, ober als bem, roeld)er ber trotte granfretd) bie
meiften 23ürgfd)aftcn bot, Uiuerfyaub hingen an, um im Vereine mit tr)m
bie beiben Zubern nteberproerfen. £>a$ war e3 eben, roa3 28ill)elm burd)
ben 33uub mit Heribert unb §ugo bcabftd)tigt fyatte: feine 2öünfd)e fd)tenen
in Erfüllung p gefyen. 5l)ennod) gelang ba6 2Berf nid)t auf ben erften SBurf.
globoarb er^lt:1) „51t Anfang beö 3al)re6 940 reiöte Äöntg Subrotg
bem 9iormannenfürften 2©ill)elm entgegen. 3m @au t>'m 5lmien$ famen fte
Sufammen. J)er 9iormanne leiftete bem Könige ^ulbigung, bagegen be*
ftöttgte (euerer bem Erfteren ben 23eft£ ber Sanbe, bie einft beS Königs
2kter, Earl ber Einfältige, ben Normannen (in OMo'ö Sagen) eingeräumt
l)atte. 3)rauf wollte ftd) «ftönig £ubrotg §u bem granfenfyerjoge §ugo be*
geben, aber roeit biefer einer 53efpred)ung mit bem Könige auSroid) , fefyrte
£ubroig unttcrrtcbreter Eilige nad) £aon juntd." Unter bem ©ebiete, in
befien Söeftfj ber $öntg ben §er^og 2Bill)elm betätigte, fann nur bie 93re*
tagne üerftanben werben. 2)enn über bie ^ormanbie war Silfyelm Iängft
unbeftrittener fem, unb eine 3uftd)enutg berfelben »on ©eite beö Königs
Fonute ibm nidjtö fyelfen, fonbern nur fd)aben, weil er burd) erbetene 23e*
ftättgung bem Könige ein 9fed)t eingeräumt I)ä*te, baö ber Normanne ftd)er*
lieb feinem SHenfdkn §ugeftanb. Slnberö tterr/ielt eö ftd) mit ber Bretagne.
Unter bem 6dm£e m 2tngetfaa)fen 2ltf)efftan (jatte- tt)m 2Wan biefe *ßro*
ttin§ mit Waffengewalt entnffen, unb au$ ben oben entwidelten ©rünben
fonute äßifljelm nur bann baö Entriffene wteber §u geroinnen fyoffen, wenn
il)tn ber Jtontg ein förmliches 9ied)t auf baö Sanb §uerfamtte.
©letcbroo^l l)at bie SSerl)aublung »on fymtetö feine grüßte getragen:
2Ml)elut tft bamalö nia)t $um 33eft^e ber Bretagne gelangt. 3\vä gäüe
ftnb benfbar: entroeber war e$ bem Könige- mit ben 5luerbietungen, bie er
4) $er£ III, 386.
93terte$ 23ud). (5ap. 11. 2)te Sformanbte unter 2BtU)elm I., £angfdf)toert. 1 93
bem Normannen markte, ntd)t crnft, imb feine 2lbftd)t ging vielmehr baljin,
S9BtIf)crm ju tauften unb ba3 ?D?tf trauen fetner bid^ertgeu 2krbünbeten,
Heriberts unb ^ugo'ö, gegen tfyn anzuregen. £)ber formte ber Normanne
bte S3ebtngungen nid)t erfüllen, weld)e £ubwtg ber Ueberfeeifcfye an bte form*
ltcr)e 3ufvred)ung her Bretagne gefnüvft fyaben mag, wcßfyalb ber Äönig
ftcb ntcbt merjr gebunben erachtete unb fein 9Ö3ort wiberrtef.
6e$en wir j. 23. ben gatf, 2ßtlr)elm f)abe ftd) gegen ben ßö'ntg ver*
btnbltd) gemacht, baß er in ©utem ober mit ©eroalt ben granfen §ugo
nötigen werbe, ftet) gleichfalls §u unterwerfen, ber Normanne fei aber
nacbfjer triebt im 6tanbe gewefen, fein 23erfvred)en ju galten, fo tft baS,
was fpäter gefebaf), erflärt. 3)a nun globoarb unmittelbar nad) ben 33er?
fyanblungen von SlmtenS erjäblt, baß ber kernig aud) mit £ugo eine 3^"
fammenfunft beabftebtigte, baß aber ber granfenr)er$og auSwtct), fetjeinen
bie 2Öorte be$ ßljromften wtrfltdj ber feiten 2lnnaf)me günftig.
2)em fei röte tfym wolle, gewiß ift, baß bie Unterrebung von 5lmten3,
ftatt ben Normannen mit bem Könige au3mför)nen, ben $iß erweitert bjat.
tiefer als früher ließ ftd) 2ßill)elm mit ^>ugo unb Heribert ein. ©emein*
fctjaftltd) mit betben rücfte *) er im Pommer 940 vor bie 6tabt fHtjetmö,
l)alf fie erobern, ben (Srjbtfcbof 2lrtolb, SubwigS beS Ueberfeeifcben treuftert
5lnr)cinger, vertreiben, ©ememfebaftltd) mit tlmen §og er bann vor £aon, bte
einzige größere @tabt, welche ber jtb'ntg wtrfltd) befaß, unb begann bte
Belagerung. D^etmS war $u ©unften Heriberts eingenommen worben, ber
aud) fogleta) Slnftalten traf, feinen Knaben ,£ntgo §um (Srjbtfcbof bort ein^u*
fetten. Saon würbe, wenn eS fiel, bem (Satoettnger §ugo bem ©roßen $u
%l)tii geworben fein.
Allein bie betben 2krbünbeten «£>ugo'S, 2tÖi(r)eIm ,ber Normanne unb
©raf Heribert, fd)ctnen ftd) nid)t fonberltct) angeftrengt m fyaben, baß attdj
ber granfenfyerjog jum 2>kk fomme: £aon fiel ntet):. 2)od) blieb 3Btlf)elm
fortwäfyrenb, fei eS jum 6d)cin, fei eS ernftltcb, auf Seiten ber ©egner
beö ^öntgö Subwig. globoarb von SftyetmS er^lt2) mm Scfyluffe beö
3ar)reS941, baß §ugo von graneten, Heribert von SSermattbotS, 2Bilr;elm
ber Normanne unb ber glamänber Slrmttf eine gemeinfame 23efvred)ung
gelten unb baß in golge berfelben Heribert über ben 9^r)etn verreiste, um
bem beutfcr)en Röntge £5tto I. ^Bericht §u erftatten.
3ule$t wirfte boct) ber fett jwet 3at)ren von 2Bilf)elm bem Normannen
mit fo viel $erjarrltd)fett eingetriebene $etl. $önig Sttbwtg ber lieber*
feeifd)e erfannte bte 9?otf)Wenbigfett, ben $lan, ben er 939 ntcfjt ernftltdj
unternommen l)atte, ober beffett 5Sollftrecfung buret) bte Umftcmbe vereitelt
worben war, tnS 2Berf §u fet)en. 9?eue Unterljanblungen würben angefnüvft
l) Ibid. unb 387. 2) $er^ III, 388.
9 f vor er, $abfl ®regoriu3 vn. S8b. Iii. 13
194
93abft OrcgoriuS VII. unb fein Seitatter.
unb fte führten §um 3kU. globoarb mclbet: 4) „$önig £ubwig retöte um
bie Wlitte beS (Sommert 942 §u bcm «£jer§oge 2Bilf)elm naa) SRouen unb
warb mit föniglidjer $raa)t empfangen. (§6en balnn famen 2ÖtIt)etm tton
sßoitou (ber <Sa)wager be6 Normannen) unb bte bretagntfa)en gürften. 9Diit
allen jufammen rücfte ber «ftönig naa) ber £)ife. <§>erjog $ugo aber unb
Heribert brachen alle 23rücfen über ben gluß ab unb lagerten mit ihren
©a)aaren jenfeftS."
3a) muß sunäa)ft einen fetten 3*n§efi aufrufen, ber weniger jutter*
läfftg aB globoarb, aber boa) ein jüngerer 3eitgtttoffe ift, — ben 9leuftrier
*Ria)er, welker golgenbeö berietet:2) „naa) längeren Unterhaltungen be*
gab fta) $öntg Subring in bie ©tabt Kotten §u <£er§og 3Btlt)e(m unb warb
tton ü)m mit :präa)tigen @efa)enfen beehrt. 2113 nun bie umltegenben gürften
»ernahmen, baß ber ^önig ftcfc bem *ßtratenhäuptling in bie $rme geworfen
t)abe unb baß 2BÜrjeun ben ©taat lenle, glaubten fte, e$ fei l)ot)e 3ett, mit
bem Könige grteben §u fließen. Sllfo eilten ber 5lquitanter 2Mf)e(m unb
ber 23retaguer Kilian naa) Ofouen unb gelobten bem Könige ©e^orfam. ©o*
fort bot £ubwtg bie ©trettfräfte berfelben auf unb §og an bie Dife, bem
©a)eine naa) um wegen allgemeinen grieben$ mit «gmgo unb Heribert ju
tagen. 2)te genannten gürften aber, bie mit tl)ren ©a)aaren jenfeitS beö
gluffeS [tauben, argwöhnten, baß eö ber ilönig auf einen l)eimlia)en Ueber*
fall abgefel)en Ijabe, unb brachen beßl)al6 alle Sßrütfen ab. 5luf jwet Booten
festen Unterf)änbler l)inü6er unb herüber unb brachten eine oorläuftge lieber*
einfunft $u ©tanbe, »ermöge bereu beibe $artl)eien gegenfetttg ©eißein
pellten/'
Unter ben Bretagnem, wela)e laut bem 3eugniffe globoarbS §um
Könige eilten, muß alfo in erfter £inie 5lllan, feit }ea)6 3af)ren ber ge>
fährlta)fte getnb be6 Normannen Sil()e(m, »erftanben werben. 2)ie Steife
beffelben naa) Kotten, in ben -üfttttetyunft normannifa)er ^Jcacfjt, bctvädt für
fta) allein, baß Kilian fta) weniger bem Könige £ubwtg, af# otelme^r bem
©ebieter ber 9?ormanbte unterwarf; ober wenn man lieber fo will, ber @e*
fyorfam, ben Kilian ber Ärone leiftete, beftanb barin, baß ber Bretagner
oon Subwig angehalten warb, in ein 23erhältniß ber Untertr)äntgfeit jum
normannifa)en «£>aufe §urücf§utreten. 9?ia)t bloß auf bie fleineren Bafatlen
maa)te bie QSerbinbung be6 Königs mit Sß3tlr)elm tiefen (Smbrucf, aua) bie
$wet mäa)tigften unb gefär)rlia)ften, §ugo unb Heribert, zweifelten am
Erfolge ferneren SÖStberftanbS unb begannen wegen tt)rer Unterwerfung 2ln*
träge §u ftellen.
globoarb berichtet *) fofort, baß fta) ber beutfa)e Jtöntg — anfa)einenb
»oll guter 5lbjta)ten — in ba$ angefangene 2Berf ber Beruhigung granf*
*) Ibid. <§. 389. 2) Ibid. ©. 593 flg.
33terteS 33ucf). Gap. 11. JDtc Olormanbie unter 2ßtU)elm I., Sangfötoert. 195
reiche mifajte. Saut feinem 3eit9mffe tyatte £>tto mehrere Unterrebungen
mit Subwig bem Ueberfeeifa^en unb brad)te ju 2Bege, baß £ugo unb £eri*
bert fta) bem Röntge lieber juwanbten. Sludj 9fia>r faßt Daffetbe,
brauet aber ben meinet (SracfjtenS nocfy bejeidjnenberen 2lu£brud, £>tto von
3)eutfa)lanb r)abe ben granf entzog £ugo mit bem Könige Subwig au&
gef öfynt. 9ktürlid>! bem beulen Staat$vortf)etle entfvrad) eö weit beffer,
baß £ugo ftcf) mit Subwig — ein ©leider mit bem ©letzen — auSföfynte,
als baß er ftd) ber ßrone unterwarf. Um fo fdjwädier blieb ber 9kcf)bar
von £aon, obgleid) ntd)t $u verfemten ift, baß Subwtg ber Ueberfeeifcfye
unter ben fa^wierigften Umftänben bura) fein flugeö 33enef)men 23oben ge*
Wonnen r)at.
lieber fügt nod) @fn$elnfyetten bei, von benen globoarb fämi$t.
Saut feiner 2lu3fage wohnten einer jener Unterrebungen außer ben beiben
Königen aud) ber Normanne 2ötll)elm, ber glamänber Arnulf, ber granfen*
r)er$og £ugo unb Heribert von $ermanbot$ an. Sei biefer ©elegenfyeit
fet e3 bann §u bitteren (SrHärungen $wtfdjen Otto von 3)eutfd)lanb unb bem
Normannen 2Öitt)elm gefommen, Sefcterer r)abe bem (öfteren §u verfielen
gegeben, baß bie trotte gramreid} unabbängig fei unb beö 9fatf)6 ober
ber £ülfe beutfdjer Könige ntc^t bebürfe. ©a^fießüd) behauptet lieber, baß
Dtto, »oll 3ngrimm über bie ^üt)nr)ett be6 Normannen, in ©emetnfa)aft
mit £ugo unb Slrnulf bie (Srmorbung 2ßilf)elm3 befa)loffen *) babe.
3d) fyalte biefe Angaben für glaubwürbig. $aum fonnte eS auberS
fein, al6 baß SBtl^elm bem Könige Subwig bie 3)ringlid)feit vorftellte, nia)t
bloß bie ungetreuen $afaften Heribert unb ^ugo §u bämvfen, fonbem nodj
mefyr ber eigennützigen (Sinmifcfyung be$ Saufen £>tto in franjöftfc^e 5ln*
gelegensten ein (£nbe §u maa^en, unb roenn ber Normanne weiter bem
beutfdjen Könige ntd)t verfyeblte, was er von il)m benfe, fo t^at er nur,
wa$ faft jeber Rubere an feiner Steife tfyun würbe. 2)e3gletd)en ift eS
in ber £)rbnung, baß alle bret, £)tto L, Heribert unb <£)ugo, grünblta)en
£aß auf ben Normannen warfen; benn 2Bill)elm fyatte fte überltftct, er
l)atte bie 53erbinbung mit tfynen als eine Staffel $u eigener ©röße unb
jum 9^ad)tl)eil feiner ehemaligen 23unbe3genoffen mtßbraud)t. (SnbHcr) t\\U
fvridjt e3 bem geroö^nlicben ©ange menfa)lta)er 3Mnge, baß ber glamänber,
obgleid) er bem Normannen noa) auffä^tger war, alö bie anbern, bie 93er*
antwortltcfyfett eines an einem ber mäa^tigften gürften verübten 9Dforb£ nta)t
alleinig auf feine Schultern nafmt, fonbern fta) eines 9iütff)alt$ bura) bie
3uftimmung Ruberer verfta)erte.
Arnulf unterzog fta) ber 2luSfür)rung beS befa)loffenen 93erbrea)enö.
Unter bem SBorwanbe, bie lefcte £anb an bie feit geraumer 2>nt fa)webenben
l) 51. a. O. <S. 594.
13«
196
$abft ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
grtebenSverfyanblungen §u legen, lub bcr glamänbcr ben Normannen nad)
einer flehten 3nfet ber 6omme. TOt ftarfem (befolge erfctjien Sttrjelm
unb OTeS würbe, anfdjemenb im beften (Stnvernetymen, beenbtgt. 8cf)on
fyatte ^erjog 2Btlf)elm ben ^cimvoeg angetreten, al6 2lrmtlf tt)n auf liftige
SÖeife verleitete, fta) von bem großen Raufen feiner Begleiter ju trennen.
9ta fielen vier bereit gehaltene Berber über ben «£>erjog fyer, fließen ifyn
nieber, fc^wangen fta) §u $to$ unb jagten bavon.1) Saut ber 2lu$fage
Dubo'3 gießen bie 9Jtörber ©trief), 23atjo, Robert unb ftMbnlf. Der SobeS*
tag2) Sffifr&elmd rvar ber 17. De§. 942. «Bon fiteren (Srjroniften erhält3)
ber ©emorbete ben Beinamen £angfd)roert Longa spata. Sftocf) muß icf)
naef;f)olen, baß §er§og 2ötl()elm ba3 im vorigen 3a|r|unbert von ben 9?or*
mannen §erftörte Softer 3umtege3 tvieberkrftetlte unb mit TOndjen au3
*)3oitter3 befejte.4) Dtefe (Stiftung legte ben ©runb $u einer bauemben
9Berbmbung, welche baS ,£au3 von Kotten mit bem $?ö^d}tfmm einging
unb roeld)e rotcf)tige golgen nad) ftcf) §og.
2)ie 9lormanbie unter «^evjüg Dttdjarb I. tton 943 bis 996. ©efafjren ber SRinberidfjrig;
fett. 3n bie 3Bette fucr)en jtönig Shtbtoig bev tleBerfeetfc^e unb bev (Safcettngev £ugo
»on branden baS (Erbe SioÜVS an ftcr) jtt teilen: einzelne normanntfdjie Häuptlinge
bagegen rufen bie SBifinger bev ©eepldlje $u £tlfe. £)aS £etbentl)um brofyt roieber
aufzuleben. <§erjog Sftidjarb loirb öom Könige nact) £aon entführt, bie £reue feines
SGBdrtcrö unb ein geheimes ©inbtiif ber Hermannen öon Jftouen mit £ugo tton
Statteten rettet ifjn. «ftönig £ubir>ig bev Ueberfeeifdje fallt in @efangenfcr)aft bev
■Sftormannen^duptlinge unb beS £erjogS £ugo. ®ev £ag an bev (Bpk. 9?icr)arb I.
muß bem ßapetinger £ugo ben SSafaHen^ib froren. (Seine 33ermäfylung mit
bev Sortier «£>ugo'S. 2)aS ©efyeimnifi ber 3)änen?@^en fommt an ben Sag. £)ie
fpdteren 3al)re SftcfyarbS: er txiü mit ben (Slugniacenfern in SBerbinbung, benimmt
ben (Slertfet £)ubo, bie ©efcfyicfyte feines £aufeS ju fcfjreiben, läßt ftcr) auf Anbringen
beS (Siems mit feiner bisherigen jtebfe ©onnor txaum, unb tterorbnet, baf bev
jüngfle feiner @ofme, ^irtjavb IL, ben tfjm ©onnov als vecfytmdfjige ©emafylin ge*
boven f)M, Stad&folger fein fotle. $idjarb L jtirbt 996.
Der geroaltfame £ob SBilljelmS brachte ba6 9lormannenlef)en an ben
9tanb beS 2lbgrunb6. ©ein einziger ©ol)n unb (Srbe, jener D^ia^arb, <Sproffe
auö ber bänifd)en (Sfye SKilI;elmö mit ber @prota, jäpe -bamaie faum je^n
3al)re 5) unb tonnte folglta) ba6 Sanb nia^t fernen, gegen baö 50^eJ)rere
il)re £anb au^ftreeften. SSor allen griff üönig Subroig ju: bie gute ©e*
legentjett benü|enb, wollte er ber läftigen ^ac^t norbifa^er (Stnbringlinge
l) Ibid. u. 595. 2)uc^eSne @. 105. 2) Ibid. 106. 3) 93ouquet IX, 51 oben.
4) 3)nc^eSne ©. 101 u. 336. 6) «ouquet IX, 12.
SßievteS 23udfj. &a)>. 12. <£te 9tovmanbte unter «Rtc^arb I., 943—996. 197
ein @ube machen unb ba6 Sanb tu ba3 oerwanbeln, wa3 e$ t>or 50 Sauren
gewefen, in ein unmittelbares ©ebiet ber $rone. ^Iber aueb 5lnbere Regten
bie nämliche 3lbftd)t, unb näd)ft bem entfd)loffenen Sßiberftanbe, welchen
einzelne Häuptlinge ber Normannen leifteten, war e$ metnejg (Sract)tenö bie
93ielf)eit ber 33e Werber, welche bie ©djöpfung OMo'S erhalten t)at.
©owie bie 9caa)ria)t oon ber (Srmorbung SBtlfyclmS nad) ber 9cormanbie
gelangte, fanbten bie Häuptlinge ber Normannen nad) Sßaieur, wo, wie
wir wiffen, ber junge Dfrdjarb erlogen würbe, beriefen ifyn nad) 9iouen,
unb erneuerten ifym bort mwerweilt ben ^ufbigiuigöeib, welchen fie fec/on
bem Äinbe gefdj)Woren Ratten, ©ine $egentfa)aft würbe eingefe^t, an beren
©pi£e S3ernr)arb, ber 9Ml)roater beö $rtnjcn unb HauPtmanu feer tyxW
Iid)en Seibwadie, trat. ©0 berietet1) im üHSefentlicfyen SÖtlfyelm oon 3u*
mtegeS. 2lel)ulid)e3 melbet 2)ubo, we(d)er ben 2lu3brucf brauet: 2) „Sftcfyarb
fet feitbem in holten geblieben, umgeben oon fronen unb alten Hau^
bienern feinet SBaterS." 2)aö 2Bort tyro fann an biefer ©teile, fowte an
einigen anbern 3) faum etwas anberS als einen (Seltner ber 2etbwadje be*
beuten. £)te 2Öittwe 2Bill)clmS, SiutgarbiS, muß wüttyenb barüber gewefen
fein, baß man fte von ber CRegentfdmft ausfloß, ©ie fyeiratfyete balb
barauf ben ©rafen Setbalb oon 2MotS, befannt unter bem Beinamen beS
©a)elmen, unb verriet!) burd) Hanblungen glüfycnben Haß gegen ben
©tiefjofyn.
SBalb barauf fam aud) Äöntg Subwig nad) *Rouen unb betätigte ben
lOjäfyrigen *Ricr;arb im 23eft£e ber 9cormanbte. 5tber bie ©unftbe§eugung
war ntc^t emftlia) gemeint, globoarb öoe D^eimS, auS beffen (Sfyrontf id)
obige ^atfaa^e entnehme, berietet4) weiter: „einige normanntfcfye H^upt^
linge fyulbigten bamalS bem Könige, Rubere bagegen bem HerS°3e «&u9°
von graneien." golglia) fyatte ber Sariinger bie 5lbfict;t, bie 9?ormanbte
an ftd) §u §ie^en unb ju biefem 2>wdc *ßartl)eiung angeftiftet, aber fc^on
war il)m ein Slnberer in bie £luere gefommen, ber ßapetinger Hu9°>
welker ein möglidjft großem ©tütf 00m 9cad)laffe SBilfyelmS für ftd) §u be*
galten gebaute, ^aa^riebten von Unruhen, bie auf entfernten fünften
9?euftrienS entftanben, nötigten ben Köllig Subwig, CRouen balb wieber §is
oerlaffen. Unb nun brad) in ber ^ormanbie eine fürchterliche ^Bewegung
auS, welaje bie gortbauer beS (£f)riftentl)umS in grage [teilte.
(Sin fo tapferes unb fcbarffmnigeS 9ßoIf, wie bie Normannen ber ©eine,
fonnte ftd) nta^t barüber t&ufa^en, baß bie ©locfe über fte gegoffen werben
follte, mit anbern ^Borten, baß bie fränfifcfyen fernen, welche nad) bem
') 3)ud)e$ne @. 238 unten. *) Ibid. 114 oben. 8) @. 98 SOWtte. Wilhelmus
misit quendam Tetgerum tyronem, domus suae prineipem, ebenfo 103 oben. 4) $erfc
III, 389.
198
$a&ft ©regonnö VII. unb fein 3ettoltet.
SBeftfce be$ £er§ogtr)um$ angelten, Zottig Subwig, £ugo *>on grancien unb
Slnbere, fobalb fte feften guß im £anbe faßten, nid^t cfyer rufyen würben,
biö ber lefcte 9(ad)fömmling ber ©efälnlen 9touV$ vom gallifdjen Voben
vertrieben Wäre. 2ßaö follten fte tfyun, um ber brofyenben ©efat)r bie
(Stinte §u bieten? 2anb unb £eer Ratten burd) ben £ob 9Bitf)eIm8 fein
£auvt mefjr unb fd)on beftanben *Partf)eiungen in ben 9fteir)cn ber Eroberer.
3n ber Verzweiflung befd)loffen einzelne ber fünften güf)rer, bie £ülfe
tt)rer fyeibntf ct)en ©tammverwanbten, ber Normannen be£ DceanS unb
be6 Horbens, anzurufen unb für ftd) felbft ba3 (£l)riftentf)um abjufctjwören.
(£me 2lufforberung muß in bie ©eevlä^e ergangen fein: Normannen r)er
von allen 9^ia)tungen ber 2Binbrofe, fommet unb Reifet uns ba£ (Srbe
£rolf'3 be$ gußgängerS gegen bie Sälen vertrjeibtgen !
9tidj)t wirfungSloS blieb ber Aufruf, globoarb fürtet1) jutn 3a^re
943 von r)eibnifd)en Normannen, bie eben angelangt feien unb mit §ugo
von grancien fämvften. dx erwähnt 2) zweitens §um nämlid)en 3al)re einen
t)etbntfcf)en ©eefontg hebertet), ber, wie xa) unten geigen werbe, gegen jtöntg
Subwtg eine Sd)lad}t lieferte. (Sr fül)rt 3) britienö jum 3ar)re 945 einen
Normannen ^aigrolb auf, ber über eine ftarfe 9Jtad)t gebot, bie @tabt
Söaieur bem Könige entriffen fyatte unb ebenbemfelben eine fd)Were 9cieberlage
beibrachte. Ü)ubo erflärt btefen «gmigrolb für einen jtüntg ber $)änen unb
fagt,4) berfelbe habe auf ben ^ülferuf ber gallifa^en Normannen eine große
gtotte auSgerüftet, bie ju Werburg lanbete. 2Bill)elm von 3umiegeg bagegen
behauptet,5) noa) in 2Öilf)elm3 Sagen fei ^atgrolb, von feinem 8of)ne
(Swen vertrieben, mit einer glotte von 60 (Schiffen in ber 9?ormanbte er*
fdnnten unb 2ßilf)elm l)abe iljm bie ©raffajaft (£outance£ aU 5lufentr/alt
angewiefen.
Unverfennbar meinen beibe , $)ubo unb Wona) 3Btll)eIm , ben
«ftönig £aralb 8a^war^al)n, ben 6or)n @ormö be6 5llten unb Vater
(Swenö I. ©abelbart. Allein ber ßfyronift von 3umiege^ begebt einen
Verfloß von faft fünfzig 3al)fen. Swen war im 3af)re 943 noa) gar
nidjt geboren unb fyat feinen Vater erft um 985 verjagt. 2lud) ber 2ln*
gäbe 2)ubo'ö fd^enfe id) fein Vertrauen, obgleid) er ben von 2Öilr)elm be*
gangenen gefyler vermeibet. 3wei 3fttgenoffen, globoarb unb 9?ta>riu0,
weld)e einen anbem ber bamatö nact) ber 9cormanbie gefommenen gremb*
linge, ben oben erwähnten Seberid), alö 6ecföntg bejeidjnen,6) nennen
^aigrolb eiufad) einen Normannen 7) unb fd)Weigen bejüglia) feines $b'nig*
reid)3. Ü)e$gleid)en wtffen norbif&e ober beutfd^e Duellen fein 2Bort t>on
6eejügen, welche £aralb, ©ormS 6ol)n, naa) ber ^ormanbie angetreten
l) ^>ev^ III, 389. £) Ibid. @. 390. 3) Ibid. 392. 4) Sud&eSne @. 122.
6) Ibid. B. 237. 6) fet| III, 390 u. 595. 7) Ibid. 392 u. 598 oben.
93iertee 33ud). <5ap. 12. «Die SWormanbie unter 9fttdjarb I., 943—996. ^ gg
f)aben foll. Unter btefen Umftänben tft man berechtigt, ba3 CfteidE) Marien
mit roelajem 3)ubo unb Sßtlfyelm von 3nmiegeö ben Normannen ^atgrolb
befa)enfen, in ben sD?onb ober bte (Sagenroelt §u verfemen.
(Enblidt) fprid)t ber 9ir)etmfer Gtfyronift von einem Normannen 9?amen$
Surmob, ber vom d)riftltd)en ©tauben jum ,!petbentr;um abfiel unb ben
jungen 9?icf;arb aufgeforbert fyaben foll, baö ©letale ju tr)un. Surmob
war nicbt ber einige Renegat. SBiele anbere folgten, rote ftd) unten er*
geben roirb, feinem SBeifpiele. Wlan ftel)t: bte 9?ormanbte fcbroebte in
bringenber ©efatyr innerlicher Sluflöfung, aber aucb bie 9fci$|e unb 2Bol)l*
fal)rt ^euftrienö voar bloßgeftettt. Daö Wlitttt, ba3 jene Ukrsnunfelten er*
griffen fjatten, tonnte Uidjt bie golge ^aben, baß eine 9)?affe norbtfctier
Stfutger auf bie ©etnemüubuugen lo6ftür§te, bort ftdt) feftfetjte, bte um*
Itegenbeu *)3rovtn$en mit geuer'unb 6d)roert verheerte unb alfo bie ©reuel
vom (Snbe bc£ 9., vom Anfange be3 10. 3abrt)unbertö erneuerte. 3)er
9iaub, ben $b'ntg unb §er§og an bem (£rben ber ^ormanbie, an 9iidt)arb,
begeben wollten, brol)te verntd)tenb auf il)re eigenen §äupter juntd*
zufallen.
SBetbe, Subroig ber Ueberfeeifc^e unb ^ugo, erfannten bie 9?otr)roenbig*
feit fabelten (Stuf Brettens. 3um jtvettenmale rücften fte, offenbar nad) einem
verabrebeten $lane, auf sroet verfd)tebenen fünften in bte 9?ormanbte ein.
2)te 6tretrmacbt, bie fte mit ftcf) führten, muß bebeutenb geroefen fein,
globoarb berichtet: *) ,,.£>er§og §ugo lieferte ben Normannen, bte entroeber
als Reiben au3 bem Horben angekommen ober vom crjriftlicfjen ©lauben
jutn §eibentl)um abgefallen roaren, f)äuftge ®efed)te; berfelbe verlor in
biefen kämpfen eine 9)?enge feiner c^riftltcben gußgcinger. 3)od) gelang e$
h)m §ulei$t einige ber Normannen ju erlegen, bie anbem in bie gludjt $u
treiben. 2tud) brachte er mit £ülfe geroiffer cr;rtftltcr;er Normannen, bte
al# SBefatjung in ber 33urg (£vreur lagen, bte genannte ©tabt in feine
©eroalt. gleicher Seit brang $öntg Subroig abermal ttaa} O^ouett vor,
fc^lug ben Normannen Surmob, ber §etbe geworben roar unb audj ben
jungen Oüdjarb jum 5lbfall vom ©lauben verleiten roollte, forote ben r)eib*
ntfajen 6eefontg ©eberid) alfo, baß betbe im Kampfe blieben. 3)ann fe^te
er ben ©rafen ^erluin $um (Statthalter in *Rouen ein unb feierte hierauf
in bie fomgttd)e *|3falj ßomptegne jurücf. 93alb fam er roteber ttad) Otouen,
roo tfym £ugo bie (von btefem eingenommene) Stabt (Svreur übergab."
3m golgenben er§äf)tt2) globoarb, rote ^erluin, ber neuernannte 23e*
fe^l^aber, ben glamättber 5lrnulf angriff, il)n beftegte, ben Sttörber beö
^erjogö Stlt;elm, 33al§o, erjc^lug, bte beiben §anbe beS ©etöbteten abbauen
ließ unb als Sro^)äe uaa) ^ouen überfanbte. Dann fäf)rt ber eijromft
') Ibid. 389 unten ftg. 2) Ibid. 390 ftg.
200 $a&ft ©regoriuö VII. unb fein ßtiUiUtx.
noct) §um 3af)re 943 fort: „$er$og £ugo fyob bte neugeborne $oo)ter be$
$b'ntgö Subwtg cmS ber Saufe, femcrfettS beftättgte 2ubwtg bem (Sapetinger
ba$ ,§ersogtfntm graucien unb übergab tf)m überbteß ganj 33ttrgunb. £ugo
aber föf)nte ben glamänber Slmulf mit bem Röntge au3, ber btetjer bem
(Srfteren wegen (Srmorbung bei «£>cr$og$ 2Mf)elm grollte."
Detter fdjretbt globoarb jum nädftcn 3af)re 944: „£ugo, £er$og
von grancten, fcbloß mit ben Normannen einen Vertrag, tu golge beffen
betbe Steile etnanber ©etßeln für pünftltaje Erfüllung [teilten." 3Son felbft
verfielt e$ fidt) , baß btefer Vertrag fid) auf $etbtnblidfeiten be§og, bte
§ugo unb bte Normannen gegenf eilig übernommen fyaben muffen. 9Zun
globoarb gibt felbft an, vx>ot)tn berfelbe jtelte. „5Serberben brad)," melbet
er weiter unten, boef; §um nämltcbett 3at)re, „über bte SBretagner fyerem.
£ängft tnnerltdj geseilt bura) ©treittgfetten ber beiben gürften, 93erenger
(von Lennes) unb 2lllan (von Nantes), würben fte von ben Normannen
überfallen, mit Weidjen fte eine Ueberetnfunft getroffen Ratten, uttb erlitten
eine fdjwere 9cteberlage. 3|re ©tabt 3)oIe geriet^ in bte £änbe ber
Normannen unb ber borttge 23tfd)of voarb im ©ebräuge ber $olfömaffen
jufammengetretett, bte naa) ber ^auptftrebe flüchteten. 9?ocb einmal rafften
bte SBretagner il)re Gräfte jufammen unb lieferten ben Normannen ein
äWeiteö treffen, in welchem fte bie £>berl)anb erlangt fyaben feilen. 5lber
in einer brüten mörbertfcfyett @a)lad)t erftritten bie 9tormannen völligen
©teg, töbteten bie meiften ifyrer ©egner unb vertrieben bie übrigen au$
bem £anbe. hierauf ftebelten fia} btejenigen Normannen, belebe neulia)
au$ bem Sorbett nad) ber teilte eingewanbert waren, auf ben verlaffenen
Bedungen ber verbannten ober erfa)lagetten SBretagner an."
„^urj barauf," melbet ber (Sfyronift roetter, „bxad) $öntg £ubwtg mit
Arnulf von glanbem, §ertutn von *ßoutr;teu, fowie mit einigen neuftrtfcfyen
unb burgunbifdjen 33ifd)öfeu in bte üftotmanbte ein. 2trnulf §og bem Könige
voran, trieb eine Schaar Normannen, welche bte SBurg 5trqueö bewachten,
in bie glud)t unb verfcfyaffte babura) bem Könige freien $aß. Ungeljittbert
gelangte £ut>wtg vor 9^ouen unb warb von ben Normannen in bte <8tabt
aufgenommen. 9cur Wenige, weldje ber $rone 9?eufter ntd)t fyulbtgen
wollten, verließen baö £anb unb gingen §ttr @ee (um als SBtltnger §u
leben), alle Slnbem unterwarfen fid)." 3U 9letcf>er 3eit, ba $önig Sttbwig
vor S^ouen rüdte, war §erjog §ngo mit feinen eigenen ©paaren unb
einigen burgunbtfdjett @roßen über bte ©eine gegangen unb bis gegen
33ateur Vorgebrungen unb begann nun btefe @tabt $u belagern, bereu 23e*
ft£ i^m ber Äöntg unter ber SBebingung verfprod)en Jjatte, baß ^)ugo ^ur
Eroberung ber 9cormanbte S3etftanb letfte. §llö aber Subwtg ber Ueberfeetfcrje
fa^, baß iv)\\ bte Normannen gutwillig aufnahmen, fd)idte er an £ugo 53e^
feljl, bte Belagerung von Baieux aufju^eben. £ugo gel)orc^te, je^t ging ber
93ietteg <öud). Qap. 12. 2>te OJormanbte unter 9lic$atb I., 943—996. 201
«ftöntg felbft nad) 23ateur (unb übernahm bie @tabt). Willem feitbcm l)örte
ba$ gute (£im>ernehmeit äwifeben £ugo imb 2ubwtg auf. 2)er «£)er$og
grollte bem Röntge, tfyettö weil er gebtnbert worben war, 23ateur $u erobern,
tf)etlö weil Subwtg »on ben (SfattJotyncrn ber (Stabt @ttreur, bte bod) §ugo
gehulbigt Ratten, ©etßcln naf)m unb jie bem «£)er$oge anzuliefern bef)arr*
Itcf) ftd) weigerte. 4)
93ttt btefen Sorten fehltest globoarb bte ©efdiiehte beS 3al)re$ 944
unb berichtet 4) bann nod) jutn folaenben — 945 : „währenb £ubwtg
ju ^ouett weilte, gebar bte Königin ©erberga einen @of)n, ber in ber
Saufe (£arl genannt würbe. 3ur 3c*cr fc"ter ©eburt eilte Subwig nach
£aon, hatte bort eine (geheime) Untencbung mit Slrnulf »on glanbern,
traf bann gewtffe Slnftalten, unb f ehrte nun nach 9iouen juntd."
3n ben unfa^etnbaren @ä£en beS 9?f)etmfer Sl)rontften ift ein gan§eö ©e*
webe fcolttifcher 3ntrifen »erborgen, welcbc globoarb beutlicb §u fchtlbem
ftd) febeut. Seil er jeboeb bie allgemeinen Umrtffe ber ^f>at)aa)en enthüllt,
fann burch (Sc^lüffe bte »olle 9Ö3af)rl)ett ermittelt werben, jumal ba anbere
Nachrichten §u £ülfe fommen.
©rftenS laut bem auöbrüdliaxn ßwptjfe globoarb^ ^ertfebte bis §um
Scbluffe beö 3al)reö 944 greuubfebaft jroifcben §ugo unb £ubwig. Sann
begann biefeS gute 33er^ältnif ? Offenbar §u ber Sät ba £ugo (Soreur er*
oberte unb ber $öntg jum zweitenmal »or 9iouen ritdte, b. h- im grül)ling
943. 2)enn »or ©rmorbung StlrjclmS waren ber jtöntg unb £ugo ge*
ftoannt gewefen, aber fett ben eben erwähnten Gmtgniffcn ftnb fte greunbe.
2luch nadjbem §ugo bte (Stabt @»reur herausgegeben hat, waö tf;m ge*
wtg ntd)t füg einging, fte^t er gut mit Subwtg, hebt beffen Tochter auS
ber Saufe, unb wirb ftattltd) mit Sanb unb beuten bebaut. 3mikn$ un*
zweifelhaft ift, baf ber neuftrifc^e Köllig nicht umfonft bem (Sapetinger ben
93eft£ grancieng beftätigt unb ba3 §er§ogtl)um S3urgunb übertragen ^at.
Offenbar follten btefe ©aben ber $rei6 bafür fein, baß £ugo bei (Srobe*
rung ber Normanbie helfe, aber bte ^ro»in§ allein bem Röntge überlaffe.
2)rittenö wollte £ubwig bte Normannen ntebt bloS burch Saffen*
gewalt unterwerfen, fonbern zugleich burd) ©üte gewinnen. 3)aS ganje
3Solf l;a^te ben glamättber 5lrnulf, alö 5lnftifter ber ©rmorbung 5ßilf)elm'6.
Um biefer Seibenfd;aft ju fc^ntetc^eln, gab Subwig bem ©rafen »on $on*
t^ieu, feinem (Statthalter ju Kotten, 33efel)l zum Angriff auf glanbem.
$erluin »ollftrerfte feinen Auftrag mit @efd)id unb rüftete bura) Ueber*
fenbung ber abgehauenen ^ättbe be3 üJ?örberö 33aIjo eine @cene $u, welche
geeignet fa)ten, feinen £errn Uikbt in Kotten ju machen. 2)amit glaubte
l) ^er^ III, 391 unten.
202 ©regoriuS VH. unb fein 3ettolter.
jeboa) ber Sarlinger genug getbjan §u fyaben, in Äußern fcfyloß er wieber
unter «gmgo'S Vermittlung gricben mit Arnulf.
SRoct; ftanb aber t>tertenö ein £auptr)inberniß ber beabftdjtigten (5r*
Werbung beS 9?ormamtenlanbc3 entgegen: bie 5(nn>cfenl)ett jener fyeibnifcben
SSifinger beS Horbens, wela> neulta) r)erbeigefommen waren unb burct)
ben 23eiftanb, ben fte tfyren ©tammgenoffen leifteten, ben gortfcbritt neu*
ftrtfa>r Staffen r/emmten. Sie follten in ©tttem fortgefcbafft werben. 2lud)
tjie^u bot ^)ugo bie «§anb. globoarb fagt, baß bie Normannen erftenS einen
Vertrag mit bem §er§oge üon grancien — unb zweitens, baß fte einen anbem
mit ben 33retagnern fc^Foffett. SttemeS (SracfytenS fingen biefe Verträge
jufammen. Von 933 bis §um SobcSjafyre SSilfyelmS Ratten bie Vretagner
mit ®lüd if)re Unabfyängigfeit gegen bie Normannen t>ertr)eibigt unb §war
rjauptfäcfylid) beßfyalb, weil bie trotte fte unter ifyren Sdjutj nafym. 2Ukt)
baS £el)enoerf)ältntß, baS, wie ta) oben ') gezeigt t)abe, 2lllan im (Sommer
942 unter tr)ätiger 9J?itwtrfung beS Königs £ubwig gegen 2Bilf)elm ein*
gelten mußte, jog nod) feine oollige Unterwerfung nad) ftct;. Allein beut*
licr) gibt globoarb ju t?erftet)en, baß ber Vertrag, welchen bie SBretagner
944 mit ben Normannen abfctjfoffen, fte in bie §anbe ber Sedieren lieferte.
9htr oon Jtönig Subwig fann ber 2lnftoß ju biefem Vertrage ausgegangen
fein, ber granfe £ugo aber muß burd) bie oon globoarb erwähnten Ver*
fyanblungcn bie Sad)e eingefäbelt tjaben. Um bie ^ormanbie oon läfttgen
©äften §u fäubern, gab ber Jtöttig bie Bretagne preis. 5lllan unb
feine ©enoffen erlagen, aber ber $önig erreichte feinen 3wctf, bie r)eib*
nifcfyen SBifinger ließen ftct) großenteils in ber eroberten Bretagne nieber,
bie S^ormanbie war oon ifynen gefäubert unb ftanb ben Umtrieben £ub*
wigS offen.
@letd)Wor)l glaubte $önig Subwig and) je|t noct) utcfjt ol)ne frembe
$ülfe bie le|te §anb an bie (Eroberung legen §u fönnen. (£r bietet ^erluin
»on $ontf)ieu, Arnulf üon glanbern unb oerfctjiebene SBtfcfyöfe ^euftrienS
unb 23urgunbS auf, mit il)m gen Kotten ju §ier)en. 3"g^1'^ erhält £ugo
von grancien, bem abermal eine wid)tige 9?olle übertragen tft, ben Auftrag,
oon heften l)er gegen 23ateur »or§ubred)en. 9Jiit großer ^eereSmadrt riteft
ber ^önig in bie S^ormanbie ein, er betrachtet alfo biefe *ßroom§, obgleid)
fte fta) if)m fct)on 943 unterworfen r)atte , als ein feinbIicf;eS £anb. 3n
ber $f)at [teilen ftct) bem glamänber, ber bie Vorfmt bilbet, mehrere 6a)aaren
entgegen, werben jeboct) §urücfgetrieben, Subwtg felbft tft fta)tlicr) überrafajt,
als bie Stabt D^ouen cfym stampf ifyre Sttjore öffnet. 3)ennoa) ftnb auet;
nad) bem (Jinjuge beS Königs Normannen genug bafelbft, welche lieber
ifyrer £etmatr; ben 9tuden festen, als ben geforberten £ulbigungSeib leifteten.
l) @. 194.
«Biertcö 33udj. Ga$. 12. £te Otormanbie unter fötc^arb I., 943-996. 203
2lu3 all' bem folgt, baß bie 9?ormanbte, nacbbem ^erluüt $ouen ver*
(äffen Jjatte , um ben $rieg wiber Arnulf ju beginnen, von Äömg Subwig
abgefallen war. Detter erhellt au3 globoarbö Korten, baß £ugo von
granrien mebt of)ne einen neuen Solm ben 3ug vom Svätherbft mitgemacht
hat. 2)er (S^ronift fagt, jtönig Subwig J)abe ihm alö ^reiS ber £ülfe
bie Stabt S3ateur verbrochen unb fügt weiter bei, aueb bie Einwohner
von (Svreur feien in £ugo'3 *Pflid)ten geftanben. 23ejüglicb (enteren *ßunfte$
ftnb zwei Salle möglich: entroeber f)atte «Jpugo, febon al£ er im griifyling
943 @vreur an Subwig abtrat, gewtffe *Red)te über bie Stabt fta) vorbei
galten, ober war ir)m vor bem £0?arfct)e gegen SBateur bie Diücfgabe elfteren
£>rte3 vom Könige zugejtdjert worben. Slllem als Subwig ber Uebcrfeetfc^e
gewahrte, baß bie Normannen ftdr) über (Erwarten gutwillig fügten unb
baß folglich eine bebeutenbe *partf)ei im 2anbe $ur föntglidjen Sache l)tn*
überneigte, vergaß er bie bem ßavetinger gemachten 23erfvredmngcn unb
forberte bemfelben fowof)l 23aieur atö Qrvreur ab. §ugo ger)orcbte, aber
würbe feitbem Sobfeinb beS Königs, deines (§rad)ten$ ift eö Unwillen
unb Slbfcbeu gegen ben unftnnigen $Ian, ba3 ^eibcntfmm wieber im £anbe
aufzurichten, geroefen, wa$ viele Normannen auf Seite beS Königs \)ix\*
übertrieb.
3n golge bamaliger Unterwerfung ber 9?ormanbte ergriff ber ^önig
eine widrige Maßregel, von weiter jeboer) bie 3ci|9eno)fen globoarb unb
Richer fchweigen, Wiewof)l fte (Srfterer nach meinem ©efühl wenigftenS ver*
fteeft anbeutet. 3)ubo erzählt: *) „als J!öntg £ubwig nach (Srmorbung beS
£er§og6 2Öilhelm §u Kotten angelangt roar, nahm er ben jungen ^Ridjarb
ju ftch in fein Duartter unb behielt ir)n ftetS in feiner üftärje; beßhalb ver*
breitete ftd) in ber Stabt baS @erüd)t, ber Jtönig habe befcbloffen, ben
Arbeit ber 9lormanbte nach 9?euftrien abzuführen. 2)te Normannen von
9touen gerieten in wtlbe Bewegung, eilten mit getieften Schwertern jutn
Jtimig unb bebrohten ihn mit bem £obe. £ubwig aber fd)loß ben ^rinjen
in feine Sinne, verfteberte, baß er bie befteu 2lbftd)ten für ben Knaben
ihm eine vortreffliche Erziehung geben werbe, waö jeboch niebt fyier §u
$ouen, fonbern nur im föniglichen ^alaft ju Saon möglich fei, weßhalb er
e6 für feine Pflicht halte, il)n nacb ^euftrien überzuftebeln. Ü)urch biefe
Sieben beS Königs," fährt Ü)ubo fort, „würben bie Normannen befchwidjtigt
unb fahen ru^ig $u, als ber Äönig bei feiner 2lbretfe ben ^rinjen mit
nach £aon nahm. 2)ort angefommen, erhielt Subwtg eine 33otfa)aft von
Seiten be$ glamänberö 5lmulf, welche ihn aufforberte, ben Knaben §u be*
feitigen, bie 9?ormanbte §um ^rongut ju fa)lagen unb bie 9?ad)fommen ber
normanntfehen Eroberer fo lange mit fct/Weren Steuern ju belaften, bis fte
l) JDuc^eönc ©. 114 flg.
204 ©regoriuS VII. unb fein ßtitalkx.
in il)re norbifd^e ^eimatf) nirüdf ehren würben, .ftönig Subwig," berietet
3)ubo weiter, „war entfd)loffen, tiefen 9?atr) ju befolgen, als fcbnelte glud)t
ben Knaben rettete. "
Unbenfbar ifr, baß bie ©runb§üge biefer <8age, welche auet) buret) bie
anbern normannifdjen (Sfyromften wieberholt wirb, erbiebtet fem fotlten, aber
3ett unb 9£>benumftänbe ftnb irrig. 23et feiner erften "9tnw>cfen^ctt §u
State*; gletct) nach (Srmorbung 2Bilf)elm6, fann Subwig ben Knaben Dticbarb
niebt mit ftcf) genommen I)aben. 3)enn globoarb, beffen <Sl)rontf an ©e*
nauigfett einem $agbud)e gleichkommt, berietet, baß jene Normannen, welche
nach ber erften Slbretfe SubwigS ba£ t)eibnifcr)e ^Banner aufpflanzten, auch
ben *ßrtn$cn für ihren $ßlan gewinnen wollten, folglich war 9ticbarb ba*
maU noch in Sfcouen. (Sbenforoenig barf man bie Abführung be3 Knaben
in bie Seit t>erfe^en, ba bie aus bem Horben herbeiftrömenben 2Bifinger
im Sanbe ftanben, benn ber $önig wagte niä)t et)er etwas (Sntfchetbenbe£
ju unternehmen, als bis er biefe gremblinge naa) ber Bretagne beförbert
hatte. (Snbltch ift in i)ol)em ©rabe wahrfcheinlicb, baß £ubwig erft bann §u
ber fraglichen Maßregel fc^ritt, als er ftd) einer bebeutenben $artt)et
im Sanbe oerftetjert glaubte; benn fonft würben bie Normannen oon holten
entfd)loffenen Siberftanb geleiftet haben, wätjrenb fte laut SJubo'S ^Bericht
bie Abführung ruf)tg gefeiten ließen. 9Zun gef)t aus gtoboarbS (SI)rontf
heroor, baß Hörrig £ubwig ntd)t früher, als gegen 5luSgang beö 3at)reS
944 auf einen feften 5lnr)ang unter ben Normannen rechnen burfte. (Srft
um biefe 3eit fann ber ^rin$ nact) £aon gebracht roorben fein. 3Me wenigen
Normannen, tton welchen globoarb fagt, baß fte lieber baS £anb »erließen,
als ^utbtgung leifteten, machten oietletcbt einen legten 33erfuct), ben *ßrttt$en
ju retten, unb eilten nt btefem 3wede bewaffnet nad) bem föntgtidjen Duartier,
gaben aber tt>r Vorhaben auf, wie fte faf)en, baß bte 9Q?affe gleichgültig
bleibe, (Somit fö'nnte auch au bem Auflaufe, ben 2)ubo erwähnt, etwas
SBafneS fein.
Slnbere Sfyatfatyn beftätigen bie eben entwickelte Sinnahme. £)ubo'S
SBertcbt bringt bie Abführung beS *ßrtn$en in engen 3ufammenfyan9 nu*
einer Steife beS Königs nach £aon unb mit einer Unterrebung jwtfchen
£ut>wig unb bem glamänber Arnulf. Wohlan! fo oft auch globoarb §wtfcbeu
bem Sobe 2ßtlr)elmS unb bem Anfange beS 3ar)veS 945 Reifen erwähnt,
welche Subwig ber Ueberfecifche nach OJouen unb §urüd machte, läßt er ihn
nur bei obigem 5lnlaffe unmittelbar tton Olouen nach £aon gehen unb ttetv
fnityft mit ber TOdreife abermal nur beim fraglichen Einlaß eine Unter*
rebung jwifchen ihm unb Arnulf. 2)abet fprtcht •) er geheimnißooll von
*) Reversus rex Laudunum et cum Arnulfo locutus , dispositis quibusdam rebus,
Rodomum regreditur.
93ietteg Sud). (Sap. 12. 5£)tc 9lormanbie unter' dtifyax'o I., 943—996. 205
bem ©egenftanbe btefeö ©efvräcbS, „gerviffe Slnftolten feien bantala getroffen
roorben." 2)a$ be$tet)t ftcf> meinet (SracbtenS auf baö 6cbidfal be$ rtaa)
Saon abgeführten, bem 93erberben gerveibten (Srben ber sJ?ormanbte.
Ü)te an $id)arb verübte ©eroalttfyat ließ feinen 3^eifel ju, baß bte
2lbftct)t be$ Königs bal){n jiele, ba3 ^ormannenleben jum jfrongut §u
fcblagen. ©elattg bteß bem @arltnger Subroig, fo fcbrooll bte föntgltcbe
Wlaijt fo fet)r an, baß aud) «£>er§og $ugo von graneten bte btSfyer einge*
nommene (Stellung nid)t mct)r behaupten fonnte, fonbern verloren mar. 3»
ber 5Tf)at t)anbelte ,§ugo fettbem fo, als ob er ftet) febroer *>ebrol)t glaubte. -DJttt
Slnftrengung aller Gräfte arbeitete er barauf f)in, bte 9?ormanbte bem Könige
ju entreißen, ben jungen Normannen Sftcbarb §u retten, aber aueb it)n §u*
gletcb in ein $afatlcnverr;ältntß jum eavetingifeben £aufe ju verbriefen.
globoarb beriebtet1) $um 3ab)re 945: „an £)ftern überfielen bte ©rafen
53ernt)arb von ©enlte unb Setbalb von SourS in @emetnfdt)aft mit £eri*
bert III. von 2krmanboi6 ba£ fönigltctje (Schloß -äftonttgnr; (bei ©otffonö)
unb ^erftörten e$ von ©runb aus. gerner nafym ©raf 23ernl)arb bte 3ager
beS Königs gefangen, entriß ifmen §unbe, $ferbe unb alle$ übrige 3eu9>
aud) bte $ßfal$ (Eomviegne griff er an unb befehle fte fammt mehreren um*
liegenben Dörfern, jlöntg £ubrmg aber bot ein £eer von Normannen auf,
rief ben ©rafen ^erluin von ^}ontt)teu ju £ülfe, jog überbteß einen £r)etl
ber (Strettfräfte beö ©rafen Arnulf von glanbern an ftd) unb belagerte mit
gefammter 9J?act)t bte 6tabt JRljetm^. SBäfyrenb beffen fämpfte «£>er§og
^)ugo roiber eine anbere @a)aar von Normannen, bte in fein ©ebiet einge*
brocken war unb trieb fte mit großem QSerlufte §urücf. 2)ann fdjttfte er
©efanbte an itöntg £ubrotg in3 Sager vor 9?t)eimS, unb machte ba$ Slner*
bieten, baß er bereit fei, ftet) be§ügltd) ber fünfte, über welche jrotfajen
tt)m unb ber .ftrone (Streit obwalte, einem @ct)teb3gertcr;t pt unterwerfen,
wofern ber jtöntg bte Belagerung von ^fyeimS aufgeben würbe. Subwtg
ging auf baö 5lnftnnen ein, fct)loß mit £ugo einen 2Baffenfttllftanb unb
rütfte nun in bte 9?ormanbte ein."
übermal tt)etlt globoarb nur ba£ äußere ©erüfte ber $t)atfacr)en, unb
jroar btefeS allerbtngS jtemlid) genau mit; aber ber innere 3ufammcnfyan9
muß l)ergeftellt werben. 2Bie man ftefyt, wäfjnte Köllig Subwig bereite
völliger £err ber 9?ormanbte §u fein, ^r bietet §voet normänntfcf)e §eere
auf unb jte folgen in ber Xi)at feinem JRufe. Allein nadb roenigen Monaten
jeigte eö fta), baß roeber bie §errfcbaft ßubrotgö feft begrünbet, nod) bie
5tnt)änglicbfett ber Normannen ernftlid) gemeint roar. Ü)te eine @d)aar
tvarb gegen QSermanboiö beorbert. 2Barum? weil Heribert III. gemeine ©acbe
mit 33ernf)arb von 6enlt6 unb Setbalb von ^ourö gemalt Jjatte. ü)te anbere
$er| III, 392.
206
*ßa6fl ®regoriu$ VII. unb fein ßtitalkx.
<Sa)aax frei ins ©ebtet beö £er§og$ £ugo ein. Sarum? offenbar beßfyalb,
voeil Äöntg 2ubroig »orauöfcfttc, baß Setbalb, 93ernf)arb unb Heribert in
geheimem Auftrage £ugo'3 bte fömglidjen $faljen angriffen. 3n ber $Sflt
»erhielt ftcf) bte @ad)e fo: roeber Setbalb, noa) 23ernf)arb roaren1) unab*
gängige ©rafen, fonbern 3)tenftleute, 2Öerf§euge beö £er§og3 von graneten.
Durdj tJ?re gäufte fyatte er an £>ftern 945 — ofme felbft verfönltdj I)er*
vorzutreten — ben jlrieg roiber ^öntg Subrotg eröffnet, tiefer fetnerfettS
rürfte, als er feine ©aMöffer burd) bte ©rafen 23ernf)arb unb Setbatb jet^
ftört fal), fetneSroegg benfelben entgegen, fonbern er bot fo viele 9J?annfa^aft
alö möglid) auf unb begann bte Belagerung ber fird)lid)en Metropole
Sfteuftrieng, ber @tabt Öir/etml, roeldje ber itrone 940 unter tfyätiger SSlxU
rotrfung be6 Normannen SBtlljerm burd) Heribert II. von 93ermanbot$ unb
§ugo von graneten entrtffen roorben roar. 3)te ilircrie, ba3 SBiStlmm erfdjetnt
aU ber einige treue 93erbünbete be6 Gerlingers. $ann er $r)et'm6 roteber in
feine ©eroalt bringen unb ben vertriebenen (£r§btfcf;of 2frtolb fyerftellen, fo
fyat er gegrünbete Hoffnung, bte Sdireefen ber Religion gegen bte SSerrcttfjer
ber trotte p roaffnen. 6o oft batjer 2ubrotg auf$ Sleußerfte getrieben
roarb, raffte er feine Gräfte §ur Eroberung von sftfyeimS pfammen.
^ugo verftanb bte Zhat £ubroig$: er bot trjtn SSaffenftittftanb an,
verfvraef; Unterwerfung unb öffnete bem Röntge freien $aß nad) ber Sftor*
manbte. 3)a ber jtönig folebe gortfcfyritte im 9iormannenlef)en gemaebt $u fyaben
glaubte, baß e6 nur nodj nörf)ig fei, bte le|te £anb bort anzulegen, behielt
bte 33egterbe naef) geftebertem EBeft^e ber 9?ormanbte bie £)berljanb über ben
2ßunfa), bie afterbtngS fefyr fcfyroterige unb ungerotffe Belagerung von *Rf)etmö
fort^ufe^en unb Subrotg eilte nad) ber untern (Seine, ntcf;t afynenb, baß h)m
bort eine greuliche gatle berettet roar.
2)ocfy eb)e rotr ir)m borten folgen, muß ein 3tt>tfdjeneretgntß wW^*
bert roerbeu, von bem globoarb abermal fc^roeigt. 2)ubo er§ül)tt:2) „als
bie böfen 3(bfta)ten rudjtbar rourben, roelctye Köllig Subroig gegen 9itd)arb,
ben gefangeneu Sof)n 2Öilf)elm3, f)egte, befebloß ber treue härter be£ Jtna*
ben, £o3mttttb, ber ifyn nad) £aon begleitet fyatte, SItlee an feine Rettung
ju fernen. 3u folgern Smdz eröffnete er geheime QSerbinbungen mit
ben Normannen $u 9touen, gebot bann bem Knaben, ftcrj franf §u ftetfen,
fcrjläferte baburd) bie Slufmerffamfeit ber SMcbiter, bte vom Röntge bem
$rtn$en betgegeben roaren, ein, entfcf)lüvfte etne^ 21benb6, roäb)renb ber ^of
eben tafelte, fcfyroang ftc^ mit ^ic^arb auf bereit gehaltene Stoffe, jagte ba;
von unb entfam glüeflid) nad) bem feften ©cbloffe ©ouc^. $on ba braute
er ben Knaben einige 3^age fväter ju bem ©rafen 33ernf)arb naa) 6enlt6
in ©icfyerrjeit."
4) ©ie^e unten <S. 208.
2) S)ud§eöne <S. 117 unten flg.
93ierte$ 93ud). &ty> 12. $ie Olormanbie unter Oiic^arb I., 943—996. 207
Ü)a3 @cbloß (£oucty, wofytn £o$munb junäcbft flüchtete, Hegt jwifeben
Saon unb (SoiffouS, boef) etwaö fettwärtö in nörbltctkr 9?id)tung. 9facf;
Sftontign». aber, nafye bei (SotjfonS, war an jDftern 945 SBern^arb »on
6enli3 »orgebroaVn. <s»rid)t nun ntebt l)of)c Safyrfcb einlief) fett bafür, baß
23ernf)arb, ber ein 3>ienftmann «gmgo'S war nnb folglicb, wie ftd) unten
ergeben wirb, aud) mit <£utgo'ö bamaligen greuuben, ben Normannen »on
D^ouen, an welcbe ftcf) £o$munb gewenbet batte, tn ÜBerbinbung ftanb, ben
Angriff gegen ÜJiontignty ju bem 3^ecf niaeftte, bte gfadjt beö ^rtnjen au$
£aon &u beefen. 2lud) bem Anfalle auf ben 3agb§cug beS Röntge, fo wie
auf bte CPfaT§ »ort Gunnptegne muß eine äfynlicbe 2lbftcbt ju ©runbe gelegen
fein, nämltcb bte 3)tenftleute £ubwig3 beö Ueberfeetfcfyen ju »erwirren unb
fte su nötigen, baß fte, ftatt ben flüchtigen $rtn§en §u »erfolgen, tfyre 2luf*
merffamfett naa) ben »erfctjiebenften fünften nuteten.
«£>iemit fyaben wir einen f)anbgreiflicben Beweis rttct)t bloS bafür ge*
Wonnen, baß bie glucbt 9ftcbarb6 um £)ftern 945 erfolgte, fonbern aud)
bafür, baß feine Abführung »on $oucn nacr) £aon erft §u Anfang beffelben
3af)re6 vor fta) gegangen fein fantt. 93i3 jum Scbluffe be£ 3at)re0 944
waren §ugo unb jtönig £ubwtg gute greunbe, »orfyer fjätte bat)er «£>oö*
munb fetjr übel getfjan, ftcfjer t 5(ufcntt)alt für !Rtct)arb in bem €cf)loffe
etneö Cannes ju fud>en, wekber ^ugo'3 93afall unb SBerfjeug war. 9?un
»erlief aber laut JDubo'S £>arfteüung jvoifcfoen ber Abführung 9?id)arb$
unb fetner gluckt nur furje j$tit, folglicf) ift ber $rtn$ etwa gegen ba$
9teujal;r 945 r)tn gefangen genommen worben. 9ftcbarb, ein unter ben
bamaligen Umftänben foftbare^ Unterpfanb, war ben ^änben be£ JtonigS
endogen. blieb nur noer; übrig, £ubwig auet) au$ ber Sftormanbie ju
»erbrängen. 3)ieß gefcfyal) rmrHtcr} in einem 3ugc
9?acb ben oben mitgeteilten ©afccn fäbrt1) globoarb alfo fort: „wa>
renb Jtömg Subwig im grüpng 945 $u D^ouen weilte, fcfyicfte ber Normanne
£atgrolb, welcher 23 e fernab er ber Stabt SBateux war, ©efanbre an tl)n
mit ber (Sinlabung, Subwig möcbte fta) bemnäa)ft einer wichtigen Unter*
rebung wegen an einem beftimmtej), £>xk einfmben. 2)er $önig erfaßten
mit wenigen Begleitern, aber bte Normannen famen in großer 2lnjal)l unb
bewaffnet. $lö£ltcb fielen (entere über ba6 ©efolge be£ Äönigö l)er, unb
maebten alle nteber — (aud) @raf ^erluin »on $ont^ieu unb fein 53ru^
ber Lambert würben bamatö erfc^(agen) — ber $bmg allem entfam —
buret; bie Sa)nelligfeit fetnee Joffes — naa) «Rouen, allein wie er bafelbft
anlangte, erhoben fta) bie Normannen ber 6tabt, bte er für feine treuen
5tnl)änger gehalten fjatte, unb nahmen it)n gefangen. Stux% barauf forberte
£cr$og ^ugo »on grancien bie Auflieferung Subwigf, — allein bte 9?or*
2) qSet^ m, 392 flg.
208
5ßafcjl ®tegoviuß VII. unb fein 3eitalter.
mannen üon Sonett erflärten, baß fte i^n nur bann ^ergeben würben,
wenn man ifynen beibe Söljne M Königs a!6 ©eißein ftette. Boten
Würben bafyer an bte Königin ©erberga gefaxt, aber btefe fonnte ftd)
tttcbt entfalteten, ben (Srftgebornen (Sotfyar) §u überliefern, nur ben jünger
ren Heß fte stehen, al3 Unterpfanb für jenen ging ber Bifctjof tton (E>oif*
fonä, 2Btbo, mit bem $rt%ett in ©efangenfcfyaft. SRadjbem tfynen ber BU
föof unb ber ÄönigSfofyn ausgeliefert war, überantworteten bte Norman*
nen ben gefangenen Jlöntg in bte ^änbe <£>ugo'3. 2lber biefer ließ tt>n mit
9?td)ten frei, fonbern gab tf)n einem feiner Di enftleute, bem ©rafen
Setbalb, §ur QSerwafyrung, ber ben $öntg faft nod) ein gan§e$ 3a*>r ge*
fangen fytelt."
SßelajeS ©ewebe öon ^interlift! Subwig fyatte im 3afyre 944 bie
«gmlbigung ber ©tabt Bateur empfangen. Sie fommt auf einmal ber
Normanne ^atgrolb als 33efer)I6l)aber borten? ^tetjer, ber freilta) an ber
betreffenben Stelle fyauptfädjlict; globoarbS @t)ronif au6§ufd)retben fdr)etnt
unb • bcP)a(b als 3^ge Wenig ©ewtajt r)at , beutet1) an, baß Äönig £ub*
Wtg felbft bem Normannen ben Befefyl übertragen r)atte. 2Bentg liegt an
Beantwortung biefer grage. dagegen ift fonnenllar, baß 5llleS wa$ tton
£)ftern bis §erbft 945 gefcbal): bte Vertorfung beS Königs naa) ber 9for*
manbie, ber Berratf) ,£atgrolbS, bte ©efangennefjmung §u 9touen, bie $lufc
lieferung £ubwigS an £ugo, ein jwifc^en bem (entern unb ben ,£>üuptlm*
gen ber Normannen abgefarteteS @piel war. 3^ behaupte, bteß würbe
gewiß fein, wenn aua) ma)t ^ta)er auSbrürfltct; bafür einträte, welcher
fagt, ') ^erjog £ugo r)abe ben ganzen Betrug mit einigen Normannen, bie
$u tr)m übergegangen waren, tterabrebet. Die arme Königin fcon granf*
retcr) l)atte ben boppelten (Ec^mera, außer bem ©emafyl auet) nodj ben 8or)n
— unb §war ofjne alle gruetjt — gefangen ju fefyen.
Die Beljanblung, welche ftet) ber ßapetinger §ugo gegen feinen SefjenS*
r)errn erlaubte, erregte ntcr)t MoS in granfreict; Särm, aud) baS 2luSlanb
begann ein 2Bort bretn §u reben. Die Könige t>on (Snglanb unb Deutfa>
lanb brot)ten. Unter biefen Umftcmbäfl glaubte §ugo, baS Spiel nict)t
weiter treiben su bürfen, aber üorfyer folgten alle möglichen grüßte beS
SßerbrecbenS gepflütft werben, globoarb son 9?r)eimS ift, obgleich er mei*
neS (Srad)tenS öiel mefjr weiß, als er fagt, an biefem fünfte feiner (§r*
jäfylung angefommen, außerorbentltd) fctjweigfam. (§r berichtet2) MoS: „im
Safyre 946 berief «£>er§og $ugo mehrere ©roße 9teuftrtenS §u einer Ber*
fammlung, welche ben Äöntg £ubwtg, nadjbem er faft ein 3afyr in ^>aft
beim ©rafen Setbalb jugebrac^t fyatte, wieber auf ben $r)ron einfette.
Doct) mußte Subwtg als *ßreiS feiner Befreiung ^orl)er Stabt unb Burg
l) $tx$ III, 598 oten. 2) «ßc^ III, 393.
Stertes 93ucr). &ap. 12. S)ie Stformanbie unter 9frcf)arb I., 943—996. 209
Saon, meiere bt6 bafytn tue Königin befefct $eft, ausliefern, £>ugo aber
übergab befagte 6tabt an ben ©rafen Setbalb. SRadbbem £ubwtg auf
fokbe SÖetfe bte @f)ren ober t>tclmc^r ben tarnen beS jlöitigtfmmS jurücf^
empfangen fyatte, fyulotgten tf)m §ugo unb bte anbern anwefenben ©roßen
von Beuern."
9J?tt gutem guge fprtdit globoarb vom bloßen tarnen beS ,ftöittg*
tbmmS. 51(6 2ubwtg ber Ueberfeeifd)e vor 10 Sauren auS (Snglanb l)er*
übetfam, fonnte er wentgftenS jwet größere Stäbte beS 9fetd^S, OfljetmS,
bte fircblicfre Metropole, unb Saon, eine ber ftarfften geftungen beS öftltd)en
©allienS, fein eigen f) nennen. 3ene Ratten t()m 940 bte vet bünbeten ©roß*
vafallen entrtffen, btefe raubte tf)tn ber capettngtfcbe Slfynfyerr jefct. £ubwtg
war vollenbS mm Könige of)ne £anb, jum Bettler geworben, barauf be*
ftfranft, fein ßeben von ben 2ümofen ber S3ifcf>öfe unb Siebte ju friften.
9cod) bemerfe man bte ^eucbelet, weifte £ugo bis §um legten Slugenblicfe
trieb. £)bgletcf> 2aon in feinen 6atf fiel, nafym er ben $$etn an, als ob
er bie 6tabt einem Slnbern, bem ©rafen Setbalb, übergebe. Unb bod) ift
Setbalb er felber, beim btefer ©raf, ber ntd>t mit Unrecht ben ^Beinamen
beS 6cfcelmen erlytelt, roar ein ©efftöpf ber ßapetinger.
Die Demütigung , wehte bamalS Subroig ber Ueberfeeifa^e erfuhr,
erftreefte ftd} no* viel weiter. 3ur felben Seit, ba er bte größer* roieber
erhielt, mußte £ubwtg laut Dubo'S Angabe 2) ben 6ofm 2£tll)elmS, $id)arb,
ber bie baf)tn in 6enliS geblieben roar, als «£>er§og ^er SRormanbte aner*
fennen. Dubo fagt, letzteres fei auf einem Sag an ber (Spte, wofyl §u
6t. (Slere, gcfdKfyen. SBielletdjt ftatte bte SBerfammlung, auf weiter Sub*
roig nacb globoarbS S^ugniß mit bem föntgltcr>en tarnen befajenft roarb,
am nämlicben £)rte ftattgefunben. ^BteXXetc^t führte aber §ugo ben (Sarltn*
ger erft fpäter naefy 6t. (Slere, um bort ben jroeiten 2lft vorzunehmen.
Der 93ert*t, roelcben ber Domherr von 6t. Duentitt über bie bamaltgen
Vorgänge erftattet, leibet an vielen 3rrtf)ümern, welcf>e bura) globoarbS
vollfommen glaubroürbige 2luSfage wiberlegt werben. 3cbenfallS ftefyt feft,
baß ber junge iRtd)arb bamalS nacfi *Rouen jurürffebrte unb als anerfamt*
tcr (Srbe beS SanbeS fyerattwucbS.
5lüetn mit ber re#tltcr;en Stellung ber ^ormattbte ging auf bem
Sage an ber (Spte eine burebgreifenbe Slenberung vor. 3n einer Urfunbe3)
vom 3a^re 968 befennt ftd) £erjog Warb felbft als SSafall ntftt ber
franjoftfe^cn Ärone, fonbern beS gürften ber granfett, £ugo. @r fyat alfo
ein förmliches SefyenSverfyältmß gegen baS capetmgtfaje £auS eingeben
muffen. Sann ift Heß gelegen? bereits vor 948 unb 949! beim aus
») Wlan »crgletc^e bte 2ßorte, Weld^e Stierer bem Könige tn SWuttb legt, hist. II, 52.
$erfc III, 599. 2) ©ud^egne @. 126. 3) 93ouquet IX, 731.
® frörer, $abfl ©regortu« vii. 33b. III. 14
210
$afcfl ©rcgoriuS VII. unb fein Settalter.
2)em, roaS ber 9tr)etmfcr @f)ronift biefen Safyren benotet, ge^t Ijervor,
baß £ugo bor @roße voie ein 8ef)en3r)err über bte «Streitfrage ber 9?or*
manbie verfügte : berfclbc bot1) bte Normannen gletdj feinen eigenen $)tenft*
mannen nnb jroar ntdt)t für 3^ecfe ber $rone, fonbern für eigene 9ied)nung
unb roiber ben ^önig anf. 2ötr werben alfo auf ben Sag an ber @pte
vom Safyrc 946 fytngefüfyrt. Dort muß 9?idjarb Sßafalle §ugo'3 geworben
fein. 2Öa6 ift aud) an ftd) roal)rfd)etnltd)er, al3 baß ber ßapetinger, ein
überaus etgermüjjtger 9fed)tter, ftd) für ben 2)tenft, voelcben er bem jungen
9?tct)arb letftete, fo r)oeb a!3 möglid) bejaht machte!
3)tc neue, ben ßapetütgem gegenüber eingegangene, $erbtnbltd)fett ver*
nieb tete ben gortbeftanb ber älteren 9ßafaHenfd)aft, fraft welcher bie 9ior*
manbte ben Röntgen 9?euftrten6 verpflichtet roar. S)enn §ugo tb)at ba6
2Öerf ntd)t bloS §ur £älfte, fonbern ganj. (Sin @d)riftfteller vom @nbe
beS 12. 3af)rf)unbert$ , welcher bte ßfyroutf beö 9J?önd)3 2BtIl)eIm von
3umiege£ mit 3ufä£en ausstattete, melbet2) golgenbeS: „in bem Vertrage
§roifd)en granfen unb Normannen, fraft beffen Äönig £ubroig feine greü
fjeit roteber erhielt, voarb beftimmt, baß fytnfort bie Herren ber 97ormanbte
ben farltngifd)en Röntgen feilten 3)ienft mef)r $u letftcn l)ätten, außer nxnu
befagte Könige jenen trgenb ein £el)en in granfreieb erteilten, für roeld)c3
bann befagte ^erren atlerbingö §um 3)tenft verpfltcbtet fein roürben. (Seit*
bem brachten bte Herren ber ^ormanbte ben Röntgen einfad) bie (St)rc ber
^ulbigung bar, roobet jebod) baS Slngelöbniß ber Brette ftd) barauf be*
fcfyränfte, baß befagte Herren ftd) roeber am Gngentf)itm, nod) am £eben beö
^öntgö Vergreifen wollen. 4)a6 g(eid)e $erfpred)en mußte aber aud) ber
^önig gegen ben 9?ormannenl)er§og ablegen, unb fanb bafyer §rotfd)en bem
Könige unb bem <£)er§oge nur ber Unterfd)ieb ftatt, baß erfterer bte @f)re
ber §u(btgung empfing, fte aber ntd)t leiftete/'
Dbgletd) fel)r rotd)ttg, ift bte Angabe be6 unbefannten @d)riftfteilerö
unvoltftänbtg, benn er f)ätte beifügen follen, baß 9?ormanmen3 §er§oge bte*
felbe £efyenverpfltd)tungen, von welchen fte ber Sag an ber (Spte gegen*
über ber trotte befreite, |u ©unften eines 3lnbern, ber ntctjt ^önig, über*
fyaupt von §au6 au£ ntebt mef)r al$ 9Mo'ö 9?ad)folger war — alfo in
läftigerer 2Beife übernehmen mußten. 3nt Uebrigen fann roiber bie SOBatyr*
f)eit obiger 9ktt)rtcf;t inct)t ber leifefte B^ifel obwalten. Die SluSfagen ber
Urfunbc von 968, bann globoarb3, 3)ubo'3, unb enbltd) bie be£ unbefann*
ten 9J?öncriS, ftü^en, tragen, beglaubigen ftd) gegenfetttg.
Stuf bem Sage an ber @pte f)at ber capettngtfcfye 5tt)nljerr §ugo p SBege
l) $er£ III, 397 Sftttte. Hugo collecta suorum multa Nortmaunorumque manu
Suessonicam aggreditur urbem. (gbenfo ibid. junt Safyve 949 (Seite 399 SWttte. 2) S)u*
(^eöne a. a. D, <S. 316.
Viertes ©itd&. <&ap. 12. SDie Otovnmnbie unter 9iicf)avb I., 943—996. 21 1
gebracht, baß bfc $rone granfretd^ feinem $aufe jufallen mußte. 93er*
möge ber errungenen Sefyenfyenlicfrfett über bie ^ormanbie mürben bie (Satoe*
tinger, mtofotrfttfyify 3u$Uid) 9a^ a^H>r berfelbe ßapetinger burd) bie
©reuef, welche er an feinem Senior, bem ßarlingcr Subroig, verübte, ben
(Srben 9ftd)arb3 ein 9iect)t in bie ,§aub, ben auf ben £f)rou gelangten
ßnfeln «jpugo'S mit gleicher Sftünjc hetm$u$ar)(en. 3ebe ©dmlb räd)t ftcf>
auf (Srben. 93?an fann fagen, baß ber Sag au ber ($vte bie jteime Der
©a)Iad)ten von (£rect unb 3Igincourt enthielt, ba (SnglanbS 23auernfö'hne
ben fran$öftfd)en 2lbel ^ermahnten unb bie trotte 9?eufter in ben (Staub
traten.
3ulef$t erhoben ftdj Bacher gegen §ugo, aber eigennützige, bie niebt
Daran baebten, bem Könige Subnug $ed)t §u verfd)affen. 3m ©egen^eü
gedeih ber Unglütflicbe abermal vom Regelt in bie Traufe, globoarb be*
riebtet1) weiter $um 3ar)re 946: „Königin ©erberga r)attc au ihren 93ru*
ber, ben beutfeben £>crrfcher £)tto, ©efanbte gefdueft, um fchnetle «gmlfe 311
erflehen. 3n ber £hat fammelte £)tto au$ allen ^roütnjen feinet Geichs
ein £eer, brach in granfreieb ein, §og bort bie Strettfräfte be3 SBurgun*
berfönigö 9fubolf an ftefo. 5(ud) jlönig £ubroig erfebten im beutfeben Sager
unb warb beftenö aufgenommen. 3«fammcn rücften fte vor Saon (ba$ ftcf>
in ben Rauben SetbalbS be$ (Schelmen befanb). 3>a aber £>tto faf), baß
Saon gar feft fei, fefyrte er rtueber um, roanbte ftd) gegen $hctm£, ba£ er
fogleid) mit feinem ungeheuren §eer umzingelte. Irinnen lag §eribertö IL
Sohn, «jpugo, ber unred)tmäßtge 33tfcf)of, roe(d)er fd;on am Dritten Sage
au^og unb bie Stabt übergab. 2ll6balb festen bie gürften ben feit 940
vertriebenen (Sr^bifchof Slrtolb roieber ein, an ber einen §anb führte it)n
SJietrovolit gnebrtcf) von 93?ain§, an ber anbern (Srjbtfcbof Robert von
Srier auf feinen S^ron. 3)rauf ließen bte verbünbeten Könige bie Mnu
gtn ©erberga in 9^t)eimö §urüef unb fielen in baö ©ebiet £ugo'$ ein. Ü)ie
@täbte mieben fte, aueb SenltS , ba$ fte gern belagert hätten, roäre e3
nta)t $u feft geroefen, bagegen verheerten fte ba3 vlatte £anb mit geuer
unD Scbroerr. (Sbenfo machten fte e3 in ber 9iormanbie, bie mit 5lu£nar)me
ber ©täbte von einem (£nbe §um anbem verroüftet roarb. 3)rauf festen
bie Röntge um, unb jeglicher ging in feine ^etmatr;."
2ßarum erfuhr außer bem eigentlichen ©ebiete «gmgo'3, b. 1). außer ber
©treefe, tvela)e bie ©aue von $ari6, £)rlean3, SBTotö, SourS, (5l)artreö,
33eauvai3, SenliS u. f. ro. begriff, auch bie 9cormanbie eine feinbliche
33ehanblung? Offenbar beßhalb, weil bte verbünbeten Röntge in ber üftor*
manbie ein untertänige^ £anb beö ßavetingerS fahen. 5llfo treten fchon
hier grüßte be6 Vertrage von ber (£pte anö Sageölicht t)erüor. 3)er ganje
l) 91. a. £>• «Per^ III, 393.
14*
212
$abft ©regottuö VII. unb fein ßtitaUtt.
bletbenbe ©eroinn, bcn ber mit fo viel £ärm pgerüftete gelang £>tto'S
braute, befrtränfte ftd) auf bte Eroberung von 9lf)etmS | unb rooju benü^te
fte nun ber (Sadjfe? ^aju,1) um bte neuftrtfdje Kirche von ber beutfchen
abhängig §u machen, ba§u, um fran§öftfd)c gragen auf beutfdjeti 6tynoben
$u entfärben, bannt vor aller 2Öelt offenbar roerbe, baß ber ßarltnger
Shtbrotg ein Vafalfe ber beutfchen Krone fei. Schmählich beutete £)tto bie
Verlegenheiten feines ScbroagerS Shtbrotg aus.
2ßarum fjat er bagegen bie Cpiä^e £aon, SenltS, $aris, Otouen einer
Belagerung nicht n>ertr) erachtet? sJctd)t barum, roetl fte ju feft fc^ienen
— benn ein großes unb tapferes ^>eer finbet ben (Sd)lüffet §u allen geftun*
gen, fonbern weil cS ntd)t feine 2lbftd)t roar, ben (Sarltnger ju ftärfen.
Grüben blieb OTeS in alter Unorbnung unb Scbroäche. ftxvax erlitt <§ugo
in ben nätfften 3al)ren einige heitere pfiffe: ber Kirchenbann roarb roiber
tr)n gefd)leubert, unb biefe geiftlid)e 2ßaffe nötigte tr)n, einen Vertrag mit
Subroig §u fließen unb bie Burg von Saon im 3ahr 950 herauszugeben. 2)
Ü)ennod> fam ber (Sariinger nicht ju Kräften, fonbern mußte fein Schein*
fönigtl)um mit beutfd)er ©nabe friften.
Senben roir uns nad) ber 9iormanbte: ber junge *Rid)arb roof)nte
roteber zu Üioucn, aber nidjt als §err beS £anbeS, fonbern er ftanb unter
ftrenger Vormunbfd)aft. 2)ubo erftattet einen rounberltct/en Bericht, beffen
^auvtjüge id) mitteilen muß. „&k ©eroalt über bie Stabt 9^ouen," fagt3)
er, „unb aud) bie Verwaltung ber herzoglichen Kammergüter fyattt ftd)
$obulf angemaßt, ber ben Beinamen barba torta trug, tiefer 9Jtenfd)
ließ bem jungen $td)arb für feinen unb feiner jungen <Solbaten Unterhalt
täglich nur 18 Denare ausbezahlen/' 3m golgenben erzählt bann 3)ubo,
roie ber junge Herzog ben Uebermüthtgen nötigte, erft bie Stabt, bann
auch baS £anb §u vcrlaffcn. $un begab [ich C^obulf mit feinem ganzen
©eftnbe nad) ^ariS, jum bortigen Btfd)ofe, ber OfobulfS Vater roar. Bei
biefer ©elegcnhett braud)t £>ubo ben 5luSbrucf : $obulf fei ju 9iouen £)berft
ber Wlüi% gevoefen, unb gibt zugleich §u verfielen, baß ein Xtyil ber nor*
manntfd)en ©roßen mit bem (Sohne beS $arifer Btfd)ofS jufammenfpielte.
SaS foll baS heißen? teilte Anficht tft biefe: bie Stabt $artS bitbete
ben SJitttelvunft caüetingtfd)er Bedungen. 3uverftchtltd) barf man annehmen,
baß ^ugo ber ©roße auf ben bortigen <Stul)l nur ihm blinblingS ergebene
(Slertfer erl)ob. Kann aud) ein Bifcbof, ber offen in ber ßhe lebte ober
gar Baftarbe vor ber 3Belt als feine (Söhne anerfannte, etroaS anbereS,
benn ein 90tiethting gervefen fein? Wlit bem (Sol)tte verhielt eS ftd), rote
mit bem Vater: er roar ein weltlicher £)ienftmann «£>ugo'S.
') ©fröret, Stixä). ®efc§. III, 1211 flg. 2) 3)af. @. 1215 unb $erfc III, 400
Olm. 3) ShidjeSne ©. 127 f(g.
SSiertee 23ud&. Sap. 12. £)ie ^ormanbic unter 9ticr)arb L, 943—996. 213
$lber wie braute tr)n btefer na* 9fcouen ? 5ütf fetefitem unb gebahntem
2öege ! Ü)er Sag an ber @pte fyatte ,§ugo sunt £)berlef)eu3r)errn ber 9?or*
manbie gemalt. 3)tefe (Stellung febloß jugleta) bie SBefugmß ber Vor^
munbfebaft in (tcb. Ueberau*, wo £ef)enrecbt beftefyt, ftnb bie 6entoren na*
türftc^e Vormünber minberjäfyrtgen Vafallen. «jpievon ©ebranet} madienb,
ernannte ,!pugo feinen 3)ienftmann S^obulf jum Vormunb - Stellvertreter
bei bem unntünbigen *Rtd)arb, unb übertrug erfterem ^ugleicb, bamit er bie
bittet in £änben fyabe, nötigenfalls 2Öiberfpenftigfeit mit gewaffneter
§anb ju breeben, ben £)berbefef)l über bie r)erjoglicbe £eibwarfie, weßfjalb
ifyn 3)ubo Dberften ber 9J?ift§ nennt. 2)em Vormünber ftanb weiter bie
Verwaltung be3 normannifd)en $ammergut£ §u: $obulf beutete btefen
Sfyeil feinet Slmtö jum Voru)eil be$ £>berf)errn §u *ßari3 au6. Um mög*
lief) öiel ©elb in bie klaffe <§ugo'3 abliefern §u fönnen, \)k\t er ben *ßrin*
jen fnapp unb befcfyränfte bie «goffyaltung auf anbertfyalb Scbtlliuge täglicf).
2)a3 wurmte bem jungen §erm, aber gletd)Wol)l gebulbete er ftcf) fo
lange, biö er bem läftigen ^eebner in gefeilterer SBSetfc beifommen fonnte.
§atte 9iicbarb irgenb etwas 3Bibevrea)tlicbe6 gegen D^obulf unternommen,
fo würben wir fcon (Stritten fyören, welcbe £ugo tf)at, um ben Zimbel
3urea)t §u weifen, wäf)renb boef? £>ubo nickte ber 2lrt melbet, fonbern im
©egentfyeil, wie wir unten fefyen werben, über ein frteDlicbeS von «§ugo
ergriffenes SJUttel hcxidt)ktf baS aflerbtngS ben üwed fyatte, Oftctjarb in
mefyr als lefjenmäßiger 2lbf)ängigfeit üom capetingifcf)en §aufe §u erhalten,
aber baS feiner 9ktur naef) nur auf münbig (beworbene feine 2lnwenbuttg
ftnbet. 3cb fage barum: Sfrcfyarb r)at bis §um festen Sage feiner 9)?tnber*
jäbrtgfett jugewartet, aber faum war er münbig, fo maßregelte er Dfobulf
aus Stabt unb Sanb funauS. 3)a bie ©eburt 9ftcr>arbS allem 2lnfd>eme
uad) tnS 3al)r 932 fällt,1) fo glaube icf) annehmen ju bürfen, baß $o*
bulf 950, bem 18. SebenSjafyre beS jungen £er§ogS, bie 9?ormanbte »er*
laffen mußte.
(Sine allgemeine Vemerfung ift nötf)ig. 5X>ie neuftrtfe^en ßfjromften
beS 10. 3ab;rf)unbertS ftnb ebenfo ängftlta) unb fa^wetgfam, als bie beut*
fa>n, b. t). fte ftanbett unter gleicher ßenfur. globoarb von 9frjetmS, wof)l
unterrichtet, unb merfwürbtg genau, fagt mel weniger, als er weiß, weil
$ücfftd)ten auf bte (§f)re ber fran§öftfcf)en (^arltnger, bereit Untertan er war,
feine geber fjemmten. (Sr fcf)weigt »on (Sntfübjrung beö jungen 9^tc^arb
nac^ ßaon, unb üon ber 5lbftcf)t beS ^önigö ^ubwig, benfelben au^ bem
Sßege §u räumen, er fa^lüpft über bie fcf)ltmmften Demütigungen, welche
ber ßarltnger burc^ ben Vertrag an ber (Spte erlitt, fnnweg, er mü^t fta)
<§te$e oUn <S. 186.
214
$af>ft ©regoriug VII. unb fein ffciiaWex.
ab, bie Verbred)en beS EapctingeiS «Jpugo — metneö EradjtenS, voett er
trjit fürdUele — fo milb al3 möglicf) fytnjuftellen.
9?od) viel mef)r alö ber *Rl)eimfer füielt ber 2)omr;err von 6t. £lueu*
tin bcu ^ofmann. 3e fetter er üi ber ©efctjicbte 9?ict;arb£ 1. vorfebreitet,
beffen vcrjonlid)e ©unft er genoffen f)at unb unter beffen 6of)ne er fd)rieb,
befto fü^licfyer wirb fein $on, befto ftdjtttcfjer tritt fein 33eftreben fyervor,
sMc§ ju metben, \x>a$ ben gnäbigen §errn §u holten mißfallen fonttte. 2Öte
verwirft er$äl)(t er bte Vertreibung DfiobulfS Sorta, beim er möchte ver*
bergen, baß Die 9formanbie unb Dftd)arb bamalö unter cavetingifd)er 3ucbt*
rutfye ftanb. 2lud) ber normantttfaje Wonty, ber im 12. 3af)rlumbert ba3
©efyeimnif be£ Vertragt an ber Evte aufbedte, Jjat bief offenbar nur
barum gewagt, Will um jene >$ät bie Sßewofyner ber ^ormanbte eö niet)t
mefyr für nötfytg gelten, granfretd)g Könige §u fronen, ®lüd(id)er SÖeife
finb globoarb unb Ü)ubo partfyeüfd) — fo emftg fte ben WtaM ber Siebe
über geheime ©ergäben ber eigenen Herren beefen, glauben fte ftcfy nia)t ver*
bunben, bie ©ünbett ber ©egner ifyrer ©ebteter §u ^erfct)\oeigen. <Bo er*
ääfylt benn Dubo bie Entführung $id)arb£, rväfyrettb anbererfeitö globoarb
»tele gteden normattnifd)er ©efebidite l)er^ort)et>t. Unter biefen Umftänben
wirb e$ mögltcf), bura) Vcrgletdmng Leiber unb burd) 53eijie^ung von Ur*
funbtn ben wahren £ergang ju ermitteln.
(Sin anberer SBeweggrunb — unb §n>ar meines Erad)ten3 dentaler
©eift — roar e3, rvaS ben 3)omf)errit von ©r. £Htentin tymi$f bajj er
einen ,£auvtvunft — baS normannifc^e ,£au3gefe£, — welken er in bem
S8ertct)te über bie Regierung £Bill)elm3 forgfältig öer|üHt |atte, ans SageS*
Iid)t fefyrte. 9?ad)bem er bte Entfernung D^obulfö attö ber 9cormanbte er*
&ä|lt f)at, fagt1) er, «§er$og §ugo von grancien fyabe §rvet ber angeferjen*
ften neuftrtfd)en unb normannifd)en ©roßen §u fta) berufen, unb legt üjm
bei biefem 5ln(af eine lange Diebe in 9Jiunb, bereu furjer ©tttn bar*
auf hinausläuft: Äorttg £ubrvig von ^euftrien ftnne nod) immer auf ba$
Sßerberben 9iid)arbö, barum möge festerer ftd) vorfefyen, unb ftarfe greunbe
$u gewinnen fud)en. ©ein 0£>ugo'3) 9iau) fei, bte betben ©rofkm motten
batjin rotrfen, ba£ D^tcjjarb ftcb enge mit bem capetingifebeu ^aufe verbünbe
unb a(ö Unter))fanb fo(a)er greunbfa)aft bte ^oebter ^ugo'ö, Emma, $um
SSetbe neunte.
Ü)ttbo fäfyrt fort, txnrftid) fei ein Vertrag §u ©tanbe gefommen unb
Emma bem Normannen sugefagt roorben, fügt aber bann bte merfroürbtgen
SBorte2) bei, §ugo r)abe bem jungen 9^id;arb feine ^oebter verlobt, „nicr)t
J) S)uc^eönc <S. 128 flg. 2) Ibid. (S. 129. dedit Hugo dux magtms Richardo
filiam suam firmamento sacramenti , non tarnen statuta lege fescenninae coem-
tionis, verum denomiuato juratoque termino connexionis connubialis. 2)ann einige
<55^e weiter unten : quod Richardus dux filiae Hugonis magni maritali connubio, gratia
SBierteS 93ucr;. &ap. 12. 25ie Ohumanbte unter SÄic^avb L, 943-996. 215
ju einer ©cbeinefye, fottbem jum 23el)ufe einer nur flicken unb wahren
@r)e mit bemßwecfe ber jlinb ererseugung." Offen gcftcf>t alfo ln'er!l)ubo
ein, baß bte @t)en, welche früher normanmfdje £erjoge mit ttornet)men unb
ebenbürtigen Oiomantnnen fdjloffen, ©cbeinet)en waren, unb baß bis auf
^KtdHirb t)erab bte @rben ber 9iormanbte in unel)elid)en SBerbmbungen mit
Leibern nieberen ©ranbeS erzeugt worben ftnb.
3)tc Verlobung febetnt in baä 3al;r 951 ober fpäteftenö ba3 folgenbe
§u fallen, aber faft noa) 10 3at)re [taub e$ an, bi3 auS it)r (£rnft würbe.
$önig £ubwig flerfebieb im ^erbfte 954, §erjog *§ugo tton graneten SDittte
3unt 956. 3)ubo ernannt (enteren Sobeäfall unb fagt:1) „auf bem (Sterbe*
bette t)abe §ugo ben 2Öunfd) auSgefproaVn , baß bie Vermählung feiner
$od)ter mit Ofrcbarb fo bafb als möglta) ftattfmbe." ®letd)Wof)l tterftrtcbeu
4 weitere 3al)re: erft 960, im 28. feines TOerS, führte2) 5Rt*arb @mma
in fein §au3 ein. SQBaö t)at ben Slbfcbluß ber (Sfye fo lange aufgehalten?
3* ben!e: geheime ober offene ^emmniffe, wel^e baS fyerrfaVnbe £au8
von granfretcb in ben Seg legte, weil e$ bie 93erbmbung ber pej mäa>
tigften 3kfallen fürchtete.
3um 2>al)xt 960 berichtet globoarb , wie febon bemerft korben , bie
Vermahlung 9itdwb3 mit (£mma, jum folgenben 3aJ)re erjäblt3) er fobann:
„Jtontg £otl)ar (SubwtgS ©ofyn) fyatte ein Verfammlung tterfefnebener neu*
ftrifa^er ©roßen nacb ©oiffonS berufen, weil aber Ofiajarb, <5of)n be$ 9?or*
mannenfyerjogS 2öilf)elm, biefelbe auSemanberfprengen wollte, warb er oon
gewtffen ©etreuen be$ üöntgS überfallen unb in bie glucbt getrieben, nadj*
bem er mehrere ber ©einigen im Kampfe verloren r)atte." 2Beiter melbet*)
berfelbe (Sfyrontft §um 3at)re 962: „@raf £etbalb befebbete bie Normannen,
focf)t aber unglücflid) unb würbe jurücfgefcb lagen. SÖBegen biefeS Eingriffs
fiel £etbalb in Ungnabe bei feinem Sel)enr)errn, §er§og £ugo (Sapet (bem
©cfywager 9ftdbarb$). 2)eßt)alb wanbte er fteb nun an $öntg Sottmar unb
bie Königin Butter ©erberga, bte tl)tt in (£c§u& nahmen unb ent*
fc^äbtgten."
23t£ 960, folglicf) bis ^u fetner Vermählung, lebte Oftcbarb im grte*
ben mit bem neuftrtfeben £ofe, aber unmittelbar nad)f)er bxafy gefybe auS.
£)a3 r)etßt meinet (£racbtenö, weil ber Normanne bte Softer be$ granfen*
tjerwgS geet)eltcbt fyatte, bebjanbelte il)n feitbem bag föntgltcbie §au6 alö einen
getnb. ^ierauö folgt §ugleta} mit t)ot)er 2öal)rfa)etnlid)fett, baß bie 33er*
§ögerung ber (§r;e fcom §ofe ausging. 511^ Serl§eug aber gegen 9ftd)arb
brausten ^önig Sott)ar unb feine ÜDfutter ©erberga, bie (öfteren bet)errfef)te,
posteritatis et suc cessi onis, se copularet. Ueber ben ©tnn beö SBort^ fescen-
ninus üergletd)e man ibid. ©. 137 SWitte, roo öon ber 33ermäf)Iung Sttc^arbö mit (Emma
bte 0tebe iji : praeparatis omnibus, quae fescennino cultui erant necessaria.
0 Ibid. 136. :) $er^ III, 405 oben. *) Ibid. TOte. *) Ibid. @. 406.
216
$abft ©rcgoriuö Vif. unb fein Stitalhx.
benfefben ©rafen Setbalb von 93loi6 unb (£l)artre$, welchen wir früher
als ScbilbfnaVpen beö alten £ugo feinten (ernten, ber aber jefct eine an*
bere 9Me fvtelte.
lieber bte ©er^Ktaijfe 9itcf;arbS §u Setbalb unb kernig Sotfyar, bie
ber $r)eimfer (Styronift nur obenfym berührt, gibt 2)ubo genaueren 2luffd)luß.
(Sr fagt:1) „aufgereiht burd) feine ©emaljlm (£eutgarbi6, bie Stiefmutter
9f{tct;arb0) lag ©raf Setbalb bem Röntge Sotfyar unb ber Königin Butter
©erberga an, baß fte ben ftoljen 9fformannenf)er§og, ber bem franjöftfc^en
§ofe jeben ^el)enbtenft verweigere, verberben unb feineö SanbeS berauben
möcbten. ^Bereitwillig ging ber jtöntg auf £etbalb3 SßorfaMäge ein, aua)
ber 33ruber ©erberga'S, — (§r§f)erjog'9J?etrovoltt ^Brutto von (Solu — würbe
tn3 ©e^cfmntf gejogett. (Sin 2lnfa)Iag gegen baS £eben D^tcfjarb^ mißlang.
9iun lub2) if)n Sotfyar trügltd)er üßktfe §u einer 23erfammlung frättftfd)er
©roßen ein unter bem SSorwanbe, mit üjm über einen Sd)lag gegen ben
glamänber Arnulf §u beraten; in ber £r)at aber war eS £otbar3 Slbftctit,
9itd)arb §u überfallen unb nteber§umad)ett. Der Normanne erfaßten, aber
bewaffnet unb mit ftarfem ©cfolge. ($3 fam fofort §u einem $amvfe, in
weitem 9ftdmrb weidjen mußte".
993a6 fyter £>ubo erjagt, ift eine unb biefelbe ^Begebenheit mit ber,
welche glcboarb in3 3af)r 961 verfemt. 9?ur gibt ber 9tf)eimfer (Srjrontft
bie neuftrifd)e 2)arfteÜung ber Sad;e. 9^ad)bem ber beabftd)ttgte Ueberfalt
auf 9ftd)arb mtßglütft war, behaupteten bie granjofen, ber Normanne fet
ber angreifenbe gewefen unb f)abe bie SSerfammlung von SoiffonS
auöetuanberfvrengen wollen.
Detter berietet £)ttbo: „auf betreiben SetbalbS 50g ßöntg £otf)ar
ein §eer §ufammen, brad) in bie 9?ormanbie ein, eroberte (Svreux unb über*
gab ben £)rt an Setbalb, unter ber 33ebingung, baß ber ©raf bte übrige
^ormanbie bem Könige unterwerfe. (Sofort rücfte Setbalb vor D^ouen unb
wollte aud) btefe Stabt neunten, warb aber mit großem QSerlufte von ben
Normannen jttrücfgefaMagen." 3)a3 ift abermals Ü)affelbe, wa6 globoarb
jum 3al;re 962 melbet. Allein tro£ be3 Steg6 vor Kotten [tauben laut
Dubo'S (Stählung bie Sachen fa)limmer für 9fid)arb, alö globoarb anbeut
tet. (Svreur befanb ftd) nod) immer in ber ©ewalt £etbalb$, unb ber
§er§og getraute ftcf) nicht, ben (Singebrungenen mit eigenen Gräften §u ver*
treiben, beßt)alb rief 3) er fyetbmfcfye 2Biftnger §u «£>ülfe. £)tefe famen in
Sflaffe unb verheerten bie ©egenb von SBlote unb ßhartreS fürchterlich-
£unger$noth entftanb. (£rfa)üttert burcb baS allgemeine (Slenb, traten bte
SBtfchöfe 9?euftrten3 $u einer Stynobe §ufammen unb erhoben tr)re Stimme
*) £)udjegne 'S. 137 flg. Tetbaldus novercalibus furiis, zeloque et odio succensus
*) Ibid. @. 140 f(g. 3) Ibid. @. 144 flg.
93icrteg Sud). (Sa*?. 12. «Ute SRormanbie unter 0iicr)arb I., 943—996. 217
für Beilegung beS unfeltgen Streits. SBoten gingen fyin unb ^er, unb ein
grtebenSvertrag würbe abgefcbloffen, vermöge beffen Setbalo bie Norman*
bie räumen, (Svreur herausgeben mußte. 9?aaM)er batte aber 9iicbarb große
9J?üf)e, ftd) bte fremben ©ä'fte vom £alfe ju fd^affen, beim fte brorjten mit
Slufftanb unb verlangten h°he (Summen, bte man ihnen bejablcn mußte,
diejenigen, wclcbe ftcb jur S^aufe bequemten, burften bleiben, bie Slnbern
würben $u Scbiffe nacb Spanien befördert, wo fte g reuliebe Verheerungen
anrichteten. l)
2)er Slbfcbluß bcS gricbenS §wtfcben £otf)ar unb 9?icbarb wirb wohl
inS 3at)r 963 fallen. QBicbtig tft bie von globoarb verbürgte 9?acbricbt,
baß Setbalb wegen beS Angriffs auf bie s)(ormantte mit £ugo ßapet ton
graneten, bem Sollte beS großen «£>ugo unb nacbmaligen Könige ber 9?eu*
ftrter, $ctftel. 2)er (Savetinger ^at alfo 3)aS, was gegen feinen Scbwager
angebettelt warb, niebt gebilligt. 3cb vermute, baß bte Königin 93tuttet
unb ihr Sof)n, außer bem Scblage wtber Oficbarb, noeb einen anbern 3wecr"
verfolgten. 3nbem fte Setbalb Den Scbelmen ju einem Unternehmen ver*
wanbten, baS bie Unjufriebenhett beö ßavetingerS erregen mußte, febälten
fte ben mäcbtigen Vafallen von feinem £ehenberrn loS unb fd^wäcbten ba*
burch 53eibe. 3n ber 5Xt;at gerieten feitbem, wie fpä'ter gezeigt werben
foll, Setbalb unb feine ($rben in eine feinbltcbe Stellung §um her^oglicben
£aufe von graneten, bem fte boeb $ab unb ©ut verbanden.
Einige 3af)re fväter, nämlicb 965 , brach £otf)ar von 9?eufter nacb
bem $obe beS alten DJtarfgrafen Slrnulf in glanbern ein2) unb entriß bem
gleichnamigen Qnhl unb (Srben Arnulfs baS £anb bis $ur namens
Ita) bie wtebtige Stabt 2lrraS. Offenbar war eS beS JtönigS Slbftcbt, bem
jungen glamänber baffelbe Sdncffal ju beretten, baS nach Wilhelms I.
$obe Subwig ber Ueberfeeifcbe über ben unmüubigen Dftcbarb I. $u verfyän*
gen verfuebt hatte. 3lber ber ßarlmger fonnte baS begonnene 2Öerf nicht
vollbringen, weil ein Stärferer if)m in ben 28eg trat, tiefer Stärfere
war ber Normanne sJücbarb I.
2)ubo fagt:3) „in Verzweiflung getrieben burdi ben Angriff £otf)arS,
eilte ber junge Arnulf zu bem ^ormannenherjog unb befchwor il)n §u be*
wirfen, baß ber neuftrtfebe üöntg grieben bewillige. 3n ber $ha* S^ang3)
9ftcharb ben Gerlinger buret bte ef ttgfett feiner 33 itten, 2lnaS wie*
ber herausgeben", ^eife beutet ber Chorherr von St. £luenttn an, baß
weniger bitten, als gurebt vor ben Waffen beS Normannen ben fran*
Zoftfcfcen ßöutg jur 9?ad>giebtgfeit nötigte. 2lucb anbere franzöftfehe (Sf)ro*
niften wieberholen,4) baß glanbern bamalS bureb 33orftellungen unb ^Bitten
4) Ibid. @. 151 ftg. *) Flodoardi chronic, ad a. 965. $erfc III, 406 wnb
2)ud)eöne @. 155 c. s) Coegit reddi Uli nimiae precationis affectu Atrebatnm.
*) Souquet X, 184. 301. 303. 304.
218
^afcfl ©vegoviuö VII. unb fein 3eitalter.
Oiidiarbö gerettet korben fei. ©hier berfelben (jebt hiebet bte ©roßmutt) be$
Normannen hervor: obgleich 5lrnulf ber 5llte bem unmünbigen 9^tcf)arb nur
S3öfcö erwiefen f;abe, fet btefer fogleta) bereit gewefen, bem bebrängten (En?
fet beö geinbeö §u Reifen. £)od) war eö nicht ©roßmutt), fonbern 23erea>
nung, was 9frcharb sorwärtö trieb. £ätte bte trotte ben 23eft$ bc£ wät*
fajen glanbernö erlangt, fo würbe tl)re s^acbt eine für bte Normannen ber
©eine gefährliche §öf)e erfttegen fyabtn. Damit bte «£)er§oge von *Rouen
tfyre (Selbfiänbtgfett behaupten fonnten, mußten bte Röntge 9?euftrten3 fcf)Vt>ac^
bleiben.
Die %c\t fam heran, tu welcher §ugo ^a^et, ber bisherige Setjen*
f)err OiidjarbS, fict) auf ben $f)ron 9?euftrien3 fchwang. 3)ubo f&wetgt
über bie Stolle, welche ber Normanne bei biefem (Sreigniffe fpielte. Slnbere,
aber fpätere, Beugen fagen1) au6, 9?id)arb fyabe «£>ugo'3 (Erhebung beför*
bert. (Sö mag fein, baß ber Normanne niebtö bagegen tfyat, vielleicht aud)
jur *ßartf)et bc6 (EapcttngerS Müt, jebenfallS aber naf)m berfelbe §um neuen
Röntge eine ähnliche Stellung ein, wie ef)cma{3 ju ben ßarltngern. §tc*
für bürgt ein 2lugenjeuge. itömg §ugo wollte htr§ nach fetner $l)ronbe*
ftetgung ben ©rafen Stbatbert I. von 93ermanbote, weit btefer bem (Sape*
ttnger entgegen geatbettet t)atte , mit Jfrieg übersehen unb, wie e6 fd)eint,
beffen £anb an fia) reißen. Der 93ebrol)te rief bte «£mlfe 9itcharb6 I. an,
inbem er einen ©efanbten an ihn abfd)icf te. tiefer ©efanbte war Dubo,
(Shorherr von 6t. Duenttn unb 93erfaffer ber normanmfehen ©efehiebte.
3ch laffe t()n felber reben:2) ,,«£>erjog 9^tcr)arb nahm ben (£anonicu3
Dubo fehr gut auf unb begab fieb fur§ barauf <tn ben §of ju Äönig
«§ugo, aU berfelbe bereits im begriffe ftanb, gegen Valbert tn6 gelb §«
rüden, ©o tiefen (Sinbrud machten bie QSorfteüungen OJicharbS, baß §ugo
feinen 3e>m bezähmte unb gegen (Stellung von ©eißein bem ©rafen von
93ermanbot3 grteben gewährte." £)fme grage verhielt e3 ftch mit btefer
^Wetten QSerwenbung ebenfo, wie mit ber oben gefd)ttberten, fraft welcher
Oftcharb ben ßarünger Sott)ar burch bte €tärfe fetner ^Bitten s^ang, 2J(rra$
unb baö umltegenbe ©ebiet wieber herausgeben. S)ie Diplomatie be$
^ittelaltere Jjatte gleich ber heutigen ihre etgenthümlid)e Spraye unb mteb
jebe Derbheit beö 2lu£brud$.
Sonft ift nur nod) von einem größeren polttifchen 5lfte be6 £er$og$
sRtcharb bte 9febe. Mehrfach fanben wir ba$ §au6 von SRoucn in $er*
binbung mit ben hetbnifchen 2Btfingent beö £)ceanö. 3^^^«f ettte» le^tere
in großer 5lnjahl tyrhei, al6 erftereö ihre ^ülfe gegen bie Röntge »on
5^eufter begehrte. $aum ift benfbar, baß bie SÖSiftnger nicht ©egenbtenfte
4) Wilhelmus gemmeticus histor. Normann. IV, 19. $)udjeöne @. 248 3Witte. 2)onn
«öouquet IX, 82. SKüte. 2) Suc^ne @. 155. d.
*Biedeö 93ud&. Gap. 12. «Die OKnmmtbte unter Slid&arb L, 943—996. 219
von ben Normannen ber (seine forberten unb namentlich bei ben früheren
Einfällen nad) (Snglanb von (Seiten ifyrer cbrijtlicfyen (Stammgenoffen bieg*
fettö be<3 ßanalö irgenb welchen 9ßotfd)itb erhalten r)aben. SBilljelm von
3umiege3 er^lt,1) ßönig <Swen von Dänemarf l)abe um 1005 mit
Dliajarb IL, be<3 erften 9Jid)arb3 (Srben unb 9fad)folger, einen Vertrag ab-
gefd)Ioffen, vermöge beffen ber Normanne ftd) verpflichtete, bänifdjen @e#
räubern, bie in ©nglanb vetwunbet worben waren, Pflege auf norman*
ni|d)em SBoben, fowie allen jufammen freien 93erfauf ber brüben geraubten
©üter unb SBaaren ju gewähren.
©in offener 9Jiarft in ber 9Mf)e war für bie StBifinger eine gebend
frage. 3a) vermute, baf bie ^ormanneufyetpge tr)ren r)eibni|d)en Sanbä*
leuten febon vor 1000 gleiche ^ortfyeile ^ugeftanben fyaben, unb wenn btejj
ber gaü war, tonnte e$ nid)t fehlen, ba§ allerlei Reibungen jwifaVn bem
englifeben ^>ofc unb bem ,§aufe von $ouen entftanben. 9?un bracb, wie
an einem anbern £)rte gezeigt worben,2) gegen ba3 3ar)r 988 bie (SdjrccfenS*
fyerrfebaft ber Stötten über (Snglanb fyerein. 2Ba6 ift unter biefen Umftänben
war)rfd)einlta)er, alö baf? ber angelfäcfjftfcfye $onig (Strjelrcb bie 9iotf)Wenbig*
feit erfannte, in irgenb einer 2öeife fein £anb gegen bie fcfylimmen Solgen
einer geheimen ober offenen $crbinbung §wtfcr;en ben 2Bifingem unb ben
Normannen ber (Seine ftd)er ju [teilen.
5ltlem Slnfd^etne nad) f)at er ju fold)em ßweefe bie SBerwenbung be$
<Stur)le3 ^etri angerufen. 2Btll)eIm von -äftalmeSDurty tbeilt 3) eine unter
bem 1. Wlaxi 991 ausgefertigte 33ulle mit, fraft weldier ber bamaltge
$abft 3of)ann XV. ben c^rtftltc^ett Nationen befannt mad}te, baß er einen
feften unb bauemben grieben jwi)a)en Möxiiq (£tl)elreb uub bem Normannen
9lid)arb vermittelt fyabe. 5116 Sßebütgungen l)ebt er folgenbe §wct fünfte
fyervor: in Sufnnft werbe jeber $f)eil bem anbem für etwa zugefügten
(Scbaben billige ®enugtl)uung leiften, aud) mad)e ftcf) jeber verbinbltcr/, ben
getnben be$ 5lnbern feine 2lufnar)me im Sanbe §u gewahren. 3)ie 2Bifinger,
welche (Snglanb vlünberten, müffen alfo früher in ber 9?ormanbie Unterfunft
unb wof)l auet) freien 9J?arft gefunben r)aben. Sßielleta^t war e<3 eben biefer
Vertrag, ber bie nachmalige (§f)e @tt)etreb0 mit (§mma, ber Softer
*Rid)arb3 I., anbahnte.
6o unläugbare gäfjigfeiten 9ficr)arb I. bewies, ift nia)t §u verfennen,
baf ba3 r)erjoglid)e £au6 eine immer fd)Wtertgere Stellung erhielt, befonber$
fett eö ben (Sapetingern, bie nunmehr auf bem £t)rone fafen, gelungen war,
bie 9lormanbie in ein $afallenverl)ältm£ ju verftriefen. 9ftcf)arb ergriff
eigentümliche 9Jtittel, um ftd) unb fein ©efd)lea)t §u fteirfen. 3« bem an
*) Histor. normannic. V, 7. 2>u$egne <S. 252. 2) £)6en @. 15. 3) @aüt(e
©. 64. $ergletc§e 3affe, regesta Pontific. 9lv. 2940.
220
$abfi ©vegoriuS VII. unb fein ßeitalhv.
ben SBtfchof 9lbalbcro tton Saon gerichteten 2Bit>mung6briefe, ben 2)ubo
fetner @efd)id)te ber Normannen ttoranftellt, fagt l) er: „als ict) 2 3af)re
vor £er$og $id)arb$ I. £obe benfelben befugte, um it)n metner guten
3)ienfte §u ^erftcberu, bat er mich aufs £)rtngenbfte, baß ta) bte ©efcbtcfyte
fetner 93orfal;ren betreiben möchte unb obttofyl ta) im ©efühl ber Unju*
länglichfeit metner Gräfte auswich, lief er nicht ab, bte ich mich fcerbinb*
lid> machte, feinen 2Bunfa) 51t erfüllen." Sarum legte ber Normanne fo
|o$en SOBertl) auf eine folcf)e Arbeit? SÖcemeS @rad}ten6 barum, n>etl er jtdj
ber Hoffnung fnngab, burcb ein gutes 53ua) ben £aß, ber in granfretch
auf ben Normannen als £(bfömmltngen t>on Räubern laftete, §u ttemufchen
unb bie öffentliche Meinung §u ©unften feinet ^aufeö §u fttmmen.
9J?an ftnbet ben §er§og noch mit anbern Maßregeln befchäfttgt, bie
ben gleiten 3wcf haben. 2)en größten Qmtfluß auf bte öffentliche Meinung
übte ot)ne grage in jenen &{tm ber (SleruS. sBot)lan! «£>er$og ^ta^arb
freute fein £pfcr, um ftdt) biefen ©taub §u »erbinbcn. G?r ftattete viele,
tr;ei(ö etnf)etmtfche, tljcM auf neuftrtfchem 33oben gelegene, Äirctjen au3, -er
grünbete mehrere Softer, er jog enblicf) eines ber au^ge^eidjnetften «gwupter
be6 SD?önd^tr)umg in fein Sanb.
3)ubo er§äl)It:2) ,,«£)er$og ^tc^arb ftellte §erftörte Kirchen be3 normatu
ntfdjcn ©ebtetö auf eigene Soften nueber f)er, grünbete MBftnt erbaute felbft
in üReuftneu brüben au£ feinen (Sinfünften einige prächtige Semmel."
ßraft Urfunbe 3) vom 3af)re 968 gab ^tcfjarb L an baS ©tift 6t. 5)enf*
baS @ut Sßemeval in ber @raffa)aft SlrqueS jurüd, ba$ fct)on fein 5ll)n
9tollo bemfelben gefc^enft l)atk, baö aber fpäter bem (Stift entzogen werben
fein muß. 5luf ber $üfte ber 9cormanbte, unweit ber bretagnifcfjen ©ränje,
erl)ob fiel) ein SBerg mit einem berühmten ^eiligtljum beS Grengels 9J?td)aeI,
ben bie 8d;tffenben in 9cötf)en be3 9J?eere3 anzurufen pflegten.*) ©chon
in früheren tyiU\i ftanb ein (5i)ort)errnfttft oben, ba$ aber verfallen war,
^erjog 9^tcr)arb [teilte baffeibe um 965 \)zx unb $öntg Sothar betätigte
bie 6a>nfung bnret) Urfunbe5) vom 3af)re 966. 93or 150 Sauren litten
bie Normannen eine berühmte 2lbtet §u gefamp, gleichfalls an ber 3>ceere^^
füfte, §erftört, $td)arb I. erneuerte unb vergrößerte btcfclbe, umgab fie mit
dauern unb ^ürmen, fchmütfte fie mit prächtigen jttrdjengerä'tfyen unb
rief Mönche ftrenger Sufyt tyxbä.6) £)er Normanne beftimmte gefamp §u
feinem 23egräbmß. 5lua) in ber ©tabt Ofouen errichtete 9^tcr)arb eine Mixfye
unb ein Softer $u @l)ren ber Butter ©otteS.6) 2)tefe jttrd)e ift nachher
burd) fpätere bauten ju einem jener SBunbenoerfe gott)tfc§en ©t^ erweitert
l) $Du^egne @. 56. %) S)u(^eöne @. 153. 3) SBouquet IX, 731. 4) 5Da*
^cr' ber 9lamc Monasterium S. Michaelis archangeli io periculo maris. 5) 93ouquct
IX, 629. 6) 5)u(^egne @. 153.
93terte$ Surf). 12. «Die Olovmanbie unter 9ttcf)arb I., 943—996. 221
werben, weldje in ber 9?ormanbie ^äitftger ftnb, al$ ttietleicr;t in irgenb
einer anbem *Prooin$ be$ 2lbenblanbc6.
2£a6 mieten & (öfter, wenn fte nid)t mit 93cwor)nern rechter 2lrt befe^t
waren! T>te Höfterlicbe 3uct;t ^atte wäfyrenb ber (Stürme be3 10. 3ofyx*
fyunbertö in ber ^ormanbie, wie überall, einen fcfyweren 6toß erlitten.
£)te ttorfyanbenen Sftö'ndje gaben burd) ir)ren SeBen0tt>anbcl 2lergerniß. «£>cr$og
föicfyarb blieb niebt auf falbem 28ege ftefyen, er trat mit bem 9)?utterftift
be$ reformirten 9J?wtd)tlmm6, mit ßlugm;, in QSerbinbung. 3 er) ftnbe auf*
gejeicfynet,1) baß er eine ©efanbtfcbaft an ben Oberabt $?ajohtg,2) ben
Vorgänger £)bilo'3 fdjttfte, mit ber Sitte felbfi §u fommen, bie neuere
richteten Softer unter feine £>br)ut jn nehmen unb ^u orbnen. 9ftajolu3
ftetite bie 93orbcbingung, baß ber ^er^og auf eine allgemeine ©teuer, welche
ber normannifcr)e 6d)a§ üon benen err)ob, welche ©cbweine in bie Salbungen
jur (Std}clmaft trieben, be^üglicb ber Softer oeqicr)te, $icf;arb fonnte ober
wollte biefe gorberung ntdr)t gewähren, unb bie <Sacf)e §erfcf;lug ftcf). ©leia>
wofyl fam ber «£)er$og fpätcr auf feinen *ßlan §urücf. 5111er Sar)rfd)etnHa>
feit nad) ftnb bie Unterfyanblungen, welche in ben erften 3ar)ren 9^tcf>arbö II.
ju Ueberfteblung beö ^eiligen 2Öilr)elm üon $)ijon nad) gefamp führten,
noct) unter 9frcr;arb I. angefmtyft worben.
3mmerrjtn mag e# fein, baß urfyrünglicr) ®rünbe ber *ßotttif e$
voaren, roelcbe ben Normannen bewogen, nad) (Slugufy r)m, ba6 bamalö in
weiteren Greifen bie geiftige üÖMt §u crfd)üttem begann, gäben §u fcl)lingen,
nt<i)tö befto weniger ift gewiß, baß ber Umgang, ben 9^tct)arb mit Männern
beö £)rbenö pflog, tiefen Einfluß auf fein fpätereS Seben übte. 3)ie alte
(Srfafyrung bewährte ftet), baß Normannen, wenn fte einmal ba6 Triften*
tr)um aufgenommen Ratten, fid) gan§ bemfelben Eingaben, $mma, §ugo
(Sapet3 ©d)Wefter unb rechtmäßige, nact) dmftttdjem <Sr)ercdbt angetraute, ®e*
mal)lin sJttcbarb3 L, ftarb um 970, el)e if)r Sruber 9ceuftrien3 £bron be*
ftieg, ofme $inber geboren ju f)aben. 3) £)aö fyeißt ofmegrage: ber §er§og
fjat in Sejug auf fte ba$ alte normannifdie £au3gcfe£ Uobafytet, weld>e6
ebenbürtige Herzoginnen jur Unfruajtbarfeit fcerurtfyctlte. ,,9fad) bem £obe
ßmma'S", berichtet4) 3)ubo, „geriet*) $icf/arb in bie ©tride ber SoKuft unb
zeugte mit Äebfen §wei Softer unb jwei ©öf)ne, üon Welmen ber eine
©ottfrieb, ber anbere Silfyelm r)eißt. (Später aber ttermäfylte er ftcf) auf
inftänbige Sitte ber geiftHcfyen unb Weltltdjen ©roßen beS £anbe3 mit einer
ttornefjmen 3)änin, bie irjm ber $eil)e nad) ad)t ^inber, nämltd) fünf
©öl)ne unb brei ^ödster gebar." 3)iefe 5luöfage wirb bura) einen fpäteren
3eugen tljetl^ ergänzt, tl)eilö in einem Vücfcntltcfjen fünfte berichtigt.
l) SKabtflon , annales ordinis S. Benedicti IV, 152. 2) *Bergteic$e über tf;n
©frörer, Stixfy. ©efef). III, 1339 flg. 3) «Bouquet IX, 10 unb 3)uc^egne ®. 247.
*) 3)uc^eöne ©. 152. c. flg.
222
$a6ft ©regoriuö VII. unb fein 3eitalter.
Wönd) SßiNjcIm »on 3umtcgcS erzählt: *) „$erjog Ntajarb hörte eine$
SagS, baj? einer fetner görfter eine grau fcon aufjerorbentltcher (Schönheit
NamenS Sainfrta beftjjc, ritt Inn nad) bem gorfthaufe unb gebot bem
görfter, bag er tfym bei $la<$)t fein 2Betb jufü^ren fotfe. traurig flagte
ber görfter feine Noth ber grau; btefe »erfyrad) ir)m, eine jüngere Schwefter,
Namen3 ©omtor, bte noch 3uugfrau unb feböner als Satnfrta war, ju
unterfd)ieben. So gcfchal) e3 auefe unb Nicbarb üernalnn bte $äufcf;ung
nadr)er mit Vergnügen, weil fte ihn »or ber Sünbe beit?at)rt hatte, bte
(£b)e eines Zubern p »erleben. (§r jeugte mit ©onnor Söhne unb £öd)ter.
211S er aber einen biefer Söl)ite, NamenS Robert, ptt (5r§bifcf)ofe »on
Nouen einfetten milk, warb ihm entgegengehalten, baß bieg nietet mögltcfy.
Weil baS ebriftttebe ©efejj ben Eintritt uuefjcltdber Söhne in ben (SleruS
»erbiete. 2)e^alb cntfcbloß ftd) ber ^erjog, nacbträgltd) eine förmliche (S^e
mit ©onnor 31t fcbliejmt. 23et ber Trauung würben ber 93ater, bie SJhttter
unb bie bereite gebornen «ftinber mit bem Hantel »erfüllt (unb Untere er*
gelten baburd) bie Ned)te gefe^tdn'r ©eburt). Nun erft fonnte Nicbarb
feinen Sof)n Robert auf ben ©tut)! son Kotten ergeben. 11
2tlfo bie nacbmaltgc §er$ogm ©onnor war »on ^attfe auö feine t>or*
ne^me Normannin, fenbern ein 9Näbd)en »on ntebrigem Stanbe, auch fyat
fte bem <£>er§ogc »or ihrer 3Sermäl)htng bie meiften jener ad)t Äinber ge*
boren. 3d) benfe, eS bebarf feines 23eweifcS, ba£ Nid;arb bura) bte ©eift*
Iid)!eit jur Trauung getrieben worben tft. tiefer 2lft fyatte golgen tu 23c*
jug auf 23eftimntung ber ^erfon beS £hronerDen- ^ut)0 berichtet : 2) „als
Ntd)arb auf ben $ob erfranfte, fragte tr)n fein SBruber ^ubolf, welcher
beiner Söl)ne füll nad) beinern $obe £er§og fein? derjenige, antwortete
Nidiarb, ber mit mir ben gleid)en tarnen trägt, Nid)arb II. 2>te Nor*
mannen willigten ein, unb Nicbatb'warb als Nachfolger anerfannt."
Nicbarb I. ift im Not). 996 geftorben; als obige grage an ibm ge*
richtet würbe, hatte er 50 3af)re bte Normanbte beherrfebt unb baS 64. 3ahr
feines Alters überfd)ritten. dennoch erfchetnt fein gletdMtamtgcr Nachfolger
Nid;arb II. als ein Unmünbiger, ber bc^halb unter ber Negentfd)aft feines
£)heimS Nubolf fteht. 2ßaS rang man fyierauä fcbltefen? Dljnc grage btef,
baß ber alte Nicharb bei Ernennung M Nachfolger^ bie älteren unehelichen
Söhne übergangen unb bem jüngften ben $or§ug gegeben fyat. Sßarum
ift aber folche^ gefchehen? 3ch fann mir feinen anbern @runb benfen, al6
weil Nicbarb II. ber einige t>on allen 6öfmett be6 ^erjogö war, ben
©onnor nad) ber Trauung, alfo in »oller ftrd)licher ®ty , gebar. 3)a6
^irchenrecht l)at alfo in ber »orliegenben grage ben ©ieg ba»on getragen.
3nbem Nia)arb I. baS bisherige ^>au6gefe^ umftieß, wagte er nichts ©e*
l) Ibid. 311. d. flg. 2) Ibid. @. 157.
aöierteö 33ud&. 6ap. 12. 2)ie 9iormanbie unter 9ttcf>atb I., 943—996. $23
rtngeö. 3n ber £r)a* brad) nachher eine üon ben ältern ttttefyeltdjen 23rübem
angcfttftete Empörung au$.
2)ubo fätyrt ') fort: „afö £erjog Ntcharb T. ben £ob herannahen fü^te,
Heß er ftcb nad) getamp bringen, um bort §u fterben. (Sein 23ruber dixu
bo(f fragte tlnt, roo roiüft bu, baß roir bettte Setcbe beftatten? ber £erjog
eiroiebcrte, triebt innerhalb ber $trd)e, fonbern braußen t>or ber ,§auptpforte,
benn ein grober ©ünber, rote td), tft nicht roürbtg, baß fein Mb in ge*
voeir)ter ©tätte rur)e." üffietter oben fagt2) ber (5f)orr)err tton €>t. Duentin:
„ta) vermag nicht aussprechen, roelcbe unb rote tttefe jMithtngen ber
^er^og um be$ ©laubenö rottfen ertrug, «ftrcuthtngen roegen fetneS ©tferö
für bte ^trd)e ©otte6, jMnfungen üon ©etten ber Reiben, roe(d)e er ftrenge
nteberrjtelt, ^rcutftingen roegen utterfduttterlicher 3Sertf)etbtgung beö 9ietd)6,
jMnfungen von ©eiten fehfeebter 90?önche, bte er §ur 3ucbt anfielt,
jMnfungctt tton ©etten gerotffer ßanontfer, bte er nötigte, im grteben mit
etnanber ju (eben, ^ränfungen üon Seiten ber Säten, bte er jroang, ben
£anbfrteben §u achten." 3)ann abermah 3) „.gerjog Nicharb ftarb nacfjbem
er ben Seinen ein 23etfptel jeber Sugenb gegeben, im5är)ftge ©efangene unb
©Hatten au$ feinen (Sinfünften toSgefauft, »tele jtlöfter roteberhergeftetft unb
große ©cha|e unter bie Ernten »erteilt r)atte. " Nunmehr rotrb begreif lieb,
baß ber Unname ^Bigotten, roelcben bte Neuftrter Anfangs ben Normannen
ber ©eine als ©tichroort auf tt)re 9?o^ett gaben, in ber romantfd)en ©pracf)e
attmäbu'g eine anbere SBebeutung annahm.
©onberbarer SBeife tterfe^t*) 3)ubo, ber boeb 3^'itgenoffe unb genauer
33efannter beö «§er$og6 war, ben £ob 9ticharb3 in ba3 3af)r 1002, roäfyrenb
S93t^e(m tton 3umtege6, ber fonft (öfteren aufreibt, richtig ba$ 3a^r 996
nennt.5) gaft möcbte ich auf einen genfer ber (Soptften ratfjett. Didier,
roela^er feine (5r)romf btö jum 3a^re 995 fortführte unb ancr) in fpäter
betgefügten Nachträgen fein (Sretgniß erroctfyttt, ba6 über 998 Verabreicht,
gibt6) §u »erftehen, baß ber Normanne Ntcbarb, ben er som neuftrifeben
SBotf^getfte angefteeft, als einen ^erjog t>on ©eeraubem bqeidmH, um 996
mit $ob abging. 3cf> hatte baö Beugntß Richers in ber grage über baS
(Sterbejahr NicharbS für entfeheibenb.
') Ibid. @. 157. 2) Ibid. ©. 156. 3) Ibid. @. 157 oben. 4) Ibid.
©. 158. 5) Ibid. <S. 249 oben. 6) ^er^ III, 657.
224
$abfi ©regoriuS VII. unb fem Beitafter.
Wvä}t\)nte$ Capitel.
3)er SRormannfnfjergog 9?icr)cnb II. unter *Borniunbfd)aft feinee £)ljeim0 9?ubotf. Sopptttt
QsmpöxnriQ ber 93auern unb beö StbelS in ber 9iormanbie, tüte in ber fcenadj&arten
Bretagne, llrfadje biefer SBctocgung rcar bie ^riegejteuer , roeldje ber SBormünber
eingeführt fyatfe, um möglichen Angriffen ber in (Snglcmb roaltenben Sßifinger bie
©pi{5e Bieten ju fonnen. 3)er r)eitige 2Bilf)eIm t-on SMjon roirb nacr) ber 9iormanbie
berufen unb öerf%ft ben 93ejtrebungen ber ßlugniacenfer ben (Sieg. 3n §otge
beffen önbert baS £auö öon leiten feine frühere *JMitif unb r)ulbigt cr)rifllicr)en
©runbfäijen. 3toeifacr)e efyelicfye 93erfcinbung groifdjen ben Käufern «im Stouen unb
JÄenneö. £eqog g^irfjavb II. flirbt nacr) bveißigiäfjriger Regierung, 1026.
9Bät)renb ber unmünbigen 3ugenb f) 9iid)arb6 II. brad) ein bereiter
Slufftanb aus, über ben 2Btlr)eIm t>on 3umtege6, fett bem 21uft)b'ren ber
@|ronif «Jpau^enge, goIgenbeS berietet:2) „in ben oerfdu'ebenen
©raffebaften ber ^ormanbte erhoben ftd) etnmütbtg bte ^Bauern, gelten
$erfammlungen unb befcfyloffen, fürber Weber von SBälbern nod) tton 33e*
nü^ung ber Sanb* unb 2ßafferftraßen Abgaben ober 3'6lk Su entnebten.
3ebe ©raffd^aftgoerfammhmg tt>at)Ite au$ tt)rer Wlitte sroet Abgeorbnete,
bte §um allgemeinen £anbtag ber Slufftänbtfdjen abgefenbet würben, um
bort bte Meinung ifyrer Auftraggeber §u üerfecl)ten. ^er^og *Rtd)arb II.
r)tet>on ihtnbe erhielt, erfuc^te er feinen Dfyetm 9htbolf, bte (Empörer mit
©eroatt §u paaren ju treiben. 9atboIf bot unoerroetlt feine ^annfe^aft
auf, überfiel bte £anbe3oerfammhtng unb nar)m ade Abgeorbnete fammt
mehreren 2lnbern gefangen, ©ebroere ©träfe traf fte, ben Otiten rourben
bte «gwnbe, ben 5lnbem bte güße abgehauen, ©o »erftümmelt fanbte fte
^nbolf als roarnenbee 23eifytel in tt)re ^Dörfer juritef; roorauf bie dauern
ber ^ormanbie bem ©elüfte, £anbtage §u galten, entfagten unb roieber rote
früt)er tl)re pflüge t)anbt)abtett. "
f,3ur nämHcben Seit," ffl$rt 9J?önd) 2Bilr)eIm fort, „empörte ftd)
2Bill)elm, ein älterer unel)eltci)er ©ol)n ^tebarbö L, gegen feinen .galbbruber
9licbarb IL, ben regierenben «£>er§og. tiefer l)atte \l)m bie ©raffdjaft
£te3me$ unter bem 33ebing übertragen, baß er treue $afallenbtenfte leifte.
5lber- tton Uebelgeftnnten ^erfür)vt, trotte 3Büt)efm unb fcerfagte ben fajulbtgen
©el)orfam. £>arum ließ tfjn ber «£>er$og auf ben 9fatl) 9?ttbolf6 gefangen
nehmen unb in bem £t)ttrme oon Korten oerroal)ren. 2lud) bte TOtoer*
fd)Vooreuen 2Ötll)elm$ beftegte Diubolf in mehreren ©efec^ten unb oerfyängte
über bie ©tuen $obc6ftrafe, über bie Anbern Sßerbannuttg. güitf 3ar)re
lang faß 3Öt(I;cfm p Sonett, bann entfam er mittelft etneö langet ©eileö,
x) In initio juventutis , fagt SGBil^elm tton Sumtegeö V, 2. JDu^eöne <S. 249.
2) Ibid. ©. 249 u. 250.
93ierte$ Q3uc§. &ap. 13. Sticfcarb IL, J&erjog ber ftormanbie öon 996— 1026. 225
ba£ ir)m ein £)ienftmann in bfe «§>änbe fofefte, gleitete bei fföac^t bureb ein
genfter b)erab, »erbarg ftcr) bei Sag in ben 2Bälbern unb fe|te in ber
2)unfelr)et't bie glud)t fort. 3u(cfct erwog er, baß e$ beffer für fein
würbe, ftd) mit bem Bruber au6juför)nen. 2ßär)renb $id)arb II. in einem
gorfte bem Saibwerf oblag, ftür-te 2Öür)e(m t>or feinen güßen nieber unb
flehte um ©nabe. ©ütig naf)m 9?icbarb ben reuigen Bruber auf, servier)
tbm unb »erlief ebenbemfelben fpäter bie ©raffebaft En."
lieber ben 3^ecf ber (Empörung be£ ©rafen 2£ill)elm tton £ie$me$ faim
Faum eütßwetfel obwalten: er war ein älterer <Sof)n *Rid)arb£ I. unb fyatte nad)
bem früheren §au$gefef}, ba3 bt'3 jum 3ab)re 996 bie (Erbfolge beö b)err*
fdjenben ©efd)led)te3 regelte, ba£ näcfjfte 9icd)t auf bie ^errfif aft. Sieben
ltd) r)at er mit Berufung auf biefeö §au3gcfe£ §u ben Staffen gegriffen unb
feine 2lbftcbt ging bafym, ben jüngeren ^albbruber alö einen Einbringling
abjufe^cn. (Sin bebeutenber Slnfyang muß ftd} für Ü)n erflärt fyaben. 3)enu ber
9Jiönd) tton 3umtege3 geftefyt ja, baß eö mehrerer ©efed&te beburfte, eb)e
ber 53ormünber ^ta^arbö IL mit ben Empörern fertig werben fonnte.
Seiter fragt eö ftd), r)tng bie Bauernoerfdiwörung mdrt in irgenb
Welcber Sffieife mit bem Slufftanbe 2ßill)elm3 jufammen? Ü)ie enge SSerbmbung,
in welche ber Efyronift betbe Bewegungen fe^t, fd)eint bieje Slnnafyme §u
red)tfertigen. Beftätigt aber Wirb fte burd) gletd)seitige Ereigniffe, bereu
©djauplafc bie bmafybaxk Bretagne war. (Sin fonft unbefannter ^Jtönd),
ber um bie Wtittt beö 11. 3af)rf)unbert3 fdjrteb, erjatylt:1) „nid)t lange
nad) bem £obe be6 <£>erjog6 ber Bretagne, ©alfrieb, rotteten ftcf) bie
bortigen Bauern gegen iljre Herren jufammen. 2Jber an ber ©pi£e beS
2lbel3 rücfte ©alfrtebö unmünbiger 6of)n, Man, ben Meuterern entgegen,
töbtete fefjr tnele, trieb bie Slnbern in bte glud)t, benn fie Ratten feine
tüchtigen güfyrer. später erhoben ftd) mehrere junge Ebelleute gegen ben
jungen «£>er$og, aber fte sermocr;ten nititü wtber il)n, benn 5lllan war ein
fähiger unb mutiger gürft."
3d) muf 5«r Erläuterung ber 2lu3fage beS Wond)$ Einiget aus ber
@efd)id)te ber Bretagne betfügen. 3)er früher2) erwähnte ©raf tton *Rcn^
ne$ Berenger 3ubtfael gewann aflmäfyltg bie £)berf)anb über baS feinblidje
$au£ t>on Nantes, serbrängte baffelbe unb ftarb erft3) nad) 970, einen
Erben, Eonan I. r)interlaffenb, welcher 992 im Kampfe gegen gulfo tton
Slnjou umfam.4) $Xuf tr)n folgte fein <5or)n ©alfrieb, welcher §abwig, eine
$od)ter be$ ^ormannen^er^ogö OficbarbS L, el>eltcf)te unb nunmehr ben
£ttel ,,^>erjog ber Bretagne" annahm. 5) tiefer ©alfrieb tft e$, ben ber Wond)
l) 93ouquet X, 377. z) £)Un @. 143 u. 185 flg. 3) @v iüirb aU noü) lebenb ertoäfjnt
in einer «Suite beö *ßafcfbö Sodann XIII. öom Sa^ve 970, 93ouquet IX, 238. *) 93ou*
quet VIII, 278. 5note b. unb $er£ in, 650. 6) Q3ouquet X, 175 unten unb 187 flg
Ofröter, $a5fl ©regottuS vu. S3b. m. 15
226
$abfi ©regormd VII. unb fein 3ntalter.
meint; fein £ob fallt1) in ba3 3af)r 1008. 3)a6 £er$ogtlmm gelangte
je£t an ben älteren, aber nod) unmünbigen Sof)n Kilian, jeboct) unter 23or*
munbfcbaft fetner 93?utter «Ipabwig, ber (Scbnxfter be3 9tormannenherjog0
9^tct>arb IL 3Me Bretagne felbft war nicbt blo3 burch biefeö verwanbtfcbaft*
liehe 93anb, fonbem bur# ältere Sehenövcrhättniffe bem <£>aufe von Bülten in
ber 5lrt verpflichtet, baß allgemeine Maßregeln ber ©efc|gebung, bie in ber
9?ormanbie bnrd) geführt würben, auch bei ben 93retagncnt gefe£ltcr)e $raft
erlangten. Sllfo haben wir in §wei eng verbunbenen sßrovinjen um biefelbe
3eit gn>et SBauernaufftänbe, benen je eine abelige (Empörung folgte. 2)aö
fann nicht Spiel beS 3ufalB fein, fonbern ber gefunbc 5Dtenfct)ent)erftanb
nötigt, anzunehmen, baß bic Un§ufriebenr)eit ber dauern unb ber Herren
pfammenl)icng.
SBarum verfcbworen ftcr) bie dauern ber Stformanbie? Saut ben Worten
be$ 5O?öna)0 von 3umtege6, erftenö weil fte für 23enü£ung ber halber ntcfjtö
mer)r bellen, §wetten6 weil fte or)ne 3°U faufen unb verfaufen wollten.
2lbgabenlaft trieb fte alfo §um 2lnfruhr. 3^ei *Kcimd)ronifen beö 12. 3af)r*
hunbertS, verfaßt von 2Bace2) unb 25enebift au6 St. 5D?aure, 3) geben wet*
teren 5iuffd)luß über bie 23ef$werben ber ^Bauern. Saut ihrem 3^P(ffe
erhoben biefelben folgenbe klagen: „bie Herren erwetfen uns md)t^ als
23öfe6, §u feinem ^ecbt fönnett wir gelangen, fte baben 2llle6, nehmen
5llleö, verehren s2llle3, unb wir müffen im (Slenb leben. 3?bcr Sag tft
für un$ eine Verlängerung ber *Bein, fein ©ewtnn bleibt unö von unferer
5lrbeit, fo febwer brüdt bie Saft ber grofynben unb Abgaben. (Steden wir
jufammen, (Siner für Stile, SICfe für (Sinen, fo Werben wir frei werben von
Schalungen , werben nad) unferem Wohlgefallen jagen, ftfeben, Zäunte
fällen, im 23ufcb, auf bem Söaffer, im gelb un6 bewegen fönnen."
übermal ift e$ Stenerbrwf, unb §war ein burch bie ©utSfjerren geüb*
ter Steuerbrucf , über ben bie SBauerfcbaft fiel) befdnvert. 2Öann ftnb nun
biefe Saften eingeführt worben? Sluö ber früher4) angeführten 23ewci3ftelle
erhellt, baß bie «Steuer ber Salbmaft fchon unter ber Regierung Oitc^arbö I.
beftanb, benn ber £)berabt von ßlugnfy macht ja, ehe er bie Softer ber
SRormanbie übernehmen will, jur SBebingung, ber «£)er§og folle baö pas-
nagium erlaffen. ?lber §u ber alten Steuer müffen in 9?icr)arb3 II.
Sagen neue h^Sugefommen fein, «giefür fpreeben bret ©rünbe von ent*
fchetbenbem ©ewicht. (Srftltd) bezeugt Ü)ubo, baß bie von 9tollo, bem
©rünber ber 9?ormanbie, erlaffenen ®efe£e geregt unb milbe waren, unb
baß ber gemeine 93?ann fta) wohl befanb. 3wetten6 tft barum unbenfbar,
baß bie normamtifche IBaucrfcfjaft feit älterer 3eit bebrüeft war, weil bie*
Ibid. X, 189. 2) Roman de Rou I, 303 flg. 3) Chronique des ducs de
Normandie par Benoit de Sainte-Maure, ed. Franc. Michel II, 390 ftg. *) Ohm ©. 221.
©ierteö Surf). (&ap. 13. gtid&avb II., #ergog bcv Ohumanbie toon 996-1026. 227
|elbe ftdj im Saufe ber $erfd)roörung tüte ein gejttteteS, recbtlid)eg, »ernünf*
tigeS uttb folglich rote ein roof)lf)abcnbc3, 23o(f benimmt. 1)te dauern ftnb
offenbar an bte freien ©ebräuebe norbifeber Staatettcrfaffung, genauer ge*
fagt, fte ftnb an parlamentarifcbe gönnen geroöf)nt, fte galten Äretetoer*
fammlungen, wählen bort 2lbgeorbncte, unb febiefen fte auf einen allgemein
nen 23auernlanbtag. So fyanbeln nur £eutc, bte in §anbl)abung polittfcf>cr
*Red)te eine geroiffe gefttgfeit erlangt fyabcn, roäfyrenb ein wrfneebteter, buret)
Steuern niebergebrüefter «£>aufe, roenn er t>on ber Äettc loSfommt , rote
ttrilbeS 33ief> um jtd) fernlägt. Drittens tft eö eine unbeftrittene (£rfal)ruug,
baß überall, roo Slufftänbe roegen Steuern ausbrechen, bie llnjufriebenen
ftetS bei (£mfüf)rung ber »erfaßten Abgaben ober balb nacbfyer jum ©e*
tr»el)r greifen.
2lu$ biefen ©rünben muß man annehmen, baß bie Steuern, roegen
bereu ba$ normanntfebe 93olf eine $erjcbtt)örung anbettelte, erft unter 9fccf;arb II.
auferlegt roorben ftnb. SBarum fyat nun 9ftd)arb, ober tnelmeljr, roarum
r)at beffen $ormünber $ubolf bte »erfaßte Maßregel getroffen? (Ein 23licf
über ben ^anal hinüber erflärt OTcS. Seit 990 fyatte tm 9tetd)e ber 2ln*
gelfad)fcn bie S&recfenSf)errfd)aft ber 2öitutgcr begonnen, roekbe baS £anb
von einem (£nbe jum anbern branbfcba£ten, unb t>on ben ungeheuren Sunt*
men, roeldje fte ben unglücfltdjen (Simv>of)nern abpreßten, tr)re Streitmacbt
alXjät>rItcf) oermerjrten. SBet folgern Staube ber Dinge im 9?acbbarlanbe
müßten diejenigen, welche baS StaatSruber in ber 9?ormanbie führten, über
bie 93?aßen unfähig geroefen fein, roenn fte nierjt $ur rechten 3ett 3Borfebr
trafen, baß tfyrem ©ebtete ntd)t 9let)nltc§c$ roiberfafyre.
Die jroet beften englifdjen Duellen, bte Sacbfencbrontf unb glorentiuS
»on 2Öorccfter, bertd)ten1) etnfttmmtg, baß im 3af;re 1000 bie 2Bifinger
(SnglanbS einen Einfall in bie ^ormanbte maebten, aber fcfynell roteber
rücfgetrieben rourben. 2luct) 2ßtlr)elm fcott 3umtege3 crroäfmt einen Angriff,
ber um bte nämliche ^cit oon (Snglanb aus auf bte SRormanbte erfolgte.
(Sr melbet, berfelbe fei gefd)ef)en einige 3?tt oor bem ©emctjel ber St. 23ric*
ctuSnacbt, trxlcbeS, rote roir roiffen,2) ben 13. ^oo. 1002 ftattfanb, alfo
um baS 3al)r 1000. Sonberbarer 2öeife aber behauptet 2Btlr)eIm, nf^t
bie ^traten (SnglanbS, fonbern jtönig (Stfyelreb felbft fei eS geroefen, ber
bie 9?ormanbte bamalö mit Ätieg überjog. (§r erjäblt3) nämlicb: „in ber
Slbftcbt, bem «£>er$oge ber 9?ormanbte einen Scbanbflecf anfangen, 50g
föönig (Stfyelreb eine mächtige glotte §ufammen, unb fpract) §u feinen beuten,
als biefelben mit *ßan$em unb Reimen voofylgerüftet serfammelt roaren:
Stehet r)trt nact) ber SRormanbte, ücrroüftet baS ganje £anb »on einem ©nbe
jum anbern, nur ben ^eiligen 33erg jum @rjcngel ü^tc^aet follt 3t)r fcfjo*
l) Oben @. 29. 2) Oben @. 31. 3) V, 4. $uc$e$ne <S. 250 flg.
15*
228 y^ft OregortuS VU. unb fein ßdtalkt.
nen, aufy befehle td) (Sud), tag 3t)r ben ^erjog !R(cfjarb gefangen netymt,
tr)m bte §änbe auf ben dürfen btnbet, unb tfm in folcfyer ©eftalt vor mter)
führet. 3Me (Jnglänber fegelten ab, (anbeten auf ber normannifamt 2Beft*
füfte umvett (SoutanceS, unb rücften auf btefen £)rt lo$, allein 9?tgellu6,
(©raf von ßoutanceS) bot ba6 gan§e bortige 93olf, nic^t Mo$ bte 6o(ba*
ten, foubem aud) 2öetber unb ^tnber auf, jog bem getnbe entgegen, unb
fc^htg bcnfelben fo, bap nur ein einiger glücrjtltng entfam. tiefer eine
glüd)tltng eilte nad) (£nglanb §urücf, unb als er vor ben ^o'nig fam, fprad)
berfelbe: gib mir ben gefangenen 9iicr)arb r)er, aber ber glüctjtltng erroteberte,
§err, eS tft anberS gegangen, bte Normannen, beren Selber eben fo tapfer
ftnb, fyaben alle beute Seute tobtgefcblagen. ' £)er ^önig errötete unb be*
rannte feinen llnverftanb."
3ln biefer ganzen ©dn'lberung ift meines @rad)tenS ntcbtS rvar)r, als
bte allgemeine St)atfacr)e eines Angriffs, ber von (Snglanb aus auf bte
^ormanbte gemacht roarb.' 2Öer rotrb glauben, baß Jtönig G?tr)elreb, mitten
tm fürebtet (teuften ©ebreinge burdt) bte hätten, mutr)rotlltger 2Betfe einen
yiad)bax anfiel, ber 4t)m allein einige «£)ülfe gewähren fonnte unb rottfltd)
gen>äf)rt f)at! ^)teju fommt, baf fämmtltctje engltfd)e Duellen fein 2Bort von
einem $rteg zrotfct)en (§tt)elreb unb $tct)arb rotffen, roäljrenb nur ber gallt*
fd)e 9J?ö'nd), roelcber zroet £D?enfcr)enaItcr nad) ber Sljat unb eine
ÜDienge Wläfyfytn zu 9J?arfte bringt, jene 3)tnge melbet. Offenbar fyat
2ßtlt)elm von SumtegeS ben ^öntg (Stfyelreb mit einer fetten !0?act)t, bte
allerbtngS bamalS einen guten $t)ett von (Snglanb bcr)etrfct)te — mit ben
bäntfd)en Sßtftngern verroecbfelt.
2llfo ntd)t bloö bte alltäglichen Regeln ber jtlugtyett mußten ben $or*
münber beS «§>er§ogS 9^ia)arb II. überzeugen, baß burd) bte ^errfcfyaft ber
^traten tn (Snglanb baS Sof)l ber 9?ormanbte bebrol)t fei, fonbern auet)
bte (Erfahrung beS 3afyr$ 1000 lieferte einen r)anbgreifltct)en SBeroetS f>te^
für. 9htn gab eS fein anbcreS Wlittd, ber fraglichen ©efafyr vorzubeugen,
aB 2lufftelTung einer bebeutenben unb ftetS zum Kampfe beretten beroaffne*
ten 9D?acbt. 3)aS foftet aber ©elb. 3d) fage: erftltd) baS £)anegelb, ba$
bte 2Btftnger GmglanbS ben 2lngelfact)fen abpreßten, r)at bte ^erjoge ber
^ormanbte tn bte. ^otljroenbtgfeit verfemt, eine är)nltd)e Abgabe von ttyren
Untertanen §u ergeben, jroeitenS bte erl)öt)ten Saften, beren Ü)rucf bte nor^
mamttfcfye 33auerfc^aft §u einer 9Serfct)vt)örung verleitete, beftanben tn einer
^rtegSfteuer.
SSon roelc^er 33efcbaffenl)ett roar btefelbe? erftreefte fte fta) nur auf bte
9?ormanbte, ober aud) auf baS untertl)äntge ^ebenlanb, bte Bretagne? roet*
ter, rote trieb man fte ein? enbltcr), rourbe nur ber gemeine 9J?ann beigem
jogett, ober jaulten alle ©tänbe gleichmäßig? 5lbgefer)en von ber Innern
2öal)rfa)etnnd)!ett, baß bte ^erjoge von S^ouen baö benachbarte Untertlja^
33terteö 93ud&. (5a^. 13. JRidjarb II, J&evgog ber Sfcormanbie ton 996—1026. 229
nenlanb ntdjt fd)onenber behanbelt Ijabcn derben, als tt)r unmittelbares
©ebiet, empörten ftd) bte bretagntfd)en ^Bauern ebenfo, wie bie normanm*
fa^en, folgltcf) ftnb betbe Cßro^iusen in gleichem ©rabe von ber ©teuer ge*
troffen roorben. 3wcitenS bie oben angeführten 3^3ntfK fovoofyt ber bre*
tagiufajen alö ber normauntfeben (St)rontfcn beuten baranf f)tn, baß t)ter
rote bort bte 2Öutf) ber dauern ftd) §unäcf)ft gegen ben 5lbet roanbte. (Dar?
auS tft man berechtigt , ben ©d)(uß §u stehen, baß baS herzogliche £auS
ftet) bezüglich ber ©teuer an bte ©utSbcftfcer hielt, unb btefe nötigte, ben
betreffenben §lntfyetl foix>or)I Don ben freien ober f)al6freien ^äebtern unb
£interfaß en, als von ber porigen Sanbbevölferuttg 51t ergeben. Dhnebteß
liegt eS in ber 9?atur ber (Dinge, baß baS angebeutete Verfahren überall,
roo feine förmliche SBeamtenherrfdjaft beftel)t, eingefd)lagen wirb.
2BaS ben britten *ßunft betrifft, fcfyeint eS mir unzweifelhaft, baß bie
abeltgen ©utSbefi^er von ihrem ^errenlanb bie ©teuer eben fo gut be§al)*
len mußten, als ber ^ßäcf)ter ober porige von feinem jütSvfltchttgen §ofe.
(Denn in ber 9iormanbte, rote in ber ^Bretagne, erregt ber 5lbel, naa^bem
bie ^Bauern niebergefcblagen ftnb, für ftd) einen 5lufftanb, unb btefe zweite
^Bewegung hat, vermöge ber oben entwicfelten ©rünbe, äf)nltd)e Urfaa)en,
roie bte erfte. (DaS ^etßt nun mit anbern Sßorten, bie Einwohner norman*
nifeben SBlutS rourben von ber ©teuer ntct)t minber getroffen, als bte ein*
gebonten Romanen.
9luf baffelbe (Srgebniß gelangt man von einer anbern ©eite r)er. 211S
$olTo mit feinen ^lamvfgenoffen ftet) in ber -ftormanbte nteberließ, muß ein
großer Sfyeil bcS £anbcS in ©olbatenloofe verwanbelt worben fein. £ätte
nun baS l)er§ogltcbe £auS bei Einführung ber Abgabe lejtere gefront, fo
Würbe bte ©teuer wenig eingetragen, unb folglich ihren 3^etf verfehlt
haben. 5utct) barf man nicht vergeffen, baß in (Snglanb brüben, baS als
SBorbilb btente, bte $hane c^en f° 9ut Sum 2)anegelb beifteuem mußten,
als bte ©erneuten. Offenbar t)at man biefeS 23eifvtel nicht bloS 31t einem
Sehnten fonbern ganz nachgeahmt.
(Snblid) treten ©puren hervor, baß außer bem ©runbbeftjs, ober bem
£anb, aua) bie ©tabt, b. h- ®ewerb unb £anbelfct)aft — fo viel nämlich
bamalS tu ber 9(ormanbte vorhanben roar — ju ber ©teuer beitragen
mußte. (Denn laut bem 3eu9wffe ^r ^etmchrontften würbe auf bem all*
gemeinen Sanbtage bte gorberung geftellt, baß ber 58erfer)r ju Gaffer unb
Zu Sanb zollfrei fein folle. deines (SractjtenS famt man fyteritt baS (Sin*
voirfen eines ®ewerb= ober ^anbelftanbeS faum verfemten. Sutct) fehlt eS
nicht an älteren Vorgängen. ©d)0tt bei 2luSfd)retbung früherer allgemeiner
Auflagen in ©allien ftnb ©ewerbe unb Sanbetgcnthum gleichmäßig beige*
Sogen roorben. SllS (£arl ber Äahle tm 3ab)re 877 bte große 9*ömerfteuer
erhob, forberte er von Jebem £ofe 4—12 Pfenninge, von ©ewerbSleuten
230
$abft ©rcqortuö VII. unb fein Seüalter.
bagegen, wenn fte 3ubcn waren, bert lOten, wenn Triften, benn Ilten
Xljni be$ $retfe6 ber »erfauften SSaaren.1)
(Sin (Sinwurf gegen bte eben entwickelte 2lnftd)t oom Siefen ber nor*
mamtif^en nnb 6rctagntfd)cn 2lufftänbe liegt nab)e. 9D?an fann nämlicr;
fageri; eS fdjeme faum gfaubltcr) , baß ber 2lbel unb bte Sßauerfctjaft, wab?
renb bod) beit>e (Stäube ber ©dntr) am gleichen gterfe brüdte, nicbt gemein?
fctyaftücbe (Sacfye gemacht, fonbern baf im @egentl)etl bte normanntfcfyen
©utöf)erren mit ifyrer <Sd)tlberl;ebung gewartet tjaben follten, bis bte dauern
ntcbergefcblagen waren. 3dj erwtebere hierauf: fo lange ber 6tanbe3unter*
febteb §wtfa)en ©enteilten unb £lbcltgen in voller Äraft beftanb, wirb man
fein einziges 23eifptet ftnben, baß je Herren mit ben dauern §ufammengewtrft
Ratten, obgletd) oft beibe wegen gleid)er 23efd)Werben jum ©ewefyr griffen.
(§3 genügt, auf ein (Sreiguiß fjinjuweifen. Dbgletct) bitter granj von
Sitftngen unb bte «gwujHer be$ 53auernfrteg3 von 1525 bie nämlichen (Snb?
abflauten Regten, unb obgleich ftd) in ber näd)fteu Umgebung ©ttfingenS
lllrtd) von ^utten befanb, ber emftg barattf Einarbeitete, 2tbel unb dauern
unter einen Sg>ut §u bringen, fonnte bitter gran§ bod) niebt bewogen wer?
ben, baß er gemeine ©adjc mit bem gröfyner maebte. SSerein^elt feblugen
beibe loö unb würben vereinzelt beftegt, wäfyrenb, wenn fte ftd) verftänbtgt
Ijätten, ein fcbltmmcS geuer ent^ünbet worbeu wäre. 9tun fam in ber
^ormanbte nodj ein befonberer Umftanb fjtn^u, ber eine ^Bereinigung betber
nimmermehr §uließ. £aut ben $eimd)roniftcn forberten bie dauern freie
3agb, freie gtfetjeret unb Aufhebung alter grotynben, b. I). iDittge, weldje
ber 2lbel nirgenbS §ugefte(;en wirb. ©i<^crltcf) hat ber normamttferje 2lbel
feine Suft in fta) f erfpürt, felbft §u aefem, §u pflügen, §u büngen unb bte
(§rnr>te etn§ufül)ren. 9Jc*od;ten bafyer bte ^erren bem §er§oge wegen (Sin*
füfyrung ber Steuer nod) fo fefyr grollen, nichts blieb i^nen übrig, alö
bemfelben bei Unterbrüdung ber dauern §u |etfeit.
2Bte tA in folgen gälten f)äuftg gefd)iel)t, grünbete ein dritter auf bie
Un§ufrtebenl)ett bc3 Slbetö einen *J3(att perfönltcfyer @r)rfucf)t. 3ener ©raf
2Mt>e(m von £ie£me3 wollte ben £aß beS £errenftanb3 benü^en, um ben
unmünbtgen «£)er$og vom Sprotte ju ftoßen unb bie alte (Srbfolgeorbnung
wteberl)erjuftet(en. SUlem auö ben eigenen Korten beS (Sfyromften von
Sumtegeö gel)t fyervor, baß bte SSerbünbeteu 2Bttf)elm$ ntc^t WoS für feine
(5ac^e fochten. Slucf) nadjbem 2Öt(f)elm gefangen war, festen fte ben 2Bt*
berftanb fort, unb erft nad) mehreren treffen würben fte beftegt. 2)arau3
folgt, baß 3)te, auf bereu 23eiftanb SÖ3i(l;elm gered)net l)atte, eine ftarfe $ar?
t^et btlbeten, fowte baf fte 3wecfe verfolgten, wela> von benen 2Bill)elm^
unabhängig waren.
\) ©fvovei, Sailimjev II, 163.
Sierteg 93uc§. (Sa^. 13. ^tcfyavb IL, £evjoy ber ftonnanbie öon 996 — 1026. 231
Cmblicr) fann über 3e^ imb &*Wtfff* Rfbenumftänbe ber normannifchen
Empörung burct) Sdjlüjfe noct) Einiges ermittelt werben. Saut ber 2luS*
fage beS (Sfjromften von 3umiegeS ließ fta) Riebarb I. Darum mit ©onnor
förmltd) vermählen, weil ber (EleruS ft cf> geweigert fyatte, ben unehelichen
Sof)n beS ^erjogS, fo lange er ntdjt legitimirt fein würbe, als (§r§btfchof
von Dlouen anjuerfennen, bie (Erhebung Roberts aber erfolgte fürs m$ *>em
5tbfcbluffc ber @f)e. mit ber bisherigen Äebfe. Run weiß man,1) baß Ro*
bert 989 ben Stuhl von holten beftieg; bie 93ermählung Ricr)arbS I. fanb
alfo nicht lange vorher \tatt. 3weitcnS muß aus ben früher entwtcfelten
©rünben angenommen werben, baß 9^ict)arb II., ber Racbfolger feines 23a?
terS, als rechtmäßiger Sor)n ober nacb Qmtfegnung ber <St>e §wifdum S^icfjarb I.
unb ©onnor geboren worben ift. Seine ©eburt fann alfo ntebt wol)t vor
990 fallen. 3)arauS ergibt -fta) Weiter, baß er bis gegen 1008 unter $or*
munbfebaft ftanb. 3n ber Zfyat erfcheint währeub beS doppelten SlufftanbS
ber Normannen, Rubolf, Dheim beS jungen §er§ogS, als $ormünber beS>-
felben ober als Regent. ^Demnach muß bie ^Bewegung jwifeben 996 als
bem Regierungsantritt Rtd)arbS IL unb bem 3alj)re 1008 verfemt werben.
Rubere $hatfad)en geftatten, bie Seit noch genauer §u beftimmen. Äaum
ift benfbar, baß ber Regent bie Steuer, weld)e ben Slufftanb herbeiführte,
ohne einen tüchtigen Slnlaß, ber über ihre Rothvoenbigfeit feinen 3^eifel
juließ, inS Beben gerufen r)abe.
3m Sommer 1000 ftnb bie bäntfct)en SBifinger aus (Snglanb t)erüber
in bie Rormanbie eingebrochen. 2)tefeS (Sreigniß, benfe ich mir, wirb bie
Unterlage gewefen fein, aus welcher Rubolf bie Sluffteüung eines größeren
ftehenben §eereS unb ir)re unausbleibliche golge, bie ^riegSfteuer, rect)t*
fertigte. Run mögen aber immerhin einige 3ar;re verfloffen fein, ehe bie
Steuer burebgeführt warb unb bie Unsufriebenheit über fte ben Siebvunft
erreichte, golgltch fann bie Unterbrücfung ber beibeu 5lufftänbe bis 1006
ober 1007 f)erabretcf)en. Ü)ie Bewegung in ber ^Bretagne brach etwas
fväter, nämlich nact) bem $obe ©alfrtebS, b. t)- m$ 1008 auS. Slber
barauS folgt feineSwegS, baß bie Urfachen ber Unjufriebenheit in betben
Sänbem verfebieben waren ober nicht auS einer unb berfelben Duelle
floffen. Vielmehr fdt)etnt eS, als hatten bie SSretagner, ehe fte loSfcblugen,
ben £ob ihres §er§ogS, fo wie bie natürlichen Schwächen unb Verlegen*
hetten einer vormunbfehaftlichen Regierung abgewartet.
§ütcb wenn bie 3^gniffe über bie bäuerlichen unb abeltgen SSerfctjWö*
rungen in ber Rormanbie unb ber Bretagne nicht vorlägen, würbe feftfteben,
baß in ber Rormanbte gegen Anfang beS 11. 3ar)rr)unbertS eine Steuer
eingeführt worben ift. 2öilr)elm II., britter Rachfolger Ricbarbö II., §ai
') Gallia christiana XI, 26.
232 'Jto&ji Oregovmö VII. unb fein 3eitalier.
1066 an ber Spirje etneö §eereS »on 60,000 9J?ann Gntglanb erobert;
ein großer £l)etl beö Unteren jebodj beftanb auS ©ölbnem, bte auS ber
fyalbeu 2öelt §ufammenftrömten. 9hm fefct bie Anwerbung sott 20—30,000
äRann baS $orl)anbenfein cincö bebeutenben Sd)a|$eS »orauS. SRidjt anberS
aber fann $Btlf)elm ber (Eroberer feine ©ewölbe gefüllt fyaben, als burcf;
Steuern. £>te SJiaßregel beS [Regenten Ühtbolf fcom 3al)re 1001 l).at 65
3af)re fpäter bem SBaftarb tton Jftouen ben 2öeg naa) (Snglanb gebahnt,
ßugletd) ftefyt man, baß bte Steuerbarfeit, öon ©ngtanb auSgefyenb, mcfjr
unb meljr auf bem gcfttanbe SBurjel faßte. Um ben Anfang beS 11. 3af)r*
ImnbertS tft fte tu ber 9?ormanbte unb in gtanbetn angelangt, um 1020
in 2)änemarf an ber Saxler;. 2tua) wenn eigener (Sljrgetj fte nid^t trieb,
würbe politifcfye §Eorlpenbtgfeit bie beutfcr)en (Balier §u bem 93erfud)e fort*
geriffen fyabcn, baS norbifdje ©ewäcbS auf germanifdjen 23oben §u *>er*
pflanzen.
(£S war ein füfyner £Burf, ben Dhtbolf wagte, als er t>on Slbel unb
93olf Steuern forberte. 2)ie Herren antworteten mit einer Empörung.
2)affelbe traten bie ^Bauern. 5luf wen ftü|te ftcfo nun ber Regent? benn
olwe einen feften *J?üdf)aIt tonnen fold>e £)tnge ntd)t unternommen werben.
9JhütcS (§raa)tenS rechnete Dhtbolf auf ben SBeijianb beS (SlcruS, aber eines
anbern ßleruS, alö berjenigc war, ber bis 990 ber -ftormanbie oorftanb.
2luf bem (£r$ftur/le t>on 9?ouen faß1) »on 942 bis gegen 989 <£>ugo, ef)e*
maliger Wibna) in St. 2)eniS, ein SJiamt oon ebter ©eburt aber gar un*
eblem £cbcnSwanbel. §erjog 993ilr)etm I., 9Mo'S Sot;n, machte if)n 942
§um (Srjbtfcbof , allein £ugo bot aller Sufyt unb Orbnung $ro{3, fröfmte
ben lüften beS gletfaVS, $eugte uu§äf)ltgc Ätnber, oergeubete £ab unb
©ut feiner Mixa)e. 3)ieß ift ein SBilb tton ßnftänben, bie ftcf) vielfach auf
anbern fünften wteberfyolten. gaft überall, wo weltliche gürften bie Leitung
ber jftrerje in £änben fyatten, gelangten Männer wie §ugo §u Ijo^en getfb
lid)en Sßürben.
Seit 989 trat ein Umfcfywung ein. 3m genannten 3al)re erfyob §er*
§og 9hd)arb I. feinen eigenen Sofyn Robert auf ben Stur)l tton 9fouen, naa>
bem er bemfelben §uoor burd) 2lbfd)luß einer förmltdjen (£r)e mit ©onnor bte
*Red)tc ooller ©eburt tterfdjafft fyatte. $laa) einer Seite f)m war eS ein
gortfe^rttt, baß Söftne beS regterenben ^aufeS in ben (£leruS eintraten.
Ü)oa) bro^ten eigentl)ümlid)e ©efafyren. 3«nge ^erren x>on ber ttomefymen
Slbftammung Roberts geigen in ber *Reget wenig Suft, ftet) ben SSorfc^riften
clerifaler 3ud)t §u unterwerfen. Slucb ber neue (Srjbifc^of bewährte bte
alte (Erfahrung. Robert behielt als (Slerifer bte ©raffa^aft ©oreur, bte er
fc^on früher befaß, bei, lebte mit einergrau, jeugte bret Söf)ne unb machte
l) 2)ie SBetoetSjieUen Gallia christiaua XI, 25 unten flg.
SBierte* 93udj. ßa£. 13. «Ric^arb IL, ^erjog ber ftormanbie öon 996—1026. 233
ftcb gute Sage.1) 3Me jlircbe jog tabcr auö bem Eintritt etnc6 folgen
(Sterffefä feinen 9Jn|en. Ü)ocb DiobertS SBater, Sttajarb, blieb niebt babei
ftefyen, baß er feinen ^ot)n jum Metropoliten mache, er fnüpfte, wie früher
gezeigt korben, mit eifrigen ©ciftlieben 33erbtnbungen an, bie niett ofyne
gruebt blieben, fonbern (Sinflujj auf fein fpätereö Seben übten.
2£a3 war nun ber erfte Slnlajj $u ber clertfalen Dricbtung, belebe
ber alte «£>er$og nafym ? 3m Safyre 987 l)at §ugo (£apet ben $bron Sfceu?
ftrtenS beftiegen, gleich barauf wollte JRidjarb L feinen Sobn Robert auf ben
@r$ftur;t von 9louen erbeben, muffte aber erft ben Mangel unebeltcber ©eburt
entfernen, fo baf bie (Sinfe$ung SRobertö ntebt früher aU 989 erfolgte.
Seit ber nämlicben 3^1 verrätl) Sfticbarb L Neigung §ur grömmigfeit.
Offenbar ftefyen beibe (Sretgniffe in geheimem 3u|ammenr)ang. 2Beü ber
ßapetinger bie »ftrone auf fein §aupt gefegt t)at, unb »eil sJeicbarb L bie
23eforgntj3 fyegte, baf nunmehr bie Stellung feinet JpaufeS bem neuen
Äönigtbum gegenüber bebrofyt fei, fuebt ber ^ormannenber^og am (£leru3
einen 9fätcfr)alt. gurebt bot capetingifeb er ©röfe Ijat bem (Sinfüiffe be£
Ätofterö (S(ugm) unb feiner 23eftrebungen ein wettet $f)or uad) ber 9?or*
manbie geöffnet.
ü)ie vormunbfchaftlicbe Regierung ober ber gleichnamige Sof)n *Ktcbarb£ I.
fcr>rttt auf ber eingetragenen 33al;n fort, ging aber viel weiter alö ber
95ater. 2)enn jc£t würbe jener ausgerichtete ©etftlicbe, mit bem febon
Dftcbarb I. Unterfyanblungen eingeleitet fjatte , jur Ueberftetlung naa) ber
9?ormanbie bewogen. 3m 33enignueflofter $u 2)tjon lebte ein 5lbt Ramend
2Bilf;elm, ber ein faß übermcnfcblicbeS 5lnfcf)en gettofj, »tele Älöfter grün*
bete, worunter aueb ba3 berühmte Stift gruetuarta bei Surtn, noa) viel
mehrere reformirte, unb von bem auebrücflict; bezeugt wirb,2) baf er ein
3ögling be£ Dberabtö von (Slugnr;, SJJajoluS, war unb in gruetuarta bie
(Elugniacenferregel eingeführt r)abe. tor$, er gehörte ju jenen Häuptern,
bie bem ©eifte, ber von (Slugm; auöftrömte, weite ©ebtete auffcbloffen.
liefen 3Btlbelm berief bie vormunbfcbaftlicbe Regierung gegen 1001 nacb
ber 9formanbte, um bie borttgen Jftoffet unter feine £>bfmt ju nehmen unb
umutgeftalten.
2)er burgunbif cbe 9lbt nafym bie Sadjc niajt leiebt. Stuf bie erften
Anträge beS «£>er$og6 Diicbarb IT. foll er geantwortet3) haben: „ba$ ®e*
rüc^t gef)t, bafj bie £er$oge ber Normannen wilb unb rof) feien, ba£ fte
bie jtirebe beö §erm jerftoren, niebt erbauen, baß fte geiftlicbe 93rüb erfaßten
nta)t lieben. 2lua) ift bie 9eeife weit unb e8 fet)lt mir an Safttt)teren, um
Mönche unb ben nötigen £au6ratf) au6 33urgunb bortl)tn ju f Raffen. u
l) £ie 53ett>etfe ibid. @. 27. *) ^abiüon, annalas ordin. St. Benedicti IV, 120
unb S3ouquet X, 172. 3) Ibid. @. 152.
234
$a6fl ©regovtuö VII. unb fein 3eitotter.
§118 bieg £er$og Dticbarb IL erfuhr," fährt ber alte SBcrtdbterftatter fort,
„fd)tcne er foglctct) eine ÜB? äffe Saumroffe, weldje ÜH>tlf)elm unb bie Mönche,
bte er mit ftcf) nahm, nach ber 9?ormanbie trugen. 2öte ein @ngel würbe
er bort empfangen, man übergab ihm perft baö Softer gefamp, bann
fpäter auch bte anbern von 3umtege8 unb bem Serge St. 93ftcr>el. Strenge
3uct)t führte Stf^im ein. 2llleS würbe anberS, als eö bi^er gewefen,
unb eine 9Jienge junger teure au6 granfretd) tt>te au6 bem benachbarten
(Snglanb ftrömte nach ben neuen Slnftalten, um bort tt)re 23tlbung ju
empfangen."
gaft 30 3af)re lebte 2lbt SBityelm, ber 1031 ftarb, in ber Sfor*
maubie, unb welche tiefe Spuren ber 2ßirffamfett r)at er t)inter(affeu ! (Sin
engltfa)er Schriftfteller erjäljit,1) baß £er§og Sftcharb II. häufig gefamp
befugte unb bann rote ein sJJ?önct) fta) benahm, bie 9D?orgengebete mit ben
23rüt>em fang. 9Q?etne£ @ract)tend tft e$ ber 2lbt gewefen, ber sor^ug^
Weife bie *ßolittf fon?ol)( bc$ Regenten Dfrtbolf, al$ nachher be$ jungen
£erjocJ$ leitete.
3m 3ar)re 1000 waren, wie oben gezeigt worben, bte bänifeben 2öi*
finger au6 (Snglanb in bie SRorntanbie eingebrochen. 3m nämlichen 3dr)te
gefa^at) e$ laut bem 3cugntffe2) §etnrtd;6 sott Huntington, baß bte erften
33erf)anbhtngen wegen Vermählung ber Sd)Wefter 9^td)arbö IL, (5mma, mit
bem ange([äd)ftfd)ett Könige ftattfanben. 3)ie (Sl)e felbft würbe §wei 3atyre
fpäter, nämlich an Dftem 1002, abgefcfyloffen. 3) Utwerfennbar lag biefer
^etratt) ber ©ebanfe eineö 33unbe$ ber §wet Käufer gegen bie r)eibni^
fct)en Räuber be$ Horbens §u @rttnb. 3)a8 war aber eine 5lbweta)ung
von bem Verfahren ber älteren ^erjoge. Severe fanben wir in l)auft*
gern SBerfet)r mit ben 2Biftngern, unb wenn jefct ^tebarb II. ftet) entjd)loß,
mit ben ehemaligen greunben §u bredjen, tft man berechtigt anzunehmen,
baß bieg nicht ohne (Stnwtrhtng ber ©runbfär^e einer ct)rifttidt)en Staate
fünft gefchah-
2lllerbtng3 trug bie Verbtnbung mit (Snglanb feine fonberltchen grüchte.
3ch benfe, bte 2lnfct;auung ber SBeife, in welcher (Sthelreb ber Unberathene
bie Angelegenheiten feinet OieidjeS leitete, mag ben 9?ormanncnr)er§og be--
flimmt r)aben, baß er ftet) ntd)t tiefer mit bem Schwager einließ, f^aef)
ber $tu8fage4) beö (Sl)roniften von 3umtege8 erneuerte 9ftcr)arb mit ^öntg
Swen ©abelbart ben Vertrag, ber ben englifchen SStftngern freien Tlaxtt
in ber 9?ormanbte ju(tct)erte. 93ernmtt)Itct) tyklt e8 ber £erjog nicht für
ftaatöflug, feinen Untertanen, von benen er Steuern forberte, bie Vor*
thetle etne£ gewinnretd;en £anbel$ §u entgehen, bie boct), wenn er SwenS
*) JBouquct X, 246 oben. ') Castle @. 359. 3) Ibid. unb 429, fo tote Flo.
rentius wigorniensis ad a. 1002. 4) 2>ucfyeöne ©. 252.
aSterieö 93ucf). Sap. 13. $tdfjarb IL, §evjt>g ber 9Jovmanbie von 996— 1026. 235
Anträge juriicftvtee , irgenb einem 9?a&bailanbe, wie 3.. 53. ben Flamen,
311 ©ut gefommen wären. 2lnbererfeitS gewährte 9^icfc>arb ber @d)wejier
Sdutk, als (§tl)c(reb uub ßmma burd) Swcn auS (Snglanb vertrieben
würben. *)
9(ucf> nact) anbem ©eiten I)in faMug SftdjarbS EL Regierung S3at)ucn
ein, bie weit von benen fetner Vorgänger abwiduut. 2)urd) fortgelegte
s#nwcnbung von SBaffengewalt Ratten bie älteren «£>erjoge tf;rc Seljcnfyerr*
lid^feit über bie Bretagne behauptet unb baS ,!pauS von 9ianteS^anncS
ausgerottet, baS im 33 unb e mit (Snglaub bie Unabfyängtgfett verfocht, wät)*
renb bie 2)t;uaftte von Berntes ftd^ fügte. Oftcbarb II. fud)te benfelben
ßvoeef bureb frtcblid)e Littel ju erretten, unb erreichte tfyn wtrflicb. ©ine
2)ovpeIel)e wob ein 33anb um bie Käufer von 9?ouen unb OfenneS. @al*
frieb, ^>err §u Lennes, ber feitbem, wie oben bemeift würbe, wieder ben
lange er(ofd)enen £itel §erjog annahm,2) vermählte3) ftd) — um 1000 —
mit £abwtg, ber Sd>wefter DitdiarbS II., btefer bagegen efycliajte einige j$cit
fpäter, — wol)l ntd)t vor 1008— Subitf), bie Scbwefter beS SßretagnerS.
S3etbe $erbinbungen waren frudUbar. §abwig gebar bau 33retagner jwet
Söfync, £)bo unb Stüan, beSgleidH'n bie 23retagnertn 3ubttf) bem 9?or*
mannen bret Knaben, SRid^arb III. uub Robert, welche tu futjeu 3wifd)tn*
räumen bem ^Bater folgten, bann SBüfyelm, ber als 9Jiöncb in baS Softer
gefamp eintrat, fo wie mehrere £b'a)tcr. ©alfrieb ftarb 1008 auf einer
55ußfar)rt nad? *Rom, worauf bie §wei fyinterlaffencn Söfyne unter bie 53or*
munbjebaft beS §aufe$ von DJouen gerieten, baS eine Stellung ber 23re*
tagne jwijc^en Dbo unb Kilian anorbnete. lDie benachbarte $rovtnj war
Dura) jene (§f)en in ftärfere 51b()ängtgfett von ber 9tormanbte geraden, als
früher bura) Staffen.
(Sine brüte Sd)Wefter, 9)tatf)tlbe, vermählte4) §er§og 9itd;arb II. mit
einem (Snfel SetbalbS beS Schelmen, bem ©rafen £)bo II. von 23loiS,
befielt @f)rget$ ben erften capettngtfdjen Königen febwere (Borgen berettete.
3n ben Sagen ber älteren «£>er$oge auS 9£ouVS Stamme famen foldje
gamilienverbinbungen mit benachbarten Stynaftten feiten vor. 2>enn fo
lange ber ©runbfari r)errfcbte, bajj bte (Srben ber 9iormänbte ntd)t in form*
Itcben (Sr)en gezeugt, unb nifyt von ebenbürtigen füttern geboren werben
follten, fonnten bie «Iperjogc tEjre Softer nur 2tuSnal)mSWetfe mit gürften
vermählen. 3e$t aber, naa}bem baS £auSgefe|j befeitigt war, erlangte bie
djrtftltccje Sitte aud) in btefer SSe^tel^ung bte Dberfyanb.
3n 9ttd)tS tritt ber Um)d)wuitg normanntfe^er $olittf fo ftctitlict) t)ervor,
als in ber Stellung, welche 9^ia}arb II. gegen baS capetmgtfcr;e Königs*
fyauS einnahm. 2)te älteren «£>er$oge von $ouen Ratten feine ©elegenfyetr
') £>t>en <S. 35 flg. :) £)6en @. 225. 3) £ud)eeiie ©. 251. 4) Ibid. @. 253.
236
*pabfi ©regoriuS VII. unb fein Spalter.
oerfäumt, bte neuftrifdmt Röntge einjubämmen. 9tid)arb fd^Iug ben ent*
gegengefe£ten 993 eg ein: er erfüllte mmftlid) feine 2kfattenpfltcbten, unb
wenn er f)ie»on fpäter abfam, fo barf man annehmen, bajj ber 2öecbfel
nid)t fott>o|I ihm, als böfen Slbftdbten ber Gtapettnger §ur Saft fällt.
3m 3al)re 1002 ftarb ber SBruber £ugo QbpetS, feindet), £er§og
som neuftrifa^en 33urgunb, finberloS. Äömcj Robert »on granfretcb, £ugo
ßapetS (Solm, fprad) baS erlebigte M)cn an, fammelte ein £eer unb bot
§ugleid) bie Normannen auf. Severe gehorchten bem Stufe, [teilten fogar
laut bem Seugntffe beS ßlugmacenfermönchS 9?ubolf ©laber ntebt weniger
als 30,000 9J?ann. 3tuc§ eine Uebertreibung in ber 3cc|l ttorauSgefejjt,
barf man boeb auS ber ausgiebigen $ülf e > welche 9itcbarb II. ober beffen
SSormunb UtfttU, ben ©cbluf Rieben, baf bie $riegS[teuer unb bie (§rrta>
tung eineö [teljenben ,§eereS bereits if)re grüßte $u tragen begannen. £)er
gelb§ug gelang nicht »oßjianbtg, boct) fer-eint 1003 ein Xfyü 23urgunbS
unterworfen worben §u fein.1) Offenbar gingen bie, welche ben jungen
£er$og leiteten, flon bem ©runbfa£e auS, £reue führe weiter als 5lrgltft,
[te werbe ein gnteS SSerfyältmj? jwifeben bem l)errfcr)enben ,£aufe von *ßariS
unb bem lefyenSpflt einigen tton 9fonen l)erftellen. 9ftit anbem Korten, bie
9*atf)geber jHia)arbS füllten als granjofen unb Rubelten als (Sl)ri[ten.
£>ret 3al)re fyäter be[tanb ber «£>er§og noch eine anbere, vielleicht f)ärtere
$robe ber £ef)entreue. 9J?it vereinter Wlafyt rücften bie Könige ^einrieb II.
»Ott £eutfd)lanb unb Robert oon granfretcb 1006 gegen ben 9)carfgrafen
33albuin IV. von glaubern, genannt (Scbönbart, ins gelb, um if)m Stabt unb
SBurg $alenctenneS wegzunehmen, welche ber glamänber mit ©ewalt erobert
hatte. $lucf) Sfticharb II. machte an ber €pi^e einer ©a)aar Normannen
ben 3«9 mit, inbem er feinem ©ebicter Robert £eereSfolge leiftete.2) 93al*
buin unb Dftctjarb waren bamalS bie mäcf)tig[ten SBafallen ber $rone granf*
reia^). Unterlag ber (Sine, fo hatte ber Slnbere ©runb, (schlimmes ju be*
fürchten, ©emäß ber überlieferten ^ßoltttf, fdt)rteb ihnen ihr gemetnfamer
SSortheil »or, sufammensuftehen. ©letchwofjl nahm ber Normanne ^arthet
für feinen 2ehcnSf)errn.
3m Uebrigen Verlief, einige Heine gefjben ausgenommen, bie 9?egie*
rung ^icharbS II. ruhig, ^athilbe, beS ^erjogS @chwefter, ©emahlin Dbo'S
von 23lotS, war ftnberloS gefwrben. 9^acf) bem be[tehenbeu fechte forberte
Sftcharb bie 5luS[tattung berfelben, be[tel)enb m ber £älfte beS 6<hloffeS
£>reur unb gewiffen in bortiger ©egenb gelegenen Sänbereten, §urücf, £>bo
bagegeu oerweigerte bie Verausgabe. 9hm erbaute Oticharb norbweftlict)
tton 2)reux, an bem glüf d)en Slure eine 25urg, SillierS, bie er mit
*) 2>ud&e$ne @. 256; bann JBouquet X, 20. 171. 221. 222. 8) $erfc VI, 354
unb VII, 414. 452 oUn.
SSterteS 93ud). &ap. 13. 9iid)arb.II., £erjog ber Otormanbte tton 996—1026. 237
Lebensmitteln t>crfat), roeld)e auö bem (Bebtet £)bo'6 jufammengeraubt rour*
ben, unb mit einer ftarfen normamttfeben 93efa£ung t»ertt>a^rtc. ©6 fam ju
einem Kampfe, roär)renb beffen Dbo Vergebltd) verfuebt fyaben folf, Stifter^
$u erftürmen. 3)orb fehetnt aud) Oftcbarb K. ntebt mit fonberlicbem @lücfe ge*
fochten §it r)aben. 3)enn ber ^auptjeuge1) über btefe bunfle SBegcbenbett,
2Öt(t)efm von 3umtege£, gefterjt ein, baß ber <£>er§og 2Bifinger au3 (£ng*
lanb herüber $u $ülfe rief.
f/3wei ©eeföitige," fagt1) er, „einer, ben er aU Ragman ber (Schweben
bejetc^net, unb £)laf von Norwegen, feien bamalS anf DftcbarbS (Stnfabung
in ber 9?ormanbie erfebtenen". £0t tt festerem fann mir £>laf IL, £aralb6
©ränetfe @oI)tt, gemeint fein. Ungefähr feit 1011 befanb berfelbe ftcb in
(Snglanb nnb nat)m 1013 Dtenfte bei kernig @tr)elreb, ber furj baranf von
(Sroen vertrieben, in 9?ouen eine 3uflucht3ftätte fuc^te unb nach bem Sobe
©roenS fein 9?etch roteber erobern wollte.2) £)aS 3eupt£ ^ ü)?önc^d
von 3nmtege3 ftimmt bat)er gut ju ben Angaben beS norbtfehen ©efebtebt*
fchreiberS @norro ©turlefon. Säfjrenb feinet bamaligen Aufenthalts tn
ber Sftormanbie wirb £)laf ftd) verpflichtet t)aben, bem 2lngelfad)fen (Str)elreb
jur SÖiebereroberttng ($nglanb6 §u helfen, unb bie get)be von Ü)reur fällt
allem 5Jnfct)etne nach in bie 3a^re 1011—1012. Sie bauerte nicht mer)r
lange. „($rfcr)recft burd) bie 5lnfunft ber fremben Siftnger", fährt ber Wond)
von 3umiegeö fort, „nötigte ber franjöftfcbe Köllig Robert beibe 93afaltcn,
£)bo unb 9ftd)arb, grteben ju fließen." ©in Vertrag fam ju ©tanbe, ver*
möge beffen £)bo Ü)reur behalten burfte, aber bie ftrittigen Räubereien au
^tebarb ^untergeben muj^ t>e69feicf)en blieb im 23eft|e be$ £e£tcren bie
33urg StllterS.
9?ocb ein §roetter Streit $Rtct)arb6 mit £)bo von 93lot3 roirb erwähnt,
©roßeö 5lnfe^en beim Röntge unb Qßolfe genoß ber alte @raf 23urcbarb
von 9JMun unb (Sorbett, ein ehnvürbtger ©reis, ber nach $>iabillonö 33 1*
recfynung um 1012 ftarb. 3) Dtefem entriß burd) l)etmlicben Ueberfall bitter
Salter, ein iDienftmann JDbo'S, bie SBurg 9D?elun an ber ©eine, oberhalb
sparte, unb übergab fte feinem 2ehenf)errn. ®raf 33urcf)arb flagte beöl)alb
bei §ofe, ber $önig aber bot feine eigenen Reute, rote baS ,£>eer ber 9?or*
mannen auf. ©emetnfam eroberten fte bie geftung, worauf ^önig Robert
btefelbe bem rechtmäßigen 53eft£er SBurcbarb jurüdftellte. 2)a 53ura)arb um
1012 ba$ tyitlify fegnete, muß ber 3U9 ^ 9Mun einige 3at)re
früher fallen, vielleicht hängt er mit bem burgunbifcr)en Kriege von 1003
jufammen.4)
J) 2)uc^eöne @. 253 unten ffg. 2) Oben ©. 36. 3) Annales ord. Sancti
Bened. IV, 224. 4) 3)uc^cönc @. 255, toomit ju Vergleichen ©ouquet X, 220 unten flg.
u. 354 unten flg.
238
$afcft ©vegoriuS VII. unb fein 3citaltev.
Die @ö^ne unb Xbdcjkx au6 ber (§r)e mit ber 23retagnerm Subtth
rouchfen heran, ©leid) feinen ©dwftern »ermäfylte Sftcbarb TL auch bte
Söchtcr in mächtige Käufer, inbeffen fchetnt bei btefen SBerbtnbungen Wlip
trauen gegen bte (£apcttnger (Smflujj geübt ju l)aben. ©d)roerItd) beftanb
mer)r baö gute alte 93erl)ä(tntfj §rotfchen Sticharb unb Äöntg Robert. 3n
erfter ©fye hatte ber glamänber Sßalbutn IV. (Scböubart bte Shtremburgerin
£)gba gefyetratfyet,1) in fetter fretete2) er bte Zoster 9^tcr)arbö IL ©te
gebar tfm §war feine ^tnber, aber gleichwohl machte bte Sßermählung
23a(butn3 mit ber Normanntn ber früheren getnbfcbaft §wifd)en ben Käufern
£on 9?ouen unb Brügge ein (Snbe unb bahnte einen 33unb an, ber wichtige
golgen nach ftcfj 50g.
(Sine §weite £od)ter, Slbelheib, »ermatte 2 ) Dticharb II. an Statnalb,
ben (Stbgrafcn pm 33urgunb, ©ol)n beS §er^og6^@rafen £>tto $&\U
heim, weldjer einer ber mäcbtigften gürften be$ füblichen ©alltenö war unb
beffen ©einet nicht unter fran^öftfeher §ol)ett ftanb, fonbem bem tarnen
nach unter bem Styroite tton 2lrleS. Um feinen (Sibam au$ brtngenber ©e*
fahr ju befreien, gerietf) ber Normanne in ^rteg mit einem ©rafen im
mittleren granfrei'cf), ber fenft al6 2lnf)änger be6 ^öntgö Stöbert erfetjemt.
2Bür)e(m tiw SumicgeS er§äl)lt: 3) ,/£ugo, ©raf m® $t)a\cn$ an ber
©aone, f)atte Stainalb, ben 6d)Wiegerfol)tt beö «£>erjogö Sttcharb II., ge*
fangen genommen unb in einen Äerfer geworfen. 2113 bieg 9ttd)arb erfuhr,
forberte er bte gretlaffuug be6 (£tbam6, aber £ugo fd)lug ba3 Slnftnncn
runb ab. 9mn fammelte ber §er§og ein großem £eer, übergab ben £)ber*
befer;l beffelben feinem gleichnamigen ©orrne 9ftcharb III. unb fcbjicfte ihn
nad) 53urgunb. 2)cr junge 9?tcf;arb eroberte eine fefte 33urg im ©ebtrge,
rücfte bann ttor &v)al<>r\$ unb belagerte bie ©tabt. 3e£t unterwarf fta)
<£)itgo, er mußte febroere ©enugthuung leiften, nicht nur ben ©efangenen
herausgeben, fonbem mit einem ^ferbefattel auf bem dürfen sor bem ©teger
fta) nteberwerfen." \.
hinter bem getfyuge nach einer ©egenb, bie über 100 ©tunben fcon
ber ©übgrän§c ber Normanbic entfernt lag, ftnb allem 5Infdt)etne nach ge*
heime ^Beziehungen verborgen. Rubere Nachrichten melben,4) £ugo, ge*
borner ©raf son (£f)alon3 an ber ©aone, fei im 3af)re 999 auf betreiben
be$ franjöftfchen Königs Robert nun SBtfchofe tm Slurerre erwählt worben
unb fyaoe feitbem ohne kaufen unb mit großen jDpfern bie 5lnfprücbe t>er^
tl)eibtgt, welche baS franjoftfebe ^önig^hauö auf bie ^errfchaft über 93ur*
gunb erhob. 3)te (£rbgraffchaft ^ugo'ö lag auf ber @rän§e beö neuftrifchen
unb beö unabhängigen 23urgunb6, bie Erhebung aber be6 ©rafen auf ben
4) @telje S3ani> I, ©. 52. 2) ^Duc^eöne ©. 255. 3) Ibid. @. 256. 4) muß
quet X, 17t
SSierteS Q3ud?. £ap. 13. föicfjarb II., -äerjog bcv Oiormanbie öon 996-1026. 239
€tuM fcon 5lurerrc, bcr *on ber franjöfifcben $rone abbtitg, Ijatte orrne
3»rifel ben €11111, £ugo für baö capctingiftf e £au8 gewinnen nnb ihn
ju »eimoge«) ba^ er feie ^(aite, tocldje jfcomg Robert &t$gltdj ber 33er*
gröfcrung feines ©ebietä auf Soften bc£ unabhängigen 33urgunb6 fyegte,
nacb Gräften unterftifye, wie benn Mefj £ugo fotrfttd) gethan I)at. Ruberer?
feitS ftanb Otto StHjelm, ber $ater beS obenerwähnten $ainalb, an ber
«gpiftc ber biirgunbifd^cn ©rofen, treibe ftcb ebenfo entfdueben ber (£iu$tr*
leibung tr)re0 £anbeö in ben $erbanb be$ beutfcben fRctcf>ö , a(6 ben e^r^
geizigen 5lbftcbtcn bcö Äönigo Robert wiberfetiten. l)
3nbem, wie oben gezeigt worben, bie tformunbfcbaftlicbe Regierung §u
jRouen im 3al)re 1003 ein £eer nacb SBurgunb abfdncfte, war fte ftttf^
fa^weigenb bem Anhange £3tto 2öilhelm6 entgegengetreten. 31 Kein bie Jpanb
ber Softer, welche Dticbarb IT. etwa jwanjtg 3at)re fpäter bem jungen
SSurgunber reiebte, ^errietf), bafj ber Normanne inbeß für nöt!)ig gefunben
^atte, eine anbere SBabm eiit,}ufcblagen. 2)te @I)e jwtfcben 2lbclhctb nnb
bem (Sofyne £)tto 2£ühelm6 weist auf ben 2öunfcr) hin, bie 2lu3behmmg
neuftrifeber s)J?ad)t gegen 8üben §u btnbern. Steberh'd) bat ber üönig »ort
granfretcb biefe £ciratb, welcbe ben mäcbttgften Q]a)aHen bes Horbens mit
einem ber gefäbrlicbften ©egner auf ber Cüboftgränse ttetbanb, ungern ge-
legen, unb eö wirb niebt oljne 5Serabrebung mit bem ^arifer §ofe gefcbcl)en
fein, baf? ber ©raf*23tfcbof ron (£l}alon3 unb Slurerre ^>anb an ben @ibam
DftcbarbS legte. (£in 3^uge aus bem 12. 3ahrf)unbert öerfefct2) ben gelb*
jug, ben S^tc^arb III. gegen @ha(ou$ antrat, inö 3al;r 1024.
9f?ad) bem lobe feiner erften ©emahtin 3ubitl) , fchloß 2) >§er$og
9?icbarb II. eine jweite ($be mit $apia, welche ihm §wet (Söhne, Bälger
unb Süfjdm, gebar.2) (Srfterer erlangte fpäter baö (5r$blet!)um Sßouen,
ber anbere bie ©raffchaft Slrques.2) S^tcbarb hat 30, sielleicbt 31 3al)re
regiert, aber fcbwerltcb baö 40. £ebenöjaf)r erretebt. £bgleicb feine *ßoItttf,
bezüglich ber (Stellung §um föntglicben «£>aufe, wecbfelte, blieb feine ©e*
ftnnung gegen ben (Sterne" bie alte. (Sr tjat bie 3ahl ber normannifd)cn
Softer anfehlid) vermehrt.3) Ü)ie §u (Snbe bes 9. Sahrbunbcrte
beibnifchen Normannen jerftörte 5tbtei St. $anbrille [teilte er t)ei unb
grünbete eine §wette ju (Soreur, eine brttte erriebtete feine ©cmahlin 3ubttr)
511 53ernar;. 2)er Shigntacenfer 93iöncb S^ubolf erzählt,4) $icbarb fyabe ni&t
nur ben einr)eimtfcben Streben, fonbern aueb ütelen auswärtigen 2Bot)ltr)aten
erwtefen, alljährlich 9)löncr)e üom 53erge (Sinai, bie nacb ber 9cormanbie
famen, mit ©elbfummen unterftü£t, bem ^lofter jum tyil ©rabe in 3^n^
l) ©frörer, Slixä). ®ef^. IV, 112 flg. ©ouquet X, 208 unten unb 171 ffg.
2) öouquet X, 270. 3) ^Bcuquet X, 235. Monastic. aDglic. VI, 1063 unb 1107.
4) 53ouquet X, 10 unb 372 3?ote b.
240 ©regorfog VH. unb fein Stitcdkx.
falem auf einmal 100 $ßfunb @olbc6 geferjenft, überhaupt $tfger, bte nact)
bem gelobten 2anbe roallten, reichlich unterßüfcr. 3)erfelbe fügt bei: „folcbe
ftrenge «Rechtspflege unb (S'hrltcbfett l)crrfcf>te im täglichen $erfehre bei ben
Normannen, baß falfcbeS 9Raß ober betrug im ^anbel rote 9?aub unb
2)tebftabl beftraft roarb."
2luch unter baS SBolf brang ber ftrchltche ©etft ein, ber ben £er$og
befeelte. 3n bte 2>ät ber Regierung $tcf/arb3 II. fallen bie Anfänge ber
2lu6roanberung jener normanntfehen Sct)aaren nach spulten unb bem
grteebifc^en Stalten , vx>o fte in ber golge baS «Reich betber Stalten ge*
grünbet Ijaben. 2)te @rfaf)rung lel)rt, baß roenn junge Achmer §u §un*
berten unb Saufenben ber ^etmatl) ben dürfen fernen unb auf3 Ungerotffe
hin in frembe Sänber roanbern, gewöhnlich Un$ufrtebenf)ett über e{nr)eimtfdt)e
3uftänbe ben 2lnftoß ba§u gibt. 3rgenb etroaö muß ben 2lu3roanberern tm
alten 33aterlanbe juwtber geroefen fein. 3a) benfe: ©roll über bte in ben
erften 3ahr?n D^tc^arbö II. eingeführten (Steuern roar e3, roa3 eine 9Dfaffe
33auernföl)ne unb junger @t>elleute som eigenen §eerb roegtrteb. Nun l)abe
ich oben nachgevotefen, baß allem 2lnfct)etne nach ber ßleruS bte ©mführung
ber Steuer unterftü^t Ijat. Nach bem gcn>i5r)nltdt)cn Saufe ber $>tnge fotlte
man batjer erwarten, baß ber normannifcf)e Sßauer £aß gegen bte Kirche
füllte. 5lber baö ©egentheil tft ber gall. 33on $abft 33enebtft VIII. ge*
rufen, stehen Nabulf unb feine ©efäfyrten um 1016 über bte 2llpen, als
Sanjfnechte be3 Slpoftelfürften erfahrnen fte 0 im grtechtfehen Stalten. 5)a$
alte Solbatenfeuer, baS t>or 150 3^n'n bte SBtfmger be$ NotbenS bura>
juefte, ^at buret) bte 5lnfteblung an ber ©eine md&t abgenommen, roohl
aber eine anbere Nietung erhalten. 2lucr) in ber golgejett tritt bet ben
Normannen SlpultenS, tro£ ber roütljenbett kämpfe, bie fte unter ftet) ober
gegen Slnbere beftehen, ftetS eine gerotffe Hinneigung §ur $trer)e beroor.
2J13 Ntcbarb II. fein (§nbe herannahen fühlte, berief er feinen SBruber
Robert, ben @r§bifchof fcon Nouen, unb bte gürften ber Normannen ju ftcf>
in bie 2lbtet gefamp, fyielt mit ihnen Narr), ernannte feinen (Srftgebornen
Ntcharb III. Sum Nachfolger im ^eraogthum, bem jüngern Robert aber
verlieh er bie ©raffchaft §teSme6.2) 2ßtlr)elm Don 3wntegc6 serfe^t 2)
«RtcharbS II. £ob in baS 3ahr 1026. Slnbere Duellen laffen3) ihn erft
1027 fterben, allein ein gleichzeitiges Ü)enfmal4) entfcr)etbet ju ©ttnften ber
9ütSfage beö (£r)romften *on Sumtegeö.
l) £>te SBeweife bei ©froter StixQ. ®efcf>. IV, 120 flg. 2) £>uc§eöne @. 257.
3) Söouquet X, 190. Olotc b. 4) Ibid. @. 381 fammt 9lote c.
SJierteö 93ncr). (5ap. 14. j?ur$e £errfc$aft ber £erjoge 9tficr)arb III. unb föobert. 241
Dierjeljntes Capttet.
«Die Sftormanbie unter ben £eqogen $icr)arb III. unb Stöbert bem teufet, ton 1027—1035.
9licr)arb III. , verleitet burct) unjufriebene normannifcrje -£äu£tlinge, tr>elcr)e bag alte
Unroefen Ijerftellen möchten, fällt in ba$ Stefc üppiger ©eiber. 9U$ er ficf) mieber
faßt unb eine regelmäßige (Slje mit ber Tochter beö ^önigö »on ftranfreicr) eingeben
null, Vergiftet ifyn fein ©ruber Dietbert. Urfunblicr)er S3err>etö für ben 3nr)alt beö
alten herzoglichen £auSgefe£e$. OZobert erbt bie £errfcbaft, verfällt aber fofort
mit feinem ©roßoheim, bem (Srgbifrfjofe »on Oicuen , ber ben Sann über bie 9cor*
manbie »errängt. Robert unterwirft ftc^ jule^t ber Äirc^e , ftraft 2)ie, toelche
i(;n »erführt Ratten, bringt bie üftormanfrie burcr) glücf liebe SBaffen auf eine früher
nict)t erfliegene <£>i3he »on Stacht, unb txiü 1034 eine Q3ußfafjrt nach Serufalem
an, üon ber er nicht gurüeffe^rt. 3luö einer tvilben (5f>e hinterläßt er einen uns
münbigen ©ohn 2ÖiIhelm II., ben nachmaligen Eroberer (Snglanbg. (Sinfiuß, ben
5tbt 9ticbarb üon 33erbun auf ben bußfertigen £er$og Robert übt. Slnfänge beö
Jtlofierä See, fo roie ber Sftönche £erlnin unb Sanfranf. ©rünbe, marum Robert
üon ben (Einen „ber Teufel", »on ben Slnbern „ber ©roßmüthige" genannt roirb.
Ökroöhnlich ßefcf)tef)t e$, baß wenn gürften neue SBafynen einfaMagen,
roenn fte ferner §u biefem 33el)ufe tl)re Rathgeber au3 anbern greifen, als
e$ fonft ber gall roar, wählen unb baburch ben (Stgennu$ $)erer, bie unter
früheren Regierungen am Ruber faßen, mef)r ober mtnber verleben — ich fage
e0 gefct)tel;t gett>ör)nUct) in folgen gälten, baß bann bie unjufviebenen $ar*
treten ftd) an bie ©ötyne unb Racbfolger ber fraglichen gürften anflammem
unb btefelben retten, funftig bie *ßolütf beö SSaterö §u verlaffen unb ba$
5Ute l)er$ufteHen. £)rme grage tyat ^erjog Richarb IL in einem anbern
Sinne regiert, atö feine Vorgänger. Männer, beren Stanb vorher ntc^tö
ober nicht t>tel galt, nämlich ©eiftliche, erhielten unter if)m überrotegenben
Einfluß. £>arau$ folgt, baß Ü)ie, roelcbe fonft mit bem £er$oge gcherrfcf)t
Ratten, b. f). bie Rormannenhäubtlinge, vom Ruber verbrängt roorben ftnb.
(Sben biefe SSerbrängten fannen auf Sieberherftettung ihrer früheren @e*
roalt unb sogen ju fotct)em 3roecfe bie eöf)ne RicharbS n. in if)ren Ärct«.
2£a$ fte erftrebten, gelang roenigftenö jum Xtyil Unter bem nächften
Rachfolger Ria)arbö n., bem gleichnamigen Rtä)arb in., ift ein falber,
bura) Sroifchenereigniffe unterbrochener, unter bem gtteitnächften bagegen,
Robert bem Teufel, ift ein vollfommencr Rücfftoß erfolgt.
@o fürs Ricr/arb III. regierte unb fo jung er ftarb, hinterließ er nicht
weniger atö bret Durber: nämlich einen 6of)n Ramend RifolauS, ber nach
bem £obe be$ $ater$ feinen Ztyil am (Srbe erhielt, fonbem in ein Softer
gefteeft roarb unb als 2lbt 1092 ftarb,1) bann imi Softer, $apta unb
5lbelheib, roelche ftch mit Männern Berniter; untergeorbneten Ranges t>er>
3)ucheöne <S. 258 unb Souquet X, 270.
©fröret, $abft ®regortu3 vn, 33b. III.
16
242
$abfr ©rcgoriuö VII. unb fein Bettalter.
mähten. SMefe j?inber muffen utte^eltci^e geweferi fein, beim erftenö vt>irt>
titrgcttbö ifyre Butter noct) bereit $ang erwähnt, wag für fidt) allein eine
Sßerbinbung sweibeutiger 5lrt kroetöt, füre 3^ette ftanb !Htdt)atb III., wie tet)
unten jetgen werbe, bnrd) ©egenbeftrebungen umgefttmmt, auf bem fünfte, eine
wirflid)e, öon ber ^irc^e anerfannte Efye $u f abliefen, Wa6 er niebt ttermocrjt
tjätte, wäre il)m bie Butter, ober ttielletct;t eine ber Mütter jener biet Äinber
fönnlid) angetraut gewefen. 9to ift eS gerabep unbenfbar, baß ^erjog
9?id)arb IL, ber »Ott ©efftlidTen geleitet warb, welche Sittel an 2)urd)füt)nmg
beS ^ird)enred)te festen, Je feine Einwilligung §u einer fcfymufigeh SBerbtn*
bung beS Sfyrouerben gab, welcbe baS Unwefen be6 alten ^auSgefefceö wieber
inö Seben $u rufen breite, golglid) ift an$unef)men, baß 5lnbere unb jwar
(Solche, bie bem S3atcr grollten unb ben ehemaligen ©ang ber 3Mnge Wieber
l)ergeftellt wünfdjten, b. t). bie oben erwähnten Unjufrtebenen c$ gewefen
fmb, weldjc ben $er$og$fol)n fcerftrtdt fyaben. 2)urd) bie Socffyeife flotter
Sßeiber fudjt man überall junge gürften $u fasern. DaS ift ber Sßeltlauf.
2lber außerorbentlid)e Slnftrengungen müffen gemalt worben fein, um
ben <£>erjog ben Rauben feiner 93erfüt)rer m entreißen, unb §war ntd)t ot)ne
Erfolg. Eine normanuifdje Efyronif berichtet, 4) baß 9^tct)art) III. nad) ^artö
retöte unb bort feinem Zfytifymn, bem Könige Robert üon granfreid),
§ulbigung leiftete. 2Dfe $Bar)rl)ett btefeS 3ell9inffe^ fcorauSgefefct, Umtät
e$, baß 9iid)arb fta) eutfd)loffen f)atte, ber trotte gegenüber bie ^olitif
feinet SSatcvö einhalten. Stürbe nun jene normannifdje $artf)et it)reu
SBiKen b'nr^efe|t tjaben, fo l)ätte ber <£>er$og fta^erlia) mc^t gel)ttlbigt,
fonbern bie alten fünfte ber Slrglift erneuert. 3m Uebrigen ift ba6 frag*
liebe äeugntf wat)r: ^iefearb ging ntc^t bloS an ben £of, fonbern er fnüpfte
aua^ wichtige Skrfyanblungen bort an. Ein im 3anuar 1026 ausgefertigter
^erlöbnißttcrtrag 2) liegt fcor, fraft beffen *Rid)arb, ^er§og ber 9lormanbie,
feiner fünftigen ©emafyltn Slbcla (ber £od)ter beS Mntyß Robert tton
granfreid), bie jebod) bamalS nod) unerwadifen war) nid)t nur eine reiche
9J?orgengabe, beftefycnb in normamufdjen Surgen, ©täbten, einer ©raffcfyaft
ausfegte, fonbern auet) ftd) tterbinblicb machte, „baß er beremft bie jetzige
Staut als ©emapn l)eimfül)ren werbe, nic$t ber Solluft wegen,
fonbern um Äinber mit il)r §u zeugen." beweist biefe Setpflicbtung
triebt fonnenflar, baß ber fran$öftfd)e £of überzeugt war, £)te, weld;e bis
balu'n ben jungen §er§og leiteten, l)egten bie geheime 2lbftct)t, baS alte
§auSgefe£ fyermftellen, fraft beffen bie Erben ber Dcormanbie mit Äebfen
gezeugt unb Efyett ber £er$oge mit ebenbürtigen grauen nur jum @d)eine
eingegangen werben follten!
l) Q3LUtquet X, 276. 2) Ibid. <§. 270. üflote a. Ego Richardus dux aeeipio te
Adela! in conjugem, legalis desponsationis annulo mihi in carnis unitate jungendam,
non voluptatis exercendae, sed generandae in obsequium Christi prolis gratia.
93ievte0 93itd). 14. jtuvje £enfd)aft bcr $erjoge SRi^avb III. unb Robert. 243
Man ftef)t, ber (5leru3 f)at eS »erfucfit, ben ^erjog ber 9?ormanbie,
ber in bie ^änbe böfer Mcnfd)cn geraden war, an bcr §anb einer Softer
tton granfreid) auf ben 28eg bcS Jttrdjcnredjtö jurücfjufüljren, aber er er*
reifte feine $bftd)t nid)t. SOBcrf^cug ber $erf)inberung würbe ber
eigene ©ruber ^ic^arbö III. oorangefd)oben unb ein Sßerbrccfjen war ba3
bittet, buro) weldjeS 3ene ba3 alte Unwefen wieber beraufbefebworen.
3)er jüngere (5or)n DitajarbS IL, Robert, fünbigte bem älteren ben ©e*
fyorfam auf, trotte offen, unb warf fid) mit feinen 6m'eßgefctfen in ba6
©d)Ioß galaife. £)er junge «§er§og rüefte mit feinen ©etreuen oor baffelbe
unb jwang beu ungetreuen ©ruber, jtcfy 51t unterwerfen. 9hm entließ Dftdjarb
baö §eer, fefyrte nad) Korten jurücf, ftarb aber furje Sät nacbfyer an ©ift. *)
©ein SobcStag2) ift ber 6. 2Iuguft 1027. Mehrere ßfyronifen gefiebert
ungefd^eut ein,3) baß Robert c$ war, ber bem ©ruber baS ©ift reichte.
3)er Berber pflüdte bie grüdste ber blutigen £l)at: bie ,£errfcr>aft
ging auf tfm über, bod) ntct)t ofyne baß er heftigen Siberftanb gefunben
fyättc. 3uu^f* cr^0^ M ^a3 <&auP* normannifd)en ©eiftlidjfeit gegen
Robert. 2)er (S&ronift tton 3umtegc3 beridjtet : 4) „3u)ietrad)t brad) auö
jwifeben bem «£>er§oge unb bem (Srjbifcbofe Robert pou Otouen (bem Dfyeim
be$ öfteren). 2)er £er§og belagerte bie ©tabt (Sttreur (baö som Später
ererbte ©rafenlebjen beS Prälaten, baö er alö (Sr^btfc^of fc#e|aft«i bjattc). 5)
3ule£t erhielt ber (Srjbifcbof bura) Vertrag freien 5lb§ug auS (Soreur, flor)
nun an ben §of bc6 Horrigs Robert »on granfreta) unb fajleuberte ben
Kirchenbann Wtber bie 9?ormaubte. ©efdjrctft l)teburd> rief <!pcr§og Robert
feinen Drjeim jurücf, [teilte t|n in feine Sßürben l)er, beftrafte 3)te, welche
üjn mißleitet Ratten, unb folgte feitbem bem weifen $atl)e be3 (SrjbifcbofS."
3wifd)en ber gluckt unb bcr 3urücfbcrufung beö Prälaten mag eine längere
grift, wol)l ein 3^traum tton mehreren 3af)rcn, tterfloffen fein.
©in ©rief6) beg ©tfd)of£ gulbert von (Sfyartreö ift auf un$ gefommen,
ben er an. ben Metropoliten tton Korten, wie eö fd)etnt, wäfyrenb beffen
Verbannung fd)rieb, unb in welchem er ifyn fein ©eiletb barüber bezeugt,
baß im Saufe ber legten Unruhen ein Mitbifcbof unb (Euffragan tton *Rouen
e3 gewagt f)abe, ftd) treulos gegen ben Metropoliten §u benehmen. 2)iefer
untreue SlmtSgenoffe war ber ©tfd)of §ugo tton ©aieur. 2)enn bejügltd)
beffclben mclbet 7) Mönd) 2Btlf)elm weiter: „al3 ©ifd)of <§ugo ^on ©aieur
t>emal)m, baß ^)er§og Robert feine Unbcfonncnljeit bereue, gefunben 9^atl)*
fd)lägen ©cl)ör fd)enfe unb bagegen entfd)loffcn fei, feiner (§ugo'S) Leitung
nid)t mel)r §u folgen, ^erforgte er fyeimltd) eineö feiner (Sc^löffer mit Sebent
mittein unb Staffen, unb eilte nad) graneten l)tnübcr, um bort ©oloaten
*) $Du(^eönc <§. 258. 3) S3ouquet X, 381, c. JTcrt unb OJüte c. 3) Ibid. X,
225, d. 246, c. 256, b. 284, b. *) 2)ud)eöne @. 258. 5) Gallia ebristiana XI,
26 flg. ^ Gallia christiana xi, 27. 7) 3)ud)eöne ©. 259.
16*
244
$abft ©regoriuö VH. unb fein 3eüctlter.
anzuwerben. Mein ber £erjog erhielt 2Btnb von biefem 2Infct;lage, tarn
juvor, umzingelte bie 23urg, fo baß 9ctemanb hinein ober IjerauS gefeit fonnte.
SRun bat £1190 um freien 2lb$ug Derer, bie in ber Sßefte eingefcr,lof|m »aren,
würbe auf längere 3ett aud ber 9cormanbie verbannt unb mußte bie SBurg an
ben£erjog überliefern." Saut btefer (Srzctylung war £ugo einer ber böfen
9iatl;geber gewefen, bie ben §erjog in ber erften Seiten feiner Regierung,
ba er fta? tu fd)limmen £anben befanb, retteten, fpä'ter aber braa) er mit
Robert, a(ö btefer lieber gutem 9^atl>e folgte. DaS fyetßt mit anbern
Sorten: 33ifa>f £ugo ijat bem Metropoliten von Kotten entgegengearbeitet
unb bemnad) feine $f!td)ten al$ ©uffragan in ber von gulbert gefeierten
Seife »erlebt.
Sie ber (Slertfer §ugo, machte e3 ber Sate Stlfyelm von 23ele£me$.
Dte(£t)rontf von SumtegeS fäfjrt1) fort: „(Stner von Denen, welche baritber
grollten, baß ^er^og Robert ftd) gebeffert r)abe, war Silf)elm von 23ele3*
me3. Derfclbe befeftigte feine SBurg 2lleit£on unb fünbigte bem £er$oge ben
@el)orfam auf. Allein aua) er warb von Robert §ur Uebergabe genö*
tfyigt, unb mußte mit einem ^ferbefattel auf bem dürfen ftcf) vor bem Je*
letbtgten ©ebieter bemütfytgen. 3ebod) fpä'ter fiel Silfjelm tu ben früheren
£ro& §urücf, büßte aber febroer bafür. 3^ei femer ©öfyne, Sarin unb
gulfo, unterlagen int Kampfe gegen bie £au3truppen2) beS £er§ogg. Sil*
f)elm felbft ftarb vor ©ajmera baritber. "
Sir fennen alfo je£t gwet ber böfen Otatfygeber, welche bae alte Un*
roefen wieberfyergeftellt, ba3 (£r)ered)t im ^erjoglic^en ^>aufe abgefcfyafft
wtffen wollten, unb merfwürbiger Seife beftnbet fta) unter btefen §wet ein
(Slerifer, ja ein 23ifct;of, freiließ ©ofyn unb (Snfel eines jener f)albr;etbmfa)en
^ormannenfyäuptltnge von Akteur. 3) 2lnbererfett£ tft flar, baß ftcf) $0*
bert, ber @r§btfcr;of von 9?ouen, ©proffe be3 fyerrfdienben §aufeö, an* bte
Spttje be£ gutgeftnnten, auf völlige $Berd)riftlid)ung ber ^onnanbte r)tnar*
beitenben (Sleru6 geftellt r)at. Der Streit swifajen ir)m unb bem «jperjoge
brad) ol)ne 3wetfcl barum au6, weil ber Metropolit ©enugtfyuttng für ben
an Dttcfyarb III. verübten Morb begehrte. Sobann muß ber£er§og, fei e$
mittelft beö vom (grjbifcfyofe gefo}leuberten 23ann6, fei ee in golge ber
^itlfe, voeld)e tr)m ber fran§öftfa)e £of letftete, fa)wer in bie (Snge getrte*
ben, ober vielmehr ju Bewilligung aller ober ber meiften vom Metropolis
ten geforberten fünfte genötigt roorben fein. Denn gutwillig l)at ftc^er*
Itc^> ber «£>er§og bem ßleruS nta)t in folgern @rabe nad)gegebcn, baß feine
alten, nun von tl)m lo^gertffenen, 9?atl)geber ju ben Saffen griffen.
3mmer^in roar bie $ur)e im Innern r)ergeftellt, unb ber <§eraog fonnte
') Ibid. 258 unten f(g. 2) Plurimi ex domo ducis expediti vernaculi audacter
eis occurrerunt. £)ie ^tngltt^ tft gemeint. 3) Gallia christiana XI, 353.
$ierteg 93ud&. (5a V- 14. jhirje £cvvfcf;aft bev £evjege 9?icf)arb III. unb 9tö6ert. 245
gegen Stufen eine 9Dfacf)t entwicfelu, weld)e (Staunen erregt. Balbuin IV.,
©djtfnbart, ber 6a)wager NobcrtS, hatte feinen gleichnamigen @or)n, Bai-
buin V?, genannt von Sfyffel, mit Slbela, ber Softer be6 fran^öfifcfjen
Königs Robert unb ehemaliger Braut 9?id)arb3 III., vermählt. Balb nadj
Abfchluß biefer (Stye ßel ber junge Balbuin von feinem $ater ab unb ver-
jagte ir)n au3 bem Sanbe.1) 3d) ^abe an einem anbern2) Orte gezeigt,
baß franjoftfa)e unb beutfcfye Nänfe bei bem gegen ben älteren Balbuin
gerichteten Schlage jufammenfpielten, fowie baß ber Normanne Robert
mit Waffengewalt ben belcibigten Q3ater lieber einfette unb ben unge*
treuen (Sohn $ur Vernunft brachte. 3)er 2)ienft, welcben «£>eräog Robert
bamalS bem Nad)barlanbe letftete, ba£ burd) ihn aus fernerer ©efahr
befreit worben ift, fyat bie SSerbinbung svoifc^en ben Käufern von Nouen
unb Brügge mel)r unb mehr befeftigt. 2öilf)elm von SumtegeS fagt,3)
fixr^ nad)bem «£>er$og Robert auS glanbem jurüeffehrte , fei ber gleiaV
namige Äönig von granfreid) geftorben. $önig Robert verfet/ieb4) ben
20. 3uU 1031, bie Empörung beö jungem Balbuin unb ber normannifche
3ug nach glaubern fällt bar)er ungefähr inS 3ar)r 1030.
Um bie nämliche fyit *>öfe <&änbel, bie im Snnern beä fönig*
lid;eu £aufe3 ausbrachen, bem Normamtenf)ersoge (Gelegenheit, (ich in bie
allgemeinen Angelegenheiten beS 9^etdt)ö einjumifchen. Noch bei ben £eb*
fetten be3 alten Königs Robert fttftete bie Königin ßonftantta 3tt>ietracht,
inbem fte ihren jüngften (Sohn, Robert, gegen ben ältern ^einrieb I. be*
günftigte, ber vom $ater §um Nachfolger ernannt worben war. Nach bem
im Suli 1031 erfolgten £obe be3 §errfcher£ beftteg jwar Heinrich I. ben
Xtyon, aber fogteich zettelte bie 9Jiutter ßonftantia mit bem jungem 6olme
unb vielen ©roß en ihrer Marthel eine v$erfchwimmg gegen ben älteren an,
unb vertrieb ihn au$ bem Sanbe. Heinrich I. floh mit nur 12 Begleitern
nach gefamp §um Normannenherjog Nobert unb rief beffen «£)ülfe <w.
§erjog fäumte ntd)t, ben 2ßunfd) be3 glücbtlingS §u erfüllen, bura) nor*
manntfehen Betftanb warb Äönig Heinrich I. wieber eingefe^t, ber Sel)en6*
herr verbanfte bem 3Safallen feinen Zi)xon. 5) 3mmerl)in forberte ber Nor*
manne für ben verhältnismäßig leichten 3)ienft ()or)en Sohn. Heinrich von
granfreich mußte an baS §au6 von Nouen ben auf ber 6üboftgrän§e ber
Normanbie gelegenen ©au abtreten,6) Welcher auf Satein pagus vulcassi-
nus in franjöftfch le Vexin \)ti% unb baS ©ebtet jtvtfdc)en £)ife unb (Spte
mit ben ^lä^en $ontoife, Nantes unb (£r)aumont begreift.
5tuch gegen bie Bretagne erhob £er§og Robert ftegretche Saffen.
l) SudjeSne @. 259 unten flg. 2) 93anb I, 53 flg. 3) SucfjeSne <S. 260.
*) ©ouquet X, 109. 9We b. 6) £>uc*jegne <5. 260, toomtt gu ttergl. ber ©rief £>bal--
ric$S Bei ÜBouquet X, 504; bann XI, 158 f(g. - 6) Su^eSne <S. 655 SKitte.
246
$afcft ©rcgoviuS VII. unb (ein Settalter.
Sie früher1) gezeigt worben, l)atte nod) §er§og 9ftd)arb II. eine Ztyi*
Jung ber Bretagne §wifd)cn ben (Söhnen ©alfrtebS auS ber @he mit <§ab*
tt>tg> Kilian unb £>bo, errungen. 2)er ältere unter ben betben SBrübern,
TOan, wiberfe£te ftct> jebod) btefer Maßregel unb 50g ba£ Sd)Wcrt fo*
wof)l gegen £)bo, als gegen «§er$og Robert. (Sin längerer $ampf ent*
fpann ftd).2) Robert befriegte bte Bretagne §u Saffer unb §u £anb. Kilian
erlag §ulc($t, unb rief bie Vermittlung bc3 @r$btfd)of6 üon 9?ouen an, Wel*
d)er einen Vertrag §u Staube bradite, ber bie Rettung aufredet erhielt.
9(td)t inet fehlte, baß e£ aud) §um $rteg §wifd)en Äanut tton (Sng*
lanb unb bem 9(ormannenher$oge gefommen wäre. Saut ber 2lu3fage3)
be$ W6nfy& tton SumtegeS unterblieb ber befd)loffene §eere6§ug, w>eit ein
heftiger Sturm bie bereite flerfammelte glotte Roberts nad) ber 3nfel 3er*
fei; üerfchlug, unb bann Weil Äanüt burd) eine ®efaubtfcf)aft baS 21ner*
bieten machte, bie «gnilfte (SnglanbS an bie (Söl)ne au6 erfter (£r)e (Smma'S
mit (Stfjclreb, (Sbwarb unb 2llfreb, abzutreten. Senn $anut WtrHtc^ ftcf)
l)te§u tter:pfltd)tete, (;at er ben Normannen betrogen, beim Weber 2llfreb nod)
(St>warb erhielt nad) Mavmtä £obe ein (Sibe brüben. Vielleicht aber lau*
Uten bie §wtfd)en Jtamit unb ^erjog Robert tterhanbelten fünfte anbcrS.
3d) benfe mir, baß ber 2)äne bamalö ben (Söhnen au£ erfter ^e (Smma'6
eine Slnwartfdjaft für ben galt ertfyeüt habe, wenn feine leiblichen Ämbcr
<ßM$ II. / Baratt) II. unb £arbifuut unbeerbt fterben feilten. Sie id)
anber^wo 4) nadjgcwtefen habe, ging (Sbwarb, (Str)etrebö unb (Smma'S
(Sol)n, nod) §ur ^cit, Da fein §a(bbruber ^arbifnut (Snglanb bel)errfd)te,
()tnüberr unb warb gewiffermaßer aU Thronfolger bel)anbelt. 3)icß fcheiut
auf baö Vorhanbenfein älterer gamiltetwerträge l)tnjubeuten. SebenfalKö
ftel)t man, baß in §er§og Roberts Sagen ber normanntfaV §of, an wel*
ehern feit 1015 bte (Söhne aus erfter (£f)e (Smma'S mit (Stfyelreb lebten,5)
einen wad)fenben (Stnfluß auf (SnglanbS @efd)tcfe übte.
Robert ftanb um 1034 auf einer $M)t W>» SJtocht, welche fetner fei*
ner Vorgänger erftiegen l;atte. glanbern war eng; mit ihm tterbünbet, bte
Bretagne gehorchte, ber Äönig fcon granfreid), ^eturtd) L, behauptete fei*
neu Thron burd) bie §ülfe ober gar bie @nabe be$ Normannen. 3u
einer Urfunbe, 6) weld)e bie SBenebtftmer anführen, nennt er bte 9?ormaubie<
fein Äönigretd): „wir tlntn l)temtt allen (betreuen unfereö ^eid^ funb."
3n ber £l)at war er mer)r alö ein §er§og, er war ein jlönig. ©leid)*
wohl »erließ «£>er§og Robert um jene 3^t feine §eimath unb trat in weite
gerne eine Auffahrt an, üon weld)er er nid;t me^r §urücfge!el)rt ift. gaffen
wir feinen QfyaxatUt in^ 5luge.
x) £)6en @. 235. 2) <Du<^e0ne script. norm. @. 260 unten flg. 266. ttevgl. mit
@aöilc script. anglic. ©. 98. 3) SDud&eSne ©. 265 flg. 4) Oben @. 100.
5) JDaf. & 265. cap. 10. 6) Art de verifier les dates II, 840. a. unten.
93tevteö Q3ud). 14. Äurge £evvfd)aft bei ^evgogc $td)avb III. unb Robert. 247
90Bill)elm von Snmiegeö fagt:*) „#er$og Stöbert »erfolgte ferne geinbe
mit unerbittlicher SButl), aber gegen ©oid)e, bie il)m roofylvootlten, jeigte
er £er$en$güte." ©ein 3äl)§orn, feine leibenfdjaftlid)e 9tad)gier §og2) ifym
ben Beinamen „be3 Seufefä" §u, ber anbern (Sigenfcfyaft verbanfte er bie
Benennung „beS ©roßmütfyigen". Die normannifdjen (Sl)vontfen erjagen 3)
allerlei 3^9^ fcon feiner greigebigfeit, Wie er baö ©elb in ÜRaffe an 5lrme
unb $eidje verfaumfte. (Sr muß ein ßiebltng beö SSolfö geworben fein.
Robert roar, rote mau ftefyt, ein ©anguinifer, je nad) ber (Stimmung. bc£
$ugenblta% guten ober böfen (Sinfluffen $ugänglid). 3)em 3oa)e ber @l)e
f)at er ftd) nid)t gefügt, felbft nid)t ju ber 3ett> D« et fonft getftlicfyem
9tatl)e folgte. Die 6d)roefter ÄanutS, 2lftriba, f Riefte er entroeber gleid)
nad) vollzogener (§r)e roieber fort, ober bracb er fcfyon baS SBerlöbniß mit
il)r.4) 3m Uebrigen lebte er mit Jtebfen. 9?ormanmfd)e (Sfyromfen mel*
ben:5) „beim Sanje faf) er ^arlot, bie $od)ter eines 23ürger3 von galaife,
il)re 6d)önf)ett ent§ünbete feine SBegierben. (§r legte btefelbe ftd) bei, unb fte
gebar ifym einen 6or)n, bem er ben tarnen 2ßill)elm gab, unb ben er
forgfältig er§iel)en ließ. 9J?it einer anbern $ebfe erzeugte er eine £od)ter,
bie ben tarnen 2lbell)eib erhielt."
Anfangs 2Öerfyeug ber *ßartl)ei, welche bae alte normaunifd)e Umvefen
fyerftetlen voollte, geriet!) Robert unter ben (Sinfluß eifriger ©eiftlia)en. 5lu*
laß baju wirb roofyl bie 9tüdfef)r beö vertriebenen (Sr§bifd)ofö unb bie Sluf*
fyebung beS SBanneS gevoefen fein. Ü)te ©inneSänberung tvar {ebenfalls
1032 erfolgt, benn im genannten 3al)re grünbete6) <£>er£og Robert ein
Ülofter §u (Serif!) bei SBateur. 3*»ei 3al)re f^äter rourbe in ber SRormcuu
bie, vielleicht ntd)t ol)ne 3u^uu beS £er$og$, bod) nid)t auf feine Soften,
ein anbereS Stift errietet, baö in Äurjem l)ol)en 9tuf aU SBilbungSfdjule
be$ nörbltd)en ©allienS erlangte.
£erluin, ein ©proffe auö altbänifd)em 33lut, roar bis in fein $7fte$
SebenSjafyr ©olbat. „9)M)reren größeren gamilien ber Sftormaubie," fagt7)
9Bill)etm von SumiegeS, „l)at er gebtent, unb bei allen, audj beim ^erjoge
Robert, Sob unb Vertrauen ervoorben, im ^jaufe beö ©rafen ©ifelbert von
JBrtonne ift er auf exogen worben." Sir l)aben t)ter ein 23i(b von ber Sebent*
roeife ber Normannen mittleren Staubet. 3116 (Sbctfnaben würfen fte in
ben größeren Käufern auf, unb traten bann in baS 2)tenftgefolge etneö
vornehmen §erm ein. Der Wonti) von 3umtege3 fäfyrt fort: „feit feinem
37. 3al)re befugte ^erfahr fleißiger als fonft bie Mixfym, plfylify verließ
er bie Seit, baute ein Älöfterlein auf einem Keinen ©ute, baS er ftd) von
*) 2>ucr)e$ne @. 258. 2) Art de verifier Ies dates o. ct. O. II, 838, a. oben.
3) Eouquet XI, 322 flg. 4) (Ste^e oben @. 48. r>) 8ouquct X, 51, e. 270, d.
28 1, b. 6) Jöouquet X, 235, d. 25ie ©tiftunööuvfunbe im monastic. anglican. VI,
1073. ') ©uc^eöne <S 261 flg.
248
Cßabfl ©regoriuS VII. unb fein Beitalter.
feinem ©olb erfpart fyatte. 23et 9?ad)t (ernte er Satetn, bei Sage arbeitete
er. trüber fammelten ftcr) um Ilm, bcr 33tfcfyof Heribert von Stfteur aber
weil)te £erluin gum ^riefter, bann §unt 2lbt. 5Me 9ftondje fuhren fort,
fd)were Sanbarbett 51t verrichten, $u ädern, ju büngen, §u fäett, fetner aß
fein 93rob im Müßiggang."
„$3atb §etgte e$ ftct), baß ber $la£ nfdjt gut gewählt war, benn e6
fehlte an Srmfwaffer. «£>erlutn verfemte bat)er ba3 ^(ofter nadj einem an*
beut nafyen Drte, ber 93ec l)ieß, unb wo bamafö nur bret TOitylen an einem
Heinen 23ad)e [tauben. 3nnerf)alb weniger 3abre wnrbe eine anfefynltc^c
,ftird)e erbaut unb r)öl§erne SBolutungen für bte -äftöndje errichtet. S^oct)
immer war baS Softer arm unb fyäuftg brachen 6treittgfeiten aus, welche
£erluin ntct)t immer beilegen fonnte, weit bie 9?otf)Wenbtgfett be3 QrrwerbS
tfyn trieb, Reifen §u machen, aufwärts §u fein. 3)a führte ©Ott ju £er*
htm ben gelehrten Sombarben Sanfranf, ber entartete eine Schule, bereu
9f*uf balb weit unb breit erfd)oll. 9cun ftrömten Genfer, £er§og$*©ör)ne,
bte berüfjmtcftett SOZeifter lateinifcfyer 2Öiffenfct)aft, mächtige Säten, vornefwte
Seute in SJtaffe fyerbei. 5lud) reid) würbe ba£ Softer unb mußte vergrößert,
umgebaut werben." So lautet ber 23erid)t 2Mr)e(m$ von SumtegeS; er
fügt nod) bei, bte ©rünbung beS ^(öfters 23ec fei im 3al)re 1034 vor
ftcr) gegangen.
(Sollte ber Sombarbe Sanfranf ofyne *plan unb aufö Ungewiffe r)tn
bte $eife nad) ber fernen ^ormanbie angetreten r)aben! 3ct) benfe nein!
fonbern er wirb naß ber neuen ^etmatl) bttrcf; einen jener verborgenen
Seiter ber getftlicben Bewegung be$ 11. 3af)rf)unbert3 beförbert worben
fein, burcr) ein «£>aupt, fage icf;, welches bte große 5lernbte, bte in ber S^or*
manbte wtnfte, artete, unb §ugleid) bte ^otl;wenbtgfett erfannte, bem 2lbte
^erluitt, ber voll Sfyatfraft unb (£ntfcbloffenf)eit, aber in ben 2Ötffenfcbaften
wenig bewanbert war, einen großen ©elefjrten bet§ugefellett. 3$ sie^c bie*
fen ©d)luß um fo §uverftd)tltc^er, weil man auf anbere unb §war beutltcfyere
(Spuren ät)tüict;er 2ötrffamfett ftößt.
2)er fjetltge 2Btlt)elm von £>tjon, Welver burct) 30jär)rtge Arbeit einen
neuen ©etft in baö 9?ormattnenlanb goß, war ben 6. 3amtar 1031 im
Softer getamp geftorben,1) nadjbem er vorder, laut Angabe 2) ber (Sf)ronif
be$ SBetttgmt^jtloftcrS, attfgeforbert burd) «£>er$og Robert, einen 9ffact;folger
in ber $erfon be$ SlbtS 3ol)ann ernannt r)atte. 2Bilr)elmS $ob ließ eine
große Süde, welche beim bamaltgen ©tanbe ber normannifcben Angelegen*
fetten fdjneller Ausfüllung beburfte. Aber wie? Männer gletcr) 2Mr)elm
Werben nictjt überall geboren, man muß fte mit ber latente be$ £)togene$
') «ouquet X, 174, c. äNa&Won annal. ord. S. B. IV. 366. 2) SVSld&etty
spicil. II, 386, b.
©terteö üöucfy. (Sap. 14. Äutje £errfd)aft bei* £eqoge Cfrcfyavb III. unb Robert. 249
fuchen. (§6 gab bamalö einen 5lbt, ber an straft unb Roheit ber ©eftn*
nung bem ^eiligen SBilhcfm ntd)t nadjftanb, ber gletd^ ihm eine 9J?affe iHo*
fter reformirte nnb für bie großen 3*vecfe ber $ird)e unabläfftg arbeitete:1)
ben 2lbt $id)arb im $eit<Mtlofter SScrbun. Slber btefeS Softer gehörte
nicht ber 9tormanbie an, fonbent (ag mefyr atö 100 (Etunbcn ihrer £)ft*
grclnje fem. 3)emtod) fyat er merftidjen (Einfluß auf ^erjog Dfobert geübt.
5tbt §ugo von glavigm; erjagt:2) „auf Diidiarb III. folgte als ,§er*
jog ber SRormanbte Robert. 2)icfcr artete ben feiigen 3lbt Dfcidiarb fer)r
hoct) nnb folgte in roid)tigeu fingen feinem Diatfye. 2)ama(ö lebte am
£ofe von 9^ouen ein 23retagner Samens (Srmcnolb, ber be$ fd)led)teften
SRufe^ genoß nnb Sag unb 9kd)t mit bem Teufel verfemte. (Srmenolb
verbäd)tigte bie ©roßen beS Sanbeö beim ,£>er§oge, erfä ob fte bamit um*
gingen, Robert $u ermorben. darüber entbrannte ber $om bc$ §cr$og$,
fdjroerer 3^tef^a(t entftanb unb 53ürgerfrieg wüthete bura) bie ganje 9cor*
manbie. TO ba6 liebet aufs ^öc^fte gefttegen mar, würbe Slbt 9?id)arb
vermögt, nach holten §um §er§oge §u geljen. (§r erfaßten bafclbft, ftellte
ben grieben {jer, überführte (Snnenolb ber faifeben 2lnflagc unb nahm bann
benfelbeu al3 ©efangenen mit fid) nach ÜBcrbun, wo er tfmt baS DJfönd)^
gevoanb anlegte unb il)it in ftrenger 3ucht tytelt @inf 3ett lang [teilte (Sr*
menolb jtdj, alö fei er belehrt unb bereue feine 9Jitffetl)aten, aber balb brach
wieber bie voaljre Statur hervor unb (Srmenolb entrann auf bem Softer,
fef)rte nacb ber 9?ormanbte jurüd, err)ob neue Auflagen wiber vornehme
Normannen, unb überwanb fte im gerichtlichen 3wetfampfe, worauf fte ber
$er§og at$ Ueberführte blenben ließ unb il)re @üter einbog. 3ulc£t aber
warb (Srmenolb von einem gtfrfter im 3weifamvf beftegt unb getöbtet."
2)te 2)arftettung «£>ugo'S verbreitet mehr %i(bt über bie 3uftänbe ber
9cormanbte währenb ber 3al)re 1027—1035, als ber 93erid)t beS ÜDiondjS
von 3umiegeö. ©d)Iimmc (Scenen muffen währenb jener kämpfe §vt>ifc^en
ber altnormannifchen *partt)ei, an bereit 6vt£e ber junge «£>erjog ftanb, unb
jwifchen ben Äirch(ich^©efinnten, welche ber ^rjbtfchof von Dfouen leitete,
vorgegangen fein. 2)er (Einfluß aber, ben 5lbt 9ftd)arb auf ben ^erjog
übte, wirb, benfe icb, in bie Sät falten, ba Sßtl^etm von gefamto burch
Hilter niebergebrüdt, ober fchon geftorben war, unb ehe ^erlutn S3ec ge^
grünbet unb ein geroiffeS 5tnfehen erlangt Ijatte, b. h- ^on 1031 biö 1034.
s)J?eineö (Sra-c^tenö ftnb eö Männer, rvie 5tbt ^icharb gewefen , bie
ben ^erjog $tt einer heroifchen Ztyat beftimmten. 2)aö 3ßerbred)en beö
53rubermorb6 taftete auf ihm , baö nad) ben ^Begriffen jener Seit nur burch
eine ferne unb gefährliche Pilgerfahrt gebüßt werben fonnte. ^erjog $Ro*
bert entfehloß ftdt) ju einer Säuberung an baS ^eütge ©rab. 2Die meiften
l) 93ouq«et X, 205—210 unb fonji passim. 2) Chronic. H, 28. $er^ VIII, 401.
250
^iibjt ©vcgoviuö Vn. unb fein 3ettalter.
ßfyrontften fagen1) au8, baß er jur ©ür)ne nad) 3erufarem wallte. 2BiI*
fyelm von 3umtege6 bagegen, bor tjSftfc&e (Sdjnftftcfler , fd)n>ctgt fyievon.
(Sfye Robert bie Dictfe antrat, verfammette er bie ©tänbe be£ SanbeS, nafym
ü)nen einen dtfc ab, baß fte, im galt er nid)t §urüdfef;ren fottte, feinen
uumiinbrgen Sofyw SiEjelfti auf ben *g>erjogftu^I ergeben würben unb ferste
eine vormuubfd)aftnd)e Regierung ein.2) 2)er (£f)ronift von 3umtegc£ be-
Rauptet,3) Sttyelm, Roberts unb ber £ar!ot ©ofyit, fei, aU ber SSater
abreiste, 5 3ar;re alt genxfen, feine @eburt roürbe bemttad) ins 1030
falten. ©tücfltd) erreichte Robert Serufalem unb befugte bte fyetligen £>rte^
aber feine £ eint atl) fafy er mdjt ttueber. £)etm er ftarb,4) auf ber ^üefreife
begriffen, ben 10. 3ult 1035 ju f^tcäa in 23ttf)tynien.
Jm\fo\)t\Us Capttcl.
®efd)id)te ber 9?orntanbte unter <£>erjog $Bill)e(m IL, bem nachmaligen (Eroberer (SnglanbS,
öon 1035— 10G6. fürchterliche 33ebrängniffe, in iuetche er ir>ä()renb (einer 3ugenb;
jat)re t^eilö burd) ungetreue 93afaf(en, t^eilö burd; bie (Styi-fucht beS Königs £ein;
rid) I. ttott franfi eid) gerietl). 3n harter ©chule gum Spanne ^evangeveift , über*
Wältigt er alle feine feinbe, fcblägt bie ^ranjofen in $toei £au^tfcf)Iad)ten, unterwirft
bie Bretagne, -Sftaine, ^ontfyieu unb ruftet ftch nun jum 3uge nad) (Snglanb. 93er;
bienfte, bie er ftd) um bie Kirche erwarb: er lr>ar eS, ber ben Äonig öon Sranfreidj
nötigte, auf fernere 93efd)ü£ung ber jte^erei ©erngarö gu «erdichten. 9Bilf;elmö
a3erl§äUnifTe ju Sanfranf unb ©eruaftuS von 9it)eim3. £)ie ^oIitifd)en £ef)ren unb
ftorberungen ber (Slugniaceufer in ber Stformanbie »erlmrflicht. £>ie Kirche tiu'trbigt
ifm beö StuftragS, (Snglanb von ftttlid)cm unb ftaatlicf>em 93erberben ju retten,
ttebergang jur Regierung beö Slngelfacfyfen (Sblvarb, be£ 53efennerö.
§öcr)ft gefahrvoll war bie Sage ber 9torntanbte \v>ät)renb ber Uh*
münbigfeit 2Ötll)elm3, ber §um größten gürfteu fetner Seit t)eramvad)fen
fottte. 3)ettn ntebt nur erhoben ftd) bie $artt)eien, rveldje fein $ater nur
ntebergebrüd't, nid)t ausgerottet ()atte, rotber ben Sbjronerben, fonbern aud) ber
£önig von granfreta) unb mehrere benad)barte ©roße traten t()r TOgltcbeS,
ten jungen £er§og p verberben. 3^ar fd)ten e$ Anfangs, als wolle ftd)
,£einrtd) I. von 9?eufter beö fyülffofert Knaben annehmen. Der 3eit3cl^ffc
Diubolf von (Slugm; fagt:5) „auf bie yiafyxidjt vom £obe Roberts erhoben
bte ©roßen beö Sanbeö (bem Sßorte getreu, baö fte bem QSater vor ber
5lbreife gegeben) ben unmünbigeu SBü^elm mit 3uftimmung beö ^önigö
von granfreia) sunt ^er^oge." 3(ua) anbere (Stjrontften beuten6) an,
*) Souquet X, 225, d. 235, d. 246, d. 256, b. 2) £>uche$ne ®. 266. «Souquet
X, 51, e. 3) 5t. a. £). 5tuch VI, 12. Ueberfc^rift beö Äa^itelö. Orberich bagegen nennt
ben Änaben jur Seit, ba ber 93ater jtarb, ad;tjat)rig , Souquet XI, 221, d. 4) ^)u--
c^eöne ©. 267. &) Q3ouquet X, 51, e. 6) Ibid. 247, c. unb 262, d.
Sßievtcö 33ud). <&ap. 15. £)ie fjavtcn 3ugenbjal)re aBiÜjelmö IL, fcee (Svoberevö. 251
2öi(r)clm fei I>auptfäd)Hcf> bureb SBjflpeubuua £etnrid)e I. eingefc^t worbeu.
3) ennod) tt>ar bte <Sad)e anberS gemeint. (Sin ongetföc^ftfe^cr (Bcfjrtftftcltci ,
ber (n ber Siegel fel)r gut unterrichtet ift, ^etnrief) von Huntington, er*
3äf>It : *J) „Königin @mma, weldjc tl)r ©tteffpfyn £aralt> um 1037 aus
(Snglänb vertrieb, f(of> banun nad) Brügge §u 23albutn von glanberu unb
ntd)t nach ityret £eimatt), ber 9cormaubte, tveil Ie&tereS Sanb tväfyienb ber
9Jcmbcrjäl)rigtYtt 2Bür)elm$ al$ fran§öftfd>e6 $roneigentl)uiu verwaltet rvurbe,
weftyalb (Smma bort feine £ü!fe fjatte ftnben fönnen." 2)cr gute ^öntg
£emria) J. fyatte, roie man fielet, als Dbertel)cnl)err^onnunb bereite vor?
läufig bie £anb auf äBtlfyelmö @rbe gebedt.
2ßir muffen bie Umgebung beö Knaben in$ Sütgc faffen. 88i$dm
weilte wäfyrcnb jener gcfät)rlia)eu 3al>re , rote e$ fdjeint, §u Kotten ober in
ber Umgegenb. 2)ie 93ormunbfd)aft über ibn führten ©raf ©ifclbcrt ') von
(Su, (Sufel 3) beS 9iormannenr)er§ogö 9ita)arb I. au3 einer unefycltdnm
93erbinbung unb folgltd) ©roßofycim beö jungen SMfyelra , bann £urolb,
@rjtel)er beö grinsen, £)ebcrn, €ol)n bcö ^erfaft uub ber ©taftu (Monitor,
£au3l)ofmeifter *ffiilt)elm$ , *) aud) Srmtfcß ber 9iormaubte genannt.5)
Slußerbem wirb noeb ber SBrctagucr Wian III., als einer ber ^ormünber
be£ ^ßrtnjen aufgefüllt. ü) (SitiM) gehörte §u ben fMa)tetn biö Knaben
SBalter, ber ein mütterlicher £)l)eim SBÜfyclmö,7) alfo SBrubet ber ^arlot
war unb bem Neffen große 3)teufte geleiftet l)at. ilcbcrfyauvt fying SüBüfyelm
fef)r an feiner SDtutter, fytelt fte in (£f)rcn,8) vermählte fie nad) b<$ SSatcrö
£obe mit einem angefeuerten §crm, bem fte jwet (Bölute gebar, weld)e
äBtlljelm nacbf)er ju f)of)en SBürben erfyob.9) 2)ie ebengenannten Männer
waren, vielleicht mit 3lu$nar)me beS 33rctagncr3 Kilian, bem Knaben treu
ergeben unb büßten großen £l)cil$ ifyre $nl)änglid)feit mit bem £obe.
geinbe verfdnebener 2lrt ftanben bemfetben entgegen. 3)er SÖföndj von
3umicge3 fagt:10) ,,wäl)reub ber 93ftnberjäl)rigfeit be$ «£>er$ogö 2ßilr)elm
fielen viele Normannen vom *ßfabe ber $cd)tfdmffenf)eit ab, erbauten
Burgen uub ©ä)an$eit, zettelten, poefeenb auf ben 23cft{3 btefer feften Orte,
*ßartl;ctungcn uub gcfybcn an, erfüllten ba$ £anb mit 9ttorb unb 23ranb."
2)ann weiter11) unten: „mehrere ber @roßcn, welche @ott unb bie ®ered)ttg*
feit liebten, blieben bem jungen ^erjoge treu, aber Rubere, 6öl)ne beö
Teufels uub ber 3wictract;t, liefen, erwägenb, baß tr)re eigene SHlafyt nicht
genüge, um baö 23tffe, baö fte im 8inne Ratten, ju vollbringen, l)in §um
Könige §etnrtd) I. von granfreiefc, boten tl)tn il)re 3)ienfte an unb errichteten
(mit bem @elo, baö er il)nen gab) eine 93?enge geftungen im Sanbe. 3d)
») ©a^ile @. 364 unten flg. 2) Qufyänt @. 268, a. 3) Ibid. 261, b.
4) Ibid. 268, b. 5) Ibid. 656, d. 6) 58ouquet XI, 244. 245. 248. ') £)ud)e$ne
@. 656, d. 8) ©onquet XI, 212, d. s) 2>af. 189, c. 212, d. 248, c. 10) 3)u*
djeöue @. 267, d. ll) Ibid. 269.
252
©rcgoviuö vn. unb fein Stitalkx.
fonnte bte tarnen ber SBerrätfycr," fährt ber 9J?önd) fort, /retn§cln aufführen,
aber td) tf)ue bieg nicht, Weil td) t^re 9^act)e fürchte." übermal fyaben wir
l)tcr eine $robe ber ßenfur, welche bie (Shrontfteu beS Mittelalters ftd)
felbft auffegen mußten.
2>ie Empörer, beren Umtriebe ber Wüwfy mn 3umiege3 befd)reibt,
btlbcn, beim Sickte befel)ett, bret *ßartheten. 2)te (Fitten — unb tiefe ftnb
bie am wentgften fd)ulbtgen, wollen bloö beS ®ef)orfam3 loS fein. SMe
älteren §er§oge ber ^ormanbte Ratten tfjre 93af allen mit eiferner gauft nteber*
gehalten unb §ur Sreue genötigt, aber jefcr, wäf)renb ber 9D?mberjäf)rigFeit
2öül)eim8 IL, ergreift berfelbe ©djttunbefgetft, ber fett ber 2. £älfte M
9. 3al)rf)unbertö in SRcuftrten unb Lotharingen gäf)rte, im 11. ben 9il)etn
überfd)ritt unb ©enttarnen burd) wühlte, aud) bie J)er^ogItd)en 93af allen ber
^ormanbte. 3fytt 2lbftd)t tft, ©aufönige im kleinen §u werben unb §u
foldjem 3mdt frönen fte bie 33ergfpt^en mit ^Burgen. grüd)te btefeS ®e*
bahrenS ftnb gefyben ohne 3al)l, bie bis gegen baS 3af)* 1050 Inn fort*
tobten. „2ßähreub ber itmbfjett Schelms,'' fagt l) £>rberid), „voütfyeten
bie Normannen gegen ihre eigenen (Stngcwetbe unb veranlagten unfäglta)eö
^Blutvergießen unter (Sblen unb Uneblen."
$)te Slnbern vcrfd)Woren ftet) mit bem Röntge von grattlretcr) , einen
neuen Gerrit fud)enb, ber ihnen einen großen ^ßretö beS Herraths biete.
Die Dritten enblid) ftrebten ben jungen Sßtlfyelm vom $hrone herabjuftoßett
unb ftd) felbft an feiner (Stelle nteber§ufe^en : bte ^errfchaft über bie
9?ormanbte war &f auf wag fte loSfteuerten. Diefe Dritte fyaben §uerft
ü)re gauft gegen 2ßtlf)elm erhoben.
9Jftt $ollo, bem ©rünber ber 9?ormanbtc, ftebelte ftd) ein SSaterS*
trüber, genannt «Ipttlf, an ber (seine an. Dtefer Qult hinterließ ein ©c*
fd)led)t, baS wegen feiner S^tlb^eit ba$ böfe 2) genannt würbe. 2tu3 $vlIU
Glitte ftammte ©raf böiger, 9tabulf$ <5or)u, £err von %Uty, ber, ein
Vorläufer ber Kreuzfahrer, in .§erjog 9ftd)arb$ II. Sagen, ungefähr jnr
näntlid)ett ^citf ba bte 2lu3wanberung nad) Julien begann, mit einer
(Schaar Normannen nad) Spanien §og, gegen bte (Saracenen von Katalonien
wie ein SBerfcrfer focht, bte Späten eines Löwen ober £tger£ verrichtete, Uli*
$äl)Iige erfd)lug, ©efangene wie Schweine abfd)lad)tete , bte 6tücfe in
Ueffeln fott unb ben €d)em annahm, als verehre er fte mit feinen (Spieß*
gefellett, bie $lä^e ©erona unb Sarragona eroberte, ©tevhania, bte £od)ter
ber verwtttwetett ©räftn Qmneftnbte von SBarcellona ehelichte, unb eine 3«t
lang bort l>errfcf)te , bis er §ule$t vertrieben warb unb allein naa) §aufe
äurücffehren mußte. 3)
*) £)ucfje$ne <S. 371 unten flg. 2) ©ndjeöne @. 268, c. de Stirpe mala Hulcii.
3) Jöouquet X, 156 u. 223 tteicgl. mit obigen ©teilen bei £)uc§eSne.
JBievteö 93ucf). ®ap. 15. £)ie garten Sugenbjafjre 2ÖityeImö IL, beö (Eroberers. 253
23atb nacf) fetner Slnfunft ftarb «£>er§og Volbert unb brachen bte Un*
ni^en ber $egentfcr;aft au6. 2ht3 «Jperrfcben von (Spanten r)er geroö'r)nt,
benü^te Dfoger bie günfttge ©elegenfyeit, pflanze ba6 Banner ber Empörung
auf, tnbem er erflärte, ba£ 2Ötlf)elm a(3 ein 33aftarb ntc^t roürbtg fei, bte
Normannen §u befjerrfdmt, unb felbftverftänblid} ba$ ,£erjogtf)um für ficb in
5utfprucb nar)nt. 2öie merftvürbig! nadjbem bte alten ^ormannenfyfiuptnnge,
Seute rote 9toger3 fluten, ifyren £er$og gezwungen Ratten, jeneö ,§ait£gefei$
einzuführen , ba6 nur ittnber von ^ebfen §um (Srbe jultef, brausten fte
jefct, ba bte une{)e(ta^e @eburt burd) bte ttnabläfftgen SBemüfmngen beö (SleruS
jutn 9J?afel geworben unb am (Srlöfc^en tft, eben btefen von tl)ncn er*
jvoungenen Langel als QSorroanb, um ben fäfytgften ber <£>erjoge §u ftürjen.
Ü)oa) erreichte beö böfen £ulf Urenfet, Stöger von SöSttty, feinen 3wed
ntcfyt. (5r J>atte einen unverföfynltd)en getnb an bem @tafen ^umfrteb
unb beffen ©ofyne Ofoger von 23eaumont. Dtefe betbe roaffnete ber junge
^erjog gegen ben alten £ua)6, unb in einer gefybe erfcfylug ber 53aron von
SÖeaumont ben von XHtti) fammt beffen beiben Söhnen, Velbert unb
(Stinant. £reu bleute feitbem Ofoger von SBeaumont bem ^erjoge unb
2ötlf)etm r)at tfyn §u ben fyöcfyften Stürben beförbert. *Roger tft bura) feinen
6of)n ^etnrtcf) nacb ber (Eroberung (SnglanbS Stammvater be$ glän§enben
©rafen^aufeö von 2öanr>tcf geworben. *)
SRoger von £oe3m; war ge§üd)ttgt, aber ein 3*wto ^x gleicher 2(rt
verfugte 5let)nltct)eör unb §war mit ©lücf. Der alte ßr§bifd)of Robert von
$ouen, £er$og3 9fid)arb I. <Sofm unb 2M)ehnS ©rofofyeim, ftavb 2) um
1036. Den erlebtgten (Stufyl beftteg fofort SMger, ein (Sproffe au$ ber
jwetten @f)e $id>arb6 II. mit $apia, bis bafyn Wönfy im Softer gefamp.
©ine alte (£I)ronif fagt: 3) „ntd)t feinen $erbtenfteu, fonbern ber fleifd)(td)en
Siebe fetner 2krwanbten unb ber Sftthvtrhmg von (Sa^metd)(ern verbanfte
9Jtalger bte (Srrjebung." Der junge «£>er§og verfiel in <ftur§em mit bem neuen
(£r§btfa)ofe, unb Bälger fyat in ber golge öfterem böfe SSerlegenbetten
berettet. (£6 fcbeint, bafj 9Mger bem unmünbigen 2Mf)e(m ober ber $e*
gentfajaft burd) ben übermäa)tigeu (gtnfhijj ber (Settenverwanbten be6 fyer*
jogltc^en «gaufeö aufgenötigt worben ift. 3« 9fetc£>er 3ett erfuhr SBtlfyelm
nocf) flimmere @ewa(tfyatcn von ber nömlid)en ©ette J)er.
Der verftorbene ^bifc^of Robert ^atte, rote td) früher fagte, in ber
@l)e ober gai> mit ^ebfen gelebt, unb r)ttrterlte^ bret Söfyue C^td)arb, dia^
bulf unb $3ü()ehn,2) von roeldjen ber mittlere, nad) feinem 2Bof)ttft^ 9ta*
bulf von ©äffet; (Rodulfus de Wassego) genannt, ftct;, wenn nta^t jur
üftacbfofge im ^er^ogt^um, fo bocb jebenfaltö §ur ^egentfc^aft berechtigt
') £>ucf>e$ne @. 268 unten, 269 oben. 2) Gallia christiana XL 27. •1) Ibid.
@. 28.
254
^abj! ©regoriuö VII. unb fein 3citoItcr.
glaubte, unb S3fut\>ergte^en nid)t fcbeute, um feinem 3roerfe ju gefangen.
3)er Wcnti) v&n Sumiegeö erjagt:1) „eine* £ag3 ritt ©raf ©ifelbert
fcon @u, ber SSormünber 2BtU;cImö , aus, unb roäfyrenb er, nicfrtS 93öfe6
afynenb, mit einem Zubern fpracfj, überfielen tyn plö|ttd) rütflmgS jroet
9J?örber unb töbteten t^tt, Urheber biefer Zfyat roar SHabulf von ©affety,
<5of)it be3 @r$bifd)of3 Robert. Jhtr$ barauf enbete £urolb, beö jungen
^erjogS £el)rer, gleichfalls unter 9)?örberl)änben. $ud) Sebent, ber $a\\fc
tyofmeifter, roarb, roäl)renb er in ber Cammer bc6 ^erjogö unb neben bem*
felben f ablief, burd) SBtlfyelm, beu @o|n Hogers von sJ)?ontgommen;, erwürgt."
3a) füge biefer €d)tlberung einige Sä£e bei, roeld)e SBüfyelm
oberer felbft tu feinem fogenannten Seftamente mitteilt:2) „oft gefc^af) e$,
' baß mid) bei 9?ad)t i)ctmltcf) mein Dfyetm Salter auö bem fürftlid)en 6cblaf*
gemäße roegtrug unb in ben Kütten ber Firmen verbarg, bamtt ttf ntdjt
von meinen näa)ften 2lnverroanbten ermorbet würbe." SBeldje ßuftänbe!
Dfabulf von ©äffet; roar el, ber bie grud)t biefer SBerbredben pflüefte. Ü)er
■äftöndj von Sumiegcö fagt 3) lafonifdj : „auf ben 9?atr) ber $ornefjmen
voäfylte 2Bül)elm, an beö gemotteten ©ifelbertS <&taü, 9M>ulf von ©äffet;
ju feinem 33ormüuber unb ernannte tfm §ugleid) jum Dberften ber 9J?tli§."
2) er Sofyn beS (Srjbifd)ofe fyatte alfo feine näcbfte 2lbftd)t burd)gefe£t.
9iad)bem 9ful)e unb £>rbttung burd) folebe (Singriffe unheilbar zerrüttet
roar, trat ber ^ö'nig von granfreta) ^einrid) L, geheimer SBegünfttger
Steffen, roaö btöfyer burd) Rubere gefd)er)en, offen fyervor: er forberte (£d)(eifung
ber von 9^id)arb II. erbauten4) @rän§burg £illier3. 2)iefe SBurg roar von
«£)er§og Robert, 2öilt)elm6 $ater, einem tapferen bitter unb juverläffigen
3) ienftmann ©ifelbert mit bem 3unamcn ßrtepinuö anvertraut roorben.
SBergeblid) verweigerte ©ifelbert bie Verausgabe unb roarb $?aunfd)aft, um
bem Könige im .ÜRotfyfalle mit ©eroalt m trogen, bie vormunbfd)aftlid)e
Regierung $u Sonett, bie offenbar mit ^einrid) I. unter ber 3)ede fptelte,
pvenel)migtc baö Slnfmnen beS fran§öfifd)ett £of6, vereinigte fogar tfyre
Gruppen mit ben fönigltajen unb nötigte ©ifelbert baS 6d)Iof §u über*
liefern. Unter ben klugen ber Normannen roarb baffclbe in 33ranb gefteeft,
nadibem ber jtomg vorder eibltd) gelobt l)atte, innerhalb ber näcbften vier
3afre feine neue ^Befefttgung auf ber arten (Stelle anzulegen. Slber fur§
barauf fiel §einrid) I. in bie ©raffdwft guttätet ein, pnbete bie tyxfcfr
Haje ©tabt Slrgentan an ber £)rne an, roanbte bann um nad) ber ©egenb
von %iUkr$i fteUtc biefe 33urg fo fa)netl a(6 möglid) roieber l;er, verfal;
fte reid)lia) mit Lebensmitteln unb Solbaten unb febjtte bann nad) ^ariö
§urüd. 5)
8) Ibid. 269, b. 4) <£ieb;e oben
Sßiettefl 93nd). ®a\>. 15. «Die Korten Sugciibja^ve SÖÜfjelmg IL, beö (Svo&everö. 255
2Barum Ratten bot folgen IBeifWefai, weldje bie ©roßen gaben, ntebt
aua) bie kleineren verfud)en follen, einen ge^en beö ber Sernid^tnng be*
ftimmten £er$ogtlntm£ an ftd) ju reißen! 3>er ÜDfondj von 3umiege3 fä^rt
fort: ,,©raf von £ie$meS war bamatö Surften CTfyorfteiu), (Sobm beö
1)änen 5ln$frteb. 2£tc biefer fal) , baß e8 bem Könige fo wobjl gelungen
war, ben jungen «Sperjog ju berauben, warb er vom ©elfte ber 9? acb eiferung
ergriffen, nafym fönig liebe ©olbaten in feinen <Solb, warf baä Sanner
ber (Empörung auf unb befetjte bie Surg galaife. 2US <Sotdieö ber junge
^erjog erfuhr, rief er alle Safallen ber ^ormanbte in 2)tenft. 5lucf; Diabulf
von ©äffet), ber £)berfte ber 9JtiIij, unterftüfcte ben $et$og treulieb, fte
rüeften vor galaife unb begannen bie Selagerung. (Sinfefyenb, baß er ftd)
gegen eine folcfjc Üftacfyt tnct)t galten fönne, übergab Surften bie Surg unb
warb jur (Strafe au$ ber 9?ormanbie verbannt/' ')
Unter foleben unb äbnltcben «Scenen verliefen bie 3af)re ber ilinbfyett
2Bill)elm3, unb bie Seit fetner 9Jiünbtgfett nafyte. 2lber votier bracb nod)
ein febwereS Ungewttter über ü)n ^ereilt. 3* fyabe früher2) berietet, baß
§erjog SRtdjarb IL feine Softer $belr)eib mit Ofainalb, bem (Sofyne bH
Surgunbergrafen Otto SBtlfyelm, vermählte. 2lu3 biefer (E'fye flammte 2£ibo,
zweiter (£of)n ber 2lbelf)etb, ber am §ofe von Stottert mit bem jungen
Söilfjelm erjogeu würbe unb von trjm bte ©raffefyaft SBnonnc fammt ber
Surg Sernon erlieft. ©dt) legten £)anf sollte ber Surgunber bem SR or*
mannen für biefe 2Bol;ltr)aten. 2Btbo zettelte eine Serfebwörung an, vor*
fdjrie SGßi'lt)clm alö einen bcS £f)rone£ unwürbigen Saftarb nnb behauptete,
t>aß ba£ (Erbe il;m gehöre, obgleicf) fett ©rünbung ber SRormanbie bie 9iaa>
folge ftetS bem SCftanneftanime au6fcblteßlt& zugefallen war.
Siele Sorncfyme, worunter SRtgelluö, ©raf von (SotttaneeS, Dtanulf,
Stjtfntm von Sateur, ^airno mit bem 3&l)n, unb Slnbere, überbieß, wie
e* fd)eint, ein guter £$di beS SBolfS, traten auf (Seite 21>ibo'£.3) W\t
bem 3™gniffe ^ 5lrebibiafonö von Sijteur, ber £)btge£ berichtet, ftimmeu
bie eigenen SluSfagen 4) beS £er$ogö 3Q8tlr)elm in feinem fogenannten %t*
ftament überein: „2Btbo, ©ofm be6 Surgunberl.)er§og$ 9tatnalb unb meiner
SJcufyme 2lbelf)etb, f)at mir ©uteS mit Sofern- vergolten. Denn wäbrenb
ieb itßj ben grembltng, ber aus Surgunb 311 uns fam, freunblicb aufnahm,
wie einen Srttber |telt unb if)m Sernon unb Srtonne fammt einem l)üb|cben
%kß\U ber 9?ormanbte übertrug, fyat er mit 2[ßort unb £f)at mir entgegen*
gearbeitet, mtd) als einen Saftarb verläumbet unb ber £errjd>aft unwürbtg
erflärt. ©r empörte fta) gegen mid\ verfübrte meine Safallen ^Kauulf von
Saieur, 9cigellu£ von ©outanceö, ^aimo mit bem 3ar)u unb viele Rubere,
l) Ibid. (S. 270, a. b. 2) Oben @. 238. 3) 2)u(^eöne ©. 179, c. flg.
4) Ibid. <S. 657, a.
256
^abft @regoviu$ VII. unb fein Seitalter.
Unetngcbenf beö geletftcten (Stbeö ber Sreue, wollte er mir bte ganje $or*
manbte wegnehmen. Dbgleia) UmaU mir faum ber erfte Sart um bte
Sangen fproßte, mußte td) gegen tf)n fämpfen."
©ein über ^{c^tfern ftanb für ben jungen Normannen auf bem 6:ptele.
2Bte groß bte ©efafyr war, erteilt am beften barauS, baß 2Bilf)elm bte
£ülfe fetneö £ef)enl)errn, beö Königs ^einrieb I. son granfreieb, anrief,
obgleid) berfelbe ifjm fd)on fo tttele groben abgeneigter ©eftnnung gegeben
l)atte. £eümd) L entfprad) bem SKhmfcfoe beö Normannen, er erfaßten mit
anfefjultdjer fDlafy, of;ne 3tt>etfel weil er erwog, baß e£ für bte $rone
granfretd) nod) ütel gefäfyrlidjer fem würbe, wenn bie ^ormanbte 9£>tbo
anfalle, a(ö wenn fte im 23eft£e be6 £aufe3 »on $ouen verbleibe. 3)enn
f)ätte (Srfterer geftegt, fo brof)te ©efafyr, baß über $ur$ ober Sang bte
9iormanbte unb Surgunb in eine unb btefelbe £anb gerade unb baß ba*
bura) eine 9Jcad)t begrünbet werbe, weld?e ben £f)ron üon granfretdj er*
brüefen mußte. §erjog 2ßtlf)elm »ereintgte feine Sutten mit ben föuig*
ltd)en, welaje ^einrieb felbft herbeiführte. Unweit (Saen, im fogenannten
$l)al ber 2)üuen (Valdunae) tarn eS §u einer mörberifdjen ©d)lad)t, in
welcber 3Öt(t)e(m unb ^einrta) I. ben ©teg errangen.1) 3Son ben 30,000
Sftann, bte auf (Seiten 2ßtbo'S foebten, foll ein großer £f)eil geblieben fein. 2)
9?acb oer 6a)lad)t fefyrte £etnrid) I. tn bte ^eimatl) §urücf, 2Btlf)elm
bagegen verfolgte ben flüd)ttgen Stbo, ber l)tnter ben dauern Srtonne'ö
3uflud)t gefud)t Ijatk, nafym btefeu Dxt nad) längerer ^Belagerung, ebenfo
bte übrigen feften *piä$e beö SurgunberS, ifßt felbft §wang er, bte -ftor*
manbte ju fcerlaffen. 2ßtbo ging nad) Surgunb surücf, roarb bort balb
mit feinem älteren trüber SHMlfyefat, bem regterenben £errn ber gretgraf*
fdjaft, tu $änbel fcerwtdelt, bte $el)n 3af)re bauerten, bann »erfet;Wmbet
er aus ber ©efdn'cfyte.
£>er "Steg tton SSalbuneS trug große grüd)te. „3ener Sag," fagt3)
ber 5lrd)tbtalon wh Stfteur unb ßapellan 233ilt)elmö, „fyat ben 9?acfen ber
SStberfpenfttgen gebeugt, bem £anbe grteben auf lange ^tit geftet/ert. 2llle
Normannen, weldje £l)etl an ber Empörung genommen bjatten, mußten
ftd) unterwerfen, ©etßeln ftellen, unb bte wäfyrenb ber 9Jttnberjäf)rtgfett
M §er§ogö erbauten Surgen l;erau3geben, roclcbe [ämmtlta) §erftört würben.
Ungefytnbert fonnte ber Kaufmann wteber ba$ Sanb burcfyretfen, ber Sauer
tmß gelb beftellen, bte Slernbte etnljetmfen, nta)t mel)r brauste er ftc§ t^or
bem rot)en ©ölbuer §u Derbergen. Slua) bte ^erren @r§bifd)öfe ^on ^Kouen
entfagten t^rem Xro£ unb wagten ntd;t mel;r, bem «§er$oge entgegen ju ar^
betten." Wlit lederen Sorten beutet ber (5l)rontft an, baß 9)? alger »on
l) Ibid. 179 f(g. 275 flg. 657. 2) 33oitqitet X. 159. 161. 3) 51. a. D. bei
JDuc^eöne @. 180r a. b. c. passim.
33terte$ 93ucr). @<ty. 15. £te fjarten Sugenbjafjre ffittljelmö IL, beö (Eroberers. 257
Sftouen bte Gmtvörung r)etmltcf; unterftüfct Jjatte, von (§r$btfcf;öfen aber fort et t
er barum (tri ber 9?(ef)r§al)l) roeil Bälger unb fem 23ruber ©raf S33tlr)etm
jufammen fotelten. .gnevon unten.
Gnnfttmmig ^erfe^en bie S^gen1) ba$ treffen von 2Balbune3 tnö
3ar)r 1047. Angenommen, baf 2Bilf)elm 1030 geboren roarb, §ät)(te er
bamalS 17 3a^re. £atte er Dagegen, rote eine anbere 9?acr;rtcbt2) behauptet,
beim $obe feines 93ater6 bereite baS ad)te SebenSjafjr angetreten, fo roar
er $ur 3e^ ber genannten (5d)lad)t gegen 20 3af)re alt. 3m einen rote
im anbern galle barf man §uverftd}tltd) annehmen, baß feine 9Jtünbtgerflä*
rung bem treffen, unb or)ne 3 weif et aud) ber Empörung 2Öibo'£, voran*
ging, 9?idjt nur führte 28tll)elm, laut ben SluSfagen ber (Sfyrontften, bei
93albuneS felbft ba3 normannifdje ^>eer, roäljrenb, roenn er nod) unter 95or*
munbfd)aft geftanben roare, von $abulf, bem ©or)ne 9fobert3, ober einem
anbern $ormünber 9Jielbung gefdjefyen roürbe, fonbern ber 2lrcrjtbtaton von
Sifteur, SBil^elm^ 3^9^noffe unb vertrauter Liener, berietet3) auSbrütfltcf;:
ber Junge £erjog fei fdjon mit bem ©djroert umgürtet geroefen, als bte
(Smvörung 2Ötbo'ö auSbrad).
Ser l)at nun bie (E>d}roertleite vorgenommen? 9?ad) bem befter)enben
9^cct)te fonnte bief nur Sill)elm£ Sefyenljerr, alfo ßöntg ^etnrta) I. tfmn.
3n ber tfyat fagen*) groet (Sfyrontften au$, ,£>etnrtd> I. fyabe 2Bi[r)e(m mit
ben Saffen befletber. Ü)tefer 2lft roar von großem 933ertt) für ben jungen
gürften. Sßenn e£ tfym gelang, in golge beffelben ungefytnbert baS §eft
ber ©eroalt ju ergreifen, fo erhielten feine geheimen ober offenen ©egner
einen fcbroeren @tanb. 3d) benfe bafyer, (entere roerben unmittelbar vor
ber 6tt)roertlette, unb erje 29BttJ)etm fta) ber Regierung vollftänbtg bemäa>
ttgen fonnte, toSgefctylagen Ijaben. Söirfltcr; [teilen ber 5lrd)tbtafon von £i*
fteur unb 2BiIr)eIm von SDMmeSburr; bte 6aa)e im angegebenen Stammen*
fyange bar. 3)te Umgürtung Stlfyelmö fällt alfo allem 5lnfd)etne nad) in
ben hinter von 1046 auf 1047 ober in ben grül)ltng be3 le^tgcnannten
3<rf)re$, bte ©mvörung Sßtbo'S aber fammt tfyren grüßten in ben nadtft*
folgenben @ommer.
23et ber (Stferfucbt, roetcfje ba6 föntglia^e §au$ von granfreta) ftet6
gegen bte 9?ormannenrjer$oge an ben Sag legte, ift eS unglaublich, baf
£etnrtd) I. bie £ülfe, roelcfye er bem ©ofyne 9tobert6 gegen 2Btbo letftete,
oljne einen ©egenbienft geroäf)rt f)at. 5ßor einigen 3af)ren fjatte ^erjog
Robert, als er bem Könige ^einrid) I. gegen feinen Söruber beiftanb, bte
Abtretung bee ©au'S 3Serin erpreßt. (Spricht ntdjt f)of)e Sal)rfd)einltcr;feit
4) S)uc^eöne 276, a., ^etnric^ öon Huntington bei «Saötle <S. 365 unten, ferner
Souquet XI, 159 u. 161. 2) £ucr)egue @. 656, c. 3) Ibid. @. 179, b. Ä) 53ou^
quet XI, 177, d. unb 351 a.
©frörer, ^a6fl ©regotiu« vn. 58t. Hl, 17
258
tyahft ©regonuö VII. unb fein 3eitalter.
für bte $ermutl)ung, b«| ber ^öntg je£t bie ©elegenfyeit kniete, um ba$
2krtn wieber an fein £au3 p bringen. 3n ber %fyit melbet1) £)rbericr),
ein glaubwürbtger 93ertdj)terftatter, jlöntg £etnrta) I. fyabe wäfyrenb ber
grüben £ülfloftgfeit 2ßilf)elm$ baS 93erin an fta) gebogen. Drberict) fäfyrt
fort: ,,«£>erao<5 2öt(r)e(m fonnte wegen fetner Sugenb bteß nidjt f)tnbern, aua)
fpäter fcfywteg er baju, Weil bte Eroberung un ßnglanb t(m auSfd)ttej3lid)
befestigte, aber in ben legten Sauren feinet Sebent forberte er ben @au
unter heftigen £)ror}ungen §urüaV'
£)tefe £>arftellung ift ntdjt ganj richtig, ^ta^t mit ©ewalt fann ber
Lintig bem ^erjoge ba3 33ertn entrtffen fyaben, benn wäre bfef gefd)ef)en,
fo würbe irgenb einer ber (£f>romften , weld^e bte ®efcbid)te ber früheren
Saaten 2Btlf)elm3 fcfyrteben, etwas batton melben; fonbern bura) Vertrag
muß ber Normanne jur Zücferftattung befttmmt worben fein, weßfyalb benn
auet) 2Ötll)elm, obgletd) er, wie unten gezeigt werben foll, um 1056 einen
für ifm fel;r ttortr)etlf)aften grteben mit ber trotte granfreid) fd)loj3, ntcfjt
auf bie grage beö 3Serin jurüdfam. Dä nun ^eturtet) I. mit bem 9ior*
mannen^erjog t>on 1035 bte 1046 in geheimer, t>ou 1048 bis 1060, wo
er ftarb, in offener getnbfdjaft lebte, unb nur 1047 tu ber Sage war, ir)m
53ebtngungen fcor§ufct)retben, fo folgt mit f)öd)fter ^afyrfcfyetnltcfyfeit, baß
ber ©au Sterin 1047 an bie trotte granfreid), alö $ret£ ber gewährten
«£)ülfe, prücf gegeben worben ift.
Ü)er 2Benbepunft in S&tlfyelmS Seben war eingetreten. 2)te fyarte,
unter fteten ©efafyren unb Entbehrungen l)ingebraa)te, Sugenb ffiitU bie
(Stgenf duften in äjm entwidelt, welche tfym feitbem bte £ocr;ad)tung be3
(SarbmalS £tlbebranb erwarben, fyatte feinen (Efyaraf ter geftäfylt , feinen 2kr*
ftanb gefebarft, ,£>elbenmutf) unb baS ©efüfyl einer großen Sefttmmung ttt
tr)tn geweeft, fyatte it)n gelehrt, auf ftet; felbft §u bauen, ^act; ftnfterer
9?ad)t bracben Sage be$ SrtumpljS an.
3unäa)ft leiftete er bem Röntge einen ©egenbtenft unb jwar mit folgern
9?act)brucfe, baß baburet; ,£>etnrtcf;g I. (£tferfucf)t entjünbet unb in golge
battön ein Äampf tteranlaßt warb, ber mit wenigen Unterbrechungen bis
ju be$ Königs £obe fortbauerte. ©raf ©ottfrteb ttonStnjou, mit bem 23et*
namen Sötetel, fjtelt bamalS burd) feine Zaubereien unb feinen wilben @f)r*
getj baö weftlidje unb fübltdje granfretd? in 5ltf)em, aud) ben ilöntg ,!petn*
rtdt) I. beletbtgte er. 3)eߣ)alb jog Rehmer; I. fein JtrtegSttolf jufammen
unb bot sugletcr; bie Normannen auf. SBtlfyetm erfebien mit feiner ganzen
9flad)t, »ereint belagerten beibe ein fefteö Schloß beö ©rafen, baö auc^
genommen warb. 3)aö Reifte foll bei btefer glüeflid) beenbigten gelobe 2Btl*
^elm get^an l)aben. „9)?ogen eö bte granjofen gerne l)ören ober nierjt,"
1) JDu^eönc <S. 655, c.
$terteg Q3ud). dap. 15. $)te garten 3ugenbjaf)re 2ßÜf?ehnS II , beö (Srobererö. 259
fagt1) ber 2lrcf;tbiafon von Stfteur, „waf)r tft e6 bennocb, baß bte 9)?ann*
fcf)aft, welche bamalö bte 9?ormanbte [teilte, an 3af)l bte 6trettFräfte über*
traf, welcbe ber .ftönig famtnt allen feinen übrigen ©rafen tnö gelb führte/'
2)er (5r)ront[t fügt bei, bie Sapferfeit, treibe ber junge ^ormannen^erjog
bei jener ©elegenfyeit gu entwicfeln begann, unb bie fügten ,£>anbftretcf)e,
bie er oft an ber <Spifce weniger Leiter ausführte, Ratten tt)n ju einem £teb*
ling be3 93olf$ gemalt, allgemeine 23ewunberung erregt unb bewirft, baß
bie Röntge Spanien^, bte £er$oge ber ©aScogue, bte ©rafen ber Sluvergne
unb anbere entfernte gürften tf)tt bura) ©efetjenfe, prächtige Stoffe unb ber*
gleichen, ehrten.
©ottfrteb 9Jiartel von Slnjou nafym fpäter *Racbe an 2ßtlf)elm, er fiel
in bie 9?ormanbte ein unb überrumpelte bie @rcut$fe[tung Sllen^on, mit
beren (Sinwor)nern er vorder 93erbtnbungen angefnüpft fyatte. Stuf bie
$unbe t)tevon, fammelte 2Btlf)elm feine Normannen, rücfte aber §unäa^ft
nidt)t auf Sllen^on, fonbem auf Domfront, einen feljr feften $la£, welker
bem ©rafen von $lnjou gehörte, unb begann bte Belagerung. 9hm eilte
©ottfrteb Partei mit ben Strettft elften , bte er in ber (Schnelle aufbieten
fonnte, gerbet, um ben Normannen ein treffen §u liefern, al$ er jeboer)
gewahrte, baß fte il)m an ^aljl überlegen feien, jog er ftcr) §urücf. ©einer*
feitS verfolgte 2Btlr)elm nia}t, wie ©ottfrteb erwartet r)atte, ben roetc^enben
geittb, fonbem ftfjwenftc rea)t6 ab unb [türmte auf Sllen^on loS, beffen
23efa£ung bürde) ben Abgang etneö Sfyeilö ber Gruppen, welche ©ottfrteb
neulich an fta) 30g, gefa)wäa)t worben §u fein fa)eint.
33et 2ötll)elm3 Slnfunft langten (Stnwolmer ber 6tabt $I)terfelle von
ber ©tabtmauer l)erab, bie fte mit ©teefen auSflopften: eine bo^afte
fpielung auf bie Sage, baß ber $ater von 2Btlr)elmö Butter, £arlot, in
früherer tyit ba3 $ürfa)nerl)anbwerf getrieben f)abe. Der 2Bt§ befam tfjnen
fa)lea)t. Denn roie im gluge warb Stielten erftürmt, unb mr Strafe lief
Sßilfyelm ben Spöttern £änbe unb güße abbauen. 9Jfan ftefyt t)terau6,
baß ber Normanne fia) ntebt gerne an feine uneheliche ©eburt erinnern
ließ. 9ka) Eroberung 2llett£on3, fefjrte 2Bilf)elm fcfmell vor Domfront
jurücf, unb brachte aua) biefe Stabt in feine ©ewalt, ba bie ßinwofmer,
bureb ben galt Stlem-onS erfa)recft, fta) ergaben.2) Domfront, etgentlta)
ein Drt ber £anbfa)aft 9J?ame, aber feit einigen in ber ©ewalt
©ottfrteb kartete von Slnjott, ber fta) gewaltfam bte 93ormunbfcf>aft über
ben mtnberjäfjrtgen ©rafen ^>ugo II. von 9)?an6 angemaßt fyatte,3) blieb
von 9hm an unter normanntfa)em (Seester. 3m Uebrtgen f)ängt bie (Sr*
Werbung ber <Stabt Domfront mit ben @a)tcffalen be$ 23tfa)of$ ©ervaftuS
«) $>ud^ne @. 180 2ttttte flg.
85 SMtte.
2) Ibid. 182 flg. u. 276. 3) S3ouquct XI,
17*
260
^afcfl ©regoriug VII. unb fem Seitöltet.
fcon Wlan$, nachmaligen Metropoliten von $ltyim§, jufammen, auf bie \$
unten juriieffornmen roerbe.
2)er roachfenbe «Ruhm be3 ^ormannenherjogS unb bie Vergrößerung
feiner Wiafyt erfüllte ben jtönig x>on granfretcr) mit iRefo. 9Bat)rfcr) einlief
ift, baß eine Slufforberung an Stlhelm erging, 2)omfront bem ©rafen »on
Slnjou surüdjugeben, mit welchem Heinrich L feitbem im S3unbe gegen ben
Normannen erlernt. Allein wenn bieß auet) gefchaf), ftef)t feft, baß bie
9ttal)nung ungef)ört »erhallte, benn ber «§er§og behielt 5)omfront. fyto
riet) L fann auf «Rache, trat aber unmittelbar nicht in eigener Herfen r)er*
»or, fonbem fcr)ob 5lnbere »oran. Ungefähr feit 1050 feimte in ber Won
manbie eine 9te$e fleiner Empörungen, bie offenbar ttom «ßarifer £ofe auS
angebettelt worben ftnb. £)en Anfang matten §roei ber nächften SBerroanbten
be3 £er§og6. 3a) l)abe oben berichtet, baß bte Vormünber Stlf)elm6 nad)
bem £obe beS drjbtfchofS Robert ben <5tur)l von 9fouen an Malger, ben
©ofytt be$ ^erjogö 9ficl)arb II. au6 ber @l)e mit $apia, hergaben, ©letch
gut rourbe Malgerö leiblicher S3ruber Stlhelm bebaebt — beibe roaren
enge miteinanber »erbunben unb ^aben bie fielen böfen ©treibe, voelct)e
fte gegen ben jungen «£>erjög führten, gemeinfam erbaut, gemeinfam volU
$ogen. Silhelm, Malges 23ruber, erhielt nämlich ohne irgenb eine läfttge
$erbtnbltchf eit 4) bie ©raffdt)aft Sellau. $aum eingefe^t, begann berfelbe auf
hor)em SBerge eine 33urg ju erbauen.
Sie bieß gemeint roar, §etgte ber Erfolg. 3)ie $roet trüber hatten
bei allen 33erfd)roörungen, bie roär)renb ber Minberjäfjrigfett ausbrachen,
unter ber CDecfe mttgefptelt, »ermuthlich roetl ber ©raf bie 5lbfta)t Ijegte,
nach bem ©turje beS Neffen ba£ §er§ogtl;um an ftd) ju reißen. Sluf
bte ftete getnbfd)aft ber trüber htnroeifenb, brauet ber 2lrd)ibtafon »on
Stfteur bte oben angeführten Sorte: burdt) bie ©erdacht »on 2klbune6 fei
bte SßoSrjeit ber (£r§btfcf)öfe t>on «Rouen gebämpft roorben. Sind) nachher
fegte @raf Stlrjelm, obroobjl »erbeefter, feine Umtriebe fort. Der 5lra>
btafon berichtet, 2) baß Stlr)elm »on Sellau, al6 ber junge £er§og 2)om*
front belagerte, plöfcltch or)ne Urlaub baS $eer »erließ. (Sintge 3ett nad)
Eroberung ber ebengenannten @tabt befanb ftet) ber £er$og auf ber nor*
mannifchen Seftgrän^e, in ber ®egenb »on (SoutanceS, unb traf bort ge*
roiffe Slnorbnungen. 3)a erhielt er bte $unbe, baß ®raf Stll)elm ftch
auf ber Dftgränje empört, »tele Normannen »erführt, mit bem franjöftfcfjen
Röntge ^etnrtcr) I., forote mit bem ©rafen Slngelram II. t>on $ontf)ieu
einen heimlichen Söunb abgefcbloffen r)abe, unb baß eine ber gefährlichen
«Bewegungen im 3u9e fä- »äRalgei; unb fein Söruber Silhelm," fagt3)
*) Sorte 9Btl^elm3 bcö (BxoUxtxä, 2)u^eöne @. 657 50lttte : Wilhelmo Archas et
comitatum Tallogii gratis dederam. 2) Ibid. @. 184, c. 3) Ibid. 6. 657.
Stertes 93ucf). (5aV- 15. SDie tjaxkn Sugenbjatyre QBttfjehng II., bcö (gro&ererS. 261
ber Eroberer in bem fogenannten Seftament, „fabelt bcn itöntg feto*
rid? I. von granfreid) unb bcn ©rafen von *pontr)teu wiber mtcr) tnS Sanb
gerufen."
@o fcr)nell er eS vermod)te, bot ber £er§og alle verfügbaren Sutten
auf unb 50g tn (Silmärfcben gegen bie €>tabt SlrqueS, ben TOttefyunft ber
50?acf)t fetneS ©egnerS. (£r traf jur rechten Seit ein, um bte von bem
©rafen erbaute Burg, tn wtld;e berfelbe ftcr) geworfen r)atte, $u umjtngeln.
(Sben rücften Singelram von $ontf)teu unb ber $önig mit einem 3uge
Lebensmittel unb mit Berftärfungen fyeran, bte für bte Burg befttmmt waren.
(§tu $r)etl beS $eereS, baS bie Belagerung begonnen ^atte , 50g bem getnbe
entgegen, locfte Singelram tn einen £mterf)alt unb machte tr)n felbft, fammt
ben metften fetner Leute nieber. Der $öntg brang bis tu bte 9Mr)e ber
Burg vor, fefyrte aber balb, als er gewahrte, baf bte r)er§oglicr)e Wla&jt
ber fetnigen überlegen fei, unverrtcfyteter Dinge nacr) ^euftrten jurücf, ben
©rafen von Meltau feinem ©cfncffale überlaffenb. Den (Singefdjloffenen oben
fehlte eS an Lebensmitteln, ^albtobt vor junger, mu^te ftet) ber ©raf
balb barauf ergeben. Der ^erjog befirafte ben @d)ulbtgen mit lebenS*
länglicher Verbannung, ©raf 3Bt(r)elm von SlrqueS flor) mit- feiner ©e*
maf)(tn, einer Softer beS §aufcS $ontf)teu, an ben Heilten §of beS ©rafen
(Suftad)tuS von Boulognc, beffen ©nabenbrob er bis ju feinem £obe aß.1)
Heber bie 9tacbe, bie ber ^erjog an 2ötll)elmS Bruber, bem ntd)t mtnber
fd)ulfcigen (Srsbifdjof Bälger von $ouen, nar)m, behalte icf) mir vor unten
ju berichten.
Der £ob beS ©rafen Singelram von *ßontl)teu unb wof)l aud) bie
(Sinnafjme ber Burg bei SlrqueS fällt2) in baS 3af)r 1053. Ungefähr um
biefelbe 3«tt waren §wet anbere Slufftänbe im 3uge, von benen ber eine
im jtetme erftieft würbe, ber anbere ofyne (Srfcfyütterung vorüberging. Der
SRönct) von SumiegeS erjär)lt:3) „bie ©raffdjaft 9flortain (weftttet) von
Domfront) befaß bamalS 2Btlf)etm , genannt 2Öerlenf, 6proffe einer unefye*
liefen Berbinbung ^ic^arbS I. 3u btefem fam eines SageS ein (Ebel*
fnabe, ber in feinen Dtenften ftanb, unb fpract): §err td) wetjj mir vor
Slrmutr) nicr)t §u Reifen, f)ter im Lanbe fann tet; genügenbes' Brob nietet
verbtenen, td) will bafyer naa) pulten gefyen unb bort mein ©lud ver*
fua)en. Der ©raf erwteberte: wenn Du gefreut bift, bletbft bu alliier,
benn elje bret Monate um fmb, gibt eS für Leute wie Du unb Deines*
gleiten ©elegenrjett genug, ftet) §u befaden, Du braucht bann nur
greifen. Der knappe folgte bem $atr)e feines £errn unb blieb. Balb
l) Ibid. <S. 184 flg. 657, toomit nodj &u vergleichen bte 5{uSfagc beS (S^rontjJcn
»on 3ttmt&9e« (ibid. 270), ber ieboc§ bte Seit falf^ bejtimmt. 2) «ouquet XI, 133
«. 222. 3) 2)u^e3ne ©. 276 unten flg.
262
$abfi ©regoriug VH. unb fein Zeitalter.
barauf gelangte er auf SSerroenbung beS ©rafen von Sforand&eS, feinet
SSerroanbten, üt ben CDtcnft beS £erjog$, unb knetete etnftenS bem £e£teren
bte Steuerung SöerlenfS. SllSbalb Heß ber £er$og Wkxknt rufen, unb
fragte if/tt, ob unb warum er jene 3)iuge ausgebrochen fyabe? SBerlenf
fonnte bte Sßorte ntcfyt abläugnen, ebenfo wenig aber über tfyren Sinn be*
fnebigenbe (Srflärung geben. 3omtg (mb be^alb ber «£>er§og an: Ü)u btft
ein 93errätl)er unb gtngfr mit bem platte um, mtd) meinet (Srbe §u be*
rauben unb bte Stformanbte um§uroül)len. 2)a$ Sanb foll in grteben bleiben,
unb bamtt bieß mögltdr) fei, mußt Ü)u fort; v»erlaf|e fogleicf; bte 9?ormanbtc
unb unterftefje bia) metjt, jemals roteber§ufef)ren. 9?ur w* einem $nap:pen
begleitet, 30g Söerfenf rote ein Bettler nad) spulten, ber £erjog aber be*
lehnte mit ber erlebigten ©raffd)aft sU?ortain feinen £albbruber Robert aus
ber jroetten (Sr)e ber ^arlot."
£)er TOnd) fär)rt fort:1) „Silr/elm, ber unefjeltcr/e ©ofm 9ticr)arbS L,
bem fein £>albbruber $er§og $td)arb II. bte ©raffcfyaft (Sit übertragen rjatte,2)
hinterließ einen gleichnamigen (Srben, ber ben ^Beinamen SBufac führte,
tiefer 23ufac fann auf (Empörung gegen <£>erjog 2ötlf)elm, Roberts @or)n,
in ber 5lbftd)t, ftd) felbft ber £errfd;aft p bemächtigen. 2)er «£er§og er*
r)telt jeboer) 2Ötnb \>on bem $lane, rücfte mit ^eereSmacfyt t>or baS 6cr)loß
(§u, nötigte 33ufac ftcf; §u ergeben, unb »erbannte if)n aus ber $ormanbte.
SBufac entflof) naef; granfreid? §u ^önig ^einrid) I., ber tt)m bte ©raffest
©otffonS »erlief." 3)aS $ef$t nun: im (Sitroerftättbniffe mit bem fran§öftfd)en
,§errfcr)er t>atte ber ©raf son (Sit eine (Empörung beabftdittgt, unb roetl
btefelbe mißlang, mußte r|tt ber ^önig, gemäß ben oorfjer erteilten 5Scr^
f^rec^ungen, auf neuftrifcf)em SBoben mforgen. SRoct) voäfyrenb ^erjog 2Btl*
rjelm bte SBurg bei SlrqueS belagerte, roafyrfdjetnltcr; §ur jjJHi ba ber Äönig
»on granfretcb jum Gmtfafc fyeranrüdte, fielen mehrere »ornetyme SBafallen
»on ir)m ab, unter tr)nen bitter ©utmuttb, ber feine 23urg 9J?oultnS an
^etnrta) I. überlieferte.3) 9?ad) steten Letten r)in fyatten bie granjofen,
rote man ftef)t, gäben beS $erratr;S gefcblungen, unb triel ©olb muß auf*
geroenbet roorben fein.
$)a$ ©lüd unb bie Sfyatfraft, mit welcher ber Normanne bie gelegten
©Clingen burcfyrtß, feine roteberrjolten (Stege, enblicr; ein britter ©runb,
von bem unten bie D^ebe fein rotrb, ftetgerten bte Setbenfdjaft beS Königs
auf'ö «£>öa}fte. 5Ule Gräfte -fteuftrtenS fe|te er in SBeroegung, um ben
©egner 511 erbritefen. 2)er $lan voar biefer: roä^renb ^einrieb I. felbft mit
ben 9flannfd)aften, roelc^e auS bem 6üben unb 2ßeftett, aus ber Bretagne,
aus 5lnjou, aus ber ©aScogne, toergne, aus S3urgunb unb ber 3Sle
be grance aufgeboten rourben,4) am linfen Ufer ber ©eine burd) ben ©au
») Ibid. <S. 277, c. ?) ©ie^e oben ©. 225. 3) 3)uc§egne @. 186, a. 4) Ibid. c. d.
SJierteg 53udj. @a£. 15. S)ie garten 3ugenbjaf>ve 2öilf>elnie IL, bee (SrobcverS. 263
von (Svreur gegen leiten vorbrang, fotlte £bo, be$ Honigs ©ruber, mit
ben ©paaren, welche bte Hülfen ber (Seine nnb bem Vltyin gelegenen
^ßrovinjen ju ftetlen Ratten, über ©eauvaiö in bie öftltcfc 9?ormanbte ein*
fallen unb alles mit geuer unb Scbwert verheeren. SlnfangS fernen ba$
©(ücf bem jtönig ju lächln. TOt'fcem einen £eere rücften ^einrieb J. nnb
©raf ©ottfrteb Partei von Slnjou in bie weftlicbe 9?ormanbie vor. £er$og
2Bi(beIm beobachtete tl)it von gerne, bereit jebe 33lofje, bie ber getnb bieten
würbe, beilüden. 3U gleicher Sät überfebwemmte ber anbere £eerf)aufe
unter £)bo baS Sanb recfctS von ber Seine.
2luf bie ^adbriaM fyievon entfenbete «£>er$og 2ßilr)elm feinen Stief?
bruber, ben neuernannten ©rafen Robert von (5u, fowie bie ^auptleute
£ugo von ©ounuu), 2£ilf)elm (Srtöpin, SGßalter ©iffarb, £ugo von 9J?ontfort,
mit einem Sfyeil ber normanmfcfcen Wlafct jenfeitS be$ Stromes. Der Auf-
trag, ben fte erhielten, lautete bafyin, Dro'S 3lbtt)eilung $u überrumpeln.
(ES gelang. 33ei 9J?ortemer, an ben Quellen ber ©aulne, bie mit ber
SBetfyune vereinigt unweit Dievve in3 Wttt fällt r ftteßen bie Normannen
auf bie granjofen £>bo'3, wclcbe, feinen Singriff afynenb, ber (Schweigern
unb bem ^aube fröl)nten. £)bo erlitt eine fürcbterlicbe SRieberlage, bie
Reiften feiner Beute würben erfaMagen, 2£tbo von *ßontlu'eu, ber mit ir)m
ausgesogen war, um ben £ob feines 53 ruber Singelram 511 räckn, gerietl)
ui ©efangenfebaft. 3w>ei 3af)re l)ielt il)n ^erjog 2Bür)elm ju 33aieur in
£aft, unb gab tlm ntebt ebjer frei, bis 2£ibo bem Normannen ben 33a-
fallenetb fd)Wor unb angelobte, jebeS 3af)r bem ^erjoge an ber Svifce von
lumbert ©efyarnifcfrten £eereSfolge ju letften. f) 5(uf folcf)e SBeife warb bie
£anbfcbaft *pontf)ieu bem «§aufe von iftouen unterbau.
$aum l)atte ber «£>er$og ßunbc von bem Stege erhalten, als er
SJJajjregeln ergriff, baß biefelbe 9^ac^rid;t au* bem Könige jufam. Sie
macfcte ben gewünjefeten (Stnbrucf auf $ einriß I. 2In fernerem (Erfolge ver*
jwetfelnb, räumte er etlenbS bie 9?ormanbie, uaebbem vorder ein Vertrag
abgefcbloffen worben war, beS 3nr)altS, baj? einerfeits ^erjog 5Btlt)eIm bie
bei SJiortemer gemaebten ©efangenen freilaffen, anbererfeitS Äönig ^einrict;
nicht nur bie (Eroberungen, welche £er$og SßMffyelm bereite auf Soften beS
©rafen von SInjou gemaebt, fonbern aud) bie, welcbe er r)tnfort machen
werbe, gutheißen folle. ©ottfrteb ber Jammer war, wie man ftel)t, burd)
^einrieb) I. preisgegeben worben. £er$og 2öill)elm eilte, bie SBortfyeile,
welche if)m legerer Slrttfel bot, §u verwirf liehen.
(Er fünbigte bem ©rafen von SInjou nach 23erfluj3 von 40 Sagen (Er*
neuerung ber gef)be unb feinen (Snt)cblufj an, auf bem 33oben ber 2atü>
fa^aft 9J?aine einen feften $la^ ju erriebten. QBilfyelm l)telt ©ort, an ber
*) Souquet XII, 620 SKitte.
264
$abfl ©regormS VII. unb fein Beitalter.
<£p\$t feine* £eere$ braa) er §ur angegebenen grtft in bie fDktne ein,
befefttgte ben unweit 9D?atxnne gelegenen £)rt 2(mbrtere$, warf eine 93e*
fa^ung unb Lebensmittel {jinein unb fefyrte bann naa) ber 9?ormanbte jurücf.
©ottfrieb ber Jammer Jjatte ntdjt gewagt, bte Arbeiten be$ £er$og$ $u
ftören, obgteid) ber ^Befehlshaber von SDfatyenne, fein Sßafall — er l)teß
gleia) bem ©rafen von 2tnjou, ©ottfrieb — tt)n befdjwor, SlmbrtereS ntcbt
in ben «gwnben ber Normannen $u laffen, weil bann aud? Sflatyenne ver*
loren fein würbe. (£rft naa) bem $ücf§uge beS £er$og3 brad) ber Jammer,
im SBunbe mit bem ©rafen 233t(t)e(m V. t>on *ßottou unb bem 35retagner
£)bo — welcher (entere fyter, wie in bem sunacfyft vorangegangenen gelb*
juge offen wiber bte Normannen $artr)et nafmt, gegen 2Jmbrtere$ vor unb
beftürmte ben $la£ mit aller $?aa)t, aber bte SBefa^ung brtnnen wehrte
ftd) auf's £a:pferfte, unb balb fam §er$og 2Mr)elm mit feinen Normannen
§um (Sntfa^e fyerbet. 9?un gab ber Jammer mit feinen SSerbünbeten ben
jtam^f auf, alle bret festen befcbämt in ifyre £eimatr) jurücf. 9J?atyenne
aber war wentgfteuö jur £ä(fte verloren, ©ottfrieb, ber borttge SBefefylS*
fjaber, mußte bem 9?ormannenf)er$og ben SSafallenetb fd)Wören. ')
2Bilf)elm von 3nmtege$, 2) £)rberia) 3) Vitalis, unb eine, wiewohl fyäte,
(Sr)ronif4) von (Saen verfemen bte (SaMadit von Sftortemer tn'S 3al)r 1054,
Rehmer; von Huntington bagegen fagt,5) fte fei geliefert worben im bret*
jetynten 3af)re beS Königs (Sbwarb, beS SBefennerS, von ©nglanb. £)a (§b*
warb im Sunt 1042 ben angelfäc^ftfa^en Zi)xon beftteg, fo würbe folgen,
baß bte ©c^iac^t in'S 3al)r 1055 fällt, fo fem fte nämlid) swtfcr)en bem
3anuar unb 9ftatmonat ftattfanb. 9?un behauptet6) wtrHtd) 2Bilr)elm ber
Eroberer in bem fogenannten Seftament: mitten im Sinter unb jwar vor
ber gaftenjett, alfo im 3anuar ober gebruar fei £)bo, ber SBruber beS
Königs von granfreid), bei -äflortemer beftegt worben. 2)emnacb gehört baS
fragliche (£retgntß nta)t bem 3at)re 1054, fonbern ben erften Monaten
beS folgenben an, unb l)iemit ftintmt bie 2lu$fage beS W6\\ü)$ Liberia)
überein, welcher melbet:7) baß mehrere (£f)rontfen, bie er vor ftcr) r)abe,
baS treffen von 9ftortemer §um 3a^re 1055 verzeichnen, Hauptjwecf be£
bamaltgen gelbjugS war offenbar, bte Normannen babura) jur Unterwer*
fung ju nötigen, baß man baS Sanb greulict) verheerte unb bie 3Sorrätf>e
jerftb'rte. 2Ber folcfye $tbfta)ten r)at, Wirb ben geinb ju einer %tit angret*
fen, ba bie grüßte beS gelbes eingeheimst ftnb, b. Ij. im £erbfte. 3d)
benfe bal)er, §einricr) I. ^at bie Sftormanbte im £>ctober ober November
1054 angegriffen, aber ber Üamipf 50g ficr) in bte Sänge, unb baS ent*
4) £uc§e$ne 186 flg. 281, b— d. 657, d. flg. J) 91. a. O. 281, d. 3) Ibid.
638, d. 4) S3ouquet XI, 379, b. 5) <&aüU 366 SWitte. °) Ü5ud)eöne 608, a.
') 93ouquet XI, 356, a.
SSterteö 93ud>. (5a*>. 15. $)te garten 3ugenbjafyre 2BtU)elmö IL, beö (SroBeverö. 265
fct;etbenbe treffen würbe erft im 3anuar ober SlnfangS gebruar 1055 ge*
liefert. @o gebeutet, (äffen ftd) alle 3eu9l^ffe Bereinigen.
(ginige 3a()re fväter unternahm Äönig ^>ctnrtd) I. einen neuen, aber
and) ben legten (Einfall in bie 9?ormanbte. SBteberum begleitet Bon ©ott*
frteb bem Jammer, bracb er mit einem großen §eere ein, burd)jog ver*
roüftenb bie ©raffcfyaft £ie$me$, rücfte von ba nörbltct) gegen SBaieur vor,
bort roanbte er gegen £)ften um unb gelangte an ben SMvefluß, einige
Stunben oberhalb feiner SDtfünbung in baS 9)?eer. 3)er ^önig wollte ben
gluß überfebreiten, wafjrfcfyeinlid) um bie Stiftung auf Diouen ein^uf ablagen.
6cbon war ein Sfyeil beö £eere$ l)inübergefe#t, als bie glutf) l)erannal)te
unb bie SBerbinbung jwifdien beiben Ufern bemmte. liefen Slugenblicf
benü^te ^erjog 2Büf)elm, ber in ber 9?äf)e ftanb, wwmmtili ftürjte er
auf bie ^erübergefommenen lo$ unb xi&kte ein entfejslicbeS 33lutbab an.
$om linfen Ufer au$ fal) ^etnrtcf) L bie üftteberlage ber Peinigen, of)ue
if)nen Reifen ju fömten. ©ein üflutfy roar gebrochen, er fcfyloß mit £er$og
Silfyelm einen Vertrag ab, vermöge beffen er Sillierö, ba6 bis bafyin in
feiner ©eroalt geblieben roar, an ben Normannen jurüefgab, unb ging bann
na* £aufe.
53eibe normauni|d)e (£r)rontften , ber 5lrcbibiafon von £ijteur unb ber
Wlbnti von 3umiege3, fagen au6,1) jtonig ^einrieb, I., fomie aud) ©ottfrieb
Partei feien furje 3eit nad) bem treffen am 2)tvcfluß mit $ob abgegangen.
9?un ftarb ^einrieb; ben 29. Stuguft 1060, ©raf ©ottfrieb Partei ben
13. November beffelben 3al)re^.2) £>te ^teberlage am gluffe 3)ive fdt)etnt
bemnad) in ben grüfyltng 1060 ober in baS vort)erger)enbe 3al)r §u fallen.
3d) fomme bei biefer ©elegenfyeit auf eine früher er§äl)ltc £f)at[ad)e jurürf.
2Beil ^etnrtdt) I. in bem legten treffen völlig befiegt roorben roar, mußte
er bie (Eroberung, bie er früher mit ©eroalt auf normanmfdjem 23oben ge*
madjt fyatte, nämlid) baS ©d)loß SillterS, jurücf geben; baö 3Scrin bagegen
blieb aud) jefct in fransöftfaVm 93eft#. 2)arauS folgt meinet (Srac^tenS,
baß ber Äönig ledere Sanbfdjaft nid)t mit geroaffneter £anb ben 9?or*
mannen entriffen, fonbem fte burd) frieblicfte Uebereinfunft erlangt fyat.
£)enn wäre fte bem 9?ormannenl)erjog mit ©eroalt abgenommen roorben,
fo würbe er bamalg ebenfo gut bie TOcferftattung beö SSexin auöbebungen
fyaben, rote er bie SJfüderftattung von SillierS erzwang.
S^act) folgen Erfolgen fonnte bem Normannen bie £anbfd)aft Wlaw,
auf b'eren 33eftj} er längft logfteuerte, nic^t mefyr entgegen. $lud) einen
$ett)t$tttel wußte er §u erwerben. 6eit einer *Reif)e von 3af)ren übten bie
Stynaften von 2lnjou, gulfo III. mit bem Beinamen be6 6d)War$en unb beffen
') Sudjegne @. 188 u. 283. *) ©ouquet XI, 138, a. b.
266
$abfl OregoviuS VII. unb fein 3eitatter.
£oI)tt ©otffrtcb Partei1) über tot benachbarten ©rafeti mt Waim-, ^>erU
bert I., $ugo IL unb Heribert II.2) eine mtytt ©ewa ltl)errfd)aft aug.3)
3)e3 3od&e3 mübe, wanbte fta) ber letztgenannte, Heribert II., an ben 9cor*
mannenfyersog 2Bür)elm, bat ifyn um ^g>ülfc unb verfprad) fein ^afalt 511
werben. Mit betben £ctnbeu nal)m ber Normanne ben Antrag an unb »er;
lobte überbteß ben jungen ©rufen, um tt)n nod) fefter an fein £au$ $u
feffetn, mit einer feiner bamalS noa) unmüubigen %lfyiu. Heribert II. ftarb*)
jeboa) 1062, efye feine 23raut mannbar würbe. S)er 5lrdn'biafon von £i*
ftcur behauptet,5) auf bem Sobtenbette f)abe ber junge ©raf bie (Seinigen
ermahnt, ftd) bem 9?ormannenr;er$oge $u unterwerfen, tl)it als £errn be$
£anbeö anjuerf ernten.
$lber ber QBunfd) bcS @terbenbeit ging nietjt tu (Erfüllung, fonbern
ein ©eitettverwanbter, ©raf Sßalter von 2krin, ©u|n 3)rogo'S unb »er-
mäl)It mit 33totta ber 93aterfd)wefter Heriberts, §og bie Sttaine alö näcbfter
(£rbe an ftd).5) 3)al)er feit 10646) Ärieg swifeben il)m unb bem §er§og
SBilfyelm. 2Bet( legerer bie 9J?aine bereite als ein f)albeS (Sigentfyum be*
trachtete, fyütete er ftd) rool)!, baS Sanb ju verheeren, fonbern nal)m bttrd)
fleine Ucberfälle einen feften *ßla$ um ben anbern, §ulei$t nött)igte er ben
©rafen kalter aud) bie ^auptftabt £e SÖlani in ©utem §11 übergeben.
Satter unb feine ©cmafylin würben hierauf nad) galaife gebracht, wo beibe
febnett wegftarben. 9?od) trotte bie geftung 93? cremte, welche ber mernv
fad) erwähnte ©ottfrieb, SSafall beS gleichnamigen £ammcr$ von 2lnjon
unb bann be$ ©rafen SBalter, auf's tapferfte vertf)eibigte. 2)urd) ühmx*
ftänbniffe, bie er in ber belagerten ©tabt anfttüpfte, bvad)tc 2Bilt)elm 5U
2ßege, baß §wet SBerräil)er brinneu geuer anlegten. 2Bät)renb bie Stammen
aufwirbelten, erftiegett 3ßtll)elm$ Normannen bie von ben 33ertt)eibigern
verlaffenett dauern unb brachten bie geftung in ityre ©ewalt. 6te brannte
großen nieber, aber ber «£>er$og (teilte nad)l)er bie ©ebä'ube unb
jerftorten 2ßerfe l)er. 3Bill)elm hatte ein feit vielen 3al)ren erftrebteS
erreicht, bie 50?aine war fein geworben, er behauptete aud) ben 23eft£ bis
31t feinem £obe.7)
9?od) lebte eine unmünbige 6d)Wefter beS verftorbenen Heribert II.,
Margaretha, welche, wol)l weil bie SSerwanbten ber 53egel)tlid)feit beS 9?or-
mannen mißtrauten, nact) £)eutfd)lanb entfernt worben war, bamit fte bort
tr)re ßrjierntng erhalte. 2ßill)elm ließ fte — wie ber 2lrd)it>iafon von Sifteur
verftd)ert, mit großen Soften — fommen, verlobte fte mit feinem erftge*
bornen Sohlte — unb febidte fte eiitftweilen nad) gefamp m$ Jllofter, um
*) a3ergleic^e oben @. 258. 2) 2)af. ©. 259. 3) <£)uc$e$ne @. 189. 4) «öou--
<)uet XII, 563, c. 6) JDu^eene <§. 189 flg. 283. 6) Ibid. & 487, c flg.
') 91. a. D.
33ierteö 33ucf). &ap. 15. <Die garten Sugenbiafyre 9BtI^eImö IL, be$ (Sio&ererö. 267
bafelbft t»oüenbö jur Sungfrau r;eransuwad)fen. SIber aud^ 9J?ar^avet()a
ftarb vor abgefd)loffener roeg. 9J?uß man nidU befennen, baß biefe
gehäuften Sobeefälle in einer unb berfelben gamilte, roeld)e jroifd)en ber
9J?aüte unb ben $ergrößeriing3Vlanen beö Normannen ftanb, fyöd^ft ver*
bädjtig fmbü 3« ber Sfyat legt1) £>vberid) einem Sobfetnbe be$ (Eroberers
von Qmglano bie 2Borte in ben 9J?unb : 2Btll)elm fyabe burd) ®ift ben
©rafen 2ßalter fammt feiner @emat)lin 23totta au£ ber 3i>elt gefd^afft.
■jftad) ber 9Jktne fam bie 9^cif>e an bie Bretagne. Dffene ober leim*
lid)e geinbfduift f)errfd)te von 1035, ba bie vormunbfd;aftlid)e Regierung
im tarnen beö minberjäfyrigen SBütoelm begann, bte gegen 1066 jmif6en
ben Käufern von 9fenne3 unb $ouen. Kilian III., ben, rote td) oben fagte,
«£>erjog Robert vor ber 9lbreife nad) ^aläftina p einem ber $ormünber
SBtlfyelmö IL beftellt fyatte, voar um 1040 fdmell roeggeftorbeu,2) einen
ttnmünbigen (£rben fortan II. fjinterlaffenb, an bem ftd) fofort 2Wan$ SBruber
£)bo vergriff. 2)cnn ntd)t nur bedte er bie ^janb auf ba6 (Sibe be$ ßna*
ben, fonbem l>telt t^n felbft fteben Saljxc lang — bis 1047 gefangen.2)
Sßäfyrenb biefer %eit trat £)bo aud) bem «£>er$oge $Jill)elm feinblid) entgegen,
beim er erfdjeint als Srjeilnefjmer an ben (Sinfätten, welche jtönig £ein*
rtd) I. von gremfretd) tu bie 9?ormaubie mad)te. ©Väter befreiten treue
SBretagner ityren jungen gürften auS bem Werfer, worauf (Eonan mit ©e*
roalt ftd) feineä (Srbc bemäd)tigte unb feinen treulofen £)l)eim überroanb. 3)
Slber aud) gegen ben ^ormannenljersog 2öt'lf)clnt §og ber rotebereingefef^te
SBretagner baS 6d)roert.
£>er 5Jrcbtbiafon von £ifteur fvrtd)t4) auSfüfyrticr; von gelben sroifa)en
(Sonan unb 2ßilf)elnt, bod) (Gilbert er nur bie Anfange unb ben Verlauf
berfelbeu, ntdjt ben enbltcr)en (S'rfolg, roelcr>en er meines (£rad)tenS abftd)t*
Ita) verfefcroieg. (Sr Jagt: „^erjog ^ötlr)e(m erbaute an ber normannt)d)en
9Beftgrän§e bie geftung 6t 3acqueS, um §u vergüten, baß bie £ungerletber
ber Bretagne burd) geroolmte 9iaub§üge bie $trd)en ber 9?ormanbie vlünbern,
ben gemeinen üftann unterbrüden." 2)ann fäf>vt er fort: „fo ()od) roar
ber Uebermutf) (EonanS IL gefttegen, baß er ftd) md)t freute, bem 9cor*
mannen jum Boraus ben Sag an§utunbtgen, an roeldjem er tlm angreifen
voürbe. (Eonan Vod)te namlid) auf bie 93?affe von armen ©olfcaten, bie
feinem Banner folgten. 2)enn bie ^Bretagne rotmmett von ftreitbarem $olf,
tuetl bort bie Männer nad) faracentfa)em 33rauct)e jefm, ja manchmal mehrere
SBeiber nehmen, unb nid)t fetten ein fyalbeS fyunbert «ftinber jeugen. —
9(id)t gefdjredt bura) bte Prahlereien be3 ©egnerö fam ^erjog SBil^elm
bemfelben juvor, inbem er an bem von @onan vorauöbefttmmten Sage bte
l) Ibid. 534, b. 2) 53ouqwet XI, 244—48. 3) öouquet XII, 565 unb 2>u*
^c^ne script. nonnann. <S. 567. 4) $)ucr)e$ne <S. 191 unten flg.
268
SPaBji ©regoriuS VII. unb fein 3ettaltet.
©rängen ber Bretagne übertritt, ßonatt wagte feinen jtampf, fonbern
floh landeinwärts an ber £auptfcftuug 3)ole vorbei, bereit Befehlshaber
SÄuaÜu* $u SBityelmS $artl)et hielt. Der £er§og rüdte nur bis £>ole »or,
ntd;t weiter l)inein, weil er fürchtete, baß bie arme $roüin§, bereit (Sin*
roo^ner Wenig 2ld erbau treiben unb meift tton SSte^ud^t (eben, feinen
(Solbaten ntcfct bte nötigen UnterhaltSmittel liefern fönne. er eben
ben 9füdjug wieber antreten wollte, erhielt er bte ^aa)rta)t, baß ©raf
©ottfrteb ber Jammer oon 2tnjou mit einer großen Schaar $u (£onau ge*
ftoßen fei, unb baß baS Vereinte §eer tf)n bemnächft angreifen werbe.
2Btlhetm blieb, ben ßampf erwartenb, allein bte betben ©egtter [teilten ftcf)
tttdjt, fonbern feierten um."
2ßtr fyabett hier baS zweite1) öeifptel sott $orau3oerfunbiguttg einer
gefjbe, bereu Ort unb 3ett beftimmt wirb. Offenbar war bieß eine grud)t
ber ßtnführung ber Sreuga ober beS ©otteSfrtebettS, auf welche bte v£htg*
ntacettfer jwifdjen 1031 unb 1043 uttabläfftg Einarbeiteten.2) Stettens
obgleich bte Stabt £)ole unzweifelhaft jur Bretagne gehört, hält ber bortige
^Befehlshaber nicht $u ßonan IL, fonbern §um 9lormanncnher§og. ^ierauS
erhellt, baß 2ßtll)elm fortwäfjrenb in ber Bretagne ^partfjct machte. drittens
ba ©ottfrteb ber Jammer im 9?o»ember 1060 ftarb, folgt, baß bte ttom
5trd)ibtafon gefcf)ilberten kämpfe $wifd)cn (Sonan unb bem Normannen über
ba$ ebengenannte 3af)r hinaufretdjen. gür ben Ausgang ber itormamttfaV
bretagntfa)en ^cmbet txitt ber ßljronift oon 3umtegeS als 3euge ein, in*
bem er melbet,3) baß 2&ilf)elm fttv§ x>ox ber 5lbfaf)rt naa) (Englanb ben
läfttgen (£onan IL burch ©ift befettigte.
£)a$ äußere ©erüfte ber poltttfd)en unb friegertfd)eit £t)ättgfett beS
9]ormamtenher$ogS »on bem ^lugenblicfe an, ba er feinem $ater nachfolgte,
bis jum £eereS$ug nad) ber benachbarten 3nfel, liegt abgefd)loffen oor uns.
Säugere 3eit mußte er alle Gräfte aufbieten, um bte 3untutfmngen feines
Sel)enl)errn, beS Königs üon granfretd), abzuwehren, ber ihn tl)eilS burcb
Waffen, tf)etlS bura) Erregung einhetmifcher gafttonett befäm^fte. jtaum
aber hat Wilhelm ben 6entor ättrücfgewiefeit, fo ftrebt er unabläffttg barauf
hin, bte umltegenben ^roomjen ju unterwerfen. @S gelingt ihm: bte Brc;
tagtte, Sftatne, ^3onthieu4) gehorchen ihm, ftnb entweber mit ber 9?or*
manbte vereinigt, ober in ftarfe SBafallettbattbe ttcrftrtcft. 3nbeß »erfolgt
StlhelmS überlegener ©etft nod) ein h^ereö 3tel. 3)tefe fletnen ($robe*
rungen, bie er in ber 9^är)e machte, follten ihm als Littel bienen, um
ein 9ftetch jenfettS beS -JReereS $u gewinnen, auf baS feit 3al)ren feine
klugen gertdjtet waren.
l) 2)a$ erjle ftc^e oben ©. 263 unten. 2) (Siefje ©fröret, St\v%. ®ef<$. IV,
301 flg. 370 flg. 3) £)uc$eSne a. a. £>. @. 286. 4) «Sie^e oben <S. 263.
©terteS 33ucf). @al>. 15. JDte garten Sugenbjatyve SMfjelmö IL, be« drofceterö. 269
9?ocr) muß tcf) über geroiffe innere Verljältntffe berieten, beren (StA*
n>tdfhtng nocf) mefjr alä ba$ ©tücf fetner Staffen baju betgetragen fyar, ir)m
ben 2Beg auf @nglanbö $f)ron ju bahnen.
3)te Verfuge (SbroarbS unb 5llfreb3, ber 8ör)ne au$ ber erften (£f)e
(Smma'3 mit (Stljelreb, roäfyrenb ber furjen £errfcr)aft ber $m)tlmger
ntge tfn* fcäterlicbeö C^etct) mit Saffengeroalt ju erobern, fielen in bte be*
brattgtcften 3al)re ber untnünbtgen 3ugenb 2Btlf)elm$. £)af)er tft begretflicb,
baß er nichts für bte betben Verroanbten tfyun fonnte, obgleich fte fid) metft
am £ofe oon holten aufhielten.1) (Snbltd) im 3al)re 1042 gelangte (Sbvoarb
auf ben Stroit unb jroar nicbt mit ©eroalt, fonbem gemäß bem legten
Spillen be$ eben tterftorbenen §arbtfnut, feines £albbruber$. 9itd)t allein
erfaßten ber neue itöntg in (Snglanb. ©eboren oon einer normanuifdjen
Butter unb in ber 9?ormanbte aufgetoad)fen unb erlogen, fjatte er foldk
Neigung für ©ebräucfye unb Sprache be£ 9?acr)barlanbe3 etngefogen, baß
er, $ur §errfd)aft gelangt, ftct) nia)t oon feinen bortigen greunben trennen
voollte: er naljm eine 9J?enge Normannen mit nad) (Snglanb l)inüber, bie,
rote tcf) unten §eigen roerbe, atlmäfyltg nocr) mef)r £anb$leute naa^ ftd) jogett,
rotcf)ttge 5lemter im Staat, tnberitirdie, im £eere befe^ten unb in Äußern
gegen etngeborne 5lngelfaa)fen, roeld)e ftc§ »ermöge if)rer ©eburt ober tt)rer
Verbtenfte ju einer hof)en Stellung berechtigt glaubten, SHMberpart madjten.
9Dief)r unb mef)r ftteg ber ßinfKuß ber gremblinge, bie @tnf)etmtfd)en unter*
lagen, fctele rourben au6 bem Sanbe »errotefen unb flogen naa) glanbem.
3u S3rügge, am £ofe ber S3albuine, entftanb aus reichen, racheerfüllten
Verbannten eine angelfäc^iftfcbe Volonte, roelcbe unaufhörlich roiber ben 93 e*
fcfmfcer ber normanntfchen (Stuporf ömmlinge , Zottig (Sbroarb, Tarife fyann.
gaft im 5lugenblicf e , ba ber genannte $ömg ben Stroit beftteg, hatte
ihm ber angelfächftfche Magnat ©obrotn, beffen @hrfud)t roir au$ früheren
3etten fennen, als $ret3 ber Unterführung be$ neuen Regiments, bte
eigene Softer (Sabgtythe jum Seibe aufgebrängt, ©obroin roar feitbem
£aupt unb güt)rer ber etnt)etmtfcr)en *ßarthei, welche ben grembltngen bte
3Bage hielt, unb lange fämpfte er mit ©lücf , aber im £erbfte 1051 roarb
er gefunkt unb aus bem £anbe serroiefen. 2)ie gremblinge, bie 9cor*
mannen genoffen eines oollftänbigen aber freiliefe nur furzen £rtumpl)3.
2Bol)lan, unmittelbar nach bem ©turje ©obroinS machte ber Normannen*
herjog 205tlt)elm eine $etfe nad) ßnglanb, erfaßten am bortigen £ofe, fanb
prächtige Aufnahme. S&arurn roirb er mitten im Sinter, überbieß §u einer
3ett, ba er mit Jtöntg $etnria) öon granfreta) im Kampfe lag, nac^ ber
3nfel hinüber gegangen fein? @id)erlia) um geroiffe Vorbereitungen ju
treffen, bamit bie Slernbte, roeld)e bie normannifdjen ^mporfömmlinge brüben,
l) 3)u^e«ne ©. 271.
270
^afefl ©regoriuö VII. unb fein 3eitaltet.
von £au$ au6 feine Untertanen, cmSgefät Ratten, tr)m ntct)t entgehe. $?ef)r
fyteoon im näcbften Wtfänitk.
Sftod) einen wetteren ,£ebel fe£te ber 9cormannenf)er$og an, einen £e*
bei, ber offenbar neben anbern Steden tnebefonbere ben verfolgte, ftd) ber
geneigten ©eftnnnng beS Singelf act;fen §u t»erftct)em unb bie 23afyn auf
(SnglanbS Stroit offen p erhalten. 3öte ein fpffcer Dorn im guße äug*
fügte ben $öntg Abwarb bie angelfäa^ftfa)e Kolonie bort p Brügge.
SBeim nun 2Mf)elm bura) irgenb eine Maßregel nacbbrücfltd)en ffofufjl in
glanbern ju gewinnen twfk, oerfüracf) blef jwei $ortf)eile: erftltcr; mußte
bann ber engltfcfye tfömg um fo eifriger bemüht fein, bte greunbfct)aft be6
Normannen 51t pflegen, weil il)m 2Btlf)elm in glanbern wichtige Ü)tenfte
leiften fonnte, 5n>etteu6 würbe baburdj ber «£>erjog in Stanb gefegt, fola^e
Umtriebe ber 2fu3gewanberten, welche etwa feine ^bfta)ten bura^freujten,
3U überwadjen unb p verfytnbern. $em Littel taugte beffer ju bem frag>
liefen 93er)ufe, alö eine efyeltdje 2krbtnbung be# Normannen mit einer
$od)ter be$ flanbrtfd)en «gwufeS. 3e nun, ungefähr 51t ber 3t\t, ba bie
Kolonie p Brügge bem angelfäcr;ftfcr)en Könige gefährlich ju werben be*
gann, freite Stlhelm um bie £anb 3D?athilben$, ber Softer 23atbutn$ V.,
mit bem Beinamen von Steffel, unb SlbelenS von granfretch. 5luö ben
Shatfachen, bie ich unten anführen werbe, geht fyefmt, baß er im 3al)re
1049 bereite ba$ Jawort be3 SSaterS ber 23raut ermatten hatte.
$)tefe er)e(id)e 33erbinbung fonnte au6 fcr)r verfchtebenen ©eftchtötounf*
ten betrachtet werben. Seit einem 3«W«nbcrt waren bie jwet £üufer
von $oucn unb Brügge bie gefährlichften 93afallen ber jlrone granfreich.
3ebe6 für fta) fonnte eS mit legerer aufnehmen, ftanben aber beibe §ufam*
men, bann gerieten bte (£apetinger in fchwcrcS ©ebrang. Schon nach
fang be$ 11. 3al)rf)unberte Ratten fte ftch verfchwägert, inbem SRta)arb II.
eine fetner Softer bem Schönbart, 95atbuin IV., §um 2Öeibe gab. !) Sar
nicht eine golge legerer ($he gewefen, baß £er§og Robert ba6 bereite er/
oberte glanbern bem föntgltchen £aufe wieber entriß.2) 2ßelaY Unheil
brof)te aber erft ben ßavetingern, wenn ber fürchterliche SStlhelm burch ba$
engfte ber 93anbe granbem in feinen ÄretS §og ! £ie ^aa)rta}t vom
2krlöbntß ber glamänbertn mit bem Normannen muß ein Donnerftreia) für
ben franjöfifct)en §of gewefen fein.
Um bie nämliche 3eit begann $abft Seo IX. ben (Streit gegen Jtöntg
Heinrich I. wegen einer in granfreid) auggebrochenen $e£eret, welche ba$
Slbenblanb mit einem Sd)t6ma bebrotjte. (Sntfc^Ioffen, fein £)vfer für bie
©infjett ber Strebe p fcfjcuen, wollte ber *ßabft gletd)Wol)l in 9?ebenbtngen
ben ^önig fronen, bamtt berfelbe fta) befto eber in ber §auptfaa)e füge.
*) Oben 6. 238. l) 3)af. 6. 245.
SBtevtcö 93ucf>. &ap. 15. £)te garten 3ugenbiaf)re 9QBtI^e(mö IL, be$ (SrobererS. 271
2lm Schiffe be$ (Sonett* »on $r;eim$, ben 5. £>ctober 1049, erlieg1)
geo IX. folgenbeS Verbot: „roir unterfagen, baß @raf 23albuin Henglarn
bem bem Normannen 9Bttr)eIm feine Socbter sunt 2Öeibe gebe, nnb baß
ber Normanne befagte glamänberin el;eltc^e. /y Dbgleio) bie DneÖen febroei*
gen, ift anzunehmen, baß ber $abft ba6 Verbot auf (£a$ungen be$ Mix*
d)enred)tö grünbete. (Eein (Sinrourf roirb ivol)t folgenber geroefen fein:
Ibela, bie Butter SWatpbtn^ roar in früherer 3eit mit Ri^arb III., 2ött*
fyelmö oäterlifbem £)r)eim, jroar ntct)t oermäfylt, roof)l aber verlobt geroefen.
9?act) ben ftrengften ©mnbfä#en ber alten iftra^e fdnif nicht blo6 bie tcixU
Iier)e (?^e, fonbern aueb ba3 $erlöbntß ein $erroanbtfchaft3banb, baö ber
beab(td)tigten SBermahfung SffiilhefmS mit 9ftatbttbe entgegen ftanb. Allein
im Saufe be3 1 1. 3af)rf)unbert3 pflegte ba$ itirebenreebt unter anbem $er*
bcütniffen nicht mit fokber 6d)ärfe angeroenbet ju roerben, unb roenn gleich*
roof)l £eo IX. im obigen gälte bie (spir^e l)ert>orfet)rtc, ift flar, baß er auö
polittfcbcn 9Rücfftcbtcn hanbelte, mit anbem Korten, baß er ben vftönig tton
granfreieb burd) (Singehen auf beffen perfönliche 2ßünfa^e geroinnen roollte.
Ü)ennocb fam bie (§he $u (Staube, unb §roar, roenn nicht mit form*
lieber (Sinrottligung , fo boeb mit naebträglicber Suftimmung beS «Stuljte*
*ßetri. CDiefe 3uftimmung oerbanfte ber Normanne bem Verlaufe berfelbcn
Jte&erei, roeldK $abft Seo IX. auf bem 9^t)cimfer ßonett tton 1049 ju be*
fämpfeu begonnen hatte. 3d) J)abe ben wahren 3ufammenf)ang ber ^Bereit*
garifeben 23eroegung an einem anbem £)rte aufgebeeft, 2) muß aber fyter in
möglicher Mx^c bie ^auptpunfte roieberfjolen. geft ftet>t, ber Angriff, ben
ber (ScbolafttfuS tton £our6, zugleich ^ofbtener be$ JtonigS Heinrich I.
tton granfreieb, auf bie firchliche ßet)rc oom ©acrament be3 2lltar£ maebte,
war feine (Scbulftreitigfeit, fonbern ein mit ber ganzen 3)tad)t ber franjüft*
fernen jtrone unterftüjjteö Unternehmen, ba6 ben hatte, bie römifcfyc
jtirche be6 3rrtf)um3 ju bejüc^ttgen, bamtt granfreieb ungefct)eut unb unter
fcbetnheiltgem SBorroanbe mit bem $abft brechen fönne.
3roeiten6 ^önig ^einrieb I. führte barum ben verwegenen (Strcicb,
roett er behauptete, unb roor)l auch überzeugt roar, baß bureb bie von bem
beutfeben Malier, Heinrich III., feit (£nbe beS 3ar)r$ 1046 eingtfefjten
^aiferpäbfte bie pottttfa^e Unabfjängigfeit ber übrigen Cetebe be£ 2lbenb*
taub* bebro^t fei, ba unfehlbar ber beutfe^e ^errfc^er bie 2Öerf$euge, bie
er auf ben <5tur)I $etrt gefegt, baju mißbrauchen roerbe, um bie anbem
Nationen ber (£r)riftenf)eit ht geffetn ju fcblagen. ^Dritten* ^önig §ein^
rieb I. t?on granfreieb ftanb nic^t allein, fonbern mit ttjm fptelte jttfmg
gerbinanb I. t^on (Saftilien unb Seon ^ufammen. bereit* fjatte ber lefctere,
l) ©frövcv, Ätr^. ©efdj. IV, 524. $Dcv Xtxt Ui 33lanft XIX, 742 gegen unten.
2) 53anb I, 600 flg.
272
^abft ©regoriuö Vll. unb fein Seitalter.
jum 33er)ufe ber SoSretjntng ton Dfom, einen fafttlifchen Sanbeöoabft in ber
$erfon beö 93tfcf)of$ (SreScontuS »on 3rta ober (Sompoftella ernannt;1) unb
ber granjofe rüftete ftet), bie gfetdt>e Stürbe bem Metropoliten SQBtbo oon
9?heim$ ju erteilen.
(Sine fürchterliche ©efafyt bror)te ber römifchen Kirche. Muthtg unb
entfcbloffen nahm $abft Seo IX. ben Äampf auf, aber um bem ©cgner
beijufommen , beburfte er als SBorbebtngung jroeter ©er)ülfen: eines in
©allten anerfannten fyäßtfyviUn ©elerjrten, ber ben <Sa}o(aftifu$ ton
SourS anflagte unb beftrttt, unb Reitens eines möd)ttgen gaülfchen gür*
ften, ber im @tanbe roar, nötigenfalls fein ©chroert gegen ben ^efcfmjjer
beS (Scf)o(afttfuö , ^eittrtd) L oon granfretch, in bte 2Öagfd)ate gu legen.
£eo IX. ^at betbe gefnnben unb §roar in einem unb bemfelben Sanbe —
in ber ^ormanbte. 5(16 gelehrter ®ef)ülfe bot ftdr) ihm 2anfranf, ungefähr
feit 1045 $rtor in bem 1034 errichteten Softer 23ec, als bewaffneter
SBunbeSgenoffe bot ftet) tr)m 2Bilr)elm ber 9?ormannenr)er$og, SanfranfS £an*
be^r)err, an.
Sanfrauf nimmt einen fyljm $ang unter ben ©elef)rten beS 11. 3a^
hunbertS ein. (Ex hat aber noch einen anbern 93or§ug, er roar ein großer
unb tn bte geheimften platte ber gregoriantfehen ?ßartr)ct emgeroetr)ter ©e*
fchäftSmann. Wian ftnbet ihn bei jroet ber rotchttgften Unternehmungen
feines 3?italtex$ beteiligt: bureb ihn rourbe, tote ich foäter jetgen roerbe,
bte gregortantfehe ^trehenoerfaffung in (Snglanb eingeführt, $roettenS fyat er
bei 2öteberr)erftellung beS alten römifchen ^rioatrechtS , roelche ben W\fy
brauchen ber Songobarbtca in Stalten einen töbtltchen Streich oerfe|te, als
einer ber (Srften «£>anb angelegt. £anfrattfS faft gleichzeitiger S3togratoh
jäl)lt,2) baß berfelbe in fetner 3ugenb eine ttalientfd)e (Schule (otelletcht §u
^Bologna) bejog, um 93erebtfamf eit unb römtfcheS 9^ echt §u ftubtren.
(Ein normantüfeher (Sl)rontft oom (Snbe M 12. 3af)tf)unbertS, Robert, 5lbt
ton ©t. Michel, berichtet3) noch etroaS 5lnbereS: „nachbem bte römtfehe
@efe$eSfammlung, roelche Äatfer 3uftintan im 3af)*e beS £etleS 530 Oer*
beffert unb abgefürjt oeröffentlicbt fyatte, ju Bologna roteber aufgefunben
roorben roar, befchäfttgten ftd) Sanfranf ton $aota unb beffen ©enoffe
©arneriuS bamtt, biefe ©efejse 51t lefen unb Slnbern auszulegen. ©arneriuS
machte mit ber 3?it einen S3eruf aus folgern ©efetjeift, aber nta^t fo £an*
franf, ber ftch ber $l)ilofool)te §uvoanbte unb fpäter uaa) 23ec ging."
Ohne ßroeifel ftnb bte ^anbeften gemeint, aber in einer Beziehung
irrt 5lbt Robert. ©arneriuS, auch ferner genannt, rourbe erft nach ber
jroetten Hälfte beS 11. SaWunbertS geboren, feine öffentliche, nachroetS*
4) ©frorer, ßireij. ®efd^. IV, 523 u. 526.
u. 6. 3) $tx$ VI, 478 ad a. 1032.
2) Lanfranci opp. ed. Achery ©. 2
33ievteö 93ucf?. &a\>. 15. £>te faxten 3ugenbja$re SBtlfyelme IL, beö Eroberers. 273
bare ^fitiflfeü fällt1) in bie 3al;re 1110—1120, wäljrenb Sanfranf längft
ba6 Seitliche gefegnct Ijattc. (§r vx>ar folglich fein ©enoffe be$ *)3riorö tton
23cc unb frieren (Srjbifchofö tton ßanterburty. CDtefer unzweifelhafte 3n*
tfmm 9fobert3 gibt jebocf) meinet (SrachtenS fein $echt, ben $ern feiner
Slngabe zu bezweifeln, welche bann befte^t, baß Sanfranf einer ber (Srften
war, welche bie $anbcften, eigentliche Duelle be£ römifchen *ßrtoatrecht6,
wieber inö £eben riefen. Unmöglid) fd)eint eS mir, anzunehmen, baß ber
normanntfa^e ßfyrontft oljne guten ^iftorifa^en ©runb, einen SÜJknn, beffen
ganzes £eben fonft ber Geologie unb fira)lia}en Söeftrebungen geweiht war,
mit bem juftinianifchen fechte, folglta) einem fremben ©ebiete, in fo nat)e
Verbinbung bringt, wenn gleich Robert barin fxdt> taufet, baß er ben 23e*
grünber ber (Scfmle tfon Bologna für einen ©enoffen Sanfranfö l)klt.
Ueberbieß bemerfe man, wie harmonifcf; bie Angabe Roberte §u Dem ftimmt,
wa$ ber Biograph über bie SRetf)t3ftubien melbet, welche Sanfranf in fei*
ner 3ugenb machte. Die SBebeutung- Deffen, wa$ Sanfranf für Sßteberbe*
lebung beö römifchen *Recht6 tljat, fann ich erft fpftter in$ ger)örfge Siebt
fe|en, wenn ia) auf bie ^arfgräftn 9P?athtlbe son (Sanoffa §u reben
fomme.
Untterfennbar hat ber (Scfjolafttfuö 33erngar tton SourS feit bem 5lu*
genbliefe, ba er bie £änbet über ba3 Slltarfaframent anfing, in ber Ueber*
Zeugung gehanbelt, baß ber ©feg feiner ©acte öom Beitritte ber Norman*
bie abhänge.2) 3m 3ahre 1049 erließ er an Sanfranf jenes ©abreiben,
in welkem er benfelben für feine Meinung öom heiligen 5lbenbmaf)l zu
gewinnen fuctjte. dx war an ben unrechten 9ö?ann gefommen. ßanfranf
nar)m ben 53rtef in gute Verwahrung, machte fta) auf bie Steife nact) $om
unb legte 33erngar$ Schreiben bem *ßabfte ttor. Die (Surte befaß je£t,
wa6 fte zunäd)ft beburfte, eine Urfunbe, auf bie man eine förmliche 5lnflage
wiber SBerngar grünben fonnte. Von ber römifchen Öfter* ©r/nobe be$
3af)re 1050, welker mit »telen SBifc^öfen Sanfranf al$ Kläger anwohnte,
würbe 23erngarS 2ef)re oerbammt, 3) unb er felbft jur Verantwortung nach
Vercelli »orgelaben. Sanfranf blieb4) ba6 ganze 3<*hr 1050 in ber nüa>
ften Umgebung be$ $abfte3 £eo IX. : ein r)anbgretfltc§er beweis be$ gro*
ßen ©ewichtS, ba3 bie ©regorianer auf ben SBeiftanb be8 $rior6 legten.
SBerngar r)at (tdj nicht ju Vercelli geftellt, angeblich Weil fein $8efa)ü£er,
^önig Heinrich I. »on granfreta), il)n mit ©ewalt jurücf hielt. 8)
6eitbem zeigen ftch beutliche (Spuren, baß Heinrich I. unb 53erngar
einen fchltmmen 5luögang arteten. Der ^önig entfagte5) bem $lane, etn
l) ©a»tp^ ©efd^i^tc beS romif^cn «Hcd^tö im SBlitklalkt , jtoette Sluög. 93b. IV,
19 flg. 2) ©fröret, Rixü). ®efd&. IV, 534. 3) SDaf. 535. *) JDaf. 543.
5) $af. unb 547 flg.
©ftörer, $atfl ©reflorm* vii. 33b. Iii, 18
274
-$abft ©vegonuS VII. unb fein 3eitaltev.
(Sonett fii SourS abgalten, auf bem ofyne 3weifel bw @d)o(aftifuö, beffen
@ä^e $u ÜBercellt sunt jroettenmal verbammt korben waren, fyätte rein ge*
roafd)en werben folTen. Serngar bagegen machte eine 9?eife nad) ber 9?or*
manbie, bereu 3ft>ecf Wn anberer geroefen fein fann, als bort ©onner unb
gute greunbe §u fuetjen. Abermals erreichte er feine SIbftdjt nid)t.
3wei 3ar)re verfloffen, roäfyrenb bereu *ßabft 2eo IX. buref) Späten
ben Seroete lieferte, baß er fein j?nedjt ber beutfcfjen Salier fei, ftd)
ntd?t a(6 faiferlta^eö 2Öerf§eug gegen bie pou'ttfd)e greifet* ber djrtftlicfyen
Söifer be$ SlbenblanbeS brauchen laffe. (Snbltcr; im ©ommer 1053 ftnben
rorr ben (SdjoIafttfuS auf einer britten *Retfe in bie 9?ormanbic begriffen.
(£in glaubroürbtger 3*uge melbet1) hierüber golgenbeö: „im 3al)re 1053
retöte Serngar nad) ber 9cVrmanbie unb verfuebte e$, ben £er§og beö
£anbe3, SSMIfyelm, für feine 3rrler)re ju gewinnen. 51ber fo jung aud) ber
£er$og war, fjieft er fehlem ben ScfyolaftimS fyin, bi£ eine große €tynobe
roeifer Üttäuner in Srtonne (an ber 9frtfe) jufammentrat, weldje bie $t<%i*
reien Serngarö mit fold)er itraft wtberlegte, baß er felbft ntd)t3 meljr vor*
jubringen wußte." £>er einfältige ©cboIaftihtS ift bitter von bem 9?or*
mannen getäufdjt roorben. 3)te 23tfd)öfe ber 9?ormanbte Ratten wiber ü;u
entfcfyteben! konnten bie neuftriferjen, ofyne felbft ben Sflafel ber ^le^crei
auf ftdt) ju (aben, jurürfbleiben? 9?tmmermel)r! 6te blieben aud) nid)t §nrürf!
3)er 3cuge fäfyrt2) fort: „Wiitte Dctober 1053 verfammclte ftd) eine
Svnobe §u ^ßartö, weldie über Serngar, ber, obgleid? vorgelaben, ntdit er>
fd)ienen war, baS Urtfyeü ber 93crbammniß augfprad) unb fobann ben 23e*
fd)luß faßte, baß ba$ fränftfcfye ,£>eer aufgeboten werben unb unter $oran*
tritt beö (Sleruö fo lange ftreiten folle, biö Semgar unb fein 2lnl)ang ent*
Weber ber rechtgläubigen jttrd)e ftcf) untervoorfen fyätte, ober vernichtet fei."
3)er Sertd)terftatter, 5lbt 3)uranb von Sroarn, ber um 1060 befd)rieb,
was unter feinen klugen vorgegangen roar, melbet, baß Köllig ^einrict) I.
felbft e3 roar, ber baS (Sonctl nad) $ari6 berief. 5lber ob ber ^öntg \oU
d)eö auö eigenem Antriebe, ober gelungen burd) Rubere — etroa bie
9)?ad)t ber Umftänbe — tfyat, barüber äußert er ftd) ntdjt. 3d) benfe, 2e£tcre£
roar ber gatf. ^ebenfalls ift Har, baß bie 3)rolnrng ber Umtobe Sßaffetu
geroalt anjuwenben, auf ben Äönig §telte, benn 9?iemanb anberö, als ^>cin^
ria^ I. von granfretdt) ()atte btö ba()in ben <5d)otaftifu0 von ^ourö wk*
terftü^t.
gür ebenfo unjroeife(!)aft Jjalte td), baß bie $artfer ^tre^enverfamm^
lung leine folctje (Sprache geführt baben roürbe, roäre fte nidbt eineö feften
9^ücft)altö verftcf>ert geroefen, ben ifyr nur ber ^ormanuenl)ersog geroäl)ren
tonnte. 3)urd) gura}t vor bem Saftarb von 9?ouen ift ^etnndt) von granf*
*) S)of. 585. 2) 3)af. @. 586 flg.
SBierleß «8itc^. (5a^. 15. «Die garten Sugenbja^re SOßtl^elmd II., bcö (Srpbererö. 275
retcf) genötigt worben, bat (Sdjolafttfttö fcon $our6 preisgeben unb auf
ba6 (Stütf 2utbertfmm, ba£ er 500 3^ *>or bem beutfcf;en £utf)er tu
9?euftrten einführen wollte, tterjiebtett.
9?id)t nur bie Verfettung aller bi$r)er erwähnten 5Xf)atfacr)enr fonbern
aua) 3)a3, waö fettbem gefcbal), bürgt bafür, baß bte (Saaje fo aufammen*
f)teng, wie eben entwtdelt worben. 3m näd)ften %al)T£ naa) ber ©tynobi
oon $art$, im $erbfte 1054, maefote1) itöntg ^einrtet) jenen wütfyenben
Angriff auf bie 9?ormanbte, welcher burd) baö treffen bei Sttortcmer $w
rüefgefd)lagen würbe. Stdjerlid) trieb ben (Eapetinger — neben älteren
Slnläffen be$ £af|e6 — bte SBegtcrbe, 9tad>e für bte 9Me su nehmen,
welche ^erjog SBityelm tn ben Veritgar'fdjen ^cinbetn gefpielt fyatte. 81«*
bererfettS erlangte fett ben legten Verwidluttgen ber $rtor ©oft Vec im
l)öd)ften ©rabe bte ©uttft feinet §er§og3. 2)cr alte SBiograpb erjäl)lt:2)
„buref; bte Verläumbungen eitteö 50töndt)ö , ber bem ftrengen $rtor gram
war, fei einft ^erjog SBilljelm fo fefyr gegen Sanfranf eingenommen wor*
ben, baß er tfnn 33efer)l jufaubte, augenbltcflta) bte 9?ormanbte §u oerlaffcn,
mtttclft eiltet wol)lattgebrad)ten 2Öt$wort3 Ijabe jebod) ber lombarbtfd)e
@elef)rte ben 3om beö Normannen befdnincfytigt.'' 3e§t geftaltete ftdt) baö
gegenfettige Verrjältniß 33eirer anberS.
3)er ^rdubtafon tton Stfteur (abreibt:3) „Sanfranf, ton bem e£ fcfjwer
fagen ift, ob er ftcf? nftr$g burd) umfaffenbe iftenntmß weither unb getft*
lieber SBtffenfcbaften, ober bureb (Stfer für baö 93tönd)tt)um auöjetcbncte,
genoß baS unbegränjte Vertrauen be6 ,£>er§ogS: 2ÖtIr)elm tterebrte tfyn, rote
ein 6of)n ben Vater oerefyrt, er bewuttberte ilitt, tote ein (Schüler ben
rer berounbert, er liebte il;n, rote ein Vater ben Sofyn liebt. 3fym offen*
barte er bte tnnerften ©cbanfen feinet ^er^ettS" u. f. W. Vegretfltd) ift
e$, baß 2ßiU)eIm fold)c ©eftnttung gegen ben sßrtor t)on 23ec fyegte. £at
ntd)t Sanfranf burd) fein Hugee» unb entfd)loffene$ SSenefmten bem 9?or*
mannen bte 9ttöglid)feit ^erfefjafft , als Vorkämpfer be3 (5tuf)le6 *ßetrt ein
brorjenbeS <Sd)t6ma im Meinte ju erfttden, unb ben 5)anf ber $trd)e $u
oerbtenen !
geurtg war btefer 2)anf unb würbe burd) Saaten bewährt. «Seit bem
5lugenbltde feiner (£rf;ebuitg auf ben ©tufyl son Diouen fpattn jener sJDtal*
ger, 2ötll)elm6 Dfjeim, unaufhörlich 9?änfe roiber ben 9?ormantten^erjog.
©leerlief) wünfd)te 2Btlf)elm längft, btefen gefäl)rltd)eit SJtenfcben ^on feinem
l)ol)en Soften entfernt fe^en, unb roentt Bälger bennoc^ (5rjbtfd)of
blieb, wirb c8 nur barum gefa)e^en fein, weil ber §er§og für ftcf) allein
einen Metropoliten ntc^t ab§ufa)affen t>ermoa)te. 3e^t aber fc^Iug 3)Mger3
Oben ®. 263 flg. 2) Vita Lanfranci cap. 3 in SySlcfjevty'S 9(uögabe ber
ffierfe Sanfvonlö, 93orPücf <S. A, b. 3) fDuc^eöne <S. 194, b.
18*
276
^abfl ©regoviuö VII. unb (ein Beitdtev.
(Stunbe. 2Bill)elm bcr Eroberer äußert1) in feinem Seftamente: „meinen
£>f)eim, ben (Srjbtfdjof ffiafyet, ber feine *Pfltd)ten gegen ©ott üerlefcte, an
mir aber ein S8crrätr)er voar, fyabe ify auf einen 23efd>luß beS sßabfteS l)in
feines SlmteS entfefct." Ueber bie näheren Umftänbe ber 2lbfe£uug geben
gleichzeitige Duellen2) Sfoffdjluf: „Bälger, nietjt unberoanbert in ben geiftli*
c^en SBiffenfcbaften, fröfjnte ben Süften beS gleifd)eö, totyrafte baS @ut
feiner Äirdje, unb trotte überbteß ben ©eboten beS ^eiligen SßaterS; benn
vt>ieberr)oIt ttom 2fyoftoltfuS nad) 9fom fcorgelaben, erfefnen er nie. Deß*
voegen berief £er$og 2BtI()eIm mit (Sinroilligung beS *]3abfteS 2eo IX. bie
normanntfe^en Sßifcböfe naa) Sifteur ju einer <5t;nobe, auf roeldjer 53tfcf>of
£ermenfrieb t>on bitten (im SaltiS) als päbftlicber Segat ben $orft£
führte. £>iefe 6tynobe fprac^ baS Urteil ber Slbfefcung über Bälger aus,
§er$og 2öt(r)elm aber verbannte tyn naa) ber 3"fel ©uernfety, roo WlaU
ger noa) einige 3^re unroürbtg lebte, §ule|t aber im 9Jteere ertranf (ober
ertränft roarb)."
Die $erfammlung von Sifteur, roeldje 9Jbfe£ung über 9ttalger tter*
hängte, fanb 1055 ftatt,3) alfo ein 3afjr nad) Seo'S £obe. hieraus er*
fyettt, baß ber $abft fcr>n »or bem Styril 1054 (ba er ftarb,) bie ®nt>
fernung 9MgerS befdt)Ioffen l)atte, baß aber bie 2luSfüf)rung beS 23efd)luffeS
allem 5tnfcbeine nad) auf 6a^roierig!eiten fließ, von roelcf)en ber $3iberfprud)
beS Königs von granfreid) ntdt)t bie geringfte geroefen fein mag. (Srft nad)
ber 6djlad)t tton SDfortemer, bie bem (Sapetinger beir9)?unb fd)loß, fonnte
ber Normanne ttoranfd)reiten. 2)en erlebigten ©tufyl »erlief ber §er$og
an 9ttaurtliuS, einen erprobten 5lnl)änger ber gregorianifeben $artl)ei, roelc^er,
auS einer angefefjenen gamilte beS ^Ijeimfer (SrjfttftS entfproffen, pt Sütttrf)
bie freien fünfte ftubirt, bann im Softer §u «galberftabt — ttielleid)t neben
bem (Sfyroniften Slbam unb 2lbalbert bem naebmaligen (Srjbifcbof von ^Bremen
— baS 5lmt eines 8ct)olaftifuS ober <Sd)ult>orftanbS befleibet, jule^t als
2lbt in einem Softer $u glorenj unb nad) feiner *J?ütffer)r auS Stalten als
5lbt beS 6ttftS gefamp ber ßtretje treue 3)ienfte geteiftet fyatte.4)
(Sin Reiter fird)lidjer 2lft gleicher 5lrt, ber in biefelbe $eit fällt, jeugt
ntebt minber, als ber eben gefcbtlberte, von bem fyoljen 933ertt)ey ben ^3etrt
6tul)l auf bie SBerbinbung mit bem Normannen legte, unb von ber (Sr*
f enntlid)f eit , bie tfnn ber $abft fdjulbig ju fein glaubte. 3d) muß auf bie
@efa)ta^te ber Käufer 3lnjou unb SSflainc ^urücfgreifen. 9kd)bem Heribert,
mit bem Beinamen be$ ^unberoecferS, 1035 geftorben roar, folgte ifym als
®raf von 9J?atne fein minberjäfyrtger ©o^n ^>ugo IL, fo jeboa), baß ber*
felbe unter ber 93ormunbfcr)aft eines ©roßofyeünS Heribert, S3acco juge^
4) Ibid. 657, c. *) Gallia christiana, vol. XI, 28 flg. 3) Ibid. ©. 29 unten.
*) $te «Bereife t»af. <S. 30
93ierte$ Sudj. (5a^. 15. Sie Raiten 3ugenbjaf>ve 2BiU)etm3 IL, beö Eroberers. 277
nannt, ftanb. 2>er £%im wollte bett fOJimbel unterbrüden, btefer fanb
jebod) einen 23efd)üf*er an bcm Äf^ofe von 2e SDtoftS, ©ervaftuS, ber ben
borttgen @tur)l um 1035, als Nachfolger feiltet £%imS SlveSgaub, befttegen
hatte. 2luS $ad)e vertrieb Heribert ben S3tfdbof auS ber@tabt, erft nach
jwet 3ar)ren fetjrte ©ervaftuS, n>ie eS fcfyemt, in golge eines Vertrags
jurüd. Slber balb brachen bie (Streitigfeiten $wifcr)en tf)m unb bem Vor*
münber sm>w Beuern auS. Mun tt)at ©ervaftuS etwas, waS I;eUe^ £tct;t
auf ben @tanb ber $)tttge in granfretch wirft.
@ine gletd;$etttge Duelle fagt:1) „ba ©ervaftuS far), baß Weber er
felbft jtch gegen bte 3umutr)ungen Heriberts SBacco §u fa)ü^en im (Stanbe
fei, noch baß bie trotte <5old)cS ju ffun vermöge, rtdjtete er an ^öntg £eiu*
ria) L von granfretdj ein ©efuet), baS er nie hätte vorbringen follen : näm*
lid) ber Jtönig möge bie DberlehenSherrlichfeit über ben ©tufyl von £e 93?anS
bem ©rafen ©ottfrieb Partei von Stnjou, fo lange berfelbe leben würbe,
unter bem tappelten 23ebtng abtreten, erftenS baß befagte 2ehenSherrlta>
feit nach Bartels Sobe an oie $rone jurücf falle , zweitens baß ©ottfrieb
Partei wäfjrenb feiner Mjeit ben Vtfci)of unb ben jungen ©rafen gegen
©ewalttfyaten Heriberts SBacco vertt)eibtge. $öntg Rehmer) bewilligte baS
©eftta)."
£>te (£a£ettnger gießen gletct) it)ren Vorgängern ben legten ßarltngern
Röntge von gratfreier). 9lber tr)r $önigtfmm beruhte faft allein auf ber
SebenSherrltchfeit, bie fte über bie SBifcfyöfe NeuftrtenS übten. 9htn erhellt
auS obigem Vorfalle, baß ihnen bereits einige Vafallen aud) biefeS lernte
*Red)t unb §war nicht ot)ne (Srfolg — §u entwinben ftrebten. S3ifa)of ©er*
vaftuS hat feinen eigentlichen 3wed nicht erreicht. 3^* Heribert SBacco
würbe burd) bte überlegenen Staffen ©ottfrtebS beS Jammers verjagt unb
als Wthnfy tu ein Softer geftedt, aber ber neue 33efa)ü(3er bet)anbelte feine
©djufcbef Odetten nicht beffer, als eS früher Heribert getr)an. Deß^alb
erfann ber SMfcfof ein anbereS Littel: er vermählte um 1041 ben jungen
©rafen £ugo II. mit Bertha ber 2Ötttwe beS bretagntfa)en §erjogS Kilian III.,
ber 1040 tu ber Normanbie weggeftorben war.2) 2)ie ^ausmacht ber
SBtttwe — fte flammte3) auS bem ®efd)lec^te ber ©rafen von SBfoiS —
follte (Schirm gegen bte Uebergrtffe beS Jammers gewähren.
Allein ©ottfrieb Partei nahm bte Verbindung übel auf unb belagerte
ben (£f)eftifter, ©ervaftuS, in einem an ber £otre gelegenen (Schlöffe, baS
bem 23ifa)ofe eigentümlich gehörte. 3)aS Schloß Wtberftanb $war ben 2ln*
griffen beS «£>ammerS, boch burd) £ift brachte er ben SBtfchof in feine ©e*
walt. Unter einem erheuchelten Vorwanbe lodte er il)n 1042 in fein Sager,
*) »ouquet XI, 135 flg. »evgl. mit ibid. 631 flg. 2) <Sie^e oUn @. 267 flg.
3) S3ouquet XI, 29, a. 244, b.
278
s43abji ©vegortuS VII. unb fein 3eitalter.
nal)iu iljn gefangen unb fyielt fteben 3af)re fang, bis 1049, in £aft.
3m £erbfte beS eben genannten 3af)re$ trat bie oben erroäljnte $r)eimfer
©tynobe jufammen, roelct;e §u ©unften be$ gefangenen ©erttaftuS einfebritt.
sßabft 8co IX. bebrofyte •) bamalS ben ©rafen fcon Anjou mit bem 23anne,
wenn er nid^t augenblidlicb ©ersafiuö entlaffe. SCßirflid) erhielt2) ber@efangene
feine greifet wieber, aber nur gegen äroet fyarte SBebiugungen, roelcbe itym
ber Jammer abpreßte. ©erttaftuS mußte baS Schloß an ber £oire t)er*
ausgeben unb jroeitenS angeloben, baß er, fo lange ©ottfrieb lebe, baS
SBiStfyum Sc -SOtfanS nid)t mebr betreten roerbe. (Ex roanbte ftdj nunmefyr
nad) ber 9(ormanbie §u ^erjog 28ilf)elm, bei bem er gute Aufnahme fanb
unb längere $ät verblieb.
Anfangs ©eptember 1055 ftarb2) Metropolit 2Öibo »on $f)eimS,
jener Simouift, roelcben $öuig ^einrieb I. §u Anfang ber 93erngar'fd)en
^änbel §um fran§öft)d)en &mbcSpabft beftimmt fyatte, unb ber beßfyalb auf
ber €i;nobe t>on 1049 burd) 2eo IX. fyart bebrängt roorben roar.3) 9J?an
begreift, baß bie grage ber 2Sieberbefe£ung bcS erften (Stulls »on granf*
retd) eine Stenge ßcibcnfdjaften aufregte. 2£otlte $önig «Jpeinrict; §k$ ber
sJJiöglid^eit i>etftd)ern, aud) in 3u^unft äb)nlidje fßTfctf., rote ben, ber ben
33emgar'fd)en ^änbeht §u ©runbe lag, burdifüfyren §u fönnen, fo mußte
er bafür forgen, baß ein (Genfer, roie 3£ibo, an beffen ©teile trete.
AnbererfeitS Ratten bie ©regorianer baö größte 3ntereffe, auf ben erlebigten
©tnfyl bcS ^eiligen Remigius einen 9J?ann p beförbern, ber ju ir)rer
s4krtl)ei t)ielt unb jugleid) über bie nötigen Littel verfügte, um etroaige
3(euerungSgelüfte bcS Königs nad)brütflia) jurüdroeifen ju fönnen.
2)ie ©regortaner ftegten: §um 9?ad)folger 2Bibo'S rourbe ©ersaftuS,
ber (Schübling bcS 9(ormannenf)er$ogS, gewählt. £)te Abfielt Riebet roar
tiav : bie enge SSerbinbung, in roeldjer ©erttafiuS mit bem mäd)ttgen Silfyelm
ftaub, follte ben fran^öfifdien Köllig *>on fünftigen Abirrungen aus firet)^
lieber 23af)n §urüdfd)reden. 3m Uebrigen roud)S bie Wafyt 2Bi(f)elmS in
golge ber (Srfyebung beS ®ert>aftuS um baS doppelte: burd) feinen ©d)ü£ting
fonnte er auf ganc* granfreid) eiuroirfen. 23alb geriett) jebod) ber neue (Sr^
btfd)of in eine fdjroierige (Stellung. SBetl er ben ©regorianern feine Stürbe
tterbanfte, fyaben bie ^trcbenpäbfte, roeldje uacb Victor II. ^3etrt €tul)l
einnahmen, burd) häufige ©abreiben ©erüafiuS gebrängt, ber *pflid)ten, roeldje
il)tu feine Erhebung auferlegte, eingebenf ju fein, roäl)renb anbererfeitö ber
fran§öftfd)e §of, bem er gleicbfallö 3ufa9e» gcmad)t ^aben muß, unbe*
bingte Ergebenheit verlangte, ©erüaftuö l)at voäf)renb einer §roölf jährigen
Amtsführung roenig gute ©tunben gehabt.
f) SWanfi XIX, 742, d. 2) Gallia christiana IX, 68. 3) ©fröret, Ähc^.
©efc^. IV, 520. 526.
aSierteei 23udj. @a£. 15. £>ie Raiten Sugenbjaljrc ffiitfjelmg IL, beö ©vo&everS. 279
Daö von bcr *Rf)etmfer «Styltobe beö 3af)r3 1049 auSgefprodjene $er*
bot wiber bte 23erbtnbung SÖülieunS mit 9ftatr)ilbe tt>at ntdjt §uriufgenommen
warben: gtetd)Wor;l vermalte ftc£> bcr Normanne im näcfyften 3at)re nact)
beul ©turje SÜtalcjer'ö unb ber (Srfyebung beS ©ervaftuS — 1 056 0 — mit
bcr gtamänberin. (Sr fd)ctnt gehofft $u fyabcn, baß $etrt 6tul)( §u ber
voUenbeten $r)atfad)e fcbweigen werbe. Allein er l)at ftct) verrechnet. $)er
alte 23iograpt) SanfrancS berichtet,2) wegen ber (St;e SBilljelmS mit 9J?atl)i(be
l)abe ber bamaltge *ßabft bte ^ormanbte mit bem 3nterbt!t belegt. 5luf
Sßetrt ©tutyl faß vom 2tvrti 1055 bis (Snbe 3uK 1057 Victor IL, er muß
e$ alfo gewefen fein, ber ben fraglichen SSann verhängte. Sffun wiffen wir,
baß Victor II. ein «ftatferpabft war, nnb nod) mefyr,3) „baß er bte üttönd;e
b. f). bte ©regortaner — gar ntebt Hebte," fo wenig als fem 33robfjerr,
ber 6alter, ^einrieb HL 2lu3 9iüdftd)t auf ben beutfd>en ^atfer ober auf
ben fran§öftfd)en Äöntg wirb Victor, bte 3)rof)ung £eo'6 IX., eines ganj
anberS gefilmten s$abfte$ erfütlenb, bem Normannen 2ßilf)elm, ber „§u ben
SÄondjett t>iclt", entgegen getreten fein.
s2lber batb nad) $tctor£ $obe würbe ber (Stein beS $(nftoße3 in einer
für ÜEBüljelm befrtebtgenben Seife befetttgt. 2)er SBtograpf) fäfyrt4) fort:
„alö ©efanbter beS «£>er§og$ ging ßanfranc nad) $om ju $abft SRifoIauä IL,
um bie fircfylicbe ©enebmtgung ber @f)e SßtlbelmS mit 9)?atf)ilbe au^uroir-
fen, unb er erreichte fernen 2>xved. 3U berfelben 3nt, ba ber Cßabft ben
€d)olafttfu3 S3erngar §um SBtberrufe $wang, (b. I). auf ber £)fterftynobe5)
be3 3al;r3 1059) fyob er ben 33ann auf unb gab ber ßt)e bte 93e*
ftätigung unter bem S3ebtng, baß ber §er§og unb bte ^er§ogtn als 23uße
je ein SHcmnS* unb ein grauen^tofter grüuben feilten. /y 2)te r)er$ogItcf)e
gamtlie fäumte niebt, ba3 @ebot beS ^?abftö §u vottftreden. (£r unb fte
grünbeten in ber SBorftabt von (Saen jwet Softer, bereu 23au 1063 voll*
enbet warb,6) worauf 2&ttl)elm §um 2lbt be6 einen ben bisherigen ^rtor
von 53ec, Sanfranc, erfyob.
3)er enge 33unb mit ben ©regorianem l)at , rote man fter)t, bem 9?or*
mannen überreiche gritebte getragen, €>etnerfeit$ war auet) SBiltjelm banf*
bar; er ftrebte bie geneigte ©eftnnung beS 93^öncbti)um^ $u bewahren, ju
fteigem. Unverkennbar fdt)rt>ebte it)m ber $tan vor, ben (Staat fo ctn§u*
rtebten, baß bte Verwaltung ber ^ormanbie nad) 9)?ögltdt)feit ben von Slugtu;
auS verbretteten 3*>eaten entfprad). 2)er 2lrd)ibiafon von Stfteur fagt:7)
„ütbem 2Öitt)elm mit Waffengewalt auswärtige getnbe ferne von ben ©ränjen
l) SMefeS 3af;v nennt bie S^ronif »on Xoux8 , S3onqnet XI, 348, b. 2) Vita
Lanfranci cap. 3. Opera Lanfranci ed. d'Achery, 93orftü(J <S. 4, b. unten. 3) 3)en
SSetoeiö bei ©frörer, ßtrdj. ©efc^. IV, 606 o6en. 4) 9t. a. £). @. 5, b. 5) <Sie^e
S3anb I, 592 flg. 6) SWabidun annal. ordin. S. Benedict! IV, 642. 7) 2)uc^eöne
@. 193, b. flg.
280
^abft ©vegorutg VII. unb fein 3eitalter.
hielt, im 3nnent 9fafrut)r unb 9taub mfynUxte, richtete er eine wahrhaft
chriftltcbe £)rbnung auf. 3e tiefer ber grteben war, ben baS Sanb genoß,
befto weniger würben bie h. ©ebote ber Religion Verlebt. Niemals unter;
naf)m er einen Ärteg, ber nicht geregt gewefen wäre, Durct) bie ftrenge
5iufftcht, bie er führte, burch bie trefflichen ©efefce, bie er gab, verfcrjwanben
in ber 9Jormanbte alle groben Verbrechen, wie SRaub, £obtfchlag, ©tft*
mifa^erei. ©ewtffenhaft würbe ber ©otteSfriebe, ben man Sreuga nennt,
gehanbr)abt, biefe eble Einrichtung, gegen welche 2Mbr)ett ber Bewohner
anberer Mnber fo oft verfloßt, ©ütig tycrk ber §er§og bie klagen ber
28ittwen, ber SBaifen, ber Firmen an, betrieb tr)re Angelegenheiten mit
Sßarme, f Raffte ifyitett rütfftchtSloS gutes Stecht, jletn ©ünftling beS £er;
SogS, fein Mächtiger wagte ben SÖtafftetn beS armen 9lact;barö ju ver*
fernen, ober fonft frembeS Eigenthum anjutaften, benn gurcfyt vor ber uner*
btttltchen ©erechttgfett SMhelmS jügelte jebe böfe SBegterbe. Dörfer, (Schloff er,
©täbte genoffen ihrer eigentümlichen fechte, an benen nie gerüttelt würbe.
Stufmerffam unb mit Erbauung ventaf m er bie *ßrebtgt beS göttlichen SöortS ;
eS freute ihn, burch fte Nahrung für feine (Seele &u empfangen, gebeffert,
belehrt ju werben. Wlit gebüf)renber (5l)rfurc§t genoß er baS ^eilfame £)pfer
beS SlltarS unb baS Sölut beS §erm, feft überzeugt von ber 993ar)rr)eit
beS ©laubenSfafceS, baß ber 2ßetn unb baS 33rob beS SIttarS, fobalb fte
burch 2ßort unb £anb beS sßriefterS ber h- $orfchrift gemäß gefegnet fmb,
in baS wefentjafte gleifch unb baS wefenljafte SBlut beS ©ottmenfehen [ich
verwanbeln. Die 2ßelt fenut ben Eifer, mit welchem er jene $e£erei,
welche baS @egentl;eil ju behaupten f t cf> erfrechte, befämpft
unb »ertilgt fyat. täglich wohnte er ber h- SD^effe an. ES fehlt ntebt
an Söetfpielen, baß Mächtige ber Erbe Verbote erlaffen, Kirchen innerhalb
ihreö ©ebtetS ju erbauen, ober folche bte fcr)on erbaut ftnb, §u befchenfen,
ja Manche freuen ftch nicht, aus unerfättlichem ©eis Äircbengut §u rauben.
9ficht fo ^erjog 2Bilf)elm. Er l)at nicht nur felbjt unzählige Kirchen er*
baut unb reichlich auSgeftattet, fonbem auch ftetS feinen Unterthanen volle
greirjeit gelaffen, fromme <5ct)enfungen §u machen. Unter ihm füllte (ich
bie -ftormanbte mit ^löftern, XfytiB burch feine eigene ©roßmutr), thetlS
burch baS 33etfpiel, baS er $nbem gab" u. f. w.
Sttan bemerfe, wie ftarf ber 2lra)ibiafon ben Eifer betont, ben §er§og
Wilhelm im Kampfe gegen bie $e$cret SBerngarS bethätigte. Ü)iefer Er)ro*
ntft, ber SMhelmS Eapellan gewefen ift, fannte bie ©eheimniffe feines
§errn. Dann wie merfwürbig ftnb bte @eitenf)tebe gegen gewtffe Mächtige
ber Erbe! Sllfo fchon im 11. Sährfmnbert gab eS gürften, bie aus ftaatS*
Wtrthfchaftlichen ©rünben ober vielmehr, weil fte baS ©ut ber Unterthanen
als ihr Eigenthum betrachteten, bem ^Bürger, 33auer unb Ebelmann ver*
boten, Kirchen §u befchenfen. 3e genauer man in baS Siefen beS Littel?
Eiertet 93udj. (5ap. 15. £>te garten Sugenbjatyre «Eßil^clmö IL, bcö Eroberers. 281
altert einbringt , befto mefyr wirb offenbar, baß e$ jla) b(o$ burdj äußere
gönnen von ber jefcigen 2ße(t unterftfueb. 9?ur baS ,£leib ber 3ar)rfmn?
berte roed)feft, niajt baö 2Befen.
SHMlfyelm ber Eroberer berührt1) in bem fogenannten Scftament al)\\*
ftcf>e Satten, tvie ber 2lrd)ibiafon : „9fte fyabe tcf> bte ^tre^e ©otteö, unfere
9J?utter, ttijfentft$ gefr&nft, fonbern biefelbe nacb Umftänben ftete gebittyrenb
geefyrt. sJh'e verfaufte ta) geiftlicfye Stürben, fonbern verabfanuite ftetS bte
(Btmonie. 33et 2lnftellung ©etftfict>er nafym td) verfönltd)e$ $erbtenft, 33er?
ftanb unb 9©tffenfa)aft jur 9?icbtfcbnur, unb fo viel an mir voar, »erlief id)
Ätrd)enämter immer an ben 2ßürbtgften. 23eroet3 möge btenen, baß
icb Sanfranc auf ben @r$ftur)l »on Eanrerburty beförberte, Slnfclm §um 5(bt
von 93ec, ©erbert jum 2lbt von gontenette, £>uranb §um 3tbt von Sroaru
erfjob. 9?eun ^on^öflöfter unb ein grauenhafter, bie tfyre ©rüttbung
meinen Slfmen verbauten, Ijabe idj au6 meinem 6a)a^e mit §ülfe ©otte$
erweitert unb bereichert. Sßäfyrenb meiner t)erjog(icben 9ßerroaltung ftnb im
©anjen 17 9D(ann3* unb 6 grauenhafter neu gegrünbet voorben."
SStettetcbt mit 33ejug auf biefe ©teile be$ £eftament$ füfyrt2) ber SJcöncf)
von 3umiege$ eine 9Jetr)e von Abteien einzeln auf, bte enhveber ber «£>erjog
felbft ober bie, feinem ^orbtlbe naduüfernb, normannifax Marone ftifteten.
3m Saufe ber 31 3af)re, roafyrenb roelaxr 2£ttt)e(m, Dfobertö ©ofyn,
bie 9?ormanbie alö £er$og ber;errfcr)t l)at, ift bie UmVragung beö ^Begriffs
„5Mgot" voHenbet Horben. Anfangs alö ©dnmpfroort gebraust, erhielt e$
ben ©mn ganj(ia)er Ergebenheit für bie $trd)e. 5tud) ttrirb je£t begreif?
lia% ba(j unb roarum bie ©regortaner, a(6 e$ ficf> barum fyanbefte, Eng?
lanb vor greulia^er Erneuerung beS SBtfmgervoefenS ju betvafjren unb bie
3u!unft ber 3nfel bauernb ju fta^ern, tfyre 51ugen auf ^öil^elm ben 9for?
mannen richteten.
•) Ibid. @. 658, d. flg. ') Ibid. <S. 278 flg.
282
Sßabjl ©regoriuö VII. unb fein ßeitatter.
%ed))ei)\\U$ Capitel.
Anfange be$ legten angelfächftfchen Röntge (Sbnmrb beö 93efennerö. ©efchichte (Sng--
lanbö im Saufe bei Slafyre 1042 biö ju (Snbe 1051. Q3ebingungen, bie bem @orme
Crthetrebg burch ben @arl ©obroin aufgenötigt rourben. (Sbroarb muß bie ©ered)--
tigfettpjftge bem 3lbel preisgeben, muß ben (Sari unb feine (Söhne mit ungeheuren
Sehen auSfiaften , muß bie Tochter ©obloinö ehelichen. 2)er unterbvücfte jtönig
7ud)t eine ©tütje an Hermannen, bie iijn entroeber nach (Snglanb begleiteten, ober bie
ev fpäter tjtiaübevvtef. SDie anfehntichften ftütjrer biefer ^art^ei. (Solonie ber auö
Qrnglanb verbannten ©egner (Sbroarbö, welche ju 33rügge in $Ianbern entfielt.
9lucr) bie freie Verfügung über bie 23igUjümer, roelche bem Könige burcr) ben ffia^l*
»ertrag jugeftchert rcorben roar, fucfjt ihm ©obroin unb fein Slnfyang ju entreißen,
©rfieö Berroürfniß grütfcfcen bem £ofe unb bem übermächtigen (Barl. <Sn>en, ©obnunö
eof;n , roirb roegen eineö groben Verbrechend auö bem Steidje perbannt, aber in
bürgern muß (Sbroarb benfelbeu jurücfrufen , unb jule^t feine ^^n9^^ entlaffen.
93ermäf;tung beö ©rafen (Sufiachiuä pon S3outogne mit ber £albfcr)wefier beS Königs
(Sbroarb, unb Steife beffelben nach ©ngtanb. ©rünbe biefer Steife. S3Iutige £änbel
gu 3)oper. (Smpörung ©obnung unb feiner ©ohne. Verbannung berfelben au3 bem
deiche; auch bie Königin, ©obroinö Tochter, roirb Perfloßen. (Srjier 93efuch, ben
£erjog SGBilhetm von 9iouen in (Snglanb ahfiatht.
Unzweifelhaft fyat1) ^arbifnut, ber le£te englifdje ^ntytlinger, für
ben galt, baß er felbfi ofyne männlidje £etbe6erben fterben voürbe, feinen
altern £albbruber Abwarb §um 9iad;foIgcr beftimmt. ©leid)rool)l gelangte
(Sbvoarb nad) ^arbtfnntö Sobe nta)t ofyne ©dntnertgfeit auf ben Stroit.
2Bettfc^td)ttge Unterfyanbluugen fanben ftatt: bte Slnfänge (Sbroarbö ftnb
bunfet, namentlich f)errfd)t Streit über bte grage, ob er fiel) §u ber tyit,
ba ^arbtfnut »erfd)teb, bteffet'tö ober jenfettS beö $anale£ befanb? £)aß
er voäfyrenb ber breiiäfjrtgen Regierung beS legten jtm;tlingcr$ auf beffen
(Sinlabuttg l)tn (Snglanb befugte, ftef)t feft, aber biefer SBefud) fann mög*
ltd)er 2ßetfe fur§ gebauert f)aben, unb eö ift benfbar, ja fogar roal)rfcr>ein*
lieb, baß (Sbroarb nad) einiger Sät voteber tu bie 9?ormanbie, feinen ge*
voöl)nlid)en 5Iuf enthalt, jurüdfetyrte.
2Büf)elm tton 9Mme$fam;, ein guter 3™ge über ben beginn ber
Regierung (SbttarbS, f:prtd)t an einer ©teile fo, als ob er ttorau6fe£e, baß
(Sbwarb beim £obe ^arbtfnutö in ©nglanb voetlte. @r fagt2) nämlid):
„^bivarb fei, auf bie 9?ad)rict;t »om Sobe ^arbifnutö, unfd)lüfftg geroefen,
waö er tfyun, ob er bie ^ad^olge annehmen folle, ober nia^t, §ule^t l;abe
er fta) p @obroin begeben unb benfelben gebeten, i^m beijufte^en, baß
er (ßbroarb) u?ieber in bie 9formanbie jurücffcl^ren möge." Allein genau
befe^en, beroeiöt biefer ©a£ bod) nid)t, baß Abwarb in ©nglanb anwefenb
l) (Siehe oben @. 100. z) (Sapite ©. 80 obere SDtitte.
93terteö *8uc$. &ap. 16. Qngfonb unter (|bto>arb, bem 93efemier, toon 1042 — 1051. 283
war, afö £arbtfmtt ftarb. Ü)enn aud) t>orauögefc^t , Abwarb r)abe In ber
^tormattbie bte jfrtnbe vom £obe ^arbtfnutö empfangen unb fei nun erft
nad) (Snglanb fyinübergeretet, ift eö fcfyr gut möglid), baß er, brüben äuge*
Fommeu unb burd) bte gorberungen, bte man an tf)n ftellte, gefd)retft,
ben 2ßunfd) auSfprad), bte angebotene trotte ntd)t atipmefymen, fonbcrn
lieber nad) ber 9?ormanbte umjufefyren.
3)er 5lrd)ibtafon von Stfteur, ein 3e^3enoffe / ber a^ ßapellan be$
Normannen 2Bill)elm über bie bamaligen 23erwitflungen treffliche 9?ad)rid)tett
erhielt, behauptet beftimmt, baß (Abwarb §ur Seit, ba ,§arbifnut vcrfd)teb,
nid)t in (Snglanb, fottbem in ber 9?ormanbte ftd) befanb. „Unterfyanblitngen,''
melbet ') er, „an betten ber junge §er§og 9BtI|e{m lebhaften 91ntl)eil mfyn,
mürben nad) ,£>arbtnutt$ £ob §wifd)en (Sbwarb, unb ben angelfäd)ftfd)en
©roßen gepflogen. 3n golge berfelben erHärten ftd) ßc^teve bereit, Abwarb
al£ Köllig anjuerf einten unb nun erft ging (Sbwarb, begleitet von einer
f leinen ©cbaar bewaffneter Normannen, nad) (Snglanb hinüber. 11 Ü)ie 2lu6*
fage beS 5lrd)tbtafon3 wirb burd) einen 2lngelfad)fen u)etl3 beftättgt, tfyeilS
ergänzt, ^einrta) von Huntington erjäl)lt:2) „nad) bem £obe HarbtfnutS
fd)idteu bie 5lngelfacbfen an (Sbwarb in bie 9(0tmanbte ©efanbte fammt
©eißein, welche tl)tt aufforberten, mit wenigen sJiormannen nad) (Snglanb
l)tnüberjufommett, wogegen fte tt)n auf ben Sfyron §u ergeben gelobten.
(Sbmarb ging auf ben Eintrag ein, erfetten nur von wenigen Normannen
begleitet, unb warb nun von allem SSolfe $um Könige crwä'blt."
2llfo bie geringe 3<u)l bc3 ©efolgS, weld)e aud) ber 2lrd)ibtafon von
£ifteur hervorhebt, war eine ber 93orbebingungcn unb $war bie erfte, weld)e
bie 5lngelfad)fen mad)ten, wenn Abwarb tt)r ßöntg werben wolle. 23ci
btefem (Sachverhalt rätt) ber gefunbe 9Jceufd)enverftanb, obige (Stelle 2£i(l)elm$
von 9Mme$burv; fo p beuten, baß fte mit ben 3™gniffen £einrid)6 von
Huntington unb beö 2lid)tbtafonö von Sifteur übereinftimmt. 2)te jweite
(Srflürung muß alfo angenommen werben.
Heber ben weiteren Verlauf gibt 3) 2Btll)elm von üDfaimeSburty 5luf*
fd)luß. 9cad) feiner 3)arfteüung, für welcbe bte 9?atur bamaliger 93erl)ätt-
niffe, fomte ber Erfolg bürgt, warf ftd) (Sari ©obwtn, bem Thronbewerber
gegenüber, $um Vertreter ber englifchen Nation auf, unb ein wahrer £anbet
über bie trotte fattb jwifcfcen beiben <£tatt ©obwtn, ber 93cörber 5telfreb6,*)
ber ftd) unter (Sü)elreb unb ben Än^tltngern attö ntebrtgem (Stanbe von
(Stufe §u (Stufe aufgcfd)mungen l)atte, erflärte bem (Sor)ne ber (Smma runb
herauf, bloß mit fetner Uttterftü^ung tonne er baö ^önigthum behaupten,
biefe feine Hülfe werbe er aber nur bann gewähren, wenn Abwarb \i)n
l) Sutane <S. 181, c. d. 2) (Sattile <S. 365 Witte.
obere SWitte. 4) <§te§e pfcen ©. 51 flg. 97.
3) ®$t\k @. 80
284 $a&fi ©vegorittg VIT. unb fein 3eitalter.
felbft in fyot)en (Efyren halte, metter wenn er ©obwinS (solute jn ben erften
Stürben be3 9teid)e3 beförbere, enblidj wenn er ftch entf fließe, ©obwin$
£od)ter iabgtytfy« ju etyelfdjen unb mit tyx ben %$xm §u feilen. ,,9?otl)*
gebrungen," fft^rt.1) 2£ilhelm von 9Mme3bun) fort, f/6evotüiQte (Sbwarb
5llleS, wa£ ber (Sari begehrte."
Sir fennen jefct eine $r»ette 23ebingitng, unter welcher (Sbwarb bie
engltfcfye $rone erlangte. (Sr mußte SBort galten. 9J?acht unb £ef)en
®obwin6 würben außerorbcntlid) vermehrt. „£>a$ gräfliche ©ebiet ©ob*
win3," }agt2) glorenttuS von Sßorcefter jum Sahre 1050, „erftredte ftcf)
über $ent, ©uff er, SBeffer." (Sbcnfogut erging e$ feinen 6öf)nen. glo*
rentiuS fäJ>rt fort: ,,©obwinö(£rftgeborner, ©wen, befaß £)rforbfl)ire, ©lofter,
^eveforb, ©ommerfet, S3erf fJ>ire ; ber 3weitgeborne, ^aralb, erhielt al$
feinen Slnthetl bie SBejirfe (Sffer, £)ftanglien, Huntington, ßambribge." ©ob*
wtn fyatte noch vier jüngere 6ölnte, Softig, ©urtl), £eofwtn unb $Bulfnotr),
von welchen fpäter bie 9iebe fein wirb. 2lucr/ ba6 33erf^rect)en, betreffenb
©obwinS Socbter, ^at (Sbwarb erfüllt, er ehelichte richtig bie (Sabgtth.
Ueber bie $erfön(ia)fett ber Scheren liegen wiberfprechenbe 3wgntffe vor.
(Sin jüngerer 3e^9e»offe, von beffen 5luf§etd)nungen, wie e$ fcheint,
SBruchftüde in bie (Sfjronif übergingen, welche 3ngulf3 Tanten trägt, be*
richtet:3) „(Sgitlja, ©obwinS Softer unb ©emaljlin beö jlönigö (Sbwarb,
war au6nel)tnenb fa)ön, in ben SKiffenfa)aften wof)l erfahren, feufch, be*
mittag, an ©tnneöart von tt)ren 23rübern unb bem $ater verfärben, fanft,
befcrjetben, treu, aufrichtig, 9?iemanben fetnb. £>ft faf) ich fte, ba tcb al£
•finabe meinen Spater, ber am £ofe weilte, §u befugen pflegte. 6te fragte
mid) bann über bie Aufgaben, bie ta) für bie (Schule machte, prüfte mid)
in ber ©rammatif unb Sogif, ließ mir ^äuftg burdj if;re 3ofe 3 — 4 ©elb*
ftücfe reichen, ftärfte mtct) au$ ber ©peifefammer be£ §of$ unb entließ
mich fo nac^ £aufe." (Stwa3 anberö lautet4) bie SluSfage 2Bilhelm3
von 9)?almeöbun; : „ber ^opf (SgithenS war eine Sftüftfammer von (E>cr;ul*
rotffen, aber in weltlichen fingen befaß fte wenig SBerftanb, unb wenn
man auch ihre @elef)rfamfeit anerfennen muß, fo fehlte e£ ihr an 23e*
fa)eibenheit unb nocb mehr an $ei§en beS jtör:pcr6." SOfeincö (Srad)ten$
»crbient Sill)clm von 9JMmeSbun; mehr ©lauben alö 3ngulf, unb jwar
au£ bem ©runbe, weil SBlauftrümpfe, beren 3unft ©obwinS Tochter, laut
bem 3eugniffe S3etber, angehörte, in ber 9?eget auf gelehrte ©rillen beßhalb
verfallen, um mangelnbe ©cbönheit be$ Seibeö burcb angeblichen ©lanj be$
©eifteö §u erfer^en.
53on allen Saften, bie bem Röntge (Sbwarb bura) ©obwin auferlegt
*) «Sattle <S. 80 obere SWttte. 2) Plores histor. @. 627 oBen. 3) (Sattle
905 Witte. 4) Ibid. <S. 80 gegen nnten.
Stertes 93ud). ®ap. 16. (Sngtanb unter (Sbtoavb, bem 93efenner, »on 1042—1051. 285
mürben, fcfjeint ifnn bie ^Bermäfylung mit <5abgv>tt> bie roibervoärtigfte ge*
roefen 31t fetn : er r)at fte nie berührt,1) unb feine @r)e mit tyr blieb eine
normännifc^e. 2)te 23efti$ungen, meiere ber (Sari unb feine (söfute ftd) t>or*
behielten, umfaßten bie reifere unb größere ^älfte (SnglanbS. golgtict;
waren fte unb nia^t Abwarb Herren auf ber 3nfel. 2Ötlr)e(m »on 9Jial*
meSburt) fagt:2) „©obvoiu unb beffen @öf)ne maßten ftcf) gleicbe ©evoalt
mit bem Könige an, oerfpotteten l)äuftg (Sbroarbö (Smfalt mit beißenben
SBitjroorten. " 9Jteine6 (SracbtcnS roar e$ oon Anfang an ©obroinö *pian,
nacb (Sbroarbö $obe ober Sturze, ftcf> ober feinen ©b'fynen bie Ärone Qmg*
lanbg §u wfdjaffen. 2lbgefer)en oon bem roirf liefen @rfolg, laffen 9J?af ^
regeln, rote bie oben berichteten, feine anbere Deutung ju.
28ie nun? follten bie übrigen ©roßen ©nglanbS, roär)renb ©obrotn
unb beffen «Sölme fo tapfer Zugriffen, nia)t aua) für ftcf) geforgt baben!
©eroiß gefebaf) bieß. Saut 2lu$fage 3) be3 glorentiuö fanb eine 2Öaf)toer*
fammlung in ber ^auptftabt Sonbon ftatt. 33egügUcf) biefer SBerfammlung
berietet1) Sßilfyelm oon 9Dialmegbnn; : „burd) feine SBerebtfamfeit fegte
©obrotn bie (§rf)ebung (SbroarbS burd). $tete gaben tr)m tr)re ©ttmme
au$ Sftüdftd)t auf baö f)or)e 2lnfef)en, ba6 ©obroin genoß, Rubere beftoc^en
burd) ©obroinS ©efcfyenfe, Slnbere enblicb, roeil fte (gbroarb für ben reebt*
mäßigen (Srben gelten, unb nur 3Benige roaren e6, bie ber)arrltdt) ber
2Babl rotberfprad?en: Severe rourben Hadder auS bem Cetebe verbannt/'
Die 93erebfamfeit, roelcbe ©obroin aufroanbte, roirb babin gerichtet gevoejen
fein, bie 93ortr)eilc r)eroor§ur)eben, roelcr>e jeber bureb bereitwillige Unterftüjumg
ber 2Baf)l (SbroarbS erringen fönne.
SBorin beftanben biefe 9Sortr)etIc ? icb ftnbe bie Antwort in einigen
Sorten, welche 2Öilf)elm tton 9Mmc3burty fyinroirft:4) „jroei große Mängel
fyaben ben 9tubm ber Regierung @broarb$ tterbunfelt: erftlid) bie 6d)led)tig*
feit ber ©erecbttgfettfcflege , §roetten$ Verfall unb 93erroatfung ber Softer,
greunbe be6 Königs behaupten jeboeb, an Leibern fei n\$t (Sbroarb
felbft, fonbern bie 23o3f)eit @obroin6 unb feiner 6öfme fdntlb geroefen."
2Bte überall fonft, fjatte aud) in Gmglanb jeber 53e§trf beg *Reid;e$ fein
©ertebt. 2ßenn nun bureb ©obroinS unb feiner (£öl)nc 23o$f)eit bie ®e*
rec^tigfeitpflege in gan§ (Snglanb fcerfanf, fo ftnb, fa)eint e6, nur §roet
9)ioglic^fetten benfbar : entroeber fyatte ber Äönig im ganjen $eicb baö
ritterliche Slmt ber gamilie ©obroinö übertragen, ober ift eö burc^
©obromS verberblicben Einfluß gefa)el)en, baß bie ©eric^te jtoar in ben^
felben £cmben blieben, rote früher, aber üon 9?un an ungerecht oerroaltet
vottrben. ^rftereö fann niebt ber gall geroefen fein, benn attßerbem, baß
l) Ibid. @. 80 gegen unten. 2) Ibid. 81 oben. 3) Ad a. 1042. Flores
histor. <S. 624 mitk. 4) St. a. O. <£. 80 oben.
286
$abft ©regortüS VII. «nb fein Seitalter.
nirgenbS »on Uebertragung ber ©ertöte an ©obwinS £auS bie 9^ebe f ft,
würbe. eine folct^e .Maßregel bte anbern (Sarle nnb ©rafen, bencn vermöge
uralten $erfommert$ bte Rettung ber ©ertd)te juftanb, nicht gewonnen,
fonbern »telmehr erbittert haben, folglich muß man ben aweiten gafl an*
nehmen.
Genien wir uns, baß vermöge eines befonbem 3u9eftänbntffe^ , baS
©obwin »or ber 2öar)I bem ©ohne ber (Smma abpreßte, bie ©ertöte fammt
ben 93ußgclbern gan§ ben Marlen überlaffen würben, baß ferner ßbwatb
bie fonft übliche ^Berufung an ben foniglidjen Dberrjof »erbot: fo ift $HeS
erflärt. Segreiflicher Seife legten bie (Sarle großen 2öerth auf eine
Neuerung, bie ihnen bebeutenbeu guteadiS beö (SinfommenS unb ber ©c*
walt tterfpracb, gießen bafür bie Erhebung (SbwarbS gut unb fuebten feitbem
ben errungeneu SBortfyetl emftg auszubeuten. 2)te golge mußte fein,
was 2Bilf)elm üou JDcalmeSburty melbet, nämlid) baß bie Rechtspflege in
Verfall gerietf).
(£benfo wie mit 93erfchled)tcrung ber ©ertdjte, »erhielt eS ftcb mit
$erwaifung ber jtlöfter. 3)te 3^ten 3)unftanS waren noa) nia)t sergeffen.
deinen ©tanb l)aßte bie 2lriftofratte fo grünblich, als ben ber Sftöiute,
wela)e ttor biet 9J?cnfd)enaltcrn in ben £agen beS glorreichen (Srzbtfd)ofS
tm (Santerbun; ben §lbel genötigt Ratten, ftet) ftaatlid/er Drbnung p
fügen. 3cr3t, ba bie Herren mit tr)ren wahren ©ebanfen herttorrüden fonnten,
folltc bie @elegenl)eit betrügt werben, um wiber bie ©egner einen »er*
nid)teuben Streich §u führen. Die «ftlöfter, über beren 2kröbuug $&\U
beim »Ott SDialmeSbim; Hagt, waren über alle ober bod) bie meiften ©raf*
fd)aften beS Reichs jerftreut, folglich müffen $iele bei bem Serfe ber 23er*
waifung geholfen haben. 2)aS f^ißt, meines Trachtens, (Sbwarb ift ge*
nötl)tgt worben, bte Abteien ben Marlen unb ©rafen, in bereit 2lmtSbe*
jtffen fte lagen, preiszugeben. 3n ber %t)at würben manche ol)ne Weiteres
unter allerlei 33orwänben eingebogen, l) bei anbern wählten bie getreu einen
Umweg, ber baS ©ehäfftge ber %l)at wfeb, ja fogar geftattete, ben Raub
mit fchetnheiltgen Steden zu befchöntgen.
(Sin beutfd)er 3^3°/ welcher 3etrfJ™t>ffe 2ßt^elmö beS Eroberers
unb überbieß beffer unterrichtet ift, als bie große 9M)r&aI)l angelfächftfcher
(%otttftcit, Slbam tton Bremen berichtet:2) „nad)bem 2öill)clm ber SBaftarb
1066 (Snglanb erobert hatte, vertrieb er, um bie »on ben 5lngelfad)fen be*
letbtgtc Sache ©otteS §u räd;en, faft alle (Slertfer unb Mönche, welche ohne
Regel lebten, auS bem Reiche." 5llfo wäl)reub ber Qtit, weld)e ber @r*
oberung unmittelbar voranging, b. I). nnter Jtüntg Abwarb, war 3u$t unb
4) man öevgl. bie 93eij>tele, ivelc^e Sngulf jum 3^re 1046 (<Satnle <S. 895 «Witte
folg.) aufführt. 2) Gesta hammaburg. in, 51. $ev| VII, 356.
JBtcrteö 93ud). (5a}>. 16. (Snglanb unter (Sbtoavb, bem QSefenner, von 1042 — 1051. 287
Drbnung in ben ^löftern (EnglanbS gönntet) verfallen. SBofyer fam bieg?
meines (SracfytenS bafyer, n>etC bie weltlichen Herren, in beren Rauben bie
Abteien ftcb befanben, ben böfen SBegierben ber üftönebe Saum u"b 3ügel
febießen ließen. SD? an verleitete bie jüofterbrüber, bura) 3u*t(oftgfeit ftd?
felbft veräcbtlicb $u macben, bamit man bintenbrein l)encb(ertfd) fagenfonnte:
folebe Auffalten verbienen niebt länger §u befielen.
(Abwarb ift in ber SRormanbie erlogen korben, reo bamals bie Jüicbe
in r)of)cn (Sfyren ftanb. Sobann beweist ber Beiname beS SBcfennerS, welcben
ib;m bie Mitwelt gab, baß er für einen guten (Sänften galt. Unter bieten
Umftänben ift \\\(bt 31t bezweifeln, baß er nur mit Siberftreben bie gc*
forberte Aufopferung ber jtlöfter jugeftanb. Sollte er aber nicbtS getrau
foaben, um von irgenb einer anrern (Seite ber ben @efaf)ren, roelcbe ber
Religion brof)tcn, vorzubeugen? Saut ben Angaben ber angeljäcbftfcben
(£f)romfen ftnb faft alle (Siedler, roelcbe (Sbwarb in ben erften 3af)ren feiner
Regierung auf 93iStl)ümer beförberte, vor il)rcr (Erhebung fönigltcbe (Eapel*
laue gewefen. 3ct) jiet)e barauS ben Scbluß, baß (Sbwarb bei ben $er*
banblungen, welche vor ber Äönig$waf)l ftattfanben, bie SBefeijuug ber
^iStbümer ftdj vorbehielt, unb baß er buret; auSfct;ließlicbe 93eförbentng
fötaler geiftlidjen Bewerber, bie it)re Sreue gegen ben $r)ron erprobt Ratten,
ben verberblichen Einfluß ber weltlichen Ariftofratie breeben ju lönnen l)offte.
3m Uebrigen fann über baS Jief, auf welkes ©obwin unb ©enoffen
loSfteuerten, fein 3nH'ifel obwalten. @S war auf (Erneuerung jener 311*
ftänbe abgefel)en, bie unter @tI)etrebS fctjwacber Regierung (Snglanb er*
ntebrigt Ratten, unb über welche (Srjbifcrjof Sulfftan in ben früher mitge*
feilten ^rebigten flagt. Sie bamals bie ©erecbtigfettvflege eine Duelle
febmu^igen ©ewinnS für bie ©roßen unb ein glucfy für bie Nation gewefen
roar, fo foltte fie eS je^t wteber »erben; rok bamals baS engltfcfyc OfeicbS*
fi'nftentl)um bie ©üter ber ^löfter unb Kirchen verfcblungen blatte, fo wollte
ebenbaffelbe je£t, waS noch vom (Sigentfnrm beS (5leruS übrig war, aber*
mal verfcf)Imgcn. 2)ie Vorgänge unter (§tl)elreb bürfen als Iejjte 33eglau*
bigung Deffen betrachtet werben, waS ©obwin unb ©enoffen erftrebten.
£>te SSerfcblect;terung ber ©ertebte, bie SScröbung beS ^lofterS war
bie britte ber 93ebingungen, unter welken (Abwarb (SnglanbS £bron befteigen
burfte. Auf eine vierte weist meines (Eracr;tenS Stlbetm von SJklmeSbun;
b;in, inbem er, bte geheimen SBerfyaublungeu $Wtfa)en ©obwin unb Abwarb
fd)i(bernb, erfterem bie Sorte in ben SD?unb legt,1) (Sbwarb möge gc*
bührenbe 9iücfftcht auf bie Verarmung beS Nolles nehmen. 3)aS fann fta)
faum auf etwas AnbereS, als auf eine SBermmberung ber Steuern begehen,
welcbe ©obwin geforbert fyaben muß. £).aS englifc^e 33olf bellte, wie
*) <Satttle @. 80 STlttte : miserias provincialium pro pristina egestate temperare.
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$a6ft ©regovtug VII. unb fein Bettatter.
wir VDtffen, eine fjart brücfenbe (Steuer, baS 2)anegelb, baS 93ejal)lung
ber $f)tnglttl) ober beS fter)enben ,£>eereS »erwenbet würbe. Senn bemnad)
(Sbwarb auf 2lbfd)affung ober 93ernttnberung ber (Steuern einging, ift wafyr*
fchetnlta), baß er Verringerung ober Sluflöfung ber Sfnnglttf) bewilligte.
3n ber melben1) mehrere (£r)romfen jum 3af)re 1051, baß ber
Slngelfadjfe baS 2)anegelb, mit weitem bis baln'n bie föniglicfyen ©olbaten be*
folbet würben, feinem $olfe gän^tidr) erlief: bemnact; ift bie $f)inglttf) auf;
gelöst Worben. Ser wirb nun glauben, baß itöntg (Sbwarb gutwillig ober
auS eigenem eintriebe eine Maßregel ergriff, bte it)n alles <Scbu£eS gegen
äußere unb innere geinbe beraubte, ft)n ber 2Btllrur)r übermütiger SBafallen
preisgab, ©ewiß nicr)t, er muß burcl) einen übermächtigen Stilen, alfo
allem 5lnfdjeme nacb burd) einen Satjfoertrag, baju genötigt roorben fein.
Setter! warum brangen ©obwtn unb ©enoffen auf 2lbfcf>affung ber
Sfn'nglttf)? 3r)r 3tt)ecf tarn möglicher Seife ein bereiter gewefen fein.
9cacf)bem fte bie ^ö'ntgSwarjl arglifttg ausgebeutet Ratten, um unermeß*
liebe Vorteile für ftet) f)erauS§uf ablagen, mochte eS tlmen räthltdj erfebetnen,
baß audj etwas $u ©unften beS SSolfS gefebetye. Snbem fte Aufhebung
beS 3)anegelbS »erlangten, fonnten fte ftet; rühmen, ipatrtottfo) für bte Spenge
geforgt ju r)aben. ©leicfyroofyl war tb)re ^ersettSmetnung eine anbere. 2)te*
felben Herren, Welche ben üöntg nötigten, feine $f)inglttr; §u entlaffen,
bettelten, wie tet; unten jetgen werbe, tf>re ^uSfarle bei unb bellten fte
mit €teuergelbern, bte fte aus ben ir)nen untergebenen ©raffa^aften erhoben,
golgltch hielte tt)re wahre Slbftcht nt#t bahnt, baS $olf ju erteiltem, fonbern
bte tfrone §u fchwächen. Äöntg Abwarb follte ganj »on ber ©nabe fetner
Vafallen abhängen. UebrtgenS fa^eint ftdj) ßbwarb §ur Erfüllung beS ledern
fünftes nur §ögernb unb fel)r ungern »erftanben $n haben. (Srft im 9. 3a^re
feiner Regierung unb jwar aus Einlaß einer ^mngerSnoth tft baS 3)anegelb
»ollenbS erraffen worben.
Außer ben überläfttgen Sumutfmngen ber eigenen Untertanen, er?
f^werten bem <Sofme (Stf)elrebS noch bte Anbrüche zweier Mitbewerber
ben Seg auf ben Stroit. Magnus, Jlöntg »on Norwegen, »erlaugte @ng*
lanbS Ärone mit Berufung auf ben @rb»ertrag, ben er mit $arbifnut ab*
gefa^loffen fyatte. 7) ©wen, ber Slftrtb <5ofm, begehrte ebenbtefelbe, als
einiger noch lebenber (Sprößling aus ber weiblichen Stnte beS nach feiner
Behauptung allein berechtigen ^n^tltnger (Stammes. 3a) t)abe an einem
anbern Orte gezeigt,3) baß unb wie Abwarb bett hätten aufrieben ftellte,
inbem er ihm bie Nachfolge felbft für ben gall t>erl)teß, Wenn er (Abwarb)
SetbeSerben fytnterlaffen würbe. £)te weitere golge btefer Ausgleichung war
*) Flores histor. <S. 626 unten. Samte <S. 44t u. 897. 2) (Sielje 93anb II, 656.
8) Oben <S. 102 flg.
93tette3 93udj. &ap. 16. ©nglonb unter (Sbtoorb, bem 93efenner, öon 1042 — 1051. 289
ein 33ünbniß, »ermöge beffen (Sbwarb ben Dänen mit ©elb unterftü^te unb
in (Staub fefcte, bte Angriffe beö f^ortüegerö fowof)l auf Dänemarf, als
auf Gntglanb abzuwehren.
2£te e3 bei bem Sn^alte ber 23ebtngungen, welcbe bte 93afallett ftetCten,
faum anberö erwartet werben formte, »erlief geraume ^cit bt3 alle (Schwierig*
Fetten geebnet waren. Der £ob ^arbtfnutö fiel in ben Sunt 1042, bte
Krönung (Sbwarbö aber, weldie ba£ neue ^önigt()um beftegelte, fanb1) erft
an £)ftern 1043 ftatt dMtte £>ftober beff erben SatyreS ritt ber tfönfg, be*
gleitet »ott ben bret augefehenften engltfcr)cn ©roßen, bem @art ©obwin,
bem ©rafen £eofrtf »on SD?ercta 2) unb bem (§arl ber 9?orthumbrier 2)
(Stwarb, »on ©(öfter, wo er fyäuftg §of fyüt, nad) Sffiutcbefter, bem $>tttwen*
ft£e feiner Butter (Smma. Dort aitgefommen, erhielten bte bret Begleiter
ben Auftrag , ber Königin Butter t^ren ganzen ©djafc, beftel)enb in ©olb,
(Silber unb ©efd)metbe, wegzunehmen. 2) od) würben tr)r bie Littel be$
£eben6unterhalt6 gclaffen, aua) ber fernere Aufenthalt im (Sd)loffe ju 2Bin*
ct/efter blieb ihr gemattet.3)
glorenttuö »on 2Borcefter fagt: „Abwarb gebot <Solcbe3, weit (Srnma
fowof)l »or als nad) fetner Sfyronbefteigung hart gegen if)n gewefen war/
b. h- ten großen (Schäden, bie fte befaß, nid)tö bem Röntge gegeben
hatte. Denfelben ©ruub führt 4) Wilhelm »on ^JcalmeSbutty an, fügt aber
erflärenb bei: „(Smma, bte ihren erftett ©emahl (M)elreb nie augftehen
fonnte, trug btefelbe ©eftnnung auf ihre mit (Sthelreb erzeugten ^inber über.
9htr ben jweiten @emaf)l, $anut, hat fte, fo lange er lebte, wahrhaft ge*
liebt, unb auch feit er tobt war, floß fte über sott feinem £obe." @leta>
Wohl gibt ber 3D?öncr) »on 93Mme3bun; §u »erftehen, baß aud) ba3 gegen
(Smma eingeleitete Verfahren, genau bcfefjen, eine golge ber fchlecbten ^ath*
fchläge ©obwinö unb fetner ©enoffen war. 3a) fyalte feine Auöfage für
begrünbet. Seber ©obwin noch bte übrigen Ariftofraten wollten bulben, baß
eine ljod)jlefyenbe grau im (Stanbe fei, einen ihrer Aufftd)t nicht untere
worfenen Einfluß auf ben $öntg §u üben. Darum trieben fte Abwarb
jum Bruche mit ber Butter.
(So ftanben bte (Saasen gegen Anfang be3 aweiten 3ahre£ ber
gterung (£bwarb6. 2ßar)re Herren im Sanbe waren ©obwin, feine <Söbne
unb ihr Anhang. 3ft eö ein 993unber, baß ber Äöutg gegen btefe Oranger
eine ©tü£e an ben Normannen fuchte, bte ihn nach ©nglanb l)inüber&e*
gleitet, bie ihm ferner in früheren Seiten, ba er ein armer *ßrtn$, fdjeinbar
ohne ßufunft war, buret) allerlei £iebe$btenfte eine unetgennü|ige Anhänge
lichfett bewiefen hätten?8) Abwarb »ermehrte heimlich tf>re 3al)l, tnbem er
*) Flores histor. @. 624. 2) Flores histor. ©. 627 gegen o&en. 3) @. 624.
*) ©attile <S. 80 o&en. 5) Ibid. unten: aliquantos Normannos rex accessierat, qui
olim inopiam exulis paueulis benefieiis levarant.
® frörer, $abft ©regoriu« vn. 93b. in. 19
290 SPabjt ©vegoriuö vn. unb fein Zeitalter.'
unter ber £anb ben unb jenen älteren grcunb au3 ber 9?ormanbte J)erübemef.
gaffen wir btefe grembltnge ins Sluge. ßlertfer unb Säten waren in tf)rem
Greife. 2)en erften $ang unter ben Normannen getftltd^en (StanbeS nar)m
Robert, efyematö 9J?öncb in 3umtege$, ben fetten nafym Sßityehn ein. 8eibe
btenten bem Röntge als (SapeHane. Abwarb beförberte Robert nad) wenigen
3af)ren auf ben @tufyl von Bonbon, fväter crt)ob er if)n §um (Sr§btfa>f von
(Santerbun;, an 2ßt(l)e(m ^erüet) er baS SMstfyum Bonbon.1) ©in brttter
(Stngewanberter, ber gleichfalls mit bem Könige fyerüberram, aber iüdt)t au6
ber 9cormanbte, fonbem au3 Sotfyringen flammte, ^erimann, war mit ben
§wet oben (genannten eine 3eü(ang in (Sbwarb'6 (Spelle angefleht unb erlieft
1045 baS ©tetyum in 2ßtltff)tre. 2)
2Ba6 bie normanntfc^en Säten betrifft, bie ben $ömg umgaben, tfl
vor Willem ein naf)er SSerwanbter beffelben gu nennen. @oba, eine <Sd)wefler
(SbwarbS, Ijatte fta) in erfler (Sf)e mit bem Normannen Spalter, trafen in
9J?ante6, vermählt unb bemfelben einen ©ofnt SRabulf geboren, ben Abwarb
mit ftcf) nad) (Snglcmb fytnübernaljm,3) mit ber 3nt §u fyofyen Stürben be*
förberte. £>bgleta) SÄabulf wenig üütotfy unb gäl)tgfett bewtefen f)aben foll,*)
erfdjemt er an ber €pt$e ber Normannen, bie bem Slnfyange ©obwtne bie
äßaage Rieften.
Rubere normanntfcfye bitter fapen ba unb bort als föntgltcfye Dtenfl*
leute auf Burgen, welcbe tfynen Abwarb anvertraut I)atte. 511^ fofcfje
werben von glorenttuS genannt: 5) £)6bern, mit bem Beinamen *ßentecofl,
unb £ugo. (Sitten dritten, 9tfamen3 Robert, 6of)n ber eblen grau Sßtmara,
füt)rt ber $lrcfytbtafon von Sifleur auf,6) tnbem er fagt, btefer Robert fei
ein nafyer $erwanbter beS ^ormannen^er^ogö 2ÖtlI)elm unb im fübltajen
(Snglanb reidf) begütert gewefen. QSon einem Vierten, ber £>bo fyfeß, wirb
f Väter bie $ebe fein. 2Bir befltjen eine von Ü)ud)e3ne veröffentlichte Sifle7)
folcfyer Normannen, welche §u ben StiUn (SbwarbS naa) (Snglanb ein*
wanberten. 2)tefelbe enthält wtrflicf) bte tarnen ber bereite erwähnten
©ünflltnge, fennt aber nod) vcrfcbtcbene attbere. $on @etflltdjen mad)t fle
außer 2Bttf)elm unb Robert, welche Äöntg Abwarb auf bte @tüf)le von
Sonbon unb ßanterbun; beförberte, ben 23tfcbof UrfuS von 2)orcefler, ben
fontgltcfyen $an§ler £ugolinu3 unb ben 2)tafon Robert namhaft, von Säten
füfyrt fle auf föanbulf Severe! in (Sffer, gt£ @crob, JDaubfne von 23eare,
©wen, angefeffen tn (Sffer, ^tdjarb, <Scrob3 <Sot)n unb (£tbam beS £)fafon
Robert, Stlfreb, be$ Königs 6tallmetfler, 5ln$frteb mit bem Beinamen
l) Flores histor. @. 627 ad a. 1051. 2) Flores histor. @. 625. 3) ©atttte
<S. 81. Histor. Ramsay cap. 116. Bei SaWenBerg, ©efcfy. (Snglanbö I, 505. 9iote 3.
4) @at>tle a. a. £). @. 8 t unb Florentius ad a. 1055: timidus dux Radulphus. 5) Ad
a. 1052. Flores histor. <S. 628 unten. 6) 2)u$cSne ©. 199, c. 7) Scriptor. nor-
mann. @. 1023.
93ierteg 93ucr). (5ap. 16. (Snglanb unter ©bfoavb, bcm Sefenner, »ort 1042—1051. 291
(SofeSfut Opatyncnfuf). Die tarnen bcr meiften auf ber gifte (Etefyenben
finben jtdj aucfc bei glorcntiuS, l) nur mit bem Unterfcbieb, bajj er ntcbt
Urfu3, fonbern Ulfuö treibt unb btcfen Ulf rndjt jutn Sifcbof von 5)or*
cefter, fonbern von Lincoln macbt. Det üRame Uff roar rool)l ben Bfagefc
facbfen geläufiger a(ö Urfu6, unb berfelbe mag von einem 33i$tfmm auf baö
anbere beförbert voorben fein.
Die Sifte fügt bei: „nccb viele Rubere ftanben in beS Königs Dien*
ften." 3n ber $r)at müfjcn bie eingeroanberten Normannen einen beträcb U
litten Raufen auSgemacbt fyäbm, beim ibre 9nti>efen$eit erzeugte eine QSfc
fd^efnung , bie ftcb nur au 3 einer größeren ^al)l erHären läßt. 3ngulf3
(Sljromf berietet:2) „roäfyrenb ber Regierung (StroarbS ftengen bie vornel^
men 5lnge(facbfen an, ir)re einbeimifcben ©ebräuebe aufzugeben, unb nacb bcm
33orbilbe ber Normannen, meiere mit (Sbroarb fyerübergefommen roaren,
fränfifebe (Sitten in vielen ©tütfett na$$uar)mert. Die meifteu ©rojktt
fpraccien an tt)rcn Heilten §ofett franjöjifdj, al6 bie 3un9e/ roelcbe allein
l)ol;en £crren voofyl anfiele, fcfcamten fta) ber alten ®en>or)nr)eitert. (Selbft
Urfunben unb §anbfeften rourben in fränfifcfier SBetfe au^geftellt. 3) Doct)
gefcbalj folcbeS 2lnfang3 noeb wenig unb nar)m erft in ben fpäteren Sauren
(E'bmarbS übert)anb."
2Bie ba$ an beutfaje ßuftänbe be$ 16., 17., 18. 3ar)rr)unbert3 exhu
nert! Die Heilten angelfäd)ftfcben 3annfönige, roelcbe ben $f)ron untere
müßten, füllten reebt gut, baf ifjr ganjeS Söefen unb ©e&ar)rert erbärm*
lieb, nitftöroürbig, fcfmtär;Iicb fei. Um gleicbroot;! bem unterbrüeften Sßolfe
gegenüber bie $omelnnen fielen ju fönnen, griffen fte nacb fremben $or*
bilbern, äfften bie granjofen nacb.
$lujkr ben Normannen fcMoffen ftet; $roei ber anferjnlicbften angeljäcbfi*
fcfcen Magnaten, giroarb, (Sari von Dlortlmmbrien, unb £eofrif, @raf von
sJJiercien, enge an ben §of an.4) (Eiroarb roar ein falber 9fäefe, tapfer
roie ein Söroe, unb f)at bem 9feict;e als 23efcbüfjer ber ©ränjmarfe gegen
bie benachbarten (Schotten roiebtige Dienfte geleiftet. 1055 roarb €mvarb£
(5oI)n im Kampfe gegen bie €cbotten erfcblagen. Sluf bie 9?acbrtcbt fye*
von fragte ber 95ater, ob ber eofyit bie £obe3rounbe vornen ober am
sRücfen empfangen l)abe? 5llö er vernahm, baf erftereS bergall fei, prieS
er ftcf) glücflict; unb orbnete ba6 2eicbenbegängnif an. 23alb barauf befiel
ifjn felbft eine töbtlia^e ^ranlfjeit. Den £ob nalje füb)lenb, fpracb (Siroarb
$u ben ©einigen: fcfmallet mir ben ^arrnfef) an, ben unburcf)bringlidben,
') Ad a. 1052 a. a. D. <S. 628. > 2) <§a*Ue <S. 895 gegen unten. 3) JDie
Slngelfac^fen brühten urf^rüngltc^ ba3 (Siegel auf bie Urfunben fel&fl, bie ^ranfen hängten
baffetbe in Äa^fetn mit (eibenen (Schnüren an. £8et ben 5tngelfac^fen roar ferner eine
plumpe, berBe Jpanbfc^rift üblicr), Bei ben ^vanfen eine gterttdje, feinere , reelle je^t in
(Snglanb brüten nac^gea^mt rourbe. 4) Saöile @. 79 unten.
19*
292
$a&fi ©vegorütö VII. unb fei« Seitalter.
umgürtet meine Senben mit bem (Schwerte, fe Jet ben #elm auf mein $an$t,
heftet ben ©djilb an ben ffhfen Sinn, legt bie ©trettart, bie golbbefd)la*
gene, m meine redete £anb, bamtt td) al$ ©olbat enbe. (£ö gefd;al) fo:
unb ©{warb ftarb gewappnet, ©o lautet bie angelfäcbftfd)e ©age, weldje
Rehmer; »on Huntington mitteilt. *) (gtferfudjt über bie anfcr;Wetlenbe
SQ?ac^t beS @obwinfd)en £aufe3 fdjetnt ben Silben ©twarb auf be$ Königs
(Seite getrieben §u l)aben.
Dagegen war eö wobl ^fltcfytgefül)! , wa£ ben ©enoffen ©iwarbS,
Seofrif öo;i 9J?ercta, bewog, fein ©c&wert unb feinen Jtopf bem bebrofyten
freite ju wibmen. 3u einer 3eit, ba bie übrigen angelfäd)ftfa)en ©rojkn
fta) bnrd) Straßenraub bereicherten, l)at Seofrif unb feine ©emafjltn ©obtoa
mehrere Abteien gegrünbet, »tele Tempel wieber fyergeftellt , gebaut ober
auögefdmvüdt. Die engltfd)en (£f)rontfen ftnb »oll2) »on bem Sobe ber
SSerbienfte, bie er ftcf) um bie Strafe unb baS $öntgtf)um erwarb. Der
©egenfaf* ber Käufer ©iwarbö unb £eofrif3 wiber baS ®efd)lect)t ©ob?
win6 Ijat lange über ben £ob ber §äufcter bte §ur 3^it ber (Eroberung
(SnglanbS burd) 2Ötlr)eIm ben SBaftarb fortgewirft.
2lm angelfäcbftfd)en Hofe lebten weiter jwet bämfdje gürften, 33jöm
unb £)6bem,3) 6ö'f)ne Ulfs unb ber Slftriba, trüber beS DänenföntgS
(5wcn III. unb Neffen beS (SarlS ©obwin, ber, wie wir wiffen,4) mit
UifS (5d)Wefter, ©tytfya, »ermäljlt war. 2116 näd)fte SSerwanbte bcS mit
tr)m »erbünbeten ©wen, befyanbelte, fie Äönig (Abwarb mit 2te3etd?nung
unb »erlief) tlmen ^lernten er muß 2lnl)änger in tfmen gefefyen l)aben. Slber
aud) ©obwinS jQau$ red;nete auf bie beiben Dänen, benn al6 fte bei einem
Slnlaffe, »ort bem unten bie $ebe fein wirb, $artf)et für ben Söntg wu>
men, würben fte beS $erratf;6 be§ücfjttgt, unb bie 9^adt)e, welche ©obwinS
<Söt)ne an ifynen nahmen, bilbete einen Slngelpunft in ber ©efd)id)te ($b*
warbS. Darauf folgt nun meines ($rad)ten3, baf SBjörn unb £)3bern tön*
gere 3^t ^ »ermteben fyaben bürften, ftd) entfd)teben für ben Söntg ober
für ©obwin au erflären: tt)ve Stellung fd)eint eine mittlere, »orftdjtige unb
juwartenbe gewefen §u fein.
9cod) tft f)ier ber £)rt, nad)§uwetfen, wie ftcb ber Söntg in ben erften
3al)ren feiner Dtegierung beS 23iStf)um3 baburd) $u »etftd)ern fudjte, baj?
er faft auSfcpeflid) (Safcellane auf crlebigte «Stühle erfyob. glorentiuS »on
SOSorcefter melbet5) §um 3al)re 1044: „(Stiganb, (Sapellan beS Königs, er?
l)telt baS S3tötr)um Dftanglien. " Derfelbe5) §um 3at)re 1045: „naaß bem
Sobe beö 33ifdofö 33rigl)twalb »on SMtffyire, würbe ber fönigliaße ßa^el?
1) Ibid. @. 366. 2) Ibid. 79 unten, 444 getieu unten. Flores histor. 630.
3) Adami Brem, gesta hammaburg. III, 13. $ev|$ VII, 340. *) @iet;e oben ©. 50.
5) Flores histor. @. 625.
aSterteö «öucf;. Qkp. 16. (Snglanb unter (Sbtvavb, bem SBcfenner, »on 1042—1051. 293
lan $erimamt, ein geborner lothringer, jum 9cad)fo(gcr cfngefefet." 2>er*
felbe1) sunt folgenben 3'djTe: „im 9J?ärj 1046 ftatb gfoing, 93ifcbof von
2ßtcf, IDettoitftfre unb @ornroalI, §um S^acfjfolßer erhielt er ben tontgltdien
hausier geofrff." 3)erfelbe sunt 3a#re 1047: „©rtmfetü, 33tfcf>of von
(Suffer, ftarb, ben erlebigten ©tul)l beftieg ber WnfgKc&e (Sapedan £efa."
9J?it bem 3af)rc 1048, ba allem 2lnfdjeine nach bte von ©wen, ©obroinö
€>ot)ne, erregten Unruhen begannen, werben bte (Ernennungen von (Sapella*
neu unterbrodu'it, beginnen nad) bem furzen 6tege (SbroarbS über ©obrotn
roieber, Ijören aber auf, fett ©obrotnS ©efdjledjt fjergefteHt tft. Sftan ftef)t:
auch ba8 33tetr)um fiel sule£t .tu ba6 9cej$ beS eitgltfd)en SRetcfc$fikfientr)um$.
Obgleich bte betben großen $artl)eten am $ofe etnanber tum Anfang
an grünblich faßten, fam eS in ben erften 5 3ahrcn ju feinem 2lu3brucb.
S3etbe roanbten vielmehr, rote eS fchetnt, tt)re ©tadeln gegen bie Anhänger
ber vorigen Regierung, metft £>äneu, bte bei ber Jtöntg8war)l von 1042
Stberftanb gcleiftet, ober fonft jtcf) bem neuen §erm ntd)t ernft(icf) untcr>
voorfen Ratten. Stiele würben verbannt, unb bte «reiften flogen nach glatt*
bem hinüber, roo jene angelfäd)ftfd)e Kolonie ju entfielen begann. 3u
(Snglanb roetlte eine 6d)roeftertod)ter Äanut$ beS ©roßen, ©unb/db, 2öittroe
jroeter bäntfd)en ©rafen, $afon$ unb ^araloö, welcher festere vteltetd)t
berfelbe tft, ben £er$og Orbulf von ©achfen auf geheimen Antrieb be£
norroegtfd)cn $üntg3 Magnus au6 bem 2Bege geräumt (jatte.2) 2)iefe
©unl)ilb rourbe im 3al)re 1044 mit tt)rcn ©öfjnen Demming unb ^urfil
au3 (Snglanb verbannt. (Sie flol) junäcbft nach glanbent, unb Heß ftet) tn
^Brügge nteber, fpäter fuebte fte in £>änemarf 3uflud)t. ')
2)a3 gleite 2oo3 ber Verbannung traf1) 1046 ben ©tallmetfter
^arbtfnutö, OSgob »ftlaipa, in beffen geftfaale ber vorige jtöntg jenen
Srunf gethan fyat, ber tr)u ba$ Seben foftete. Auer) £>6gob ^fava ging
nad) glanbent, bentt e£ rotrb gemelbet, baß er feine ©ernannt, bte mit
irjm au^geroanbert roar, in Brügge unterbrachte unb auf glattbernS Mfte
6a)tffe rotber (Snglanb rüftete. 3) 3d) haDe oben4) bte ©teile au6 ber @f)ro*
ntf beö 9J?önd)6 von üftalmeSfom; angeführt, laut roelcber-bie, roelche ftcb
ber 2öar)l (SbwarbS rotberfe^ten, bie £etmatr) verlaffen mußten. 36te
AttSroetfung roirb roof)I in bie 3al)re 1043—1046 fallen, unb ta) ver^
mutr)e, baß fte gleich ©unl)tlb unb bereu @ör)nen, unb gleta) £)6gob ^la^a
(ta) nacf> glanbern roanbten.
3n btefer 5age fd)roebten bte Angelegenheiten ©nglanbö aß ein
rofyeS Verbrechen ben ©tanb ber $artl)eien änberte unb einen offenen
Äampf §rotfd)en bem §ofe unb bem £aufe ©obrotne l)^betfül)rte. Dun^
l) Flores histor. @. 625. 3) (Ste^e ©onb II, 652. 3) Flores histor. @. 626.
4) @. 285.
294
^abfl ©regonuö VII. unb fein Settalter.
fei, umufammenljängenb , ängftltcb fhtb bie betreffenben 5lu6fagen ber (£fyro*
ntften : man fül)lt aus ttjnen IjerauS, baß gurcbt »or ber 9#acr>t be6
£aufe$, ba£ big $um £erbfte 1066 ßnglanb bcfyerrfdit l)at, bte gcbern
ber 3ejtgenoffen lähmte. QSon einem ftegreicr;en Einfall in SBaleS jutücf*
feljrenb, befuct)te ©wen, ©obwinS ©ot)n, baS grauenflofter Seominfter (in
£ereforbfl)tre) , fal) bte Slebtiffm @abgtoe, entbrannte in böfer £uft nnb
fd)änbete fte.1) konnte ein fötaler grefcel ungeftraft ^inge^enl Die (Sfyro;
ntften bemerfen, ©wen Ijabe bte 5lebttffüt §um Seite nehmen wollen, aber
e$ fei it)m nia)t geftattet worben. Da6 f)etßt objtte ßweifet: ©wen bot
als ©üb)ne bie (gr)e an, aber ber £of Wte6 bie ®enugtf)uung §urücf. 3n
ber Zljat wäre fo(cf>e ©üf)ne ein neuer greüel gewefen. Denn Tonnen
fönen ebenfo gut ^etratf^anträgen als wilben SBegierben utt§ugängltd) fein.
Setter behaupten bie ßfjrontften: im Unmutige barüber, baß bte ©ür)ne,
bte er bot, verworfen warb, babe ©wen feine ^etmat!) tterlaffett. 2lud)
bteß tft eine Sßefdjönigung. ©wen r)at fettbem wie ein Verbannter gefyan*
belt unb ^acfje gefugt, folglich ift Har, baß er au$ bem Sanbe üerwiefen
worben war. 3n ber %l)at geftefyi bteß ^einrief) »on Huntington offen
ein.2) Der itönig Ijat alfo mit U)m unb jugleta) mit bem £aufe @ob;
wtn$ gebrochen. 2ut3 ben Maßregeln, welche Abwarb ergriff, gef)t r)en?or,
baß er ftd; ntajt über bte ©efafyren ber eütgefd)lagenen 23arm täufebte. Die
©ac^fenc^rontf melbet: „(Sbwarb »ergab bte Sellen ©wenö t|ei(6 an beffen
jüngeren trüber ,£>aralt> (ben nachmaligen $b'ntg), tfyetlS an ben (Sari
23jöm, 33ruber be$ DänenföntgS."
Die 2luSftattung be6 ©inen war offenbar barattf beredmet, ben 3on\
ber gamtlte ©obwinS §u mtlbern, §u befc^wtdjttgen. Allein bte §wette @abe
r)atte einen entgegengefe^ten 3wecf, fatf*e mäd)tigften, mit bem £ofe
biörjer nur lofe üerbunbenen Häupter ber bätttfeben $artf)et gewinnen, ge*
nauer gefproeben, fte follte bewirfen, baß 23jörn, beS DänenfonigS trüber,
fammt feinem 2lttl)ange bem ^ofe beiftefye, baS über ©obwittS ©or)n »er*
fyängte Urteil ftegretet; burcb§ufed)ten. Dtefelbe brachte wtrHtcf), wentgftenS
was ben guten Stilen SBjörnS betraf , bie beabftebttgte Strfung tjerttor.
Von ©tunb an bejubelten nic^t nur ber »erbannte ©wen, fonbem auet),
wie ber Erfolg §etgte, beffen Stoerwanbte, ben Dänen 23jöm als einen
geinb unb Verräter.
Sftan !ann ntd)t leugnen, früher r)atte ber alte ©obwtn bem Dänen^
fönig ©wen, 23jönt6 33ruber, »iele unb wichtige Dtenfte gefetftet. gloren^
ttuö berichtet, 3) baß auö Einlaß ber wteberljolten ©efuc^e um »ertragemäßtge
Uttterftü^ung buref; ©a)iffe ober ©elb, welche ©wen tu ben 3al)ren 1047
Chronic Saxonic. ed. Gibson ad a. 1046 flg. Florentius ad a. 1049. äftan
ttevgl. £ct!ppenl)evg I, 500 f fg. 2) (§aüüe @. 365. res exulavit Swein consulem, filium
Godwini comitis. 3) Flores histor. <S. 625.
JBierteS S3uc^. (Sap. 16. (Snglanb untev (Sbwarb, bem ©efenner, Von 1042—1051. 295
unb 1048 an bat englifa)en §of richtete, ©obwin ftetg im 2Bitenagemote,
ober bem ©taatSratfje, auf 53en?tCftc}ung antrug, tt>ä^venb Seofrif von 9D?er<
cia, £au)>t ber ©egenpartf)ei, 2lbweifung bura)fef$te. 2)teß nötigt, cmftit*
nehmen, baß ©obwin nia)t nur mit bem Dänenfonige felbft, fonbern aua)
mit beffen trüber Sjörn vertrauliche Sßerhältniffe ^fXog. 3c£t würbe e3
anberö. 2)tc ©obwiniben fochten 9Jaa)e unb bte Gelegenheit fam balb.
golgen wir erft bem verbannten (Sari von £)rforb, ©(öfter, ^erefort,
©ommerfet, 33erffl;tre. glorentiuS fagt,1) ©wen t)abe fta) au$ (Snglanb
naa) 2)ftnemarf begeben, fei aber von bort mit 8 (E>a)iffen wieber au6ge*
laufen. Saut bem 3cligniffe2) £einria)6 von Huntington, flot> er au6
(Snglanb 3unäa)ft naa) glanbern hinüber unb überwinterte ju Brügge. 2Bil*
heim von SMmeSburty behauptet , 3) ©wen fei 2öifinger geworben unb
^abe ben 2lbel feinet @efdbtedt)tö bura) ©eeraub befubelt. 3a) benfe, alle
bret fyafcen, gehörig gebeutet, 9^ect)t. 3)te 3«t ber Untf)at ©wenS unb
feiner Verbannung läßt fta) nicht genau beftimmen, nur fo viel fterjt feft,
baß beibeS vor bem ©pätherbft 1048 gefct)ar). 3unäa)ft wirb er naa)
glanbern, bem ©ammefyla^ ber geinbe (SbwarbS, fiel) begeben haben, bann
im folgenben grüh)ar)r naa) Ü)anemarf gegangen fein, um bort SGßtftnger
anzuwerben, 9taubfa)iffe auSjurüften. 2113 ©eeföntg erfa)ien er 1049 auf
ber üftorbfee unb fegelte fofort, wie ict) unten jeigen werbe, naa) ben
engltfa)en ©ewäffern.
Der ©ommer 1049 war angebroa)en. 5luf ber (Snglanb gegenüber*
liegenben $üfte glaubend hatte ber beutfa)e ^atfer ^einria) HI. ein £eer
§ufammengebraa)t, mit wela)em er ben SDiarfgrafen 33albuin V., 23unbe3*
genoffen be6 Sßrabanter ©ottfriebS, be6 §ollänberö £heükeria) m^ anberer
Empörer, §ur Unterwerfung nötigte.*) 2lber nia)t ohne englifa)e ^ülfe ge*
lang ihm bieß. glorentiuS berichtet, baß ber beutfa)e ^aifer vor Eröffnung
be$ gelbpg£ ©efanbte an ben angelfäa)ftfa)en £of fa)icfte, mit bem @efua)e,
man möa)te Vorforge treffen, bamit 23albuin von ber ©eefeite Ijer nia)t6
unternehme. (Sbwarb entfpraa) bem Sunfa)e be3 ©alters : beim einmal
beburfte er ber §ülfe £etnrta)6 III. gegen ben norwegifa)en (Stfenfopf Sr>a*
ralb ^artraba, ber alle norbifa)en 9teta)e bebrohte. gürS Zweite war ber
glamänber ein gemeinfamer geinb (SbwarbS unb be$ ©alierS, ba er ja
fett Sahren bie fa)limmften geinbe be3 angelfda)ftfa)en %fyont$ bereitwillig
in feinem Sanbe aufnahm. (Sbwarb sog eine beträa)tlia)e glotte im £afen
von ©anbwia) jufammen unb verblieb bort ben ganzen ©ommer, bis ber
jtatfer ben SDtefgrafen 23albutn völlig §u paaren getrieben r)atte.
©a)on war ber größte %l)äl ber engltfa)en glotte naa) §aufe entlaffen,
*) Ibid. 626 ofcen. 2) <&mk @. 365 $t$tn unten.
4) qSer^ V, 129. ©fröret:, Äiv^. ©efer). IV, 503.
3) Ibid. @. 82 unten.
296 ©regoriuS VU. unb fein fritalkx.
ctlS 6r»en, ©obrotnö ©ofytt, mit einigen (Segeln ju *Pe»enfety anf ber Mfte
»on @uffer erfaßten, wo eben ber alte ©obwin unb ber 3)äne 33jörn »or
Slnfer lagen, bie bem Könige £eere6folge §u 8cbiffe geletftet Ratten. ©wen
tnüofte mit 23jörn Unterfyanblungen an. 3)te SBorfcfyläge tiefen barauf |ftu
aus, 93jöm fotle ben Äöntg belegen, ba£ ©wen ntct)t nur jurüdfetyren
bürfe, fonbem auefy bte »erwtrften £er)en wteber erhalte. SBjöm ging auf
baS erftere 2lnftnnen ein, mdjt aber auf ba3 zweite. 3nbeffen waren
©Wen3 frtebltd)e 2£orte nur Sßorwänbe eineö böfen £tntergebanfen£. @r
»erlodte ben §utrauttd) gemalten Ü)änen auf eines feiner ©cfytffe, lief tfyn
bort ermorben, bann bte Setcbe ans 2anb fdt)affen unb »erfebarren. 9?adj
»ollbracbter %fyat [türmen bte ©tranbbewofjner auf 6wen6 8d)tffe loS, er*
oberten §wet, Rieben bte gan$e Sfftannfajaft jufammen unb fünbtgten bann
bem Röntge (Sbwarb ba$ ©efcfyeljene an. 9tttt jwet anbern entfam ©wen
un»erfer)rt nact; glanbern.1)
2)te 2krbred>en ©wen6 waren »erboppelt, bennod) ntelben §Wet ber
gewtdjtigften Sensen,1) baf ber 9D?örber — im folgenben 3af)re — bte (£r*
laubmf erhielt, naa) (Snglanb §urüd$ufer)ren. 2)er 23tfa>f »on Söorcefter,
5llbreb, foU bteß »ermittelt fyaben. 9Jocf) mef)r! felbft bte »erwirften Sellen
ftnb bem Berber erftattet worben, benn tm £erbfte 1051 erfd)eint er wie*
ber als baS, was er früher gewefen, als ©raf fron Drforb, ©lofter, ^ere*
forb, ©omerfet, 23erffl)tre. 2)odj aud) bte£ genügte tf)m, ober »telmefyr
fetner gamtlte ntctjt. $)er beutfcf)e ßettgenoffe, 3(bam »on ^Bremen, ber
buret; bäntfcfye Kanäle ^acbrta)ten bejüglta) ber engltfdjen 3uftänbe empfteng,
welche an ©enautgfett unb 2lufrtd)ttgfett weit bte »on ben englifcr)en (£f)ro*
ntften betrübten trüben Duellen übertreffen, melbet,2) baf nad) (Srmorbung
23)b'rn3 aud) beffen 33ruber £)Sbem mit allen ben ©einigen — b. r). wol)l
mtt allen hätten, bte ju tfym gelten — au3 Qmglanb »erjagt worben fei.
•tJflan l)at alfo ben ©emorbeten unb feine Slnoerwanbten als ©d^ulbtge,
alö fold)e bef)anbelt, bte ntcfyt Unredjt erlitten, fonbern »erübten. 9?un fage
td) , bte (Srlaubniß §ur 9iütffef)r ©wenS unb feine 2Öteberemfe£ung fann
bem Röntge nur mit ©eroalt, unb nur baburd), baß baS gefammte ©e*
fa)led)t ©obwütS feinen (Stnfluf ju ©unften beö s3Jiörberö in Bewegung
fefcte,3) abgerungen rooroen fetn, benn, roeldjer §errfa)er rotrb ju folgen
unerhörten Dingen fretrotlltg feine 3ufttmmung geben! 9J?an ftel)t alfo:
bte beutltd)ften Slnjetgen liegen »or, baf §r»tfcben 1049 unb 1051 greu^
licfye ©cenen in (Snglanb »orgtengen, »on roelcben bte ßl)rontften nichts
melben. 6cbrecfen »or ©obrotnö ^>aufe fyat bte 3un9eu 9)?enfcben ge*
läfjmt, bte §änbe ber Sftöndje gefeffelt, (Snglanbö ©efd)tc^te gefälfa)t.
x) Chronic. Saxonic. unb Florentius ad a. 1049. 2) 9t. o. D. $er^ VII.
3) £>ieß wirb ouc^ angebentet burci^ £einricr) i?. Huntington, (Saüite <&. 365 unten.
SKerteS 93ucf;. (Sa^. 16. (Sngtanb unter (Sbtoavb, bem 93efenner, von 1042—1051. 297
®leid)VOoI)l erwähnen bte nteberger)altenen gebern gevoiffe, anfd)einenb
unfcerfänglicbe unb barum voofyt gebulbete, 3)inge, welcfee, genau befefycn,
*>on einer tiefen Aufregung in (Sngtanb §ettgen. ^önig @broarb muß ba*
malS Unterl)anblungeit mit *ßetri ©tutyl gepflogen Reiften. Stuf bem roiav
tigen (Sonett, roekbeS $abft Seo IX. im Dctober 1049 m 9tyetm3 f)ie(t,
erfaMenen1) §roei englifa)e Siebte al3 Stbgefanbte ©broarbS. 3m fotgenben
3al)re reiften1) jroei angetfäd)ftfd)e SBifcböfe, Hertmann von 2Öiltft)ire unb
Sllbreb »on Sßorcefier — berfetbe/ ber bei 2tu3föt)nung be3 ^önigö mit
©roen, ©obrmnS ©oJ>n , tfyätig geroefen fein fotl — nacb 9fom. 2113
3roetf ber (Senbung roirb golgenbeS angegeben:2) „in früherer Seit ^a^e
jtönig (Sbroarb ba3 ©elübbe einer Sattfal)rt nad) 9?om getr)an, aber burd)
feine 9fätt)e voar ifym »orgeftettt roorben, baß bie fcbulbtge ^iteffta^t auf baö
(5taat£roof)l ir)m nict)t erlaube, ftcr? fo lange auö bem ^eictie §u entfernen.
£>eßf)alb erhielten nun bie betben genannten 23ifd)öfe ben Auftrag, beim l)ei*
ligen ©tubte au3§uroirf en , baß bie 2öatlfar)rt in ein anbereS guteö Serf
umgeroanbett roerbe." Leiter beliebtet man un6, Seo IX. r)abe bie ge*
ttmnfcfyte £b'fung bc6 ©etübbeS unter ber Bebingung beroitligt, baß ber
Äönig ben Styoftetfürften $etruö unb *ßaulu3 §u (Sljren ein fünfter er*
richte. (Sbroarb legte fofort §anb an ben 23au $on Seftmünfter, bem er
ein 3e^nt^e^ *>er ©infünfte feiner Ärone rotbmete, unb ttoltenbete baffelbe
fürs ttor feinem Sobe.
roar ba6 te£te 93ermäcf;tniß, ba3 bte r)tnfcf)tt>mbenbe angetfäcbftfcbe
5lera ber beginnenben normannifcfyen überlieferte, unb jugteicr) ein ioxtöu
ge$ ©innbilb ber gtx>et £auptfräfte, beren 3ufammenroirfen ©ngtanbö fom*
menbc ©röße fc^uf. SSon ben burd? fyätere 3ettalter erweiterten Räumen,
beren erfte Stnten bamalS (Sbroarb, ber 33efenuer, §og, ging bie 2Beltf)crr*
fct)aft au$, welche eine ber glorreichen Korporationen alter 3eiten unb aller
SBölfer, baS englifdje Sffeid^partament, grünbete.
9?ur ber Sltlroiffenbe bura^bringt Vergangenheit, ©egenroart, 3^unft
in einem SBtitf. £)er ©inn be$ @terblid)en ift, auet) roenn er etroaS unter*
nimmt, baS einen großen $eim in fta) trägt, §unäd)ft ben müfjfcligen 23c*
bürfniffen be$ Slugenbticfö jugertcr)tet. Ü)ie roieberl)o(ten ©enbungen be$
^önigö (Sbroarb an ben $abft müffen einen bringenberen 3werf gehabt
{)aben, alö Begrüßungen ober Vorfdpge ju 33auroefen. ©c^roer bebrängt
bura) baö 9fteid)^fürftentl)um, machte ©broarb große Slnftrengungen, um ber
^rone roenigftenö ben auöfa)lteßlia)ett Einfluß auf baS 53i^tr)um ^or§u*
behalten, benn aua} biefe 33efugntß roollte ©obwinö §au3 bamaB bem
l) Flores histor. <S. 626. 2) Stüter bem chronic, saxonic. ad a. 1049 u. 1066
Afriledus de vita Edwardi confess. bei Twysden <§. 379 flg. unb Albericus monachus trium
ontium ad a. 1053 bei Set&ntfc acces. historic.
298
SßaBft ©rcgortuS VII. unb fein Settaltev.
Könige entwhtben. #ie$u beburfte aber Abwarb ber £ülfe be$ ©tufyleS
$etri.
glorentiuS er^It1) jutn Satyr 1049: „nad)bem (Sabnotf), 33tfcf)of Don
3)orcefter, geftorben war, würbe ber Normanne Ulf, be6 Königs Kapellan,
Sunt 9cad)folger eingefe£t." 2)ann §um näajften Seigre 1050: „nact) er*
folgtena £obe beS SDfetropoliten von (Santerfcurty, (£abft, beftieg ber Normanne
Robert, bisheriger SBifdjof von Bonbon, ben erlebigten (£r$ftur)l." 3)a glo*
rentutS ben £ob beS 33tfdjof$ Slelfwarb von Sonbon, weldjer Roberts 93or*
ganger auf (euerem ©tufyle gewefen ju fein fctyeint, ins 3ar)r 1044 verfemt,
mag ber Normanne baS £onbner SBiStfmm, baS erfte, baS er bavontrug,
um 1045 erlangt fyabcn. 9J?an begreift, baf bem Röntge viel baran lag,
Robert, ber fein vertrauterer Sfiatfygeber war, pm $rimaö be$ $etd)S be*
förbert 51t feben. 1)od) gelang ir)m bie£ ftctjerlicf; ntdr)t or)ne $ampf.
glorentiuS fäljrt1) fort: ,,uad) ßrtjebung Roberte §um Metropoliten
von ßanterburty übernahm baö £onboner 93t£tl)um ber bisherige Slbt von
Slbtngbon 6pearrjeafof. Allein er)e berfelbe bie 2Beir)e empfteng, warb er
vom Könige wieber verjagt." (Abwarb b)at alfo ben 2lbt von §tbtngbon
ntdt>t jum 23ifa)ofe gewollt, folglid) ift niebt er e6 gewefen, ber benfelben
einfette, fonbern ©pearfyeafof muf bem Könige aufgenötigt worben fein.
Ueber bie grage, burd) Wen folctyeS gefdt)ar), gibt bie ©efctjtd)te ber beiben
folgenben 3ar)re Sluffdjlufs. 9iacr;bem ber Jlönig im ^erbfte 1051 baö
ganje £au3 ©obwinS geftürjt unb aus bem l*anbe verwiefen fyatte, er*
nannte er feinen Kapellan, ben Normannen 2ßilr)elm, an ©pearfyeafofS
©teile §um 33tfcbof von £onbon, allein fetyon im näd)ften 3al)re 1052 mufte
2Ötlf)elm nacb gewaltfamer SieberfyerfteHung ber ©obwintben weichen unb
in bie ^ormanbie fliegen. jtlar ift bafyer: ©pearfyeafof war ein ©efdjöpf
©obwinS, baS btefer fd)on im 3ab)re 1050 verfugt Ijatte, bem Könige auf*
jubnngen.
sftoct; ein §weite3 SBetfptel gleicher ®ewalttl)ätig!eit fommt um bie näm*
tid)e3^t W. Sngulfö (Sfyromf berichtet:2) (umS 3af)r 1049) „warb %l*
rieb, bt^er TOncb im Softer <8urgl) (9Mbenr)amftebt), auf betreiben
be3 (SarlS ©obwin §um 33ifd)of von £>urf)am (in 9corbenglanb) erhoben.
*8on ben großen (Summen, bie berfelbe §ufammenfcrjarrte, "erbaute er mitten
bureb «Sümpfe unb 2Mlber eine f oftbare ^unftftrafe, bie t)eute nod) nact)
feinem tarnen (Slrtdjrobe l)ei$t. ^aa^bem er feinen buret) ben 33au er*
fd)ö>ften ©ödet wieber gefüllt fyatte, trat er §urüd in baS Älofter unb
übergab ben £)url)amer ^irtenftab feinem trüber 9tgelwin, ber ebenfalls
9Jföncb in SBurgb) war. Slbcrmalö verlief ber Äonig auf Anbringen M
(^arl ©obwin befagteS S3töt^um an 5legelwin./y 5(uö ben Haren Sorten
l) Flores histor. @. 626. 2) @a^ile @. 897 ohm 2«ttte.
93terte3 Q3ucfy. <&ap. 16. (Snglanb unter (Sbtoarb, bcm Sefenner, toon 1042—1051. 299
ber ßf)rontf erl>eüt , baß ©obwin im Stanbe war, nach ©utbünfen ben
^öntg ju bcftimmen, baß er biefe$ unb jene6 23i6tf)um Sttöndjen »erleiden
mußte, welche bie ©nabe be£ (Sarlö genoffen.
2ßtrb nun ©obwin feine ©ünftlinge für nichts, ober, wie man fagt,
um ©otteö Stilen, auf reiche Stüf)le beförbert haben? 9D?eine$ @rad)ten3,
SJefn ! fottbem ich benfe, ©obwin trieb boptoelte Simonie : erftlicb inbem er
beut ©elfcfammler (Sgelrid) eine erflecflic^e Summe für ben geleiteten 2)tenft
abverlangte , §weiten3 inbem er eben bemfelben bte weitere SBcbtngung auf*
erlegte, jene ^unftftraße au$ ben (Smfünften feineö 93i$n)um$ §u erbauen.
9)itttelft legerer Maßregel erreichte ©obwin allem 2lnfd)eine naa) nod) einen
befonberen 2>votd. 2)er @f)ronift fügt feinem ^3ert*te bie 33emerfung bei,
ber 93au ber (Straße r)abe bte größte greube unter ben 9iortl)umbricrn er-
regt, nur allein bie (Stnroclmer von $)urr)am (welche ba3 ©elb fd)Wtt$en
mußten), feien unjufrieben barüber gewefen. 9hm ftanben bie Northum*
brter unter ber Verwaltung be$ (SarlS Siwarb, welcher ber politifebe @eg*
uer ©obwinS war. 3nbem batjer legerer ben neuen 33tfdt)of von 3)urf)am
nötigte, ber bäuerlichen unb gewerblichen Söevölferung 9^ortl)umbnenö eine
große 2öot)ltl)at ju erroeifen, verfet/affte er ftd) im ÜJttttefyunfte ber SÖtadjt
feinet ©egnerS Siwarb Anhang, greunbe.
£>te angeführten $ha*faaKn beweifen unwiberlegltch , baß (£arl ©ob*
Win bte §um 3afyr 1050 in baS Oledbt, 23ifc£)öfe §u ernennen, baö feit (Sr*
rtcr)tung ber germanifchen *Reicbe au6fd)ließlich ben fronen §uftanb, glücf*
liehe unb tiefe Eingriffe getl)an hatte, weiter, baß er ftdt) Einfluß auf 23e*
fe^ung ber Stühle tnSbefonbere in gällen anmaßte, welche ^tntergebanfen
verrieten, inbem er einen geiftlicf)en SSafallen, ber fein ©efct)öpf war, auf
ba6 Wichtige 3M8u)um ber £auptftabt §u beförbern fudt)te, einen feiten
wirflid) im Sager feinet volttifa)en Siberfad)er6, be£ (SarlS Siwarb, unter*
gebracht r)at.
(Sin weiterer Schlag gegen ba6 $öntgn)um — unb $war ber ftärfftc
von allen, bie bi3r)er fielen — erfolgte im näct)ften 3af)re — 1051. 9cun*
mer)r gefaxt;, wa£ ich fcf)on oben berührt habe: Äöntg Abwarb würbe ge*
nötigt, bie ^riegöfteuer, mit welcher — wie glorentiuö fagt,1) feit 38
3ar)ren, ober feit 1013 bte b auffegen Sölbner befahlt würben, feinem
SSolfe §u erlaffen, unb bemgemäß bie Sljmguu) aufjulöfen. Wlan ift be*
rechtigt, baö Beiwort bäntfet), welches glorentiuS bem £auptbcgriffe „Sölb*
ner" beifügt, §u betonen. Sicherlich waren bie Solbaten, bie bie §um
grühling 1051 in ber Sfytnglttl) bienten, lauter ober faft lauter 2)änen.
') Flores histor. 626 unten: rex Edwardus absolvit Anglos a gravi vectigali tri-
cesimo octavo anno , ex quo pater suus rex Aethelredus primitus id danicis solidariis
solvi mandarat.
300
$a6ft ©regotiuö VII. unb fein Bettatter.
Denn roir rotffen1) ja, baß (SbroarbS Vorgänger, £arbtfnut, ber bte
$f)fagiftfy' in ftrengfter alter gorm fyerftellte unb 51t btefem 3roetf fernere
©teuevn erljob, lauter Dänen mit ftcb I)erüberbradt)te.
3ef3t entfielt eine grage, auf n>dcj)e erigififäje ßfyroniften unmittelbar
feine Sintbert geben, fonbern nxld&e roentgftenS in erfter Sinie nad) ©rünben
ber 2M)rfcf;etnltcr;f eit entfd;teben »erben muß: roaS rourbe aus ben abge*
banften ©olbaten ber Sfytnglitf)? &e| man btefe Dänen rul)tg in (Snglanb,
ober r)at man fte in ifjre £etmatr) fortgefcf)afft? Offenbar ift legerer gall
uuenbltd) tt)a|rfc|emlidber, aU ber erfte. 60 gut Mnfy j?auut ber ©roße,
als er im 3af)re 1018 baS SBtfmger §eer oerabfcf;tebete, bie Ausgetretenen
nad) Dänemarf beförberte, eben fo gut rotrb man 1051 bie abgebanften
$r)tngu'tl)men nad) tr/rer £eimatrj gefa)tcft fyaben. Denn Raufen fyerrenlofer
©olbaten ftnb fd)Itmme ©äfte für jebeS £anb.
Unb nun auf btefem fünfte metner ^eroeisfübrung angefommen, be*
Raupte td): ein Seugniß ift roirfltd) oorl;auben, baß bte ©olbaten ber auf*
gelösten £r)mglttr) nad) Dänemarf §urürffel)ren mußten. Die oben erroäfynte
©tefle AbamS oon Bremen lautet:2) „©obroinS ©öfyne fähigen fcon ben
§roet 23rübern beS DänenföntgS ©wen, roeld)e beiDe Anführer t>on Gruppen
in (Snglanb roaren,3) ben einen, 23jörn, tobt, ben anbem, DSbern, oertrte*
ben fte fammt allen feinen beuten aus bem Sanbe." deines (£r*
achtens ift bte t>on glorentiuS berichtete Abbanfttmj ber aus Dänen beftefyen*
ben £f)inglitl) unb DaS, roaS ber Wremer 5lbam erjäfylt, ein unb baffelbe
(Sretgniß. SBjöm unb £>Sbem ftnb Anführer ber Sfytnglttf) geroefen. SBenn
£)Sbern oon le^tgenannter (Schaar fpraa), roirb er gejagt fjaben, meine
Seute. Die gleiche SKebeform mochten Die braueben, roela)e, rote ber ^Bremer
Aoaut, ftd) in £>SbernS ©eele r;inetnoerfc£ten. Gmbltd) bie fämmtltdjen £eute
DSbernS, bie mit tf)m, genötigt bura) ©obroinS ©ölme, (Snglanb oerlie*
ßen, muffen als bie abgebanften 6ölbner ber aufgelösten £f)tnglttf) betraf
tet werben.
£temit fällt auf mehrere ^auptpunfte ber großen Maßregel tiom
grül)ling 1051 2td)t: man fielet erftltd), baß bie Auf lö jung ber Sfjtnglttf)
burd) bie $änfe ber ©obrotntben bem Könige abgepreßt roorben roar,
tenS baß fte gemäß ben Abfragen ber Anftifter jugleic^ einen 93rud) %tou
fcfyen (Sbroarb unb bem Dänenfönige @roen in ftd) fd)loß. 9?ad)bem bie
©obrotntben ben einen feiner SBrüber erntorbet, ben anbem fcfytmpflicf) auS
(Snglanb fortgetrteben fyatten, fonnte <5roen ntct)t mefjr fjoffen, baß ßbroarb
ben früher erroäfynten (Srbfolgesertrag einhalten roerbe, ober otelmefyr ©roen
mußte geroärttg fein, baß ßbroarb oon (Snglanb, felbft roenn er perfönltd)
4) Oben @. 89 flg. 2) %tx$ VII, 340.
3) Qui in Anglia duces erant.
S3ierteö 93uä). ßap. 16. (Sngtanb unter (Sbroarb, bem 33efenner, öon ! 042— 1051. 301
$u fernerer ^Beobachtung be3 Vertrags geneigt geroefen toäre, bureb bie
übermächtigen ©obroiniben t>erl;tnbcrt »erben würbe, fein 2Bort 31t erfüllen.
Gnu ^weites (Sreigntß oon faft gleicher SBebcutung trug ftet) balo nad)
Sluflöfung ber 2$fngfttty — im ^erbfte 1051 — §u. (Der frau§öft|ct)c
©raf (Suftacttuö »011 SBoulogne, ©emaf)l ber €cr)tt>cfter (SbroarbS, machte
am englifeben $ofe einen SBefmt, ber eine 9Reir)e fd}limmer Seibenfehaften
enrfejfefte. 3d) muß $unäcbft bie Sfyatfadje ber Vermählung fcftftellen. 2)er
50iönct) tton 9)Mmeebun; fetmeigt über bie Sät bcS 2lbfcbluffe3 ber (St)e,
er brauet:1) tum dußadjftti ben 2(u6brud, berfelbe fei bureb gefe{3lid)e 1qc\*
ratt) mit ©oba, ber SBtttme Waltere oon SDtanteS unb Butter be3 @ra*
feit Otabulf, »erbunben geroefen. ©ne ungebrudte angel|äctftfd)e dljxomt
bagegen gibt $u oerfter)cn , 2) baß bie Vermählung ©oba'3 mit (SuftacbiuS
furj oor ber Slnfunft beS lederen tu (Snglanb oor ftd) gegangen, baß alfo
bie Dfeife be$ 93oulogner3, um in jetziger 2Öeife ju reben, eine ^ocbjeitS*
reife roar. 2luf bcnfelben (Sinn läuft meinet (Sract)ten6 bie unlatiuifche
SÖenbung3) r)inau$, mittclft welcher glorentiuS bie feäxatf) be3 53oulog*
nerS ermähnt. Äitr^, alle 5ln$eigen fpredt)en bafür, baß (£uftad)tuö bie
SQ3ittroe im Saufe bed 3af;r3 1051 unb jroar ungefähr im (September
ober ntett lange juvor, geerjelicjt I)at.
gaffen wir je^t bie ^erfönlichfeit unb ben 33eft|$ beö ©rafen inö
5tuge. (Suftadu'uS ftammte aus einer (Seitenlinie be$ §aufe3 $ontr)teu.
jtönig Sothar oon granfretet, ber (Eobn 2ubrotg3 be$ Ueberfeeifchen, r)atte
im Safyre 965 nad) bem £obe beö SDkrfgrafen Arnulf oon glaubern biefe
*Prooin$ mit ^rieg überwogen, unb mehrere weftliche ©treefen berfelben,
namentlich bie SSqirfe von SBoufogne, @t. ^3aul, ©uine$, abgeriffen, bie
er afö 2el)en an ben ©rafen 3Bil^elm von $ontl)ieu übertrug, ber fte mit
ber ^cit unter feine 6ör)ne r>ertl)etlte. ©0 entftanben bie abgefonberten
@raffd;aften, SSoulogne, <St. $aul, ©uinc£. Ü)er erfte ©raf oon Sßoulogne
war ein (Sor)n beö ebengenannten SBiÖjelttt, SRamenS (SrniculuS, ber in
einer Urfunbe von 972 aufgeführt Wirb.4) 5luf biefen folgte5) 28ibo, oon
bem man niett weiß, ob er ein 6of)n ober ein SBruber be$ ©rntculug ge*
wefen ift. 9?ach bem £obe 2Bibo'3 erbte bie £errfcf)aft 53ouIogne beffen
€ol)n S3albuin, ber 1033 bura) feinen SBerroanbten, ben ©rafen 2(ngelram
l) ©aoile ©.81. 2) ßa^^enberg, ©efc^tc^te Onglanbö I, 506. 9?ote 3. 3) Flo-
res histor. @. 626 unten: bononiensis comes Eustachius, qui sororem Edwardi regis,
Godam nomine , in conjugiuin habuerat, Dorvernium applieuit. 3)er (S^ronijl Unfl offen;
bar ntdjt fagen: @ufiac^iuö ^abe efyemalö bie ©c^iüejier (Sbtoarbö jur ®emat)ftn gehabt
unb le^tere fei jur Seit ber Steife fdt)on geworben getoefen — benn ©oba lebte bamalö —
fonbern feine Meinung ifi bie: e^e @u|!ac^iuö in 25otter lanbete, ^atte er fidj mit ®oba
termäf)lt, ober l)atte er ©oba jum SGBeibe (in conjugium) genommen (habuerat). *) 53ou*
quet XI, 296. 6) Ibid. (5. 346, a. b.
302 $a&ft ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
von *Pontr)ieu, crfd^lagcn warb. Der ©emorbete ^interltef einen (Sohn,
(Suftachiuö I., ber ben ^Beinamen mit bcm 2luge erhielt,1) uttb, rote e$
fcheint, erft nad) bem Sobe 2lngelram6 von *ßonthtcu, ba$ (Srbe feinet
SSaterS antrat. @uftaa)tnö £ roar vermäf;It2) mit 9tftatf)übe einer £od)ter
beS ©rafenf)aufe3 von Trüffel unb Söiien nnb (Snfeltn be$ testen (Sar*
lingerS, jenes £er§og3 (Sari von Trabant, bie ü)m einen gleichnamigen
Sofyn, (Suftachiuö IL, gebar; er ftarb, roie e6 fcfjetnt, vor 1050.
6etn Nachfolger rourbe ber eben erroäljnte (SuftachutS II. Diefer
muß c8 geroefen fein, ber 1051 bie 8d)roefter bcö Könige (Sbroarb von
($nglanb ehelichte. 3öenn ifyn gtorenttuS von Sorcefter ben älteren nennt,
unb baburdt) von einem jüngeren unterfd)eibet, fo folgt barauö fcineäwegS,
baf ntdcjt ber ©or)n beS erften (Suftad)iu6, fonbern ber 33ater felbft gemeint
fein müffe. Denn auch untej ben ©proben, bie ber §roeite (£nftad)iu6 sengte,
roar ein gleichnamiger, (Suftad)iu6 III., ©ruber ©ottfriebS von ^Bouillon,
be# nachmaligen erften Königs von Serufalem. tiefer britte (Suftacf)iuö
lebte §u gleicher Seit mit bem (Styroniften von SBorcefter, unb e6 ift bal)er
begreiflich, baf glorentiuö ben SSater beffelben §um Unterfchieb von bem
@ol)ne als ben älteren bezeichnet.
Nicht bloö ber ^auvtftamm von ^ßontl)teu, fonbern auch bie neu ge*
grünbeten Neben§roeige, roaren feit ber Seit, ka f*e wit bem Naube be$
Kaufes glanbem auögeftattet rourben, in fühlbare 2lbf;ängtgf eit »Ott ber
jlrone granfretch gerathen. Dtef gilt inSbefonbere vom §roeiten @uftachiu6,
bem ©emable ber ©oba. 3n bem langjährigen unb erbitterten (streite
^roifchen Äönig Heinrich I. unb bem Normannenher§og Wilhelm bem ©aftarb
ftanb ber SBoulogner ©raf auf (Seiten ber $rone. SOSir rotffen ja,3) baf
jener ungetreue £)f)etm be$ £er§og3, 2Btlf)elm von SlrqueS, nachbem er
buref) feinen ftegreichen Neffen au6 bem £anbe vertrieben roorben roar,
an ben f leinen §of von ©oulogne floh, unc f° ^an9e er ^eüte/ ^on
ftachiuö II. ein ©nabenbrob erhielt. Unverfennbar fah ber glüchtling in
bem ©rafen von SBoulogne einen geheimen ober offenen geinb be£ Nor*
mannent)er§og3 unb einen 25unbe3genoffen beö Königs Heinrich I.
Die §eirath beS 23oulogner3 mit ber Sittroe 2öalterS von 93tauteö,
roar, rocnigftenS roa3 ihn betrifft, eine politifche, auf ©enumt berechnete, ©oba
fann möglicher Steife eine leibliche ober eine (Stieffchroefter (SbroarbS ge*
roefen unb folglich bem erften (£f)ebette (£tl)elreb3 mit ber 2lngelfäd)ftn 5lel*
flebe, ober bem §roeiten mit ber Normannin (Smma entfyroßt fein. 3m
erften galle wählte fte bamalS roenigften^ 50, im §roeiten gegen 40 3al)re.
Damit fttmmt überein, baß ©oba au^ erfter (Sf)e mit Salter einen 6ohn
4) Ibid. @. 346, a. b. 2) S3ouquet XI, 206 oben , toerglid&en mit art de verifier
les dates II, 761, b. unb III, 99 unten a. b. 3) DUn ©. 261.
93ierteö 93udj. @ap. 16. (Snglanb unter (Sbtoavb, bem 93efenner, von 1042—1051. 303
Dfabulf fyatte, welcher ben Äönig Abwarb 1042 nach (Snglanb begleitete,
im 3ahre 1051 Truppen befehligte, folglid) niebt wol)l unter 24 3al;rc
alt gewefen fein fann. SlnbererfeitS war ber Boulogner @raf 1051 ein
junger SDtami, benu er Ijat über 1093 l)tnauö gelebt.1) 2Bcld)eS mag bie
Berechnung gewefen fein, bie ben jungen ©rafen bewog, bie alte 2ßtttwe
§u ^eirattjen!
■deines (SracbtenS läßt ftd) faum ein anberer @runb benfen, als ber,
baf? $önig Abwarb für ben gall feines TobeS bem Boulogner felbft, ober
ben ^inbem, bie er etwa mit ®oba zeugen würbe, bie Nachfolge §uge*
ftcfjert ^atte. 2öte paft btef $u ben bamaligen Verwicklungen ! ! Abwarb
war neulich burd) bie ©obwiniben genötigt worben, mit Swen t>on 3)äne*
marf §u breeben unb äugletd) ben mit if)m abgefchloffcnen (Srbtfertrag ÜjaU
fäd)Iia) §u (öfen. 2lud) erreichte um jene Seit bie Spannung §wifd)en bem
£ofe unb bem £aufe beS (SarlS sonnen* , Suffer unb Keffer ben pafften
@rab. Abwarb wufjte, baß alle bie verruchten Streiche , welche von btefer
(Seite ausgingen, barauf abgelten, ben ©obwiniben bie Bat)n auf (Sng*
lanbS Ztyon §u ebnen. 3n ber menfehlichen 9?atur liegt eS, ba(3 ber Äöntg,
wenn anberS eine gunfe SftannSfraft in ir)m war, Widern aufbot, bannt
bte efjrfüchtige 5tbfta)t ber ©egner vereitelt werbe. (§r §at eS getfjan: burcr)
bie Vermählung ber Sd)wefter mit bem Bouloguer [teilte er einen neuen
Sr^onerben auf unb glaubte einen Stria) bura) bie Berechnung ber ©ob*
winiben gemalt §u tjaben.
2)a§u aber, ba£ Abwarb feine 2öal)l gerabe auf ben Boulogner lenfte,
hat meinet drachtenS ein dritter, $önig Heinrich I. oon granfretch, mit*
gewirft. 2)em ßapetinger fonnten Weber bie geheimen Slbftchten, bie ber
fürchterliche 9tormannenher§og auf (Snglanb l)e§tt, noch bie Verlegenheiten
beS ^öntgö Abwarb verborgen fein. 2Öenn bie £)inge nach Heinrichs I.
$opfe gingen, follte ber Normanne um feinen* $reis feften guf in (£ng*
lanb faffen. 2llfo empfahl er bem angelfächftfchen Machbar ben ©rafen von
Boulogne §um Schwager, unb (Abwarb fchenfte um fo bereitwilliger ben
franjöftfchen (Sinflüfterungen fein Dfy, weil (SuftachiuS als füufttger Xfyoxi'
erbe nia)t nur auf ben Beiftanb beS mächtigen ihm verwanbten £aufeS
^onthieu, fonbern auch auf bie £ülfe beS franjöftfchen §ofeS rechnen burfte.
Ü)enn ber Boulogner war ja ein begünfttgter Schübling Heinrichs I.
SWerbtngS ift für ben eben entwickelten 3ufammcnhang bamaliger Ver*
hältniffe fein beftimmteS 3cugnij3 vorhanben. dennoch fann ein bünbtger
Beweis geführt werben. Sag ber Vermählung beS Boulogner ©rafen
mit (ibwarbS Schwefter bie 5lbftcht $u ©runb, (öfterem ein Stecht auf bte
Nachfolge in (Snglanb $u verfebaffen, war folglich biefer 5lft gegen bie ©ob*
') Art de verifier les dates II, 762, b.
304
5PaB.fi ©regoriuö VII. unb [ein Btitalkx.
roüriben gerietet, fo ift bei bem befannten ßfjarafter ber (enteren bie *8or*
auSfcijung unabroeislich, baß fte bem SBoulogner ©rafen tri ben 2Beg ge*
treten feien. ©efetyar) folcbeS, fo barf man obige Slnftcbt als erliefen
betrauten. ©efd)al) eS ntdbt , fo fällt fte in ftd) §ufammen. SBoblan bie
$robe trifft glän§enb §u. 3dj fommc auf ben SBefucf) beS SBoulogner ©rafen
jurücf, £on bem td) ausging.
Söttt einem ftattltdjett (Befolge tton ^Bewaffneten erfaßten (SuftaduuS im
September 1051 anf englifctjem SBoben. £>ie ^Berichte ber engltfd)en
ftortfer laufen in Lebenbingen . auSeinanber. Saut ber !Darftellung %) beS
glorentiuS brachen bie §änbel fogleicf; aus, nac^bem (Suftacf;iuS in 3)oüer
gelanbet roar, roäfyrcnb bie ©ad)fen*(£r)ronif unb anbere S^gen ben 5ln*
fang ber blutigen Laufereien in bie Seit tterfefcen2) ba ber SBoulogner, auf
ber Lüclleljr oom £ofe begriffen, §um $roeitemnale nad) 3)ooer fam. 93er*
febiebener Umftänbe roegen glaube tdt) ben £e§teren folgen §u müffen. Äöntg
(Sbroarb l'telt in ©lofter §of, bort fanb jtdj (SuftadnuS ein, unb roarb gut
empfangen. Lad) einiger 3?it trat er bie Lücfretfe an. 5lufpaffer be*
merften, baß er bem neuen ($r§bifd)ofe Robert t>on Ganterbun) einen SBefud)
abftattete, fo roie baß (Suftad)iuS unb bte ßeute feines ©efoIgS eine 9Leile
üor !Dooer, baS bem (Sari ©obroin gehörte, angekommen, tljre SBaffenrüftung
anlegten. Sie fal)en alfo bort einen Angriff vorauf. Dljne Unfall ritten
fte in 2)otter ein.
Seit ber 2)änenf)errfa)aft beftanb in (Snglanb ber ©ebraud), baß 6ol*
baten ber £rjütglttr), roenn fte in beS Königs Ü)ienft burd) baS Sanb §ogen,
bei ben ^Bürgern ber @täbte eingelagert rourben. ^Desgleichen roar eS ntd)t
bloS in (Snglanb, fonbem in allen germanifd)en Leid)en üblid), ©efaubte
unb grembe r>on r)of)em Lange, roelcrje an irgenb einen §of gingen, roäf)*
renb ber Leife auf öffentliche Soften §u beroirtfyen. JDenn große ©aftl)äufcr
in heutiger Steife gab eS bamalS nic^t. 3d) oermag bafyer nichts Unge*
bül)rlicr)eS barin §u fefyen, baß (£uftad)tuS unb fein ©efolge biejentgen 23ür*
gerfyäufer beS £)rtS £>ooer ju tfjrer t?orübergel)cnben Verberge ausrollten,
bie if)nen am beften gefielen.
©leidjrool)! entftanb roegen ber (sadje Streit. (Sin ^Bürger roiberfe&te
ftd) bem (Eintritt eines ber gran^ofen in fein «gwuS, unb roarb »ort lejj*
terem tterrounber. 5lnbere ^Bürger eilten l)erbet unb ftreeften ben gran^ofen
nteber. Lun griff baS ganje ©efolge §um ©eroeljr, unb ein Heines treffen
entsann ftcf) , in roela)em gegen 20 (Snglifdje aber nod) meljr gran^ofen
fielen. Uebermannt, mußte (Suftac^iuS ben £)rt tterlaffen unb flol) an ben
£of naef) ©lofter surücf. Jtörug (Sbroarb roar burd) bte am eigenen @a)roager
*■) Flores histor. @. 626 unten. 2) Chronic, saxonic. ad a. 1051. Guilielmus
malmesbur. bei «Saöile @. 81 unb fonft.
SßierteS 93ucfy. (SaV- 16. (Snglanb unter (Sbtoavb, bem 29efenner, \jon. 1042 —1051. 3Q5
verübte 93erle£ung be$ ©aftred)t3 auf'3 ttefftc beleibigt unb fyanbelte fo,
tote an fetner (Stelle jeber efytUeknbe ,§crrfd)er Verfahren würbe. (Sr be*
fd)ieb ben (Sari ©obwin vor ftcf> unb erteilte ü)m in ftrengen Sorten ben
Auftrag, unverweilt bte Bürger von 2)over $u $üd)tta,en. 3)er (Sari ver*
weigerte ben ©efyorfam unb verlangte, baß erft bte ©tabtvorfterjer ge*
r)ört werben follten. (Sr fe^te folglich vorauf, baß ba$ Unred)t auf Seiten
beS ©rafen (£uftad)iuö unb feiner ©efäfyrten fein fömte, wa3 eine neue
SBeletbtgung für ben Äöntg war.
Ueber bie weiteren (Stn§efnf;etten gelten abermals bte 23ertd)te auSetn*
anber. 3a) fyalte mtd) an bte fünfte, über weld)e alle übereinftimmen.
©obwin unb feine ©öfme ber)anbclten bie ©ad)e ntd)t mefjr a(3 eine 9iea)t3*
frage, fonbern griffen ju ben Sßaffen, 2lufrur)r erl)ebenb. 2)ie Mannen
von Jlent, ©uffer, Keffer, Drforb, ©lofter, £erfort, ©ommerfet, 23erf*
ff)tre, (Effer, Dftanglien, Huntington, (Edmbrtbge würben bura) ©obwin
unb beffen jroet ältefte ©öf)tte, (Erven unb §ara(b, aufgeboten. 9cun rief
aua) ber Jtönig ben ©rafen Ofabulf, feinen Neffen, unb bie (Sarle ©iwarb
von 9?ortf)umbrten , Seofrif von -Siemen mit tfyren ©cbaaren gerbet. 2)tc
eine <£>ätfte (EngtanbS ftanb gegen bie anbere unter bem ©ewefyr.
©leid) ju Anfang ber Bewegung l)atte ©obwin bie gorberung ge*
ftellt, baß ir)m ber ©raf (Suftaa)tu$ von SBoulogne, fo wie fämtntlta)e
Normannen, beS jlöntgS ©ünftlinge, alö grtebenSftörer uitb £anbver*
berber $ur gebüfjrenben SBeftrafung ausgeliefert werben müßten. ÜMefeS
Slnjtnnen verfemte ben $ömg in feinen geringen ©d)recfen, afö aber bte
9?ortr;umbrter unb SWcrcter rjeranrüdtett, faßte er Wlufy unb gab eine ab*
fa)Iägtge Antwort. Saut ber 33erfta)erung beS Florentius brannten bie Seute
beS £eofrif unb ©iwarb vor $ampfbegterbe unb verlangten gegen bte
(Empörer geführt ju werben, unb man muß befennen, baß baS $erfaf)ren,
weldjeS fofort ©obwtn unb feine ©öfme etnfa)lugen, btefe SluSfage be*
glaubigt. 2) od) verfua)te $önig Abwarb, el)e e$ §um Kampfe fam, nod)
einmal frtebltd)e Littel. (Sr fd)rteb auf ben ©pätrjcrbft 1051 einen 9tetd)S*
tag nad) £onbon aus, bem (Sari aber ließ er melben: ©obwtnS ältefter
©or)n ©wen fyabe als überwiefener £od)Verrätr)er fogleta) baS £anb ju
verlaffen, ©obwin felbft möge mit feinem jüngeren ©o^ne £aralb vor bem
$eta)3tage erfa)einen, aber unbewaffnet unb nur mit §wölf ^Begleitern. 3)a*
gegen müßten er unb §aralb aHe ©olbaten, bte fte tn gan§ (Snglanb be*
fäßen, unverweilt In ben £)tenft ber tone übergeben.1)
Septem *ßunft fann faum einen anbern ©tnn fyaben, als ben: nad)*
bem bte $rone im vorigen 3af)r genötigt worben, bte Sfjtnglitr) aufeu*
löfen, bürften aud) bte ©roßen feine ,g>auStnrjtyen mef)r galten, fonbern
') <Saöile <S. 81 unten,
©fröret, *ßabfl ©tegortu« vii. 93b. m.
20
306
*ßabfi ©regoriuö VII. unb fein Seitalter.
feien fcr)ulbtg, Diejenigen, weldie fte nod) Ratten, an bie j?rone abzutreten,
©obwin unb feine jwei älteften ©oljtte verwarfen bie gepellten 23cbingungen;
aber bie Sftacr)!, weiteren 2Biberftanb ju leiften, entfctjlüpfte ifyren Rauben,
glorentiuö fagt, baS $eer, ba$ fte Anfangs gefammelt f)ätten, fei tägltd)
burct) SluSreißer verringert worben unb mer)r unb mel)r §ufammengefd)mol3en.
3nbeß war ber $eicb6tag, von (auter (Gegnern ©obwinS befcbicft, $u
fammengetreten unb benü$te ben günftigen Slugenblid. 5)a6 Urteil würbe
gefällt, baß ©obwin unb bie Seinigen innerhalb fünf Sagen ben SBoben
beS !Retdr)ö metben follten. £>ie $erurtf)eiltcn mußten ger)ord)en. ©obwin,
feine ©emarjlin ©t;tf)a, unb brei (Söfyne, Softtg (btefer mit feiner neuver*
mähten ©attin Subttf), einer Softer beö §aufe3 glanbern), ©wen unb
©urtt), eilten nact; bem ©ute £r)ornety (auf ber $üfte von ©uff er), beluben
bort ein 6a)iff mit fo viel ^oftbarfeiten, al6 e$ §u tragen vermochte, unb
flogen nact) glanbern. 3mi anbere ©öfme, £aralb unb 2eofwm, roanbten
ftct) naa) heften, gingen §u SBrifftove (bem heutigen 93riftol) §ur 6ee unb
fegelten nact) 3rlanb, voo fte @d)u£ fanben.
deines (Sracfjtcnö ift unzweifelhaft, baß ©obwin bie ©cenen in 3)over
fünftttdt) jugerüftet r)atte, um ben SBoulogner ©rafen, beffen ^g>etratt) il)m
au$ ben oben entwidelten ©rünben ein ©reuel war, unb mit (§uftad)tu$
bie ganje $artf)ei ber eingewanbertett Normannen §u verberben. £)emt
Wären bie Bürger von £)over feineö feften $üdf)alt6 verftctjert gewefcn,
fo würben fte eS nie gesagt haben, ©afte ifyreS Königs rütfftchtSloS §u
befdnmpfen. 2)er verfugte 5lufftanb mißlang jebocf;, unb §war r)au!ptfäcr>
lieb beßfyalb, weil bie (Sarle von Üftorbenglanb, wo feit bem 9. 3al)rl)unbert
vorfyerrfdjeub 5lnftebler bämfc^en ©eblüteS faßen, bem bebrofyten Röntge in
einem Umfange SBeiftanb leifteten, ben ©obwin ntc^t erwartet ^atte.
Ü)te Königin (Sabgitr), längft tf)rem ®emal)le verfaßt, erlag bem gleichen
@cr)teffale rote if)re SSeiwanbten. Sie würbe verftoßen, uad) bem grauen*
flofter Sfjcrroell gefdu'dt unb bort etngefperrt. $on ber läfttgen 5lufftd)t
©obwinS befreit, befe#te $öntg (Sbwarb bie erlebigten <5tüf)le beö $eta)6
nacr) feinen 2öünfcr)en, unb verteilte bie ben ©obroiniben abgenommenen
©ebtete unter bie ©efjülfen bc3 (Siegel. 2)er Normanne 2ötlf)elm erhielt
je£t baö s:8t$tr)um Sonbon. 2öte e£ fcf>emt, §u Anfang be$ 3al)rö 1051
war ber Metropolit 5lelfrtf von g)orf mit £ob abgegangen,1) ber ilönig
err)ob auf ben erlebigten @r§ftuf)l, ben zweiten be6 Geichs, einen feiner
Kapellane, Iftmenö Äinftn. Mit ben ©raffdjaften 3)orfet, ©ommerfet, 2)e*
vonfl)ire würbe £)bo bebaut,2) ber gleichfalls ein eingewanberter normal
mfcr)er ©ünftltng gewefen fem muß. 2)enn S33tll)elm von !0?almeSbur^
*) Flores histor. 626 gegen unten unb <Saütle <&. 441 gegen oBen. 2) @aütle
<S. 366 oben.
93terteg 93udj. (5a£. 16. ßnglanb unter (Sbir-arb, bem 93efennev, r<on 1042— 1051. 307
nennt1) tr)n neben $abulf, bem «Sohlte ber ©oba, einen 93erroanbten be6
Königs. S^ocf) entfdjiebener weist auf normanifcr)en Urfprung eine 6a}enfung
fytn, n>elcf)c £)bo traft einer nod) oorf)anbenen Urfunbe2) ber 9J?arienfircbe
Sonett machte. Die oerroirften gefyen, roelaje £aralb, ©obwinS 3weit*
gebomer, befcffen fyatte, fielen bem 6or)ne beS (Sari Seofrtf oon DJtercien,
9ügar, §u.3)
9cad) ootfenbetem @turje ber ©obvoiniben, unb $roar nod) oor bem
©cfyluffe beS 3afyrS 1051, erfaßten mitten im SBtnter ein jroetter oornefymer
©aft in Gniglanb, ber 9?ormanneiü)er$og SOSttyehn II. 3a) t>ertt?etfe auf
baS, roaS über biefen S3efitd) oben*) gefagt roorben. 9ftetneS (5racE)tenS
sollte ber Normanne ben fdjltmmcn Solgen vorbeugen, roe!d)e bie $ermäf)*
Iung beS ©rafen tfon SSoulogne mit ©oba für feine eigenen geheimen *ß(ane
fyaben mochte, oielleicfyt auefy ben böfen 6amen ausjäten, ben beS §er§ogS
2ef)enr)err, ^einria) I., ber jugleid) 23efcr;ü$er beS ßuftacfyiuS roar, rotber
iljn am ange(fäa)ftfcben §ofe auSgeftreut hatte. 3ngulf, ber fpäter (Sa*
peüan beS Eroberers vourbe, erjagt5) golgenbeS: „(Sbroarb empfing ben
©aft tjerjUcf) , führte i^n in ben Stäbten unb Burgen beS SanbeS fyerum,
beroieS ir)m bie größte 5(ufmerffamfett, unb entließ ifm reta) befa^enfr. Heber
bie 9?aa}fo(ge ift bamalS nia)tS §tt)ifd)en Reiben oerfyanbelt roorben."
Siegt nidbt in lederen Sorten eine oerfteefte Slnbeutung, baß QSteTe
bie 5lnftcf;t Regten, 3Bt(r)e(m fei in ber 2lbfta)t naa) Gmglanb fyerüberge*
fommen, um baS Sanb §u befd)auen unb fta) ber 9?aa)folge ju oerftcfyern?
3m Uebrtgen bin ia) oon ber 5ÖaI;rr)eit ber 2(uSfage 3ngu(fS überzeugt.
Da $önig (Sbroarb feinem neuen (Sa^roager (£uftad)iuS Hoffnungen auf ben
einftigen 93eft£ (SnglanbS eröffnet fyatte, fonnte er iuct)t jugleia) bem 9*or*
mannen baS nämlidje (Srbe §ufagen. 2lud) werben roir unten fer)en, baß
(Sbroarb im 3at)re 1054 — oietteidt in golge beS SlblebenS ber ©oba —
ben (Solrn feines längft oerftorbenen älteren ^albbruberS ßbmunb ©ifenfeite
naa) Gmglanb berief, um ifyn in bie SRedjte beS Sfyronerben einjufe^en.
Der ^ngelfac^fe backte alfo 1054 ebenfo roenig an ben Normannen
2Btlf)elm II., als brei 3afyre früher. (Srft nadj bem febneflen £obe beS
auö Ungarn J)erbefdt)tcbenen Neffen, faßte, fo fa)eint eS, (Sbroarb ben (&nU
fa)luß, bem Normannen bie 5(nroartfa)aft auf ßnglanbS Jlrone ju oerleiljen.
Die (Sf)e beS (Suftad)iuS mit ©oba fann nur fur§ gebauert fyaben.
9ttrgenbS ift mefyr oon i^r bie $ebe, roorauS ic^ fa)(ieße, baß fte balb
naa) 1051 ftarb. @0}on um 1055 fc^rttt ©uftaebiue §u einer neuen (S^e.
€eine jroeite ©emafylin J)ieß 3ba unb roar eine Softer ©ottfriebs beS
bärtigen oon Trabant. 3ba gebar6) bem Soulogner brei (Sö^ne, (Su*
*) <Sa»ile <S. 82 oBcre SKitte. 2) Calenberg, ©efd^tc^te »on @nglanb I, 510.
9lote 2. 3) ©attite <S. 366 oben. 4) <S. 269. 5) ©atttlc 898 oben.
6) $er^ VI, 707 oben.
20 •
308 ©vegorinö VII. unb fein fritalttx.
ftac^tuö III., ©ottfrteb unb Sßalbutn. 3)er §weitgeborne btefer €)öf)ne f>atte
ftd) bereite im Sflfyre 1076 einen tarnen d8 tapferer ©olbat erworben,
unb erhielt beftyatb ttom beutfcfyen Könige bie ^arfgraffebaft Antwerpen ju
Sefyen. *) ©ottfrteb wirb bamalS ntebt t>tcl weniger alö swanjig 3al)re
gestylt ()aben, er ift affo um 1057 geboren unb bie §weite (Sfye feinet
SBaterS fällt in bie angegebene 3ett. 35on ber erften (Sfye be$ (SuftadjiuS
wtffen bie ©Ijrontften be$ geftlanbö nichts, offenbar weit fte balb öergeffen
würbe. 3)ocf; (Suftacbiuö felbft behielt fte in gutem 5lnbenfen, benn aus
fpäteren ^anblungen beffelben, son benen unten bie 9febe fein wirb, gefyt
I;ert>or , ba£ er ein Ofectjt auf @nglanb3 $r)ron §u fyaben glaubte.
%ub)t\)\\Uz Capitel.
©obnnn unb feine ©öljne festen beroaffnet nacr) (Snglanb $urücf unb fcfyreiben bem Könige
(Sbroarb 33ebingungen »or. Verbannung ber ganjen normannifdjen *ßarüjei, ffiieber*
einfeljung ber tterjlofjenen Königin. SDtc ^öujefarle , ober bie Slottenmannfdjaft,
ioelcfje bei Sluflöfnng ber gu £anbe bienenben Xtyinglitlj betfammen geblieben roar,
fteljt auf ©eiten ber ©obnuniben. 9tacr) Vertreibung ber Normannen ftü£t ftcr) ber
.König nur noer) auf bie r)albbänifcr)en Jpäu^tlinge beö nörblicr)en Qynglanbö, auf bie
(Sarle Seofrif »on Sftercta unb ©üoarb tton SfcortljumBrien. ©egenfatj gtoifdjen ber
angelfäcfyftfdjen 93efcölferung im ©üben, roeldje ju ©obnu'nö «£>aufe fjält, unb ben
Veroolmern beS nörblidjen XfytiU. ©obloin ftirbt an Dftern 1053 j aber feine
Söljne £aralb unb Tofiig feijen ba3 SGßerf beS 93ater6 fort unb überwältigen all*
mäklig burefy oerfcr)iebene Littel bie (£arle tton Slortfjumbrien unb Sftercia. .König
(Sbroarb ruft ben @oljn feinet £albbrubev3 (Sbmunb ©ifenfette nacr) (Snglanb , um
ü)n jum $l)ronfolger ein$ufe£en ; aber berfelbe roirb gleich nac^ feiner Slnfunft in
(Snglanb burcr) bie ©obnuniben vergiftet. 3e£t tritt ber unglücflidje .König juerft
mit SBiUjcIm von Sftouen in ünterfyanblung roegen ber 9iadj) folge. Saljre 1052 — 1059.
2)te greube (Sbwarbö unb ber 9?ormamtenpartl)ei über ben ©tur§ ber
©obwiniben l)at ntcrjt lange gebauert, fd)on im Sommer 1052 trat ein
völliger Umfcf/Wung ein. 2Bäl)renb be6 Sintert wiegelten ©obwin unb
feine 6öfyne von 3rlanb unb gtanbern auS bureb geheime Unterf)änbler fyalb
(Sngtanb auf unb beretteten eine Empörung öor. 3m grül)jar)r erfolgte
bann ein bretfad)er Angriff von 2luf?en r)er. 3utx\t fielen bie 28allifer unter
iljrem Röntge ©riffln, mit bem, wie e6 fdjemt, bie ©ör)ne ©obwtnö (Sin*
tterftänbmffe angefnüpft Ratten, in bie benachbarte §erfortfl)ire ein, feblugen
bie Normannen, welche bie @d)löffer auf ber ©rdn§e bewachten, unb »er*
beerten weithin bie ^ro^inj. Dann liefen bie betben mtä) 3ttob geflogenen
©obwintben, ^aralb unb Seofwtn, mit einer ftarfen 2ln$ar)l @cf)tffe nadb
bem ^anal von 33riftol au6, (anbeten auf ber ^üfte von ©omerfet unb
4) Lamberti chronic, ad a. 1076. $ßerfc V, 243 unten.
«ierteS 93ud&. (5a£. 17. ©efcfytdjte (SbtoarbS, beö gSefennerS, toon 1052—1059. 309
eröffneten einen ftegreid)en Mamp^ gegen ben neu cingefeftten ©rafen £>bo, ber
in wieberl;olten @cfcd)tcn friele feiner 2eute verlor. 3)er $ömg fonnte feinen
bebrängten 93a fallen nicht 51t ,!pülfe eilen, benn er wußte, baß ein britter
Angriff, gefährlicher als bie §n>ei anbem, tton glanbern l)er brol)te, unb
hatte ba^er feine ganje ©eemadjt, beftel)enb in 40 Skiffen, auf ber $heDe
t>on Sanbwid) aufgeteilt, um bie 53erbinbung jvotfefjen (Snglanb unb glan*
bem ju unterbrechen, unb ©obwinS glotte, wenn fte r)eranfegeln würbe,
jurücf§utreiben.
£)och ber alte ©obwin täufebte bie 2Öad)famfeit ber föniglichen $reu§er,
lanbete unbemerft in Jtent unb rief nun bie (Seeleute ber ^üfte, bie bereits
burch jene Unterhänbler gewonnen waren, §um Kampfe auf. 2ltle folgten
bereitwillig feinen gähnen, erflärenb, baß fie entfc^loffen feien, mit ihm ju
leben unb ju fterben. 2U3 ber Anführer ber föniglicbeu glotte t)ie^on «ftunbe
erhielt, ging er unter Segel, fud;te ©obwin auf, fanb ihn aber nicht, benn
©obwin wußte jebem Singriffe gefdu'dt auszuweichen. Unt>errtct)teter Ü)inge
fehrte bie glotte nad) Sonbon §urücf. SBiele (Sd)tffe fegelten nach §aufe,
Herrath war im (Spiel.
3Bäf)renb beffen f>atte ftd) ©obwin nach ber 3nfel 2Bigl)t unb ben
benachbarten Äüften geweubet, wo er fo lange voaxktc, bis feine (Söf)ne
£aralb unb Seofwin mit ben in Urlaub gcfammelten Streitfräften §u ihm
fließen. 3)ie vereinige glotte übertraf bie fönigliche an 3af)I unb $Otannfct)aft.
©obwin gab SBefef)!, baß bie *ßlünbcrungen, welche feine beiben Söhne bis
bahin ba unb bort verübten, aufhören mußten, nur Lebensmittel »erlangte
unb erhielt er auS ben *Prottinjcn. Unüerweilt fegeltc er gen £)ften, lief in
bie $hemfe eut unD crfct)ten am gefte ber (Srhöfmng beS ilreu^eS — ben
14. (Sept. 1052 — \)or ber £auptftabt Lonbon, beren SBürgerfcbaft be*
rettS für ©obwin gewonnen war. 3)er arme ^önig wagte gar feinen
^ampf: verjweifelnb unterwarf er ftdt) ben SBebingungen, welche ber (Steger
üorfchrteb.
Die §wei £auptyunfte lauteten bat)m : ©obwin unb fein @efd)lecht
ftnb in alle Sürben, @hren unb Sehen wieber etngefetjt. 3)te Normannen,
beS Königs ©ünftlinge, haben als LanbeSfcerräther auf ber (Stelle ben
S3oben beö $eid)eS §u räumen. 2luS befonberer ©nabe gemattete man bem
Röntge, baß er einige ber ungefährlich ften, an bie Abwarb befonberS ge*
wöhnt war, wie ben Diafon Robert, beffen (Sd)Wiegerfol)n Oficharb, ben
(Stallmeifter Sllfreb, 5lnSfreb genannt £af)nenfuß, unb etliche Rubere bei*
behalten burfte. ') 2htch (SbwarbS 9ceffe aus ber erften ©he ©oba'S, jener
^abulf, blieb.
2)te übrigen bagegen, getftltche wie weltliche Herren, mußten weisen.
*) Chronic. Saxonic. unb Florentii ad a. 1052.
310
tyabft ©regoriuS VII. unb efin ßdtalkx.
£)te bret 2Mfd)öfe, Robert von (Santerburty, Sill)elm von £onbon, Ulf von
£>orcefter, entflogen natf) ber 9?ormanbie. öfterer ging weiter, er begab ftcb
nach Siom,1) wo er feine klagen anbrachte, bie tf)re grüßte trugen, bann
fer)rte er in ba3 Softer 3umtegc3 §urücf, wo er ben £itel als (Srjbtfchof von
(Santerburv fta) beizulegen fortfuhr unb aud) fonft im nämlichen ©tmte wtrfte,
wie früher. Dura) feine £ftnbe liefen bie geheimen gäben, welche fettbem
jwifchen ben £öfen von Sonbott unb $ouen gewonnen würben2) unb jur
golge hatten, baß Abwarb bod) §ule|t bem Normannen 2Bttt)elm bie %fyon*
folge sufagte. 33ifa)of Silljelm von Sonbon erhielt fyäter (Srlaubniß nach
(Snglanb $urücf$ufer)ren unb fein 53t6t^um wieber anzutreten, glorentiuö
verftdjert, 3) fola)eö fei auS ^ücffta)t auf ben milben ^arafter Wilhelms
gefangen. £)en betben anbern (Slertfern würbe bie gleiche SSergünftigung
nicht §u
2)te normanmfeben bitter, bie bis 1052 in ^rtegSbienften (SbwarbS
[tauben, namentlich £)öbern *ßentecoft unb «£>ugo, betten, wie e3 fchetnt,
bie Bewachung ber walltftfchen ©rän§e anvertraut gewefen war, entflogen
nicht, wie bie bret (Slertfer nad) ber ^ormanbte, fonbertt fte wanbtett ftch
nach ©chottlanb, Wof)tn ihnen ber (Sari von Bierden, Seofrif, freien 3U-
gang öffnete.3) 2lu6 biefer $r)at Seofrifö erhellt meinet (Srac^tenö, baß
ber Herder wettig greube über ben Sieg ber ©obwimben empfanb.
S3on ben ©bitten ©obwinö feljrte nur ber (Srftgeborne, ©wen, iticr)t
in bie ^etmatr) jurücf unb §war nicht barum, weil er in ben legten 93er*
trag nicht eingefa)loffen worben war, fonbertt Weil er ntc^t mer)r lebte. 2)te
eigene gamtlte fchetnt ftdt) ber Verbrechen, bie er verübt fyatte, geformt §u
fabelt. Sär)renb ber SSater mit bem größeren Ztyil feiner <5ct)ne in
glanbem aU Verbannter weilte, alfo §wifd)en bem £erbft 1051 unb bem
grül)lütg beö folgenbett 3af)re3, trat ©wen eine SBußfabrt nach bem |etf.
©rabe an, auf welcher er ftarb. 3) ©ein £ob wirb Urfacfye gewefen fein,
baß (SbwarbS 9?effe, 9fabulf, bie @raffa)aft £ereforb, welche früher ©wen
tnne f)atte, behalten burfte.4)
Von felbft verfteht eS ftch, baß ©obwtn feine £od)ter (Sabgtytr) ntc^t
vergaß. Abwarb mußte bie verftoßene Königin au3 bem Softer abholen
unb wteber $u ftd) auf ben Ztyon ergeben. 2)a3 bureb OfobertS 23er*
bannung erlebigte (£räbi3tf)um ßanterbun; erhielt ber bisherige S3ifa)of von
Stttdjefter, ©tiganb, welcher ein 2£erf§eug ©obwittS gewefen ju fein fd^etnt.
5lber ber römtfebe ©tuhl betrachtete ©tiganb als einen (Sinbrtngltng unb
verweigerte tl)m bie Söeftättgung. 9Rtcht lange nachbem (Snglattb burdj
*) «Saüile ©. 82 Mtk. 2) Gesta Guilielmi ducis bei 2)uctje$ne <§. 18i, d.
»ergl. mit ohi$ev ©teile. 3) Flores histor. @. 626 gegen unten. 4) ©aöile <S. 81
obeve SWüte.
«BterteS 93uc$. (Sap. 17. (^efdjic^tc (SbtoarbS, beö JBefemtevd, *on 1052—1059. 31 1
ben $ormannenl)er§og 2Mf)elm erobert roorben war, büßte ©tiganb mit
£>f)ne 3weifel l)at bei ber Sftieberlage, tt)e(ct)e ßönig Abwarb 1052
erlitt, baö Reifte ber blinbe üftationalfyaß getrau, ben ber 2lngclfad)fe von
jet;cr gegen 9llle$, wa3 franjöftfd) fyeißt, t)egte. ^D^tt Sngrimm fal) ber ge*
meine Sftann bie vielen Normannen, welche mit bem Könige (Sbwarb fyer*
übergekommen, am £ofe tl>r ©lücf machten, ju Ofridjtfn'tmern unb (Styren
gelangten. Slrglifttg fdjürte ©obwtnö £au3 baö glimmenbe geuer unb im
grill) jafyr 1052 war ganj Qmglanb fo aufgelegt, baß ber Äönig unter*
liegen mußte.
glorenttuö entwirft von ber Sage ber Singe im §erbfte 1052 folgen*
be$2) S3ilb: „ßömg (Sbwarb wäre an ftd) mfy im ©taube gewefen, eine
©d)lad)t gegen ©obroin §u liefern, benn er oerfügte nod) immer über eine
bebeutenbe glotte, unb aud) ein großes 8anbr)eer befaß er. Allein biejenigen,
welche in betben Sägern ftdt) am Reiften burcr) Sfyatfraft au^eia^neten unb
in beren £änben bie (Sntf Reibung lag, roaren lauter 5lngelfacr;fen
unb biefe wollten nid)t wiber einanber tamvfcn." 9llfo aud) bie, welche
fcbeiubar §um Könige In'elten, fteuerten auf baffelbe 3iel loS, wte@obwin:
fie oerlangten ben ©tur§ ber normamttfdjen ©ünftlmge.
Stußerbem f)at nocr) ein befonberer Slnlaß ®obwtn$ ©ieg beförbert.
£)ben würbe bie ©teile ber (Sfyronü beö glorentiuS mitgeteilt, laut
weld)er ©obwin, al6 er in «ftent lanbete, an bie ©eeleute ber Mfte einen
Aufruf §um ^amtofe erließ, bem biefe mit großer ^Bereitwilligkeit golge
leifteten. 3)er 5lu6brud, mit welchem er bie ©eeleute be§eia)net, tautet
Butsecarlae ober Buscarlae. Sa3 nämliche 5Öort fommt in einer *Reir)e von
©teilen vor, bie im ©loffar bu ßange'S gefammelt ftnb. 3) 3Sergleid)t man
fte mit einanber, fo ergeben ficb folgenbe ©cfylüffe: 1) unter ber Regierung
JtöntgS Abwarb, unb §war vom 3af)re 1051 an, beftanb eine ^örverfa)aft
von ©eeleuten, bie ben tarnen SBuäfarle erhielten. 2) Sie Aufgabe ber
SBuSfarle war, bie $rteg6fd)iffe ber $rone $u bemannen unb bie £äfen be$
*Reid)6 §u bewachen. (Sin ßfyromft braucht §um 3af)re 1051 bie SÖenbung;
„SBuSfarte, welche bie ©eef)äfen §u bewachen r)aben." 3) Sind) nadj ber
Eroberung (SnglcmbS burd) SÖtfljelm bauerte bie ^örverfc^aft ber SBuSfarle
bis in'3 12. Safyrijunbert Innern fort. Sie Ableitung be$ SortS entfprictjt
vollkommen bem eben entwickelten begriffe. SBuffa ober 23u§a4) r)teß in
altenglifcfyer ©eefvracfye eine Slrt von großen ©djiffen, jtarle aber bejeidmet,
wie auö ber 3ufammenfefcung §u$karle erhellt, ©ee* ober ^riegöleute, bie
in Stenften be£ $önig3 ober anberer großen Herren fte^en.
l) «Savile @. 82. 2) Flores histor. @. 628 TOte. 3) Sub voce Buscarla,
9teue SluSga&e I, 821. 4) Ibid. @. 822.
312
^jafcft ©regovtuö VII. unb fein Bettalter.
2U3$anutI. um 1018 bte früher befajrtebene1) ©Heberung ber %fy\uy
Ittf) ober bte (Schaar ber ,£>u$farle fd)itf, r)at er fte gugletct) für bert £anb*,
Wie für bert <See*2)tenft beftimmt, benn eigene (5d)iffe waren ber £r)inglitl)
betgegeben unb naa) (Schiffen würben Unterabteilungen rtnb Safy berfelben
gemeffen. 3d) bin überzeugt, baß btefe (§tnrid)tung ftet; balb al3 unbequem
erwteö: ber ©eebtenft tfi von bem be£ £anbf)eere3 vx>efentttct) verfctiteben, alle
feefat)rcnben Nationen — felbft bte alten Börner — waren beßfyalb ge*
nötigt, ba£ £eer von ber glotte §u trennen unb eine eigene SOkrtne §u
begrünben. 3nt 3af)re 1051 würbe, rote td) oben §etgte, bte alte bämfcfye
£f)inglttf) aufgelöst; bte im engltfcfyen @olbe ftefyenben Ü)änen mußten fammt
unb fonberS baS £anb verlaffen. 3ft nun glaublich, baß btefe Wlap
regel aud) ben fonft mit bem £anbf)eer bereinigten glottenbtenfi traf. 3*
fage, 9?ein. ©obwin fjat ben «ftöntg §u 93erabfct;tebung ber £au6tru!ppen
genötigt, weil er bte $rone von ben 23afallen abhängig machen wollte,
aber unmöglich fonnte e$ feine Abfielt fein, bie ©tcberrjett be$ S^etc^ö gegen
auswärtige geinbe freizugeben. 2Mefe €>tcr)erl>ett beruhte aber roefeutlta)
auf ber glotte. 23ebrof)te ntd)t eben bamalö ber (Stfenfopf, ber in 9?or*
wegen l)errfcf;te, jener §aralb ^artraba, Qrnglanb unauSgefe^t? 2) £)f)ne
eine ftetS berette Seemacht vermochte ba6 O^etcr; ifmt ntdt)t §u wtberfter)en.
©obwin war ein 2krrätf)er am §ofe, aber «t<f! an ber Nation.
5lu3 ben oben erwähnten, bie 25u6farle betreffenben 3^ugntffen erhellt,
baß bei 2Mftrecfung ber großen Maßregel von 1051 baS 933oit)t beS
9ietd)e3 ntctjt vemacfyläfftgt unb §ugletcb baß bte früher erfannten Mängel
ber £l)tnglttf) berücfftd)ttgt worben finb. 9Jcan trennte glotte unb §eer,
bte au3 £>änen beftefyenbe £etbwact;e erhielt ben $bfct;teb, eine glottenmann*
fdjaft blieb, boct) unter anberem tarnen, bte TOtglteber gießen, ftatt £u3*
farle, 33u§farle. 5luct; bte 3ufammenfe($ung ^ar e^ne embere, man nabm
nur Slngelfacbfen feine £>änen unter bte Äörperfd)aft ber 23u§farle auf. 5Qitt
£fted^t ober Unrecht muß im *Reta)e bte Meinung verbreitet gewefen fein,
baß ©obwin bei Stuflöfung ber Sljtnglttf) bte 23u§farle gerettet r)a6e. £)eß*
r)atb bewiefen trjm im ©ommer 1052 bte ©eeleute jene 5lnf)ängltcf;fett, von
welcher glorentiuS §eugt. 3)a3 war für ©obwin fein geringer 93ortr)eil; benn
unter £f)eerjacfen fcblagen überall tapfere <£>er$en.
3)er Umfc^wung von 1052 l)at (SbwarbS 6cr>tdfal entfdjteben, tfjn
vollenbö p einem ©cbattenföntg r)erabgewürbtgt. Die bi$r)er erhobenen
£f)atfacr;en fe£en mta) in 6tanb, nunmehr ein ©efammturtfyetl über bie
(Sntwtdhmg ber engltfd)en Angelegenheiten von 1042—1052 §u fällen,
üftad) bem £obe ^arbtfnutö war bte unenbliaK 9JM)r§af)l beS angelfäcbjtfcfyett
Sßolfö ber Änvjtüttger «gerrfdjaft mübe, unb ernftlta) gemeint, bie alte $ömg$*
') Okn @. 58 flg. 2) S3anb II, 661.
93ierteg 93ud). (5aV- 17. @efdjt($te (SbtuarbS, fceö 93efenneve, tton 1052 - 1059. 3 j 3
familie — bte 9D?erowtngcr, ober wenn man fo will, bfe 33urbone 93ri*
tanmcnS — ^crjufteKcn. 2lber ein ehrgeiziger ©roßer, ©obwitt, Reifte
btefen Sßuttfd) ntebt. (Seine Stbficht ging öfelmeljr bal)in, ben $f)ron für
ftcf) ober bte Seiiiigen ju rauben. Scbocb au6 gutaM vor bem Neibe ©leid)*
geftellter — bem mäcbtigen Vunbcggcnoffen aller Legitimität — oerbarg er
feine wahren ©ebanfen unb fuebte bureb Umwege an$ 3^ hu gelangen.
Der wicberrjergeftetlte Jtöntg follte verächtlid) gemalt unb babureb unter?
wühlt werben, ©obwtn redwte vor Slllem auf ben SBctftanb beö Stamme
gefütyfö ber etgentlidien 2lngelfad)fen, benen er von ©ebuvt felbft angehörte.
9J?an bemerfe, wie fd)lau er unb feine (Söf)ne bie altfäd;ftfcben ^emlanbe
unter il;re Verwaltung $u bringen wußten, jlent, (Sffer, SÜt tt-bleffcr, Suraty,
(Suffer, SBeffer, £>rforb, ©lofter, ^>creforb, (Sonterfet, 33erfff)tre, $un>
tington, ßambribge gel)ord)ten ihnen.
(Srtglaub umfebloß jeboch §ur Seit ber Sfyronbefteigung (SbwarbS *ßro?
vtnjen, wo 33eftrebungen vorhersagten, bte ben planen ©obwinö nicht §u*
fagten. 2(ucb tl)m entgegengefc^te $artf)eten, ober boeb Meinte §u folcben gab
e$. Den Horben be$ DieicbeS, bie *ßrovin$en Verden unb Nortlnttttbrien,
bewohnte eine überwiegenb bänifctie 33cvölferung, unb bte ©ewalt befanb
ftd) bort in ben £änbctt jweter Häuptlinge, ber ©arte Seofrif unb 6iwarb,
welcbe betbe bie (Erhebung (SbwarbS untcrftüjjt hatten unb baS 2Öach6thum
ber ©obwiniben mit unverholenem Netb belauerten. 2luf ben ©egenfafc
§wifcben tr)nen unb bem £aufe ©obwinS ftüjjte ftcr) hauptfäaMtcb bte Ne*
gterung (SbwarbS, unb baß er tro$ ber Nteberlage von 1052 bte 1066 ben
$f)rott behaupten fonttte, verbanfte er vor§ug3wetfe ber (Stfcrfucbt, welcbe
üttercier unb sJ?ovtl)itmbrier gegen ©obwitt Regten. Der fpätere (Erfolg be*
wies, baß ber alte (Sari von jtent unb SBeffex wtber bte betben norbifeben
Nebenbuhler, in benen er atlerbtngS feine gefäl)rltd)ften ©egner fal), erft
bann losbrechen wollte, naebbem gewiffe anbere 9)Md)te, bie möglicher SÖetfe
mit jenen ftch verbünben fonnteu, gefällt fein würben.
(Sine zweite $artbet in (Snglanb beftattb aus einzelnen ©roßen, meift
bäntfehen UrfprungS, bie ftd) auf bem £age ju Sonbon ber 2QBat>( (SbwarbS
wiberfefct unb folglich auch gegen ©obwinS VorfaMäge — bentt bie 2ßaf)l
war großen Mn ^er^ ~~ ^Btberfprucb erhoben hatten. (Sine brüte
*PartI)et btlbeten bte Normannen beö £of$, bte, obgleich \^bmdcj an 3al)l,
beS Königs £)l)x befaßen unb ohne einen offenen Angriff auf ben Zfycn —
waö ©obwin für ben Anfang vermteb — nicht gcftürjt werben formten.
2113 vierte ^auptparthet enblich muß man bte Dänen ber $hm9utf>
trachten, bereu ©lieberung unb Einfluß von bem Vorgänger (Srwarbe,
^arbtfnut, wteberhergeftellt worben war.
Dtefe 5£l)tnglttt) hatte in früheren Otiten baö große 2Bort in (Snglanb
gefüllt. 5llö nacb jlanutS I. ZoU jene ©trettigfeiten im h^rjehenben
314 «PaBft ©regotiuö VII. unb fein Sntaltex.
$aufe ausbrachen, tft fte e$ gewefen, Welche" ben 2lngelfacf)fen §um $ro£,
£aralb ^afenfug auf ben Stroit ert)ob. 2)tefelbe ftanb bamalS allem
2lnfct?etite nad) unter ber Rettung SBjörnS unb £>3bernS, ber trüber beS
3)änenföntgS. 93etbe muffen für bie (Srl)ebung (SbwarbS tt)ätig gewefen
fein. £)enn Wäre bieß ntcfyt gefd)er)en, fo würbe ber @ot)n (Smma'S aud)
bte $rone nta)t erlangt t)abett. Allein im Uebrtgen »erbargen 33jörn unb
£>Sbern ifyre wetteren 2lbftct;ten, nahmen eine mittlere, §uwartenbe Stellung
ein. 3fyte 3urütfl)altung war Urfad)e, baß bte ©obwintben faft 5 3arjre
lang, wäfyrenb beren (Snglanb 9M)c genoß, tro£ ehrgeiziger 2lbftd)ten,
nichts ©rößereS auszuführen vermochten. fSflan fann fagen, wär)renb ber
angegebenen *a9 ba$ Sct)tdfal (SnglanbS ist ben Rauben ber betbeu
trüber.
2) ie $ßür)lereten ber ©obwiniben befdiränften ftd) nothgebrungen im
Saufe ber 5 3af)re auf ben @tur§ jener jwetten *Partr)ct, §u welchem allem
^Infcbem nad) aud) bte normamttfd)en Höflinge Ralfen, benn £)3gob $lapa
unb feine £eibenSgefäf)rten waren ebenfogut Stberfacfcer beö Hofs als
©obwinS. 9?ad;bem aber btefe baS Sanb Ratten räumen muffen, brängte
SltleS met)r unb met)r auf ©ntfe^etbung ber grage t)in, ob bte güfyrer ber
Slnnglttf) gemeint fetett, ftcf) fofort mit ©obwin gegen bte anbem *partt)eten
ju »erbünben ober ntd)t. ©efdiaf) (SrftereS, fo würbe ber (Sari mn Stent
mit bem 33ciftanbe ber Ostarle ben Normannen, bann ben ^orbenglättbern,
jule^t aber feinen ©clmlfen bie 2Bar)I gelaffen haben, ob fte ©obwinS @e*
fehlest auf ben Sfyron ergeben ober eines Kampfes auf Seben gewärtig
{ein wollten.
3) aS t>on ©wen, ©obwinS ©or)ne, an ber $ebtifftn »erübte QSerbredjett
t)at meinet (SradjtcnS bte (Sntwicflung ber Ü)inge nur befcfyleuntgt, inbem
fte bewirfte, baß bte Häuptlinge ber ^t)tngltt^ früher, als eS wor)l fonft
gefc^eljen wäre, für ben kernig unb gegen ©obwin ftd) erllärten, feinet
wegS aber t)at eS bie $artrjeinar)me ber betbeu Ü)änen felbft entfdueben.
Wild) orme jene £fyai Würben Severe, fobalb bie ©obwiniben weiter »or*
fc^rttten, auf (SbwarbS Seite getreten fein. Ü)ie bem Röntge 1049 abge*
preßte ßurücfberufung SwenS, ber neulid) $um 93?örber an 23jörn geworben,
unb noch mcl)r bte 5luflöfung ber ^^inglitf) im 3af)re 1051, weldje eine
»on SÖettem her angelegte 2luff)e|$ung bcS SSolfeS wiber bie hätten »or*
ausfegt, §eugen nad) meinem ®efüf)le bafür, baß bte ©obwiniben, längft
un§ufrteben über bte Haltung ber 23rüber beS 2)änenfönigS, einen oermd)*
tenben Streif wtber fte §ugerüftet Ratten.
2)te Sachen ftanben fo: anfangs entfd)loffen, mit ^ülfe ber hinglitt)
unb l^rer Häuptlinge bte anbem ^3artl)eien verreiben, arMkten bte
©obwiniben fpäter, als fte fallen, baß bie trüber beS 2)änenfb'nigS ftcb
ü)ren Anträgen endogen, auf einen 33rud) mit benfelben ^in, unb btefer
Sßietieö 93uc§. (Sap. 17. ©ef^te ©btrarb^ bcö Sefennerö, tton 1052— 1059. 315
S3rudb t)at nacf)f)er naturgemäß alte bte golgcn herbeigeführt, von bencn oben
tue 9^cbe war: bte (Srmorbung ^Björnö, bte errungene SBiebcretnfcfuntg
SwenS, bte Sluflöfung ber ^Piiglit^, bte Vcrweifung fämmt(tcf)er ^uöfarle
au$ bem $etcb, bte Verbannung ber Normannen, bte völlige 2)emütl)tgung
beö Königs (£bwarb. @an§ fo [teilt nun ein 3^t9^^ffe, ber viel beffer
unterrichtet war, alö bte angelfäcbftfdjen (5r)rontften , ben 3ufammen*
hang bar.
Slbam »on Bremen fagt:1) „ein SBruch cntftanb jwifd)en ben Dingel*
fachfen unb bem bäntfchen Anhang. Urheber btefer ^Bewegung waren bte
Sör)ne ©obwinS, beren Sd)Wcftcr ^ontg Abwarb geeheltcbt fyaite. Sie
zettelten eine Verfchwörung an, in golge beren fte 23jöm ben einen 33ruber
beö Königs von 3)änemarf crfcblugen, ben anbern, £)3bern genannt, mit
allen feinen beuten au6 bem Sanbe vertrieben. Settbem riffen fte alle @e*
walt an ftd) unb bem Röntge Abwarb blieb nidt)t6 als baS nacfte £eben
unb ein leerer Schein von § er rfchaft.'' 2113 roichtigften ,£>cbel fcbemen bie
©obwintben 2tufhe£ung beS gemeinen angelfächftfchen ^aufen^ angcwenbet §u
haben, von welcher bie ßhroniften fcbwetgcn. 3)urch VolfSgcfchrct unb
(Stnflüfterungcn falfcher ober furchtfamer 9ftatf)geber wirb ber «ftönia, von
einem 3u9eftänbniffe §um anbern gebrängt roorben fein.
9?acf) völliger Vernichtung ber bäntfchen Cpartr)et war nur noch ber
©egenfa£ §n)ifa)en ben Slngclfachfen beö SübenS unb ben gemifchten Ve*
roohnern be$ 9?orben3 übrig. @r allein I;at — ich wieberhole c£ — bte
längere gortbauer ber fchroachen Regierung (Sbwarbö gefriftet. £)er Sweu
fampf betber begann fogletch, benn ftdt)erltc^ gefcbah e$ in feinbltcrjer 2lbftd)t
gegen ©obwin, baß Seofrif von 9J?ercta im ^erbfte 1052 bte normanntfchen
bitter nach Sd;ottlanb entroifchen ließ. £>te ^orbleute leifteten tapferen
SBtberftanb, faft 10 wettere 3ar)re verliefen, bt£ auch bte Käufer von
9D?ercien unb 9?orthumbcrlanb voltenbö l)tnuntergearbettet waren. 5llletn
faft im 5lugenbltcfe, ba bie ©obwintben 9J?etfter be3 Geichs geworben §u
fein glaubten, brach in ihrem eigenen Sctjooße ein 3ttwfpaft au6, ber ihnen
äiüefct bie reife gruct)t fo vieler 2lnftrengungen unb Verbrechen entriß.
©obwin überlebte ben legten Triumph nur um wenige Monate. 2)a
feine polittfdie Laufbahn urfunbltct) naebwetebar fchon um 1012 begann,2)
muß er 1053 h^ebbetagt gewefen fein. 3'n ber Sfyat gibt3) bte Sacbfeu*
(Shronif §u verftel)en, baß er 1052 an 2Uter$fcbwäche litt. 2lm Dfterfeft
1053 wobnte er ben gewöhnlichen geftltchfeiten in ber £ofyfal$ von SKtncbefter
an; plö^lid) warb er an ber Safet vom Schlage gerührt, fanf um unb
verlor ba£ SBewußtfetn. Seine anwefenben Söhne, ^aralb, Softig unb
*) Gesta hammaburg. III, 13. $evfc VII, 340. 2) @ief)e oben <§. 52. 3) Ad
a. 1052.
316
^afcfi ©vegovtuö VII. unb fein 3eitalter.
@urtl) brachten tbn in ein anftoßenbeö ©emacci, roo er am fünften Sage
ftarb. 3)te (Sarlfajaft bcö Sßcrftotbcnen erlieft fein Sof)n £aralb, bagegen
mußte legerer bie @raffa)aft, roetd)e er bisher bemaltet f)atte, an Sllgar,
£cofrtfö von treten 6ol)n, abtreten. deines (Srad)ten6 gel)t auö btefer
Wia$ reget Ijervor, baß ber Äöntg entfcf>toffen war, bte 9)?acr;t beS £aufeö
von föcereta als ©egengeroierjt roiber bte ©obrotntben §u verftärfen. Sluct;
fyaben teuere, rote nur unten fernen roerben, nad) §roei 3afyren Sfacfye ge*
notnmen. 2ßaf)rfcfyetnttd) f)tng mit bamaltgen Umtrieben ber ©obrotntben
ber ^rteg §ufammen, roeldjer 1054 jrotfa^en 9tfortf)umbrien unb <5d)otttanb
auSbracf).
3m 3af)re 1039 f>atte ^acbett;ab, Unterföntg ber (Schotten, feinen
2ef)enl)erm 2)unfan ermorbet, bte 6ör)tte beö (£rfd)lagenen , DJtalfolm unb
SDonalb, au6 bem £anbe vertrieben unb fidj jum ^errn aufgeworfen.1)
Etagen ber Unterbrütften fcr)einen fettbem in 9fom angebrad)t, aber rotrfung^
Ioö verladt §u fein. 2)emt glorcnttu6 von Sorcefter berichtet2) §um Safyre
1059: „9J?acbetl)ab, Äönig ber Schotten, ftreute §u $om ©elb auö."
£)unfan roar ein $afatle ber angelfäa}ftfet;en Ärone geroefen. Omglanbö
.ftönig t)atte bafyer ein 9^ect)t, ben Sftörber §ur SRecrjenfcrjaft ju §ter)en.
•jftun tarn aber noef) atö neuer 2lnlaß be6 ^aberö lun^u, baß 9J?acbett)ab
ben 1052 vertriebenen Normannen 3uflucf;t gemährte. 3m 3atyt 1054
erhielt ber (Sari 9?ortf)umbrten3, Stroarb, vom £ofe ben Auftrag, @d)ott*
lanb anzugreifen, 9J?acbett)ab §u vertreiben, ben @ofjn 2)unfan3, sJJMfolm,
§um jtöntg etnpf eisen, unb enbltd) bie gezüchteten Normannen §u §üd)ttgen.
Sftit großer Wlafyt brad) er in ba3 9^aa)bar(anb ein unb lieferte bem getnb
ein mörberifcfyeS treffen, in welchem fämmtltcr)e normanntfdje glüd)tlinge
erfcfylagen, Saufenbe von (Schotten getöbtet würben. 2lud) bie (Snglänber
erlitten namhaften 23erluft, unter 5lnberen fiel 8twarb£ ©ofyn in einem
ber bamaligen @efed)te. Seinen §auVt§roecf erreichte @twarb; 5CRacbctt;ab
mußte Scbottlanb verlaffen unb 9Mfolm warb als engltfcfyer Skfalle auf
ben Sfyron erhoben.3)
3)tc grage brängt ftet) auf, wer J)at ben 9?ortf/umbrier §um Angriff
auf (Ea>ttlanb bewogen? 9?ur Jtönig (Sbwarb? £)bcr Ratten aud) Slnbere
bie ^)anb im 6vtel? 3tumerf)in mochte e3 (Sbwarb erroünfd)t fein, baß bte
9J?ad)t be$ üftortfyumbrierS burd) glücftidie Staffen gegen bie (Schotten wactife.
Ü)enn faft ein§tg auf bem 23et[tanbe beffetben beruhte feine Sieberljett gegen?
über ben ©obwmiben. 2lber gan§ unglaublich fc^eint eö, baß ber 23efer)l,
bie ttormanntfd)en gtüc^tlinge §u verfolgen, bie fonft bte treuften Anhänger
ber ^rone geroefen roaren, von ^broarb ausging. 3«^ benfe baljer, man
*) 2)ie Selüetgfieüen bei Xuvner, histor. of the Anglosaxons II, 369. 2) Flores
histor. ©. 626. 3) Ibid. (5. 629.
SSievteS 33uc$. (Sap. 17. ©efäifye ©btuarbS, beS 33efennerg, fcon 1052-1059. 317
muß annehmen, baß ber (entere Sfyeil be$ bem SRortfyumferter erteilten
Auftrags bem Röntge buret) Rubere , b. b). bura) bte ©obwintbeu aufgc*
bruitgen ober abgcltftet worben ift. 3)er @runb, Saturn fte (Sbwarb §u
btefer Maßregel l)tmiffen, ift ntd)t fcf»tx>er ju erraten. Von 1042 btö 1054
erflehten bte @arle von 9?ortf)umbricn unb Sttcrcta als gememfame Ver*
büubete ber trotte gegen baö übermütige §au6 @obwtn3. 9?un war eö
ßeofrtf von üftereten gewefen, ber ben Normannen nad) ©cbottlanb buraV
fyalf. 3nbem aber Siwarb ftcb bewegen ließ, gegen eben btefe Normannen
ba$ Scbwcrt ju stehen, fd)ten eine Spannung jwifdjcn tbjm unb bem 9D?ercter
um>ermetblta). 3)a3 eben mußten bte ©obwmiben wünfd>cn. 5lud) wirb
jtdj unten ergeben, baß biefelben fofort, al3 wäre bte 9J?aa)t Seofrtfö unb
SiwarbS burd) aufgebrochene 3^*™$* gefcf)n>äcf)t, fur§ barauf gegen ben
©inen wie gegen ben Slnbcrn einen febweren Schlag führten.
2)em fei wie tfym wolle, gewiß ift, baß jlöntg (Sbwarb im nämltctjen
Safyre 1054 cm SÖSagftücf unternahm, §u bem ibjn meinet (Sracfytenö nur
außerorbentltct;e (Sreigtüff e , bte er für günfttg r)telt, Wie ber £ob be$ alten
©obwin unb ber Sieg SiwarbS, ermutigt fyaben fb'nnen. glorenttuS be*
nagtet:1) „kernig (Sbwarb fcbtdte 1054 ben 8ifcbof Sflbreb von 2Öorcefter
mit retten @efd)enfen als feinen ©efanbten an ben beutfdjen Äatfer
riet) III. naef; (Solu. $(Ibreb warb ehrenvoll vom ^atfer unb bem Kölner
(Srjbtfcrjüfe empfangen unb blieb ein gan§e3 3af)r in Deutfc^lanb. 3tt>erf
feiner Senbung war, ben beutfeben «ftaifer §u befttmmen, baß er ben gletcf)^
namigen Neffen be6 Königs »on @nglanb, Abwarb, ben Sofm (SbmunbS
(Stfenfctte, ber fett sielen Sauren al# Verbannter in Ungarn lebte, $ur
9fJüdfel)r nad) (Snglanb bewege. 5>etm ber ^önig von (Snglanb fyegte bte
5lbftd)t, ben Neffen 511m 9tfad)folger em$ufe$en."
3wet tterfcfytebene ^Bewerber machten ftd) bamalS, Wie wir wtffen,
Hoffnung auf (SnglanbS trotte : bte @b'r)ne ©obwinö unb ber Sßaftarb tton
$ouen. 3)ie ©efanbtfa^aft be$ 33tfcf>ofö war bafyer gegen 35eibe gertebtet.
2)ret 3al)re ftanb eö an, bis ber Sofyn (SbmunbS (Stfenfette einem Dfrtfe
golge leiftete, ber tf)m eine große 3ufunft vergieß. 2Öa3 mag Urfadje ber
langen Verzögerung gewefen fein? Gegenminen ber ©obwintben ober beS
Normannen? §öd)ft waJ)rfa^ einlief) ift, baß (Srftere babet beteiligt waren,
^aum ^atte ber jüngere Abwarb bret 3al)re fpäter ben engltfc^en ^Boben
betreten, atö er, wie unten gezeigt werben foft, p(ö^lia) wegftarb. £>h
gleich bte (£r)rontften au^ gurc^t ober Unwiffenr)ett fa^weigen, fann man
faum bezweifeln, baß @tferfud)t ber ©obwtniben bem Unglücf liefen ein
früf)e6 ©rab bereitet r)at.
3u Anfang bef folgenben 3a^reö »erfebieb ber Sieger über bie Scbotten,
4) Flores histor. ©. 629.
318
$a6ft ©regorütö VTI. unb fein 3ettaftet.
(Sari Siwarb tton ^ort^umbrten. 3)erfelbe hinterließ einen 6or)n Samens
SQßalt^eof , tt>elcf)er bet bem Sobe beS 93ater6 unmünbig geroefen fein folt. *)
Sie auf bem geftlattbe roareit in ^Britannien bie großen £er)en tt>ät)renb
beö legten 3al)rfyunbert$ crbftd) geworben. Slllem roemt bieg auch nicbt
bcr gall geroefett fein roürbe, formte ber Äönig, im galt er trgenb freie
£anb befaß, nimmermehr jugeben, baß ber ©ofyn eines 93ater$, ber foldje
Verbienfte, rote ©troarb, um bie «ftrone ftcf) erworben hatte, au$ bem Setzen
beffelben oerbrängt unb noch ba§u einem ©obroiniben aufgeopfert roerbe.
3)eunod) ift 23etbe6 gefc^el)cn. Saltheof mußte roeictjeu, unb Softtg, einer
ber jüngeren (5öl)ne ©obroinS, beffen politifche 9Me je|t beginnt, erhielt
(SnglanbS roichtigfte *ßroom$, 9?orthumbrten. 3)aß hiebet bem fchroachen
Röntge burch bie ©obroiniben ©eroalt angetan roorben ift, bebarf feinet
25eroeife3.
2Bohin ledere fteuerten, erhellt au3 einem (Sreigniffe, ba$ fur§ barauf
eintrat, glorenttu3 fa^tt2) fori: „nicht lange nachher hielt ber Äonig §u
Sonbon eine 9^atl)öoerfammlung (ein fogenannteö SBitenagemote), auf welchem
roiberrechtltch ba£ Urteil ber 2lbfet)ung unb Verbannung über ben ©ofm
bc$ (Sari Seofrif »on Verden, 2llgar, feit einigen 3ar)ren ©rafen rwt
(%fter, verhängt warb." 9ittr fcheinbar fiel)*1) meinet (SrachtenS ein ^weiter
(Sl)ronift, §einrict) son Huntington, mit glorenttuö im Siberfprucf) , inbem
(Srfterer melbet, bie fragliche Verfammlung habe 9llgar be3 93errath$ am
Könige überführt. 3)ie Ucberfübrung roirb eine erfd)lia}ene, unroahre, xou
berrccbtltche geroefen fein. 9?od) Übte ber alte Seofrif — berfelbe ftarb erft
1057 — aber fein (Sohn unb (Srbe roar geftür§t. 28a3 üermoebte er — ein
entlaubter (Stamm — ohne bie £ülfe eines jugenblichen 9^ad)folgerö. 2>te
©obwittibeit wähnten am Sl* fem> b*e Reiben Käufer beö nörblict)en
(SnglanbS, bie ihnen feit 13 3ar)ren S^iberpart hielten, glaubten fte fcer*
nia)tet §u haben. 2)oa) 5llgar fchieb nicht ohne ^ampf, unb auch ber Jlönig
hat ihm, fo weit er e$ vermochte, Vorfdjub geleiftet.
„Sllgar," fagt3) glorentiuö, „floh nach 3rlanb, rüftete bort 17 $aub*
fd)tffe au3, fegelte bann naa) 2Bale3, fa)loß ein 33ünbniß mit bem QtxupU
ling ber SMifer, ©riffht, unb brach gemetnfchaftlt'ch mit ihm in ba$ be*
nachbarte ©ebiet ber 2lngelfacf)fen ein, bie *Prottin$ £ereforb serr)eerenb.
©egen fte fammelte ber sJieffe be3 Könige, (Sari 9iabulf, ein £eer unb
bejog ein Sager, jwet teilen »on ber @tabt ^ereforb. 5116 ber geinb
heranrüefte, forberte Dtobulf bie ^Ingelfachfen, bie unter feinem ^Befehle
ftanben, auf, §u $ferbe §u fechten, wa3 jenen ungewohnt roar. (Snbe
Dctober 1055 fam e£ &u einem treffen, ©leich §u Anfang beffelben floh
$abulf mit feinen granfett unb 9?ormamtett. 5(16 bieß bie 5fngelfachfen fahen,
0 (Sö^ilc <§. 366. 3) Flores histor. (£. 629. 3) Ibid. 629.
SBterteö 93ud&. Qa\\ 17. (SJef^te ©ttoarbö, beö Sefennerö/ »ort 1052— 1059. 319
wanbten aud) fte um , verloren aber wä^rcnb ber gluckt gefeit 500 9Jkmt.
2US (Sieger rütften ©riffln unb Sllgar tu ^ereforb ein, erfd^lugen 5 (5fjor-
Herren, wefdje bte Spüren ber ^airptftrdje t>ertr)etbigten, töbteten mehrere
^Bürger, nahmen »tele gefangen unb §ünbeten §ufe£t bte auSgeplünberte (stabt
an. Stuf bte 9?ad?rtd)t $on btefen Vorgängen rief «ftöntg (Abwarb alle
btenftpfltcfyttgen (Shtglänber ju ben SBaffen unb übertrug ben £>berbefeljl beS
§eereS bem «^erjoge §aralb, welcber ungefäumt bte etngebrungetten 2Ballifer
jurücftrteb unb nun tu tl)r Sanb einfiel ©rifftn unb Sllgar wagten feinen
jlampf gegen §ara(b, fonbern flogen in bie ©ebtrge tton 6übwaleS. 3)a
^aralb eS ntef^t rätf)ltd) fanb, tfmen bortfytn ju folgen, entlief er ben größten
£r)etl feines ^eercS, mit bem 9?eft 50g er nad) ^ereforb, warf bort r)of)e
(Srbwätle auf unb verwahrte bte Stabt mit neuen SBerfen. 3nbeffen waren
grtebenSunterl)anbfungen swifeben ^aralb eincrfeitS unb ©rifftn unb SUgar
anbererfettS angefmtyft worben. 3n golge berfelben erfebten Sllgar am
fb'ntgltcrien §ofe unb erhielt auS ßbwarbS §änben bie ir)m endogene ©raf*
febaft jurücf, worauf er nad) (5f)eftcr fam, unb ben 2Biftnger ©Riffen (bie
er ttor einigen Monaten in 3)tenft genommen r)atte) ben rücfftänbtgen <Solb
ausbeute."
SDaS ftnb rätselhafte (Sretgniffe, bie ber @rflärung bebürfen. 2ßä^
renb ^aralb, ber angebltd) in beS Honigs Tanten bie Salltfer betampft,
93ortr)eile errungen, unb ben geinb §urütf getrieben r)at, bewilligt (Abwarb
bem gefangenen (Empörer SUgar ntcf?t nur bie 9iücffef)r, fonbern and) bie
Sßtebereinfe^ung in baS Serjen, baS bemfelben neultd) wiberrecbtUcr) ent*
jogen worben war, ja er ftattet tr)tt überbtef mit ben Summen auS, welche
nötfyig ftnb, um jene 17 ©dnffe §u §af)len. 3)enn ber (5olb, mit weld)em
bie angeworbenen Stftnger abgelehnt würben, rann faum auS einer anbern
^affe, alö ber föntglta^en, gefloffen fein, hieraus folgt nun meinet (Sr*
ad)tenS, baß jtöntg Abwarb i)etm(tcf) mit SeofrtfS ©or)ne, Sllgar, unter ber
£)ecfe fytelte, baf bte SluSfenbung beS jwetten £eereS unter £aralb tbm
abgebrungen war, enbltcr) brittenS baf er bie Unmögttdjfett, in weiter ^>ara(b
ftd) befanb, bte Salltfer gän§lta) §u beftegen, als günfttgen Stnlaf §u Unter*
fyanblungen mit Sllgar benügte, in golge welker er benfelben wteber in
feine Sel)en einfette.
$err)ält ftet) bie 6ad)e fo, bann muf man weiter ben ©djluf* sieben,
baf audj ber fömgltcr)e 9^effe SRabulf bte 23e(tegung SllgarS ntdjt ernftlicb
gewollt, fonbern ir)m einen bloß fdjehtbaren ^ffitberftanb geleiftet r)at.
5Rur $Rabulf genof baS ^olle Vertrauen beS Königs, nur was er t^at,
barf als StuSbrud ber wahren Slbftc^ten beS £ofeS betraebtet werben,
lüften SBeibe, er unb ber ^b'nig, niebt ^l)oren gewefen fein, wenn
fte bura) völlige Unterbrüefung SllgarS, ben ber £of als ©egengewiebt
Wtber bie ©obwtntben brausen fonnte, ba§u Ralfen, bte 9^ac^t ^aralbS
320 Sßa&fl ®regoriu$ VII. unb fein ßdtatkx.
unb feiner 93rüber auf's £öd)fte §u ftetgern? SSollfommcn entflicht btefen
33orauöfc^ungcn ba$ Verfahren 9kbu(f3. (Srftltcb verlangt er, baß bte
unter feinem 23efef)le ftehenbcn 5tngelfact>fen, benen er al£ Slnhängem ber
®obrotnibcn mißtraut, ftatt be£ gußbtenfteS, an ben fte gewöhnt ftnb, $u
$oß fechten. Unmöglich fann man meinet (§rad)tcn3 ben Normannen für
fo einfältig galten, baß er bte fd)limmen golgen etnc3 folgen 23efehle3
nicht vorattSfah. @r ^at alfo bte 93eftegung 2llgar3 nnb ber $Mtfer nicht
gewollt, fonbem baS ®egentl)etl: eine ^teberlage ber 2lngelfachfen fotXte
bem Röntge einen $orroanb leiten, ben vertriebenen (Sari von (Softer
lieber etn$nfe|en. Suttens ergreift er gleich §u Anfang beS ©efechtS mit
ben granfen nnb Normannen, bie in ba$ ©et)etmntf tl)re6 gül)rer3 ein*
geroetht ftnb, bte gluch* nnb gibt bte 2lngclfachfen einer unvermetoltchen
9?ieberlage *ßret3. Sind) biefer 2lft läßt feine anbere (E'rflärung jn, alö bte
oben entrotdelte.
f^ocr) tft brtttenS §u erflüren, rote $abulf §u einem £eere von granfen
nnb Normannen gelangte? 3)urcr) ben Umfc^roung von 1052 roaren bie
normanntfd)en greunbe beS Königs bt$ auf roentge au3 (Snglanb vertrieben
voorben, unb je£t beftnbet ftcfo roieber eine ganje Schaar folcher grembltnge
tm Dienfte *Rabulf3 ober vielmehr be3 ^öntgö (Sbroarb. 9fotl)gebrungen
muß man annehmen, ba§ e&bem Röntge jroifchen 1052 unb 1055 — roafyr*
fa)etn(id) nach bem £obc ©obroinö unb jurß^t, ba bte @efanbtfd)aft nach
(Söln abging — gelang, unter ber ,£>anb anbere Normannen anzuwerben,
bie bann, bamit unnötiges Stuffefjen vermieben roerbe, §u Dfabutf nacr)
^ereforb gefchtcft rourben. 2)enn wären btefe grembltnge unmittelbar in
ben £)tcnft ber Ärone eingetreten, fo roürben bie ©obrotntben Särm ge*
fa)lagen fyaben.
3m Uebrtgen fe£t bte 93et§ier)ung berfelben erneuerte (gtnverftänbntffe
mit 2Bilf)elm bem Normannen, unb wohl auch mit (£uftad)tu$ von 23ou*
logne vorauf, ber Diejenigen geliefert r)aben mag, weldje glorenttuS al6
granfen be§etd)ttet. übermal jtetyt man, baß bte ange(fäct)ftfcr)en Berichte,
au6 welchen bte S^roniften be$ 12. 3al)rl)unbert0, unfere £au))tquelle für
bte @efd)id)te (SbwarbS, fd)ö>ften, fe^r mangelhaft, roeil burd) gurctjt vor
bem bamalö übermäd)tigcn £aufe ©obwtn$ entftellt roaren.
9^ta)t gebulbig trug $ömg (Sbwarb bte ihm von ben ©obwmtben auf*
erlegten Letten. 3)aS Verfahren 9fabulfS unb bte 2Bteberemfe$ung 2llgar$
beweist, baß er feine (Gelegenheit verfäumte, um burch Stft baö 3oa) ju
brechen. 9tur §u fjerotfc^cn (Sntfdjtüffen fonnte er ftch nicht ergeben. 2lber
rote fonft immer, nahmen bte ©obwtntben auch jejst für ben neuen 23e*
fretungöverfuch 9iad)e. 3^ fremben ßlertfem, welche von 1042 an
auf engltfche ©tü^le befö'rbert rourben, gehörte auch ber lothringer £erf*
23ietteg 33udf). §ap. 17. ©eföicfyte (Sblüarbe, be$ 33efentierS, »on 1052—1059. 321
mann, fett 1045 SBtfcf>of »on 2ötltoit. ') Vei 5Xuötrci6ung ber Normannen
im 3al;re 1052 war er »erfdbont geblieben, je{3t traf ifm He 9?etf)e. glo*
renttu6 möge2) reben: „©efränft baburct), baß tt)m ber jtönig bte (Srlaub*
niß »erroetgerte, feinen 2Öor)nfi^ aus bem 3)orfe sJtamegburgl) naa) bem
Softer SMmeSburty §u »erfcflanjen; gab Hertmann, 93ifcbof »on 2Btlton,
fein 93i6u)um auf, »erließ Ghtglanb unb begab ftcf> nact) bem Softer 6t.
SBerttn, in roeldjeS er alö SD^öncf) eintrat. 2)afelbft »erroetlte er bret 3af)re."
2)te Verweigerung ber Erlaubnis ju Verlegung be6 StfKö roar nur
eine gorm, unter roeldjer ein ftärferer SÖitte ben gefaßten 23tfc£)of nötigte,
(Snglanb $u räumen. Dem Röntge muß fo fange §ugefe£t korben fein,
biö er ben 33tfcf)of unter bem ©Cheine ber Ungnabe forttrieb. Äaum fyatte
(Sbroarb bret 3ar)re fpäter burcf) einen neuen Sieg, ben er über bie ©ob*
roiniben errang, freie §anb erhalten, als er Hertmann jurücfrief unb
efyrenttoH roteber etnfejte. Sr>kxau$ folgt, baß tfym bie Verbannung be$
Sotr)rtnger6 burc^ frembe ©eroalt, ba3 r)etßt burct; bie ©obrointben, ab*
gepreßt roorben roar. 3Bar)rfcr)einIict) roetl ber ^önig ftdj ntcf)t fo roeit
erntcbrtgte, baß er ben erlebigten Stuf)l fogletcb im Sinne £aralb6 be*
fe£t l)ätte, fa)lug man einen Mittelweg ein. 2>te Verwaltung be$ #oa>
ftiftS 2ßilton würbe etnftwetlen bem S3tfct)of Sllbreb »on SÖorcefter über*
tragen.3) Ü)iefer Sllbreb, obgleich im ^erjen ein 2lnr)änger ber ©ob*
roiniben unb tt)r ©efctjöpf, wußte bocf) ben Schein ber Unfcartfyeilicfyfett unb
baburct) eine mittlere Stellung §u bewahren, fo baß aud) ber $öntg if)m
ein gewtffeS Vertrauen bewies 2)a über Vefe|$ung erlebigter Stühle in
ber Siegel Unfrtebe §roifc^en bem £ofe unb ben ©obrotntben au^bracr), »er*
einigten ftct) beibe *ßartf)eten mefyrfad) bafn'n, etnftwetlen ba$ ftrittige 5lmt
in 5Ubreb$ £änbe nteberplegen. So gefcfyaf) eS, baß berfelbe bte Ver*
waltung »on mehreren Vt3tf)ümern erhielt. £)od) blieben bie gewöhn*
liefen golgen folcfyer 2la)felträgeret niajt auS: 2(lbreb »erlor jule|t bte gute
Meinung betber ^artfyeten.
©inen ^weiten Schlag gleicher 5lrt, rote ber eben er^tte, führte «£>er$og
£aralb »on Keffer, ©obrotnö Sof)n, im folgenben 3af)re — 1056 — gegen
bie trotte. Anfangs gebruar ftarb 53tfct)of 2letr)elftan »on ^>ereforb. Jkum
roar ein S3t6tl)um im ganzen *Reta)e für ben StM$ fo rotcbttg, rote ba6
»on ^ereforb, weil bte borttge ©raffcbaft be3 jtönigS S^effe $abulf befaß,
ber emsige »olle Vertraute be£ «§ofe3, ber einige, auf ben ftct; (Abwarb
unter allen Umftdnben »erlaffen fonnte. Senn bafyer ein ©efa^öpf ber
©obrointben auf ben Stu^l »on ^ereforb erhoben roarb, fo brang Verrat^
in bte le|te Vurg beö ^öntgtl)umö ein. SSirfltd) Rannten bte ©obroiniben
*) OBen @. 290. 3) Flores histor. @. 629 unten. 3) Ibid. <5. 630 unten.
®Uövtt, 5ßaBft ©regortuS vn. 58b. in. 21
322
$afefl ®regoriu8 VII. unb (ein Seitalter.
alle ©egel auf, um ^creforb einem ber Sangen §u verfdjaffen unb fte
brangen burd). „5)a8 23t3tr)um ^ereforb," fagt1) glorenttud, „erhielt ber
btö^ertge Kapellan bcS ^erjogS £aralb, Seovegar." 2Betct)e (grntebrtgung
ber trotte ! 2)00) befam bie ©abe bem 93efd)enften übel.
3)er (Ehrontft fär)rt fort: „9J?ttte 3um warb Seovegar mit vielen
tapfern Männern burd) ben Häuptling ber 2Ballifer, ©rtfftn, ber einen diiu
fall nad) (Snglanb machte, erfragen. 2)tc btfchöfltd)e Verwaltung bcö
©etöbteten l)atte nur 12 SBocfyert unb 4 Sage gebauert. 3)a6 erlebtgte
53t6tl)um übernahm fofort bis §ur (Stnfefcuttg etne£ gefeilteren ^acbfolgerö
Sllbreb von Sorcefter. CDerfe(6e 5llbreb Vermittelte im Verein mit Scofrtf
(von SCRercta) unb §aralb (von SÖcffer) einen grtebenövertrag §wtfd)en
bem 2Balltfer ©riffln unb ber $rone Gntglanb." 3)a Äontg ©bwarb ftcf)
fo leicht mit bem 2Balltfer au6föf)nte, fdjetnt e$ faft, als ob ihm ber Untere
gang beS aufgebrungenen 53tfa)of6 wenig §u «£>er§en gegangen fei. ©ewif
verfielt ftcf) bte ©adje fo.
2ßte früher fat) (Sbwarb in bem $aufe von SJiercta eine ©tür^e, von
ber er Hülfe gegen bte unerträgliche Scannet ber ©obwtntben erwartete.
SDiefeö §auö ftanb aber in engem 53unbe mit bem Salltfer Häuptling,
unb nlcbt of)ne (Stnverftänbntf mit ben 9J?erctem, ja vielleicht als falber
9fäcr)er (SbwarbS, wirb ©rtfftn ben 53tfc^of von ^ereforb, ^aralbs ©e*
fd)öpf, erfd)lagen haben. 2)arum gefd)af) e$ auch, baß ber alte Seofrtf
neben §aralb unb 2llbreb bte Vermittlerrolle bei jemrn Vertrage übernahm.
2)te unnatürltd)e Sage, in ber er ftdt) befanb, nötl)tgte ben Äöntg, ben einen
fetner Vafallen gegen ben anbern §u waffnen unb tri Verbrechen berfelben
ein Heilmittel ju fu^en.
£)a$ 1057 brachte einen neuen ©reuel, ber alle früheren über*
traf. (Schon 1054 war, rote ta) oben §etgte, (Sbwarbö gleichnamiger S^effe,
ber @ohn (SbmunbS (Stfenfette, eingelaben roorben, nach (Snglanb §u fommen
unb bte 2lnroartfchaft ber ^^ronfofge §u übernehmen, (£rft 1057 erfaßten
berfelbe begleitet von feiner gamtlte. £at vielleicht ber ilöntg bte fo lange
verzögerte Steife §ule£t befd)leuntgt, um bte ©obwtniben für bte Süden ber
legten Seit §u züchtigen? 2)te Slrmutr) ber Duellen erlaubt nicht, btefe
grage ju beantworten, ©ewifj aber tft, baf? ber ^rinz §ur böfen Stunbe
anlangte. Sentge Sage nach fetner Slnfunft ftarb er §u Sonbon. Ü)teß
tft Sittel, wa$ bte (Shrontfen melben, von ©tft ober 2)olch fchroetgen fte.
©letchvoohl fchetnt mir bte VerÜbung etneö Verbrechend nicht bloö um ber
allgemeinen Sadjlage willen, fonbern auch wegen eines befonbem UmftanbeS
unzweifelhaft.
2)er jüngere Abwarb h^terltef bre{ Durber: jroet Softer, (Ehnfttna,
l) Ibid. <§. 630.
SSterteö 93ud&. ®ap. 17. @efcf;tcfyte (SbtoarbS, bcö 93efennerg, »on 1052—1059. 323
bie fpäter ben ©Bieter nahm, unb 9Dcargaretha, welche ftcf> mit jtönig WlaU
folm t>on ©chottlanb vermählte, bann einem (Sohn (Sbgar, ben eine angel*
fäcf/ftfche $artf)et 1066 nach bem £obe beS ©obwtniben «gmralb $um Äöntg
von (Snglanb aufrief. 0 3)a (Sbwarb ber Weitere feine 2lnftrengung ge*
fd)eut J)at, ben Neffen au6 Ungarn ^eibctjurufen, muß angenommen werben,
baß eö in feiner 5lbftcl)t lag, auch bem ©ohne biefeö Steffen ben £l)ron
ju ftcheru. ©leicbwohl .ftnbet ftdt) nirgenbö eine Nachricht, baß ber ^ötttg
nach bem £obe be3 jüngeren (Sbwarb bie Necf)te be3 93ater3 anf beffen
©of)n übertrug. (Sr r)at affo barauf »erachtet, ©twaS für (£t>gar §u thutt.
£ßarum gefctjal) fold^eö? 3d) fann mir feinen anbern ©runb benfen,
als weil ber alte unglückliche Jtö'nig ftch freute, näcbft bem 23ater aucr)
ben 6of)n (teuerem SSerberben preiszugeben, ba£ unfehlbar über (Sbgar
hereingebrochen fein würbe, ()ätte ibn ber ©roßor)eim §um Nachfolger er*
nannt. Die kaltblütigen beö Königs bewetfen bemnach, baß er felbft bie
Ueber§eugung ty$tz, ber jüngere Abwarb fei al6 Dpfer be$ (S^rgei^eö ber
©obwiniben gefallen.
3m nämlichen 3ahre, ba ber ^hronfoI9er eitbete, fxarb ber alte 2eofrif
oon -üNercia, ©rünber ober Steberl)erfteller vieler Älöfter, unb ber einige
britanntfehe ©roße, bem bie ^t)rontften ®ute3 nachrühmen. Sein @of)n
2flgar, ber in ben legten 3^ten eine h^orragenbe Nolle gefptelt hatte,
felbft fchon bei 3ah^n unb 33ater heremgeroachfener j?tttber, erbte £eofrtf$
(Sarlfchaft. 2Ugar fal) ttorauS, baß bie ©obwiniben in 23älbe e6 tterfueben
würben, ihn §u ftür§en: er traf geeignete $orfef)rungen, inbem er fein
SBünbntß mit bem Söalltfer ©riffiu, bem er oor jroei 3^hren feme ^Bieber*
etnfe^ung in bie ©raffchaft (££)efter »erbanfte, burch gamtlienbanbe serftärfte.
2öill)elm »Ott 3umtege3 ha* *>te Nachricht aufbewahrt,2) baß Sllgar feine
Socbter 5llbitl)a mit bem 2Öalltfer Häuptling ©rifftn oermählte. 5luf biefe
SOSeife warb bie Sanbfchaft 2ßale3 in ben ©trett ber Käufer ©obwinS unb
Seofrtfö gänzlich ^xnetitQertffcn unb bie ©obwiniben ^aben, wie id) unten
jetgen werbe, nach 2llgar3 £obe unoerföhnliche Stäche an ©rifftn genommen.
Noch ein britter Sobeefall ereignete ftch, unb §war ein folcher, ber
bem $ömg feine le£te 6tü£e raubte. glorenttu6 faßt : 3) „ben 21. £)ej. 1057
ftarb ©raf Nabulf unb warb im Softer S3urgh Ößeterborough) begraben."
$etn anberer Nabulf fann gemeint fein, als ber Neffe beö Königs (Sbwarb.
SBährenb bie ßhromftn D^ 1057 ^id »ou bemfelben berichten, tft oott
nun an nicht mehr oott ihm bie Nebe : er muß alfo um bie angegebene 3nt
geenbet h^^n. 3fh Wtc ^ n^ fur unwahrfchetnlich, baß üönig (Abwarb
feit bem £obe be6 anbern gleichnamigen Neffen, welker bem 9Nantt6ftamme
l) ©atoile @. 93. 2) Histor. Normann. VII, 31. 5)u^eöne ©. 285. 3) Flores
histor. ©. 630 mitte.
21*
324 ®vegoriu$ VII. unb fein Seitalter.
be$ angelfächftfchen ^>aufe6 angehörte, baran backte, $abulf, al$ ben legten
(Sprößling ber weiblichen £inie, zum 9kd)folger zu ernennen. sJD?ag bieß
ber galt gewefen fein ober nicht, immerhin fann ntctjt bezweifelt Werben,
baß ber $ob eineö QSerwanbten, ber fein oolleS QSertraueu genoß, ben Jtönig
ferner betroffen bat.
2)fe zwei gleichzeitigen normannifeben ©efchtd)tfchreiber, ber Slrchibtafon
tton Stftenr1) nnb SÖSil^elm »on Sumiegeö,2) fobann mehrere ber älteren
englifchen ßhroniften, rote ^ctnrtdt) öoti Huntington3) nnb 3ngulf,4) fagen
offen ober »erfteeft au£, Äöntg Abwarb oon (Suglanb l)abe zulctjt bem
Neffen feiner Butter (Smma, Stthelm, Herzog üon 9iormanmen, bie 9^act)^
folge oerheißen. £ro£ bem ©tiHfchwetgen ber 6acbfena)ronif nnb be6 glo*
rentiuS »on Sorcefter, unb obgleid) $artr)eigeift alle §n>tfdc)cn Normannen
unb 5lngelfachfen ftritttgeu gragen unheilbar entftellt hat, barf man meinet
©raebtenö jener Angabe ben ©tauben nicht tterfagen. 3)enn erftlid) ift e3
in tjofyem ©rabe n>al)rfcf)etnltc^ , baß (Sbwarb, beffen ganjeö Seben burd)
bie ©obwiniben »erbittert roorben ift, unb ber biö an fein (Snbe tiefen
©roll rotber fie betätigte, irgenb etwas (Sntfc^etbenbeö getfyan t)at, um,
nad^bem ber fchnelle £ob beö jüngem (Sbwarb unb 9fabulfö bie lieber
tragung ber Ärone an nat)e SSerroanbte vereitelt hatte, einen bieget oor§u*
f Rieben, bamtt wenigftenS baö verhaßte ©efcblecbt ein nicht crreid)e,
auf Welct/eS baffelbe mit allen Mitteln ber ©eroalt, ber Sift, beS Verbrechens
loSfteuerte.
2)a6 heißt aber mit anbeut SÖorten: (Sbwarb f)at nact) fyödjfier £ßar)r*
fcheinlicbfeit ben Normannen 2Btthetm zum 9^ad)folger eingefe^t. Ü)enn
nur er unb fein anberer -Btenfer) befaß l)tnretcr)enbe Süftadjt, um bie 6a)enfung
nötigen gall6 mit ©evoalt gegen bie ©obroiniben burd)zufecbten. $ie§u
fommt ein zweiter ©runb. 2lußer ßwetfel fteht, baß ber fyetl. Stut)( ben
Normannen aU rechtmäßigen @rben (£nglanb6 anerfanut hat. £)iefe %t)at*
fac^e aber nötigt, oorau$zufej$en, baß (Abwarb bie Thronfolge in irgenb
roeld)er Seife bem Normannen übertrug. 2)enn nimmermehr würbe Cftom
eine leere Anmaßung unterftüfct haben. 9lun behaupte ich: erft nach 1057
unb in golge ber unerwarteten SobeSfätle @bwarb3 be6 jüngeren unb 9ia*
bulfö fann ber itönig wegen ber fraglichen Angelegenheit in ernftliche Unter*
hanblung mit bem 9?ormannenherzog getreten fein, benn bi£ 1057 J>egte er
ja bie Hoffnung, (SnglanbS £l)ron einem näheren Anoerwanbten ju hinter*
laffen. 3d) werbe auf btefen ©egenftanb unten an geeignetem £)rte §u*
utdfommen.
Schon 1058 brach ber Sturm lo6, ben 5llgar t>on Verden oorau^
J) 3)ud)eSne ©. 181, d. 2) Histor. Normann. VII, 31. £)ucf)egne @. 285.
3) <5mk @. 366 unten unb 367 unten. *) Ibid. ©. 899 unten flg.
«BterieS 23udj. <Sa^. 17. ®efc$t$te (Sbtoatbg, beö JBefennerö, tooit 1052—1059. 325
gefel)cn r)atte. glorentiuö berietet':1) „§um swettcnmale warb 2Ugar, (Satt
ber 9)fercter, vom Röntge verbannt, aber mit £ülfe ©riffutS, bcS £äupt*
Itngö ber 2Ballifer, nnb burd) Vorfcrmb einer norwegtfdien glotte, bie §u*
fälliger 2Öetfe l)erbetfam, bemächtigte er ftcr) in $ur$em feines (Srbe lieber."
2)te Sporte be6 @l)roiiiften tauten fo, als wenn jtöntg Abwarb freiwillig
nnb au3 eigenem Antrieb bie Verbannung über SUgar verfängt l)ätte. Slber
btefe £)eututtg fann vor ber SBafyrfyeit nicht beftefjen. CDtc Käufer ©obwinS
nnb Seofrtfö waren, wie wir wiffcn, £obfetttbe unb ftetö tjaben bie ©ob*
winiben ben jtönig al£ 2ßerf$eug gebraudit, um tl)re ©egner §u untere
brütfen. ©o verfielt e$ ftct) aud) mit ber ^weiten Verbannung 2llgar3, fte
muß beut Könige burd) ben übcrwiegenben (Stnfluß ,§aralb$ abgepreßt
worbcn fein. 2ÖeId)c bittet tocmbte nun §aralb an, um ben itöntg p
jwtngen?
Florentius gibt hierüber an ber ©teile 2luffd)luß, wo er ben erften
©turj 2Ugar$ befcfyretbt. „2luf einer 9fatf)3verfammlung §u Bonbon/' fagt
er, verurteilte (Sbwarb ben (Sari von Softer." 3)er ^önig von (Snglanb
vermochte nichts obne ben (Staatsrat!) , ober baS 2ßitenagemote, ba$ aus
ben großen Vafallen beftanb. 2ßaS bie 9Jfel)rf)ett biefer ^örperfajaft be*
fcfyloß, war für ben kernig binbenb. 9hm führte bafelbft ©obwtnS ©e*
fcfylecbt tfyetlS burd) bie sJJ?enge feiner 9D?itgltcber, welche große £ef)en
befaßen, tfyeilS burd) bie Wla\\e folajer Vafallen, bie in irgenb welcher
2öetfe von tr)m abgingen, baö große 2Bort. (Sobalb fta) irgenb ein braua>
barer Vorwanb fanb, würbe eS beßfyalb bem bamaligen Raupte ber ©ob*
winiben ntd)t fcbwer, verberblid)e S3efcf)Iüffe wiber geinbe feinet £aufeS
burd)§ufe£en.
2)od) ftanb baS Sßttenagemote ntcbt gan§ ober auSfajlteßttcr; unter bem
(Sinfiuffe ber ©obwintben. Söenn bafyer, wie cS 1055 gefct)al) unb wie
eS wol)l aud) 1058 wieber gefct)et)en fein wirb, £llgar mit frember «gnilfe
feine SRüdfefyr erzwang, fehlte e£ ntd)t an (Stimmen, Weldie, gefd;recft burd)
bte 9ftacr>tentwtdlung beS ©egnerS, auf 2ötberruf ber vorder gefaßten 23e*
fcfclüffe brangen. 3a) fyalte cS nämlta) für wa^rfd)ein(ia), baß Sllgar 1058
ebenfo, wie bret 3af)re früher, md>t bloS tf)atfäd)lid), fonbern crueb fraft fönig*
ltcr)er (Stnwilltgung ober vielmehr in golge eines vom SBttenagemote be*
rat()enen Vertragt feine Sefyen wieber erfytelt.
hieben bem 2Öalltfer ©riffln, bem (Stbam SllgarS, ber ir)m fa)on 1055
ben gleichen 2)tenft letftete, f)atte bteßmal ber Sßetftanb einer norwegtfcfyen
glotte bie 28ieberetnfe£ung beS 9)?ercierS er§wungen. gtorentiuö [teilt bte
©acfye fo bar, al£ feien bie norwegtfa)en ©c^tffe zufällig tn ber ©egenb
erfa)ienen, wo ©riffln für feinen (Schwiegervater fämpfte. 5lber btefe Ü)ar^
Flores histor. <&. 630.
326
*pafcft ©regovtug VII. unb fein ßettntter.
ftetfung tft offenbar trrtfyümltcr; , »telletdjt abftd>tltd) gefärbt, um bie roahre
(Sachlage $u »erfüllen. 2ßir rotffen,1) baß Äöntg £aratb £artraba *on
Norwegen, ber 2)onnerfeü be$ Horbens, fett Sauren auf eine günftige
©elegenhett lauerte, ftdj (SnglanbS §u bemächtigen. 2ÖaS ift natürlicher,
al$ baß er §u btefem Speele Verbinbungen mit unjufriebenen 2lngelfad)fen
fitste unb unterhielt? Die tton ben ©obroiniben erregten ^arthetungen
fjaben bie grüßte getragen, welche foIdt)e Umtriebe überall bringen: fte öff*
neten auswärtigen getnben ein Sfyor in ba6 Snnere be3 *Reidb6.
Leiter berichtet2) glorentiuö jum nämltdjen 3af)re 1058: „Sllbreb fcon
2Borceftcr gab baö 25i3tl)um 2Btlton, beffen Verwaltung er üor 3 Saferen
übernommen hatte, an Hertmann jurücf, ber aus bem Softer <St. S3erttn
roieber nach (Snglanb berufen rourbe, unb trat bann — er ber erfte unter
alten engltfchen Sßifchöfen unb @r§bifchöfen — eine Wallfahrt nad) 3erufalem
an." 3cf) habe oben bie ©rünbe au$einanbergefe£t, roeldje meinet (SrachtenS
&u ber Annahme nöt^tgett > baß bie 1055 verhängte Slbfe&ung §erimann3
rotber ben Spillen beö ^önigö »or ftdt) ging. 3)arau6 folgt benn, baß bie
2BieberherfteUung beö Vertriebenen bem Könige angenehm geroefen, feinen
Sßünfchen entfprochen haben muß. 5lber roenn bem fo roar, roarum ^at
(Sbroarb ben lothringer nia)t früher §urücfgerufen? ohne 3^etf e( beßhalb,
roetl e$ ihm an ber nötigen SÄadbt ba§u gebrnd). 3weitenS roarum gelang
bie 5Rü(f beruf ung Hertmanns jeft?
SBeil bie 9?ieberlage , welche ^aratb für<a) burch bie errungene
föütffefyr SllgarS erlitt, bem Könige freie $anb tterfchafft f)atk. Ü)ie ©ob*
rotniben roaren eö geroefen, roelche ben ©tur§ beö Lothringern Hertmann
tteranlaßten; bie neuliche 3)emüthtgung heberte fte, ^ertmannö SBteberctn*
fe|ung länger §u vereiteln. Köllig (Sbroarb fonnte baher thun, roaö er
roünfchte. 3)ie Vorgänge bei ber ^ücfberufung be6 Lothringer^ tiefem §u*
gleich, rote man fteht, einen 23eroei3, baß bie jroeite Verbannung 2llgar3
nicht baS 2ßerf freier (£ntfd)lteßung be6 Königs (Sbroarb geroefen fein fann,
unb baß bie 9^ücffet)r beffelben ben Sünfchcn be$ £errfa)er$ entfpract) unb
ftcherlich nicht ohne ^Bewilligung ber trotte erfolgte.
5luch über bie (Stellung 5llbreb3 oerbretten bie betreffenben 2£orte be$
ßhroniften Sicht. §Raa)bem ^erimann roieber ettigefejft roar, trat Sllbreb eine
Steife nach bem gelobten £anbe an. Sßarum tl;at er bteß? meines (Sr*
achtend um einen gießen ab$uroafd)en. (Seit 3al)ren nahm er eine mittlere
(Stellung ein, ober mit bem (Sprücbroort ju reben, trug er auf jroet (Schultern
SBaffer. 3e£t geht baö nid)t mehr: ber §of beweist ihm Mißachtung,
ba$ Voll betrachtet ihn als einen (Sölbner ber ©obwimben. Um nun fein
gefunfeneS ober wanfenbeS 2lnfef)en roieber aufsufrtfchen, unternimmt er
l) (Siefje oben <S. 312. 2) Flores histor. @. 630 unten.
Viertes 93ud&. Ga*>. 17. ®eföie$ie (Sbtuatbg, bee 33efenner<3, »on 1052—1059. 327
(StwaS, waö bis ba^tn fein angelfa^ftfcbeS Ätrcfjcnt)au^t unternommen: er
wallt nad) bem J>etf. ©rab. 2(ud) mit ^ßetrt ©tut)l war, rote wir unten
fel)en werben, 5Ubreb §erf aßen,
3m 3a!)re 1059 frarb Sllgar, ber Herder. 3ngulf, ein jüngerer 3^
genoffe, melbet1) feinen $ob mit ben Korten: „ber geftrenge @arl SUgar,
ber unermüblid)e ©önner unfereS ,ftlofter$ (ßrotylanb), oft ton 2Biberfacr)eru
l)art verfolgt, häufig 51t Gaffer unb zu £anb umfyergeroorfen, aber ftetS
mit «§>ülfe ©ottcS unbeftegt, ttom SSolfe beö SanbeS Ijeralid) geliebt, Der*
fcr)teb unb warb ju ßooentn; neben ber Setdje feinet 93ater6 bcigefefjt;
bret Durber hinterließ er: nämlid; jvoet 6ör)ne, (Stwin unb 9J?orfar, bie
nachher ©rafen würben, unb eine einige Softer, bie J)eute nod) lebt,
bie ©räftn Sucta." 2)te SluSfage 3ngulf3 fte^t in wirflid)em öfter fcfcem*
barem 2ßtberfpruch mit bem 3wgntffe ßbroniften von Sumiegeö, welker
5tlbitl)a, bie ©ernannt bc$ 3BaUtfer ©rifftn, welche fpärer in zweiter, war)r*
fd}einu'ch erzwungener, (^r)e mit §aralb, ©obwinö ©or)n, üerbunben warb,
für eine £od)ter 2llgar3 erflärr. 2) 9J?eine3 (SracfytenS ift man nid)t berechtigt,
bie Angabe beS Normannen, ber älter ift al£ Sugulf, unb bie ©efctiicfyte
Gntglanb6, fo weit fie in bie normanntfehe eingreift, genau rannte, ju tter*
werfen. (Sin 5Iu3weg ift möglid): man rann annehmen, baß Sngulf nur
eine ber Söcbter 2tlgar6, nämlid) btejentge, weld;e noct) lebte, alö er fd)rteb,
gefannt l)at.
SBefonbere 23ead)tung verbreiten bie Sporte,3) weldje 3ngulf bezüglich
ber 6ör)ne 2llgar3 braucht: fte feien nachher ©rafen geworben, ^aum
rönnen fre etwa6 SlnbereS befagen, als baß (Sowtn unb Sftorfar ntct)t gleich
nad) bem £obe ir)re6 33aterö ©rafen würben, fonbern erft fpäter ©raffd)aften
erlangten. 2)ann aber muß man ttorau3fet)en, baß (Sbwin unb 9Jforfar
tterhmbert worben ftnb, in bie (Srbfct)aft ober bie Sehen SllgarS einzutreten.
Unten wirb ftd) zeigen, baß ber (Srfolg biefe Annahme rechtfertigt.
*) <Sat>tle (§. 898 unten. *) Dfcen <S. 323. 3) Relictis duobus filiis, scilicet
Edwino et Morkario , p o s t e a comitibus.
328
$abji ©regortuö VII. unb fein Settalter.
Smijiigfeiten Brechen im <§cr)oofie ber ©obwiniben aug. £)ie gegenfeitige Stellung ber
fäljigfien <Söl)ne ©obmtnö, £aratb unb £oftig, ju «inanber. Umtriebe, meiere £ojtfg
madjt, um fein SBerfjeug, ben 23ifcr)of 3llbreb »on SBorcejier, auf ben drgfiuljl tton
g)orf ju ergeben unb eine mächtige *)3arU)ei in (Snglanb ju gewinnen. £)er anbevc
trüber, £aralb, fd&ürjt ein 9te£ om £ofe, t>erforic$t feine SJlitnnvfung, nacr) (Sbmarbö
£obe bie üftadjfolge bem Storbmannen 2Bilfyelm üon Sftouen ju tierfcfyaffen, unter ber
23ebingung, bafj tljm SGBitljelm bie norblidje <£alfte (SnglanbS überlaffe. 3m 9tuf*
trage beö Königs (Sbmarb ge^t £aralb nacr) 9?ouen, fcfyliejüt bort mit 3Bill)elm ab
unb ljulbigt if)m. äftaßregetn, meldte JEojitg ergreift , um bie Slbftcfyten feineö 23ru*
berö gu ttereiteln unb bie «ftrone auf fein eigene^ <§aupt $u fe|en. Sluffianb ber
Slort^umbrier miber ü)n, £aralb Ijitft baju, baß £ojiig auS bem Sfoidje »erbannt
tütrb. tfonig Abwarb fHrbt im Sanuar 1066. Jparalb wirb jum ü)iacr)folger auS*
gerufen, £oftig forbert fünf dürften beö SluSlanbS auf, ^Britannien mit «Krieg ju
übergießen. £)ie normegifdje flotte lanbet in -ftornjumbrien, aber in einer großen
<5cr)lacr)t befiegt «£>aralb üon (Snglanb ben Stormeger unb feinen eigenen 33ruber
£oftig. £>ie beiben teueren fallen. «Seerüfhingen in ber üftormanbie. 2ßilr)etm
tton Stouen legt feine Stnfprüc^e bem ßeil. «Stuhle ttor, ber für ilj>n entfdjeibet unb
ifym alö Beidjen fetneS SRedjtS ein S3anner beö fjeil. *petru3 überfenbet. SSemetS,
baß Gtarbinal £ilbebranb, auf beffen 9<iatr) *)3abfi Sltexanber II. biefe Stnorbnung
traf, bie ©eftttung be$ 9^orbenö gerettet ßat. Sftdjt nur bie Wlatyt Qntglanbö mar
burdj bie (Sljrfucibt beö angelfäcr)ftfcr)en $ürfientr)'um3 jerbröcfelt, fonbern aucr) ber
öffentliche @eijl burdj ^Demagogie »erborben.
9?ad) bem früheren ©ange ber 2)inge in (Snglanb ließ fta) erwarten,
baß fofort bie ©obwtntben wtber bie mercifdje $artf)et lo$gebrod)en fein
werben. Allein erft nact; weiteren oier Sauren fiel ein entfcfyeibenber in
ben Quellen tyer&ortretenber 6$lag. 3)te 3ögerung rührte meinet (SracfytenS
barjer, weif im 3nnern be$ ,£>aufe$ ber ©obwtntben (Sreigutffe ftcf) §utrugen,
weld)e bie ttolle Slufmerf famfett berfelben bcfdfeäfttßtcti unb §ule£t einen 23rucr)
SWtfcben §wei §äuptem beS ©cfd)Iectteö herbeiführten.
glorcnttu« erjäljlt:1) „2)ubof", 33tfdt)of »on SQßaK ftarb 1060, ben er*
lebtgten @tuf)l beftteg beö ^önigö ©apetlan, ©tfa (©ifclbcrt). (Sowohl ber
Vorgänger, aU ber ^aa^fclger (Dubof unb ©tfa), ftammten au$ Sot^nn*
gen. ©egen @nbe beffelben 3a^reö 1060 ^erfd;teb ^tnftn, (£r$btfd)of üon
g)orf. 5lm Sei^nad^tfefte warb an beö »erftorbenen ©teile SUbreb, 53tfd)of
t)on SSorcefter, 2) §um Metropoliten »on g)orf erwägt. Sllbreb trat fo*
fort baö S3töt^um ^ereforb, baö man fym wegen fetner ©efd^ftSgewanbt*
r)eit 1056 §u etnftwetftger Verwaltung übergeben fjatte, an ben (Kapellan
ber Königin (Sabgitl), kalter, einen gebomen Sot^rtnger, ab. 3m folgen*
ben Säfyre — 1061 — macbte ber ncugewäf)lte Metropolit, begleitet t)on
4) Flores histor. @. 631.
2) 3)cv inbep »on ber äßallfa^rt jurücfgefe^rt mar.
93tevte3 93ucf;. (5a£. 18. ßbtoavb, ber SBefenner, flivbt. ©cgenfönige Softig u. Jpavalb. 329
bem (Sari Softig, eine 9^ctfe nad) $om, roo er au£ ben ^änbcn be$ *$ab*
fteS 9?ifolau$ n. baS Pallium empfing."
2Bäf)renb ßonig (Sbroarb in ben erften Reiten fetner Regierung faft
alle erlebigten ©tü^tc an (Sapeüane vergab, war eine $etf)e toon Sauren
fcerftrtdjen , ofyne baß S(ef)u(tdt)e6 gefa)af). ©erotß trug nicr^t etroa 9?aaV
läfftgfett (SbroarbS bie (Sdutlb bavon, baß ftatt ßlertfern, bie üon ifjm ab*
gongen, faft lauter ©anklinge üon ©egnent, sott abgeneigten ©roßen,
erlebigte 6tül;le einnahmen, fonbern er ift burd) bte Umtriebe ber ©obrot*
ntben abgehalten Horben, 2tnl)änger beö £of# ju befcorjugen. 3e£t erft
erlangten roieber $roet ßapettatte 23iM)ümer. 9Wan fönnte »ermutr)en, baß
btefer boppelte (Srfolg eine 9?ad)rotrfung ber 9?teberlage geroefen fei, voelcbe
bie ©obrotntben 1058 im Kampfe gegen 2llgar erlitten. Slttein bie ©ad)e
»erhielt ftdj allem Slnfcfccme nad) anberö. Jttnftn, ber tterftorbene ^Jtetro-
poltt, r)atte, efye er ben 6tuf)l »on g)orf beftteg, in ber fö'ntglieben Capelle
gebtent.1) Senn ana) nur einige $ücfftcf;t auf ben Vorteil ber $rone
genommen voarb , mußte man bem Könige baS $tta)t einräumen, an bie
©teile be3 Verdorbenen einen anbern ßapettan §u ergeben. 5) od) ba3 ©e*
gentfyetl gefcfyar).
2llbreb, roeld)er Ätnjmö 9?ad)foIger rourbe, genoß fetneSwegS baS Ver*
trauen beS «£>ofe$, er gehörte §um 2lnf)ange ber ©obrotntben, unb feine
SBeförberung fyteng, rote ftcf) unten ergeben rotrb, mit einem I)od)Oerrätr)ert*
fdjen *ßlane SofttgS, beö ($arl6 von 9?ortf)umbrten, jufammen. £)ie son
bem Sttenagemote, ba£ unter bem (Sinfluffe ber ©obrotntben r)anbelte, ge*
gebene (Stnrotfttgung, baß (Sbroarb ben @tuljl tton 2Bale3 einem fetner (Sa*
peltane »erleiden burfte, roar bafyer eine geringfügige (Sntfctjäbtgung für bie
9kd)tf)etle, roelcfee bte SBeförberung etneö bem Röntge abgeneigten (Sleriferö
auf ben jroeiten (3;r§ftuf)t beö 9iäa)$ bem Sfyrone §u bringen brofyte. 5lua)
bte gleichzeitige (Srfyebung be6 (SapeflanS ber Königin, Salter, gum 93t*
febofe sott £ereforb gltdt) bie 9iecbnung feineSroegS auS. 3a) rotll immer*
Inn glauben, baß bie *ßarttyet ©obrotnS lederen 5lft als ein bem Könige
eingeräumtes 3ugeftänbniß anpries. 5lber bteß roar eine Säufdnmg. 3)ie
Königin ßabgtytlje ging anbere Sege, als tbjr ©emal)l. Unten roirb fta)
geigen, baß fte mit il)rem S3ruber Sojitg pfammenfpielte, ber bamalö auf
ba3 Verberben ^broarbS fann. 3)er Äöm'g t)atk bat)er feine Urfac^e jur
3ufrieben!)eit über eine Ernennung, bte ben SBünf^en feiner ©emafylin
entfpraa).
Saut ber S)arftellung be$ S()rontften übergab 5tlbreb fogleid), nac^bem
er §um Metropoliten »on g)orf erroäl;lt roorben war, baS 93ietl)um §ere^
forb, bem er fett 1056 üorftanb, an Salter. £ier tft ein ^ittelgtieb über^
l) Oben ©. 306 unten.
330
SPctbfl ®regovtu$ VII. unb fein Zeitalter.
gangen. Sllbreb tyanbelte meines (SracbtenS barum fo, weil ^Diejenigen, belebe
feine 2Öat)I beförberten, ihm jur 33ebtngung gemacht Ratten, baß er nun*
mehr auf ben weiteren ©enuß von £ereforb t>cr§tcf)ten müffe. 5llbreb be*
50g ben Jtirdjengefe&en §uwiber §wifchen 1056—1058 bie (Sinfünfte von ntcf)t
weniger als 3 SBiSthümem, inbem er außer feinem eigentlichen (Sprengel
»01t äöorcefter auch noeb bie von SMton unb ^ereforb verwaltete. Seilten
würbe üjm 1058 aus Slnlaß ber ^üefberufung Hertmanns abgenommen,
^ereforb mußte er 1060 in golge ber 2ßaf)l jum Metropoliten fyerauS*
geben. 5lber unten wirb ftdr) jeigen, baß er auch jefct noch neben ber 9fte*
trovole feinen alten ©tufyl von 2ßorceftcr beizubehalten gebaute. Vichts
fernen biefem gierigen ßlerifer §u viel.
9?od) Serbien* 23ead)tung, baß bei ben Vorgängen von 1058—60
hinter einanber 4 Lothringer $um SSorfchein fommen, weld)e englifcf)e 23tS*
tljümer inne haben unb großenteils vorder in bcS Königs ober ber Köni-
gin Capelle bienten. Hertmann, ber SBtfd^of von 2ßilton, flammte aus
Lothringen, unb war früher (SbwarbS ßaipellan. *) 2)aS ©letche gilt von
©ifelbert, bem 1060 cingefefcten 53ifd)ofe von SßaleS, baS ©leicbe von
Sßalter, bem neuen 93ifd)ofe von ^ereforb. 5tucf) ber verftorbene 3)ubof,
©ifelbertS Vorgänger, gehörte feiner ©eburt nach' Lothringen an. 2)ie
Slnftellung fo vieler gremblinge ift feincSwegS eine ©ad)e, bie fia) von
felber verfteht. Hertmann war fchon §u ber 3^tt, als Normannen ben
<£>of ßbwarbS anfüllten, nach (Englanb gefommen, vielleid;t and) £>ubof?
benn in einer Urfunbe2) (SbwarbS, angeblich vom 3ar)rc 1042, ftnbe ich
einen SBifcljof biefeS Samens erwähnt, jebod) ohne baß fein 6t# angegeben
wäre. 2)te $wet anbern mögen fväter nach Vertreibung ber Normannen
eingewanbert fein. 3)a ber »ftöntg nad) 1052, eben fo gut wie früher, ben
Qmtheimifchen mißtraute, ift eS wahrfd)cmltch, baß er noch immer SluSlän*
ber an feinen $of rief, aber nicht mehr Normannen, fonoern 2öälfcf)e auS
anbern $rovin§en, nameutlid) Lothringer, weil auf bem tarnen ber le£te*
ren fein §aß laftete, währenb gegen erftere bie 2Buth beS 93oIfS aufgeregt
worben war.
Allein ber räumliche begriff Lothringen ift ein unbeftimmter, fdr)wcm*
fenber. 2)iefer SRame umfaßte tm wetteften ©tan baS gan§e ©ebiet $oi*
fchen 9tyein, 6aone, 9Jiaaß, Scheibe, baS bamalS theilS ber ^rone £)eutfa>
lanb, theilö ben Sttarfgrafen von glanbern gehorchte, ©ehörten nun bie
im angelfächftfchen ^trd)en* unb <StaatSbienft verwenbeten Lothringer von
©eburt bem beutfehen ober bem Panbrifdjen Untertl)anenverbanbe an? 9Jtan
begreift, baß bie ^Beantwortung biefer grage wünfcfcenSwertf) wäre, ba fte
5lnhaltSpunfte liefern würbe, um ben :politifd)en Einfluß, welken frembe
') «Stelje oben <2>. 290« z) Kemble codex diplomatic. aevi saxonici Vol. VI, 194.
SBtevteö 93u$. (5a£. 18. (Sbtoavb, bev SBefenner, jttrfcf. ©egenföntge £oftig it. #aralb. 331
9J?achtf)aber auf ben angelfftcbfifchen <§of übten, §u bemeffcn. Setbcr tft
mir eine einige Shatfadje befannt, bte in ber fragücfcen ^Beziehung einigen
Auffchluß gibt. ÜRadjbem bev Sothrtttger Hertmann 1055 aus feinem SMS*
tfmm SBtlton vertrieben roorben war, §og er ftcr) in baS Softer <5t. Set*
tin §urücf, baS unter flamänbifct)cr Roheit ftanb.1) ($r bürfte bemuach
ein geborner glamänber geroefen fein.
Anbere ber in (Snglanb angeftellten lothringer ftammten rooht auS
bem %%i\U beS toätfäen Söllingens, ber ben (Saliern gehorchte. Schwer*
lief) ftnb biefe grembltnge o^ne 3uthun ber SanbeSherrn, unter beren (Scep*
ter fte von ©eburt auS ftanben, nacb bem angeifädjftfcfyen deiche hinüber*
gewandert 2ßtr rotffen, baß Äöntg (Sbroarb in ber Angelegenheit feines
gleichnamigen Neffen bte fmlfe beS 6alierS Heinrich Iii. anrief unb ihm
fetnerfeitS wichtige 3)ienfte leiftete.2) 2)er beutfa)e §errfa)er aber tt)at
nichts umfonft, fonbem benü&te jebe ©elegenhett, feinen Einfluß auf frembe
£cmber §u mehren. Ucberf)aupt gefdjtefyt eS ftetS, baß, roenn Staaten, wie
bamalS ber englifc^e, buret) ^3artf)eiung zerrüttet ftnb unb bem Untergange
geilen, ehrgeizige 9?acl)barn unter allerlei $orroänben ir)re §änbe ein*
mifa^en.
SBalb nacf)bein er zum Metropoliten von g)orf gewählt roorben war,
trat Sllbreb bie $eifc an bte (Schwelle beS 2tpoftelfürften an. 2Barum?
2Beil er etwas beabftchtigte, was. er nur mit «gmlfe beS $abfteS erreichen
Zu tonnen verr)offte, noch mel)r vielleicht, weil er wußte, baß if)m von bort*
her @efaf)r brol)e. 5tlbreb ging jeboef) nicht allein: ihn begleitete vielmehr
Softtg, ©obwtnS Sohn, ber (Sari von üftorthumbrien, in beffen $er$ogtt)ume
§)orf bie zweite Metropole von Gntglanb lag. (SS war fein Heines Dpfer,
baS ber (Sari bem Metropoliten brachte. Sßdhrenb ber Slbroefenheit £o*
fttgS fiel ber fcr)ottifche Äöntg Malfolm in 9?orthumbrien ein unb verheerte
bie Provinz mit geuer unb Schwert.3) konnte ber (Sari nicht voraus*
fehen, baß il)m von bem ungetreuen Machbar fo etwas blühe? ©ewiß fonnte
er eS. 2Barum trat Softtg bennoch bie ferne Steife an? 2Betl bte Sadbe
beS (SrzbtfchofS feine eigene roar, roeil vom (gelingen 2)effen, was 5llbreb
in 9fom fuchte, bie Ausführung ber ehrgeizigen *piane abhieng, mit benen
Softig ftch bamalS befchäftigte. 3Öir befreit über bie $omfaf)rt SofttgS
unb AlbrebS ausführliche Nachrichten, bte an einem anbem4) £)rte mitge*
tr)etlt roorben ftnb. Snbem ich hierauf vervoeife, begnüge icr) mich, einige
£auptpunfte hervorzuheben.
©rftltch Softtg hat bte Erhebung AlbrebS auf ben ©rjftuhl von §)orf
eifrigft unterftü^t, unb jvoar barum, weil er eines feiner 2Berf$eugc im SBe*
J) Oben <S. 321. 2) 2)af. ©. 295 u. 317. 3) (Sattile @. 445 gegen ü&en.
4) %<m\>I, 626 flg.
332
fßabft ©regoriug VII. unb fein Bettaltev.
ft£e ber feiten Metropole ßnglanbS fernen wollte. Svoettenö ebenberfelbe
fefcte alle £ebel in Bewegung, bamtt ber neugewählte DJcetroVoltte fein
früheres Stedum 2öorcefter beibehalten Dürfe, unb jwar tl)at er bieg beß*
halb, weil er ftet) ber Hoffnung fnngab, burd) 2Ubreb auf Die mittleren
*ßrovht$en beS 9feicf)3 einwirken §u föttnen. drittens $abft NifolauS II.
burd)rtß baö ©ewebc beS @arl3, tnbem er Anfangs fowotyl bte ^Bereinigung
ber befreit (Stühle verwarf, als aueb bie 5lnerfenmmg ber Dörfer SBafyl
verweigerte. (Später buret) bte Nothwenbtgfett gebrängt, SofttgS klagen
über ben *Raubanfalt, ber an ben ©efanbten verübt werben war, §u bc*
fd)Wtd)ttgett, betätigte er §war Sllbrebö 2ßarjl, beftanb aber utterfd)ütterlich
barauf, baß 2öorcefter von g)orf getrennt, unb baß erftercö SStötljum mit
einem Neugewähltett befe£t werbe. 5luS ber ßbrontf von SBorcefter er*
fahren wir Weüer, baß $abft 9^tfo(au6 IL, ober vielmehr fem Nachf olger
2llerauber II. ber OfebKcbfett 2llbreb6 unb SofttgS mißtraute, unb geeignete
Maßregeln traf, um Severe §u bud)ftäblicher Erfüllung be$ gemalten $8or*
behalte §u zwingen.
Ttit bem 3ai)re 1062 geht1) glorentiuö §ur ©efd)tchte be$ heiligen
SBulfftan von STßorcefter über. 3n ber $rovtn§ ÜJfercten lebten §wet @h^
leute reffen unb geachteten ©tanbeS, bte, naa)bem fte einen ©olm 2Bulf*
[tan gezeugt Ratten, auö grömmigfeit baS ©elübbe ber $eufd)heit ablegten,
ber Gfyt etttfagten unb ftd) bem mönd)ifchen Seben wibmeten. 2)er Sof)n
folgte balb barauf bem SBeifptele feiner Ottern: er trat in ein Softer ju
3öorcefter ein. £ter zeichnete er ftdt) buret) jegliche Sugenb, namentlich
burd) (Selbftverleugnung unb (Sntljaltfamfeit, au3. 9U8 ber bisherige 2lbt
geftorben war, würbe SBuIfjtcm jum Nachfolger gewählt. @oldje0 gefebai)
§u ber Seit, ba 5llbreb auf bem (5tur)Ie von 2Borcefter faß. Mehrere 3abre
verliefen unb bte Erhebung 2llbreb3 auf ben (§r§ftuhl von §)orf erfolgte.
3etit erging bte $ufforberung an ben ßleruS von 2£orcefter, einen 33tfcbof
als Nachfolger 2llbreb6 §u erwählen. 3ugletch fünbtgte $ömg (Sbwarb an,
baß er einer freien 2Öal)( fein §tnbermß entgegenfefcen werbe, baö ßavitel
möchte feine (Stimme demjenigen geben, ber ihm ber würbigfte fcheine.
„Um bte nämliche tyit," fährt ber (Sl)rontft fort, „erfd)ienett in SGBorce*
fter &wei Segalen beS neuen ^abfteö 5lleranber IL, (Srmcitfneb, 23tfd)of
von ©ton, unb ein Slnberer, welche bafelbft faft bie ganzen gaften über bis
£)ftern 1062 verweilten. Unter ihrer thättgen 9Jcitwtrfung würbe ber tu*
genbhafte 2öulfftan sunt §8tfdt)of von SBorccfter erforen. 3)och SBulfftan
weigerte ftet) beharrlich, bte 2Bal)l anzunehmen. 2ltle bitten ber Legaten
wies er jurücf, unb erft als ein greifet Klausner SBulf, ber feit 40 3ctf)*
ren etnfam lebte, unb im (Gerüche ber ^eiltgf eit ftanb, aufs §efttgfte in
4) Flores histor. @. 631
SSietteö 23u$. <&ap. 18. (Sbtvovb, ber 33efenner, jitvM. ©egenftmige Sojttg u. £aralb. 333
tfyn brang, gab SGulffton nadj. (sonntags ben 8. (September 1062, an
SO?artä ©eburt, würbe er gewebt, bte 2Beü)e empfteng er au3 ben £än*
ben be3 Dörfer Metropoliten Sltbreb, unb jtvar barnm, weil bem Gnrjbt'fcrjofe
von ßanterbun;, Stiganb (§u beffen Metropolitanbc§irf SBorcefter gehörte),
bamafö bte ÜBerriditung gctftltdbcr ^anblnngcn vom $abfte nnterfagt war.
9ßor (Srtfyeilung ber Sfiktfye mußte jebod) Sllbreb in 5tnrv>efe»l)ett beö
jtöntgö unb ber ©roßen beS 9^ e t et) ^ feterltcr; angeloben, baß er
nie trgenb ein $ed)t ftrd)(ta)er $ol)tit über ben (Stufyl von SLöorcefter Weber
barauf grünben wolle, baß er SBulfftan gewetzt r)abe, noer) baranf, baß
eben berfelbe Sßulfftan früher alö Untergebener SllbrebS Mond) im Softer
^u 2ßoreefter gewefen fei. Slucr; legte üffiulfftan fein fanontfcbeS 23efcnntniß
ntct)t vor^llbreb, fonbern vor ©ttganb bem Metropoliten von (Santerburr;, ab."
@o ber (SJjrontft. golgt nid)t auö ben $orftcf;t3maßregeln, welche
jlöntg (Sbwarb im Vereine mit ©ttganb, bem natürlichen Nebenbuhler unb
©egner 2llbreb3, traf, fonnenllar, baß berfelbe tiefet Mißtrauen gegen ben
neuen Metropoliten von g)orf unb beffen 23robr)errn ben (Sari Soßig von
Nortfyumbrtcn fyegte ! Unmöglich fann im 2lngcftd)te biefer Stjatfacfyen be*
zweifelt werben, baß jtönig (Sbwarb bie (Srfyebung StlbrebS auf ben (Sr§*
ßur)l von gorf ntcrjt gewollt b)at unb bemgemäß, baß bie Elften, roelcbe
bie angelfäa)ftfcf)e ©efanbtfdjaft 1061 ber Sateranftynobe vorlegte, nic^t bie
wahren Slnftcfjten beö Königs auöfprad)en, fonbern bemfelben abgerungen
roorben fmb. gür benfelben 3ufammenr)ang bürgt bie @rfa)einung ber jroei
römtfeben Legaten in (Snglanb. 2ßer wirb glauben, baß fte ofyne ben
Hillen (SbwarbS ba6 $eta) betraten! Sie £f)ättgfett, bie fte bort mU
rotdelten, §telte barauf f)tn, beft @r)rget§ 5llbreb3 unb feines 33efa)ü|er6 Softig
etn$ubämmen, fte Wirfteil alfo für ben nämltdjen 3rved, ben aua) (Sbwarb
verfolgte. £>er Jtönig muß ben $abß au Slbfenbung berfelben veranlaßt,
er muß überhaupt bie £ülfe beö t>etl. ©tut)l$ gegen bie verberblic^en platte
ber ©obwiniben angerufen b)aben.
5lua) über bte 2lrt unb Seife, in ber eS if)m gelang, ben SBctftanb
beö $abße£ $u erringen, gibt bie nämltcfye (Sfyronif Slnbeutuugen. 23i3 sunt
3af)re 1060 b}etßt es, wenn ber Sfyroniß auf 23efe£ung von 23i3tf)ümern
^u fpreajen fommt, etnfad), ber unb jener (5tur)l fei an ben unb jenen ver*
liefen roorben. 2lber mit bem genannten 3af)r änbert gtorentiuS ben Son.
(Sr fagt: „am Setrutacfjtefeße 1060 warb Sllbreb §um (§r$btfcf)ofe von
§)orf erwählt." 2>\\m folgenben 3ar)re melbet er bann: (Sbwarb r)abe
bem (Sapttei von Sorcefter erflärt, baß er tl)m volle greifet geftatte, nad)
eigenem (Srmeffen einen ^Btfcbof §u roäl)len. grete 3Bal)l ber S3ifd;öfe
unb Siebte, verbunben mit ber bem *ßabfte etnsuräumenben 33efugniß, bie
©eroäfjlten §u betätigen, war eine ber ^auptforberungen, welche bte ©re^
gortaner faft feit einem 3ar)rf)unbert ftellten.
334
$abf! ©regoriuS VII. unb fein 3ettaltet.
^öntg (Sbwarb oon (Snglanb ging fett 1060 auf btefelbe ein, unb
äWar offenbar beftyalb, Weil er bte Ueberjeugung fyegte, baß wenn er aud)
ein bisher oon ber trotte geübtes $ea}t auS ber ^>anb gebe, bte fragliche
Maßregel ba§u btenen werbe, ber unerträglichen Scannet beS £aufeS ber
©obwtniben ©chranfen ju ftecfen. Durften bte (Sattel frei wählen unb
warb bem ^abfte bte SBefugntß eingeräumt, Ijernach bte Gewählten §u be*
("tätigen, fo ließ ftc^ erwarten, baß in 3>ut\in\t ftettigftenS feine folctje
23tfd)öfe mef)r (SnglanbS «Stühle beftetgen, bie ben ©obwtniben Ralfen, ben
Stroit §u untergraben, @bwarbS Berechnung warb nicht getäufcht. 3war
bei ber 2M)l §u $orf brang SofttgS Einfluß burcb; über bte üSfttttel, welche
er angewanbt Jjaben mag, foll unten 5luffchuß gegeben werben, wenn ich
auf bie ©ewa(trjerrfd)aft §u reben fomme, bte £ofttg in ^ort^umbnen auS*
übte. @(etct;Wof)l bewirfte baS bem $abfte oorbehaltene 23eftätigungSrecht,
baß £oftig unb 2llbreb ihre 2lbftd)ten faum pr £älfte erreichten unb weiter
— was für (Sbwarb noch günftiger war — baß ber l)eil. 6tul)l genaue
.ftenntntß von ben verberblichen planen ber ©obwtniben erstell. 9£om r)at
feitbem — wie wir unten fetjen werben — offen *Partf)et gegen ^jaralb
unb Softtg ergriffen. 3n Sorcefter bagegen ging 5ltlcS nad) bem Sunfche
beS Königs : bie freie 2Baf)l unD bie «gmlfe ber bciben Segalen jeugte bort
einen trefflichen, ber Ärone treu ergebenen, 23tfd)of.
<5onft Ratten ftd) bie ©öf)ne ©obwinS begnügt, ba unb bort ßlerifer,
bte ihre ©efchöpfe waren, auf untergeorbnete (Stühle §u befö'rbem. 3egt
aber erzwang Softig, baß bte zweite Metropole (SnglaubS einem tfym t»er=
pflichteten Bewerber preisgegeben werben mußte. DtefeS Verfahren läßt
feine anbere Deutung §u, a!6 bte, baß Softtg nach unbefc^ränfter ©ewalt
unb naa) bem 8eft£e ber jfrone ftrebte. 9iun wiffen wir, baß SofttgS
trüber §ara(b btefelbe 5tbfta)ten r)egte. §errfd)fucht aber butbet feine
Nebenbuhler. 3ft meine Darftellung richtig, fo muß 3wietradjt SWtfcfjen
ben Brübem ausgebrochen fein. Unten wirb ftcb geigen, wie gut bie
$robe ^trifft.
Sä^renb ber 3ar)ren 1060—1062 ift nur von Softtg bie $ebe, von
£aralb fehwetgen bie (Shrontften. 23erf)ielt er [ich vielleicht bavum ruf)tg,
weil er bte (Bebrüte beS Kruberg überwachte? Dagegen führte ^aralb im
3al;re 1063 unb im nächftfolgenben einen vemtdjtenben @d)lag wiber ben
SÄMifer ©riffln, beffen §ülfe früher baS £auS von Verden in 6tanb'
gefegt i)attc, ben wieberholten Angriffen ber ©obwtntben §u trogen, ^aralb
traf §uVor 5lnftalten, welche meines (Trachtens längere Sät erforberten.
3ngulf fagt:1) „ba «gjaralo fal), baß bie (Snglänber mit ihrer ferneren
Lüftung ben Salltfern, bie fta), wenn fte bebrängt würben, leichtfüßig in
4) Castle <S. 899 unten.
Viertes 93ucr). @a*>. 18. (Sbtoarb, ber SBefemter, fttrbt. ©egenfonige Sojiig u. %axa\b. 335
tr)re 23erge äurücfjogen, nicbt beifommen tonnten, übte er feine ganje 9)?ann*
fcJ>aft auf ben 2)tenft mit letzten Waffen ein." 2)ann nacf) bem -ifteujarjr
1063 rücfte er von ©lofter au$, wo beimaß $öntg (Sbwarb £of t>tett,
über bie walliftfcfye ©ränje imb eilte auf 9M>lan, ben ©i£ ©rifftng, Io6.
(£$ war barauf abgefeiert, ben Häuptling ber 2Öallifer §u fangen imb um*
jubringen. 2)ocr) ©riffln würbe getarnt unb entfam §u €>d)iffe. 9hm lief
£aralb ben *ßalaft be6 Surften jerjtören unb alle ©crjiffe beffelben, bie er
vorfanb, anjünben; bieß getfian, fefyrte er um. Slber im grürjjafyre lief er
mit einer glotte ton 33riftol au$, fdiiffte verr)eerenb längs ber @rän§c
von 2Öale6, bis er mit feinem 53ruber Softtg jufammentraf, ber ton Horben
r)er mit $eiterfd)aaren in 2Baleö eingebrochen war. Sie vereinigten xr)re
(Streitkräfte unb Mtfjtim nun mit geuer unb ©c^roert.1) 3)ieß melbet
glorenttuS.
Rubere, aber jüngere 3^gen fagen2) au6: „eine fel)r große Sttaffe ntcf)t
bloS waffenfähiger ($inwor)ner, fonbern felbft von Knaben fei niebergeme|$ett
unb baS £anb merflta) entvölfert werben. 3n Verzweiflung getrieben,
(teilten bie übrig gebliebenen SÖallifer ©eißeln, febwuren, Tribut §u jaulen,
unb verjagten ifyren Häuptling ©rifftn au3 bem £anbe. 3m näct)ften 3atjre
brachen abermal Unruhen au$. ©rifftn war, wie e6 fdjeint, §urücfgefel)rt
unb r)atte einen Verfud) gemaebt, feine ^errfa^aft §u erneuern. 5lber eö
gelang tfym ntct)t. SlnfangS Sluguft 1064 würbe ©rifftn von feinen elje*
maligen Untertanen erfcblagen, bie Sftörber Rieben if)m ben $opf ab, unb
überfebieften benfelben fammi bem ©c^nabel vom glaggenfcr>iffe ©rifftnS an
Haralb, ber biefe barbarifeben £ropt)äen weiter an ben £of beförberte.
3roet £albbrüber beö getöbteten ©rifftn, 33leü)gent unb *Riu)valan, würben
vom Könige §u Häuptlingen über 2ßale3 b efteilt. $or ber ©nfefjung
mußten fte nia)t nur bem Röntge, fonbern aua) bem Herzoge
ralb ben Sel)en3eib febwören unb angeloben, baß fte jeben Slugenbltcf für
ben 2)tenft ju Sßaffer unb §u fianb bereit fein unb Tribut §al)len werben."
Haralb roar, wie man ftefyt, £err von 2öaleö geworben, boa) ließ er ben
$önig infofern am ©enuffe ber £errfcbaft Zfyil nehmen, als er 33efer)l
gab, für Abwarb ein wol)l eingerichtetes 3agbfcbloß an einem walltftfcrjen
Drte, ber ^ortafcitl) r)ieß, ju erbauen.3)
glorentiuS behauptet,1) £aralb fjabe 2BaleS barum angegriffen, weil
©rifftn fortwäfyrenb Einfälle auf englifa)en SBoben machte. 9Jieine3 (£r*
acbtenS waren biefe Einfälle SBorwanb, unb bie wab)re $bftd)t £aralbS
hielte baf)in, 9^act)e an ©rifftn beßfjalb §u nehmen, weil £e$terer fo lange
ba$ Hau^ ^ou ^t^veien gegen bie ©obwiniben unterftür^t ^atte. ^Desgleichen
-1) Flores histor. @. 632. 2) ««ad&getotefen öon «a^enberg l, 524. SWe 1.
3) Flores tempor. ad a. 1065. @. 633.
336
^abj* ©regoriuö VII. unb (ein ßütalkx.
fagt ber Gtrjronift tton 2Borcefter, baß fon>o^l Haralb als Softtg oom Könige
beorbert toorben feien, SaleS im 3af)re 1063 mit ,frtcg §u überstehen.
2)a Haralb ben gelb$ug oon ©(öfter aus antrat, wo bamals (Sbwarb £of
hielt, fo fann man nicbt bereif ein, baß fcor bem Kampfe eine SBeratfntng
beS SBitenagemote ftattfanb, bejfen SBefchlüffe ftetS im Tanten beS Königs
ausgefertigt würben. @Ietdt)tt>ol)I bin ich überzeugt, baß ber Antrieb §um
Kriege nicht »ort (Sbwarb ausging. 2)enn allen SSerftanb müßte man ihm
abfprecfjen, wenn er einen jtampf oetantaßte, t>on bem üorauSjufehen war,
baß er bie golge fyaUn werbe, bie er wtrflich gehabt hat, nämlich eine
fehr bebeutenbe Erweiterung ber 9J?acbt beS ©obwinibeu §aralb. (Sbwarb
wirb eS gemacht haben, wie er eS fonft machte: er ließ gefd)er)en, was er
nicht fnnbern fonnte, unb genehmigte ben S3efchluß beS Staatsrats, ber
ben itrieg erflärte.
5)fe %fyat\a<$)t, baß Haralb nach SBeftegung ber SÖallifer einen form*
liehen ^ulbigungSeib ben neu cingefe£ten Häuptlingen abnahm, ift ent*
fcheibenb: unoerfennbar hat er ftch tyebä a^ SanbeSherr gebahrt. Singe*
nommen nun, 2)aS, was bie normanntfehen ©efehtchtfehretber unb auch
mehrere englifcf)e (Shrontften berichten, fei wahr, nämlich Äönig (Sbwarb
habe geraume Sät ttor feinem Sobe bem ^ormauuenhersoge 2Öilr)eIrn bie
Nachfolge in (Snglanb jugefiebert, muß man oon jweien gälten einen $0**
ausfegen, entWeber baß ^aralb fa)on 1064 eine fcinbfeltgc Stellung gegen
ben SBaftarb oon klonen einnahm, ober baß er ftch mit Weiterem über eine
Sü^ettung ber «£>errfchaft tterftänbigt hatte, $etn Schriftftetler mclbet etwas,
was im Sinne beS erfteren galleS gebeutet werben fonnte, Wohl aber be*
richten Mehrere 2)inge, welche auf baS Sediere hinauslaufen.
Heinrich oon Huntington erzählt:1) „im 22. 3al)re ber Regierung ($b*
warbS fuhr Hara^ nach ^er 9?ormanbte unb fchloß bort mit Hcvä°9 SBik
heim einen Vertrag, ber ftch auf bie 5Xr)ronfolge tu (Suglanb bejog." Ueber
bie 33ebtngungen, Welche ber (St)rontft als 3nl)alt beS Damaligen Vertrags
aufführt, werbe ich unten berichten. 2)aS 22. 3af)r (SbwarbS oerlief
etwa jwtfchen bem 3ult 1063 unb bem gleichen DJconat beS folgenben
3af)reS. 3m Spätfommer 1063 fann £aralb nicht in ber ^ormanbie ge*
wefen fein, benn baS gan§e 3ar)r 1063 über befa)äftigte Unt ber ßrieg
gegen 2öateS. golglid) muß man auf bie erfte Hälfte beS 3&hf8 1064
fchließen, unb für biefe fyit fprea)en noch anbere ©rüttbe. Obgleich näm*
lieh im Sommer 1064 ber Äampf in 2BateS abermals entbrannte, ift nicht
son Hara^ D*e ^eDe/ m$ barauf h^ubeuten fdt)etnt, baß er abwefenb
war. (£rft nach ßrmorbung ©rifftnS, welche in ben $uguft beS genannten
3ahreS fällt, greift er wieber in bie ©efcr>icr)te ein, er befanb ftch alfo um
') ©a&ile @. 366 unten.
Stertes (5a^. 18. ßbtoarb ber SeFemiet fitvbt. ©egenfontge Sofh'g unb Jpavatb. 337
biefe 3ett in (Snglanb, ober war, bte SÖaljr^ett ber gafyrt naa) Dtouen
vorauSgefe^t, in bte ,£>eimatr) suriicfgefefyrr.
SlllerbütgS fertigen mehrere ber beften ettgltf&en (Sfyront'ften von ber
9letfe wie überhaupt bavon, baß (Sbwarb ben Normannen jum 9lad)fofger
etngefe^t r)abe. 5ltlein id) muß eine oben gemalte SBemerfung wieberfyolen:
*Partr)etgeift , £aß ber 2lngelfad)fen wiber bte Normannen, r)at bte 33e*
jie^ungen jv\>tfcr)cn (Sbwarb nnb 2ßtll)elm in Smnfel eingebüßt unb ver*
brefyt. @d)on 2Bilr;lem »on 9JklmeSbitrty flagt hierüber, tttbem er fagt : *)
,,id) fefye jwet 2Bege vor mir, unb weiß nicf)t, welken tef) etnfcfylagen foll,
benn bte Normannen berichten anberS als bte 5lngelfacf>fen, unb (5tol$
ber (£üten, 93erbtffenr)eit ber 2lnbern hält bte 203at)rt)eit Verborgen. "
3er) tljetle §unäa)ft ben 23ertcr;t ber §wet normannifcfyen (Sfyroniften,
weldje betbe 3ettgenoffen roaren, beS 5trct)tbtafonö von Stfteur unb beS
Wb\\&)$> von 3umtege6 mit. £)er öftere er$cif)ft:2) „naa^bem $öntg @b*
warb ben 9Rormannenr)er§og fdjon buret) Vermittlung beS vertriebenen (Sr^
btfcr>ofS Robert von Qtanterburty (ber in SumtegeS lebte) ^um 9kd)folger
ernannt fyatte, febtefte er fpäter, ntdjt (ange vor feinem £obe, ben mädjttgften
ber ©roßen (SnglanbS, §aralb, nact) 9touen, bamtt berfelbe bte gleite
3uftdjerung eiblta) beMfttge. §aralb warb auf ber Ue6erfar)rt bureb 6turm
nacb ber Klüfte von $ontr)teu verfangen unb bort fraft beS StranbrecrjtS
eingeferfert. 211S bteß 2ßtlt)elm erfuhr, löste er ir)n auS unb empfing ben
2tngelfacf)fen mit großen (£r)ren §u 9Jouen. ^aralb rtdbtete feine Aufträge
au$, worauf 2ötlt)e(m feine Marone $u 23onnevtlle verfammelte. £ter ge*
fcfyaf) laut ber SluSfage vieler angefeilter Männer, bte §ugegen waren
unb nur, was fte felbft gefefjen Ratten, mitteilten, golgenbeS: feierlich be*
fcfywor ,£>aralb, baß er, fo lange Abwarb noa) lebe, am £ofe beffelben als
(Stellvertreter 2ßilr)elmS fyanbeln, beffen Vorteil war)rner)men, unb fobalb
(Sbwarb fterbe, bem ,£>er$oge mit allen Mitteln, bte if)m §u @ebote ftünben,
bie 9tacf)folge verferjaffen werbe. 2JIS Unterpfanb biefeS SBerfprectjenS ver*
rjteß er bent «§>er$oge fogleta) 2)over unb anbere Bürgen, mit Lebensmitteln
worjl verfemen, §u übergeben. Qfyt ^aralb ben <5cr)wur ablegte , betätigte
ÜBtlfyelm bemfelben, als feinem nunmehrigen QSafallen, ben 93eft£ aller Seijen,
unb fieberte if)m bte ^errfefjaften $u, bie jener fetner SeitS begehrt Ijatte.
Da Stlfyelm wußte, baß £aralb ben Jtrteg liebte, naljm er il)n mit ftdj
beimgelb§uge gegen (Sonan, ben Häuptling ber Bretagne. 9kcr) ber S3eftegung
beS S3retagnerS entließ er ir)tt retdr) befcfjenft. 9^oa) eine anbere ©efälltg*
feit erwies ber £er$og bem 5lngelfaa)fen. 6ett längerer 3e^ befanben fta)
in ber Stformanbie, als ©eißetn für bie 6icf;err)ett beS Königs Abwarb, ein
S3ruber ^»aralbS unb ein 9kffe ebenbeffelben, welche (Sbwarb bem 9tor#
*) ©atotlc @. 80 flg. 2) 2)ud^cgne <S. 181, d. u. 191 flg.
©fror er, $afcft Orcgoriu« vu. J8b.ni. 2^
338
$>ci6j! ©vegoriuö VII. unb fein Seitalter.
mannenfyerzoge zur Aufbewahrung anvertraut fyatte. 93et ber Abreife £aralb$
gab Süfyelm bemfelben ben Neffen mit."
£aut anbern ßeuQniffett1) fyfef ber in ber 9?ormanbte 3urücf6er)altene
SBruber ^aralbö 3Bulfnott) , betreffe bagegen, welcher ben £)r)eim begleiten
burfte, trug ben Manien ^afon unb rvar ein (Sofyn beö um 1052 ver*
ftorbenen €>tt>en. lieber bie 3C^/ roann bte beiben ©etßel in bte £änbe
@troarb6 unb burd) tyn in bte 2£üf)elm$ gerieten, ftnbe id) feine 9kaV
rtcf)t. «Sie mögen von @obrotn enüveber 1042,2) ba (Sbroarb nad) (£ng*
lanb fam, ober 1052, ba ber Köllig bic TOcffe^r ©obroinö unb alle von
if;m erpreßten gorberungen gutheißen mußte, geftellt roorben fein.
3Rur leife beutet ber Arcbtbiafon von Sifteur an, baß ^aralb, ebe
er ju 53onnevtlle ben ($tb ber $afaflentreue letftete, ftcf) felber ntd)t ver*
gaß, b. r). bebeutenbe 93ortf)et'Ie auSbebang. 2öi(l)e(m von 3umtege3, beffen
Anlage fonft mit bem SBeridjte beö Arcr;tbtafon6 genau übereinftimmt, ift
bejügltcf) lederen $«nftf offenberjtger. (£r melbet,3) baß Söilfyelm ftcf)
verbtnbtid) gemacht fyabe, bem Attgelfacbfen erftttcE) feine £od)ter Abelfyeib
(bte jeboa) bamalö noeb ntrf)t mannbar rvar) §ur ©ernannt zugeben, unb
Ztvetten6 ebenbemfeiben bie £älfte (Snglanbö abzutreten. Aucb ^einrtdt) von
Huntington erwähnt4) bie bcabftcfjttgte $ermär;lung §aralb3 mit ber £od)ter
be£ Normannen. 2)tefe ($:r)e aber fcfjlteßt metneö (£rad>ten3 ben zweiten
$unft in fid). 3>nn of)tte eine namhafte Ausstattung wirb roeber ber Sftor*
manne feine £od)ter angeboten, nod) ber Angelfacfyfe btefelbe angenommen
fyaben.
CDte zwei beften angelfäd)ftfa^en Duellen, bte fogenannte (5ad)fend)rontf '
unb Florentius von 2£orcefter, beobad)ten, rote fd)on oben bemerft roorben,
foroofyt über bte $eife £aralb£, al$ über bie bem Normannen §ugeftd)erte
Erbfolge rjartnäcfigeö (BttUfdiroeigen, au3 welchem teuere ben Scbluß ge>
§ogen f)aben, baß bie SßefyauVtung von (Srbred)ten, roelcfye 3öt(f>elm (Sng*
lanb$ £r)ron betreffenb geltenb maebte, entroeber auf betrug beruhe, ober
bod) fel)r zweifelhaft fei. 3ct) bin anberer Meinung. Ü)er Ard)tbtafon von
Stfteur beruft fid), wie oben gezeigt roorben, auf eine üftenge Augenzeugen.
3ur 3ett ba er fcfjrteb, lebten nod) Saufenbe, welche ben Angelfad)fen ^aralb
§u 9iouen gefehlt fyaben müffen. Säre bal)er ba$, was er erzäfjlt, un*
wal)r, fo f)ätte er auf'3 Unverfd)ämtefte gelogen. Allein eine fold)e galfa>
fyett tl)m €d)itlb zu geben , liegt aud) nidt)t ber minbefte @runb vor. Anberer*
feitö ift bte (Stummfyeit ber (Sfyromften, welche angelfäd)ftfd) füllten, begretfltd).
4) Stadjgeunefen üou Sa^^enberg I, 525. 9We 3. 2) %üx btefe Slnna^me fc^eint
gBit^elm »on äftalmegbuvty ju entleiben, wenn er ((Satiile S. 82 gegen unten) fagt :
Wulfnothus toto tempore Edwardi inextricabili captione irretitus. <Sa§ 3ßuIfnotr) \väl)s
renb ber ganjen Stegterunge^eit (Sbtvarbö gefangen , fo muß er fdjon 1042 alö ©et§et
gefieltt ivorben fein. 3) 3)uc^eöne ©. 285. *) ©aüite <&. 366 unten.
93ierteö 33uc$. &ap. 18. (Sbirarb ber 33efenner ftirbt. ©egenfönige £oftig uivb £ardb. 339
Seit 1066 laftete bte gauft beS Normannen fcbwer auf ihrem $olf. 3n*
grimmig verbiffen fte baf)er Alles, was $um 93ortr)eif bcS (Eroberers gebeutet
»erben mochte.
3dj gehe weiter unb behaupte, baß man aus gclegentltaVn, unbe?
waaMen Slcußerungeu ber^abftcbtltd) ftummen Angelfad) fett 33ewetfe für bte
9iicMtgfett ber 3)arftcllung bcS ArdnbiafonS ju führen vermag. 3)ie (Snt?
[Reibung r)ängt hauvtfäaMtcb von bret fünften ab : erftenö von ber giage,
ob »garalb, ©obwtnS Sohn, wirfltcb int grü()d'ng 1064 an ben Jg>of von
9touen retöte, zweitens von ber grage, ob ftd) in ben ^)änben be6 93aftarbö
wirflieb angelfä&fifcbe ©etßcl befanben, bte bem Röntge (Sbwarb als Unter?
vfaub für bte Sicherheit fetner $erfon geftellt, unb von ityrn an ben 9?or?
mannen{)er§og §ur Aufbewahrung übergeben worben waren , enbltcb brittenS
von einer Sfyatfacbe, auf bte td) unten §urücffommen werbe, feat ^aralb
in ber erften §älfte beS 3af)reS 1064 §u einer >$tit , ba ber nahe Tob
jlönigS Abwarb erwartet würbe, JKouen befuebt, fo fonnte btefe Steife ftd)
faum auf etwas AnbereS, als auf bte Thronfolge begeben, unb e6 ift
bann in fytym ©rabe wahrfcbetnlid), baß ber Zottig von (Snglanb bem
9lormannenr)erjog eine Anwartfcbaft auf bte trotte verliehen hatte.
3wettenS war Abwarb fo mißtrautfd) gegen baS ,£>auS ber ©ob?
wintbett, baß er ftd) jwet üftitglieber beffelben alö ©etßel ("teilen Heß, unb
weiter fyat er btefe Untervfänber fetner üetfönlt'cben Sicherheit bem 9?or?
mannen anvertraut, fo erfebeint e6 gerabe^tt unglaublich, baß ber nämliche
^öntg Dasjenige, auf was bie ©obwiniben fett §wan§tg Sahren mit größter
33eharrlichfett loSfreuerten, Dasjenige, wegen beffen fte an Abwarb felbft
eine Oletfje von ©ewaltthaten verübten, nämlicf) ben etnftigen 23eft£
ber Ärone gutwillig einem ber fchulbigften, bem £erjoge £ara(b, überließ,
fonbern ber gefunbe SQcettfcbenverftanb nötigt vorauSjufejjen, baß Abwarb
unter bamaligen Urnftanben, ba feine nächften (Srben entweber, wie ber
jüngere Abwarb unb Ofabulf, nicht mehr lebten, ober wie (Sabgar §u wenig
5D?acbt befaßen, um eine Anwartfcbaft ju behaupten, bie Thronfolge bem?
jentgen, ber von mütterlicher (Seite wirfltcb mit ihm verwanbt war, bem?
jenigen ferner, bem er bte@eißel fetner Sicherheit jur Aufbewahrung über?
gab, bem er folglich volles Vertrauen bewies, nämlich bem Normannen?
her§oge 2Ötlf)elm, §ugeftchert fyabe.
Der Wonfy von ^MmeSbur». fagt:1) „eS gebe jwei Darftellungen
ber Steife £aralbS nach Kotten, ©emäß ber einen fei ber Angelfacbfe auf
SBeferjl beS Königs borthtn gereist, um mit «£>er§og 2Ötlr)eIm über bte $aa>
folge $u verhanbeltt. Die anbere aber, bte ihm Wahrfcbetnltcber bünfe,
laute fo: £aralb r^atte (ich auf fein ©ut 93oSr;am begeben; um ftch mit
l) «Sovile @. 93 Tlitk.
22 *
340
$abfi ©regoriuö VII. unb fein Seitatter.
giften $u ergoßen, beftieg er einc6 £ag6 einen Raiten unb fitl)r mit hinauf
in bie @ee: tyltyliü fam ein <Sturm, ber if)n mit feinen ©enoffen an ba$
©eftabe von $ontfyteu fdbleuberte. 2)ä6 ©tranbrec^t benü^enb, fielen bte
Einwohner beö SanbeS über bte (Schiffbrüchigen l;er unb warfen fte in'S
©efängntß. 9?itn erfänn £aralb fofgenbe Sifh mit großen ^Besprechungen
bewog er einen Wann, nach *Rouen §u gehen unb bem sJformannenl)er$oge
311 melben: er Cgwralb) fei vom Könige mit einer (Senkung nach $ouen
beauftragt werben, um bie grage wegen ber Erbfolge voltenbö in'S teilte
§u bringen; aber feine unvermutete ©efangennehmung bura) ben ©rafen
Stbo von ^ont^teu mache e6 ü)m unmöglich, jenen Auftrag §u vollftrecfen.
Senn ba^er St^elm Serif) auf bie «ftrone von (Snglanb lege, möge er
2llleS anwenben, um ^aralbS ^Befreiung §u erwirf en. 2luf biefe SBotfehaft
tyn", fät>rt ber (Stehler fort, „loSte ber Normanne ben Slngetfächfen mit
einer §or)en @umme auS, £aralb aber mußte, in Ofouen angelangt, notr}*
gebrungen bie begonnene Süge &u (£nbe p fielen, b. r). fo fyanbeln unb
reben, at$ fei er wirflich von itönig Abwarb ermächtigt worben, bem 23a*
ftarb von 9^ouen bie trotte $u verbeißen, wär)renb boef) fein roafyreö Sort
baran war."
£)ie eine ber beiben von bem (£r)romften erwähnten 2)arftellungen ift
of)ne grage bie normanntfehe, wie fte ftd) benn and) bei ben beiben Sil*
r)elmen von Sifteur unb Sumtegeö finbet. golgltch fann bie §weite, bie ber
Wonü) von 9)?almeöbun; unbegreiflicher Seife für bie wahrfchemltchcre hält,
nur bie angelfächftfcbe fein. Sortn beftef)t il)re (Stgentr;ümltcr;fett? £aub*
greifltch barin, baß fte bie von 2lnber3geftnnten hervorgehobene 93ewetöfraft
ber Steife, welche ^aralb im grüf)jar)r nach S^ouen antrat, bunt fünftliche
3uthaten ju vernichten fucf)t. (£3 foll nicht 5X6ftdt)t , fonbern bloßer 3ufaft
gewefen fein, baß ber angelf&cbftfche (Sari S^ouen far). 3)a£ ganje ©e*
fchichtchen ift eine ber gewöhnlichen $erbref)ungen, §u welchen *partr)eien
greifen, wenn fte %fyat\aa)?n, bte ihnen ungünftig (tnb, nicht abjuläugnen
vermögen. Jtur$ auS ben Sorten be$ S^rontfien von -»UialmeSburty erhellt
fonnenflar, baß bie Slngelfachfen, obgleich fte fonft SllleS, was für ein
9^edt)t SühelmS auf bie jtrone (SnglanbS $eugte, in Slbrebe sogen, boch
bte $hatfa$e *>er ^c^fe «5>aralb0 nach ber Stformanbte nicht ju wtberft>recf)en
wagten, fonbern ihre ©pi^e buref) gechterfünfte umbeugten.
gerner glorenttuS von Sorcefter, ber fein 9fecht beS Normannen
Sithelm auf bie $rone von (Sngfanb anerfennt, unb bemgemäß barüber
fdjwetgt, baß (Sbwarb bem 33aftarb bie 5(nwartfa)aft auf ben Ztyon
lief), fowie baß ^aralb 1064 nach ber Sftormanbte abging, melbet*) gleia>
wohl gum 3ahre 1087 golgenbeö: „al6 ^önig Stlhelm ber Eroberer ben
l) Flores histor. @. 642.
%
93terte3 93udj. @a*>. 18. (Sbfrarb ber 33efennet fttv6t. ©egenfönige Softtg unb £aralb. 341
$ob fyerannafyen füllte, gab er »tele ©efangene frei, barunter aueb SButfnott),
ben 23ruber ,£ara(b3, ben er faft tton beffen Jtinberjafyren an (als ©eifel)
in 2krroaf)rung gehalten fyatte". Sie ba$ mit bem 23ertcbte M Arcbibia*
fon$ tton 2tfteur übereinftimmt! S^acf» ber SluSfage beö Seftteren befanben
ftcf> 1064 jroei 5D^ttgItet>er ber gamilie ©obrotnS als ©eifet in ber 9Ror*
manbie, nämlid) ein 9£effe £ara(bS, £afon, SroenS Sofyn, unb bann ein
23ruber £aralbS, roelcber, ba er als Jtmb abgeliefert rourbe, toofjt ber
jüngfte Sofyn ©obroinS gevoefen fein muf. 2)er 9£effe erhielt bie greitjeit
unb burfte ben Dfyetm begleiten: ber 33ruber aber mußte bleiben. 2Bof)lan
aua) uad) anbern 9fad)ridj)ten fyicjj ©obvoinS jüngfter SoJfnt ^Bulfnott), auet)
naa) anbern 9?ad)ri$ten faß eben btefer Sulfnotf) roäfyrenb ber ganjen
gierung^eit ber beiben Könige (Erwarb unb Süfyetm erft in ber Norman*
bie, bann in (Englanb gefangen.1) 3m Uebrigen berufe id) mta) auf bie
23eroetSfraft, voelcbe laut ben oben entroidelten 'Säften unvoibcrteglicr) ber
©eißelfcbaft §afonS unb SulfnotfyS jufommt.
(Subita) brütend ift eS eine »on bem Slngelfacbfen glorentiuS, ber
fyeimlia) ben (Eroberer fyaßt, §ugeftanbcne unb barum unbeftreitbare £r)at*
fadje, baß £aralb gegen (Snbe beS 3al)reS 1064 — alfo fraft Dbtgem
balb natt) ber IRMUty i>on ber normannifcfyen Steife , bie ,£>ulbtgung ber
SBaflifer empfteng. 2)iefe £u(bigung aber fa)loß ein $ecbt auf bie #err*
fa)aft in fta). 9?un frage ta), fann man trgenb annehmen, baß ein 5lft
tton folcfc er Tragweite ofyne freie (Einwilligung beS Königs (Ebroarb sor ftet)
Öm9? 3<§ antworte: nun unb nimmermehr. £atte aua) baS Sitenage*
mote ben $önig §u mannen fingen genötigt, bie leftterem unlieb waren:
fein Staatsrat!) roirb einen ^errfeber ba§u fingen, baß er wiber feinen
Seinen einem Unberechtigten bie (Erbfolge in einem Steile beS SReid)S §ufprecbe.
!l)enn roenn bie Stimme beS ©ewiffenS gän$ltcb febweigen follte, fo \>err)tnbert
eine ftärfere -Jftacbt, ber Sfteib, ben früher ©leicbgeftellte gegen einen 23e*
»orjugten füllen, foltt)e äußerfte 9Jtaf regeln. Safyrltd), wäre eS möglicb
gewefen, bureb ben 23efa)luß eines Sttenagemote baS $ea)t ber Erbfolge
$u erlangen, fo roürben bie ©obwimben lange »or 1064 baS fyeißerftrebte
3tel erreicht fyaben.
Detter fage ta): nur unter einer SBebingung tft eS benfbar, baß
Äönig (Ebwarb, ber bie ©obwiniben fcerabfa)eute, einem berfelben freiwillig
bie £ulbtgung in SaleS gemattete, roenn nämlid) Verträge, bie er mit
einem ^Dritten abgeftt^loffen ^atte, t^m bie SBerbinblidtfett auferlegten, Solches
ju bewilligen. Angenommen, ^broarb t)abe roirflia) bem Normannen Sil-
f)elm bie 9?ad?folge in (Englanb §ugefttt)ert, angenommen ferner, ber 9for*
manne ^abe, roeil er füllte, baß er ot)ne bie ^ülfe ^aralbö ftd) nta)t in
*) ©aöile ©. 82 gegen unten.
342
^abji ©regotiuö VII. unb (ein 3eüaUer.
ben 33eftr3 be$ von Abwarb jugcftanbenen $ecbt£ §u fefcen vermöge, bem*
felbcn einen £t)eil (SnglanbS, namentlich bie Sehen^herrlicrjfeit über 2Bale3
abgetreten, fo formte ber Äöntg bie von ^aralb mit ^Berufung anf
t)elmö au3gefprod)encu Sitten geforberte ^ulbtgung ber SQBalltfer nicht root)l
verroeigern. 9?un ftnb bte Slnöfagen ber normanni[d)en (5t)rontften , laut
welchen (Soroarb bem Normannen bte ^ronfolge jugefagt, ber Normanne
aber feinerfeitö mit bem ©obroiniben ^aralb ftcb über eine $t)eilung be3
sRetct^ verftänbigt t)at, in ber 2Bal)rt)eit begrünbet, folglich ift bie XfyaU
faa)e ber von ben Sffiafltfern an ^aralb geleifteten £ulbigung, unb namens
lieb aud) bie Seit, in roelcbe fte fällt, erflärt, unb e$ fteltt ftet) r)erau$,
baß biefe von bem angeljächftfcben §aupt$eugen berichtete ^ulbignng einen
verborgenen SBeroetS jtoefet fünfte, roelcbe bie 2lngelfad)fen fonft leug*
nen möchten, enthält, nchnltd) bafür, baß erftenö ^önig (Ebroarb bie $hron*
folge bem Normannen jngefta)ert, unb jroettenS baf ^aralb um 1064 eine
Steife nac^ 9£ouen gemacht t)aben mu£, roäl)renb roelcber tl)m <§er$og %&\U
l)elm einen %$c\l (SnglanbS, namentli& 2öale6, vergieß.
Slllem §Xnfcf)etne nad) glaubte ^aralb gegen (Snbe be$ 3at)f3 1064
nahe am 2>itU nt fein. 2lber §roei 2lufftänbe, bte 1065 in 2£ale6 unb in
9fortr)umbrien ausbrachen, türmten ©enntterroolfen auf, bte 1066 verberb*
lieh ftd) über feinem Raupte entluben. 3« 2ßale3 gährte e$ fortroäfjrenb.
Ü)er Sotjn eines £äuptltngö von (EübvoalcS, genannt jfrabof, beffen SSater
ber tm 5luguft 1064 erfcblagene Häuptling ©riffttt vor einigen 3at)ren
umgebracht hatte, muß Stftetfter über bie von (Sfcroarb, ober vielmehr von
$atalb §u Gmbe be£ 3al)r6 1064 eingefe^ten 5Xl;etlfürftcn SBtethgent unb
*Ritf)roallan, geworben fein. glorentiuS berichtet: *) „am (St. ^Bartholomäus*
tage (ben 24. 5luguft 1065) erfebien ^rabof mit allen beuten, bte er auf*
zubieten vermochte, §u *ßortafcitr), roo bie ^Bauleute mit (Errichtung be6 von
£aralb angeorbneten 3agbfchIoffe3 befchäftigt roaren, vertrieb fte fammt ben
Vögten, welche bte 2lufftcht führten, unb raubte bie vort)anbenen ^ßorräthe".
5lnbertf)alb 9D?onate fpäter begann bie um $ieleö gefär)rltcbere (Empörung
in 9Rorthumbrien, roelcbe aber offenbar mit bem roattiftfeben Slufftanb §ufam*
menhieng.
3d) muß §uerft bte Urfad)en ber 23eroegung entrotcfeln. glorentiuö fagt:1)
„in9Rorthumbrien ^errfd?te roüthenbe Unjufriebenhett, erftlia) weil bie Königin
(Eabgitf) auf Antrieb tfjreS SBrubcrS Softig ben vornehmen 9fortf)umbrter
©oöpatrif an 9Q3etl;nact)tcn J064 im föniglichen $alaft ^atte ermorben
laffen, §roettenö roetl von Softig felbft mehrere 2)ienftleute beS (Srfd)lagenen
unter trüglichen QSorroänben in ben herzoglichen £of §u §)orf getoeft unb
Flores histor. ©. 633.
35iertegi Q3ud). ßaV- 18- ©btoarb ber QJefenner jlirbt. ©egenfomge Softici unb Jparalb. 343
bort umgebracht werben waren. ^Drittens weil £ofttg aus ganj 9?ortl)um*
brien unerträgliche (Stenern eintrieb. "
„(Erbittert bureb btefennb ä^nlidu' UngeredUtgfetten bracben b.en 3. £>c*
tober 1065, wäbrenb Softt'g am foröglidjcn ^ofe »etfte, 200 nortf)umbrtfcr;e
©olbaten unter §lnfür)rung breier (SbeKente in bie Stabt 3)orf ein, sogen
am erften Sage jwet £u$farle beä ^erjogö, bte ftcb verborgen hatten, auS
tfyrem SBerftecf l)erv»or unb brachten fte um, am folgenben Sage erfebdtgen
fte über 200 wettere 3)ienftleute be$ §erjog$, fowofyl 2)änen als Dingel*
faebfen. 4) ÜÖBeiter erbratfen fte £o.ftig6 @cr/a|fammer unb leerten btefelbe
auö. 9?ad) btefer £t)at erfyob ftcf) ba3 gatt^e Sanb wiber Softtgö @ewalt*
fyerrfebaft, bte ^ufftänbtfcben wägten fofort SKorfar, SllgarS <£ol)n, an
SofttgS (Stelle 311m ^erjoge von 9?ortl)umbrten. 5(nd) bte im ©üben von
9?ortl)um brien gelegenen ©raffdjaften Sincolnffytre, 5)erM;ff)tre waffneten für
bte ^htfftänbtfdien, bc3gletd)en §ogen tfjnen »tele 2Öalltfer unb bte ferner,
betten s)J?orfarö ©ruber (Sabwin vorftanb, ju §ü(fe."
„©leia? $u Anfang ber Bewegung fjatten bte Un^ufrtebenen eine ®e*
fanbtfd)aft an ben jtöntg abgefdjicft mit bem ©egefyren, baß Abwarb bte
(grwafyhmg 2D?orfar$ 311m <£>er§oge 9?ortf)umbnen3 gutheißen folle. 2lber
fte warteten fetneöwegS in 9?ur)e ab, bte ber ftfnigltdie ©efd^etb eintraf,
fottbern rücfteu unter großen §8err)eerungen MS 9?ortl)amüton unb £>rforb
herunter. Snbeffett war «£>er$og £aralb vom Könige, wie von Softtg felbft
beauftragt worben, bte Empörer ju befcbwtctjtigen. 3)erfelbe verfuebte anfangt
fünfte ber Ueberrebung, aber afö bte Unjufrtebenen trofcig erflärten, baß
fte nie met)r mit Softtg ftd; verfolgten würben, gab £ara(b feinen ©ruber
*ßret3 unb vertunbtgte, baß ber Äöntg bie (Srfyebung 3)?orfar$ genehmigt
fiabe. 9?un mußte £ofttg (Snglanb verlaffen. $?it feiner @emar)lin 3ubttr)
flof) er junäa^ft nad> glanbern, welche $rovtn§ baS £etmatf)lanb ber 3u*
bitt; war."
gaffen wir bte Srtebfebem be$ SfafftanbS ins Singe. (Sabgitr) fjatte auf
SBeranlaffung tr)rcö ©ruberö Softtg ben 9fortr)umbrier ©oSpatrtf tn (§b*
warbö $alafte ermorben laffen. SBarum würbe ber rontglicfye §of 6cbau*
fcla£ biefeS Verbrechens? £)f)ne 3*wtfel beßtjalb, weil ©oSVatrtcf bort ein*
getroffen war, um ^lage gegen @ewalttr)aten SofttgS §u ergeben. Unb
§war fatttt ber 9?ortl)umbrter vom Könige fetneSwegS abgewiefen worben
fein, benn fyätte Abwarb als oberfter Ofiajter gegen ©oötoatricf entfe^ieben,
fo würbe bte Königin nia)t nötf)ig gehabt J)aben, ben Saftigen bura) 5D?orb
ju befettigen. 3)emnac^ ift Har, baß (Sabgitr) wtber ben Eitlen beö ©e*
ma^tö böfe 5lnfa)täge i^red ©ruberö unterftürjte. 3wetten0 wenn ^ofttg
felbft mehrere Ü)tenftleute ©oSpatrtcB l)tnterlifttger Steife aus bem 2Bege
x) <Sa»ile ©. 367 «Witte.
344
$abft ©tegoriuö VII. nnb fein 3ettalter.
räumte, fo fann feine 2lbftd)t nur bie gcwefen fein, eine burcr) t»ie ©efe£e
verbotene, unerträgliche ©ewaltfjerrfchaft einzuführen.
CDrttten^ eine »eitere Urfactje ber über baS Sanb »erbreiteten ©äl)*
rung waren bte faxten von heftig eingetriebenen ©teuern. Sßoju verwen*
bete er btefelben? Dhne ßweifel t>auptfäct;ltd) für eine l)er$og(ia)e Sfyinglitfy,
'ober $u 23ejahlung von ^uefarlen. glorentiuö fagt ja auSbrücHta) , baß
bte 3lufftänbifa;en $wet «gmöfarle £oftig£ erfchlugen, unb ebenberfelbe
beutet an, baß eine ziemliche §(njal)l folcher Seute ftcr) im 2)tenfte £ofttg$
befanb, benn laut ber Angabe beö (St)rontften waren unter ben 200 3)tcnft*
mannen be$ ^erjogS, bie am zweiten Sage be$ (SinzugS in g)orf ba$
Seben verloren, neben 5lngelfachfen auch 2)änen. 9?un wiffen wir, baß in
früheren 3etten kie ZfynQlitty »orzugSweife au3 hätten beftanb. (SbenbaS*
felbe wirb ohne 3tt>«fcl auch mit ber Sfjtnglitfy ber galt gewefen fein, bte
ber ^erjog befaß.
Sie ich oben zeigte, tft ilöntg Abwarb 1051 genötigt werben, bae
2)anegelb feinen Untertanen ju erlaffen, unb ben 3$eil ber £fnn9utf>>
welcher zu Sanbe ben 2)tenft be6 %tyo\K$ verfaf), abzufchaffen. 2lber waf)*
renb bte ^rone ftet) ihrer £au$trupven entäußern mußte, behielten bte ®ro*
ßen (SnglanbS, ober behielt baä angelfäcf)fifcr)e !Retcr)öfitrftentr)itm bte feint*
gen bei. 5Rta)t Softtg allein unterhielt «gmSfarle, feine ©tanbeSgenoffen,
anbere (garle, Herzoge, ©rafen, machten eö ebenfo. £äuftg werben in
Urfunben aus ben Otiten (SbwarbS fürftltche ^uSfarle erwähnt.1)
5luch bie (Ehrontfen fttmmen bei. SÖenn e$ von ^aralb t)ti$t,7) baß
er feine ©olbaten vor bem (Einfall in 2Bale3 auf ben 2)tenft mit leichten
Staffen eingeübt habe, ober wenn bezüglich be$ SlufftanbeS von 1051 ge*
melbet Wirb,3) baß ber $öntg bie gorberung ftellte, ©obwiu unb beffen
©ohne müßten alle ihre ©olbaten ber $rone übergeben, fo läßt ftd) met*
ne3 ©racr/tenS ba$ (Sine wie baö 5lnbere nur von förmlichen ©ölbnern,
nicht aber von Sehenleuten verfielen. 9htr ©ölbner, nicht aber Sehenleute,
welche ben größten Zl)di beö 3af)re$ auf ihren ©ütern ft£en unb bfoä
einige lochen beö 3al)rö ^rtegöbtenfte letften, ftnb förmlich in ber £anb
beS Äriegöherrn, unb bei Sag wie bei 9^act)t §um Sluörücfen bereit. Ü)ie
Shatfacbe, baß (EnglanbS ©roße fortfuhren, «gmuStruppen §u galten , (Sb*
warb bagegen bie feinigen fortfielen mußte, verbreitet fyüt$ Sicht über
bie öffentlichen 3uftänbe M SanbcS. 2)er Äönig hieng von ber ©nabe
feiner t)Qt)zn SBafallen ab, bie trotte war ^um ©Pielwerf be$ 9tetch3für*
ftenthumö ermebrtgt.
2)a anbere (iarle unb ©rafen gleich Softig £au6tnrjtyen in 2)tenften
battm, ift anzunehmen, baß aua) fte von ben Untertanen ihrer Sehen
l) $algva«e, english Commonwealth II, 382. 2) Oben ©. 334 flg. 3) 2)af. ©. 305.
SSterteö 93udj. (5a)?. 18. (Sbtoarb ber 93efenner flitbt. ®egcnfi3nigc Softig unb £aralb. 345
^rtegöfteuem erhoben. 3)enn bie 9)?öglicf)feit', Solbaten ju galten, beruht
ö&ercU auf 5lbcjabm beö SßolfS. Allein Softig muß btc 9?ortf)umbrter
ftärfer angeftrengt fyaben, als bie Zubern e$ §u tfyun wagten. 2>enn nur
in feinem ^erjogtlmm bradien Unruhen au6, wäfyreub bte Sewoljner beg
übrigen (Snglanbö rufyig blieben. SManutlicf; ift baS 93olf im fünfte be3
3al)leu$ empfmblicb. 9?un bnlbeten bie ^ortlmmbrter bi$ jum ^erbfte
1065 Softige ,§errfcr)aft, unb feblugen erft im Dctober lo3.
3)arau$ barf man ben ©d)Iuß sieben, baß £oftig Anfangt mit ben*
felben Steuern fieb begnügte, welche aud) anbere ©roße forberten, baß er
aber md)t lange vor bem 2luöbrud)e ben Setrag ber Abgaben wefentlid)
erf>ö^t Jjat. Ueber ben 3^ecf, für ben er foldjeS tfyat, fann faum ein
3wetfel obwalten. Allem Anfcbefne nad) wollte er unabhängiger §err in
9?ortr)umbrien werben, ba£ bisher ein bloßeö £efyen gewefen war, unb
mehrte bie 3a^ fetner ©olbaten, um bie angemaßte ©ewalt gegen jeben
Abgeneigten vertfjeibigen §u fönnen. $)emnad) fjat Softig nia)t lange vor
bem £erbfte 1065 ben (Sntfdjluf gefaßt, fta) von ber Ärone (gnglanb un*
abhängig ju machen, unb baö £el)en Sftortfyumbrien in ein f leinet (Srbreid)
&u verwanbeln. 2)tc anbem £f)atfacf;en treffen §u: bie 9J?orbtl)aten, welche
er felbft, unb weld)e ju feinem 9ßortf)etl bie Königin, £oftig£ <5a)wefter,
verübte, nötigen gleid;fall$ ju ber 93orau6fet$ung, baß er um bie angegebene
3eit ftdr) $um jtöntg in Stforbenglanb aufwerfen wollte.
(Sobann fällt fein *ßlan ber 3ett naa) mit ben oben befa^riebenen
Unterljanblungen jufammen, fraft welker Softigö 33ruber, £aralb, ftd) ber
,§errfa)aft über 2Bale6 unb bie £älfte dnglanbö üerftc^erte. 2)rängt ftd)
ntcr)t mit fiegenber ©ewalt bie SSermutrjung auf, baß bie Umtriebe beiber
Sritber im *8erf)ältntffe von Urfacfye unb Sirfung ftanben? Wlit anbem
Sorten, weil Softig faf), baß £aralb buref) Verträge mit bem Norman*
nenf)er§oge §um «Jkcfjtfyeile ber übrigen 9J?itglteber be$ §aufe3 ber ©obwt*
niben ein 6tücf von (Snglanb für ftcb erfdjwang, backte er: fo viel wertf)
als £aralb, bin audj tcr), fo viel $ecr;t atö er, fjabe aua) fd&; bem 9?or*
mannen unb bem SBruber ju £ro£ foll ein drittel be6 9*eicr;$ mein wer*
ben. 2)ie Königin (Sabgtytf) aber fyat nta)t nur ifjtem ©emafyle, fonbem
auet) bem älteren 53ruber £aralb ju £ro£ bie efyrfücfyttgen Abfielen beS
jüngeren unterftü^t. Sie muß gleichfalls erbittert barüber gewefen fein, baß
£aralb fta) mit bem verfaßten Normannen eingelaffen fyatte.
3iel)en wir ben weiteren Verlauf be6 nortl)umbrifel)en 5lufftanb6 in
Erwägung. 3Benn je irgenb ein anberer üDtfann in ©nglanb, befaß «£)er$og
^aralb bie nötigen Littel, um bte ©mipörung wiber feinen 33ruber
ftig nteberjufc^lagen. Slber fein gan^eö 33erfa^ren Umiöt, baß bteß feine
5lbfta)t ntc^t war. 2)ie 5lufftänbifa^en verfügten Anfangt nur über eine
Heine 9Hadt)t, fie §äl)lten nia)t mef)r alö 200 «Wann. Stile SBelt weiß,
346
$abjl ©regortuö VII. unb fein 3eitatter.
baß Bewegungen am leiehteften bemetftert werben, wenn man fte im Meinte
erfttcft. £aralb, bcr 93efkger von 2öale3, unter bcffen 23efel)l eine bebeu*
tenbc bewaffnete 9)taa)t ftanb, (>ätte bafyer fogletch in ?Rortl)umbnen cinrücfen
fallen 2lber er tf)at baö ©egentheil, er wartete §u, btö 9J?orfar §um «£)er§oge
JN)ri 9?orthumbrten gewählt war, unb bis triebt nur bte nörblicbeu sprovtnjen,
fonbent auch mehrere ©triebe beS mittleren (SnglanbS für bte 9?ortl)umbrter
§u ben Staffen gegriffen Ratten.
3)ann erft rücfte er bem nunmehr ftarf geworbenen getnbe entgegen,
unternahm jeboer) auch je£t feinen jlampf für ben 33ruber, fonbern naa>
bem er einige fchwaaje 5Serfua)e gemalt I)at, benfelbett mit ^Borten &u
retten, SSerfucfye, bie offenbar nur ben Schein wahren folltett, J>atf er baju,
baß £ofttg vollenbS abgefegt unb SDtforfar als rechtmäßiger Nachfolger in
•ftortbumbrien vom Röntge anerkannt warb. 3)aS !)eißt: ^aralb r)at ben
Stnr§ feines SBrubevS Softtg beabftchttgt. 3n ber Xfyat [teilen mehrere,
normannifc^e unb auch beutfebe 3cu9eK Wz Sache in btefem Siebte bar.
£)rberta) SSttaltS behauptet,1) £aralb J)abe feinen Sßruber Softtg mit ©e*
walt aus bem 9tetd)e vertrieben. 2)affelbe beutet2) 5tbam von Bremen
an, ber, wie bte oben angeführten SBetfatele beweifen, über ben wahren
Hergang ber engltjchen 93erwtcftungeit beffer unterrichtet war, als bte met*
ften angelfäcbftfct)en ßhroniften.
5luS allem bem folgt, baß ^aralb feinen 33ruber Softtg als einen
getnb betrachtet hat; mit anberen Korten, baß er bie Ueberjeugung ty$te,
bte geheimen Umtriebe, welche Softtg fett Seihnachten 1064 in Northum*
brten machte, unb welche bte letzte Empörung veranlagten , feien eigentlich
gegen ihn felbft G§aralb) gerichtet gewefen.
Sährenb bie beiben SBrüber eine fo feinbfelige Stellung wiber einem*
ber einnahmen, brach Weihnachten 1065 an. Äöntg Abwarb, ber längft
fteebte,3) verfiel in eine ernftliche ^ranf^ett, von ber er nicht mehr erfter)en
follte. 3n ber legten 3*tt fcheint ihn faft auSfchlteßlich bie Sorge für fein
Seelenheil befct)äftigt §u haben. 2)te neue SÖeftmtnfterftrc^e war nach lan>
ger Arbeit fertig. 2lm Sage ber unfct)ulbtgen ^tnber ließ er fte mit gro*
ßem ©epräuge einweihen.4) 3wet noch vorhanbene Urfunben,5) welche bte
fechte berfelben verbrieften, unb bte §u tl)ren ©unftett erlaffenen Bullen
mehrerer *ßäbfte wieberholten, würben an gleichem Sage — ben 28. 2)e$.
1065 — ausgefertigt. 5lußer bem Könige unb ber Königin fowie vielen
Bifcböfen unb bebten haben bte eine vier weltliche ©roße hohen sJtangS, näm*
lieh bie §erjoge £>aralb, (Sabwin, Seofwin, ©uru), haDen ^e anbere fünf,
2>ud&e3ne <S. 492, d. 2) Gesta hammaburg. III, 51. $evfc VII, 356.
3) £>ucr)e3ne <&. 191, c. non in longum sperabatur Edwardi aegrotantis vita. 4) Flo-
res histor. ©. 633 untere Stätte. 6) Sßanjt, concil. XIX, 1052 u. 1057 flg.
SÖicrfcö 93uc^. feap. 18. (Sbtoavb ber 93efennet ftir&t. ©cgenfonige Tofiic^ unb J&avalb. 347
nämltdj £er$og ,£>aralb, ©raf (Sabtvtn, ©raf ©urtr), ©raf £eoftvtn, ©raf
9J?orfar unterfcbjteben. ')
Ueber bie *Perfönlicfyt*ett btefer Säten t)errfct;t fem gweffeL «§aralb,
Seoftvttt, ©ttrtl), roarett €>ö'f)ne ©obtvtnS, bie fett bent 5Tobe ifyreS SSatcrö
ftcf) in bte größten Setjen (SttglanbS gereift Ratten. SabtötH unb WiotMx
ftnb bte befannten (Söfyne 2llgarS von Verden, welche beut neunten Slttf-
ftanbe ber 9?ortf)umbrter einen *]3la£ unter ben erften SBafaltett ber trotte
verbanden. ^>aratt> muß an 9?ang allen anbem vorangegangen feilt/ benn
er allein empfängt in betben Urfunben ben Sitel «^erjog. 5)aß in ber
erften Utfunbe 93?orfar übergangen ift, fyatte vielleicht einen §ufälltgen ©ntnb.
3m Uebrtgen erftefjt man, baß gegen (Snbe ber Regierung (SbroarbS baö
,£>eft ber ©eroalt ftcf) tn ben §änben §tveter übermächtigen gamtlien, ber
©obtvintben unb ber ßrben be$ £aufe£ von ÜJccrcten, befanb, bte nodj vor
Stvet 3afyren Sobfeinbe ber ßrftern getvefen tvarett.
(Sine 2£od)e fväter, ben 5. Januar 1066 verfcfyteb2) (SDtvarb, ber feilte
itönig au$ bem alten attgelfädjftfa^en ^)errfa)erftamme. 53alb nad) feinem
£obe err)telt er ben ^Beinamen beö 23efenner6, ein 2lu3brucf, welcher bc*
fanntltcr) bte näd)fte (Stufe unter bem Märtyrer ober 93lut$eugen bejetdnet.
■Sftetneö (SradjtenS verbtente er benfelben. «Seine Regierung tvar eine fort*
laufenbe jtette von QBiberroärtigfeiten unb £)emütf)tgungeu, bte über tl)tt
famen, tveil er ftcf) unabläfftg, tvtetvofjl mit unjureta^enben Gräften, abmüfyte,
ba£ f)öa)fte ©ut beS <Staat$, bie £)rbnung r)e aufteilen, bie ^artfjetett ju
erbrüefen. (£r l)at baS ©ute getrollt, aber ntcf)t erretd)t. Dbgletd) baS
engltfd>e SBolf unter if)m tventg gute Sage erlebte, vrieS eö bod) fväter
feine 3?\kn als glücfltctje, tvetl nad) (SbtvarbS £obe unfäglicfjcS 3Bc^e baS
Sanb traf, ein 2Bet)e, beffen 6d)ulb auf bem «£>aufe ©obtvütS laftet.
glorentiuS fagt:') „fterbenb fjatte (Sbtvarb ben £er$og ^aralb §um
9cad)folger ernannt, unb bem StButtfcfje beS lobten gemäß, tväfylten nadv
r)er alle 93orner)me ben (Sofyn ©obtvtnS §um Könige von (Snglattb, ber
(£räbifd)of von ?)orf aber, Sllbreb, erteilte tf>m bie 2Bctf)c." @e*
rechte 33ebettflid)fetten ergeben ftcr) gegen btefeö 3eu9n^ ^ @f)rontften.
Sollte (Sbtvarb bem Sporte treu bleiben, baS er bem Normannen
r)elm gegeben fjatte, fo fonnte er bie trotte nid)t bem ©obtviniben juftebern.
Allein e$ fefylt ntd)t an 33eifvielen, baß ©terbenbe beftimmt tverben, 2)inge
an§uorbnen, roekbe mit ben ^Ibftc^ten, bie fte als ©efunbe ober bei vollem
SBetvußtfein Regten, in 993tberfürua) freien. Ü)al)er tft immerhin mögltd^,
baß glorenttuS bem 33ua}ftabett ttaa^ 9ied)t t)at.
(Sine anbere (Srllärung gibt ©norro (Sturlefon, tvelc^er behauptet, 3)
*) 5tm eben angeführten Orte,
ed. Schöning III, 126 unten.
2) Flores histor. <S. 635. 3) Heimskringla
348
^afcft ©regovtuS VII. unb fem ßtitalkx.
£aralb fyafee jtdj über ben (Sterbenben Ungebeugt, unb nacbfyer bie 2ln>
roefenbcn trügltdjer SBctfe üerjtcfyert, baß (Sbvoarb tt)n in ben Ickten 5J(tr)cm^
$ügen jum (grben einfette. Dem fei, rote tr)m roolle, gewiß ift, baf bte
große 9J?el;rf)ett ntc^t nur ber engten ©roßen, fonbem aua) be$ 9BoIf6
bte (Srfyebung ^aratbö begünfttgte, benn fte r)aben nacbtyer ben $öntg
ir)rer 2Bafyl aufS tapferfte ttyettö gegen Sojttg, tfyettö gegen beffen frembe
23efcbü£er, bte Norweger, bte ©Rotten, bte 3rlänber, beögletdjen gegen ben
Normannen 2Bitr)eIm ttertfyetbtgt. Der früher tton (Sbroarb gefaßte
fcfyhtß, (SnglanbS Xtyon bem Saftarb sott $ouen §u fynterlaffen, fonnte
ben 5lngetfaa)fen unmöglich verborgen bleiben, 2öt(r)elm aber galt für einen
ftrettgen, unbeugfamen §errn, unb tet; r)alte eö barum für roa^rfa)etnlia),
baß bte 90faffe ber (Snglänber, n>ett fte jtdj üor bem 3oa}e be$ Normannen
fürebtete, bereitwillig *ßartt)et für ^aralb ergriff.
Ueberbteß traf ber neue jtö'ntg geeignete Maßregeln, um baöjemge
©efcblecfyt ($nglanb6, ba$ nftchft bem §aufe ©obwtnö ba$ mäa)ttgfte war,
an ftcf) §u feffeln. Der Wönü) von Sumiegeö berietet, *) baß Äb'ntg
§ara(b bte Schwefter ber betben 33rüber (Sabrotn unb Dorlar, Digiti),
SBtttroe beö 1064 erfchlagenen 2Balltfer Häuptlings ©riffln, er)eltcf;te. DaS;
felbe melbet2) Drbetic^ *BitaIt$, welcher betfügt, Digiti) f)abe in erfter (Sfye
bem 2Balltfer einen <Sof)n unb eine Zoster geboren. $ua) glorenttuS tton
Sorcefter ftimmt bei, tnbem er §um 3abre 1066 bie Scbwefter 9)?orfarö
unb (SabrotnS atö ®emaf)lm £aralb$ unb Königin tton ßnglanb auf*
führt.3) Saut ber auSbrücfUcrien $erfteherung2) £>rberich3 Würben burdj
biefe ^eiratt) bie üiefoermögenben 33rüber ber Digiti) für ben neuen Äönig
gewonnen. 3um 3ßhre 1068 fommen4) bret Söhne £aralb$, 5CRag^
mtS, dbmunb, ©obwtn §um SBorfchetn, bte bamalö §um TOnbeften ba$
3üngling3alter erreicht Ratten. Sie müffen in einer früheren Serbin*
bung — t>ietletc^t mit einer jMfe — erzeugt roorben fein; benn eine ©eltebte
£aralbS Wirb au$ (Gelegenheit beö 2lu$gang$ ber Schlacbt tton ^afttngS
erwähnt. 5) Dber bat etwa ber neue ilönig eine erfte ©ernannt »erftoßen,
um bte poltttfche d^e mit ber Softer 2llgar6 fließen §u fönnenü
93tel fcerfprechenb waren bie Anfänge £aralb3. Der (E^ronift »on
Sorcefter erzählt:6) „nac^bem £aralb ba6 Steuerruber ergriffen hatte, fa^affte
er bte beftefyenben ungerechten @efe|e ab, begann roeife unb geregte 51t
erlaffen, befebü^te Kirchen unb Softer, e^rte 33tfa)öfe, Siebte, Wonfye,
ßlertfer aller ©rabe, erroieö fta) a\$ einen mtlben, rooljlgeftnnten unb gnä#
bigen ©ebteter gegen alle ©utgeftttnte, ben Uebettfyätem aber jagte er
l) 2)uc§egne <S. 285, c. 2) Ibid. 492, d. 3) Flores histor. @. 634 gegen
unten. 4) Ibid. 635. 6) @te^e ZappenbexQ I, 556. Stotel. 6) Flores histor.
(§. 633 gegen unten.
SßiertcS 23u$. ($ap. 18. (Sbtoavb ber93efenner fiir&t. ©egenfonige Soflig unb £atatb. 349
©chrecfeu ein. 3)ie «^erjoge, ©arte, ©rafcn, %$äm erretten 23efcl)I,
CDicbc, Räuber, ©törer bcö £anbfriebenS ju üerljaften unb jur ©träfe ju
$ief)en, ber $ö'nig felbft war unabläfjtg bemüht, ba3 Neid) gegen Angriffe
ju Saffcr unb §u 2anb in Vertheioigungöftanb §u fe^en.'; Unwiberlegltcb
folgt auö btefen Sorten, baß unter (Sbwarbö 24jät)riger Regierung ©e*
fe^loftgfeit $errf$fe> baß bie ©eriebte il;re Pflichten nicht erfüllten, baß
Räuber unb Ü)iebc ungeftraft ba$ Qngenthum ber Firmen vlünberten, baß
Kirchen unb Softer fcf>u^(oö waren.
hieran fann aber (Sbwarb felbft nicht fct)ulb gewefen fein — benn alle
ßtyrontften vtetfen feine wohlgemeinten 5Jbftchten — fonbem man muß ben
©d)luß stehen, baß (Sbwarb burch Slnbere, 9JMd)tigere gerjinbert roorben ift,
baö @ute §u tr)un, baö er feinen Untertanen gerne erwtefen hätte. Nun
erinnere man ftcb ber oben1) angeführten ©teile, wo Silfyelm von WlaU
megburö. behauptet, wärjrenb (Sbwarbö Neuerung feien bie Softer »er*
fallen, bie ©erichte §um gludje be6 2anbe3 geworben, unb $war ntct)t buret)
bie ©cfmlb be$ Königs, fonbern burd) bie 2lrgltft ©obroinö unb feiner
©öf)ne. gaft roiber feinen Sitten beftättgt, rote mau ficht, glorentiuS,
ber nichts als ©uteS von (Sbroarb unb ©obroin melben möd}te, baS ent*
gegengefefjte 3eugniß beS unüartf)etifchen 9JfönchS von -äftalmeSbun;.
3m Uebrigen ift Har, wie bie ©adje jufammenlnng. Seil ©obroin
verhinbern wollte, baß (SbwarbS §errfdiaft fefte Sursein im Sanbe treibe,
roeil nact) feinem platte im englifchen 53oIf ein @efüt)l ber Unbehaglid;feit
unb ftete Söegterbe nact) toolittfa^en Neuerungen roaa) erhalten werben follte,
unterftü^te er jeben Mißbrauch, boa) fo, baß in ben fingen ber SNenge bie
©a}ulb niebt auf ir)n, fonbem auf ben Äönig fiel. 2)er ©or)n bagegen,
nachbem er jum lange erf ernten 33eft^e ber Ärone gelangt war, tfyat baS
®egentl;etl von Ü)em, waS ber Sßater getrau, er fuchte burd) ©erechtigfeit
unb weife @efe£e bie Siebe ber Nation $u geroinnen, benn er roollte eine
bauembe 2)r;naftte grünben.
(§tne trübe, gebrückte ©timmung l)errf*te in ßnglanb. Nicht nur bie
angelfächftfchen ßhroniften,2) aud) bie beS geftlanbs melben, 3) baß ein (Sontet
erfaßten, ©abreden erregenb funfeite berfelbe (£nbe Slvril fiebert Sage lang
am nächtlichen £immel. (Slertfer unb Säten erwarteten fürchterliche ©d)läge,
bie auch nicht ausblieben. 3un^d)ft fam ba£ Unheil über ^aralb von
©etten feinet SBruberS Softtg, ben wir tn'S 2luge faffen müffen. glorenttuS
unb anbere englifdje (£f)romftcn Wtffen bloS, baß er nach ber Vertreibung
au$ (Snglanb in glanbem weilte, ©enaueren ^Bericht gibt ©norro ©tur*
lefon. Saut feiner Sluöfage4) ftattete ^oftig im Sinter von 1065 auf
l) <S. 285. 2) 3. SlorenttuS a. o. O. <S. 633. ») %ex$ V, 26. 36. 42,
59. 65. 173. VI, 199. 4) Heimskringla UI, 146 flg,
350
«Pabfi ©tegotiuö VII. unb fein Bettalter.
1066 von glanbem au6 junäcbft feinem Detter, bem 2)änenfonig Swen
(Sftrtbfon, einen 23efud) ab, unb bat benfelben um bewaffnete £>ülfe, bamit
er in Stanb gefefct werbe, bie trotte (Snglanb, auf bte er ein 9?ed)t an*
fpracr), ju erobern, ©wen Wied ben ©obwtniben aiemlidj berb ab. 9?un retöte
Softig natf) Norwegen §um Könige £aralb £abraba unb machte bort äf)n*
Haje Anträge. 3)er Torwege fd)lug ein unb vergieß im fünftigen Sommer 1066
eine große glotte au3§müften, mit welcher er (Snglanb angreifen werbe. 3efct
fefyrte Softig — ungefähr §u Anfang be6 grüfyltngS 1066 — nad)
glanoern §urücf unb fammelte Streitkräfte, weldje ü)m tt>eifö bei feiner 58er?
treibung au6 (Snglanb gefolgt waren, tfyeilS fortwäfyrenb au$ bem 3nfel*
reid) tl)m äuliefen, ober welche ber SJfarfgraf »an glanbem &u feiner
Verfügung fieltte.
9kd) Snorro'0 2)arftellung fyaben bemnact) §wei, ber Norweger unb
ber 9)?arfgraf von glanbern, bem (Solute ©obwing £ülfe geleiftet ober ver*
fvroajen. Allein £oftig warb noa) mefyr SBunbeSgenoffen. iDrbertcr) 93i*
talte behauptet,1) berfelbe fei von glanbern auS nad) Sonett junt £erjog
2Gilf)elm, feinem Schwager, gegangen, l)abe tl)tt §u einem Angriff auf (Sng*
lanb gereift unb wirflicrj günftigeö ®ef)ör gefunben. 3a) fyalte biefe 5ln*
gäbe für glaubhaft. 2tu3 bem golgenben wirb ftcf) ergeben, baß Softtg
and) noeb ben 33etftanb beS ÄonigS von Scfyottlanb unb eineö triften
Häuptlings anrief unb erhielt. 2Ba£ War fein *pian? £>fme 3wetfel
wollte er feinen ©ruber §aralb entthronen unb ftet) felber ber Ärone be*
mäcbttgen. 3)er Wönd) $f)eoberid) von 2)rontr)et.m melbet:2) Softig fyabe
bem Norweger £aralb bie Raffte Gmglanbö verfprodjen, wenn btefer tr)n
in 23eft£ ber ganzen 3nfel fefceit würbe. £)a$ fyetßt foviel al£ bie anbere
£älfte fammt bem fonigltctyeti tarnen gebaute Softig für ftd) ju behalten.
23et folgen 9lbfta)ten bünft e6 mir tn rjofyem ©rabe wafyrfcriemlia), baß
Softtg fa>n jum 93orau3 ben Jtönigötitel annahm unb als folajer von
feinen Spießgcfellen begrüßt worben tft. 3ebenfallö ertjeCft att$ ber oben3)
mitgeteilten Stelle ber ^irebengefa^iebte beS Horbens, baß^lbam von Bremen
ilm als einen vertriebenen $önig betrachtete, (Sbenfo nennen anbere beutfa)e
(Sfyroniften SoftigS SBtttwe 3"bttr;, bie tu zweiter (Sfye ben bairifd>en 2Belf
fyeiratfyete, eine Königin von (Snglanb,4) worauf man meinet (£rad)ten$
ben SaMuß sieben muß, baß Softtg fta) ben JtönigStitel betgelegt Ijatte.
Sßeiter fragt eS ftd): in welchem 23erf)ältmffe ftanb $ofttg §u ben übrigen
Reifem? So gut er bem Norweger bie £älfte (Snglanbö verfproa)en t)at,
fo gut muß er aud) ben Ruberen Zerreißungen gemacht l)aben. ^enn für
md)t$ Ratten biefe Weber £anb noa) guß gerührt. 3a) benfe, jebent wirb,
4) Ü)u(^eöne <S. 492, d. 2) De regibus norwagicis cap. 28. bti Sange&ed
V, 336. 3) OUn @. 346. 4) 53anb U, @. 240.
93ievte$ 33udj. Qlap. 18. (Sbtvarb ber 93efennev fitrbt. ©egenfontge XoftiQ unb £aratb. 351
je nach bem 5D?aße ber geforberten «gnilfe, eine ©raffchaft, eine 3nfel als
Sohn vorgefallen worben fein.
©ewtß gehörte ein ungewöhnlicber ©rab von (Ecblecbtigfeit baut, um
bem eigenen Vaterlanbe unb 93olfe ein folebeö Scbtcffal §u bereiten. 3nbeß
febeint heftig tro$ feiner $erborbenl)eit gefügt ju l)a6en, baß e3 tt)rt in
unabfebbarc Verlegenheiten verwicMn werbe, wenn er genötigt fei, ade
jene fremben Reifer ju belohnen, (§r tfjat1) etwas, waö mc;ne3 @racHen3
nur bie (Srflärung zuläßt, baß er e3 verfuebte, auf eigene Sauft unb ol)ite
ben SBeiftaub beö Norwegers ober be3 23aftarb6 von ^ouen Gntglanb ju
erobern. SlnfangS SO? at 1066 fut)r er mit ben Scbiffen, bie er auf glan*
bernö Miifte gefammelt hatte, nad) ber 3nfel 2LÖißt)t , bereu ^Bewohner er
jwang, ü)m ©elb unb Lebensmittel ju liefern, bann fegelte er, längö ber
üüfte, bie er ba unb bort t>ert)eerte , nach Sanbwtch, überall bemüht/ bie
33utfefarle ber (Seevläfje an fiel) §u jie^en.
Manche folgten ihm gezwungen, Rubere freiwillig. 9tad) meinem @e*
füt)I febroebte ihm baS SBoibilb feinet 3ßaterö ©obwin vor 9lugen, ber im
3at)re 1052 bäuVtfäcblicb mit Hülfe ber 33utfefarle «ftönig Abwarb über*
rounben blatte. Snbeffen fanb er weit weniger Slnfjang, a(3 er erwartet
ju fyaben feb^eint. 2116 bal)er fein 33 ruber ^aralb, ber §u Bonbon weilte,
einen Ztyii ber föniglicben glotte nacb ©anbwid) beorberte, verlief Softig
eilenbS ben bortigen Hafen, lief in bie 9}(ünbung beS ^jumber ein unb wx*
wüftete bie Sanbfcbaft 8mbfety. Allein nun rücften bie trüber Grabwtu,
Herzog von J)Jcercien, unb Sftorfar, (Sari von ^ortl)umbrien, buch bie er
im vorigen 3at)re geftürjt worben war, mit überlegener HeereSmacbt Reibet
unb vertrieben il)n von ber Jtüfte.
deines (SracbtenS b)at Softig bie gal)rt nacb Sanbn)icb in ber Hoff*
nung unternommen, baß bie Seeleute QmglanbS §u ihm abfallen werben,
ßbenfo lag bem 3U9 naef» ber ©eetufte von 9cortl)umbnen bie Beregnung
%vl ©runbe, baß im Horben (SnglanbS eine Bewegung ju feinen ©unften
ausbrechen bürfte. @r febeint geheime SSerbinbungen bort mit Unjufrie*
benen unterhalten $u haben, bie ihm leere Sorfpiegelungen machten. 9caaV
bem beibe Hoffnungen §u 2Öaffer geworben, fegelte er, auf ben erften *ßlan
$urücffommenb , nacb ©cbottlanb §u ^önig 9}talfolm, ber tbn gut aufnahm.
Dort wartete er ben 9Reft beS Sommers auf bie 21nfunft ber norwegijcben
glotte. 3nbeffen l)atk Köllig Haralb feine 6eemacbt im £afen von ©anb*
wich §ufammenge§ogen.
£)a lief t>kyia$xi&t ein, baß in ben (SeeVlätjen ber ^ormanbie große
Lüftungen §u einem Angriff auf (Snglanb gemaebt werben. Deßhalb gab
£aralb ber glotte 23efel)l, nach ber 3nfel 2Bight &u fegein, unb bie 53c*
') FLores histor. ©. 633 flg.
352
^afcft ©regovtug VII. unb fein 3eüafter.
roegungen ber Normannen Übernamen. (Sr felbft begab ftd) borten unb
ftetlte jugletd) baS englifche £anbf)eer an paffenben Orten ber Stufte auf.
£)er Sommer verlief, of)ne baß etroaS gefcheljen roctre, 9ftariä ©eburt, um
voeldje Seit ber gelbbtenft aufhören pflegte, tarn heran, bte Lebensmittel,
we^e bte Sehenleute mitbringen mußten, waren auf ber Steige. 2)er Zottig
erteilte ber 9J?attnfd)aft be$ £anbheere6 (£rlaubntß nach §aufe §u fernen,
bte glotte beorberte er nach Bonbon, ihrem gewöhnlichen Stanbquartier.
£aralb |djemt gehofft §u haben, baß ber ^erbft ruf)tg vorübergehen »erbe.
Slber berfelbe verfloß ntcf)t rurjtg.
Um bte 3eü, t>a ba$ engltfdje £anbr)eer ftcr) auflöste, erfaßten ber nor*
roegtfd)e Zottig £aralb mit fetner glotte an ©cfyottlanbS ^itfte. (Sofort
fließ Softig mit feinen flamtfchen unb auch mit fchottifchen1) 6cf)tffen ju
tlnn, begleichen fanb fta) ein Mänbtfc^er £cutvtltng, roa^rfc^einlia) einer
ber fletnen Röntge au6 normanntfa)em 93lute, roelct)e (Stüde von 3rlanb be*
herrfchten, bei ber norroegtfcfjen glotte ein.1) Vereint lanbeten fte bei
(ScarborougJ) , roeld)e (Stabt ba$ verbünbete §eer nach einem fyartnäcftgen
Kampfe mit ben ^Bürgern verbrannte. 2) £aralb ^arbraba unb Softtg brachen
nun gegen g)orf auf, roo (ia) ihnen bte 33rüber SJcorfar unb (Sabrotn jum
Kampfe fteüten. Severe erlitten ben 20. (September 1066 eine fa^roere
9iteberlage. günf Sage fpäter erfaßten im 5(ngefta)t be$ norroegtfchen §eere$
ber 2lngelfachfe ^aralb mit allen verfügbaren Gruppen. 2)enn auf bte erfte
^unbe vom (5tnbrud)e beö 9ßorroeger£ {jatte er fiebert (Sdiaaren aufgeboten,
unb roar in (Silmärfct)en nad) bem bebrof)ten 9cortr)umbrten gerücft.3)
£>en 25. (September fam e6 bei (Stamforbbrtbge, eine beeile von g)orf,
§u einer fürchterlichen <§tylafy, in welcher faft ba£ ganje £eer £oftig6 unb
^arbraba'ö vernichtet rourbe. 5luct) bte bret fernblieben Anführer fielen. 3ct)
(äffe ben £er3fclber Lambert reben:4) „vom £)fterfefte an vterjefyn 9Räcf)te
rjtnteretnanber funfeite ein dornet am ^immel, balb barauf roarb im Horben
bte entfe£itcr)e unb thränenroertr)e (Scf>tact)t geliefert, in welcher ber angele
facf)ftfche ^errfcfyer brei Könige fammt ir)rem unermeßlichen £eere nteber*
mad)te." Slbam von Bremen, ber fonft genau mit Lambert übereinfttmmt,
bezeichnet bte bret erfcblagenen Könige genauer, «grnralb ^arbraba von
Norwegen, ber ungenannte Häuptling vonSrlanb, unb Softtg, ber 93ruber
beö <Steger6 von (Stamforbbrtbge, ftnb gemeint. 9J?an ftefyt, baß aud) ber
unvergleichliche @f)rontft von £er£felb Softtg einen $bmg nennt. 3)er
©obrotntbe muß — ich roteberf)ole e6 — ftdt) felber btefen Stiel beige*
legt fyaben.
9leun§ehn Sage fpätcr erfuhr ber $ngelfad)fe ^aralb auf ber 6üb*
0 Adami gesta hammaburg. III, 51. $ev^ VII, 356. 2) Heimskringla III, 153.
') Marianus Scotus ad a. 1067. qSerfc V, 559. *) Ad a. 1066. ibid. <§. 173.
ÜßierteS 93ud&. $ap. 18. (Sbtoarb ber ©efenner flirbt. ©egenTönige £ofiig unb £aralb. 353
füfte feinet 9?eicbe3 burcb bcn Normannen 2£ilf)elm baffelbe (Ecbicffal, baö
er ben bret tterbünbeten Königen be3 SftorbenS bereitet hatte.
(Sbe wir tr)m ma) bem Süben folgen, ift nötfytg, einen prüfenben
33Itcf auf bte bamaltge Sage (5nglanb0 ju werfen. Stuf welcber ©runblage
beruhte baS jlöntgtl)um be$ ©obwintben £aralb? @tn$tg unb allein auf
bem 9?ecf)te be3 Appetits ober be$ ^errfebtrtebö. 3)enn ber SOBablaft, fraft
beffen bie ©regen beö S^etctö if)n nacb GtwarbS £obe jum Köllig erhoben
Ratten, war ba3 Serf ntcbtSwürbiger Umtriebe, ^ unb fennte füglidj bei
näcbfter ®elegenf)eit burd) einen entgegengetreten 93efcbluß umgeftoßen werben.
2ßie oben gezeigt worben, behauptete Xofttg, baß er ebenfo gut al$ fein
SBruber £aralb jur 9?acbfolge befugt fei. £>te 2Bar)rf)ett biefeS <&a§c$ ift
meinet (£racbten3 unzweifelhaft: £oftig ^atte feine geringere 23egterbe §um
^errfeben alö §aralb, er befaß bafyer bie gletcbe 23erecbtigung an GmglanbS
£f)ron, wie Unterer. Allein e3 gab im Sanbe noeb mehrere anbere »or*
nefyme £erren, welcbe an £uft §um 53efel)len bcn (Söhnen ©obwtnö ntebt
naebftanben: sor Hillen bie beiben trüber (§abwtn unb ü)?orfar.
Wlan bemerfe, baß £aralb faft im Slugenbltcfe, ba er (SnglanbS £bjon
beftieg, ftcb genötigt faf), bie (Scbwefter 9ftorfar6 unb (SabwinS ju erjeltcben.
5)aburdj geriet!) ber ©obwtmbe genau in biefelbe Sage hinein, in welcher
ftcb, (Sbwarb befanb, feit er (Sabg^tt), bie Scbwefter £aralb3 unb SofttgS,
fyatte $um Slltar führen muffen. Unb ftcberltcf) Regten bie SBrüber ber 511*
gitf) bei 3urü(hing jener ,£ctratr) bie nämlicben Slbjkbten, welche fcor 24
3afyren ©obwin unb feine Sohlte befeelten, als fte bem legten Könige au$
bem rechtmäßigen ^errfeberftamme bie (Sabgtytf) $um Sßetbe aufnötigten.
s33corfar unb ßabwin waren ebenfogut als bie ©obwintben auf bie fünfte
politifeben 93erratf)ö eingeübt, unb ließen biefelben, wie tdj unten jeigen
werbe, nod) ttor ber 6d)lacbt von £aftmg3 reicblicbft gegen bcn Scbwager
^aralb fpielen. §ätte Setjterer ben Normannen 2ötlbelm beftegt, fo ift
gar niebt ju jwetfeln, baß bie trüber fetner ©emapn tfym baffelbe 2oo3
^ugerüftet baben würben, ba3 ^aralb, £ofttg, Swen unb bte anbern
(£6r)ne ©obwinS, fammt ifyrem $ater, bem Könige Abwarb jugerüftet Ratten.
5116 (Sbwarb au£ ber 9c*ormanbte nacb (Englanb fjerüberfam, fytelt ifym
nur ©obwinS £au3 2Btberpart. 23alb tauebten aber neben ben ©obwint-
ben Stnbere auf, welcbe biefen ttom 23rob §u Reifen fuebten. 2)ie tägltcbc
@rfaf)rung ermäebttgt §u bem Scbluffe, baß, Ratten 9)?orfar unb Gabwht
eine 3«t lang baö SSefen, §u bem fte 2(nftalt trafen, gegen ^aralb getrieben,
Rubere wiber fte bie Stolle gefptelt Ijaben würben, welcbe vor 3af)ren bma)
Seofrifö unb Stwarbö ©efcblecbt gegen bie ©obwintben oerfuebt worben
war. 3cb wtüfagen: aller Safyrfcfyetnltcbfett nacb feimten, außer ben 6ör>
nen 5llgarö, in ben «Seelen mancher anbern englifeben ©lücföjäger er)rfücbttge
©fror er, $abft ©regoriu« vu. SBb. III. 23
354 $afcf* ®regoriu$ VII. unb fein 3eitattev.
(Entwürfe, bie nur günfttger Umftänbe bedurften, Um ans £ageSlid)t fyer*
»orsubreeben.
2)emt warum hätten Rimberte nicht auf beu ©ebanfen verfallen follen,
baß fte fo gut als ©obwinS unb AlgarS ©o^ite berechtigt feien, ein (Stücf
»on (Snglanb ober baS gan§e SRctdj an fieb ju reißen! Wlan ftcl)t, @ng*
lanb befanb ftd) nach (SbwarbS Sobe in einer fef^r böfen Sage. 3)ic »on
ben ©obwiniben feit 24 3af)ren verübten Verbrechen mußten, wenn nicht
etwas AußerorbentlicbeS gcfctal) , §ur golge haben, baß eine ganje ©aat
ber rua)lofeften ^ronbewerber, ber »erberblidften $artt)etungen, emporfproßte
unb baS Saub »ieltetd)t auf 3af)rhunbertc hiuauS inS Verberben ftür§te.
SBefonbere Umftänbe »erjehnfachten noch bie ©efahren beS Geichs.
Vor 80 Sauren hatte bie 6eeräuber^errfa)aft bamit begonnen, baß ©cbaa*
ren frember 2öifinger mit ©ewalt inS Sanb einbrachen, ofyne baß fte 3e*
manb hergerufen hätte. Aber je^t ftanben bie 6acben »iel (c^ltmmcr, fo*
fern unb jwar gerabe burd) btejenigen, welche ^ur ^ronfolge berechtigt ju
fein behaupteten, eine 9feif)e auswärtiger Nationen jur (Sinmifcfmng in
(SnglanbS innere Angelegenheiten aufgeforbert worben war. SoftigS ruch*
lofe ©elbftfucht r)a* nic^t weniger als fünf auswärtige dächte jum Angriff
auf baS eigene Volf, baS eigene Vaterlanb geregt: nämlich erftenS ben
glamänber, zweitens ben Normannen 2ötU)eIm, brittenS ben itönig WlaU
folm t>on @d)ott(anb, viertens jenen ungenannten triften Häuptling, ber
bei ©tamforbbribge fiel, fünftens ben (Sifenfopf »on Norwegen.
,£>aralbS Verlegenheit §og nod) einen feisten gerbet, inbem auf fein
begehren ein HeineS bänifcbeS §eer nach (Snglanb fam, baS aber, wie
man flar naebwetfen fann, nur baran badete, für Rechnung feines Kriegs*
I)errn, beS Königs ©wen (Sftribfon, im Grüben §u ftfeben. Welche ^u*
ftänbe! jtetme innerlicher *ßartf)eiung an allen Drten unb (Snben, unb ba§u
fechS, buret) angelfäcbftfche ©roße ober gar ben jtb'nig felbft berufene, alfo
mit unleugbarer ^Berechtigung anwefenbe, frembe dächte, bie bereit ftnb,
(Snglanb &u jerftücfen.
Auch bamit war baS 9ttaaß beS Unheils nicht »oll. 3ct) muß noch
ben gehetmften, aber auch fd)limmften (Schaben beS angelfächftfchen VolfS
aufbeefen. Unüerfennbar hat baS englifd)e 9feichSfürftenthum währenb ber
langen kämpfe gegen ben $f)ron eine Demagogie geübt, bie an Umfang
nur mit berjentgen »erglichen werben fann, welche im 3^talter 2utf)erS unb
(SalomS 2)eutfd)lanbS ©roße gegen unfern ^aifer trieben. Unb biefeS
höllifche Littel war »ort »ollftänbigem Erfolge begleitet. Nimmermehr
Würbe Abwarb, ber fo guten Stilen §etgte, ben ©obwiniben unb ben an*
bern ehrgeizigen $artr)eihäu!ptertt unterlegen fein, hätte tt)n nicht baS Volf
im <5tict>e gelaffen; nimmermehr wäre ber fd)änbliche ©chlag »om 3al)re
1052 gegen bie trotte gelungen, hätte niebt bie öffentliche Meinung @ng*
33terteS 93udj. (£ap. 18. (Sblravb ber 93efenner fh't&t. ©egettfontgc ^oflig unb Jpavalb. 355
lanbs, burd) 2ng unb £rug »erführt, *ßartf)et für bte getnbe ber @inf)eit
unb ber Wladit beö 9fetd)3 ergriffen.
Die üftatton roar §u einem Raufen oon Duerfb'pfen unb ©Uretern
fyerabgefunfen unb befaß feine (Sinficbt in bic toafyren SBebingungen be$
öffentlichen 2Bol)leS mefyr. 3)tefe SBerfommenfjeit fptegelt fid) in ben angele
fäcfyftfdjen (Sfyronifen ab: ade reben bem DfeicbSfürftentfyum baö 2öort, unb
ifyr Vorgang f)at bt6 auf ben heutigen £ag geteuft. 3cty bin Fetne^roegS
ernannt/ baß beutfebe 6ct>rtftftelfer oom aütägltcbften (Schlage, urie Sappen*
berg, ftrofcenb oon (Sinbtlbung , bureb eine breifjunbertjctfyrtge lügenhafte
Ueberlteferung tterblenbet, entblößt üon poltttfcbem SSerftanb, ben alten ©ob*
nun unb feine 6öfyne als äd)te Patrioten fytnftellen, aber baö rounbert
mtcb, baß aud) ber granjofe Sutern;, ber ofyne grage ein geiftooller Sflann
nrnr, unb baS ©lüd genoß, einer mächtigen, großen, geeinten Nation an§u>
gehören, ben gleiten £on anfeblägt! 3^t9e«<>f(tfc^c beutfd^e ©cfertftfteöer,
erleuchtet tton bem ©lanje beö $etct;3, ber bamalS ba$ SBeroußtfem ber
■DJMtgltcber unfereö $olfe$ fjob, tf)ren 33ltcf fdifirfte, far)en richtiger. Slbant
v»on Bremen erflärt ®obrotn3 Söfyne für ba3, roa$ fte roaren. „©obrotn,"
jagt1) er, „jeugte in ber ($r)e mit Ulfs ©ebroefter bte ,£> oeboerrä ttyer
©wen, Softig, «gjaralb." Unb an einem anbem2) Drte: „nad) bem ^obe
beö heilt gen Königs (Sbroarb riß ber Ueb eltfjciter §aralt> baö 6cep*
ter an jtdj."
3m Uebrtgen tft es ntcf>t febroer nad^uroetfen , roofyer bte ginfterntß
fam, welche (SnglanbS 93olf in getfttge 9?aa)t ftürjte. 3)a$ 9^etdt)6fürften^
tf)um f)atte , voie oben gezeigt roorben,3) ben ßleruS vorläufig baburet) er*
ntebrigt, baß e$ ben böfen Begterben beffelben 3aiim un*> 3%eI fließen
ließ. 3um £>anfe für baö lieberlidie £eben, bte 2öetber, bte greuben ber
3agb unb Safel, bie man tfynen gemattete, mußten bann bte Wönfye, $far*
rer unb Domherren bem Vßolh bte guten, ber gretfyeit günftigen 2lbftd)ten
ber fyocbabeltgen ^äupter angreifen unb e$ gegen bte trotte aufheben.
Offenbar erfannte Stlfjelm oon $ouen in ben geiftltctjen ©criroa^ern eine
^aupturf ad) e engltfd)ett Verfalls, benn er r)at balb nad) erfolgter (£robe*
rung ben ©tatf fauber gefegt, tnbem er ju ^unberten bte nta)t^nu^tgen
üttenfcfjen §um $etdr/e l)tnau3fcr)affte. 4) $etn fd)limmereö Uebel fann einer
Nation votberfaljren, als folc^e Verbreitung beS gefunben Verftanbe^ , unb
eö gibt nur ein etn§tge£ Littel, SSölfer, bie oon bemfelben betroffen ftnb,
grünbltch ju feilen: bte 3ud)trutl)e ber Eroberung.
5tlfo bte (Sachen Ratten nad) (Sbroarbö ^obe in Britannien brüben
eine folc^e SÖenbung genommen, baß, voenn nta^t etroaS 5(ußerorbentltche$
l) Gesta hammaburg. II, 52. $er| VII, 325. 2) Ibid. IH, 51. @. 356.
3) Dten ©. 285 flg. 4) ü)af. <S. 286; Weitere 93elegc fte^c itntcn @. 441 flg.
23*
356
$<ifejl ®regoriu$ VII. unb fein 3eitatter.
gefchat), ba3 £anb unüberfehbarer innerlicher *)3artheiung verfallen unb ju*
gleich jum Summefylatj norbtfdjer $aubr)eere ^erabftnfen mußte. 3ei'ten,
noch fcMimmer, alö bie ©roenö ©abelbart unb ber ^ntytlinger, breiten
roteber§ufef)ren. 9?un Riffen vt>ir , baß dngfanbS Unorbmmg ba3 gutter
voar, weichet bem Ungeheuer ©fanbina\>ien$, ber £ocf)ter £)bin£, bem 9Q3i*
fingervoefen, baö Sehen friftete, roir votffcit ferner, baß nur (SnglanbS grünb*
liehe Drbnung ben 2lbgrunb norbtfeher 2ßilbf)eit ju t>erfc^Iießen vermochte.
933äre baö Uebel, tton bem ich rebe, §u vollem Sluöbruche getommen,
fo mürben Sftorroegenö, 3)ctnemarB, SchroebenS ^Bauern unb Slbelige, fort*
geriffen tton ber roüthenben 23egierbe, ftch auf Soften ber bummen Singet
fachfett leichten Kaufes ju bereichern, bie in ber legten Seit gezogenen
©chranfen burchbrochen unb bie ©reuel DbtnS erneuert haben. 5>ann ftürjte
ba$ eble 2Berf sufammen, für ba$ bie beiben £)lafe 9?orroegcn3 ftch bem
£obe roeihten, für baö fo »tele ber heften (Slerifer beö 5lbenblanbe3 mit
unfägltcher Slnftrengung geroirft, §um geblutet Ratten. Unfehlbar 30g
bie äetrüttmng (Snglanb^ baö Sßieberaufleben altnorbifcher ^Barbarei nach
ftch. 9J?tt ttollfter Ueberjeugung fage ich e6: nicht weniger als bie chrift*
liehe ©eftttung aller norbifchen deiche ftanb in jenem 5lugenblicfe auf bem
2Öer h«t biefe ©eftttung gegrünbet? $etri Stuf)l im 23unbe mit ßlugnt)!
2Bem lag bie Pflicht ob, fte $u erhalten? übermal bemfelben ©tuf)le. 3n ber
%l)at wagten bamalö ©hrtfti Statthalter ba3 Sleuferjle ju (Erreichung
be3 angebeuteten 3wecf6. töcn erörterten (Gefahren fonnten nur bann
abgeroenbet werben, wenn eö gelang, einen großen (Solbaten nach ßngtanb
hinüber §u beförbern, ber erftenö bie nötluge 5Q?adt)t befaß, um zugleich ben
5lngelfachfen ben ilopf jurecht §u fe£eu, unb alle anbem raubluftigen grem*
ben t)on ber 3nfel ferne ju garten , ber §roeitenö ber Äirche genügenbe
SBürgfchaften bot, baß er bie (Eroberung nicht felbftfüchttg mißbrauchen,
fonbern fo, rote eS baö allgemeine 2Öof)l ber chrtftlichen Seit tiorfchrteb,
einrichten werbe, ©enau nach btefen planen l)at 9^om gehanbelt, e6 t)at
ben fraglichen ©olbaten gefucht unb auch gefunben.
«£>er§og 9G3tlt)clm üon D^ouen brachte1) ben jroifchen ihm unb bem
5lngelfachfen £aralb obfehroebenben (Sr&ftrett untterwetlt t>or ben Siebter-
ftuhl beö *ßabfte$ 5lleranber IL ©onft voar t>on ihm für ähnliche ©e*
fchäfte üor§ug3weife Sanfranf, bamalö *ßrtor in (Saen, üerroenbet worben;
ta) ftnbe ihn jeboch bei biefer (Gelegenheit nicht genannt, aber in ber 6tille
mag er thätig gewefen fein. Dbertch 93ttaltö melbet,2) baß ber «§er$og
ben 5(rdt)tt>tafon ©tfelbert tton Sifteur — einen ber Vorgänger be$ ®e*
fehichtfehretber^ Wilhelm — nach $om fenbete, um bie ©ache ju betreiben.
!) Castle <§. 100 ofcen. 2) $>ucfjef?ne @. 493, b.
93ierteö f&uä). &ap. 18. dhuatb bet*8efenner jitr&t. ©egenfonigc Sofitg unb£aralb. 357
Der Normanne forberte \\ia)t$ ©ertngereS, als *ßabft Slleranber folle .§a*
ralb, ©obwtnS Sot)n, für einen 2lnmaßer erHären unb bagegen ihn (2Bik
heim) ermächtigen, (Snglanb mit Waffengewalt $u unterwerfen. Sßtrf(tdt)
brang Wilhelm buret;. ©ewiß war, waS ber $abfi bewilligte, ein großes
Wagftücf, ba er ber ®efal)r ftd) auSfcfcte, wenn baö Unternehmen beS 9tfor*
mannen ntcfyt gelang, bie ^Mtverantwortlicbfeit beS begonnenen Kriegs unb
feiner gotgen auf bie M\xa)c ju laben.
2tucb brach im 9tutl)e be£ *ßabfteS Unetntgfett über bie grage auS:
mehrere Stimmen müffen »erlangt haben, baß Slleranber ftd) in ben eng*
lifajen (Streit entweber gar niebt, ober wenigftenS nicht fo tief etnmifa^e,
wie ber Normanne begehrte. Wir erfahren biefe wichtige £r)atfad)e buret)
bie eigenen ©eftänbniffe Deffen, ber Wilhelms (Sieg entfdjteben hat, näm*
lia) beS (SarbinalS ^ilbebraub. 2ln einem anbern Drte1) ftnb bie Worte
beS (Schreibens vom 24. 2lvril 1080 angeführt worben, worin ©rego*
rtuS VII. fagt, baß er eS gewefen fei, ber Wilhelm auf ben Stroit Gmg*
lanbS beförbert r)abe, unb baß if)m beßhalb gewiffe trüber (anbere (£arbt*
näle) ben Vorwurf ber sD(itfcbu(b an bem von 5ßtlt)elm bei ber Eroberung
(SnglanbS vergoffenen 5Mute gemalt Ratten.
2US äußeret 3eieben > *>er 2$elt (Einwilligung beS ©tufyfeS
$etri unzweifelhaft verfunbigte, überfcfytcfte 2) *ßabft Slleranbcr II. bem 9cor*
mannen ein 33 anner beö fyetf. spetruS. Diefer Slft ber f)öa)ften 23el)örbe
beS cr)rtftUcr)eii 5lbcnblanbeS, welche Stopfe unb ©emüther ber 50?enfcr)en
beherrfebte, war von unfaßbarem Werth für ben Normannen, ebnete eine
Spenge Schwierigfeiten, bie ibm entgegen ftanben, bahnte if)m ben Weg auf
(SnglanDS Xtyon. £auptfäcfcltch beßhalb, weil bie itirebe tr)n als tr)ren $or*
fämpfer anerfannt, feinen geinb £aralb geästet hatte, vermochte 2tBtlr)eIm von
C^ouen bie Ärone (SfcwarbS niebt bloS §u erringen, fonbern auch §u behaupten.
Die ^ormanbie fam an SluSbehnung faum bem je^tgen Württemberg
fammt 33aben gleich. Dennoch führte ber £er§og biefeS verhältnißmäßig
Hetnen ©ebtetS im September 1066 ein \g>eer von naf)e§u 60,000 wol)l*
gerüfteten Streitern nach (Snglanb hinüber. (Selten haben bie beutfcfien
jtaifer beS 20? ittelalter S eine folche ÜBcaffe von Sotbaten §ufammengebracht,
nie eine größere. Der53eiftanb beS (Statthalters *ßetrt ift es gewefen, ber
£aufenbe bewog, bem 9cormannenherjoge §u folgen. 211S Wilhelm ben $lan
beS gelbjugS bem verfammelten Sanbtage vorlegte, erhoben ftcb faft alle
Stimmen wiber ben 5Sorfa)lag. £mtenbrein überwanb ber £er§og biefeS
fura)tbare £emmmß ^auptfächlidt) beßhalb, weil er ftet) auf bie Billigung
be$ Dberhauptö ber Äirct)e berufen fonnte. 3)
l) S3anb n, 418 flg. 2) ©arnlc a. a. £).; e^enfo 2)ud?eönc 197, c. 3) 3)iefe^
unb baS ^olgenbc ^auptfdd^lt(^ nadj ber SÄeim^rontf öon 3Bace, Roman de Rou genannt.
3)ie 9hc$n>eife bei Sa^penberg I, 540 flg.
358
$abfi ©regoriuö VII. unb fein Seitalter.
Hleuu3el)nte$ Capitel.
ßinbruef, meldjen bic erfie 9tacr)ricr;t vom £obe (SbroarbS unb tton bev £t)ronbefieigung
£aralbö auf J^ev^og 2ötlt;elm hervorbringt. (§r fudjt fofort feine Untertanen für
einen ©eejug nacr) (£nglanb ju flimmert, roaö ir)m nur mit großer 2JlüI)e gelingt.
Parlament in Rouen. S)ie meiften 9lbgeorbneten roiberfpredjen, aber einzeln gewinnt
jte ber «frergog. 9tad) Slnfunft beö Q3annerö $etri, baö ^abft 3Uexanber II. über*
fanMe, tjort aller SSiberftanb gegen ba$ Unternehmen auf. SnSgefjeim »er^fÜc^tet
ber *ßabji ben £erjog erfilict) , ^infort bie jtrone (Snglanb tton ber Rormanbie ju
trennen, unb beibe üerfcr)iebenen (Srben ju übergeben. 2)aö gefcr)ar) auö CÄücf ftcfjt
für ba3 2Bot)l ftranfreicr)£. Sweitenö mußte SfBil^elm 93ürgfcr)aft leiflen , baß er
baö ©regorianifcr)e jtircf)enrecr)t in (Snglanb einführen roerbe. Rüftungen in ber
Stormanbie. ©roße ber glotte unb ber Sanbmadjt, ioeldje ber <§erjog jufammen;
bringt. @r tanbet auf ber (Sübfüfie (SnglanbS. @dj>ladr)t bei @enlac, geliefert ben
14. Dctober 1066. .ftönig £aralb fällt nacr) t)artnäcftgem Kampfe unb mit ir)m bie
23lütt)e beö angelfäcr)ftfcf)en 5tbel$. Slad) bem Siege miß baö normannifdje £eer
Bonbon unb baö gan^e Reicf) !plünbern. Stlljelm tterfyinbert bieß, fcfyließt Verträge
mit ben Slngelfactjfen unb roirb an 2Beilmact)ten 1066 in ber 2Befiminfterabtet jum
Könige (£nglanbö gefrönt. Räubereien, reelle baö meuterifcr)e -§eer begebt. SGöit^
t)elm bemeijlert baffelbe. ©efefce, bie er erläßt, um fein <£>eer belohnen ju tonnen,
unb bie fct)ulbigeu 2lngelfaä)fen ju betrafen, $rieg3fieuer, 2Begnar)me ber ^leinobien
in ben ©eroölben ber großen Sonboncr Äaufleute, (Sinjiefyung ber ©üter beö eng*
lifcfjen SlbelS, beffen 93ernicr)tung üßilf;elm befcr)toffen f)at Duellen beS Reicfytfmmö
ber 3tngelfacr)fen: Stcferbau, £anbel, @cfjifffat)rt, ©eroerbtTeiß, 3Wenfcr)enüerfauf. DU
gletct) nur ein £r)eil ber füblidjen Hälfte (SngtanbS tton ben Normannen befefct mar,
fet)rte 2Bilr)elm 1067 nacr) ber Rormanbie jurücf. Slnbeutung ber ©rünbe biefer Reife.
93tele angelfädjftfdje ©roße muffen ir)n als ©eißel begleiten, ©ommer 1066 bis
jum grüt)ling 1067.
SBenben wir un£ na$ $ouen. Der $frt%&% roar eben auf ber 3agb,
unfern ber ^auptftabt, al£ er baS ©abreiben eines in Sonbon unfähigen
Normannen empfteng, baö ir)m ben £ob (SbroarbS unb bie ©rroäfyhmg
^aralbö melbete. Ü)te §trmbruft entfanl fetner §anb, in fyefttger ©cmüt^*
bewegung ri^ SMfyelm balb ben Hantel auf, ba(b fnüpfte er U)n lieber
SU. ©rf)tt)eigenb fu^r er auf ber «Seine nad) 9^ouen §urücf; bie erftaunten
^ofleute wagten ntdt)t, it)n über baö, u?aö »orgegangen, §u befragen. Der
(Srfte, bem er feine ©ebanfen enthüllte, war Söüfyefm »on 33reteui(, 6o^n
Oöbernö, ber alö (Srjte^er beö unmünbigen §er§ogö fein Seben für t$n
geopfert fyatte. J) ©teia) feinem 3Sater befleibete biefer Normanne bie 2Bürbe
eme$ <Senefa)al6 ber S^ormanbie, unb genof baö »oüe Vertrauen beö
Jpevjogö. Der S3aron »on Sreteuil fyat bie $Iane feineö ©ebieterö aufö
^öereitroiüigfte unterftü^t unb feitbem eine wichtige ^Rotte gezielt. 3um Uiu
l) ©ie^e oben <S. 254.
aStevteö 93u<^. (5a^. 19. SBilljelm ber Eroberer fegeXt nacr) (Sngtanb u. erroirfet bie Jlrone. 359
terfdjteb von anbern SßifMmcn n>erbe lct> tf)n gewöhnlich DöbernSfon, ober
nad) normanntfd)em ©ebrauct) gifcoSbern nennen.
Dem 9tatl)e beffelben gemäß fdiicfte ber «^erjog $unäd)ft eine ©efanbt*
fcfyaft nach (Snglanb hinüber, nm §aralb auf§uforbem, baß er unverwetlt
ben Zijxcw an Wilhelm, als ben magren (Srben, abtrete. Diefe ©efanbt-
fajaft t)at fo wenig gefruchtet, als anbere fpätere gleicher Art; td) werbe
baf)er gar ntd)t von benfelben reben. Aud) wäre c3 ein 3rrtf)um, wenn
man glaubte, ber ^evjog fyabe' Strfung von folgen 9^cbncreten erroartet.
(Sr wollte vielmehr ben vorauSgefehenen ungültigen (Srfolg als bittet be*
nüfcen, um feine Untertanen, bie baS Unternehmen mit ganj anbem Augen
anfallen aI6 er, aufstacheln. AIS bie abgefd)idten 53otfa)after mit ab*
fcblagHdnT Antwort auS (Snglanb jurüdfameu, verfammelte er eine Anzahl
ber mäd)ttgften unb ihm ergebenften ^afatten,1) namentlich feine Sttefbrü*
ber, ben 23ifd)of Dbo von 23aieur unb ben ©rafen Robert von 9ftortain
(ber fpäter (Sari von (SornwatliS würbe), fowte bte ©rafen Robert von
(Su, 9ffid)arb von (Svreur, Stöger von s)3?ontgommen; (fpäter §um (Sari von
Aruubel unb ©f^ro^oim? erhoben), ©ifforb von Songuemar (fpäter (Sari
von 93udmgf)am), Stöger von 93eaumont, 2)vo, ^erluinö @or)n (Schwager
beS «£)er$ogS), in einer Capelle, unb eröffnete benfelben, baß er entfcfyloffen
fei, fein gutes 9^ccr)t auf (SnglanbS Stroit mit Waffengewalt $u verfechten.
Die Anwefenben erhoben feinen 2öiberfprud) , verlangten jeboa), baß
ber £er$og ben dtafy fämmtltcher 33arone beS Geichs in einer fo überaus
wichtigen Angelegenheit höre unb beßhalb ein Parlament einberufe. 2Bace,
QSerfaffer ber öfter erwähnten $etmd)rontf, braud)t ben AuSbrucf tyex nicht
jum erftenmal, fonbern fdjon früher bei Schtlberung beS 23auernaufftanbS
auS ben Seiten DftcbarbS II. «£>er$og Wilhelm entfprach bem SBunfche ber
©roßen. (Sr fctjrteb einen Sanbtag auS, ju welchem Seute aller Stänbe
eingelaben würben, benn bte in ber Capelle 33erfammelten hatten bieg auS*
brücfltch begehrt, tnbem fte ftch auf ben ©runbfajj beriefen:2) wer mit tr)a*
tet, auch mit ratzet. Alle müßten mit bellen, alfo müßten auch Alle
gehört werben.
Auf bem £anbtage ging eS anberS §u, als ber «gjersog erwartet haben
mag. ©eine Sorfdjläge fanben fcf)ltmme Aufnahme: „fte feien arm," t)\e$
eS, „unb burch ältere «Steuern gebrüdt, fein ^erjog fönne bem Oittter ober
Bürger gebieten, über baS 9Jieer ju fahren, ^aralb beftfce große Schäle,
mit benen er £erren unb Röntge in Solb ju §ter)en vermöge; fein fei eine
große glotte, ihm btenen zahlreiche unb wohlgeübte Seeleute, beren ©efebtef*
lichfett in vielen kämpfen bewährt worben (bte SButfefarle) , auch fein
*) Roman de Rou ögt. mit 2)ud&e$ne @. 197, a. unb 493, a. b. *) Chronique
de Normandie. @. öouquet XIII, 225.
360 $at>f* ©regortuö VII- unb fein Settalter.
£anbl)eer f et jahlretdier, als ba3 ber 9formanbie; ein Unternehmen roie baö
oorgefcblagene überftetge felbft bte Gräfte eiltet beutfchen jtaiferS; bte -ftor^
manbte roürbe baburd) §u ©runbe gerietet derben." Vergeblich ftrengten
gt£o3bem unb anbere ©ünftltnge be$ §erjogS alle ^offünfte an, um bte
Sötberfpenfttgen §u Überreben unb umjufttmmen. 5^aa) ber belebten (Schübe*
rung1) etneö (Shrontften traten bte 2lbgeorbneten tu ©ruppcn §u jeljn, ju
Sroanjtg, $u breißtg §ufammen, lärmten, fchrteen bura)etnanber unb ersten
ftd) gegenfettig.
Ttm griff ber £er§og §u einem Wlittel, baS feiten fernlägt, baS
aber große (Erfahrung im parlamentartfchen 2öefen oerrät!). 3a) fefye barin
eine ftarfe (Spur, baß bte ftänbifa)e Verfaffung in ber ^ormanbie bebeu<
tenbe gortfa)rttte gemacht J)atte. 2)er SBaftarb oon $ouen befdneb nämlich
bte SÖtberfpcufttgen einzeln, 93iann für 9J?ann, oor ftcb, unb unterr)anbeltc
mit ihnen, fein herzogliche^ Slnfcr)en fptelen laffenb, begüttgenb, fchmetchelnb,
oerfprecfyenb, firrenb, je naa) ilmftänben. @3 gelang: mit (Stuem um ben
Slnbem roarb er fertig, jeber fagte, rool)l ober übel roollenb, feine «£ülfe ju.
3nbeffen roirb bte 9?ad)rtd)t eingelaufen fein, baß *ßetrt (5tuf)l ben ^3Ian
2Bilr;elmö gebilligt f;abe. gernerer SBiberftanb ^örte auf, baö £anb ging
rotllig auf be$ «£>erjog3 2lbftd)ten ein.
3)a£ 9?ächfte roar, baß 2£ilhelm feinen £el)en£l)erm, ben jungen Jtontg
$f)tlipp I. oon granfreicb, §u geroinnen fitste. (Er begab 2) fta) nach
<St. ©ermain, roo $f)üipp £of hielt, unb machte ben Antrag, baß er,
roenn ber Köllig it)n unterftü^e, bereit fei, baS eroberte (Snglanb oon ber
^rone granfreia) §u £er)en §u nehmen. Philipp oerfammelte ben Üfatl)
fetner SBarone, of)ne ben er nid)t£ Nichtiges unternehmen burfte. £)te ®nU
fajetbung fiel gegen ben 23aftarb au$. £)te Karotte fpractjen: „3r)r roiffet,
o <£err, rote roentg Ohio) bte Normannen fd)on jetjt gehorchen; fmb fte
ooUenbS 9D?eifter (Snglaubö, fo roerben fte nod) tro^tger fein. Ueberbieß
roürbe bie ^()e^na^me an *>em Unternehmen unfer Sanb otel ©elb foften,
unb roenn e£ mißlänge, befämen roir bie (£uglänber für immer §u getnben."
3)er £lrchtbtafon unb (Styronift oon £tfteur melbet,2) baß Der Normanne
ana) mit bem beutfa^en ©alier Heinrich IV. unb mit ^öntg (Sroen, (Sftribfon,
oon 3)änemarf unterf)anbelte. Saut feiner S3erfta)erung oerfpraa) Heinrich IV.
feine £ülfe, im galle bte 9?ormanbte angegriffen roerben follte, auch <Sroen
gab ähnlichen 23efchetb, fyielt a^er nW 2Bort, oielmehr fyabz ör nachher
28üf)elm3 geinbe unterftü^t.
Severe Slngabe roirb burch ben Erfolg beftättgt; auch bte erfte muß
roahr fein. 3nt grühling 1066, fur§ ehe möglicher Seife QSerhanblungen
§roifd)en bem faltfd)en §ofe unb bem ^erjoge oon Sonett beginnen tonnten,
l) Chronique de Normandie <S. 93ouquet XIII, 225.
2) 2)u<$eSne @. 197, c.
93ievteö 93ncr). ßap. 19. ffitlljelni bcr ©toterer fegett nacf) dngtanb n. erwirbt bte Ärone. 361
hatte ©rjbifchof $amw baS ©tetterruber bcg beutfchen 9fetd)e6 ergriffen.
3)a ihm baö 2Bobl ber (Shriftenr)eit nid)t mtnber am ^erjen lag, alö bem
ßarbmal ^tlbebranb, ift e6 glaublich, baß er ein Unternehmen geförbert
hat, für baS bte rmrättgften ©riinbe fprachen. 2)ie §ugefagte §ülfe vt>trb
meinet (Sracfctenö barin beftanben tjaben, baß §anno ftcf) im Tanten ber
beutfd)cn trotte verbinblich mad)te, ben Äönig von granfreicb, wenh er
währenb beö bevorftef)enben 3«9^ *>ie 9?ormanbte anfallen würbe, in ber
gtanfe jn faffen.
53albutn V. von glanbern, ber (Schwiegervater be6 Normannen 2£tl*
f)elm, war befanntltch *) Sßormünber beö jungen Königs $f)iHpp von granf*
reicb. 2lu3 einer Urfunbe2) erhellt fogar, baß er im 3al)te ber (Eroberung
(Snglanbö — 1066 — ben 9Jfünbel mit ftct) nad) glanbern naf)m unb in
feinem tarnen Ijanbelte. 2)aher fann bie abfchläglid)e Antwort, welche ber
Normanne vom fran§oftfc^en (5taat3ratl)e erhielt, nicht wof)l ol)ne 3utl)un
be$ SBlaemen erteilt korben fein. 3u feiner (Sigenfcbaft al$ Regent beS
fran$5ftfcfcen 9fetch6 fyat folglich SBalbutn von Styffcl ben Singriff auf (Sng*
lanb mißbilligt. 5lber anberS »erfuhr er alö Sftarfgraf von glanbern unb
al3 Schwiegervater, geft ftebt, baß er ba6 Unternehmen 2ßilhelm3 burd)
9fatf) unb £f)at unterftüfjte, obgleich er nicht felbft in eigener ^erfon bem
gelbjuge anwohnte. 3)er @ibam jeigte fia) banfbar, vlämifd)e Duellen
melben, 5) baß er bem 9Jfarfgrafen einen jährltd)en ©ehalt von 300 sDtarf
©tlber$ auf bie (Sinfünfte ber trotte (Snglanb anwies, wogegen 93album
eine 2lrt $afallenverhältntß einging, inbem er ftch verpflichtete, feinem
(Sibam jeber 3eit eine beftimmte 5ln§af)l von Gruppen ju [teilen. 93tele
glamänber fyaUn, ot)ne 3weifel burd) it)ren Sehender™, ben SDcarfgrafen,
baju aufgeforbert, ben Normannen 1066 nach (Snglanb begleitet unb ba*
für brüben ©üter empfangen. Ü)a6 3)omöbatyboof, ober ba$ von Wilhelm
angelegte Äatafter, fül)rt alö folche 9Jtttftretter bie glamänber §ugo, £)tto,
Salter, SBinemar, 2)rogo, ©tfelbert von ®ent unb anbere auf.4)
5lußcr bem glamänber 23album betheiligte (ich von größeren franjö-
ftfchen SSafallen an bem gelbjuge noch ber 33oulogner @raf @uftad)iu6, unb
jroar btefer perfönlicr). 5) 3)och 50g (£uftachtu$ ntd)t foroohl auö Sln^äng^-
lichfeit für 2öilf)elm mit, alö in ber 5lbftd)t, auf baö große ©efchäft be6
Normannen ein Heinere^, aber entgegengefefcteS, für eigene Rechnung $u
grünben. @r |at; rote ich unten geigen roerbe, 1067 eine Empörung gegen
ben neuen Äönig von ©nglanb angebettelt. Uebrtgenö burchfchaute ber
^ormannenherjog bie geheimen ©ebanfen beö 33oulognerö. Ü)enn ber
S3anb I, 56. unb S3ouquet XII, 8, b. 115, c. unb 796, c. J) Miraei oPP.
diplom. I, 65. sMan üerglet^e le Glay, histoire des comtes de Flandre I, 17ö flg.
3) ©arnfönig, jlanbrif^e ®ef^tcl)te I, 120. 4) Cappenberg I, 543. 9iote 4. 6) Roman
de Rou unb carmen hasting. äftcm fe^e Cappenberg I, 552. £>udjegne <£. 202 unten.
362
$abjl ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
Slrdu'biafon öon £tfteür melbet,1) baß 2Öilf)elm, ehe er (EuftachtuS unter
baö ^>ecr aufnahm, bemfelben bte SBebmgung fteÜte, feinen 6ofm, ben er
mit 3ba ttott Trabant gezeugt hatte,2) als Geißel nach ber üftormanbtc
ab$u,ltefern. 2) er SBoulogner mußte btefe Sßebingung erfüllen.
(So große Unternehmungen, rote bte (Eroberung (EnglanbS, benen Untere
Jjariblungeri naa) verfchiebenen Letten f)in vorangehen, ftnben nie ober feiten
€tatt, ohne baß geheime Serabrebungen getroffen roerben. Sehnliches ge*
fd;ar) aud) bamalS unb §roar roar eö of)ne Steffel 9Mn ©tut)! , ber bem
5RormannenI)er3oge 33ebmgungen geftetlt hat, bte nicht jur £>effcntltd)feit
gelangten, (Eine btefer S3ebtngungen r)at ber (Erfolg aufgebeeft, alö ber
bisherige $rtor von (Eaen, Sanfranf, 1070 ben (Er§ftuhl von (Eanterburt)
beftteg unb nun unverroeüt bte längft von ben (Sregortanem anempfohlenen
©runbffifce ftrcbltc^er SScrfaffung in (Englanb einführte, ^ann man billiger
SBetfe sroetfeln, baß ftd) ber Normanne r)te§u gegen ben Cßabft verpflichtet
hatte! deines (Erachtend liegen triftige ©rünbe vor, nod) auf eine jroette
geheime SBebtngung ju fd)lteß en. Wilhelm ber (Eroberer fagt 3) in feinem
fogenannten legten Etilen: „baS £er§ogthum ber Sftormanbie fyabt i$ au
meinen erftgebornen <Sor)n Robert nod) vor ber ^eerfafnt abgetreten unb
alle ^Barone letfteten ihm meinem 2ßunjd)e gemäß bte ^ulbtgung." Ueber*
einftimmenb Eternit melbet4) £>rberid) 9${tali$ : „vor ber ©d)lad)t von
^afttngö unb bann roteber nachher roäf)renb einer ^ranfhett beftellte 995 tl*
heim feinen älteften (5of)n 9fobfrt §um (Erben ber ^ormanbte, unb forberte
bie Marone auf, ihm ben (Eib ber Sreue ju leiften, roaö Severe aud) traten."
£>er (Eroberer fyat alfo bte (Einfettung Roberts pm £er§oge ber 9?ormanbie
roteberholt.
lieber bte Sät be£ feiten 2lftS gibt Wilhelm von 3umtegeS 2luf*
fchluß, inbem er er§äl)lt:5) „nach (Eroberung (EnglanbS roar Wilhelm 1067
in bte 9cormanbte surüefgefehrt. 311$ er bort bte 9?ad)rid)t vom 5lufftanbe
beS 33ouIogner (Euftad)tuS erhielt, eilte er roteber nach (Englanb hinüber,
boch nicht ohne juvor feinem älteften <5of)n Robert, ber bamalS jum 3üng=
ling heranwuchs baö ^er^ogthum übergeben §u haben." 2)te (Empörung M
(Euftacf>iuS unb fomtt bte jroeite (Einfe^ung Roberts, fällt in ben ©ommer
1067. 2)er (Erftgeborne «Solut 2Btlt)eIm^ hatte aber Weber 1066 noch im
folgenben 3ar)re bie nöthige SReife beS Alters erreicht, um bie Regierung
felbft führen §u fönnen. ©in SBormünber muß bal)er für tt)tt beftellt roorben
fein. «£)te§u roar, nach einer anbern ©teile6) £)rberich$, bte ©emahlin
2BtIhelm£ unb SJtutter Roberts 9Jktf)ilbe, beftimmt, roelche auch ju btefem
ßroeef metft in ber 9?ormanbte roetlte, obgletd) fte Stlhelm §ur Königin
l) 2)ucf)eSne @. 212, b. 2) Ibid. 508 unten flg. 3) ©uc^e^ne @. 659r b.
4) Ibid. <S. 545, c. 6) Ibid. ©. 289, d. 6) Ibid. @. 512, d.
Giertet* 93u#. (Sap. 19. 3BiU)elm ber Eroberer fegelt nadj (fnglanb u. etttmbt bie Stxom. 363
von (Snglanb Jjatte frönen (äffen. 23e$üglicb bc£ erften 5Jft3 melbet *)
Simeon von 3)urr)am, baß bie ©infetjung tcd 9kaMolger3, welche vor bem
£eereS$ug von 1066 ftattfanb, in ©egenwart bc£ Königs €J3t>iIipV> I. »on
granfreid) erfolgt fei. £)r)ne 3wcifel gefcbar) bieß barum, bamtt bte Abtretung
burct) bte 2lnwefent)ett be$ &t)en$r)errn um fo größere ©ültigtat erlange.
SDfeineS (§ra$ten$ (äffen fowof)l bte oben angeführten SCBorte 2Btlr)eIm$,
als auch bte (Sinfefcung 93tat^t(bene jur SSormünberin M <Sof)n3 feine
anbere (Srflärung §u, atö bte, baß ber fraglichen Maßregel bte Slbftcht §u
©runbe lag, baS ,£erjogthum ber 9?ormanbie, welches, wie wir wiffen, ein
fran$öft)cf)eö Sehen war, von ber trotte (Snglanb nta^t etwa blo3 für bie
3uhtnft, b. t)- nach 2Ötlf)eIm6 Sobe, fonbem fdjon mit bau Augenblicke
ber votlenbeten (Eroberung ju trennen. $)enn l>ätte ber 33aftarb niebt für
nötr)tg erachtet, als Jlöntg öon (£nglanb auf ba3 nörmanmfdje 2er)en §u
©unften fetneö (Srftgebornen §u verlebten, fo würbe er Weber vor ber
(Schlacbt bie Marone ju Ablegung be6 93afatteneibe3 an Robert beftimmi,
noeb nach berfelben bie 9Jhttter jur QSormünberin be$ Sor)ne6 ernannt,
fonbem ftd) begnügt haben, für bie $ät, währenb er in (Snglanb weilte,
einfach einen (Statthalter über bie SKormanbic §u befreiten.
2Bttr)eIm entging fpäter bem in obigem Aft enthaltenen $er$tcht baburd),
baß er bie 9ftcgent[d:aft ber Butter willturlicb verlängerte, ober beutfeh
gefproeben, baburd) baß er baö bem (Srftgebomen erteilte $ecr>t §urücfnahm.
Aber ber Treubruch be$ $aterö fyattt, ^ i$ mttn feigen werbe, böfe
3erwürfntffe im r^errfc^enben £aufe §ur golge. dagegen nach bem $obe
be$ (Srobererö würbe bie Trennung §ur 2ßar)rr)cit: Robert gelangte §um
wirklichen söeft^e ber Sftormanbte, bie trotte (Snglanb aber fiel an ben
naebgebornen ©ohn 2Btlr)elm II. ©leter)wor)l erhellt2) au3 ben SBorten
beö $eftament$, baß bie Trennung keineswegs ben 39ßünf<$en be$ (Eroberers
entfpract). 2)urch einen ftärferen SßtUen, ober burd) unabänberltd)e 23er*
binbliajfeiten gebrängt, mußte ber Saftarb gefchehen laffen, was er nicht
verhinbern fonnte.
2ßem kam nun bie fct)on 1066 befchloffene Soäfdjälung ber 9?ormanbie
von bem eroberten (Snglanb $u gut? Dhne grage bem fran§öftfcben deiche.
2ßäre bie 9?ormanbte unb (Snglanb in einer £anb vereinigt geblieben, fo
Würbe bte Ärone granfretch, welche feit 20 — 30 3al)ren nur mit 9J?ür)e
einiget Anfchen gegen bie bloßen £er§oge von Sftouen §u behaupten ver*
mochte, burch ben $um Könige geworbenen unb mit Dreifacher 5Jiact)t au$*
gerüfteten Sßafallen erbrüeft worben fein. AuS eigenem 5ttttrtebe hat ber
53aftarb bie Trennung ftcherlicr) nicht bewilligt^ benn feine fpäieren §anb*
') Ad a. 1077 bei Xtoffien, histor. anglic. scriptores 6. 209 unten. 2) 2^n^
(^e^ne 8. 659, b.
364
$a&fi ©rcgonufl VII. unb fein ^titalitx.
hingen beweifen ja, baß er ba3 3ugeftcinbniß bereute unb gerne aanj $u*
rücfgeuommen hätte. £>hnebicß befchränft fein ehrgeiziger ^errfcber — unb
ehrgeizig war 2BtU)elm in t)otym ©rabe — freiwillig ftd) felber. (Ebenfo
wenig ift anzunehmen, baß 2£ühelm ben fraglichen Schritt auö 9fücfftcht
auf Äönig ^ßbtftpp I. »on granfreich, etwa »ermöge eineö mit if)m abge*
fcbloffcnen Vertrages, tf)at. 3)enn ^tltpp hatte bte »ort bem Normannen
begehrte £ülfe »erweigert: im Unfrteben fa)teben fte unb feft ftel)t, baß
beibe ^errfeber feit ber (Eroberung (Englanbe ttefee Mißtrauen gegen ein*
anber Regten, ober gar in offener geinbfa)aft lebten.
Slucf) ber beutfa)e ^atfer^of fann e$ nicfjt gewefen fein, ber obige
Vetmtgung bem Normannen auferlegte. 2öeber im ßharafter noch in ben
9)tad)tbefugniffen §einria)ö IV. lag e£, bem Normannen ®efe$e oorju^
fet/retben, welche 9?üdftcr;t auf baö allgemeine Vefte ber (5f)riftenl)ett eingab.
Sobann zweifle tef) fel)r, ob äBüfyelm ber (Eroberer, nachbem er alle feine
*|3lane burct>gcfe|t hatte, ftcb burch ein ber beutfe^en Jerone abgelegtes Ver*
fpred)en gebunben erachtet haben würbe.
Un§n>eifelr)aft fchetnt mir: ein frember SBttle J)at ben Normannen zur
Trennung ber beiben £änber genötigt/ unb Wetter, bie betreffenbe gorberung
ging »on einer 50^ad)t aus, welcher erftenS anerfannter Spaßen baS 9fted)t
§uftanb, bie $ul)e ber 2ßelt unb baS allgemeine 2Bol)l ber Golfer 51t wahren,
welche zweitens eine foldje Stellung einnahm, baß ber (Eroberer eS nicht
wof)t wagen burfte, Verbtnbltchfetten, welche er gegen btefelbe eingegangen
hatte, ju brechen. Vetbeö paßt nur auf $etrt (StutyL $abft 5lleranber II.,
ober vielmehr beffen oberfter 9^att)geber (Earbtnal ^ilbebranb war eS, Der
ben Normannen nach (Englanb beförberte, weil nur burch biefe Maßregel
unfägltdjem Unheil »orgebeugt werben fonnte. 5lber berfelbe $abft fyat,
inbem er ben «£>erzog »on *Rouen waffnete, nict)t »ergeffen, baß er ber
$rone granfretch unb bem franzöftfehen Volf, baS etneS ber großen ©lieber
in ber cbrtftltchen gamtlte war unb ift, wichtige Pflichten fdjulbe. *ßetrt
Statthalter nahm bem Normannen baS binbenbe Verfpred)en ab, bie 9?or*
manbte oon (Englanb $u trennen. Wilhelm aber mußte — fo ungern er
e$ that — 2ßort galten. 'Denn fo groß war ber £aß beS angelfächftfchen
VolfS gegen bie fremben «Jperren, fo wüthenb bie (Etferfucht beS franzöftfehen
Königs unb auch gewiffer norbtfeben Surften wiber ben glücfltchen (Eroberer,
baß wenn 2Btlf)elm burch »ollenbeten Treubruch gerechte 3»d;tigung tyxau&
geforbert f>ätte , bte *ßäbfte im Staube gewefen fein würben, ben Unbanf*
baren, ber burch fte emporftteg, wteber in baS 9?td)t3 zurückzuwerfen.
2öte ich früher §etgte, war e$ theilS bem ^erzöge Wilhelm felbft,
thettö feinen Vorgängern gelungen, mehrere an bte 9?ormanbte angränjenbe
^rootnjen, namentlich 2lnjou, SCRatne, $onthteu unb bie Bretagne, in Va*
fallenbanbe zu »erftrtefen. 2)te Bewohner btefer Sanbfchaften mußten baher
93terteö 93ucr). Qiap. 19. 2BtU)elm ber (Eroberer fegelt nacr) ©nglanb u. evtotr&t bic .ftrone. 365
,£>eere3fofgc na* @nglanb leiften. 3n ber £r)at gefcbietjt tfyrer tton ben
Duellen @rttJtS^nung. *) Slber aucb anbere ©treitcr, bie in feinem Sßerbanb
ju tfym ftanben, jog er in feinen 3)ienft. 9&erbebrtefe beö «!per$og3 er*
gingen burcf) alte benachbarten £anbe, unb taufenbe ftrömten tf)m $u, be*
fonberö feit befannt geworben, baß bie Strebe fein 93orr)aben billige.
2)te ?ftormanncnd)rouif er$äl)lt: 2) „als ba3 23amter beö r)eiligen
^etruö anlangte, fyatte «^erjog 2fiilr)elm große greube unb baö mit SRedit,
benn ber ßtfer serboppelte ftd), Mütter famen unb boten tr)m tfyre ©ö'lrne
an. Slud) t>ielc ©olbaten auö fremben Räubern eilten r)erbet: bie (Sitten
nahmen ^anbgelb unb ©olb, Rubere baten, baß ber «£>er$og tlnten laffeu
möge, wa3 fte felbft in (Snglanb erobern würben, Einige forberten Dörfer,
Slnbere ©cfjlöffer, wteber Slnbere reiche angelfäcfyftfdie Leiber. Der ^erjog
aber fagte bereitwillig $u, was ein 3eglicl)er begehrte/' 93?an ftefyt: ba6
©ölbnerwefen war fc^on auögebilbet, unb §voeitenö 2Btlr)elm ber 33aftarb
verfügte über einen ©ct)a£, woraus weiter folgt, baff bie Normannen
©teuem bellten: eine Srjatfacfye, für welcbe tnete anbere SBeweife, nament>
Itd) bte oben befdmebenen 3Serl)anblungen beö £anbtag3, bürgen.
$)en ©ommer über würbe in ber Sftormanbte gewimmert, gefct)mtebet,
gerüftet. Ueber bie ©tärfe beö ^>eerö ftttben ftcf) oerfdbtebene Angaben.
Sin einer ©teile fdjätjt 3) Der Slugenjeuge 2Ötll)elm fcon Sifteur bie 3a^
Silier berer, welche ttom «£)er§oge ©olb empfingen, auf 50,000 9D?ann; an
einem anbern Orte fprtc£)t 4) er »on 60,000 ©treitern. 3d> glaube, biefe
3al)len wiberfprea^en ftcf? nic^t, ba oiele or)ne ©olb ober auf eigene Soften
bienten. Stucb Drbertd) maü$ für)rt 6) bie 3af)l 50,000 an, befd)ranft fte
aber auf bie Leiter, benen er eine ungemeffene 9Jcaffe fcon gufoolf beifügt.
il)aö Hingt wie eine Uebertretbung : 60,000 tyflann mag bte Lüftung
SQötIt)eIm0 immerhin betragen r)aben, benn fein ©egner ^aralb r)at alle
Gräfte (SnglanbS angeftrengt unb t>ermoa)te bod) md)t §u ftegen. 3)ett
Äern beg normanntfeben ^eereö bilbete fcfywere get)arntfcf)te Vetteret, neben
tr)r werben ©cfyleuberer unb 23ogenfd)üj$en ju guß erwähnt,6) eine SÖaffen*
gattung, welche bamafö noa) ntcr)t fyäuftg gewefen ju fein febeint.
Slußer ber Sanbmadjt war eine große glotte nötfyig, um ba$ gefammelte
£eer nact) ßnglanb hinüber ju tragen. Ueber biefen Sfyeit ber Lüftung
befreit wir ein in feiner Slrt einziges 3)enfmal, einen gewtrftett, 210 ©ebuf)
langen Schieb, ben fyö'djft wa^rfdjetnlta) ein SBtfcfyof ober baö ©apiUl £ou
53aieur unb §war balb nad) ber Eroberung unb bura) engltfcbe ©tiefer §ur
l) Flores histor. (5. 634 untere mtk. Satttie <S. 99 unten, ©ud^eöne @. 286, d.
494, a. SBouquet XI, 162, b. r) Eouquet XIII, 227. 3) 2)uc^eöne f. 197, b.
*) Ibid. ©. 199 unten. 5) JDaf. @. 500, b. 6) Flores histor. @. 634 SKttte.
366
^a&fi ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
geier be£ <Sieg3 anfertigen ließ. ') -iftod) heute wirb baS «ftunftwerf in ber
Domfircbe tton 33aieur aufbewahrt unb jährlich einmal öffentlich au6geftellt.
Die Silber beginnen mit ber Steife ^aralbö nach ber ^ormanbie im 3ar)re
1064. 93ian fleht, wie er som Könige (Sbwarb Urlaub unb Aufträge
empfängt, tton feinem ©ute 33o6ham au6 über baS 9)?eer mit bret größeren
Sdbtffen hinüberfährt, auf bie Mfte tton *pontr)teu fcerfchlagen, in ©efangen*
febaft gerätb.
Die (Scene änbert ftd); ©efanbte be$ Normannen 2öilf)elm, ber fcon
^aralbö Unfälle benachrichtigt ift, löfen ihn au$ unb holen ihn ab. TOt
galfen unb 3agbl)unben h^lt er feinen @in§ug in 9touen, begleitet bann
ben £er§og auf bem gelange gegen ben 23retagner ßonan. 9lacb er*
ftrittenem (Siege erfreuen beibe $u SBateur, wo §aralb auf ben Reliquien-
faften ben @ib ablegt, baß er bem 9?ormannenher$oge bie Mxenc (SnglanbS
tterfdjaffen werbe, ^aralb fehrt nach ber ^eimatr) surüct $ömg (Sbwarb
ftirbt, feine Seiche wirb in ber neuen Seftminfterabtei begraben. Die
©roßen beö Meiches verleihen bie ^rone, bie eigentlich bem Normannen
gebührt, an ben fcerräthertfehen §aralb, ber ben £r)ron befteigt. ftm
Gimmel fteigt ber hontet auf, welchen 9J?enfcbengruppen, Unheil ahnenb, an*
ftaunen. (Sin engltfd)c6 (Schiff eilt nach granfreich hinüber unb jeigt bem
9?ormamtenher$oge an, wa$ gefchehen.
Sßilhelm gibt 33efel)l, eine glotte au6§urüften. Wlan erbltcft Arbeiter,
welche 53äume fällen, anbere, welche (Schiffe simmern. Diefelben werben
bann an £auen auö ben Werften in3 5D?cer gebogen, mit Lebensmitteln,
3Baffen, 2Beinfäffern belaben. Die glotte ift in (See. Mehrere größere
gahrjeuge, auf benen meift Leiter unb Stoffe etngefchtfft ftnb, fommen §um
5Sorfchein. Da6 näcbfte SBilb jeigt bie Sanbung auf (SnglanbS (Sübtufte.
ffian bringt bie ^ferbe an6 Ufer, wäl§t bann bie (Schiffe felbft auf ben
Stranb. Die Leiter febwingen ftch in ben (Sattel unb eilen nach £aftmg6.
'Dort h&ft ber §erjog mit feinen ©etreuen ein -äflahl. £>cbfen unb (Scbafe
werben gefchlachtet, Äöcbe bereiten (Steifen, anbere Diener beefen bie Safel.
Der §erjog ft£t mit ben ©roßen be$ §eere3 ju Stfche, 93ifchof £>bo son
55aieur, 2£ilr)elm3 ^albbruber, fegnet bie aufgetragenen (Schüffein.
(Sin 23ote fommt, welcher melbet, baß üönig £aralb mit feinen Dingel*
fachfen heranrüde. Die Normannen fteigen §u $oß unb stehen ttor ^aftingS
hinauf. £cr§og 2Mf)clm fyalt eine 5lnrebe an baö «!peer. Die (Sd)lad)t
beginnt. 9formanmfche Leiter, gan$ mit (Schuppenpanjem bebeeft unb mit
wenigen 23ogenfchü£en untermifcht, fprengen gegen 5lngelfad)fcn an, bie
') ZfymV) I, 360 : pieces justificat. ptv. 3. Slb&Ubungen in bev academie des in-
scriptions tom. IX, 535 f{g. unb XII, 369 flg. ©eggletcfjen im erften unb jtoeiten 93anb
»on Sftontfaucon, monumens de la raonarchie frangaise.
93ierte3 93u$. (Scty. 19. SBifljelm ber (SxoUxtt fegelt nad) dnglanb u. erwirbt bie .ftrone. 367
gleichfalls gepanjert unb mit ffjren (Scbilben bie Körper becfenb, &u guße
fedjtett. 3)er «ftampf nxnbct ftcf> §um 9cacf)tr)eile ber Slngelfaftfen. Seofwin
unb ©urtl), beS ßonigö $aralb 23rübcr, faden, §ule$t vottb aucb ber Ätfolg
erfcblagen. Die übrigen @nglänber fliegen.
5luf bem ganzen Sepipfdje ift fein <Scbiff bargcftellt, baö ein ^Berbeef
t>ätte. (So öfel icb au8 ber ror)cn 3ci*»lin9 abnehmen fann, gleichen bie
abgebildeten an ©röße unb ^Bauart ben mittleren gtußfd^'ffcn, rocldv: auf
bem Berlar , bem 5)?atit unb ber oberen ü>ouau SBaaren »erführen. 3n
ber €d)iffbaufunft muffen bie Normannen ber (Seine vr»ett hinter ifyren n&c*
bifcben ©tamtngettoffett juritcf geblieben fein, voelcbe, ttrie td) an einem anbern
Drte gezeigt habe,1) £)rlogfd)iffe in großem 5D?af flabe, mit 23erbecfen unb
Stelen ^uberbänfen frerfetyen, ju jimmern »erftanben. 2)te gefd)rtebenen
Duellen ftimmeu mit ben (Srgcbniffen be3 £)enfmal$ fcon 33aieur übereilt.
Saut tf)rem ßcugniffc umfaßte SSWljelmö glotte eine große 93?affe son gar)r*
jeugen, woraus erhellt, baß bie einzelnen feine bebeutenbc £ragftfr)tgfeit
gehabt haben föunen. 3)od) ftnb bie Angaben tterfdueben, fte fcbroanfen
jroifcben 696 unb 3000 griffen.2) £ßace, ber ^etmcbronift, ber ftcb auf
bie 2lu$fage feinet SSaterS beruft, voelchcr 2lugen§euge genxfen, gibt unter
allen bie nieberfte 3iffef/ nämlich 696, 2Öi(r)elm oon Sumiegeö bagegen,
3eitgenoffe ber Eroberung, behauptet,3) ber §er§og f)abe im ©an§en, alles
gerechnet, eine glotte oon gegen 3000 (Schiffen jufammen gebracht.
■älteiueS (§rad)ten0 fyit fott)ot)l Sßace, alö ber Wönfy tton 3umfege3,
gehörig tterftanbcn, Stecht. 2)ie ÜJcormannenchronif, roelcbe eine profaifcbc
Umfcbreibung ber gereimten Arbeit beS 2ßacc ift, braucht4) bie 2£enbung:
„ber §er§og hatte 896 große (Schiffe, ungerechnet bie Heineren unb Heinften."
3e nacbbem man nur bie größten gahrjeuge in Betracht jog, ober ben
großen mittlere bet§äl)lte, ober enbltd), ben 9J?unb voll nerjtnenb, groß unb
Hein $ufammenred)nete, famen 696—896 ober 3000 heraus. 3)a£ 3)enfmal
tton 53ateur fteht r)iemtt im (Sinftang, fofern e£ mehrfach neben eigentlichen
Kriegs* ober Saftfdjiffen Heine 23oote abbtlbet. 2)ie UmrooI;ncr ber nor*
mannifcben (Seelüfte befaßen ftcberlta} siele Rimbert gifchernacben, roelcbe
2Bilf)elm mit nacr) (£nglanb genommen haben mag. 3$ pnbe fo gebeutet
bie ©efammt^iffer son 3000 nicht übertrieben.
Sßor ben übrigen (Stäuben §etcr)nete ftcr) ber normanntfd)e ßleruS burd)
SBercitroitligfeit §ur ScbiffSrüftung aus. 33ifcbof £>bo tton 93ateur, Sßü*
l)clm$ £albbruber, ftellte5) 40, ber oon Sftanö 30 Scbiffe mit ber nötigen
9Jtaunfa)aft, unb „in gleichem $erl)ältmffe, fügt ber ©f)ronift bet,5J ftrengten
ftcb Rubere an.'' 2)a6 S3etfpiel eines ^öna)6 oon gefamp roirb erroöfwt,6)
33anb II, 605 flg.. 2) 3)ie S3etoetfc jufammcngefieat bei So^enBerg I, 542.
S^ote 2. 3) Suc^eöne ©. 286, c. 4) SSouquet XUI, 227, d. 6) Ibid. <S. 226, c.
6) JDie SBetoctfe Bei Sutern) I, 244. 9^otc 4.
368
$afcfi ©regonuö VH. unb fein Btitalttx.
ber für ein größeres ©cbiff mit 20 bewaffneten, baS er lieferte, bie 3u*
ftdjenmg, eines SBiStfmmS in (Englanb erhielt. 3ch frage: roürbe bie nor*
manmfic ©eiftfidjfett folche Opfer gebracht haben, märe nicht baS Unter*
nehmen beS ^erjogS burrf) *ßetrl ©tuf)l feterlidt) gebtlltgt roorben?
2US erften ©ammelpla$ t>atte 2£ilf)clm feiner glotte bie TO'tnbung ber
Dtoe angeliefert1) bie öftltdt) »Ott (Saen ftdj ins SDtfeer ergießt. £ier lag
fte einen SJttonat buref) roibrige 2Btnbe aufgehalten, bann führte fte 2htS*
gange Sluguft ein günfttger SBejl nach ©t SSalerty an ber ©ommemünbung,
auf bem ©ebtet t>on $ont^teu.2) 2Bä"r)renb ber Ueberfafyrt, ober nachher
fa)eiterten bureb einen ©türm mehrere ©chtffe. S)iefeS Unglücf,
bunben mit fjartnäcfiger 2Binbftille, welche abermal faft einen 9J?onat an*
hielt, entmutigte einen großen Xtyil ber 9J?annfcbaft. 2)ie ©olbaten
murrten3) innren 3eften, bie fte am ©tranbe aufgefangen Ratten, 9J?and)e
riffen aus. £äuftg faft man ben ^erjog nach ber bem fyeiltgen Valeria)
geroibmeten Kirche beS DrtS ger)en unb bort emftg beten. 2)ie ^otbroen*
bigfeit, 50,000 9)?ann §u ernähren, brüefte ir)n fa^roer. 3ule&t orbnete
er einen Umjug beS ganzen ,£eereS nach ber $trcr?e an, ©olbaten unb
Anführer brauten bem ^eiligen Opfer bar. 2)ocb ber ^tmmel blieb fort*
roethrenb bebeeft, ber biegen fiel in ©trömen nieber. £>r)ne baß ber «£>cr*
50g eS ar)nete, roar bie 2ömbftille, bie er für ein Unglücf tjtelt, günftig
für ityi. Ü)enn roäfyrenb beffen löste $öntg §aralb, im SBafme, baß ber
Normanne gar ntcr/t mer)r fommen mürbe, fein Sanbbeer, baS längs ber
©übfüfte GhtglattbS lagerte, auf, f ehrte mit ber glotte nacb Sonbon jurücf,
unb rücfte balb barauf nach bem Horben, um bem norroegifeben Könige bie
©pijje $u bieten, ber in 9?ortbumbrten gelanbet f>atte.
(Snbltcr), gegen SluSgang ©eptember 1066, eines StbenbS l)e^erten ftä
bie ßüfte auf, unb ein frtfcr>er ©eeroinb begann ju btafen. SHSbalb gab
ber £erjog 53efet>l §ur (Sinfcbiffung, ber mit folgern (Eifer fcotljogen roarb,
baß Manche einen ir)rer §abe am ©tranbe $urücf ließen.*) 3Sor
Tagesanbruch rourben bie 5lnfer gelichtet, bie Trompeten febmetterten, unb
eine große Saterne, roelcbe ber §erjog über bem ^auptmaft feines ©cbiffeS
aufgepflanzt fyattz, geigte ben anbern bie Dichtung an. Die glotte fut;r
hinaus in bie offene ©ee, soran baS fyeraogHcfce glaggenfa)iff, baS außer
ihm baS Banner beö h- tytütö trug. @S roar ein fcbneller ©egler unb
eilte ben übrigen roett ooran, am fetten Tag in ber grühe befanb eS ftch
allein. 2)er ^>er§og f Riefte einen -üftatrofen auf ben Sftafiforb hinauf, um
nach ben übrigen ©chiffen umjufchauen. 2)erfelbe rief: „ich fer)e nichts als
') 2)ucr)egne @. 500, a. unb 197, b. 2) Ibid. 198, b. unb 286, c. 3) (Samte
©. 100. 4) £>ucr)e£ne ©. 198 flg. unb bie öon £|tetrty (bistoire de la conquete de
l'Angleterre. Paris 1846. I, 248 flg.) angeführten (Steden beö neuaufgefunbenen nor*
mannif^en (Dic^terö.
Sßiertee 93nd). (Sa^». 19. äDilljelm ber Eroberer fegelt nad) (Sngtanb u. ertuirbt bie Jh'one. 359
2[ßaffer unb Stift." Ü)a bie Küfte tton (Snglanb nid)t mcfyr ferne fem fonnte,
t>errtett) bie 5D?annfcr)aft 3etaVn oon Unrube. S)er <£>erjog gebot ein 9D?at)l
$u ruften, unb Heß retdjltd) geroürjten Sein oertfyetlen. f^acr) bem (Sffen
fdu'cffe er ben ?(J?atrcfen abermal r)tnanf: ,,td) geroafyre t>ter (Segel'1, fdbrte
er, imb balb: „ein ganzer Salb »ort SftajMumen fdjrotmmt heran".
Ü)ie normanm'fdje glotte (anbete ben 29. September, am gefte beS r)et*
Itgen 9)?iawl, tf)etl3 bei ^eoenfety, tf)etl3 bei ,§afting6 auf ber jlüfte oon
(Suffer. (Sine alte, rote e£ fd)emt, oerbürgte Sage mefbet,1) baß §erjog
2Btlf)elm beim SluSftetgen ftraudjelte unb auf bte (Erbe fiel, aber ben (Einbruch
böfer $orbebeutung abroenbenb, fa^nell befonnen in bte S&orte auSbrad):
baS Sanb tft mein, tdj fyabe e$ mit ben §änben gefaßt. 3)aö £eer oer*
fd)anjte ftd) bei ^aftingö unb oerroüftete oon bem befefttgten Säger aus
bte Umgegenb in folcfyer 2Betfe> baß man nodj nad) sroanjig Sauren Spuren2)
faf). 2)a für 60,000 Köpfe Sebenömtttel r)ergefd>afft roerben mußten,
rennten foldje Scenen faum oermteben roerben. lI)er Normanne Robert,
Sol)n ber 2ßtmara, ein im fübltajen (Snglanb retd) begüterter ©beimann,
feilte3) bem «£>er§oge bte erfte 9?aamd)t oon bem großen Stege mit, ben
König £aralb über feinen trüber Softtg unb bte Norweger erftritten r)atte,
unb roarnte irm oor beffen Uebermad)t.
23alb rütfte ber 2lngelfacbfe felbft heran. 5ßor feinem (Eintreffen rourben
jrotftfen beiben Häuptern @efanbtfd)aften geroechfelt, bie §u niajtS führten.
2lbenbS ben 13. Dctober erfaßten £aralb im 2lngeftd)t beS normannifeben
^eereö t>oü SSutr) unb in ber Hoffnung, Die ©egner überfallen §u tonnen.
Slber bie gute 2Bad?e, roeldje 3Btlr)eIm burd) auSgefenbete ^etterpoften hielt,
oerettelte feinen $lan. ^tebt bie ganje 9ftad)t (EnglanbS befanb ftet) um
irm: feine Sa^roäger, bte (Sarle (Eabrotn unb Dorlar, Ratten tr)m ifyre §ülfe
oerfagt, tnbem fte in 9?ortf)umbrten jurücf blieben.4) 2)tefe Xfyat an ftd),
rote baS, roaS SBetbe fpäter unternahmen, beroetSt, baß fte auf Herrath
fannen. Sie trennten tr)re Sadje oon ber beö Königs, um, je nacr)bem
baS KrtegSlooS falle, ihren Uebertrttt m bem ©inen ober bem 5lnbern um
roid)ttge ßugeftänbniffe §u »erlaufen. 5lud) £aralbS Sc^roefter, bie oerrottt*
roete Königin (Eabgtth, bie, roie roir rotffen, für heftig $artr)et ergriffen
hatte, fpamt Ofänfe gegen ben 33ruber.5) dagegen folgte bem angelfäd)ftfa)en
Röntge eine Sd^aar !Dänen, roelcbe oon Sroen (Eftribfon auf £aralbS
bitten §u £üfe gefd)icn roorben roaren. 6) Allein als fte baS Sager ber 9for*
mannen erbltcften, erftärte tl)r 2lnfür)rer, baß er oon feinem Kriegsherrn
33efel)l erhalten l)abe, nidjt gegen £er§og SBil^elm ju festen. (Entfernt
4) Roman de Rou unb @a»tle @. 100. 2) Sa^^cnBerg II, 549. Dlotc 2.
8) JDuc^cöne ©. 199, c. d. 4) Flores histor. ©. 654 gegen unten. Roman de Rou
®. 12877. 6) 2)nd)eöne ©. 199, b. 6) 5)uc^eöne & 201, d.
® fror er, $cifcfi ©regoriu« vii. 33b. IH. 24
370
*pabft ©regoriuS VII. unb fein 3ettolter.
von ben 2lngelfarf)fen, belogen fte eine Stellung, unb nahmen feinen
an bem treffen von £afting3. 3$ §iel>e hieraus ben SaMug, baß ©wen
fte abgefenbet ha*> nid)t um bem 9lngelfad)fen betjuftefjen, fonbern um feine
Verlegenheiten ausbeuten unb im Grüben ju fifd)en. (Sine (geblaßt war
am folgenben Sage unvermeibltcb.
2Bäf)renb ber yiatyt ftärften ftdf) bie 5lngelfaa)fen mit ©peife unb Sranf,
jubelten, lärmten, Hegen bie 23ea)er freifen.1) ©amftagS ben 14. £)ctober
1066 in ber grülje [teilte jtöntg £aralb fein $olf fo auf, baß eö eine
$ette von Mügeln einnahm. 2)en $ern beffelben bilbeten gnßgänger:
©a)aar fchloß fta) an ©cbaar in bieten Leihen, mit ber linfen §anb bureb
ben vorgehaltenen ©du'lb bie S3ruft bebeefenb, in ber $ea)ten bie ©treitart
ober bie £an$e. 5lnber$ braute 993ilhelm6 ^eer bie ^ac^t ju. ©olbaten
unb Anführer beteten, beitreten, empfingen baS ©aframent beS 5lltar$.
9kch (Sonnenaufgang orbnete ber £er§og feine £eute in bret 2(ngrtffefaulen :
bie erfte war §ufammengefe|t auö Okarben, SBoulognern unb ben fremben
©ölbnern, au6 33ogenfchüf$en, ©d)leuberern unb Weitem, ben 33efel)l über
fte führten Dloger von Sftontgomerv unb 9BtIt)c(m £>6bern£fon; bie §weüe
beftanb aus ben -^annfebaften^ von ber ^Bretagne, von 9J?aine unb ^oüou,
geführt von bem Sßretagner Kilian gergant unb bem 33ijt()um kirnen;. 2ln
bie ©pi|$e ber brüten, welche bie 23lütf)e ber normannifa^en Leiter begriff,
[teilte SBilhelm fta) felb[t. 3)er britten 2lbtheilung war baS 23anner be6
f). $eter $ugethetft, weites Souftain ber SKktftfopf mit einer auSerlefenen
©a)aar bewachte.
2)ie erfte ©äule bewegte fta) bie £ügel ^tnatt. 2)a$ ©cblacf)tgefchrei
erfcholl: Dex ai'e auf biefer, t)ad\§ $obe, mael)ttg @ob auf jener ©eüe.
Ü)en Normannen voran ritt ein SEtfann, Saillefet genannt, berühmt alö
©olbat, Sßaffenfcbmib unb ©änger, baö Sieb von (£arl bem ©rofkn unb
bem gelben ^olanb anftimmenb. 0 3m leiten warf er ©djwerter in bie
Suft, bie er lieber in ben Rauben auffing, aber ben 2lngclfacbfen näfjer
gefommen, fa)leuberte er etneö wiber biefelben. (£$ traf: tö'btlia) verwunbet
ftür§te ein englifdjer gafmenträger nieber. geften gufkö empfingen bie eng*
lifdjen Leihen ben geinb, leifteten mörberifa}en 2Biberftanb, unb trieben bie
Normannen ben §ügel hinunter. ®(etcf)eö ©chtcffal J>atte bie ^voette Stnte.
Sludj bie brüte 2lbthettung, von 2ßilhelm felbft geleitet, fonnte nia)t6 au$*
rieten. 5llle brei würben in Unorbnung jurücfgefa^lagen. 2)ae angel*
fäa)ftfa)e gufvolf" ftanb, wie eö tyutz nod) ftel>t, hartföpfig, unerfchüttcrltcb.
$)ie ©chladjt faxten für bie Normannen verloren; 2MI)elm felbft war eine
3eitlang verfchwunben, unb baS ©erüd}t ging, baß er erfragen fei. (Sin
*) Roman de Rou. *8et £fyiem) I, 314 flg.
I, 551 flg. Sfjievd? I, 266 flg.
*) £)te 93dege fcei Calenberg
Viertes Q3ud&. (5a^.l9. SBil^elm ber (Eroberer fegeltno^ (Snglanb u. ertoirbt bieÄrone. 371
,§aufe Slngelfacbfen Ijatte irm umringt, ©raf (SuftaauuS von SBoulogne l)teb
tl)n mit ben ©einigen tjerauö. 9J?it abgenommenem Seltne ftür$te fid) ber
^erjog unter bie glier)enben hinein unb ftellte bie Orbnung lieber r)er.
Unentfdjieben fdjwanfte ber $amvf. 2116 fd)on bie ©onne ftcf) $um
Untergang neigte, erfannte 2£tlfyelm, baß e$ unmöglid) fei, bie angel>
fäd)ftfd)e (Stellung ju erftürmen, unb verfud)te nun Sift. (§r orbnete einen
verteilten Dfütfjug an. $)a$ bittet wirfte: bie 2lngelfad)fen jogen von ben
Mügeln in ba£ 23lad>felb herunter unb eilten hinter ben Normannen l)er,
von benen fte wär)nten, baß fte ben Äamvf aufgeben, *ßlöj$ltd) wanbte bie
heiteret 2Btll)elm6 um unb bracf) in bie gelederten 9^etr)en ein, biefelben
würben bura)brod?en unb nun begann ba$ entfeijliche Horben, von bem ber
^erefelber (£f)ronift in ber oben angeführten ©teile fpridjt.
$bmg £aralb, feine betben SBrüber ©urtr) unb £eofwtn unb mehrere
taufenb Slngelfacbfen fielen. 9i"ad> gewonnener ©a)laa)t lief 2BtIr)elm ba$
33anner be3 f). $eter an ber ©teile aufbansen, wo in ber grüt)e bie £eib*
fafyne ^aralbö gewebt t)atte. (jemals hieß ber £>rt, wo bie ©djladjt
vorfiel, bie man gewöhnlich nad) £afttng$ bezeichnet, ©enlaf, berfelbe liegt
norftweftltd) von §aftmg6. (Sine reid) begabte 5lbtet, la Bataigle, ober
engltfcf) Battie Abbey genannt, würbe bort ftoäter von SQBtlhelm gegrünbet,
um ot)ne Aufhören Meßopfer für ba6 ©eelenhetl ber gefallenen Normannen
barjubringen. 3)er Hochaltar bezeichnete bie ©teile, roo erft £aralb$ gal)ne,
bann ba3 römifa^e 23anner ftanb, in ber Kirche legte 2BUt)elm bie $erga*
mentrollen nieber, welche bie im £ager von ©t. QSaler^ aufgenommenen
tarnen ber anfel)nltd)ften 3Safallen enthielten, bie ben (gröberer nad) (&ng*
lanb begleitet r)aben. *) 2Bäf)renb ber 9?aa)t vom ©amftag auf ben ©onn*
tag verfolgte ein Sheil ber Normannen ben fUet)enben getnb btö §u 2ln*
bruch be6 fotgenben Borgens. 9?ocb viele, unb §war auf betben ©eiten —
famen in ben näcbtltcben ©efecbten um. 2ßilf)elm von SumiegeS fd)ä^t2)
ben 2krluft beiber £eere im ©an§en auf bie ©umme von 15,000 9)knn.
2tm Sage nach ber ©cbfactjt fef)rte3) Wilhelm in fein früheres ©tanb*
lager bei $afting$ §urüd, unb verteilte bort einige Sage, erroartenb, baß
®efanbtfd)aften ber befiegten Slngelfachfen eintreffen unb bie Unterwerfung
be$ $olf$ anbieten würben. 5tber Sfttemanb erfaßten, im ®egentr)eil ver*
nar)m ber ^erjog, baß bie @inwol)ner von $omner;, einer fleinen an ber
$üfte gelegenen ©tabt, normanntfd)e ©cbiffe, welche bort eine SSerftärfung
frtfct) geworbener ©olbaten lanben wollten, angegriffen unb mit SSerluft
§urütfgetrteben Ratten, (£r brach be^t^alb von '^afttngS nach SRomner; auf
unb §ücbtigte bie Sßürgerfcbaft,4) bann rürfte er vor £)over, bie SBurg ber
*) £>te Belege bei «a^enBerg I, 551 flg. Sfjterri) I, 266 flg. 2) 2)u#eöne
©. 287, c. 3) Flores histor. ©. 634 gegen unten unb 3ufäfce jur @ac^fen(^ron<f Bei
Styerr^ II, 2. 4) $u$egne @. 204, c. d.
24*
372
$a&ft ©regottuö VII. unb fein Settattev.
©obrotntben, roeldje für uneinnehmbar galt. Obgleich viele glüchtlinge ftcty
bort gefammelt Ratten, fdu'cften bie (£mroor;ner , an ber Sttöglicbfeit erfolg/
reichen SßtberftanbS verjvoetfelnb, bem £er$oge ©efanbte entgegen, um roegen
Ucbergabe ju vertragen.
Allein rofttyrenb ber Unterr)anbtungen jünbete ein Ztyil beö norman*
nifcr)en $eere3, ber bura^auö vlünbem sollte, Käufer an, bte unter ber
23urg tagen. £)a$ geuer ttyeilte ftcf) ber inneren ©labt mit, unb in ber
größten 93errotrrung roarb btefelbe übergeben. 3)er «£>er§og [teilte fo fcbnetl
als möglich bie Drbnung f)er, verfüract) @a)abenerfa| für bte verbrannten
©ebftube, aber bte Uebelthäter tonnte er nicht §ur Strafe $ter)en. „3)enn e£
voaren tt)rci fagt1) ber 5lrchibiafon von £tfteux, „31t viele, aucb endogen
fte ftdj ber Unterfucrjung burct; ir)re niebrige Stellung im ,§eere." 3)er
Solb ift, rote c$ fchetnt, nicht regelmäßig au$be§al)lt roorben, barum mußte
ber «§>er§og bie ßügelloftgfett ber fremben 93itetl)linge, funter benen bte @ier
einzelner Anführer fiel) oerbarg, gebulbig hinnehmen.
(Sine 2Bocf>e vcrroetlte 3ßitl)elm in Dover, befcfyäftigt, bie Serie ber
Söurg §u verftärfen. Die 9M)r roar im ferne ausgebrochen, ber ^erjog
braute bte Äranfen in ber ©tabt unter, voarf eine Innretchenbe 23efa£ung
in ba$ Schloß, unb fd)tcfte fta) bann an, roetter in $ent vorzubringen,
namentlich bte Metropole ßanterbur». §u nehmen. (16 beburfte jeboch feiner
©eroalt. Die (Stnroohner fcfjicften ifjm ©efanbte entgegen unb boten ihre
Unterwerfung mit ber 35ttte an, baß 28tlljelm bte tjerförnmlta^en grett)etten
beftätige. Ü)er Eroberer verfvrad) lauter Siebet unb ©ttteS,2) roarb aber
um jene 3«tt felbft von ber $ranfl)eit, bte im §eere r)ervfcf)te , ergriffen,
unb lag einige Sät fchroer barnteber. 2)ocb ftörte biefer Unfall ben gort*
gang be$ begonnenen 28erf3 nicht , im ©egentheil zerrann eben bamalö ein
fester 93erfucf) in Vichts, ben bte Slngelfachfen gemacht fjatten, um ihre
Unabhängigkeit §u retten. 2Bir müffen unS nach ber ^auvtftabt roenben.
„Sonbon", fagt3) berSlrchibtafon von Stfteur, „beft$t eine zahlreiche, ftreit*
bare, roor)l eingeübte $3ürgerfcf)aft, roelche bte Stabt leiebt vertheibtgen fann.
3u btefen einl)etmtfcben Mitteln beS 2Btberftanb3 fam nodb eine 9Jcenge
frember Strettfräfte ; benn nach ber unglücklichen Schlacht von Senlac
ftrömten Saufenbe paariger Solbaten in Sonbon jufammen, fo baß bte
Stabt, fo groß unb au3geber)nt fte auch ift, faum i()re 3«bl ju f äffen ver*
mochte". 5luch bte ^äuvter ber geiftltc^en unb weltlichen Slrtftofratie Ratten
fidt) bort eingefunben, vor allen SCtforfar unb ($abrotn, bie (§arle be$ 9?or*
benö, bte, nachbem fte burct) tt>r verrätherifcbeS Ausbleiben niebt roenig zum
SBertufte ber (Bfyladjt beigetragen f)atten, auf bte S^ac^rtc^t vom $obe
l) 5)ud&cönc @. 204, c. d.
ctyegne @. 205, b.
ä) JDie Belege Bei Styenty a. a. O. II, 3.
9) Du*
93ierte3 93ud). 6a)?. 19. 2Büf)e(m bei Gho&evev fegelt nad) (Jnglanb u. erwirbt bte Jerone- 373-
,$aralb3 herbei eilten, um au$ ber Verwirrung be6 gartbeS perfönticben 9?u$en
ju sieben, bann bie Metropoliten Stigaub von (Santerbun?, SUbreb oon g)orf,
33ifcbof SBulffian oon SÖorceftcr unb Diele anbere Cßrälateti unb £aienfür*
ften, @arle unb ©rafen. *)
23erathungcn würben gepflogen. Sebermanu far; ein, baß, um
ferneren 2£tberftanb leiften $u fönnen, al6 erfte SBorbebingung bie 2Öar)(
eftteö neuen »JpaupteS nötr)ig fei. £aralb rjatte jwar jltnber aus erfter
(Sfye frtttieriafjfn, aber biefelben waren unmünbig, au* fcheint ftcb bie
öffentliche Meinung feit ben legten (Schlägen oon £aralb unb feinem
©efcblecbte abgewenbet ju r)aben. 2>iefe Stimmung benü^enb, brängten
ftch bie trüber ©abwin unb Morfar vor, tnbem fte $artf)et warben
unb barauf tyn arbeiteten, baß einer von irrten auf ben $r)ron er*
fyoben werbe. Sie fielen burcb. 2Bie verächtlich wäre e3 auch gewefen,
wenn bie 5lngelfacbfen bie fjöcbfte ©ewalt in bie §änbe £)erer meberlegten,
welche burcb ben an £aralt> oerübten Treubruch ba3 £anb inS Verberben
geftürjt hatten. 2)ie anwefenben Prälaten, bie meiften Saienfürftett, bie
23ürgerfcbaft oon Sonbon, unb in6befonbere bte Seeleute ober SButfefarle
ber £auptftabt vereinigten ftch, ben (Eltto 2) ßabgar, Sor)n (StwarbS EL unb
(Snfel (SbmunbS (Eifenfette, alö ben wahren (Srben beö Reichs, §um Könige
aufrufen. 3Ui3^e^ rourbe ber 23efchluß gefaßt, baß alle vorfyanbenen
Streitfrage aufgeboten unb bem geinbe entgegengeführt werben follten.
Riebet rechnete, wie e3 fcheint, ber neue jlöntg Hauptfach lieh auf ba$
uorthumbrifche £eer ber trüber Morfar unb Grabwin, benn baffelbe war
allein noch ungebrochen unb ftanb überließ in ber 9?äf)e, ba bie (Sarle e$
bei bem 3*9 nach Bonbon mit ftcb gebracht Ratten.
SlUetn währenb ftch bie anbern Vafallen jum Kampfe rüfteten, jogen
fftotfar unb (Sabwin eineö £ag£ mit allen itjren beuten nach bem Horben
ab, ba£ 9t>ich, bie ^auptftabt, ben vftönig (Sabgar, ftcb felber überlaffenb.
3hre (Schwefter, bie Königin Sllgithe, ^aralbö nachgelaffene Sötttwe, Ratten
fte fefcon vorher nach (Sbefter vorauSgefcbicft. Dt)nt 3weife( follte bieß bie
Dtacbe bafür fem, baß bie 2£ah)l nicht auf fte fiel. Nebenbei hofften bte
Marren, laut ber Verftcberung 3) besä SftöndjS oon MalmeSburt) , baß ber
Normanne Wilhelm nie nach ^ortfntmbrten oorbringen, fonbern tfynen
ben ruhigen 23eft$ biefer ^ßrooinj überlaffen werbe. £)er neue Herrath)
war arger al3 alle früheren, unb ein le£ter 23eweiö geliefert, baß bie angele
fächftfehe 2lrtftofratie unoerb efferlich unb jur Ausrottung reif fei. Schon
ftanb oor 2onbon3 £f)oren eine (Schaar oon 300 normannifchen Leitern,
bie burch §erjog 2Btll)elm vorauSgefenbet4) tägliche ©efeebte gegen bte
l) Ibid. sergl. mit Flores bistor. ©. 634 unb (Safcile 102 gegen unten. 2) Ueber
ben Site! ftefje oben @. 83. 3) @a»ile @. 102. 4) £>uc$eene @. 205, b.
374
^abfi ®regoriu$ VII. unb fein Bettalter.
Bürgerfa)aft lieferten, bie 3uful)ren abfcfmitteu, burct; 9D?orb unb Branb bte
Borftäbte ängftigten. «Seit bem Slbjuge ber (Sarle bed Horbens , backte
9ttemant> met)r an bad ©ememwofjf. 3eber forgte für ftct), aud) bte Bür*
gerfcbaft ließ ftct) in ilnterfyanblungen mit bem 9?ormamtenl)er$oge ein.
3n ber Stabt weilte1) ein alter (Sbelmann, Sindgar, ber ju ben 3et*
ten bed itöuigd Abwarb ba$ wichtige 9lmt eined föniglicben Stallare be*
fleibet l)atte, nnb unter Qmbgar lieber biefelbe Stellung einnahm. Slnögar
war burd) SSunben, bte er in früheren Kriegen empfing, lafym an ben Bei*
nen geworben, unb würbe beßf)alb in einer Sänfte t>on einem Drte junt
anbern gebracht. 2luf ben Stabtratf) »on £onbon übte er vermöge feiner
Sürbe, tnelleicl)t aucf) wegen fetned gefa^meibigen (St)arafterd Überwiegenben
(Einfluß. 2ln ifyx l)atte ftd) r)eimlicr) <£>er§og 2ötl()elm gewenbet,1) inbem
er tfym bte größten Belohnungen in Sludfta^t [teilte, wenn SlnSgar bte Bür*
gerfcbaft §u freiwilliger Unterwerfung vermöge. 2>er alte gucr)0 verbarg
feine innerften ©ebanfen, bocfy tft wafyrfdjemltcty, baß er Suft r)atte, auf bie
Anträge einzugehen, immerhin wollte er bie Berantwortlid}feit einer Unter*
fyanblung mit bem geinbe oon fta) ab unb auf Slnbere wäljen. 3U btefem
3wecfe serfammelte er bie (Stbertneu2) %m Bonbon, [teilte benfelben bte be--
brftngte Sage ber Stabt ttor, unb rtetl), einen fcfyfauen SDtomi an ben 9?or*
mannenf)er§og §u fenben, ber ©rü£e genug im ßopfe f)abe, um ben Baftarb
mit Besprechungen l)tn§ul)alten, bte burcf) irgenb ein unerwartete^ ßreig*
ntft $ülfe fomme. 3)ie $ebe gefiel ben Bürgern wof)l, unb fte befcfyloffen,
einen Bevollmächtigten auö ihrer 9Jiitte an ben Normannen ju fcf)icfen.
Selten ober nie bkibnx Berhanblungen großer «ftörperfcbaften üerfchwie*
gen. (Sin ^rälat, ber mel)r ald anbere Urfadje hatte, bie ©nabe bed ($r*
oberer^ ju fudjen, feinen 3orn §u fürchten, weil er unter bem falben
Banne beö $abfteS ftanb, Metropolit Stiganb fcon (Santerburty, fchetnt
28tnb von 3)em, wa£ vorging, empfangen §u haben. (§r eilte ber ©efanbt*
fc^aft be$ Stabtrat^, bereu Erfolg er ttoraudfal), äuoorjufommen, unb ald
er[ter Ueberläufer bte ®ewogenl)eit Sßilbelmö §u tterbienen. 2Bir müffen
und wieber naa) bem Normannen umferjen.
9?aa)bem er itent m feine ©ewalt gebracht Ijatte, bemetfterte er ftcb
fämmtlicher füblia) unb weftlta) t>on ber £auptftabt gelegenen ©raffcbaften,
ber Sl)iren ^ibbelfer, Surrety, £amton, Berf, bis nach £ereforb.3) SÖSarum
ging er nicht auf Sonbon felbft lod, ba er boa), wie bie Unterl)anblung
mit 2ln3gar beweist, bie bort tyerrfccjenbe Verwirrung fannte unb folglicf)
wiffen mußte, baß ein rafa)er Angriff, ein Sturm unfe^lbared ©elingen
4) JDtc 53eivetfe auö bem ©ebic^te 2Btbo'ö bei 2:t;ien^ II, 7 flg. 2) Natu ma-
jores , omni levitate repulsa , aggregat et verbis talibus alloquitur : bie (SIbermen , wie
fpdtev ber ^tabtrat^ ftnb beutlictj 6ef(^riekn. 3) Flores histor. @. 634 unten.
*Biette$93udj. (Sa^. 19. 2ßill)e(m bev (äroberev fegdt nacr; (änglanb u. evtrirbt bie Ävone. 375
verfprecbe? (£r tfyat e$ meines @racbten3 barum nia)t, weil er bte £auvt*
[tabt vor ben räubertfdjen £änben feiner (solbaten retten wollte unb vor?
auSfal;, bafj er fte in ©utem unb unverfet)rt in feine ©ewalt bringen werbe.
2Btli)efra l)atte bte Heine 6tabt 2Ballittgforb tn 23erffr;ire befefct, wo eine
gurtf) über bte Sfyemfe unb jugletdi eine SBriide war.
£ter erfebten (Srjbifcbof @ttganb vor tf)m, Jagte fta) förmttd) von ßabgar
(06, unb fdnvur bem Normannen ben (Etb ber £reue. 2Better 30g 333x1-
fyelm gen Seften in ber Dftcbtung auf bte §auvt[iabt, unb langte §u 33erf*
bamfteab an, ba£ nur noct) einige teilen von Bonbon entfernt tft. Der
flug angelegte $lan reifte ber 2Menbung entgegen. (Scbon vor fetner
Slnfunft tu SÖerff)am[teab muf ber ^evolKmäd)ttgte beS Sonboncr (5tabtratl)3
ju 2Ötlr;elm gefommen fein. Der §erjog gewann ben efyrfamen Bürger,
ber tr)n l)atte tauften wollen, bu;cr> (Schmeicheleien, ©efebenfe, 33erfpre?
cfmngen alfo, baß berfelbc als entfct^loffener 5lnl)änger 2Btlf)elm$ ba£ Sager
verlief , unb, nad) Bonbon §urücfgefet)rt, bte 2llbernten §u ber gleichen 9J?et*
uung befel)rte. 2llle$ war voll vom Sobe ber Sftilbe unb ber guten 9lb*
fta)ten beS Normannen. Der latetnifct)e Dtd)ter fagt:1) „SBolf unb VtaÜ)
befcblof? ben Heilten, finbifccjen Köllig aufzugeben. "
9iad) folgern Vorgänge ber Sonboner ©emetnbe, blieb ben $rälaten
unb ben weltltd>en ©rofjen, bte bi^er §u (iabgar gehalten, ntcbtö meb,r
übrig, alö baS ©letale §u ttjutt. 6elb[t ber junge @d)attenfönig vernichtete
auf bie trotte, bic er nur junt (Steine getragen t)atte. glorcnttuö von
Sorcefter erzählt1): tritt ba$ Säger von 23erff)am[teab famen ber $ftetrovoltte
Sllbreb von §)orf, ber SBtfcbof 2ßulfftan von SBorcefter, ber (Slito (£abgar,
mehrere ber angefer)en[ten Bürger von Sonbott, fammt vielen Qßafallen,
[teilten ©etß ein, fd)wuren bem «£>er$oge ben (£ib ber £reue. 2ötlr)etm fcbloß
hierauf einen Vertrag mit ifynen" (welker ot)ne Steffel fünftigen 9^ea)te
feiner neuen Untertanen furjern follte).
Der (Sbronxft behauptet,2) baß, obgleicb 903tlr)elm bie Sonboner ©ä[te
gnäbig empfing, baS normanntfcfie §eer bennoct) vor ben 5lugen bcrfelben,
je#t wie früher, ba$ umliegenbe Sanb au3$uplünbem, Dörfer anjujünben
fortfuhr. §icr ftnb nur jwet gälle benfbar: entweber bekümmerte ftd) ,£>er*
jog 2Büt)elm, fei e6 auö ©raufamf eit, auö Unver[tanb ober Uebermutr),
gar mcx)tö barum, bte gute Meinung ber angefertigten Scanner be£ angel*
fäd)ftfc§en 3Solfd , bte ftet) tf)m eben unterworfen l)atten, $u gewinnen, ober
befaf er nic^t bte nötige Strafgewalt, um bte Raubgier fetner Solbaten
5U besamen. Die erftcre 2lttnar)tne wirb buret) bte gan$e ©efcritchte $ß\U
l)elmö wtberlegt, nur bte zweite fann ber 2Baf)rr;ett gemäß fein. Sßir
4) tyiexxt) a. a. £). II, 9. 9lok 3 : annuit hoc vulgus, justum probat esse senatus,
et puerum regem coetus uterque negat. 2) Flores histor. <§. 634 unten.
376 ^flfcft ©regoriug VII. unb fein 3eitattev.
werben balb auf nod) beutUdjere SBeroeife beS roaf)ren 93erf)ä(tuiffeS jrotfchen
bem anfchetnenben Kriegsherrn unb bem £eere ftoßen.
Die zu Söerf^amfteab gepflogenen Unterhaltungen Ratten ftd) barum
gebreht, baß bie anroefenben Slngelfachfen bte 93erbtnbltd)feit übernahmen,
Söüfyeun an (gabgarS ©teile auf ben %l)xon §u ergeben.1) £)bgletd) bte
trotte Omglanb baS feiner feurtgften 2Bünfdje unb ber 3wecf beS
,ftriegSzugS von 1066 roar, fanb er & gleicfyroohl geraden, erft ben 9^att)
ber £äutoter beS £eereS §u erbitten. Unb zwar [teilte er ftdr), als ob
er feine Suft in jtdj verftoüre, fcfion jetjt Jlöntg zu roerben. „2)ie StngeU
fachfett," fpracb 2) er im verfammelten $riegSrath, „haben mir ihre Jtrone
angeboten, aber ich glaube, ber redete 3ettyunft l)te§u ift noch nicht ge*
fommen. (Srft muß baS S^etdr) beruhigt fein, ia) roünfa^e feinen einfeitigen
©enuß für mich, fonbern bie SBefefttgung beS begonneneu SBerfS. Ueber*
btef fchreibt mir meine Pflicht vor, bie fragliche Wyttt roenn ©ort fte mir
je verleihen roill, mit meiner ©ernannt §u feilen. £>tefe beftnbet ftd) ntd)t
^ier, unb bie <Sad)e muß baf)er verfd)oben roerben, MS SÖcathübe nad) (Sng*
lanb fommt". ©anz anberS rebeten bie vertrauteren ©ünftltnge beS £er*
§ogS, fte brangen barauf, bte Krönung je et)er je lieber vorzunehmen.
^Dennoch müffen tt)re 3Sorftellungen roentg (Sinbrucf gemacht fyabtn. (£tn
neuer ^ebel roarb angeferst.
3m herzoglichen §eere biente, roie eS fc£>etnt, als Anführer von (5ö(b*
nern, ber 5lquttanter Sintertet), «£>err von £houarö m ©m'enne. tiefer er*
hob fief). „Sahrltd)'' fvrad) er, „ber ^erjog treibt bte ^erablaffung §u
roett, inbem er feine ilrtegSleute befragt, ob fte wollen, baß ihr ©ebteter
jtöntg roerbe. ©olbaten fommt eS nicht §u, über fold)e 2)tnge §u beraten,
unb jebeS roettere ©erebe roürbe nur baju btenen, eine Maßregel ju vor*
Zögern, beren Sßerroirflichung baS ganze ,§eer fef)nltchfi roünfcht." Mein
weiterer SBtberfvruch erfolgte. 2)er ^>er§og aber nahm bie 9J?tene an, als
ob er bem einfttmmigen Verlangen beS ^eereS nachgebe. 2)ie Krönung
rourbe befchloffen. SBtlfjclm erließ 23efef)l nach Sonbon, bte nötigen 3u>
rüftungen für bie bevorftehenbe geterltchfett §u treffen. SufJ^id) Wüte
er ^Bauleute in bie ©tabt mit bem Auftrage, ein befeftigteS ©d)loß bort
anzulegen, gür je£t blieb er in ber9cäf)e, ftd) ba unb bort mit ber 3agb
unb ber galfenbetje erlufttgenb.
Ü)aS Verfahren beS SBaftarbS, rote baS feiner Vertrauten, läßt feinen
ßroeifel barüber §u, baß bie große Mehrheit beS normannifchen £eereS ber
Erhebung beS «£>erzogS §um Könige von (Snglanb roiberftrebte. 2Bof)er nun
btefe Abneigung? ^übrte fte vielleicht baher, roetl bte Normannen, u>ela)e
ben ^on im <£>eere angaben, bte ^Befürchtung he9^n/ thr 33aterlanb
') 2)uc^eöne @. 205, b. 2) Ibid. c.
Viertes ^ucfy. da)>. 1 9. SBilfjelm ber Eroberer fegelt naä) (5ngtanb tt. ertoirfct bie Ärone. 377
bte 9?ormanbte, wenn SBtl^elm jlönig von ©nglanb werbe, ju einem bloßen
Sln^ängfel beg 9iad)barreicheg fyerabftnfen bürfte? 2lber ber SBaftarb fyatte
ja vor ber ©flacht »ort ©enlac baö £er$ogthum feinem älteften (Sohne
übertragen unb babureb ben ©runbfatj -feierlich anerfannt, baß bte 9?or*
manbie auch fürber ein unabhängige^ £anb unter eigenen gürften bleiben fotte.
Verthetbtger ber eben au^gcfprocrienen 2lnftd)t fÖuuten gegen (enteren
©a£ einwenben: eö fei benfbar unb fogar rx>al)rfc^ctn(tcfc , baß diejenigen,
welche fta) ber (Erhebung 2BtIt)e[mö wtberfe^ten, überzeugt waren, 28tlhelm
werbe baS bem Sof)ne gegebene Verfprechen breeben, neben ber ^rone auch
baS £ersogtf)um beibehalten, ber befürchtete galt muffe barum unfehlbar
eintreten. 3mmerl)in mag e$ fein, baß (Stilreine unter ben normanntfehen
2Bortfüf)rem fo rechneten, aber bte fragliche Srtebfeber tft viel ju äthertfd),
alä baß man annehmen fönnte, fte h^e auf bie 9)iaffe ber @olbaten beS
^erjogS eingewtrft. 5lu6 wa£ für ©(erneuten beftanb 3BiIl)eImö «geer?
©utenthettö auS 2lbentr)eurern, ©lücf drittem, bte nach (Snglanb herüberge*
jogen waren, um für 2Mut Schätje ju erwerben. 2öcnn fold)e 9J?enfchen
ihrem Raupte entgegentreten, gefcf)tel)t e0 ftetö au6 eigennützigen Otüdftchten.
©ine anbere (SrHärung bee SOiberftrebenö brängt ftcf) auf: bamit er
eine s3Jiaffe von 6olbaten §ufammenbrtnge, bie groß genug fei, um ben
beträchtlichen ©treitfräften £aralb£ bie @pt{3e §u bieten , Jjatte ber SBaftarb
theilö feinen eigenen Unterthanen, tf)etl3 fremben ©olbaten golbene 93erge
»erheißen. 3e£t nacb errungenem blutigem ©fege glaubte ba3 £eer, bie
3eit fei gefommen, wo ber §erjog fein 2Bort löfen fotle. SJttetn ber von
ben 5lngelfachfen gemachte Vorfcblag, ihn §um Röntge ju erheben, bror)te
ber Verwirf lta)ung SDeffen, wa6 baS §ecr hoffte unb trofug forberte, ein
unüberwinblicheö §emmntß entgegenjuthürmen. 2Bcnn gefdjaf), wa6 mt
2Berfe war, wenn Wilhelm bte trotte au$ ben £änben ber angelfächftfd)en
Prälaten empfing, übernahm er eben bamit bte Verrichtung , feine neuen
Unterthanen unb ihr ©tgenthum gegen frembe ©ewalt §u fd)trmen. (Sagen
nicht bie (Strömten, baß ber §er§og §u 23erfhamfteab, wo bte Krönung §ur
(Sprache fam, Verträge mit ben Slngelfachfen fd)loß! 2Öa£ anberö fottnte
ber 3nhalt biefer Verträge fein, als baß Stlfjelm ftcf) verpflichtete, in 3^
fünft Sitte, bie ihm alö bem neuen Röntge £reue bewetfen würben, beim
ruhigen 93eft$e tt?reö (StgenthumS §u bewahren. 2)a3 wollte baS £eer nicht,
unb bte Sahihett $u fagen, liefen au a) folche Verpflichtungen ben glän^enbeu
Dingen, welche ber §erjog in ber üftormanbte brüben feinen (Solbaten ver*
fproeben t)atte, fdmurftradS juwiber. 2öenn e£ nach bem bitten be6 £eere3
ging , fottte ber lernte geller ben Slngelfachfen abgepreßt unb unter bte <BoU
baten vertheilt werben, bann erft moebte ber £er$og au$ bem Sanbe macbett,
waö ihm beliebte. Stlfo feine Krönung je^t, fonbern Verloofung ber 33eute.
378
$abfi ®regoriu$ VII. unb fein 3ettalter.
£)er (Srfolg n>irb jetgen, ob bte eben entwickelte (Srflärung, ober jene tbea*
lifttftfe ber SQSa^rtjett gemäß ift.
2) a3 2Betf)nad)t3feft 1066 war jur Krönung anberaumt werben.
3)iefer Sag brad) an. Man t)atte bem S3cfeI;Ie be$ «^er^ogS gemäß bte
*Räume ber ton (Sbwarb erbauten 2öeftmtnfterftra^e für bte geterltdjtfeit au3*
gefa^mücft. Borgens früfye umringten ©paaren be$ normanmfa>n §eere3
bte Kirche, um etwaigen Slufrufyr ber Sonboner Sürgerfcbaft ju terfjinbern.
£)urct; ifyre ^etfyen jogen bte Häupter beS £eereS unb bte engltfa)en ©roßen
fyinein in bte fallen. 9?act; bem £o#amte erhoben jtety §wet 93ifct;öfe, ein
englifeber unb etn normanntfa^er. 3n fraujöftfa^er «Sprache fragte 23tfd)of
©alfreb oon ßoutanceS bte Normannen: wollet 3l)r, baß gegenwärtiger
2ßtll)elm $öntg oon (Suglanb werbe? 2)tefelbe grage nutete auf (Snglifcb
ber Metropolite 2llbreb ton §)orf an bte Slngelfactyfen. lauter 3u™f ber
^Billigung erfcboll.
2lber im nämlichen 5lugenbltcfe entftanb brausen wütfyenber 2ärm. 25alb
t)örte man, baß ein £f)etl beS normannifa)en ^eereö in Bonbon eingebroa^en
fei, Käufer anjünbe, plünbere. gaft alle in ber $trd)e 5lnwefenben ftürjten
fort: bte 2lngelfad)fcn um tr)r bebrobteö ($igentr)um §u retten, bte 9?or?
mannen, laut ber 2krftd)erung A) Drberid)0, um beim ^lünbern mithelfen.
9htr bte SBifdjöfe, wenige (Siedler, fammt ben Möncben ber 2Beftmmfter;
abtei, blieben bei bem 23aftarb sonDfouen, welcher ©etfte^gegenwart genug
befaß, 33efef)l §u erteilen, baß mit ber Zeremonie fortgefahren werbe.
SOBetI ber erfte Metropolit (Snglanbö, «Stiganb ton (Santerburty, fta) bte
ßenfur be$ $apfte$ sugejogen tjatte, war nia)t er, fonbern (Srjbtfa^of Sübreb
ton §)orf, auöerfel)en worben, bte Krönung §u tolt$ter)en. Sllbreb falbte
Silfyelm, ber neue Jtomg aber legte in be£ (Sr$btfa)ofS §änbe ben (Sib
ab,2) baß er bte Ätra)en fernen, baS 33olf gerecht regieren, allen 9?aub
unb Unbill ber $id>ter abfcfyaffen werbe. 5lu6brücflia) bemerft1) Drbertcr;,
baß fowot)l bte ©etftlid)en als ber neue $önig wäfjrenb ber Zeremonie
gitterten.
3) k angelfäcr/ftfcfyen ßljroniften, glorenttuS ton Sorcefter, £etnrid)
ton Huntington, $oger ton ^oteben, 3ngulf, fagen fein S3ort über bie
©cenen bei ber Krönung. Äaum rann man annehmen, baß fte nict/tS ba*
ton gewußt haben; meineö (Srac^ten^ fc^wtegen fte, weil gura)t tf)re geber
lähmte. Der normannifdje @efa)id)tfcr;retber 2ötlr)elm ton £tfteur be*
rü^rt3) §war ben entftanbenen 2ärm, aber mit wenigen Sorten fd)lüpft er
barüber weg. 9cur Drberia) tft offenf)er§ig, boa} aua) er terpllt burc^
fünftltcfee ^Deutungen ben eigentlid>en ^ergang. „511^ bte @olbaten,/y fagt1)
er, „weld^e bte ^ira^e bewachten, ben lauten $uf ber Normannen unb Dingel*
x) 5)u^)eönc @. 503, d. 2) Flores histor. <S. 635 oben. ') JDu^e^nc @. 206, a.
93ierte$ 9)u$. 6ap.19. 5Büf)elm ber Gröberer fegelt naä) (3n$tanb u. ertotrbt bieihone. 379
fachten »ernannten, glaubten fte, ein Slufrufyr fei gegen ben £er$og aug*
gebrochen, unb warfen beßfyalb geuer tu bie Käufer ber ©tabt." 9J?an
mag Wierser, naajbem bie £)rbnung wteber fyergeftellt war, bae ©efcbefyene
in folcber SBeife befestigt fyaben. ©letcfcwofyl ift btefe £)arftetlung eine fyanb*
greifliebe Süge. 2ßenn bte Normannen tfyren £errn bebrof)t glaubten, mußten
fie in bte Strebe einbringen, um tfyn ju retten, ftatt beffen fähigen fte bie
entgegengefefcte 9fttcbtung naa) ber 6tabt ein unb begannen btefelbe ju
plünbern !
(Sin 93Itnber muß fer)en, wie bte €acbe jufammen^ing. Seil bte
Krönung bem £eere wiber beffen Stilen abgeltftet Horben war, braa) bte
©eftttnung ber (Solbaten wät)renb ber Zeremonie in einem rotten 2lfte ber
<Selbftr)ülfe fjeroor. £)er Angriff auf £onbon f)ieß fo siel als : wir miß*
billigen eS, baß 3)u mit ben £lngelfaa}fen gegen un$ ^artljet macbeft, unb
baö £anb, ba£ buret) unfere gäufte erobert warb, unter bem SBorwanbe
ber SBeftetgung be3 £r)rone6 für bia? allein behalten wtllft, befrtebtge
unö ober gittere. Unb nun fällt £tcbt auf bte *ßlünberungen oon 2)ooer
unb SBerffyamfteab , auf bie £angfamfett beö 9J?arfa)e6 naa) ber £auptjtabt,
unb auf bie Vorgänge im jtrtegSratrje. (Seit ber ©ct;lad)t bei (Senlac Oer;
langte baö £eer immer ftürmifd)er allgemeine ^lünberung (SnglanbS.
28tlr)elm, ben bte brüben gegebenen 3Serfprea^ungen wie geuer brannten,
wollte ben ©reuel abwenben unb ließ nichts uttoerfuctit, bamit bte (Etäbte
bureb Vertrag fief) ifym überliefern. Slber ba$ §eer burd)fa)aute feine 2lb*
juxten unb oerfagte iljm ben ©efyorfam. 3)ooer ift wiber ben Spillen be$
£er§og$ in 33ranb gefteeft, bte Stiren fübltd) unb weftltct) oon Bonbon
ftnb wiber feinen ^Bitten unter ben klugen ber angelfäcbftfct)eit ^eoollmäaV
ttgten verheert worben. 93?tt letzter 9Mr)e r)ätte er febon im 9tooember
Sonbon, wo *Ratf)loftgfett r)errfct;te, erftürmen fönnen, aber wenn bieg ge*
febarj, wäre nia^tö als ein 5lfd)enr)aufe übrig geblieben. fDef r)alb r)telt er
ba$ £eer abftcbtltcc; fo lange ferne oon ber ^auptftabt, bte bte Bürger*
fetjaft einen Vertrag fcfyloß. gerner weit er bte (Stimmung be$ §eereö
fannte, f)at er im ÄrtegSratr) feine wahren 5lbftcbten verborgen, unb
fo befebeiben gefproa^en. 2)tc 9folle aber, bte ber 5lquttanter Atmend)
fptelte, war offenbar ein jwtfcfjen tr)m unb bem <£>er$oge oerabrebeter
Äunftgrtff.
2Ötlr)elm ber Eroberer, ber naef) ber ©cr;lad)t oon «Senlac auf ber
$öf)e be£ ©lücfö ju ftefyen faxten, lag fetneöwegö auf Doofen gebettet, unb
eö ift ungerecht, wenn man tr)m, wie bie meiften neueren unb älteren
Sd^rtftfteOer tfyun, bte begangenen ©raufamfeiten in 'bte @a^ul)e fa^tebt.
.2)tefe gärten waren großent^etlö eine unabweisbare golge ber Sage, tu
welcber er fta^ befanb. 2Öer, wie er, ein oerborbene£ Sßolf mit 2Baffenge*
Walt unterjocht, ber muß ben SSejwungenen ein eiferneS @ebiß anlegen,
380
$abfl ©regoriug VII. unb fein 3eitaltev.
roeil fte ftcfi fonft gegen ifyn felber roenben. 93ei alt' bem fyegte er offen*
bar bie 2lbftd)t, mir fo tnel 23öfe£ 511 tfyun, al3 (Streichung be$ <§)aupt*
jroecfö unumganglict) nötf)tg fcfcten. ^icr;t3beftoroeniger l)at er jtd) ben gut*
fyenben ,§aß fetner neuen Untertanen suge§ogen. 2lber roeit mer)r Sorgen
al3 biefer ,£>aß, fcfyufen tfym bte jügellofen SBegietben fetner Solbatcn, unb
ba3 Sd)Iimmfte, roaS fte iljm zufügten, roar ber Angriff auf Bonbon roäl)*
renb ber Krönung. „Seit jenem Sage," fagt1) £)rberta) SSttaltS, „faßten
bte Slngelfacfyfen unmföfynltcrjen 2lrgvoof)it gegen bte Normannen unb lauer*
ten auf Otadje."
Sonbon entging ber §ugebacr;teit *)3lünberung, ber 2lufftanb be3 £eere3
muß alfo — unb §roar o^ne 3roeifel mit ©eroalt — ntebergefcfylageu roor*
ben fein. 2>ie (Sfyrontften fdjroetgen über bte SBetfe, in welcher bteß gelang.
$)oct; gibt ber Slrcfyibtafon oon Stfteur einige Einbeulungen. ,,9?ad) ber
Krönung7' fagt2) er, „ergriff ber ^ömg §u Bonbon awecfmäßtge unb gered)te
Maßregeln. 2)te §äupter be$ ^eereö nötigte er burdj feine Strenge ju
tabetlofer Sluffül)rung , unb ging mit gutem SBetfptele ttoran. (§1 [teilte
tfynen ttor, baß allju fyarte SBefyanblung ber Seftegten ber ctjrtftltdjen *ßfltd)t
nnberftrette, roett teuere einen unb benfelben ©tauben mit ben Siegern be*
lernten, unb baß fte gefär)rltd) fei , roett fte bte 93eftegteu §ur (Empörung
verleiten roürbe. 2)te untergeorbneten Slnfüfyrer unb bte gemeinen Sotba*
ten fytelt er bitrd) geeignete 23efer)le im 3aume. «Steuer roaren bte grauen
gegen ©eroalttfyat, ben SBefud) tteberltd)er Käufer »erbot er, aud) bulbete
er nta)t, baß bte Solbaten in ben Schufen tranfeit, roett Sruufenfyeit
Streit, Streit aber $obtfcf)Iag erzeugt. Meuteret ttnterfagte er aufs
Sd)ärffte, ebenfo 9)?orb unb $aub. 3)a3 SBolf be^mte er buret) baS ^eer,
baS £eer buretj ftrenge ©efe£e. (£r fe|tt ^tcfyter ein, ttor roelc^en ber ge*
meine Solbat ftcf) fürchtete. Ueber bte, roclcfce greoel begangen Ratten, rour*
ben unerbittliche Strafen »errängt. 2lud) traf er 93orfef)rung, baß bte 9for*
mannen e£ fürber ntd)t roagten, fta) mefyr herauszunehmen, aß bie 2lqui*
tanter ober 23retagnter." 0
2)er (Sfyromft gibt mit biefen »orfta)ttgen 3Borten $u tterfterjen, baß
eine Unterfud)uttg foroof)! gegen Dfftctere, al$ gegen Solbaten eingeleitet
roorben roar, baß bte (gtnen rote bie 5lnbern ftd) einer Meuterei fd)ulbig ge*
macf)t Ratten, roeldje fte mit ber 9tfotf)roenbtgfett, bte 2tngelfacf)feu unter bem
3oa) §u Ratten, befc^önigten, roetter, baß biefe Meuteret t>on ben gebomen
Normannen auögieng, fobann baß 2ßül)elm altem 2lnfct;etne nad) bie Empörer
mit §ülfe ber Sotbaten auö ber Bretagne, auö ü^atne, 5lnjou, ben ^er^
3ogltd)en Äammerlanben, bte an ftrengeu ©efyorfam geroöl)nt roaren, fo roie
»ielletc^t mit bem SBeiftanb ber fremben Sölbner §u paaren trieb, enbltcft
2)uc^eöne @. 503, d. *) Ibid. @. 207, c. d.
$ievteö 93tt<$. (5ap. 1 9. ffiitfyelm ber (Sro&ever fegelt na# (Snglanb u. erwirbt bte tone. 3g 1
baß mehrere ber Scbulbtgften unerbtttttcf> bcftrafr, b. I). hingerichtet korben
ftnb, unb baß 9£>üf)elm, um für bte 3"^nft äfynlicfoe Scenen §u verhinbern,
ein ftrengeg ©efe$ über 9J?cmn6jucf)t erlief.
3n ber £aup tf adje mußte ber neue $önig gfetcbroohl nachgeben. 3)a6
^eer Ijat beu 3wecf, »ege* beffen bte lernte Meuteret ausbrach, erretebt.
2)er Krönung unb beu Scenen, bte ju Sonbon vorfielen, folgte eine eilige*
meine Sranbfcbajjung (SnglanbS — obwohl in gefeilteren gormen — auf
bem guße. 3)er 2Jrcbtbtafon fagt:1) „S&tlbelnt verließ Bonbon balb lieber,
benn er fanb für nötf>ig, er)e er bort feinen 2Bol)nft| auffcblug, bte Unbot*
mäßigfeit unb ben ftarren Warfen ber 23ürgerfcbaft bureb $ollenbung be6
33aue3 ber bereite begonnenen 3wtngburgen Su brechen.'' SBilhelm füreb*
tete alfo einen 2lu6brucb ber 93oIf3nmth, unb t)k$u hatte er guten ©runb,
weil in ben erften Sagen beS neuen ,ftöntgthum3 bie fchroerften £>üfer von
ber «gauvtftabt unb bem ganzen deiche geforbert würben. (Srftlid) nar)m
Sßtlhelm fämmtltcbe Schäle be£ vorigen Königs roeg.2) Stettens trieb
er von Stabt unb Sanb eine fyofye $rteg6fteuer ein. 2)er (£r)rontft von
Siftcur beutet bieß verblümt 3) an: „bie natürliche gretgebigfett be3 Königs
tt>arb bureb bte nicht geringe (Steuer geförbert, welche bte Stäbte unb alle
begüterten ihrem neuen $errn barbrachten." 2)ic ©aa)fencbronif fpriebt4)
e6 mit bürren Korten au$.
{Drittens traf er eine 2lnorbnung, in roefcber ich nichts Slnbereö fernen
Fann, als eine 2Begnaf)me fammtlicber foftbaren 2Öaaren, bte in ben ®e*
wölben be^ £onboner jlaufmannSftanbcS unb vielleicht auch tn benen anbe*
rer größerer »gaubelSftäbte lagen. 2)er 5lrcbtbiafon fagt5) in fetner ver=
blümten Steife: „ben natürlichen föetdjtfyum (SnglanbS, ben ber überaus
fruchtbare 53oben fchuf, vermehrten noch bte ^aufleute burch bte Sßaaren,
bie fte auS aller Sffielt sufammenführten. Unermeßliche (Schäle ber Slrt
waren bort aufgehäuft, ebenfo erftaunltch bureb ihre Stoffe, als bura) ben
eblen Stoff unb bte auf ihn verwenbete jlunftferttgfett, bereit, entWeber tobt
liegen §u bleiben, ober burch bie bekannte angelfäcbftfcbe (Bcbroelgeret ver*
geubet ju werben. ü)iefe nahm 3Btlt)elm weg unb brauebte fte für gute
3wccFe." SftetneS (SracbtenS ftnb vorpgSwetfe ^letnobten an ©olb unb
«Silber, fetbene, gefttefte unb golbburcbwirfte ©ewänber gemeint, bie ftdr) in
ben ©ewölben ber Sonboner 3uweltere unb ©roßhänbler befanben.
@o groß bte Ausbeute ber eben erwähnten brei Duellen war, genügte
fte bod) nidjt für bie SBebürfniffe ber neuen Regierung. ^Deutliche äeuÖ*
') Ibid. @. 208, b. 2) Ibid. ©. 206, b. : tributum large erogavit , quod regis
Haraldi aerarium avare inclusit. 3) Ibid. c. : munificentiae Studium adjuvit non mo-
dicus census, quem undique civitates et locupletes quique obtulerant novitio domino.
*) 93rucf)jhuf bei tyitxrt) II, 14. SRote 5.: imposuit tributum hominibus valde saevum.
5) 2)u(f)egne ©. 206, c.
382
$abft ®regoriuö VE. unb fein 3ettatter.
niffe1) Hegen Bor, baß 2Bür)elm eine Sterte tluelle eröffnete, reelle m*t
bloö baare Summen ober <5cf)ä£e, fonbem audj eine 9J?affe Bon ganbeigen*
tfyum ju feiner Verfügung [teilte. (Sin ©efefc ergteng,1) tt>etet)eö beftimmte:
„©üter, (Smfünfte, Vermögen alter berer, meiere erftenS mit Äönig £aralb
in bie <5d)lacf)t Bon Senlac sogen unb bort fielen, jroeitene roelcbe bei 6en*
lac fönten, aber mit bem geben baBon famen, brütend roelcbe jroar an ber
<5c$lac§t feinen Styetl nahmen, aber Bon benen boef) berotefen roerben fann,
baß fte bie Slbftcbt Ratten, ben gähnen £aralb$ §u folgen, unb nur burcfi
pfällige Umftänbe an Ausführung i^rcö $or!)aben$ Berfjtnbert rourben,
ftnb Bewirft unb bem StaatSfchajje herfallen. 2)ie ©b'fjne unb (Srben ber
beiben erften klaffen r)aben feinen 5lnfprua) auf ben Nachlaß iijrer Sßäter ;
bie ber britten bürfen Ijoffen, baß trjnen, roenn fte beharrliche unb unroan*
beibare Sreue gegen 2Bt(r)eIm ober feine (Srben erproben, bereinft ein
ber üäterßcfjcn ©üter §urücfgeftellt roerbe."
Um biefe Maßregel burch§ufür)rett, reiften fömglicr)e 93 eBollm ächtigte
nach allen Born normamtifeben Ǥeere befehlen Drten unb [teilten ge*
naue Unterfuc^ungen an. 2)amtt ihnen um fo billiger ©ehorfam geleiftet
roerbe, §og ber Äöntg felbft, umgeben Bon ben Häuptern beS £eere$, im
deiche fyerum.1) 2)a ^aralb nichts Berfaumt hatte, um baS £eer, baS er
gegen Wilhelm führte, fo ftarf als möglich §u machen, ba folglich alle ober
boa) bie metften 2)ien[tBfltchtigen aufgeboten roorben waren, fo begreift
man, baß obiges ©efefc mer)r als bie §älfte beS angelfäct)(tfct)en ©runb*
etgentfmmS traf.
Ü)er §lra)ibiafon Bon gifteur, roelcr)er alles mögliche gob auf 2ßtIhelmS
£aupt l)äuft, fa)roeigt von ber ©ütereinjiefjung ; gleichroohl ^at er, tro§ ber
Neigung $u fchmeicheln, fo Biel Sichtung Bor ber 28ar)rr;eit, baß er auf baS
fürchterliche ©ebot roenigftenS Berbecft anfielt. (Sr fagt:2) „Ungerechtigfeit
ber §errfd)er öerpÖt oft ^>abfua}t unter bem (Scheine, baS 23öfe $u beftra*
fen, unb Berurtrjeitt Unfcbulbige, um [ich if)rer ©üter §u bemäd)tigen. 9?icbt
fo SBtlfyelm. (£r l)at nur fola^e Berbammt, belebe nicht §u Berbammen ein
Unrecht geroefen roäre." 2ßie man fielet, geftel)t ber (Sf)ronift ein, baß
geute nach bem Neujahr 1067 Berurtheilt, b. b). laut feinen eigenen ^Borten
mit (Sinjie^ung ber ©üter gebüßt roorben ftnb; aber er behauptet, baß bie*
fem ©c^icffale nur 6chulbige unterlagen. 3n welchem Siebte [teilten nun
SBtfljclm unb feine Sachwalter baS Jtömgtfyum £aralbS bar? Sicherlich
berüchtigten fte tt)n beS £ochBerratf)S, benn nur wenn fte bieß traten, fyatk
Silf>elm als roaljrer (£rbe (Ebroarbö ein ^ec^t auf (SnglanbS %fyw®. 3n
ber 3^l)at erfc^etnt ^araib aua) Bor bem 9^ia)terftul)l un^artt)ett[cr)er @e*
4) 5£>ie SBetoeife auö bem dialogus de saccario bei ^teut) IL <&■ 16 flg. 2) 2)us
(^e«ne ©. 207, p.
CÖicrteö 93ucf). 6a^. 19. ffiilfjelm ber Eroberer fegclt nad) ©nglanb u. txtoixbt bie ßrone. 383
[dj tcfcte als ein $oif mrätber: berfelbe r)at fammt feinem ganzen ©efdblctf)te
fe^änMi'^ gegen föcicb unb 93olf ber 2lngelfa#fen gefrevelt.
2lu8 tiefem Safce aber ergibt ftcfc ein 6tfluß, wekben ba$ ftarre @e*
fe£ anerfennen muß, obgletcr) tjjn bie 93?enfcb(tcbfeit »erbammt unb jurütf*
weist: mimltcb alle, welche £aralb unterfrüfcten unb mit ibm gegen 2Bif*
beim, ben rechtmäßigen (Erben ber englifeben jlrone, fämpften, ftnb $elfer6*
belfer, (Spießgefellen efaeö §ocbtferrätber3 gewefen, unb f)aben folglich, fraft
be6 in aUen (Staaten gültigen Rechts, Se^ett unb @tgenn)um verwirft. 2lu3
ben oben angeführten Korten be6 2lrcf>tbtafonö öon Sifteur erhellt, baß er
ftitlfchweigenb eben biefen Scbluß §og. 3$ benfe, fämmtlicrie recbtStterftänbige
Hermannen werben gleicher Meinung gewefen fein, inebefonbere aber mußte
Silfyelm ber Eroberer ben nämlichen 6aMuß jiefyen unb §war fct)on au6
bem einen ©runbe, mit er fonft bie Häuptlinge feines £eere8 nicht be*
lohnen fonnte, fonbern verloren war.
2) cr (5r)rontft von Sijteur gebenft nodb eines anbem UmftanbeS, ber
enge mit ber ©üteremjtelnmg aufammenfyteng, nämlicf) ber 9funbreife, welche .
Wilhelm im Januar 1067 antrat. „3)er Mnify* melbet1) er, „befugte
bie serfdnebenen Steile feines 9?eicr;3, inbem er überall 5lnorbnungen traf,
bie ir)m unb auch ben 93ewormern beS SanbeS ^hir^en brauten. 2Öo er er*
febien, burfte 9tiemanb unter ben Staffen bleiben: bie (Straßen waren frei,
r)äuftg warteten ü)m Seute auf, bie entweber £ulbigung letfteten, ober ge^
wtffe Aufhellungen gaben.2) Sitte flaute er mit gütigen 2lugen an, am
metften jeboeb ba$ gemeine $olf. £)ft tterrietr) er burdb feine Lienen baö
$?itleit>, baS fein §er$ bewegte, unb mehrfach) gebot er, baß ftatt ftrengen
Rechts ©nabe geübt werbe, roenn er fafy, baß 5lrme unb ©ebrüefte, welct)e
$eue fühlten, baß Mütter mit ifyren ^inbern laut ober burdb ftumme @e^
berben um (Erbarmen flehten." 3)ie 2Borte ftnb auf Schrauben geftellt,
aber boeb verbergen fte ntcfct , baß faum §usor eine fürchterliche Maßregel
burcbgefür)rt werben war.
3) en Reifen beS Königs gieng eine allgemeine (Entwaffnung beS 5Solf6
ooran. 2£o er erfct)ien, warteten folebe auf,. bie entweber Jpulbigung lei*
fteten, b. t). im SBeftfce tr)rer ©üter beftätigt waren, ober 93orftettungcn,
OfrcbtSauSeinanberfetjungen einbrachten, b. r). nacbjuweifen fugten, baß it)re
angefcbulbigten 3Säter ober $erwanbten mdjt, wie bie JlriegSbeamten be*
f)aufcteten, bie Abftcbt gehabt bjätten, $aralt> $u unterführen. £)ft ließ ber
*) Ibid. <S. 208 c. 2) Progrediens diversas partes regni accessit, ordinando
ubique utilia sibi et incolis terrae. Quaqua pergebat, in armis nemo manebat, iter
nullum obstruitur , occurrunt passim obsequentes et explicantes. Omnes ille cle-
mentibus oculis respexit, clementissimis plebem ; saepe vultu miserantem animum pro-
didit, jussit multoties misericordiam, cum supplices conspiceret aut egenos, matres ani-
madverteret roce et gestibus precari cum liberis.
384
$aBft <5}regottu$ VII. unb fein &üalkx.
Jtöntg ©nabe für 9ted)t ergeben, namentlich wenn er fab), baß Die, welcbc
ftcb an ir)n wanbten, tief gebemüthtgt waren unb ob/nebteß wenig befaßen,
ober wenn bte Sötttwen unb SBaifen ber bei ©enlac gefallenen 2ebenleute,
welche bte (Stn§tehung ihrer ©ürer in $er§wetftung geftürjt fyatte, burd)
JEfyränen ober fhtmmen §arm fein £er§ erfebütterten. 5luS ber ©teile, wo
e$ fyeifrt, Stlhelm fei t>or§ug3 weife gnäbtg gegen ben gemeinen 9Jiann ge*
wefen, stehe ich ben ©ebluß, baß ber Eroberer, bei ßuweifung ber etngejo*
genen ©üter an neue 23eft£er, bte 3wfe unb grofmben, welche bte Iqqtu
gen an tf)re @runbr)erren entrichten mußten, ermäßigt l)at
3cb behalte mir t>or, fpäter bar$urtmn, baß anbete ftarfe 8ewetfe für
ben eben ausgekrochenen <Sa$ §eugen. 2Öi(r)e(m hatte bie engltfchen ©roßen,
ben ganzen höheren unb mittleren Abel bem SBerberben geweiht. 33ei foleber
£age ber Dinge fchrteb il)m ber gefunbe 9)?enfcbent>erftanb unb fein eigener
2$ortt)etl ttor, bte zahlreichen nieberen (Staffen an [ich §u Riehen. (£r forgte
für bie -Stoffe beS 33olfö: btefeS hat buref; bte Eroberung ntebt verloren,
fonbern gewonnen, auch feine alte Sapferfeit bewahrte e8 unter ben itönt*
gen normanmfd)en SBlutS, ober vielmehr biefelbe fdhwotl §wet* unb breifacb
an. Die gußfnechte, welche bret Satyrljunberte )>äter in ben flachten »on
(£rect, sßottterS unb 5lgtncourt ben fran§öftfchen 5lbel in ben Staub traten,
waren angelfächftfcbe S5auernför)ne.
2ßoju tterwenbete nun Äöntg Wilhelm bie unermeßlichen ©üter, welche
burdt) bie eben befebrtebenen Maßregeln in feine «£)änbe gedeihen? 2Bie
natürlich behielt er ben größten %l)t\\ für bie SBebürfntffe ber trotte jnrücf.
9J?ü einem anbertt lohnte er feine ©olbaten, bie ®ef)ülfen ber Eroberung,
ab.1) (Snbltch machte er nicht nur an ben $abft, fonbern auch an bte
(Stifte unb Slbteten feinet ^eimathlanbeö, ber 9cormanbie, unb nicht nur
an btefe, fonbern auch an siele Streben ber Slusergne, grancienS, Slquita*
mens, SßurgunbS, fet)r retcfie ©efebenfe.
Der Arcbibtafon »on Sifteux möge fprechen:2) „an bte römtfct)e Kirche,
ju §anben beS *ßabfte£ Alexanber IL, überfef/iefte er eine 9Jtoffe unge*
münden ©tlberS unb ©olbeS, bie allen (Glauben überftetgt, überbieß Älei*
nobien, fo prächtig, baß felbft SB^anj f*e bewunbern würbe. 5tuct) ba$
Banner £aralb3, auf welches ein bewaffneter aus lauterem ©olb geftteft
war, erhielt ber $abft als ©egengabe für baS überfenbete gelb^etcbcn beS
heiligen *petru3. ©letche ©roßmutl) bewies er gegen ben (Stents ©allienS.
9cie werben bte taufe nb Kirchen ber 5lm>ergne, grancienS, Aquitaniens,
burgunbS unb anberer ©egenben bte 9tßot)Itr)atcn sergeffen, bura) bte er
fte ehrte: einige empftengen golbene, mit (£belfteinen befehle Jtreuje üon
l) £>ucfyeöne ©. 206, c. : quorum partem ad ministros confecti belli magnifice
erogavit. J) Ibid.
93iette3 23udb\ Gap. 19. Sßilfjelm ber (Stöberet fegelr nacr) (Snglanb u. etroitbt bic ßtone. 385
betracbtlieber ©rcjje, »tele ungemünjteö ©olb ober ©efaffe auö gleicbem
SRetaff, anberc faßbare ©ewänber ober fonftige Äletnobten. 3um ©djmutfe
von 9Retropolitanfircben würbe auSretcben, was er oft rmnjtgen Älöftern Oer*
lief). 2lm reiä)fiä)ßen aber bat er tie 9fcurotanote bebacbt." 3* »erbe
unten an paffentem Orte tte ©rünte entwickeln, warum er fo öfel für frait*
$öftfcbe Streben , tie unter jlenigä $l)iltpp Scepter (tauten , getrau
fyaben mag.
5tufer baaren £;cba&en sertfyeilte er unter tte Rauptet be3 ,§eere3
einen guten Sbeil ber eingebogenen ©üter. Xie Q3eriprecbungcn, welche
üBilbelm trüben in ber Diormanbie oor bem beginne be3 «ftriegeg gemaebt
r)atte, gingen, obmebl in geringerem SDfaajje, als 33ie(e erwarten moebten,
in (imtüung. SBace fagi1) in ter jReimcbrenif : „er gab 6d)löf}er, er gab
Stätte, er gab £antbäufer, er gab ©raffebaften, unb ben kleineren perltet) er
23auernr)öfe./; ÜRancbe oermablte er mit reteben angclfätf unten grauen.2) 2lucb
2Bi(r)eIm Don Sijteur geteuft 3) ter üßertbeilung oon £änberetcn, boeb nur
obent)in unb mit bem ftcbtlicbeu SBeftreben, bem 33erbaebte ju begegnen, als
ob ber Jtonig rie ©üter, tte er feinen €o!taten verlieb, mit ilnreett Situ
geliacbien abgenommen l)abe: „feine Vertrauten (tattete er mit reieben geljfett*
gütern au3, bamit fte tr)m befto williger Reifert möcbten, ta$ $eicb ju be*
wahren. $)odj war unter ben ©ütern, bic er gran&ofen febenfte, fein ein*
Sige3, ta$ einem Slngelfacbfen mit Unreebt entwgen Worten wäre." 2£ie
beugt ter Slrcbitiafon vor! Allgemein verbreitet mufj bte ÜRetnung gewefen
fein, bajj ter angelfäcbftfebe Sautatet eine fürebterlicbe 2lber(a'ffe erlitten blatte.
93or 2Men betaebte ter fettig jenen QBilfyelm, £>6berns vEofyn, ter
it)m bereitwillig geholfen batte, ben QBiterftanb ter normannüeb en ©rojjen
gegen ben 3U9 m& ßnglant ju beftegen. 2)erfelbe erbielt ben £berbefef)I
über bte wiebttge ©tabt ^tnebefter unb tie bafelbft neu erbaute SBurg.4)
Settel belebnte5) ter Äenig ibn mit bei ©ranebart ^erefort, welcbe einft
an Gtwarbe Dceffen, [Ratulf, oergabt gewefen war, aud) übertrug er il)m,
al$ er naa) ber ^ormantie binübergieng, tie €tattbalterfcbaft im nörtlieben
(Snglant.4) Dieben £sbern3 €:obne fommt in Jpereforb ter Diormanne
Dtid^arb, Scroti (Sofm, al3 53urgoogt jum Vorfebetn,5) berfelbe, ter im
3at)re 1052, als tie übrigen nermannifeben ©üuftlinge (vtwartö oertrieben
wurten, bte (Srlaubnifj erhielt,6) bleiben $u bürfen. £önig SSBifljelm muf
ibn in feine Xienfte gewgen l)aben. 9cäcbft bem (£ot)ne DSbemS befer*
bertc «ftöntg ^tlbelm feinen £allwruter, ben 33ifcbof £to oon 33ateur, ju
ben f)öcbften fürten. 5)te ^Bewacbung ter wtebtigen Vefte 2)ooer, unt
Roman de Ron II, 387. 2) Chronique de Normandie hei Souquet XIII, 239, c.
3) Xuc^eene 3. 208, c. 4) Ibid. d. 5) Flores histor. @. 635 ad a. 1067.
6) Cben §. 309.
©fror er, %\hfl ©regoriuä vil 33b. DL 25
386
$abfi ©regoriug VII. unb fein 3ettoItcr.
btc Verwaltung ber $rovtn$ jtent warb ifym anvertraut.1) SBon ben an*
bern Normannen, weld)e große £ef)en beS 9tetd)3, ßarlfcbaften unb ©raf*
fdbaftcn bavontrugen, behalte td) mir vor, fpäter baS 9Rötf){ge ju fagen,
ba bte Seit ttjrer (Erhebung ntct)t feft ftetyt.
©egen 80 3al)re waren verlaufen, fett bie ©cbredengberrfctjaft ber
Sßtfmger über (Snglanb begann. 2ßte oft unb wie hart ift fett btefer 3ett
bt6 herab $um 3af)re 1042 ba6 angelfäd)ftfd)e 93oIf erft burd) einzelne
Raufen von ©eeräubern, bann burd) ©wen ©abelbart unb $anut, fpäter
bureb bte ©b'fme beS Sedieren gebranbfeha^t roorben! Unb bod) vermochte
2Ötlf)elm ber (Eroberer innerhalb fecfyS Monaten, unb or)ne baß baö £anb
ju ©runbe ging, bie oben erwähnten unermeßlichen ©chäfce einzutreiben.
2)er Strd)tbiafon von Stfteur fprtcht feine Sßervounberung barüber aus. £>en
Normannen 2ötll)elm mit (£. 3ultu3 M\ax, bem erften SBefteger 93rttannten6,
vergletcfjenb , fagt2) er: „ber Börner nar)m auö Britannien nur wenige
(Steuern unb eine Sittel geraubter ©ütcr mit fort: anberS 2ßtU)e(m, er
fammelte bort, unb $war orrne 9tab unb auf rechtliche Steife, eine 9J?affe
von ©olb unb ©über, bie man nimmermehr in ben brei fetten 3) ©alltenö
aufjubringen vermöchte. 3)enn an SRetchtbum ebler Metalle übertrifft (Eng*
lanb ©atlten bei fettem. Sie btefe 3nfel wegen ber grudjtbarfeit ir)reö
33oben$ bte ©cremte ber (Sereg genannt $u werben verbtent, fo fb'nnte
man (ie wegen ber 9ttaffe beg vorfjanbenen ©olbeS 2lrabten3 ©chatjfammer
nennen. "
2Bor)er nun btefe ©d)ä'^e? ©te floffen wefentttd) au6 benfelben Duellen,
bte l)eute noch Sllbton $um retchften £anb ber (Erbe machen: au$ ©cbtff*
fahrt, au6 ^anbel, au6 ©ewerben, au# forgfälttger Sanbwirthfchaft. ©ebon
bte legten ©a^rtftfteller be$ untergeljenbett ^ömerretcbS, namentlich ©tbonurö
5lpolltnart3,4) pretfen bte ©eefertigfett ber ©achfen, bte fpäter (Englanb er*
oberten: „bte ©efafjren beS 9J?eere£, ©türme, flippen, felbft ©c^ffbrüche
ftnb leiten ein ©ptel, bte Statur felbft l)at fte §u ©eeleuten geftempelt."
3Mefe Anlagen beö $olf£ würben wär)renb ber r)eibmfcr)en 3etten jutn
©eeraube mißbraucht, nach (Einführung be$ (Sl)rtftentfyum$ traten fte in ben
£>tenft be$ £anbel$.
4) 2)u($egne <S. 208, d. 2) Ibid. @. 210, c. d. 3) fpielt auf bie brei*
faetje (Stntljeiluncj ©alltenö in Gallia celtica, belgica unb Aquitania an. 4) Carmina
VII, 369 : Aremoricus piratam Saxona tractus
Sperabat, cui pelle salum sulcare britannum
Ludus, et assuto glaueum mare Andere limbo.
(Efcenfo Epist. VIII, 6:] Saxonum quot remiges videris, totidem te cernere putes archi-
piratas : ita simul omnes imperant, parent, docent, discunt latrocinari. Hostis est omni
hoste truculentior: improvisus aggreditur, praevisus elabitur, spernit objectos, sternit in-
cautos. Si sequatur, intereipit, si fugiat, evadit. Ad hoc exercent illos naufragia, non
terrent. Est eis quaedam cum discriminibus pelagi non notitia solum, sed familiaritas.
aSierteö 33ucr). &ap. 19. SQBiltjelm ber Eroberer fegelt nacr) (5ng(anb u. erroir&t bte ßrone. 387
2Bteberr)oIt fyrtc^t ') ber 2lrcf)ibiafon vom angelfäcfcftfa^en Seefyanbel:
„itjre jtauffafyrer burcfyfura^en alle Speere, bringen auS ben entfernteren
Länbem ber (£rbe ©cr;ä£e nact; £aufe." 2)er wid)tigfte <5tapelvla£ be$
$eta)e$ war bte £auvtftabt Sonbon. 2tußerbem werben erwähnt dotier,
baS mit glanbem unb bem gegenüberltegenben franjöftfct)en jlüftengebtet
Raubet trieb,2) ßfyefter, wo befonberS $el$werf umgefefct würbe,3) 2)orf,
wo taut bem 3™gntffe4) 3Bi(t)e(m6 t>on 9MmeSburty beutfaje unb irtfcr)e
«Schiffe jufammenftrömten.
5X>te näcfyfte grage ift: um welche ©egenftänbe tauf^te ber brtttfdje
£anbel bte SBaaren beS 5lu3lanbe£ ein? <So t>tel wirb bie grud)tbarfett
beS 23obenS, atfo aucf) bie 23lütr)e ber 2anbwirtf)fa)aft, gerühmt, baß man
vorauSfejjen muß, ©rjengniffe beS engltfdjen 2lcferbauS feien ausgeführt
warben. 3nbeffen brauten bie 9ieta)e beS geftlanbS Lebensmittel jur
©enüge r)ervor, aber nid)t :Daffelbe gilt von bem ffanbinavifa^en Horben.
3n ber £r)at liegen 23ewetfe vor, baß borten englifctjeS ©etretbe ging.
Saut ber (Sgil €>aga 5) führten norbtfa)e ®c§tffe naa) ben englifd)en §äfen
£äute, gifa)e, foftbareS $el$werf, unb nahmen bagegen als 9^ücffract)t
SBatyen, 2Betn, «£>ontg, ©ewänber. Uebereinftimmenb t){emtt fbric^t6) um
1190 ber norwegifcfje jtöntg Swerrer bei «Snorro Sturlefon von engltfct)en
$auffaf)rern, welche 2Bat$en, <£>ontg, feines 9M)I unb $üa)er nad) ben
$äfen Norwegens §u laben pflegen.
(gm bebeutenber Stavelartifel englifdjer £anbttnrtr)fdjaft war ferner
burd) baS gan$e Mittelalter bie Solle. 2)te ©efefcgebung befdjüfttgte ftdr)
mit ir)r: eine <5a£ung beS Königs 3ne verorbnet, 7) baß bie Sdjafe
nta^t vor Mitfommer gefroren werben bürfen, unb bie (£r)roniften fyeben
rüfymenb hervor, baß $ömg @abgar, ben bie überlegene 2öeiSr)eit beS
(SrjbifcbofS Ümnftan leitete, als Tribut ben SHMtfern bie jährliche Lieferung
x>o\\ 300 SolfSfövfen auferlegte, was $ur golge f)atte, baß fa>n nad) brei
Sauren fein Solf mer)r in (Snglanb ju ftnben war. 8) Offenbar follte biefe
Verfügung vor§ugSWeife baS nü(jltd)e $r)ier fa)ü§en, weites bie Solle
hervorbringt unb ben Solf jum Sobfeinb r)at. $etne beutttdbe Spuren
fommen vor, baß bie Solle in (Snglanb felbft ju verarbeitet würbe,
wofyl aber bavon, baß frembe Äaufleute $üct)er naa) (£nglanb verfdjifften.
3n ber alten Sonboner $anbelSorbnung, bie ofjne gweifel ben Sutten ülfytb
l) 2)ucr)eöne <S. 206, b: terrae Uli sua fertilitate opimae uberiorem opulentiam
comportare soliti sunt negotiatores, gaza advectitia. Qj&enfo 211, b: inferunt et nego-
tiatores, qui longinquas regiones navibus adeunt, doctarum manuum opera. 2) JDu*
(^eöne @. 208 unten. 3) Doomesdaybook I, 262, b. 4) @atiile @. 258 untere
ÜJlitte. 6) Sa^^enBetg I, 626. 9lok 4. 6) Heimskringla IV, 183. ') Inae
lex 69. Ancient laws <5. 63. 8) ©oütle @. 59 obere SRitte.
25*
388
*Pafcfi ©vegoviuö VII. unb (ein 3eitalter.
rebS be$ Unberathenen angehört, l)etf t *) : „bie £eute beö $aifer3 (tuet*
neö ©racbtcn^ ftnb (Eolnet ^auffeilte gemimt)/ bie mit ihren ©ctitffen nact)
Bonbon fommen, follen als Äöntg^oll §wei ©tücfe grauen Sucres, eines
von braunem, 10 *ßfunb Pfeffer unb 5 *ßaar ^anbfdmhe entrichten."
3)te ©ewürje Snbienö gingen über beliebig nad) ben großen rfyeinifdjen
£anbcföftäbten unb würben von ba voeiter vertrieben, £üd)er aber bereiteten
bte 2)eutfa}en, rote ich fpäter am geeigneten Drte §eigen werbe, in großer
SDcaffe fetber unb verforgten namentlich (Sngianb bannt. 3)emnad) fa^eint
e$, als fei bie engltfche Solle metft nact) bem geftlanb , befonberS nach
glanbern unb bem beutfd)en deiche aufgeführt worben.
2)en erften 9fang unter ben ©tavetwaaren (SnglanbS nahmen @r$eug*
ntffe beö «ftunftfleißeg ein, ©tiefereten, prachtvolle ©ewebe, 3uroe(terarbeiten.
2)er 2lrchibtafon von £ifteur bexi&kt:2) „bte grauen engltfcfyer Nation ftnb
ungemein erfahren in iganbhabung ber 9tabel unb im 2ßeben von ©olb*
ftoffen, auet) bte Männer verfielen ftcf) auf jegltcr)eö ©ewerbe. Ueberbteß
wohnen bort £>eutfd)e, bte in folgen fünften ftdi au%tctmen." Unter bem
tarnen „englifcher Arbeiten'' (opus anglicum) gingen biefe f oftbaren 2Baaren
buret) bie weite Seit. 3)er 3cl'tgenoffe 3öilt)elm6 von Sifieur, (Styromft
£eo von 9)tontecafftno bef abreibt 3) einen au6 ©olb unb ©über getriebenen,
mit (SMftctnen eingelegten, 9Mtquteufaften englifcher 5lrbett, ber im ge*
nannten Softer aufbewahrt würbe. 53i3 ins 14. 3al)rt)unbert ^tneiu
bauerte ber ^ul;m englifcher 3uwelen fort. (Sine £eben3gefd)td)te be$ sßabfte
SBonifactuS VIII. erwähnt 4) ©olbfranjen englifcher 2lrt. Sticht feiten muß
eö gefd)er)en fein, baß reiche gürften ober Softer be$ geftlanbeS anget*
fächftfdie @olbfd)miebe vertrieben, um an £)rt unb ©teile tunftliche 2lr*
beiten verfertigen §u laffen. (Sin fold)er befaub 5) ftch 5. 23. um bie SDcttte
beS 11. 3ahrhimbert$ in ber 2lbtei 93contecafftno.
ÜÄan fieht: berfelbe §anbel3* unb ©ewerbötrteb, ber Ijeute (Snglanb
befeelt, leimte febon in ben angelfächfifcben 3ctten. 2tber er l>atte bamal3
eine anbere Dichtung, er biente bem £uxu£ ber reichen Staffen, wäh^enb
er jejjt auf 23efrtebtgung be$ täglidien 23ebürfmffe3 fynaxbeittt 3er) fehe
barin eine geheime Strfung ber beftehenben 9iegterung3form. Sllbion war
biö 1066 von einer mcht$nu£tgen, höchft verbotenen , aber fchwelgerifchen
Dligardne unter bem leeren ©cheine eines ^ömgtfntmö beherrfcht. 2)tefe$
9teich^fürftenthum hatten6) bie engltfd)en ©ewerböleute beS 11. 3af)rr)nnbertö
im 5luge; benn ber etnfyetmtfdje ÜÖcarft gibt überall ben $on an, unb ber
Kaufmann bemißt, faft of)ne e$ ju ahnen, felbft wenn er für bie §lu6fur)r
l) Ancient laws ©. 128 ofcen. 2) £)udjeöne ©• 211 ,* b. 3) Chronic, mont.
Cassin. II, 33. $erfj VII, 649. 4) 9?eue 9tuöga6e tton Du Cange's glossarium sub
voce: anglicum opus. 5) Chronic, mont. Cass. III, 20. $erfj VII, 712 unten.
6) ©ic^c bie oben ©. 381 angeführte ©tette ouö ber (§l)ronif SCBilfielmö üon Sifteux.
JBierteS 93udf). &a\>. 19. SBityelm fcer (Erofeerev fegelt naä) (Snglanb u. ertoitbt bte ßrone. 389
arbeitet, bte 3uftänbe frember Staaten na er) benen beö 3nlanb$. Die
Unwäljung von 1689 r)at bem englifeben ÜBoIf einen rvefentlicben Sintbert
an ber Regierung verfebafft, feitbem geroöfmte ftet) bte englifebe ©eroerb*
rr)ättgfett, Staaten be3 allgemeinen SScrbraudb^ ju verfertigen.
5U3 wetteren SBeleg berufe icf) mieb auf bte ©efebtebte granfretcr)3.
Ü)te fran^öftfeben ©ererbe nahmen bureb Solberts gürforge unter Subrotg XIV.
tfjrett ^uffcbrtntng. Damals roar ber £of 2(tfe$, baS SBolf nicbtS. Diefe
6acb(age t)at jur golge gehabt, baß feitbem bte franjöftfcben gabrtfen if)ren
(Sebarfftnn vorjugSroetfe für ben SuruS ber £öfe unb ber großen Herren
auftrengten. 3m llebrtgen sengen für ben tganbelSgetft ber 2lngelfact)fen
viellctcbt nod) ftärfer, als bte eben geführten 23eroeife, jene Verträge,1)
roelcbe j?anut I. roäfjrenb fetner $etfe nacb Stalten ju ©unften beS englü
feben 93erfer)reö febloß. Offenbar roar er überzeugt, baß er bie 2lnr)ängtiaV
fett fetner angelfäcbftfcben Untertanen burd) ntcbtö fteberer gewinnen tonne,
als roenn er ihnen neue SBege beS SlbfafceS eröffne.
Die bamaltge politifcbe 33erfaffung (SnglanbS l)at in nod) anberer 23e*
3tel)ung bem angelfäcbftfcben 2lu3fur)rr)anbel it)ren (Stempel aufgebrüeft. 3ene
JDligarcbie fügte ben Saaten, roelcfje ber ^unftfleif unb ber Sanbbau fd)uf,
einen (Stapelarttfel ber fcr)änbu'cbften Slrt bei. 3* habe anberSroo2) auS ben
^rebigten beö 33tfct)ofö Sßulfjtan naebgerotefen, baß bte SBlutfauger, roelcbe
im Saufe ber (5cbretfen3$etten beS 2Bifingerjocr)e8 jteb bereicherten unb ju
©fcufömgen aufarbeiteten, eine 9J?enge gemeiner greien in (Sflaveret [türmten
unb tn£ SluSlanb zerrauften. Der gleiche ©reuel bauerte unter ben
fpätereren Jlntytlingern unb auet) unter Abwarb — ftcberlta) gegen ben
Hillen btefeS recf)tfcbaffenen £errfcf)erö — fort.
SBilr)elm von 9JiaIme6burr; fagt3) in einer f)öa}ft merfroürbtgen Stelle,
roo er bte 3lngelfad)fen unb Normannen §ur ^tit ber (Eroberung mit ein*
anber vergleicht: „baö gemeine SSolf ift bei ben 5lngelfacbfen eine 23eute
ber ©roßen geroefen. Dtefe preßten ben £ tnter f äffen ben legten geller ab,
unb roenn ber 33auer nichts mel)r r)atte, verfauften fte it)n, nur barauf be*
bactit, tt)re @d)ärie ju mehren, als ©flaven in ferne £änber. 3a noct)
abfebeuliebere Dinge, tt>elct)e ber 9?atur voiberftreben, gingen vor. 93iele
fcbroängerten tl)re ÜJMgbe, bann roann bte Stift befrtebtgt roar, verfließen
fte btefeiben in öffentliche £urent)äufer ober in evoige «ftnecbtfcbaft."
DaS roar ein alter SDftf brauet). (Schon im 8. 3af)rt)unbert flagt4)
23ontfaciuS, DeutfcblanbS Slpoftet, baß faum eine größere Stabt in
Sombarbien, graneten unb ©allten $u finben fei, roo ftet) ntebt §uren
angelfäcbftfcben (Stammes umtretben. ©tcberlict) ftnb biefe Dirnen beS
x) Oben <S. 85 flg. 2) JDaf» @. 17. 3) <&aük @. 102 o&en. 4) ©frörerV
Äirt^. ©efc^. III, 447.
390
^flbfl ®regonu3 Vn. unb fein 3citaltcr.
8. gatyfpxn'mtß, ebenfo rote tfyre ©cnoffutnen bcö 11., burd) ben (5f(aoen*
Raubet englifcher ©roßcn auf bte 9JMrfte beö geftlanbeS befördert roorben.
£>aß ein folcber Vertrieb t>on iXRenfchenfleifch tote! ©e(t> in$ Sanb febafft,
erhellt nicht bloö au$ ben oben mitgeteilten ©d)ilberungen be$ 9tetöjtl)um6
angelfäd)ftfd)er £erren, fonbern aud) aus ber ©efd)id)te beutfeber gürften
be$ 18. Sa^r^unbertö, Welche ihre SanbeSfinber — freilich nur als <5ol*
baten — an (Snglänber unb £ollänbcr oerfauften, unb baburdj mitten
unter einem verarmten unb entroürbtgten 3SoIfe unermeßliche (Schäle an*
Ränften, bte am (£nbe baju gebtent haben, einen (Soloß oon 3uben groß
ju füttern.
SBüfyelm ber Eroberer fannte ben ©reuel unb rotrfte ihm entgegen.
(StneS feiner in fran^öftfe^er 3unge erlaffenen ®efe£e lautet: ') „2Btr »er*
bieten, baß man einen (Stiften inö 2lu6lanb »erfaufe, namentlich nicht inS
^etbenthum." gab bamatö in ber 9Mf)e (Snglanbö feine anbere Reiben
mehr, als bie 6aracenen (Spanien^ unb etroa ber Norbfufte 5lfrifa'$. %n
biefe fd)emen angelfäcbftfche Silasen — roor)l als SSerfdmtttene — §u 93e*
roadjung ber £arem r^äuftg »erlauft roorben ju fein. Noch fräftigere 9Sor*
fet>r traf 2Bt(t)eIm baburd), baß er ben (£a)ulbigen für immer baS £anb*
roerf legte. 2Baf)rltcf/ ber 33aftarb »on $ouen erroarb fleh ein unfterbltcheS
SSerbienft um bie 9J?enfchhett, inbem er, rote ein oon ©Ott gefenbeter
9^äcf)er, bie grunbserborbene Slriftofratte ber Slngelfachfen mit Stumpf unb
Stiel ausrottete.
2)a6 normannifche £eer ift in ben bret näcbften Monaten nach ber
Krönung gar nicht, ober jebenfaltö ntebt roett, über Sonbon hinaus gegen
Horben gebrungen. $>te $r)emfe btlbete, rote eö fchetnt, bamalö bte ©rönje
ber bewaffneten Eroberung. Detter bagegen rüdte eS auf ber SBeft*
feite ber Snfel gegen Horben »or. £)te %fyatfad)t ber Ernennung gi$oö*
bernö §um (Sari »on ^ereforb, fo roie gerotffe (£retgntffe, »on benen unten
bie *Rebe fein rotrb, beroetfen, baß in genannter Sf)ire längs ber vt>alltftfcf)cn
®rän§e normannifche SBefafcungen ftanben. 5ludt) im Sübroeften fann um
bte gleiche Seit bte (Eroberung laum bie ©raffcfyaften Dorfet unb Sommerfet
überfctjritten haben. 3ßie ich unten geigen roerbe, unterwarf Wilhelm erft
1068 im Süben Ureter, in TOttelenglanb unb bem Horben bie *piäfce
Orforb, Söarroicf, Setcefter, Nottingham, Stnfoln, g)orf.
Allein roenn auch nicht burch bie ©eroalt gegenwärtiger Sßaffen, fo
erftreefte ftch bodt) fd)on 1067 SBilhelmS Einfluß burch ben Schrecfen, ben
er »erbreitete, über ba3 ganje *Reich. 3ene Häuptlinge 9tortl)umbrten$ unb
•äfterctenö, bie offenbar noch im ÜJejember ftcb mit bem $tane getragen
hatten, eine felbftftänbige JKolle ju fptelen, (Sabroin unb Dorlar, untere
*) Ancient law» @. 208. 9lx. 41.
aßietteä 93ud). (Eap. 19. 9ßilf;e(m bcr Eroberer fegelt naefy Chtglanb u. ertotrbt bie Äronc. 39 1
warfen ftcr) tr)m freiwillig. 2)er 5lrchtbtafon von Stfteur er^lt: ') „nach*
bem ber neue Äöttig Sottbott balb nacb ber Krönung vcrlaffeu hatte, begab
er ftcr) in ben ber ^auptftabt nal) gelegenen £)rt Verfing (in (Sffer) unb
»erweiltc bafelbft mehrere Sage. 2)ort erfa)tenen vor ihm bie mäa^ttgften
aller englt)'a)en ©rofktt, (Sabwtn unb -äflorfar, 5tlgarö ©öfme, flehten, baf
2BiIr)elm ihnen bte wibrigett ©eftnnuttgen, bie fte früher an ben Sag ge*
legt, »ergeben möd)te, unb überlieferten fta) unb tl)r @tgentr)um ber ©nabe
be$ neuen ©ebieterS. £)affelbe traten mehrere anbere eble unb mächtige
^erren."
Ü)er 9(aa)brucf, mit welchem 3Bilr)elm bte 5D?afregel ber @tnsier)ung
fämmtltcher ©üter ber t>erurtt)eiften 93afallcn ^aralbö bura}fül)rte, fc^etnt
bte jroei 9?ortlntmbrter gefct)recft §u haben. <Sott)or)l bte 2Öorte be$ (£f)ro*
ntften, als 2)a$, waö im 9J?är$ 1067 gefdjal), weifen barauf fyn, baß ber
Normanne irrnen r)arte S3ebtngungen auferlegte, ©leichwol)! würben fte
fammt ben 5lnberu begnabtgt. 2)er 5lra)tbtafon fährt fort: „MMq 2Btlf)elm
empfing bte (Stbfchwüre ber Sreue 5111er, verwerte fte fetner §ulb, betätigte
fte tm 33eft£e tt)rer ©üter unb hielt fte tu @hrett." jtlar tft, baf fämmt*
lta)e ©rofk, bte ju 33erftttg ftet) etnfanben, nta^t bem vom normanmfe^en
§eere befefcten ©ebtete angehörten, fonbem in ben noer) nicht förmlich er*
oberten feilen be$ 9fetch$ il)re 2Bofmft£e Ratten. $)enn bte wiberfpenfttgen
SSafallen ber befehlen ®raffa)aften waren nicht begnabtgt, fonbern, rote wir
wiffen, mit (Stnjte^ung ihrer ©üter beftraft worben. 2)er 5tra)tbtafon führt
auf er 9Jtorfar unb (Sabwtn nur noct) einen dritten, öon bem unten bie
$ebe fein wirb, namentlich) auf. 9J?an fann jeboct) bie Stfte au$ £>rbertcr}
ergänzen, ber, neben ben bret von öfterem erwähnten, noct) $urct;tll von
SimeS, ©twarb unb Sllbreb, 6ör)ne (SbelgarS, eines (Settenverwanbten beS
alten jtöntggfyaufeS , unb (Sabrtf, genannt ben SBtlben, einen (Snfel beä
verrufenen2) (Sabril ((Streona) nennt.3)
3$ glaube, man ift berechtigt ber £tfte von Verfing noch einen anbern
attgeljdchftfchen ^eichSfürften beizufügen, ber fyä'ter eine ht'rvorragenbe 9Me
fvtelte. Wlit 9J?orfar unb (Sabwtn würbe 2Baltf)eof, SiwarbS (Sohn, im
9JMr§ 1067 vom Röntge unter ehrenvollem SBorwanb, in ber Zfyat aber
als ©elf el, naa) ber 9tormanbte abgeführt. (£r hatte ftcr) bemnact) gleich ben
betben anbern unb rr>at)rfct)etnltcr) §u gleicher Sät unterworfen. Sftacr) bem
1055 erfolgten $obe be$ (SarlS ©twarb von 9?orthumbrten, war, wie ich
früher gezeigt habe,4) beffert <Sol)rt vom'ßrbe auSgefajloffen, unb ^tatt fetner
ber ©obwinibe Softtg jum (Sari etngefe&t worben. 6o lange Softtg feine
(Stellung behauptete, tft ntrgenbS von 2Mtr)eof bte S^ebe. 2)er 3üngling,
A) ©ud^cöne @. 208, b. 2) Sie^e oben @. 33 flg. 3) JDuc^egnc @. 506, b.
4) @. 318.
392
$a&jl ®regimu$ VII. unb fein ßtitalkx.
ber beim $obe feines Vettert bie 3aljre ber TOnbigfett nodj ntcf)t erreicht
fyatte,1) fytelte folglich feine SRolle, er fcfyetnt als ^rbatmann gelebt
$u fyaben.
£lber nad) bem Sturze £oftig3 muß er in einen Sfyeit ber tiäterltctien
Sefyen emgefefct Horben fein. 3)enn «ftöntg Sßil^elm befyanbelte ir)n im
9J?ärj 1067 ntd)t Mo3 atö einen abgeneigten, fonbern aud) atö einen ge*
fäfyrltdben ©roßen, ber il)m §u falben vermöge, golgltd) befaß 2Öaltl)eof,
al£ SBilfyelm naa) (Sngtanb fam, ein merfticbeö 9Jtaß t>on 93?acf;t, bie er
nur in ber 3ti>tftt)enjett *>em @turje SoftigS biö §u beffen Untergang
in ber @a)(ad)t sott <Stamforbbribge erlangt fyaben fann. 9?un ift Softtg,
wie wir wtffen, bura) bte Sb'fyne 2llgar3, Dorlar unb (£abwm, geftürjt
worben. 3wifa>n bk\m abex im*> SQSalt^eof fnüpften allen Sinnigen nad)
©cmeinfa}aftltd)feit beS Raffel unb anbere 2krf)ältmffe ein engeö SBanb.
3t)rc 93äter, Siwarb unb 2Ugar, waren alte $am))fgenoffen gewefen, fie
felbft fyatten gleichmäßig bureb bte ©obwiniben gelitten, drängt fieb unter
btefen llmftänben ntdjt bte 23ermutf)ung auf, baß entweber bte trüber
(Sabwin unb 9J?orfar au£ eigenem Antriebe nad) Softtgö Vertreibung einen
$t)eil ber ehemaligen Sefyen <Siwarb3, welche tton bem ©obwiniben wiber*
recfytüd) weggenommen worben waren, au 2&altl)eof abtraten, ober baß
fie itönig (Sbwarb bemfelbett jugefproeben l)atte?
SSon Denen, welche ftd) §u Verfing ftellten, gef)t ber normannifc^e
ßfyrontft auf ben (Sltto (gabgar über, ber fdjon im 2)e$ember 1066 ju
SBerffyamfteab bem SBaftarb Inttbigte. „(Sabgar," fagt er, „würbe fcom
Könige mit reiben ©ütem auSgeftattet. 2lua) nod) anbere (Sfyren erwies
tfym 2ßül)elm. 5luf (Sabgarö Sßerwenben bewilligte er mehreren Dingel*
fachen $lu6§etdmungen, um weld)e bie alfo 53ebaa)ten ttergebltdj bei ben
älteren Königen ober tt)ren Verwanbten ftet) beworben Ratten." £)er 2lra)t*
btafon brüeft fid) gefyetmnißflolt au3. 9J?etne3 (SracfytenS beutet er an,
baß (£abgar, alö er in golge ber SSerfyanblungen »on 23erft)amfteab ju
©unften 2öill)elmö auf ben englifa^en Stroit »erstattete, an feinen Verstaut
bie SBebtngung getnüpft b/at, 2ötlf)elm folle einigen »ornefymen 5lngelfaa)fen
gewiffe ®nabenbe§eugungen gewähren, welche s>on btefen ttergeblia) bei bem
vorigen Röntge Abwarb, t>ieUetdbt aua) bei @abgar felbft wäbrenb feiner
furjen ^errfebaft nacbgefud)t worben waren, unb baß bann ber SBaftarb
ju S3erftng feine in SBerffyamfteab gegebene 3uf«9^ erfüllte. £ro£ btefen
äußern Stilen freunblicber '©eftnnung mißtraute ber itöntg ben meiften ber
S3egnabtgten. S3eweiö bafür bte Maßregeln, welche er im ÜMrs ^u er^
greifen für gut fanb.
•iftur ein einziger fcon !2)enen, weiche ^u Gerling erfdnenen, unterwarf
s) JDaf.
Sßterteö 93uc$. Qiap. 19. SBil^elm fcer Gro&erer fegelt na$ (Snglanb it. ertttr&t bie jfrone. 393
ftch ber neuen £errfd)aft cl)dtd\ of)ne 9iücfr)alt, unb gewann auch baö volle
Vertrauen 2Bt(I)e(mö. 3ur 3^tt/ ba Softig üRorthumbrten bef)errfchte, fefcte
er einen bortigen (Sbclmann, Samens ßopft, $um S3tjtl)um ober Statthalter
ein.1) Iflad) SoftigS Vertreibung trat berfclbe, wie eS fcfjctnt, in bie
JDtenfte 9J?orf'arö ober erhielt fonft ein Sellen in Üftorthumbrien. 9?a#bem
2ßill)elm auf ben $l)ron erhoben roorben war, fanb (Sooft ftcf) mit ben
Slnbern $u Verfing ein unb leiftete2) ben (Stb, aber im Uebrigen maebte
er e$ nid)t voie bie Slnbcm. 2Bährenb biefe auf Verratl) fannen, blieb er
allein unter allen augelfäd;>fifd)cn ©rofjcn bem neuen Röntge treu, fiel jeboa)
balb als Dpfer feiner Slufrtcfcttgfett. ȣ>ievon unten.
2Bie man fte^t, ftanben bie £)mge im grühling 1067 ungefähr fo:
ein £)rittl)eil beS 9trf$4 war von normanntfdjen Staffen befe£t, bie ©rojkn
ber übrigen *ßro»m$en Ratten faft alle ober boa) ber Überwiegenben 9J?ef)r*
jal)l nach auö Steeden ^ulbigung geleiftet. SSilljelm verfäumte 9?td)t3,
um ba$ (Eroberte §u behaupten. 9?amentltd) wanbte er ein Nüttel in au6*
gebeertem sDiaj3ftabe an. 3)tc ©aa))ena)ronif fagt:3) „überall erbauten
bie Normannen Burgen. u 2lud) ber (Sfyrontft von Sifteur erwähnt fyäufig
bie (Srrtditung fold)er Untervfänber beS ©ehorfamS. 9?ia)t bloö bie 9ioth*
wenbigfett voar e$, was ben 33aftarb von 9£ouen l)iebei leitete, fonbern
ein angebomer, feinem Stamme eigentümlicher £rieb: greube am 33auen.
5tn jener merfwürbigen ©teile, roo 2Büf)dm von SftalmeSburty ben angele
fäa}ftfa)en ©eift mit bem normänntfa}en vergleicht, Ijtifyt*) e3 unter Ruberem:
„bie Normanne lieben eS, großartige ©ebä'ube aufzuführen. SRachbem fte
(Snglanb in ihre ©eroalt gebracht hatten, faf) man fte überall in ben Ü)ör*
fern $ird)en, in ben SDiarftfleden unb Stäbten $löfter, unb &war in
einem neuen SBauftyl errichten/'
deines (Srad)tenö fönnen mit lederen Korten nur bie Anfänge be$
fogenannten gothifa)en SttyleS gemeint fein. £f)atfache if*< kaß bie Stiege
biefer Bauart inS 11. Sahrfnmbert hinauf reicht, $hatfache ferner, baß
gotl)ifche ^Bauten nirgenbS früher unb zahlreicher vorkommen, alö in ber
9?ormanbte unb im normanntfehen (Snglanb. Die herrltchfte aller Bauarten
ftet)t wie alles ©roße auf ben Schultern von Vorgängern, fte hat bie (Er*
fahrungen verfchiebener ÜBölfer, namentlich ber Romanen, ber 33i;§anttner
unb inSbefonbere ber Saracenen benü^t. (Sin vielgereister 9Jfann muß
ber geroefen fein, ber juerft ben 9fiß eines gotl)ifd)en -äftünfterS, einer go*
thifchen 23urg, eines £onboner SowerS entwarf. 9tun frage ich: wer t?at
häufiger bie deiche be$ borgen* unb 3lbenb*2anbe$ burchwaubert, bie Stäbte
l) $Dic 93etoetfe bei Sa^enBerg I, 534. Sftote 2. 2) £>uc§egne 208, b. 506, b.
3) 93vucf)|iücf jum 3at;ve 1066 bei XfykxxX) II, 19. 9iote 1. 4) ©ooile @. 102 SWitte:
domi ingentia aedificia — moliri — , videas ubique in villis ecclesias, in vicis et urbibus
monasteria, novo aedificandi genere, consurgere.
394
$afcft ©regortua VH. unb fein 3ettalter.
Staffen*, Styultenö, ©fcfKen*, be$ grted&tfdjen ßatfertfnanS, JtlefnaftenS,
©tyrtenö, Seftypten*, beS nörbltdjen Slfrifa, (Spaniens, $om, 23art, £)tranto,
Sarent, (Sonftanttnopel, 3affa, 9?eubabt)lon, (£artf)ago, (Sorbooa, ©ranaba
befugt, alö ber füfyne, tapfere, gefreite, unb boef) ^tjantafieretc^e 9?or*
manne? 3u Lorbeer l)in, ben er als ©olbat ber Strebe mit bem (Scherte
errang, gebührt ifym nod) baS 33erbtenft , ben SBaufttyl ausgebaut §u fyaben,
ber mit ber ©Iocfe, ber £)rgel unb ber gemalten genfterfdjeibe bie 93er*
förperung dfyrtftltdjer 9Jtyfttf ootlenbet.
3dj> mufj nod) ein anbereS Littel ertönen, burd) baS Wilhelm bie
Eroberung ju ftc^ern fud)te. 93on jefyer Ijaben 9tformanntenö ^erjoge einen
*M)m bann gefua)t, gute $o(t§et $u üben, bte ©trafen gegen Wegelagerer,
ben Sauer gegen 9faub $u fcfeüftcn. (Sin Setfpiel aus 9Mo'3 3?it txuube
oben1) angeführt. Wilhelm ftaub in biefer ^g>ütftdt)t feinem ^Ifmfyerrn nid)t
naa). 211S im ©ommer 1066 baS große naa) (Snglanb beftimmte £eer
am 2lu6flu£ ber £)toe §ufammenge§ogen roarb, unb auf er ben otelen San*
beSfinbern Saufenbe frember ©ölbner §u Dfojj unb guf Ijerbetftrömten, roar
eS ftd)erltd) fein letztes ©titd Arbeit ben Sanbfrteben §u fyanbfyaben, bem
©efefje ungefränfte 3ta)tung §u t>erfa)affen. Wilhelm löste btefe Aufgabe.
2)er 5lra)ibiafon t>on £tfteur fagt:2) „roäfyrenb beS Monats, ba «übrige
Winbe baö §eer an ber 3)foe jurücft)tclten , §al)tte er 30,000 9J?ann auS
feinem 6ädel unb forgte für bte SBebürfntffe eines 3eben. deiner burfte
rauben. £Rut>t9 unb ungefyubelt fyütete ber S3auer fein $tef), fei e$ auf
bem 6tofcfcelfeIb, fei e$ auf ber £etbe. 3Me ©aat blieb für bie Sittel
beS ©d^nitterS aufgefpart, nta)t ber Stoffe ^>uf f)at fte vertreten, ntd)t ba£
^admeffer beS *ßlünberer$ fte abgemäht. (Sin $tnb fonnte unbewaffnet
reiten, roofym e6 tf)m beliebte. £)er Slnbltd beS ©olbaten erregte feine
6d)eue, feinen ©abreden!"
3n (Snglanb brüben faf) e$ anberS auS. ®eftef)t nidjt glorenttuS, baf
in @t>roarbS, beS SBefennerS, Sagen alle ©trafen unftd)er waren. 3war
^aralb foll für £)rbnung geforgt fyaben, aber roenn 24 3al)re lang 9taub
gefyerrfd)t f)at, reicht guter Wille nttft I)tn, um in wenigen Monaten eine
eingewurzelte ©ewofntfyeit ausrotten. §lua) trat bte 9?otf)Wenbtgfett ber
ÄrtegeSrüftung unb unauSgefefcter 9JMrftt)e feinen 2lbftd)ten fyemmenb in
ben Weg.
Wilhelm bagegen nafym bie (Sadje gleta) Anfangs in feine eiferne
£anb: er füfjrte unoerroeilt normannifa^e ^oli^et im eroberten (Snglanb ein.
5ln ber ©teile, roo oon ben neuen 5lnorbnungen bie *Rebe tft, bie ber
Äönig unmittelbar naa) ber Krönung, alfo etroa im 3anuar 1067, traf,
melbet3) ber 5lra)tbiaf on : „9^aub, Unfälle, grobe 2krbrea)en oerbot Wtl*
l) ®. 161. 2) S)uc^eöne <S. 197, b. 3) Ibid. @. 208, a.
SStetted 93u<$. &ap. 19. 3Bin)elm ber($ro6eter fcgelt nadj (Snglanb u. erwirbt bic trotte. 395
heim aufs Strengfte innerhalb beS von t'fym befehlen ©ebietS; £äfen unb
Sanbftrafen waren ben ^aufleuten geöffnet, feinem burfte ein §aar ge*
f nimmt werben." 2)aS beutet barauf l)tn, baf ber Mn\$ überall Sicher*
(jettwaa^en einrichtete, welche nicht bloS für bie öffentliche C^ur)e, fonbern
auch für bie gortbauer ber 23lütl)e M £anbelS forgten, ber auf er ben
©ewerbleuten bte StaatSfaffe bereicherte.
So 5luf erorbentlicheS ber $önig wätjrenb ber fünf Monate — von 5ln*
fang Dctober 1066 bis (Snbe gebruar 1067 — getfyan I)at: immerhin war
baS 2Berf ber (Eroberung faum §ur £älfte vollbracht, unb bamit baffelbe
weiter fortfehrette, beburfte eS ber fteten Sorgfalt, namentlich aber — ber
unauSgefefcten ^tnwefen^eit beS großen 9JfamteS. Dennoch verlief 3BtI^
heim im 9DMr$ 1067 (Englanb, um nach ber 9?ormanbie ju gehen, unb
fer)rte erft im Dezember wieber jurücf. 3a noch mef)r! ju gleicher Seit,
ba er abreiste, verab)d)iebete er einen £r)etf feines £eereS. bringt niebt
in bie 2lugen, baf ©rünbe von ungewöhnlichem ©ewicht tJjn §u btefem
(Entfchluffe beftimmt ty&tx müffen. 3a) (äffe junäcbft ben Slrc^tbtafon von
Sifteur reben. f)
„S93ill)elm übertrug bie Statthalterfchaft über (Englanb feinem £alb*
bruber, 33tfc^of £>bo von 93ateur, unb bem neuen (Sari von £ereforb, gi£*
DSbern, er felbft begab fia) nach ^eoenfet;, wo er (Enbe September vorigen
3al)reS gelanbet hatte. Schiffe ftanben $u feiner Ueberfa^rt bereit, auch
trafen bafelbft, vom Röntge aufgeboten, mehrere engltfdje ©rofe ein,2)
namentlich Stiganb, (Srjbifchof von ßanterburty, (Eabgar ber (£tf)eling, welker
im vorigen SBinter etliche £age bie Jtrone getragen hatte, bie (Earle (Sab*
win unb 9ttorfar, fowie 3Baltheof, SiwarbS Sof)n, ber 5lbt von ©lafton*
burty, Slgclnotf)." 3)ant erwähnt ber ©t)rontft noch einige anbere vornehme
^erren, beren tarnen nicht angegeben finb, ober beren Stellung ftch nicht
genau beftimmen läßt. Unter bem Schein ber (gt)re fotlten fte ben $önig
als ©efolge begleiten, in ber %l)at nahm er fte als ©eifel ber Stühe
(SngtanbS mit ftch. Der Slrchibiaton fährt fort:2) „SBilfoelm berechnete, baf
bte unterjochten $lngelfachfen, burch bie (Entfernung jener Männer ihrer ange*
fehenften ^äuvtlinge beraubt, nichts währenb ber nächften SHonate gegen bte
ntrücfgelaffenen normannifchen Statthalter unternehmen würben."
2ßte oben erzählt worben, war Stiganb von (Santerburty ber erfte
gewefen, ber im November vorigen 3af)rS ben neugewählten (Sabgar ver*
lief unb für bte £errfchaft beS Normannen $artl)et ergriff, ©leichwoht
ftanb längft Wilhelms (Sntfchluf feft, btefen Prälaten, ber mit $etrt Stuhl
gebrochen hatte, fallen ju laffen. (Er mxkk nur eine günfttge ®elegenf)ett
ab, für ben Slugenblicf glaubte er ihn fa)onen au müffen, theilS weil er,
l) Ibid. <S. 209, b. 2) 93crgl. <tu$ Flores histor. <S. 635.
396
$abfi ©regoriuö VII. unb fein Settatrer.
laut ber SBerfterjerung1) beö 2lrtf)tbtafonS »on Sifteur bem Urteile beS $abft6
SUeranber IL (mit bem alfo bamalS unterfyanbelt würbe) ntct)t vorgreifen
wollte, tfyeilS weil er erft feine Wlafyt §u serftärfen gebaute, ebje er einen
entfcfyetbenben ©treia) gegen btefen üftann führte, ber unbcgränjten (Stnflufj
auf bte 5lngelfaa)fen übte. ') ©ttganbS ©djarffmn fa)eint bie 3lbfta)tcn be$
ÄöntgS bura)fcf)aut, unb er muß auf Abfall gefonnen fyaben. Um tfyn nun
unfdjäbltdj §u machen, natjtn if)n 2ÖtIl)elm unter efyrenooltem SBorwanbe
als ©eifel mit ftet). 2)te ©rünbe ber Slbfürjrung ber 5lnbem finb oben
entwicfelt worben.
glüdjttg beutet ber 2lrd)ibtafon »on £tfteur an, §ur nemltd)en 3ett mit
2ßtlr)elm fyabe fta) ein Xfytil beS normanmfa)en ,§eere3 §u *ße&enfety ein*
gefunben, um bort abgebanft unb fofort naa) bem geftlanb hinüber beför*
bert §u werben. 2)er (£l)romft fagt2) namlta): „§u *)3ettenfer; ftattete jtöntg
28tlr)elm 6olbaten feineö §eereS, welche in ifyre ^etmatt) jurücffeljrten,
mit fürftltdjen ©efebenfen aus, bamit jeglicher ju ^aufe ftd) rühmen fönne,
reichen 2or)n feines §lntfyetl$ an ber Eroberung baoon getragen §u tjaben."
lieber bte 3a^ ber 2lbgebanften, fo wie über bte SBeweggrünbe, warum
fte gingen ober pkWföt gefyen mußten, fctjweigt ber »orftcfytige 23erta)t*
erftatter. Smmerfnu ftel)t man, baß §ugletct) mit bem Röntge ein Sfyetl
beS ftegretcfyen £eere£ im 9Mr§ 1067 (Snglanb »erlief.
$mt\$\#p$ Cajritel.
93om Srüfylinge biö $um 2)e$ember 1067 bleibt SBüfjelm in ber ^ormanbte , gibt bort
prächtige §efle, ttdljrenb auS Grnglanb büflere 9ladjricljten uon (Srmorbungen ein?
laufen, ©eljeime ©rünbe ber febeinbaren Unifjdtigfeit beö Normannen, ^öntg
$l)iltw I. »on ftvanfreidj Ijatte einen Angriff auf bie (Srblanbe beS übermächtigen
JBafaUen befcfytoffen , aber 2BtU)elm nötfyigt tfyn , auf biefen $Ian ju »ersten.
9<cacljn)ei3 ber bittet , burdj a->eldt)e 2Bilf>elm Se^tereS inö 2Berf fe$te. Bugleicr)
fommt an ben Sag, bafü ber (Eroberer jtdj üerbinbltdj gemacht Ijatte, für (Snglanb
bem ^eiligen <Stut)(e ben a3afa(ten;@tb gu letften. 3u 3tuesgang beö 3at)r3 1067
fefyrt Sßüfyelm ü6er ben Farial juiücf. ©roße ©dfyrung in Sonbon , bie er burd)
ein ®efe§ befcfyioicbttgt , loelc^eö baS bürgerliche (Eigentum ftdjer ftettt. Sluffidnbe
beö 33oulogner$ ©ujiadjiug , ber Butter <£aralb£, feiner @öljne, beö (Stito (Sbgar
unb Slnberer, toelcfje SBiUjetm fammt unb fonberS im Saufe beö Sa^reö 1068 nieber*
fcfylägt. 2ßdt;renb ber angelfddjftfdje Stbel im J&affe gegen bie normannifc^e «§err^
fc^aft tier^arrt, beginnen bie niebereu klaffen, S3ürger unb 93auern, verf6J)nlidbe ®e*
fünnungen §u geigen.
3n ber ^ormanbie, welche wäl)renb beö legten Kriegs bte ©emat)ltn
2ßtll)elmS, Mütfy&t, mit einigen feiner »ertrauteften Dfiätlje als ©tattfyal*
l) ©uc^eöne @. 208, a. z) Ibid. 209, c.
SierteS 93ucr). Gap. 20. Si^elm fe^ri tm SKär^ 1067 na# ber «Kormanbie jurücf. 397
terüt tterroaltet fyatte,1) rourbe ber Eroberer aufö (5f)ren^oHfte empfangen.
Die S3et>ölfcruiig gertetr) auf bie teilte, um ben $r)riumpb$ug t>om 9J?eere3*
ufer nad) 9?ouen ju fcbauen, beu Eroberer mit tf)rem 3uruf begrüßen.
£)ftern feierte 2£>ilr)eun 511 gefamp; f)ter gab er ein glän^enbcö geft, bei
meinem nid)t nur Normannen, fonbern aud) »tele franjöftfcbe ©roße al6
©äfte erfd)tenen. Unter (enteren ragte Ortner fyeroor, ber bamatö eine t)ot)e
Stelle neben bem Abreite granfretcbS einnahm. Um bie Wiittt beö 11. 3af)r*
l)itnbert$ fyatte ^einrieb I. von granfretdj bie ^oct)ter be3 Äieroer ©roß*
fürften 3aroö(aro, Britta, geef)e(ia)t,2) tfe(cr)e ir)m bret Söfyne, worunter
ben Nachfolger, $f)ilt>p L, gebar, ^einrieb I. roar, rote rotr rotffen, im
Sluguft 1060 mit %o\> abgegangen, worauf ber unmünbige *ßbtltpp unter
ber ^egentfdmft fetner SJiutter unb beS glanberer 9J?arfg rafen 53a(butn V.
ben £r)ron beftieg. 5lber fa>n jroet 3af)re nad) bem £ob tfyree ©emabtö
fcfyrtrt bie fontgltcrje 2Btttroe 2lnna §u einer neuen (5f)e, inbem fte einem
mäcbttgen ©roßen, bem ©rafen D^abutf t>on QSalotö ober (Srept, ifyre §anb
reifte. Diefe ÜBerbtnbung erregte bte Un$ufrtebenr)ett be$ jungen Königs
unb *)3artr;eiung im $cid)e.
©in vom 9^t)etmfer (£r$bifcbof ©erttaftuS an $abft SUerartber II. ge*
riebteteö Scbretben3) tft auf un3 gefommett, in welchem er «ftlage füfyrt, baß
©raf Dtobulf, um bte Königin SSittroe r)etratt)ea §u fönnen, feine frühere
red)tmäßtge ©emapn t>erftoßen l)abe, ferner baß bie neue (EI)e roiber ben
SBillen beS jungen Königs, aber in geheimem (Sunoerftänbntffe mit ben
anbertt SSormünbem *ßr)tlipp8 I.*p €>tanbe gefommen fei. £e£terer Sa£
roeiSt oljne 3wetfel auf 53a(butn von glanbem fyitt. Um bie 2I>ittroe mit
ir)rem ©olme §u entzweien unb baburd) (enteren in feine ^anb ju befom*
tuen, fyatte, fo fdjetnt e3, Salbuin f)eimlicb ben *ßlan beS ©rafen flon
2klot£ begünftigt, roelcben ein jüngerer 3e^3erioffe/ §lbt ©uibert oon 9io*
gent, als einen ber geroalttf)ätigften unb er)rfüdjttgften gürften be£ 11. 3af)r^
ImnbertS btnftelKt.4) £)te franjöftfcbe ©etftltcbfeit lief ü)ren 2Btberftanb gegen
bte JEfyat $abulf£ rfidjt bei bloßen klagen bevoenbeu.
5lu3 einer glaubroürbigen (Sfjrontf1 erfyellt,5) baß um 1063 ber $tr*
cbenbann gegen ben ©rafen von QMote verfängt warb, aber aud) baß
*Rabutf mit ©eroalt foroof;! feine fjofje Stellung im 9fetd)e, alö auc^ bie
SBerbinbung mit 5lnna ju behaupten roußte. !Der ©raf von 53aIoiö ftanb
bemnaa) jur 3^t, ba 2ßül)eim ber Normanne ©nglanb eroberte unb rufym*
gefrönt nac^ ber 9lormanbie §urücff el)rte , a(ö ein glüdlid^er (Smpörer ba,
ber bem jungen Könige, bem «l^ofe, unb tnöbefonbere bem neuftrifa^en Sleruö
l) Ibid. 211. 2) ©anb II, 508. «evgt. noä) ^&ß\iqüä XL 29, d. 319, b. 481, a. b.
3) Ibid. <&. 499, d. 4) De vita sua. Opera edid. Luc. d'Achery. Paris 1651. 2)te
©teile felbft in ber art de verifier les dates II, 701, b. 5) Söouquet XI, 198, b.
398
$abft OregoriuS VE. unb fein 3eitalter.
2BiberVart f)telt. (£ben btefer Dfabulf, ber bura) bte errungene @f)e mit
2lnna Stiefvater beS jungen *)3Ijilivv I. geworben mar, wofmte, laut bem
3eugntffe beS 2lrtf>tbtafon6 von Sifteur,1) als bevorzugter ©aft ben geften
bei, tvelcbe 2Btlf)elm von (Snglanb unb SRormannien an £)ftem 1067 ju
gefamv gab.
£er Normanne enttvitfelte eine *ßrad)t unb eine gretgebigfeit, tt)eltf)e
unverfennbar etwas SlnbereS als ben ©emtfj befriebigter ©itelfett bejwetfte.
2)ie ©ewänber ber Begleiter unb £)tenftleute beS (Eroberers ftrofcten von
©olb unb «Selbe, in golbenen unb ftlbemen ©efäßen würben bte ©Reifen
aufgetragen, von golbenen ober ftlbernen Seilern aßen bie ©elabenen, aus
Römern, beren (Snben mit gletajem Statte befragen waren, tranfen fte
Sein. 2)abei trug Silfyelm ©orge, bie vornehmen dnglänber, meiere er
als Staatsgefangene mit herüber gebradbt fjatte, ben 33litfen ber ©äfte
auS^ufe^en.
2)te jüngeren unter benfelben erregten bura) it?re faft mäb^enfjafte
®a)önf)eit unb baS ßarmtn tljrer fangen bie laute 53erounberung ber gran*
jofen. Seife beutet ber 5lrd)tbtafon bie 5tbfta)ten feines ©ebteterS an, inbem
er bte SBemerfung fytnwirft : *) „bie £errltcrjfeit, wela> vor tfyren SBlitfen
ftd) entfaltete, entjünbete bei ben fremben ©äften ben Sunfa), nad) ber
£etmfer)r üjren SanbSleuten §u erjagen, wie retdj unb mäa^tig Stlfyelm ber
Normanne geworben fei." 2luS bem Sflunbe vieler Sobvretfer follte ©atlien
erfahren, baß ber neue itb'nig von ©nglanb treue 2)tener verfa)wenberifd)
belohne, unb baß 2)er gut fafyre, ber feine ©ewogenfyeit 31t erringen wtffe.
$om m&n bis sunt 6. Dezember2) 1067 blieb Sftyelm in ber 9cor*
manbie. Ueber @taatSgefa)äfte, bie berfelbe wftfyrenb biefer 9 Monate vor*
genommen r)abe, frf)Weigt ber 5lrdjibiafon, er fagt5) bloS, baß ber $önig
bte nämltdje gretgebtgfett, bte er feit ber Krönung §u Sonbon ben Älöftern
unb Ätra^en beS geftlanbS unb ber 9?ormanbte erwtefen fyatte, ju üben fort*
ful)r, baß er bie gremblütge, wekfye unauSgefe(3t ben §of von $ouen be*
fugten, glänjenb bewirtete, unb baß tro§ beS 3ufammenftrömenS fo vieler
SDtenfdjen bie öffentliche ©tdjerfyett in ber 9cormanbte aufrecht erhalten
würbe: feinem (£tnl)etmtfd)en fei ein £aar gefrümmt, fein S3auer bura) @in*
quartirung ober $aub bebrürft worben. -ftaa) ben Sorten beS (£f)rontften
p fließen, möchte man meinen, ber (gröberer fyabe jene Sage nur bem
Vergnügen geweif)t. Allein in 9Bar)rt>ett verfielt ftd) bte Saa^e anberS.
2BaS gefräar) in (gnglanb brüben, wäfyrenb Stlfyelm bteffettS beS
banales weilte? Sin Slufftanb folgte bem anbern. £)rberta) Vitalis be*
Rauptet,4) SRadpfftgfeit ber von Stlfyelm bei ber Slbfafyrt jurütfgelaffenen
l) 2>uc$eSne @. 211, c. *) Ibid. <S. 509, c. 3) Ibid. 211 flg. *) Ibid.
@. 507 unten flg.
33ievte0 33udj. (5a£. 20. 3SBtu)elm fefirt im SWävj 1067 nacf) ber ftormanbie jutürt. 399
Statthalter, forme bie ©raufamfett ber untergeorbneten 33efef)I$r)aber be$
«Btfcbofg Dbo von 33aicur unb gifcobcrnS !)abe bte Angelfacbfen jur 93er*
jroeiflung unb baburdj $um 2(ufriit)r getrieben, ber Arcbibtafon von Stfteur
bagegen bezeugt , *) baß beibe Statthalter ihre Pflicht erfüllten. 3* glaube
festerem mef)r, als bem fpäter gebornen Drbertcb, ber au$ TOtleib für bie
Attgelfacbfen spartet nimmt. 3mmerl)in mag eö fein, baß einjelne niebere
Beamte fict) SBebrücfungen ju Scbulben fommen liefen — benn überall gefebteht
SolcbeS unter äfynlicben Umftänben — aber ba$ 3ocf? felbft, ba$ 2BiIr)eIm
auf ir)ren Warfen gelegt hatte, unb ntcf)t M06 bie Art, in ber e6 augenbltcf*
lia? ger)anbf)abt würbe, ftacbelte bie Angelfad)fen, unb eö ift bafjer begreif
lieh, baß fte bte Abtvefenheit bcS «ftönigS, bereu geheime ©rünbe fte fett*
nen mußten, betrügt haben, um bie normannifa^e ^errfebaft abjufd}ütteln.
(Sin grember, ein granjofe, I>alf ben Unjufriebenen bei gührung beö
erften Streid)S. 2Bte oben2) er$äf)lt roorben, nar)m ©raf (Suftadn'uS von
93oulogne, ehemaliger Schwager be3 ÄöntgS (Sbwarb beS 23efenner6, Xtyil
an bem normannifchen ^eereSjug vom ^erbfte 1066, aber nur nachbem
er feinen Sohn bem <§er§oge 2Btll)elm als ©etßel ber Sreue überliefert
hatte. (SuftachtuS muß in ben erften Monaten beS 3ahrö 1067 (Snglanb
wteber verlaffen fyaben, allem Anforme nach war er einer von benen, wel#e
im 9D?cir§ 1067 §u *ßevertfet) vom Könige reichlich belohnt unb bann abge*
banft würben, ©ewiß ift, baß er im grühlmg ftch roieber 31t 33oulogne
befanb. ü)enn bafelbft erfdnenen3) Abgefanbte beS angelfäcbftfchen Abels
von Jtent bei ihm, fünbigten an, baß ihre Auftraggeber ben (Sntfchluß ge*
.faßt hatten, baS normanntfehe 3och abschütteln unb bie voichtige Seefeftung
2)over ju überrumpeln. 2)te Abgeorbneten forberten ben 33oulogner auf,
baS Unternehmen mit aller feiner 5D?acbt ju unterwürfen, inbem fte ihm,
wenn er bieß thäte, bie £errfd)aft über bte befreite Stabt verhießen, unb
fogar als wettere golge bte Ärone (SttglanbS in 5(itöficf)t ftellten.
So fühn ber $lan roar, fchienen bte Umftänbe günftig. SBtfdjof £)bo
von 33ateur, ber rontgltcrje Statthalter über baS fübltche (Snglanb, unb £ugo
von 9flontfort, ber von 2ßtlr)elm etngefe^te 23urgvogt §u Dover, waren mit
bem größten Xtyil ber ihnen anvertrauten 23efa£ungen über bte £r)emfe
hinübergezogen, vielleicht um Bewegungen ju unterbrüefen, bte mit ber $er*
febroörung ber Center sufammenhtengen. giel Ü)over in bie ^änbe ber
Unjufriebenen, fo roar bie $erbtnbung 2BtlhelmS mit (Snglanb bebroht unb
ßuftacbtuS fonnte bann nicht ohne einigen ©ruttb bie Hoffnung he3en/ ^on
ber eroberten geftung auS bie Normannen auS (Snglanb ^u Vertretben. 2)er
35ouIogner ©raf gieng auf ba$ Anerbteten ein, er bemannte einige Schiffe
mit auSerlefenen Solbaten, unb fuhr bei 9tad)t nach ber nahen Jtüjie von
') Ibid. 212, a. 2) @. 361. 3) £)U($egne ©. 212 u. 508.
400
$at)jt ©regoriuö VII. unb fein Settatter.
(Snglanb hinüber. 2tlS er bort cmfam, erwarteten ihn biejenigen ber t>er^
fchworenen (Sbelleute, welche in ber 9Zät)e von 2)over wohnten, bewaffnet
am ©tranbe. Wlit ben 51ngelfact)fen vereint, rücften bie gran^ofen unver*
Weilt vor bie geftung, I)offenb, bie gefd)\t>äcr)te 23efa|ung ju überragen.
Slber biefelbe Ijidt gute 2Bad)e nnb machte einen fnfynen 2lu3fall. sßani*
fct)er 6d)recfen ergriff bie 5tnfftänbifcf)en, roeil baS ©erüd)t ftd) verbreitete,
baß 93tfcr;of £)bo mit feinem ,£>eere im 2lnmarfcfy fei. 3)ie $arti)et be$
23oufogner3 erlitt eine -iftteberlage , viele würben von ben normannifchen
fettem erfd)lagen, anbere über bie gelfen hinunter, auf benen 2)over liegt,
ins Stteer geftürjt. 2)er ©raf enttarn bureb bie 6cbnelligfeit feinet Joffes
au ba$ ©eftabe, von ba buret) ein bereit gehaltenes ©djtff nad) 23oulogne,
aber einer feiner Steffen gertett) in bie §änbe ber Verfolger.
JDte ©ntfa)loffen()eit ber $ertf)etbiger von 3)over machte ber letmenben
Empörung von Äent ein fchnelleS @nbe. „$ätte," fagt1) ber 5lra)ibiafon
von Stfieur, „bie ^Belagerung ber 8tabt nur §wet Sage gebauert, fo wür*
ben bie SBcwofjner be$ umliegenben SanbeS ju ben gähnen beS SBoulognerS
herbeigeeilt fein." Köllig 2Bilf)elm §og ben verrätl)erifa)en ©rafen §ur Bechen*
fctiaft: ein aus Sutgelfachfen unb Normannen gemtfchteS ©ericht, baS nie*
bergefefjt würbe, fyract) bem treubrüchigen alle Seijen ab, bie er auf eng*
ltfct)em, vielleid)t auch auf normannifchem SBoben vorder vom <£>er$oge ober
Könige erhalten hatte. 3)och fam in Jhir^em eine bauembe 2luSföf)nung
awtfcben Wilhelm unb (SuftachiuS ju 6tanbe. 3)er Slrchibtafon gibt ju
verfielen, baß ein ©eheimntß in btefer raffen Senbung verborgen War.
,,3a) will," fagt1) er, „bie ©efchidjte beS ©rafen nid)t weiter enthüllen,
fonbem il)n fronen, weil er je£t wieber bie volle ©unft be$ Königs ge*
nießt."
3u gleicher 3$ M bex Bewegung in Jtent, brauen auf anbem
fünften Unruhen aus, bie of)ne grage mit erfterer in $erbinbung ftanben.
£)er (Sf)romft von ßtjteux brauet1) ben 2lu6brucf: „von $rovinj $u $rovtn§
jettelten bie 2lngelfaa)fen SBerfcf/Wörungen wiber 2Mf)elm an." (Sabrif, ge*
nannt ber Silbe, ber ftdt) laut bem B^gniffe £)rberich$ ju SBerfmg ge*
ftellt hatte unb im 23eft£e fetner auf ber ©ränje von 2Bale3 gelegenen
Se^en beftättgt worben war , vergaß fernes (SibeS. 3m SBunbe mit ben
SBalltfer Häuptlingen SBlethgent unb 9?ttf)VaiKon überfiel er bie SBurgman*
neu von £ereforb unb inöbefonbere 9ticr)arb, @crob3 ©ohn, welchem ber
^öntg, wie oben gezeigt worben, bie ^Bewachung ber ©rän^e anvertraut
hatte, beftegte ben Otiten wie bie Silbern, verheerte baS Sanb bis nur S3rücfe
be6 SuggfluffeS, unb Fel)rte bann mit großer 23eute tyitn.2) fetner
ßurücffunft aus ber üftormanbte brachte 2Bill)elm benfelben jur Unterwer*
*) $>ucf)e$ite <§. 212, b. 2) Flores histor. <S. 635.
SierieS 33udj. Gap. 20. 2BilIje(m fefjtt im 2JMrj 1067 nacl) ber 9?otmanbte jutütf. 401
fung, aber ntcbt fdt)on 1068, fonbern erft jroet 3af)re f^äter , auct; ntcr)t
mit ©eroalt, fonbern burd) Vertrag. ©leid) bem 23oulogner ©rafen er*
fdjefnt (Sabrtf fpäter als Dienftmann be£ Eroberers. (Sr begleitete *) 5. 53.
ben ^öntg 1072 auf bem gelange gegen <5a>ttlanb.
9?tct;t minbere ©äljrung, aU auf ber Salltfer ©rän§e, l)errfcf)te im füb*
tveftlta^en (Snglanb. 2113 2Öttf)elm roteber nac^ 33rttanmen jurücffefjrte,
war feine erfte 2Baffentl)at gegen bte @tabt (Ureter gerichtet, reo ©tytr)a, bte
alte Butter beS JtöntgS £aralb, §ar)lretd)e Strettfräfte gegen bte 9?or*
mannen gefammelt Jjatte. Diefe 3"riiftungen eineö 2lufftanb6 muffen ttcu>
renb 2Bilr)elm£ 2lbroefenf)ett gemalt roorben fein. 3m Horben ber Snfel
fiel ©raf ßopft als £>vfer feiner Sreue gegen ben (gröberer. Äurj vor
ber 2lbfal)rt nac§ ber 9?ormanbte fjatte Stlfyelm bte ©raffetjaft über 53er*
nteta ober bte Wlaxh gegen @a)ottlanb bem 6ol)ne (Sabulf3, £)fulf, ber
in früheren Seiten burd) 9J?orfar etngefe^t roorben roar, endogen unb an
ßopft übertragen. 9ltd)t gutwillig und) £>fulf, fonbern er mußte geaalt*
fam von (£opfi vertrieben roerben. Die Dtenftleute be$ neuen ©rafen
Ratten fta) in eine 93erfd)roörung rotber bte normanmfdje £errfd)aft etnge*
laffen unb verfua)ten alleö 9)?ögltc£)c, um and) tfjren ©ebtercr Ijtnetnjujteljen.
2(16 ßopft urterfcr)ütterltcr) feft blieb, fytelten fte tljn feinem ©egner, bem vertrte*
benen £>fulf, in bte £anbe, ber tt)n meucbltngS erfa)lug. Ofulf behauptete
bie ©raffa^aft bt6 §um §erbfre 1067, roarb aber bann von einem SDtförber
umgebracht. Da ^öntg 2ötlf)elm e£ für unmöglich fytelt, ba$ ferne Sanb
anberö al$ vermittelt etneö etngebornen ©roßen §u bef)errfcf)en, belefynte er
nad) fetner *Rücffef)r au$ ber 9formanbte ©oSpatrtf, einen dnM be$
1017 ermorbeten2) ©rafen Utfyreb von 9?ortr)umbrten mit 23emtcta, boer)
ntdjt oljne baß ber 23eler)nte bem £er)enr;errn eine große (Summe bellen
mußte. 3)
2lnbere unjufrtebene Slngelfacfyfen Rannen TOnfe nacr) bem ffanbfna*
vtfe^en Horben hinüber, um von bortr)er «gjülfe gegen Sßttfjelm §u erlan*
gen. Der (5f)rontft von SHfteur melbet:4) „fte f tieften ©efanbte nadj Däne*
mar!, ober nad) anbern Säubern, au$ roelcfren fte S3etftanb erwarteten."
Der Äö'ntg fannte btefe Umtriebe. Sie an einem anbern £)rte5) gezeigt
roorben, fanbte er ben 2(bt £elfm ober 2lgelfm auö bem ©ttfte <St. Slugu*
ftin gu (Santerbun; fammt bret angefetyenen Männern an (Sroen @ftrtbfon
von Dänemarf, um benfelben bura^ große ©efa^enfe §u befttmmen, baß er
grteben fyalte. 2luc^ ben @rjbtfa)of 5lbalbert bearbeitete 2ötlfjelm in glet*
c^er SBeife, bamtt ber Wremer ben Dänen befa)rotcf>ttge. gür ben 2lugen*
') «Simeon »on JDur^am bei tito)&& t 203. 2) £)6en 6. 46. 3) Xtoyfotn
a. a. O. @. 204 unb 3)uc§eSne @. 212, d. *) SDu^eSne @. 212, d. 6) Oben
©. 110 flg.
® frörer, 5ßa6fi ®regortu« vn. 93b. m. 26
402
$abfl ©regoriuö VII. unb fein 3et<oUer.
blt'cf blieb ©wen ruhig, erft jwet 3af)re nachher ersten eine bäntfehe
glotte an Englanbg Jtüfte, t>xe jeboch ju fpät fam unb ntdt)t6 ausrichtete.
SfttyefM neunmouatltche 5lbtr>efcnt)ctt hat, rote man ftel)t, l)erbe
grüßte getragen. 3)te nur jur <§älfte bezwungenen 5lngelfacbfen benü$ten
bte Entfernung be3 @egner£, um beffen DJiacht §u untergraben: eine atlge*
meine Erhebung beS SanbcS war im 2Öerf. Unmöglich fann man jwei*
fein, baß bte SJnfttfter ber oerfebtebenen Slufftänbe ftch gegenfetttg SJcitthet*
lungen gemacht Ratten, baß folglich bie Einen oon ben Slbftchtcn ber ttftf
bern unterrichtet waren, ©leichwohl tft flar, baß fte nicht nach einem ge*
metufcbaftltchen platte fabelten. 3)enn währenb bte Center mit bem
(trafen öon 23oulogne ftcb einließen, riefen Sintere ben 3)äncn $u <£)ülfe,
eröffnete Eabrtf unb, rote e$ fchetnt, auch bte 93cutter ^aralbö ben $ampf
auf eigene gauft.
2)te alte Uneintgfett bauerte tu ber r)öd)ften 9coth fort. Ratten ftch
alle jufammen oerftänbigt, fo würben bte Normannen in fchwereS ©erränge
geraten fein. 3ft e$ nun benfbar, baß ivöntg 3ßtU)e(m bie ©efal)ren nicht
oorauöfaf), bie eine längere Entfernung nach ha^ vollbrachtem Serfe t^r*
beiführen mußte unb wirflicb herbeigeführt hat? ^ ©efebichte fetneö 8t>
benö verbietet, ihm einen folcheu Langel an Etnftcbt betjumeffen. £)a er
gleichwohl bte Steife antrat, muß man oorau^fe^cn, baß ©rünbe ber brtn*
genbften Slrt ihn befttmmten.
£>a6 Unternehmen be6 ©rafen von Sßoulogne leitet auf bte reebte
(Spur. EuftacbiuS oerfügte immerhin über nicht unbebeutenbe Littel, neben
ber ©raffchaft S3oulogne befaß er laut bem Seugntffe1) £)rbericbö auch noch
bte nahgelegenen ©ebtete oon ©utneö unb £erouane. dennoch wk gering
erfchetnt feine 9Jcactt, oergltchen mit ber 2£ilhelm3, welchem außer bem er*
oberten Britannien ber größte Ztyil beö norbfranjöftfchen ^üftenlanbeS ge*
horchte, unb ber, wenn fein sJJMcbttger ben SBoulogner fcf)ü£te, ohne grage
im 6tanbe war, ben treulofen ©egner ju vernichten, ba bte 53eft Jungen
beö lefctern nahe an ba$ oon 2ßtll)elm abhängige ^onthteu gräteten. 2Bte
ein 2Öahnftnntger hätte bal)er Euftacf)tu3 gehanbelt, roenn er ohne 3uP<i)e-
rung frember §ülfe ben oerroegenen Angriff wagte. ^Derjenige aber, ber
ihn aufregte unb ihm feinen 33eiftanb oerfpracb, fann nur ber £er)en3herr
beS 33oulogner6, Jtöntg $hl'^Pto g^roefen fein, oon bem wir rotffen, baß
bte normannifche Eroberung EnglanbS ihn mit roohlbegrünbeter Etferfuctjt
erfüllte.
SQStr ftnb früher2) auf mehrere ©puren geftoßen, baß ^3r)tüp^>0 SSater,
$öntg Heinrich L, EuftachiuS a!6 Serfjeug benüfcte, um bte Vergrößerung
normanntfeher Stacht ju hintertreiben. 3u gleichem 3n)ecfe muß ebenbenfelben
*) Sutane ©. 508 unten. 2) Oben <S. 302.
33tette$ fQuä). &ap. 20. ffittljclm fef)rt im SWärj 1067 na* ber Wormanbte jurürf. 403
bamalS ber @ofyn vorangefcrjoben fyaben. 2lua) ba6 ^Berfatjrcn, baö 2ßil*
fjelm gegen ben Söoulogner nacb bem Söflingen bcö Angriffs auf 3)over
einfielt, unb bie rafebe 5lu3för)nung Leiber roeist auf ben nämlicben 3^
fammenfjaug f)in. SBäre (Suftadjiuö für ftcb allein geftanben, fo ()ätte ber
Normanne ftcberlid) nid)t ermangelt, $acbe an tytti ju nehmen. 9?ur barum,
vr>eit 3BtIt>c(m vorauöferite, baß ber ©raf einen mächtigen ,!piiiterf)alt l)abe,
unb roeil er ifyn von biefem §Be(d)ü$er lo^fcbälen wollte, roirb eS Qefct)er)en
fein, baß ber Äöntg bem treulofen 23unbe$genoffen verlief).
3n einer Slnmerfung1) jum 12. 33anb ber großen Sammlung frau*
jöftfcfyer ®efcbid)t3quctlen behaupten bie SBcnebiftiner, (Suftacbiuö von 23ou*
logne f)abe £)over auf geheimes betreiben beS Äöntgö $bt(ipp I. ange*
griffen. £>bgleid) fte einen 33croeiö für ifyren Sa$ niebt anführen, unb
obgleia) e$ mir niebt gelang, anberöroo einen foleben ju finben, bin id) feft
überzeugt, baß fte auö einer guten Duette fcböpftm; beim rocltbefanut ift
bie ©eroiffenfyafttgfeit, mit wcletjer biefe ©elebnten arbeiteten.
dagegen liegt über eine verwanbte grage, nämlid) barüber, baß im
grüfyliug 1067 jroifcben ben Königen *pbilipp I. unb SBilfyelm fycftige
(Spannung beftanb, bie, roenn niebt vorgebeugt roarb, jum Kriege fübren
mu§te, ein bcftimmteS 3clig™ß ^or. £)ie fogenannte s}]oimannencbrontf
melbet:2) (al£ 2ßilt)elm aus bem eroberten (Snglanb nacb ber 9?ormanbte
f)iniibcrfam) „febiefte jtönig $l)ilipp I. 23otfd)aft an ifyn folgenben 3ut)alt3:
SBtlfyelm fotte für ba$ $eid) (Snglanb in gleicher Sßeife £ulbigung an bie
Jtrone granfreid) leiften , roie er fte früher für bie 9?ormanbie geleiftet
b)abe. 2Büf)elm erroieberte hierauf: fo wenig 3t)r mir ju Eroberung (Sng*
lanb$ geholfen f;abt, ebenfo wenig werbe id) (£ud? eine Se^enöl)errlid}feit
über biefeS 2anb $ugefter)en; bejügtid) ber 9iormanbie bin id) Jefct roie früher
ftetä geneigt, (Sud) bie £)ienfte §u erzeigen, bie ict) (£ua) fdmlbig bin, wa$
aber (Snglanb anbetrifft, fo trage ict) biefeö S^etcf) von ^temanb, als von
©ott unb vom *ß ab fte §u Sefyen. 2Me Antwort be$ Normannen," fäfyrt
ber (£f)ronift fort, „fefcte ben Äönig von granfreid) in heftigen 2>oxn, unb
er ließ feirbem nickte unverfuetjt, 2Btlf)elm ju fetjaben."
Senn von einer 9ttacf;t an eine anbere Slnftnnen, rote baö r)ter er*
wäfynte, geftettt roerben, gefaxter)* e$ nie, ofyne baß ber, welcher forbert, vor*
t)er feine 3urüftungen getroffen fyat, um ba$, wa$ er verlangt, tm gatte
ber Steigerung mit ©eroalt burc^jufe^en. Daraus folgt benn mit l)öa)fter
993afyrfcfyemlid)f eit, baß ^l)ilipp I. im grüpng 1067, e^e 2ßill)elm nact)
ber 9flormanbie l)inüberreiöte , begonnen r)atte, fta) jum Kriege gegen ilnt
rüften. S^un jetgt ein S3licf auf bie ^arte, baß $f)iltpp, ber feine ©ee^
macf)t befaß, ben ©egner nur auf ber Sanbfette, b. |. an ber untern ©eine
*) 93ouquct XII, 588. »Jiotc a. 2) Ibid. XUI, 240.
26*
404
$a&fl ©regoriuö VII. unb fein ßtitalkx.
angreifen fonnte : bemnacb roar bie 9?ormanbte mit einem Einfalle bebroht.
Unb jefct fällt mit einem (Schlag Sicht auf bie $etfe, roelche S&tlhelm im
9J?är$ 1067 antrat. Obgleich baS 2Öerf in Englanb nnr fyalb üolIbract)t
roar, unb obgfetdt) er bie ©efafyren ttorauSfaf), bie feine Entfernung nach
ftdt) jie^en fonnte, eilte er nach 9?ouen hinüber, weil er nur burd) perfön*
liebe 5Xnvt)cfenr)ett ben Angriff ju hintertreiben fjoffen burfte.
2luch anbere Maßregeln, bie ber Eroberer feit ber Krönung ergriff,
empfangen ihre Erflärung. 2)te oielgerühmte gretgebigfeit 2ßtthelmS er*
ftreefte ftet) nicht bloS auf bie 9?ormanbte, nein, frf)on roärjrenb er noch brik
ben in Englanb roeilte, befchenfte er eine 3D?affe neuftrifcher Treben mit ben
reichten @aben unb fuhr mit ber gleichen ©roßmutl) fort, als er in *Rouen
angefommen roar. ©ollte er biefe ©umtuen or)ne politifc^e ^Berechnung tter*
febroenbet haben? 3ct) bin überzeugt, baß er es t^at, um ben franjöftfchen
EleruS, einen mächtigen ©tanb, §u geroinnen, of)ne beffen 3uftimmung tyvju
lipp nichts Sichtiges unternehmen fonnte. (Sicherlich t)at bie 3«neigung,
roelche granfretchS Elertfer; für ben freigebigen Normannen faßte, nicht
roentg ba§u betgetragen, baß baS ©ebroert *Pbtftyp3 I- ftt ber ©cbetbe
blieb. 3weitenS lub ber Eroberer, roie oben gezeigt roorben, einen großen
beS fran^öfifchen SlbelS gu ben geften nach gefamp ein, beroirthete
ihn föftlich, unb entrotcfelte vor ben 5lugen ber ©äfte eine bracht, roelche
laut bem Eingeftänbniffe beS Ehrontftett »ort Sifteur ben 3*^ t)atkf ge*
voiffe 3Bünfcf)e unb 93egterben ju erregen. 2tucr) bieß gefchah mit hinter*
gebanfen: eine Marthel unter ben ^öf^eren Sehensleuten *pi)tlty!|>$ !• fou*te
baburch für SMhelm geroonnen roerben unb roarb auch rotrfltch geroonnen.
drittens rotffen rotr, baß 23albutn V. von glanbern, nach bem Könige
ber mächttgfte 9ftann beS granfenreichS unb bis 1067 Regent, in 2Btlr)elmS
©olbe ftanb, ba berfelbe einen 3ar)röger)alt aus ben Einfünften ber $rone
Englanb be§og. ') Sötber ben Göttien beS SBlaemen fonnte *pin'u'PP ^nm
$ampf nicht roohl gegen ben Normannen eröffnen, S3albuin aber begün*
ftigte feinen Etbam. Viertens bie nächfte höchfte ©teile in Sfteuftrien neben
SBalbutn nahm ohne grage @raf $abulf, ber ©ttefoater beS jungen $ö*
ntgS, ein. 5luch biefer roar für Wilhelm geroonnen, benn ber 5lrchtbtafon
bezeichnet ihn als ben 93ornef)mften unter ben ©äften, roelche bie gefte ju
gefamp burch ihre ©egenroart verherrlichten. Itoerfennbar ift eS, ber
fchlaue Normanne r)a* tr)etls roährenb er noch in Englanb brüben roar,
tr)etlS roährenb beS ueunmonatlichen Aufenthalts in ber ^eimatr) ein gol*
beneS 9?e£ über granfreta) ausgebreitet, baS bie feinblichen $lane beS neu*
ftrtfchen £ofeS erftiefte, unb bie erroeihnten Schritte beS Eroberers legen
*) ©ielje oBen <S. 361.
aSterteg 93uc§. Sap. 20. SÖBtlfjelm fetyrt im SWärj 1067 nadj bet Sttormanbte jurücf. 405
ein, wenn audj verftecfteS unb mittelbares, bod) unabweisbares 3*ugnv{}
barüber ab, bafj $r)üipp L im grüfyling 1067 auf $rteg fann.
,£>ter ift ber ^>affenbfte £)rt, einen fetten 2lft, ben 2Bill)elm §u glet*
a)er mit ber 9teife nad) 9touen vornahm, uämlid) bte 5lbbanfung eines
SfyeilS ber ©trettfräfte, bie tfym (inglaub featten erobern r)elfen, aufhellen.
2)aS £eer beS SBaftarbS beftanb auS brei ^auptelementen : erftenS auS ge*
fronten Sefyeuleuten beS «iperjogS ber 9?ormanbte, zweitens auS geworbenen
Sölbnern, bie für ,§>anbgelb bienten, enbltdi) auS angefefjenen fremben
Herren, bte auf 5lntt)et( an ber 33eute mit ausgesogen waren. 2Me beiben
erfteren klaffen Tiengen vom «£>er$oge ober Könige ab unb mußten fraft
Sefyen* ober Dienftrec^t ®ef)orfam leiften. ^ta)t ebenfo verfielt eS ftcr)
mit ber britten. 2)tefe grembttnge fyaben tr)tn fcfywere Unluft bereitet, unb
fogar burd) tfjre ©ter baS (Belingen ber Eroberung gefäfyrbet. $on tfynen
gingen jene platte, gans (Snglanb unter baS £eer ju verteilen, ging bie
SBerwüftung beS (StgentfjumS fold)er 2lugelfaa)fen, bie fta) bem (Eroberer
vertragsmäßig unterworfen Ratten, fo wie ber fd)tnäf)ltdje Anfaßt auf £on*
bon auS. €>o bebenflta) bie (Sntlaffung vieler «Streiter vor vollbraajtem
2ßerf unter anberen Umftänben gewefen wäre, rietl) bocf) $lugf)ett bem
neuen Röntge, ftd) biefe 9D?enfa)en bei ber erften Gelegenheit vom «jpalfe &u
fa^affen. 2Öenn er bie $flia)ten, weufje tfym bie Krönung gegenüber bem
Sanbe auflegte, erfüllen wollte, fonnte er für bie 3ufunft nur foldje «Streik
ter gebrauten, bie ftd) für beftimmten Solb ber jlrone ju unbebingtem
©efyorfam verpflichteten.
9}?eineö (Srad)tenS gehörten Ü)ie, welche Silfjelm Anfangs 9ttär$ ab*
banfte unb ju guter Sefct in ^evenfei; befcfyenfte, ber britten klaffe an,
unb (SuftadnuS von S3oulogne war einer berfelben. -fttcrjt in ©utem mögen
ber Äöntg unb manage ber ©c^eibenben auSeinanber gefommen fein. 2luS*
brücflicb fyebt ') ber (Sfjronift von Stfteur Ijervor, baß (SuftadnuS, er)e er
(Snglanb verlieg , mit SBtlfjelm ftd) überworfen fyatte. 3m Uebrigen fc^affte
bie Steife naa) 9fouen Littel, um bie bura) Gmtlaffung ber §lbgebanften
entftanbene Sücfe im engltfajen £eere §u ergänzen. 2Öte idj oben jetgte,
beutet ber Slrct/tbtafon an, baf bie $u gefamv entfaltete *ßrad)t barauf ab*
jielte, franjöftfdje Slbeltge in ben 2)tenft beS jtöntg ju §ter)en. ©eine 5lbfur)t
muß erreicht worben fein. $afd) vollenbete er in ben näd)ften brei Sauren
bie Eroberung ©nglanbS; aua) war eine ber erften Maßregeln, bie er, nact)
(Snglanb jurücfgefommen, ergriff, bie $utöfd)reibung einer fc^weren ^rieg6*
[teuer. 33eibe$ weist barauf l)in, bajj baö §eer brüben feit bem (Snbe
beö 3al)reS 1067 wefentlidje SSerftärfungen erhalten bat.
^nblict) gel)t aus ber oben angeführten 6telle ber 5iormannen^ronif
») S)u^ne @. 212 b. c.
406
$abfi ©rcgortuö VII. unb fein Beitalter.
f)en>or, baß 2ßf(l)dm offen eingeftanb, bie trotte (Snglanb als £ef)en beö
(Stu^leö $etrt §u tragen. 2Bte an einem anbcm £>rte *) bargetfjan roorben,
lag e$ im platte bcS ßarbinalS £ilbebranb , alle gürften ber (£r)rtftenljeit
Sur (Singefmng be$ nämlichen SBerfyäftmffeS befttmmen: bejüglic^ @ng*
laubS voar e3 fr)m gelungen. 2ötr lernen !)temtt eine brüte ber geheimen
23ebtngungen 2) fennen, auf welche $etrt (Statthalter ben Normannen tter*
pflichtet fjfsHi, el)e *Rom tym feinen 23etftanb §ur Eroberung ßnglanbS $a*
fagte. 2)er fragliche Vertrag jrotfehen Wilhelm unb bem fyett. (Stuhle um*
faßte $roet Slfte: erftenS erflärte ber $abft, baß er bereit fei, bte ^utbigung
beö Normannen anzunehmen, im galle berfelbe (Snglanb erobern roürbe.
£)tefe (SrHärung Jjatte *ßabft Slleranber im grühling 1066 einige Monate
t>or bem £eere6§ug abgegeben, if)r (Stnnbtlb roar ba3 Banner beö l)eif.
$etru3, baö bem Normannen bamafö überfielt rourbe.
gürö 3wette fam e3 bem Normannen ju, nachbem er bie $rone
roirfitcf) errungen, biefelbe als Sellen beö (Stur)le3 *ßetrt feierlich anjuer*
fennen. Se^tere Obliegenheit erfüllte SQBüfyelm im 3anuar 1067, als er
bie föniglicbe gafnie (Snglanbä fammt jenen großen ©efchenfen, bie man
alö 2er)en8$m6 betrachten barf, nach 9iom Übermächte, gür roafjrfch einlief)
halte ich, baß ber Normanne voährenb feines Kufenn)a!t6 in SRouen bie
SBerrjanblungen mit diom fortfe^te unb ju ßnbe führte. 3ebenfatlö ift geroiß,
baß um jene fyit betbe Steile tnö Steine gefomnten roaren. $)enn fobalb
bte jtrtegöläufe e§ erlaubten, erfreuen, rote unten gezeigt roerben rotrb,
päbftltcbe Legaten in (£nglanb unb richteten bie borttge Strebe auf einen
neuen guß ein, roaö einen völligen 5lbfa)luß 9fom£ mit bem neuen Könige
t?orau3fe#t.
(Sinoerftänbntß fyerrfcfjte bemttach 1067, roie in ben näcbftfolgenben
3at)ren, jroifcben $etrt 6tttl)l unb 2Ötlf)eIm. 2)iefe $hatfaa)e mag neben
ben anbeut, früher angeführten ©rünben bewirft haben, baß Philipp ben
befd)loffenen tonpf aufgab. £)er franjöftfcbe £errfcher burfte ntd)tö gegen
einen gürften roagen, auf beffen (Seite außer ber öffentlichen Meinung
Sfceuftrtenö auch noch ber $abft ftanb. 3nbeffen nötigte bamalS meines
(SracfytenS Cßetri Statthalter ben Normannen §ur SBerotlligung ettteö fünftes,
ber geeignet roar, roentt nicht bte perfönltche (Stferfucht $r)ilip))d L, fo boct)
gerechte 93eforgntffe ber fran$öftfcben Nation ju befchroichtigen. 2Bte oben3)
bargethan roorben, hat Wilhelm oor bem 3u9e nach ©nglanb, unb jroar
in ©egenroart beö ^önigö »on granfreia), bte ^ormanbte an feinen erft-
gebornen (Sohn ^Robert II. abgetreten, unb nachher bte Abtretung im (Spät*
herbft 1067 furj »or ber 9fücffef)r nach (Snglanb tvteberholt.
3)te Sßieberholung beroetöt, baß man feinem guten ^Bitten mißtraute,
') «öanb II, 408 ftg. 2) Ueber biß jtret anbevn fie§c üben ©. 362. f) 3)of.
SBierteä Sucty. Gap. 20. SCBil^elm fetjrt Im SWärj 1067 nac$ ber Stormanbie jutütf. 407
Sltlem 2lnfd)eine nadj ^at er ftcf) 51t tyx nothgebrungcn fcerftanbett, um Slnbere
befitebtgen. 9hm i(t nicht anzunehmen, baß er btefen 5lft, ber §u ©unftcn
granfreid)3 berechnet war , aber SBilhelmS ©elbftgefühl ein Dpfer foftete,
aus $ücfftd)t auf Jlönig Philipp L vornahm, beim laut bem 3^ugniffe ber
9?ormanneticbromf beftaub jwtfc^en betbeu fett 1067 f)efttge Spannung,
fotiberu etu dritter, bem ber Normanne @l)rfurd)t sollte unb beffen gute
Penning er beburfte, *ßabft 2lleranber IL, wirb tfyu baju befttmmt haben,
^ßetri Statthalter sollte nicht uub foimte nidjt wollen, baß burch Ver*
eittfgung 9?ormannien$ mit (Snglanb (Sin^ctt unb 9Jkd)t granfretcbd gc*
färbet roerbe.
3ch oermutk, baß ber $abft jur nämlichen 3^t ben Normannen noch
ju einem anbeut 3ugeftcmbntffe bewog. 2Öt(l)e(m führte, alö er int 9Mxi
naa) ber 9?ormaubte f)tnüberfam, eine 9?etfye oornehmer (Snglänber unter
ehrenvollen Vorwänben als (Staatsgefangene mit fta). @r fah voraus,
baß biefe Männer tf)m gefährlich werben fötmten, benn weil er folcheö
artete, fytett er fte tu £aft. 233trfltcf) haben fie nachher eine (Empörung
um bte anbere wtber tt)n angebettelt. 2)er Staatöoort^etl fc^rteb ilmt »or,
btefelben bauernb in geftungen ber 9?ormanbte $u oerforgen. 5lber ber
^önig tl)at folc^eö nicht. £>bgleid) gegen (§nbe be$ 3af)r6 1067 große
©ährung in ($ng(anb t)errfc^te, gemattete er ihnen bie 9iücffef)r in bie £et*
math unb ließ fte bort fogar frei. 5lllerbtng$ fönnte er biefe 9tttlbe, bte
feinem fonftigen (Sfyarafter femcSwegö entfprad), au$ eigenem Antrieb geübt
fabelt, aber weit waf)rfcheinlid)er bünft eö mir, baß bte nämliche 93Zad)t,
bte it)n nötigte, bie 9fed)te granfretch§ §u aalten, nämlich ber $abft, ben
Normannen auch ju einer chrtftltdjen 23ehanblung fetner ©efangenen be*
ftimmt hat.
2)a bie fRacf)rtcjt)ten über ben Stanb ber Sachen tu (£nglaub immer
bebenflicher lauteten, beftellte 9Q3ilt)clm abermal feine ©emahltn ^atfjtlbe jur
SRegentin ber 9?ormanbte unb Vormünbcrtn beS erftgebomen Robert, beftteg im
£afeit v>on CDteppe ein Schiff, unb fut)r in ber ^ac^t »om 6. auf ben 7. 2)e$.
bei etftger Äälte nad) ber 3nfel hinüber, @r eilte nach Sonbon, wo er bie
©emüther in großer Aufregung fanb. £>te $lane eines allgemeinen 2luf*
ftattbeö, bte ba$ £anb erfchütterten, hatten aud) in ber ^auptftabt SBurjel
getrieben. 3um beoorftehenben 2Öethnacht6feft ftrömten bafelbft otele getft*
liehe unb weltltd)e ©roße jufammen. 2öill)elm fua)te erft biefe $u geroinnett.
inbem er allerlei fünfte ber Verführung auf fte wtrfen ließ. @r geigte fict>
überaus gnabtg, ehrte bte Slufroartenben burch ben ^uß be6 SSillfommö.
2Ber ihm guten 9fatr) erthetlen wollte, ben fyoxte er an, wer um etwaö
bat, ber erhielt eö. ') Viele Abgeneigte würben umgeftimmt. Wlit ähtv
') 3)u^eSnc @. 509, d.
408
$abfl ©regormö VII. unb fein ^titaütx.
liefen WiitUln bearbeitete er bte SCRaffe ber SBürgerfdjaft. (Sin fönigltct;er
©nabenbrief ') folgenben 3n|alt$ ging — unb §war in angelfäd)ftfd)er
(Bpxafy — auö: ,,id) toiü, baß 3l)r alle ($ucr) eurer »aterlänbtfcben @e*
fefce, fo rote fte in ben Seiten beS Königs @t>warb beftanben, erfreuet; ein
jeglicher 6of)n foll, nad) bem Slbfterben feineö SSaterö, beffen r;interlaffene$
©ut erben, unb feiner meiner Beamten barf fta) unterftefyen, (gittern »on
(£uct; Unrecht p tfyun."
Defter ift in ben erften Stikn ber normamttfcr)en £errfa)aft über
(gnglanb oon Steberfyerfteüung ber ©efe$gebung (£bwarbö bte 9febe. 5luö
ber eben angeführten Urfunbe erftefyt man, wa$ bamtt gemeint war. Die
3al)llofen @üteretn§ter;ungett, welche Silfyelm nad) ber Krönung tn6 2£erf
fefcte, Ratten fo &temltcr/ ben ßfyarafter einer Aufhebung beS (Srbrecfyte ange*
nommen. 2)er größte £f>eil Derjenigen, welche burdj jene Maßregel tfyre
^)abe verloren, waren Sefyeuleute beö $öntg$ £aralb gewefen, unb bte
über fte »erhängte 6trafe würbe, fo fcfyetnt e$, rec^tttcf) als (Stnjiefmng
»on Sefyen begrünbet, welche bte Söeftraften buret) tt)re gefönte gegen ben
wahren ($rben ber ^rone Qmglanbö, Stlf)elm ben Normannen, oerwtrft
Ratten. 5tber bei ber $(u$für;ruttg müffen bie ^Beamten be$ (Eroberers bem
begriffe Sefyen eine fürd)terltd)e 2lu3bel)nung gegeben fyaben, inbem fte feinen
Unterfa^ieb jwtfdjen £er)en unb 2lllob anerfannten, unb afleg engltfd)e (Sigen*
tf)um al$ Serjett befyanbelten, baS ber $ömg wegen be$ begangetten $reu*
brud)$ nad) ©utbünfen bett bisherigen 23eftj$ern wegfyrecfyen unb Slubem
»erleiden möge. 2)a$ (£rbred)t roar bafyer tt)atfäcr)Itcf> an ber 2Bur§el aiv
gegriffen unb bte 2Bteberf)erftellung ber ©efe£e (SbwarbS, welche Stlfyelm
an 2Betl)nact;ten 1067 äujtdjerte, befagte fo »tel alS: ^temanbö Vermögen
— fei e$ nun 5llKob ober 2ef)en — folle fürber wegen ber Vorgänge be$
3al)r$ 1066 weggenommen werben.
Willem wenn Sßtlfyelm aua) ba$ (5tgetttr)um für unantaftbar erflärte, fo
forberte er gletd) ben älteren Röntgen be£ augelfäcfyftfcfyett wie beö fntytlinger
(Stamme^ Abgaben aug bemfelben. Saut bem S^gntffe2) beö glorenttuö
tton SSorcefter würbe um $3eir)naa)ten 1067 eine fd)Were ^rieg^fteuer aus*
gefajrteben. 2)er Eroberer beburfte ©elb §ur SBeja^Iung feinet ,£eere$, ba$
*>on nun an au6 (auter ©ölbnern beftanb. Die ^auptftabt (Snglanbö Ijat
feitbem feinen Stufftanb gegen 28tlf)elm gemalt, worauf gefcfyloffen werben
barf, baß be# Königs 3ufta}erungett ©lauben fanben unb bte $tu)e wieber*
fjerftellten.
3u Anfang bee 3abre 1068 rüdte 2ötlf)e(m gegen ba$ aufrüf)rerifc^e
Ureter ine gelb. Die alte ©tytfya, $Q\ttm ©obwinS unb Butter be^ in
ber Sctjlacfyt bei ©enlac gefallenen Mni%$ ^aralb, weilte bort fett bem
') 9Za(^9elvtefen Ui tykxxq II, 35. 9Jote 4. 2) Flores hi^tor. ©. 635.
JBierteö 93ud). &ap. 20. 2Bityelm Uf)xt im SKärj 1067 nacty ber Wormanbie jurü(f. 409
©turje ir)re$ ©ohneS unb fchürte ba$ geuer. Da bte ©ohne £aralbö in
bem benachbarten 3rlanb lebten, unb ba bte Berbtnbung berfelben mit
ber ©roß mutter naa) bem galle ber ©tabt offenbar würbe, tft fein 3weifö
baß ©tytl)a ba$ fübweftlicf)e (Snglanb für ihre (Sittel gewinnen wollte.
Dfefe (Snfel waren bie erften unb frül)eften Nebenbuhler, bie bem Normannen
entgegentraten.
©roßer (Sifer für ba$, wa$ man greifet nannte ober auch für £a*
ralbö ©tamm, unb lärmenber £aß gegen 2Bill)elm (jerrfa^te in ber ©tabt.1)
£)te Bürger befferten il)re dauern auc3, errichteten Stürme, riefen Be*
waffnete auö ber Umgegenb herbei, nahmen taugliche ©eeleute, bie auf
ben benachbarten lüften lanbeten, in ihren ©olb, unb forberten burd)
©efanbtfchaften bte angränsenben ©täbte auf, gemeine ©ad;e mit tlmen ju
machen. Ü)oa) roaren ntc^t alle gleich entfchloffen. £)te S3oruel)men, weldje
laut ber Slnbeutung Drberia)^ ben ©tabtrath bilbeten, oerjwetfelten, al$ ber
jlömg mit bem £eere nahte, an ber Sflöglichfeit be$ Erfolgs, $ogen ihm
einige teilen weit entgegen unb fcf)loffen einen Sßergletd) ab. 5lber alö
fte prüdfamen, oerwarf bie ©emeinbe ben Vertrag unb rüftete fta) jum
Kampfe. Nun rüdte 3Bill)eIm oor Ureter unb begann eine regelmäßige
Belagerung. Mm 18. Sage berfelben fiel bte ©tabt, unb jwar roie ein
Bruchftücf2) ber ©achfenchrontf anbeutet, burdt) Herrath ber Xfyam ober
jener 33ornel)men. Ü)ie alte ©i;tl)a entfam glücfltd) mit mehreren anbern
grauen, fte entfloh erft nach bem f leinen im Briftoler ßanal gelegenen
gelfenetlanb ©teepf)olm, wo fte längere 3*tt öuf bie 2lnfunft ihrer (Snfel
wartete, bie mit einer glotte auö 3rlanb eintreffen follten. 9U$ bicfe nicht
erfc^tenen, fchtffte fte nach ©t. Omer auf glanbernS ©ränje, wo fte, in$
$)unfel be$ $rioatleben$ jurücftretenb , tf)re Sage befchloß. 3)
5tchtunboter§ig Käufer oon (Sreter waren im Saufe ber Belagerung
jerftört worben. 2lu3 ben Krümmern berfelben ließ ber Jlöntg eine Burg
erbauen, bereu Dbfmt er bem jum SSijtl)um oon Ü)eoonff)ire ernannten
©o^ne beö ©rafen ©tfelbert, Balbutn oon 9J?oleö, anvertraute. *) Naa>
bem 2ßill)elm bte SBerhältntffe ber ©tabt georbnet 5>atte , rücfte er weiter
gegen ben äußerften ©übweften Britannien^ unb unterwarf bie £anbfcr)aft
(Sornwalliä, bie ftcr) im Bunbe mit ben Bürgern oon Ureter empört §u
haben fcheint. £)teß gethan, fehrte er nacb Dften §urücf unb feierte £)ftern
ju SÖBinchefter. (Eben borthin entbot er au£ ber Normanbte feine ©emaf)lm
Sftathtlbe unb ließ fte burd) ben Dörfer @r$btfchof Sllbreb jur Königin oon
(Snglanb weihen, ©ie würbe, oermuthltd) um bie nämliche 3eit, reichlich
mit ©ütern ber beftegten Empörer oon 2)eoonfhtre auSgeftattet. 5)
l) 3)uc^cönc ©. 510. 2) 2)en S3etoetö Ui £f;tenty II, 38. 3) Chronic, saxon.
ad a. 1067. Flores histor. @. 635. 3)uc^eöne ©. 513, b. *) tyimq a. a. £).
6) Doomesdaybook I, ©. 101, jiüeitc <&palte.
410
^abfl ©regoriuS VII. unb (ein Settalter.
Der erfte 93erfu<$, bte ©öf)ne £aralb6 ju ©egenfönigen ttnber 9BiU
heim aufeutoerfen, roar glücflid) vereitelt, aber nun traten Slnbere auf ben
©d)auvla$ , roeld)e Hf$RH$cft, bod) nid)t für «gmralbS ©tamm, roagten.
2Bie oben bemerft roorben, Ratten bte vornehmen 2lngeljad)fett, welcfce 2Bü*
heim im 9ftär$ 1067 ä(6 Staatsgefangene in bte Normanbie hinübernahm,
(Srfaubntß erhalten, ungehmbert in tyx QSatertanb l)etmsu!et)ren. SllgarS
©ofme, Morfar unb (Sabvoin, fo rote ber Süto (Sabgar unb bte Slnbern
famen auf btefe Steife, rote e0 fcfietnt $u gleicher 3e^ mit S9BtIf>eIm, nad)
(Sttglanb surücf. SBalb brach Unetntgfett arotfeben bem Röntge unb (Sabrotn
aus. 2llö nämlich bte betben S3rüber ftch bem Normannen §u SBerftng
unterwarfen, l)atte SBil^elm ba$ SSerfVrechen abgelegt, eine fetner Softer bem
älteren ©ohne Sllgarö §um SBetbe ju geben. 9^acf) ber 9tüdfcf)r brängte
(Sabroin ben Jtönig, Daß er 2Öort fyafo, aber S93i(^elm §ögerte. Nun fnüpften
bte SBrüber mit einem £äavtltnge ber Salltfer, ihrem 93erroanbten, (Sin*
verftänbniffe an, entwichen vom £ofe, eilten nad) bem mittleren unb nörb*
ltd)en (Snglanb, unb pflanzten bort ba$ Saliner ber Empörung auf: taufenbe
Un^ufriebener fammelten ftcf) um fte.1) 2ßie e$ fchetnt, ging bte 2tbftd)t
ber ©ö'hne SügarS baln'n, eine felbftftänbige §errfa)aft ju grünben. Denn
fte ftanben roeber bamalö noch ftoäter mit anbern Nebenbuhlern 2Btlf)elmö
in ^erbtnbung, fonbern Baubeiten auf eigene gauft.
Um btcfelbe Seit, roie Morfar unb (Sabrotn ober vielleicht etroaS fväter,
fünbtgte ber neue @arl von Sernicta, ©oSvatritf, ber, rote ich oben erzählte,
von 2Öill)e(m im vorfgen 2£tnter gegen eine große ©umme ©elbeS mit ber
genannten Sanbfchaft belehnt roorben roar, im herein mit einem norbeng*
lifcben Häuptling, ber MarleSrottt |!e$, unb etlichen anbern northumbrifchen
©roßen bem Könige ben @el)orfam auf. 9lber ©oSVatrif machte eö ntd)t
roie 2llgarS ©öt)ne, fonbern er fd)tnüdte ben begonnenen Slufftanb mit
einem vornehmen Namen: ßltto (Sabgar mit feiner ganjen gamilte, feiner
Butter Slgatfja unb feinen beiben ©ebroeftern Margaretha unb (Shrtftiana
flogen, von tr)m etttgelaben, nach Norbenglanb.
©oSVatrtf tt)at noch mel)r, er brachte ben grinsen mit bem Könige
von ©cbottlanb, Malfolm, in eine SSerbtnbung, bie bureb gamilienbanbe
unauflöslich gemacht rourbe. Malfolm ehelichte nämlich (SabgarS ©chroefter
Margaretha.2) £)hne grage foHte nach ©oSpatrtfS $lane ßabgar als
rechtmäßiger «ftöntg bem 5lnmaßer Wilhelm entgegengeeilt roerben. (£ab*
garö $artbet ma^k bebeutenbe gortfehrttte. Surgam, baS nid)t roeit von
ber fehottifeben @rän§e liegt, warb &u einem SBaffettVlafc gemacht, fpäter
*) ©udjeöne @. 511. 2) (Simeon toon 3)urt)am bei Sattelt ©. 201; annal.
wawerleiens. bei ©ale, script. anglic. IL 130; enblid? Flores hist. @. 635.
93terteS 93ud&. (5ap. 20. 2BtU)elm !ef>vt im SWärj 1067 nac$ ber Siovmanbie ^urücf. i\ \
cmd) ?)orf eingenommen unb ganj 9fortlnimbrien befefct. (Sabgar felbft
feblug fct'n Diiariter in g)orf auf.1)
jtönig 2Öi(r)clm eilte, bie boppelte ^Bewegung roo möglid) im jtetme
ju erfttefen. 3um crftenmale brang er bamalS — etroa nad) *Pftngften
1068 — in eigener sßerfon nad) bem mittleren unb nörbliaVn (Englanb oor.
2öie früher gezeigt voorben, tjatte toal;rfcf>ctn(tcf>ei* 2Beife bte Eroberung in
ben jroei oorfyergefyenbcn 3al)ren ben Sauf ber £r)cmfe nicM überfebrttten.
SBcfanntlid) liegt Drforb auf bem linfen ober nörblidien Ufer beö eben ge*
nannten Stoffes. 9?un l'agt2) 3Bt(r)eIm oon 9JMmeSbun;, baß ber jtönig
um bie geit, oon ber roir fyier fpreerjen, bie Stabt iDrforb erftürmte unb
balb barauf aud) g)orf einnahm. 2)cnmacb f)at ber Normanne auf bem
3uge gegen §)orf Drforb in feine ©eroalt gebraut. Sllletn bie SluSfagc
beS (Etyroniften verliert faft bie £ä'lfte ifyreä 2Bertl)S, ttyeilö roeil anbere
Scbriftfteller oon bamaliger Eroberung £)rforbS fc^roeigen, tfjetlS roeil in
einigen ^anbfebriften ber sD?almeebun;er <St)rontf ftatt £>rforb, ein SBort
ftd? ftnbet,3) baS Ureter ju beseia^nen febeint. golglia^ roäre mögltcb, oajj
ber 9J?öna) Ureter im 5tuge tyatte, baS oon 2Bilf;elm im grüfyling beffelben
3af)reS eingenommen roorben roar. Dennod) muß man meines (Erad)tcnS
für £>xforb entfdj)eiben, benn baS 2>omt>atyboof melbet,4) bajj um 1084 oou
ben 700 Käufern, roela^c biefe Stabt früher $fßt, uafye an 500 jerftört
geroefen feien, hieraus ergibt ftd) mit r)of)er ^afyrfcf)einlid)fett, ba£
Drforb einen Sturm erlitten t)at, ber faum in eine anbere ^cit, als ben
Sommer 1068, fallen fann.
Saut ber 2)arftellung 5) £)rbertct;S erfajien Jtünig 2öilr)elm auf bem
3uge gegen Horben junäc^ft in ber Stabt 2Barrottf, roo er eine SBurg er*
bauen lief. 2)ieß fttmmt gut §u obiger Angabe beS SEttalmeSburr/er (Efyro*
niften, benn Sßarrotcf liegt auf bem 2Bege £on £>rforb nad) 9iortl)umber*
lanb, rool)in 2ötlf)elmS SDtofa? gerichtet roar. 3n ber 9Mr)e oon Sßarroicf
febeint gefcbefyen ju fein, roaS £>rberia) roeiter Uxiä^Ut, nämlid) bafj SllgarS
Söfyne, (Sabroin unb Sttorfar, erfebreeft bureb 2©ilr)elmö Uebermaa^t, bie
Staffen nieberlegten, ftd) bem Könige unterwarfen unb bem 5lnfc^eine nadj
feine @nabe roieber erlangten.
2)ie eine ber beiben, nur bura) einen fletnen 9?aum gefctiiebenen unb
bod) nidjt mit einanber oerbunbenen, (Empörungen roar niebergefe^lagen. Der
Jtöntg roanbte nun feine Streitfräfte gegen bie £äupter ber anbern. 2)aö
£eer rüdte naa^ 5Rottingl)am, roo fofort gleichfalls 5(nftalten jur (Errichtung
etneö ©cfyloffcS getroffen rourben, unb erreichte bann bie ©ränje 9?ortl)um^
brienS. 2Bie eS fd)eint, unfern ber Stelle, roo bie glüffe jufammenlaufen,
l) 2)u^cöne <S. 290, a. *) ^aütle @. 102 unten. 3) Sa^VenBerg II, 82.
Jflote b. 4) Vol. I, 154, (Spalte a. 6) 3)uc^eöne <S. 511, c.
412
$abft ©regotiuä vn. unb fein 3eiiattet.
bie ben £umberftrom bilben, [teilte ftrf) ber 2lnf)ang (SabgarS, ber ben
itönigötitel angenommen fyatte, §um Jtampf, erlitt aber eine völlige lieber*
läge. *) (Sabgar entflof) nact; ©cbottlanb, ber Stabtratr; ober bie 33ome^men
fcon g)orf überbiete bie Scp'tffel ber £f)ore unb unterwarfen ftet;. 2)a3*
felbe tfyat 2lrd)ill, einer ber einflufreia^ften $ortt)umbrier, ber feinen ©ol)n
bem $bmg al£ ©eifel überlieferte. 2lud) ber 23ifa)of tton £)urf;am, Slgel*
Win, fanb ftet) im fönigltdjen Sager ein unb r)utbigte.
Slgelwin fcfyeint früher mit (Sabgar, beffen 5lnl)ang, rote tcr) fagte, feit
Anfang be6 SluffianbeS bie Stabt 3)urf)am befefct fyielt, ftet) eingelaffen,
{ebenfalls eine jweibeutige Stellung eingenommen 31t fyaben. (Sr moebte
füllen, ba{$ er bura) befonoere Ü)ienfte bie @nabe 2Btlt)elmö »erbienen
muffe, unb bot fta) §um Unterfyönbler an, um ben Befcp^er (SabgarS,
Jtönig -DJhlfolm tton Sdjottlaub, sunt 5lbfa)lup einer Uebereinfunft mit
2Bill)elm 511 beroegen. 2Birflia) fam ein Vertrag §u ©tanbe, fraft beffen
ber Schotte 9iuf)e, »ielleta)t gar £ef)en3treue gelobte2) unb folglicj) ftill*
febroeigenb (Sabgar preisgab.
2)a ber engltfcfye Äönig ntcfyt an eine emftltcfje Unterwerfung ber ^ort*
fjumbrier glaubte, lief er jroet Bürgen,3) eine in g)orf felbft, bie anbere,
Wie e$ fc^eint, in ber 9?äf)e erbauen, Sie würben mit 500 ©eljarnifa^ten
befejjt, ben Befefyl in ber einen erhielt 2öilf)elm Wlakt, ben in ber anbern
Robert, ^tc^arbö Sofyn. hierauf, etwa im Spatfyerbft 1068, fef)rte ber
^önig nact; bem ©üben jurücf. 2Bäf)renb beö $ücf$ugö orbnete er bie (£r*
rtetitung »ort Burgen in mehreren Stäbten -äftittelenglanbS, wie Siucoln,
Huntington, (Eambribge an. Diefe bauten waren eine fcfywere Saft für
bie Bewohner, gan$e S^ei^en »on Käufern mußten fallen, um benfelben
Dtaum §u machen. 2lu3 bem 2)ombar/bucr; erhellt4) 3. B., baß in Sincoln
166 Käufer als Bauplafc für bie neue geftung niebergeriffen worben finb.
$lnbererfeit6 fcfywäctjte bie 9?otf)Wenbigfeit, fo fciele *piä£e mit genügenber
■iDknnfcfyaft ju t^erfe^cn, ben Beftanb be3 £eere0 unb t>erfe£te ben $önig
in feine geringe QSerlegenfyeit, jumat ba um biefelbe Seit mehrere ber beften
güfyrer feiner Gruppen, mübe be3 unau6gefe£ten gelbbienfteS, ber nunmehr
solle $wet 3ar)re bauerte, (Sntlaffung in bie ^eimatl) »erlangten.
£)rt>ertcc/ erjäf)lt,5) bie in ber üftormanbte lebenben grauen berfelben
rotten Botfa)aften über Botfcfyaften gefebieft unb §ule$t mit Untreue ober
gar mit (§ingef)ung neuer (£l)en gebrofyt, wenn ir)re Männer nic^t nact)
§aufe fommen würben. SSergeblict; bot ber jtb'ntg erf)öf)te Belohnungen,
ebenfo ttergeblia) fudjte er bie 2öanfenben bura) Spott jurücfju^alten, tn^
') Ibid. <S. 290, a. b. (Sattile <S. 369 Tiitk. 2) 3)uc^eöne (S. 511, d. ••) Flo-
res histor. ©. 635, üergltdjeu mit 2)ud)eöne @. 512, c. *) I, 336. (Spalte 3.
6) £>iid)e$ne ©. 512, a. b.
Viertes S3ud). (5ap. 20. SBityelm fefjtt im 2Wdtj 1067 narf) ber Üftormcmbie jurücf. 413
bem er fte als SPantüjfetyelben Iä*erli* ma*te. (Stnige, rote #ugo *on
©rentmeSnil unb beffen 5^effe £umfrieb »ort ^ttteut , ben 2Btlr)eIm $um
©rafen tton «£>afting$ ernannt Ijatte, ergangen ben Urlaub. 2>er nämlt*e
(Sbronift behauptet, nie mehr hätten feitbem 33eibc son bem erzürnten Röntge
ifjre 2ef)en jurüeferhalten, allein feine Angabe wirb bur* eine ©teile *) be6
Ü)ombatyboofS wiberlegt, aus wel*er erhellt, ba£ «£>ugo balb wteber unb
jwar mit feiner ungebulbigcn ©cmat)lm na* ßnglanb fam unb au* lieber
in ben Beftfc feiner Bürgen bei Seicefter gefegt warb. 3m Uebrigen
ma*en biefe Umtriebe normaitnif*er £)fftcier£frauen auf mt* ben (£m*
brucf, als feien fte ein ttom fransöftf*en £ofe angebetteltes ©ewebe
gcwefen.
SQ3äl)renb bcr Baftarb na* bem Horben 50g unb ?)orf unterwarf,
Ratten anbere 2Biberfa*er auf ber 5öeftfette beS $ei*S einen Angriff ge*
wagt, ber jebo* gleichfalls mtfglücfte. 2öie früher angebeutet korben,
waren bie 6öl)ne beS erf*lagenen £aralt>, ©obwin, (Sabmunb, Magnus
na* ber 6*la*t tton ©enlac auf bie 3nfel 3rlanb geflogen, wo fte beim
Könige 2)ermob »on Seinfter ©*u| unb Unterftü^ung fanben.2) SSM
Ü)ermobS «£>ülfe rüfteten fte eine gfotte auS, um (Snglanb anzufallen, ju
gleicher Seit wiegelte ir)re ©roßmutter @t?tl)a in ber früher betriebenen
2Öetfe bie fübweftlt*en @raff*aften Britanniens auf unb machte (Ureter §um
TOttelpunft ber beginnenben (Empörung beS ©übenS. Beibe Unternehmungen,
baS ber (Mel unb baS ber ©rofmutter, feilten in einanber greifen, allein
bie Abfahrt ber (öfteren würbe fo lange t?er§ögert, bis @V)tf)a, bie Hoffnung
ber 9J?öglt*fett ben ^ampf fortjufe£en aufgebenb, na* ber fknbrtf*en
jtüfte entfloh. (Srft gegen ben £erbft erf*ienen ^aralbS ©b'hne mit ber
©eema*t, bie fte aufjubringen oermo*t Ratten, an ber SWünbung ber
©aoern. ©ie wanbten ft* §uerft na* Briftol, aber bie Bürgerf*aft f*htg
jebe ^l)e^na^me an *>em Vorhaben ber Brüber runb ab unb tterf*lofj ihre
Sfyore; nun lanbeten fte auf ber ßüfte fcon ©ommerfet.
2)ort trat ihnen ein geinb in ben 2Beg, ben fte ft*erli* nt*t er*
warteten — nämli* ein ^>eerl)aufe ni*t normannif*en, fonbern angel*
fö*ftf*en 33lutS. Äönig 2ßtll)e(m Ijatte feit ber Krönung eine ©b'lbner*
f*aar errietet, bie auS gebornen 2lngelfa*fen beftanb, unb über wel*e er
einen ehemaligen ^ofbeamten beS Königs £aralb, ben ©tallare @abnoth, jum
Hauptmann beftettte.3) tiefer (Sabnotf) griff bie ©öf)ne £ara!bS an unb
lieferte ihnen ein hartnäckiges treffen, in welchem er felbft mit ben meiften
feiner £eute blieb. 2Bilt)eIm son 9MmeSburty behauptet,3) baf @abnot6
im Kampfe ftegte, aber wenn bieft au* ber galt war, bewirf te fein $ob,
9lat^gch)icfen öott £aWen&etg 85. Olotc 1. 2) Flores histor, <§. 635 »er*
gli^cn mit 2)u^cönc <5. 513, a. 3) ©aötte @. 104 untere Mtti.
414
$abfi ©regoriuS VII. unb fein ßtitalttx.
baß bte ©egner freie ,£>anb befamen. <5ie brachen in bte Stiren Deport
unb ßoruwalltS ein, plünberten biefelben aus, festen aber bann gegen ben
Söinter mit ber gefammelten SBeute, ohne etwas 9cad)halttgcS ausgerichtet
$u Ijaben, nad) 3rlanb jurücf. ')
Der Ausgang beS gelbjugS ber ©ohne £aralbS ift bamm wiebttg,
Weil er beweist, baß unter ben Attgelfachfen ftd) eine normannische $art^et
ju bilden begann, genauer gebrochen, baf bte Einwohner ber ©täbte, fo
wie bte nteberen (klaffen, anbere (Sejtnnungen bezüglich 2ßilhelmS hegten
alö ber Sanbabel unb bte 9D?ttglteber beS grunbüerborbenen engltfchen 9?etd^S*
fürftenthumS. 2)te 23ürgerfcbaft tton 33rtftol weigerte ftcb, mit ben ©obwi*
niben gemeine ©ad)e p machen, offenbar weil jte lieber unter ber ^errjebaft
eines mächtigen gürften fteben, als ir)r Vermögen für Abenteurer ttergeuben
wollte, bte unter prächtigen ÜBorwänben cnblofe Unruhen erregten, deicht
beffer als in 23rtftol muß bte Aufnahme gewefen fein, welche £aralbS
©orrne beim Santowlf fcon $)et?onfhtre unb (SornwalliS fanben, benn fonft
würben fte weber bte genannten *ßrotttn$en fetnOlich behanbelt, noch nach
furjem Aufenthalt einen rut)m* unb erfolglofen ^ücfjug angetreten haben.
9?od) beutlid)cr jeugt für ben fraglichen £l)atbeftaub bte Errichtung ber
angcljä&ftfchett ©chaar. 3war Shronift 2Btll)elm tton SJklmeSbun; ur*
tl)eilt r) anberS.
SBcnn man ihn hört, l)at ber Normanne, bem Börner 3ulin$ (Eäfar
nad)ahmenb, nur barum ein fleineS *g>eer aus Attgelfachfen gebtlbet, um
baS ihm &ert)ajjte 23olf ans Keffer §u liefern, b. h« bte, welche feiner
gähne folgten, im Kampfe mit ben anbern Angelfad)fen , bte unter ben
©egenföntgen btenten, aufzureiben. Allein biefj ift hanbgretfltch eine jener
bei eitlen ©d)rtftftellern r^äuftgen Söemerfungen , welche getftreteh Hingen
follen, aber beim £td;te befehen an Umoerftanb ftechen. ^ätte ber normam
ntfa)e (Eroberer fcon Seiten ber Angelfachfen, bte er anwarb, unb
ntajt vielmehr treue 2)tenfte erwartet, fo würbe er, inbem er fte bem geinb
entgegenftellte, ftch mutwillig ber fehr bebenden ©cfa^r ausgefegt i)abm,
baf fte ihn fcerrtethen unb ju ihren SanbSleuten übergingen. ©o r>anbelt
ein Tlann tton Äopf nicht. Wilhelm fyat alfo ben angelfächftfdben ©ölbnern
getraut. 3)tefeS Vertrauen aber beweist, baß ber Normanne bte Ueber*
jeugung gewonnen r)attc , unter ben Staffen englifajer ©efellfchaft, auS
welchen ©olbaten unb gührer beS fletncn £eereS genommen würben, herrfche
feine töbt(ta)e Abneigung gegen bie neue £errfcbaft.
l) Chronic. Saxonic. ad a. 1068 fammt ben üon £r)terrr) II, 55 uadjgetüiefenen
&Nt$fiÜ<fett J bann Flores histor. ©. 635. 2) ©awle ©. 104 untere Wlitte.
93ierte« Surf). Qiap. 21. (Sntfc^eibeube kämpfe roaf)renb ber 3ar)re 1069 unb 1070. 415
(EtmmbjttJanjigfJeö Capitel.
(Sreigniffe ber 3a^re 1069 unb 1070. (SinfaU einer mächtigen bänifcr)en ftlotte in (Sng--
Ianb. .Kleinere Sluffiänbe im Süben unb ffiefien. ©rofje (Empörungen im Serben.
«Die 9?ortf)umbrier öereürigen fidf) mit ben £änen unb bem fcrjoüifer)en jtonig Wlc\U
colm. 3)ovf uurb »on ifynen erfiürmt , unb mefyr a\§ 3000 ^olbaten beö Jlönigö
ffiilfjelm fa((en. SWrtfjregeln , bie ber Eroberer ergreift: buref) S3eftedr)ung trennt er
ben 9lnfüt)rer ber bänifcfyen flotte t»on ben Otorttjumbrievn , auet) einzelne angelfäd);
fifcfje Häuptlinge ber 9luf|länbifdjen gewinnt er. 9?un verwanbelt ficf> bie nortfjuim
brifdje Bewegung in einen Sertilgungefampf nüifäen Slnglobänen, Welche jebe Unter;
Ijanblung mit QBilfjelm jurüefweifen , unb 2lnglüfacr)fen , bie auf be$ jtönigö «Seite
übertreten. S3errätf?evei be3 33ifcr)of3 Slgclwin *on Surgam. 9iortr)umbrien wirb
jur ffiüfle. 3m $rü()Iing 1070 enbet ber tfampf mit ttölliger Unterwerfung beä
nörblicr)en (Snglanbö. 2üiewauberung Bieter 2(beligen naef) JBtyjanj unb anbern 2än*
bem. «Die Jpartnäcfigfien werfen ft(f) auf bie glufjinfel (SU), wo fte in ben bortigen
jtlöjiern Untevfunft ftnben. ©efefc ffiilfyelmö roiber bie mit ben Empörern verbün;
beten Sftöndje.
(Stegreicf) ging, rote man ftefyt, ber 53afiarb au3 ben kämpfen be$
3af)re6 1068 ^ert>or, aber neue unb fyeftigere (tauben bevor. 2luf ber
Stifte »on Dänemarf lag eine große glotte jum Auslaufen gegen (Snglanb
bereit \ folebe 2lu3rüftuugen bebürfen längere $eit unb fte fonnien bem ^or*
mannen unmöglich verbergen bleiben. SBtltjelm rear bavon unterrichtet unb
auf febroere (Schlage gefaßt. Drbertct; fagt:1) „ba bte Vorbereitung junt
ßrteg alle Gräfte beö Könige in Slnfprud) narjtn, fanbte er feine ®cmal)Iin,
bte Königin 9ttatl)ilbc, nadj ber 9?ormanbie juriuf, bamit fte bort, vor
$rieg6gefal)r gefiebert, rufug (eben fönne." 9?ocb im Sauuar 1069 brad?
ber Sturm loö. Silbjelm l)atte ben Normannen Robert von G>omine3 jum
(Sari ber nortfyumbrtjcben 9]orbmarfe gegen (Scbottfanb ernannt unb naef)
3)url)am beorbert. 9J?tt 500 ©efyarnifcbten rücfte bort (SomineS (§nbe
3anuar ein unb befe^te bie SBttrg.
9D?er)rcre (Srjrontften berichten ,2) 23tfcbof 2(gelvout von 3)url)am f)abe
ben (Sari vor einem Ueberfatt geroarnt, bie Tarnung fei aber nid)t be*
achtet roorben. Die £cute Roberts überließen ftcb ber €orgloftgfeit. <Ed)on
in ber erften 9?acbt entftanb 2tufrur)r im ganzen 2anb. SQfyxti&t Scbaaren
9?ortr)umbrier ftürjten auf Ü)urf)am log, brangen in bie (Btabt ein, er;
fähigen bie normannifc^en (solbaten in ben Straßen ober ben Käufern,
verbrannten ben 23tfcbofSr)of, roo Robert Somineö rool)nte, fammt bemfelben.
33on ber ganjen 33efa^ung foll nur ein (Sinniger entfommen fein. 2)iefe6
©eme^el fanb ftatt ben 28. 3anuar 1069.
Ser roaren nun bie aufftänbifeben 9?ortl)umbrter unb unter roeffen
l) 2)uc^eöne @. 512, d. 2) (Savile @. 450 unten. Xro^ben 6- 198.
416
$afcft ©regorittS VII. unb fein 3eitaftet.
Befehlen ftanben fte ? Die JDueUeh geben herauf feine Antwort, wohl aber
melben fte, baß im §erbfte beffelben Safyreö, als bie bänifcbe glotte in ben
£nmber einlief, fämmtlidje Anführer ber kämpfe be$ vorigen 3af)r$ unb
überbieß einige Anbere, bie jefct erft bie 5D?a6fe abwarfen, nämlich (Sab*
gar, ©oSpatrif, Architf, 4) 9J?arle$wm unb auf er biefen SBaltljeof, (SiwarbS
©ohn, gemeine ©adje mit ben eingebrungenen geinben matten, ©o$*
patrif unb Archill waren bemnacf) wieber abgefallen unb Eabgar t)atte ftcb,
ben awifcben 9Mcolm unb Wilhelm abgefchloffenen griebenSttertrag »er*
Ie^enb, nach ^ort^umbrien begeben. 3dj benfe, bie nämlichen ftnb e6 ge*
wefen, bie auch ben (Schlag gegen Durham ausführten. Dfe neue nort*
fmmbrifche Bewegung muß ton Schottlanb aus angeftiftet worben fein.
9fach ber Einnahme DurhamS rütften bie Aufftänbifchen in füblicher
$icbtung gegen g)orf. 3unächft griffen fte bie Burg an, in welcher Robert,
SRict/arbS @o^n, mit feinen beuten lag. CDie Burg fiel, Robert felbft unb
ber größte Zfyil ber Befa^ung warb niebergemacbt. 9?ocr) ftanb aber baS
(Sc^oß fcon g)orf , Wo 2Bilf)elm 9Met ben S3efet>l führte. SMe ganje
9J?ac3t)t ber getnbe wanbte ftdj gegen ir)n. 9Met fanbte einen Eilboten
nach bem ©üben an ben ilönig unb Heß ihm fagen, baß er verloren
fei, wenn nia^t fchleunige £ülfe fomme. Der Äönig brach fogletch auf,
überrafchte bie ^ort^umbrier wäfyrenb ber Belagerung, braute ihnen eine
9?ieberlage bei, entfette bie (Stabt, orbnete bie Errichtung neuer Serfe
an. Dann nach achttägigem Aufenthalte fet)rte er, ben beften feiner §aupt*
leute, SÖtlhelm gifcoSbern, mit genügenber 9J?annfcf)aft aU £)berbefet)löl)aber
jurücflaffenb, baf)tn, woher er gefommeu war, nämlich nacr) SBincbefter §u*
rücf, wieDrbericb fagt,2) um baS £>fterfeft bort §u begeben, wie idb glaube,
um baS fübltche unb weftlicbe Englanb §u bewachen. Denn ntdr)t bloS im
Horben, fonbern allenthalben namentlich auf ber Sallifer @rän§e unb in
ben 6hiren beS (SübWeftenS gährte eS.
9?acf) Entfernung beS Röntge brauen bie Aufftänbifchen wieber gegen
g)orf ttor. Aber gtfcoSbem machte einen Ausfall unb fchlug fte in einem
treffen. Balb barauf — um bie TOtte beS SommerS 1069 — begann
bie Bewegung im ©üben. AuS Srlanb fommenb, liefen 3) bie (Sohne
£aralb6 mit einer glotte <om 44 (eine anbere ^achricbt 4) mclbet mit 66)
(Schiffen in bie ^ünbung beS Za^, fuhren bi6 Sa^ftof hinauf ™b
wanbten ftch »on ba ju Sanb gegen Ureter. Allein bie Umgegenb war
gut Um^t, unb ber Erfolg bewies, baß ßöntg Wilhelm, bie Sßtane ber
©egner fennenb, feine Maßregeln getroffen Utk, um fte gebührenb ju
empfangen. Brian, (Sof)n beS bretagnifd)en ©rafen £)bo, unb Sßtlhelm,
*) JDu^cöne ©. 513, d. 2) 91. a. £>. 512, d. 8) Flores histor. @. 635.
*) S)u^c6ne @. 513, a.
SSterteö 93ud). Gap. 21. (Entfcfyetbenbe Kampfe toäfjrenb bet Safjre 1069 unb 1070. 417
9Q3alb6 6ofm, rücften ben £aralbiben entgegen unb lieferten tfynen um
ba3 3ot)anntöfeft unb, Wie eö fa)eint, unweit Ureter eine (Sd)lad)t, in welcher
bie ©egenpartfyet fd)Were SSerlufte erlitt; bie krümmer be3 irifdjen £eere3
flogen nad) Srlanb aurütf. 2)te @efar)r von biefer 6eite r)er war über*
wunben.
5tber nicf)t lange nadjfyer erfaßten bie bäntfcbe Sftaubflotte, SSerberben
brofjenb, auf ßnglanbö jtüfte. ^iefelbe §af)lte ntdt)t weniger alö 240 ©egel. 0
@eit mehreren 3al)ren muß an ifyr gerüftet worben fein. 2lu3brüdlid) fagt1)
Drberid), $ömg <5wen (Sftrtbfon l)abe nict)t bloS bie £ülf$mtttel feinet
(Srbreid)3 £)änemarf, fonbem aud) bie Gräfte ^olenS, (Saasens, grieö*
lanbS unb SiutictenS angeftrengt, um eine folcfce @eemad)t §ufammen§u*
bringen. 3^ verfiele bieß fo, baß ©wen fäa)ftfa)e unb frteftfcfye ©ee*
leute warb unb aucb bie 23eWor)ner ber heutzutage mecHenburgifcfyen unb
pommerifdjen ©eefüfte, welche er)emal6 unter polnifc^er, fyäter unter bänifdjer
Qotyit (tanb,2) nötigte, il)m Sftannfcfyaft ober ©cfytffe §u [teilen. 2luf ber
glotte befanben fta) jwei Sörme <Swenö G£>aralb unb jlanut), ferner ber
jüngere 53ruber beö Königs, £)6bem, welker vor 20 Sauren in (SbwarbS
be6 SBefennerS Sagen auö (Snglanb vertrieben worben war, 3) jwet bänifc^e
U3tfcf)öfe unb brei 3ar(e ober ©rafen. 33on ben 23ifa)öfen wirb einer @l)ri*
fttan 4) von 2larf)uö, fpäter von 9?tpe, von ben bret 3arlen ebenfalls einer,
Surfil,4) namhaft gemacht. Ü)ie Bewegungen ber bantfctyen ©eemadjt
(äffen feinen 3^eifel barüber §u, baß ber £)berbefef)l$r)aber mit ben ver*
fd)tebenen jur (Smpörung entfcfyloffenen *ßartf)eien ber 5lngelfacl)fen 93er*
binbungen unterhielt.
(£rft wollte er bei Ü)over lanben, fei e# um ben (Söhnen «garalbS,
von benen er vorau$fe£en modjte, baß fte geftegt Ratten, fei c6 um £>en*
jiemgen, bie fur§ barauf in 2)orfet unb 2)evonfr;ire §u ben Staffen griffen,
bie £anb §u reiben. Willem bie normannifa^e 23efa£ung §u 2)over J>telt
fo gute 2Öad)e, baß bie 3)änen nad) vergeblichem 3Serfudr)e lanben ab*
fegein mußten.5) ©ie fuhren nun nad) ©anbwtd), würben aber bort gletcr)*
falle burd) eine 5lbtf)eilung be3 normannifd)en £eere£ vertrieben. Leiter
nad) Horben fegelnb, liefen fte in ben S3ufen von 3p$wtd) ein unb fcbifften
bort einen £f)etl ber 9J?annfa)aft aus. 2)ocr) alSbalb ftrömte ba$ Sanbvolf
jufammen, fiel über bie ©ingebrungenen l)er, erfa)lug tfjrer 30 unb nötigte
bie Zubern, auf bie glotte $urüd$ufer;ren. 5lbermal haben wir f)ter einen
hanbgreifltd)en Beweis, baß bie Sftaffe ber 5lngelfad)fen nichts von bämfc^en
geifern wiffen wollte, unb baß nur ber f)or)e 5lbel eö war, ber mit bem
fremben ^rbfeinb fta) verfdjwor. 2Bte bumm müßte aua) ber gemeine
l) 2)uc^eöne @. 513, b. 2) Dbtn <S. 121. 8) ©af. @. 296. 4) Stoßen
<S. 198. 5) JDuc^eöne ©. 513, c. flg.
©frpter, $a6(i ©ycgonu« vil. 33b. in. 27
418
Sßafcji ©regortuö VH. unb fein ßdtalkx.
Wlam gewefen fein, wenn er fein Heil tton einem 93olfe erwartet hätte,
burct) welche^ (Snglanb währenb ber legten 80 3af)re wieberr)olt in tteffte$
(Slenb geftür§t worben war.
93on Speiet) fteuerten bie 3)änen nact) Stfotwich, wo fte gleichfalls
eine £anbung verfugten. 5Dtc Mftenwaa^e befehligte in borttger ©egenb
ber Normanne $abulf Saber. 2)iefer griff fyer$aft an, machte Sßtele
mit bem falten (Stfen nieber, erfättfte Slnbere im Speere. 2)te £)änen
wanbten nm, fpamtten ihre Segel, erreichten bie Humbermünbung unb liefen
um -DJfariä ©eburt (8. (Sept.) in ben ©trom ein. Qkx enblia) blühte tr)r
Satten. ©a)on ftanben bie Häupter beö northumbrtfchen Slufru^rö »om
grühiar)re, ©oSpatrif, sJJ£arIe3win, WtäßL, 2Baltr)eof ©iwarbS ©or)n, bereit,
ftch tbnen tttyif$lfe$eiL 5lucr) $rin§ (£abgar war in ber R&fyefj ha*te
aber einen fleinen 9taub§ug nach £utcolnfhire gemacht, auf welchem er
beinahe oerunglücfte. ©ein (befolge ffel nämlich in einen Hinterhalt ber
normanntfchen ©armfon von ßtncoln, bie unter ben Herren aufräumte. W\t
nur jwet Begleitern entfam ber *ßrtn§ ') unb eilte nun ins Sager ber £)änen.
$önig Wilhelm jagte eben im 2)eanforfte, unweit Lincoln, al6 er bie
5lnfunft ber 3)änen erfuhr; fogletct) fanbte er (Eilboten an bie Befef)l3haDer
in g)orf mit ber Tarnung, auf ber Hut §u fein, unb ihn eS wiffen ju
laffen, wenn §ülfe nöthig wäre. 2)tefelben antworteten, baß fte ftch ftarl
genug fühlten* um bem getnbe unter allen Umftänben bie 6pt{3e jit bieten,
unb feiner frtfchen SJfannfchaft bebürften. 9ioch peinlichem Qmtbrucf, alö
auf ben $öntg, machte bie ^achrtcbt oom Sludge ber 2)änen auf ben Qnv
bifchof Sllbreb fcon g)orf. 3)a er ftch fehr tief mit ben Normannen etnge*
laffen $atfe, fühlte er wohl, baß er »on ben 5lufftänbtfchen, an bereu 6teg
er nicht §wetfelte, feine ©nabe erwarten bürfe. BöfeS ©ewiffen unb ©chrecfen
ftitrsten ihn tn eine fct)Were Äranfhett, an welcher er ben 11. ©eptember
1069 »erfchteb.2)
^ätte $öntg 2Stlt)elm auf bte erfte jtunbe vom Laheit ber $aub*
flotte feine ©trettfräfte am HumDer §ufammenge§ogen, fo wäre vielleicht bte
^Bereinigung ber 3)änen mit ben 5lufftänbtfcben unb ihre nächfte golgc, bte
(Srftürmung g)orf$, abgewenbct worben. 5lllein er trjat eS nicht, weil er
ben $erftcherungen ber Befehlshaber von g)orf traute, unb wohl noch
mehr, weil tn ^urjem fo bebenf liehe Umftänbe eintraten, baß ber $öntg
in ber Xfyat ^aum voiff ort fonnte, wohin er ftch §uerft wenben folle. ©eit
nämlich bie 3)änen ber Äüfte ftch näherten, fchlug bte glamme beö 2luf*
ruljrS auf fünf bis fedjö tterfchiebenen fünften im 3nnern beS Geichs em*
por. 3ch Will §unächft bte Heineren Bewegungen fchtlbern, ehe ich jur
©efchtchte be$ northumbrifchen Kampfes übergehe.
4) Ibid. 513, d. 2) Flor, histor. @. 635.
Sßierteö 93u$. £ap. 21. @ntfcr)etbenbe kämpfe roäfyrenb ber Safere 1069 unb 1070. 41 9
Robert von 9J?ortatn, be$ jtö'nigS ^albbruber, unb von tr)m mit aus*
gebeulten Sänbereten in fftat&atttt belehnt, *) r)atte in ber (Bf)ire (Sommer*
fet eine ftarfe 33urg, bie von itjrer Sage ben tarnen 9J?ontague befam,
erbaut.2) ©egen biefe geftung brad) ber angelfäd)ftfd)e ?lbel von ©om*
merfet unb 2)orfet lo3, bie SBttrgmannen leiteten jebod) fyartnätfigen Sßiber*
ftanb, rooburd) einer ber vom Könige eingelegten Dberbeamten, 23ifd)of
©otefreb ton (SoutanceS , 3e*t erhielt, §u «£>ülfe ju eilen, ©otefreb bot
einen $f)eil ber normamtifa^en 23efa£ungen von Sonbon, SaliSbur». unb
2Btnd)efter auf, überrafa^te bie Belagerer unb jagte jte aufeinander. 23iele
gerieten in ©efangenfct;aft unb büßten burd) 23erftümmelung tf)rer ©lieber. 3)
2)ie Slbfüfyrung ber normannifd)en ©arnifonen nad) bem bebrol)tcn £)rte
ift ein neuer SÖeroeiS, baß ber Köllig feine ©efafyr von ©eiten ber 33ür*
gerfdj)aften in ben größeren ©täbten be3 SübenS fürchtete.
2Mf)renb um 93?ontague gefämvft rourbe, griffen Slufftänbffcfie au£
2)evonfr;ire unb ßornroattte baS im grüfjling 1068 neu befefttgte Ureter an.
„2)te 23ürgerfd)aft ber ©tabt," fagt3) £)rberta), „fytelt jum Könige, benn
fte roar bunf) bie (Sreigntffe vom vorigen 3al;re getvtfugt." 2)a fomtt bie
33efat3ung freie £anb fyatte, machte fte einen Ausfall, roeldjer glüdte. Sbk
Belagerer rourben geroorfen, unb gerieten auf ber gluckt in bie £änbe ber
normanmfa^en ©rafen 2ötlt)elm, SBalbS 6ofnt, unb 23rian, be6 23retagner$,
welche von 6I)rovfr;ire fommenb, sunt (Sntfa^e ber ©tabt Ureter r;eran§ogen
unb ben ^urücfroeia^enben Empörern böfen (Smvfang bereiteten. 2lucr/ in
(Sfjrovffytre roar nämlid) eine (Smvörung, unb §roar eine gefäf)rlid)e, au3ge*
brocken. ©efüfyrt von (Sabrtf, bem 2Mbling, ben rotr vom 3a^re 1067
fyer lernten, fielen Unjufriebene auf ber genannten (£f)ire, im herein mit
SBallifern unb (Sinroofynern ber ©egenb von (Softer, bie föniglidbe 8efai$ung
ber S3urg 6l)rero3bun; an. 5luf bie Jhmbe fjtevon beorberte ber jtöntg
bie beiben ebenerroftfynten ©rafen, SBilljelm unb 23rtan, bem Slufrufyr (Sin*
fyatt ju tl)un. Dtefelben eilten fyerbei, famen aber bod) ju fvät: 6f)rero$'
burfy roar eingenommen unb verbrannt roorben, bie 5lufftänbifd)en aber
Ratten fta) nact) vollbrachter £r)at jerftreut. Unter biefen Umftänben fan*
ben eö bie beiben Normannen geraden, naa) ©reter aufzubrechen, ba6, rote
fte roußten, bamals von ben ßornroalen belagert rourbe. 5luf ber 9?orb*
fette von 6f)rovfl)tre, in ber ©egenb von Softer, roofyer ein großer Sbjeil
derjenigen ftammte, roelaje ©fyreroSburv. jerftört Ratten, batterte bie 23eroe*
gung biö ins näcbfte 3a^r fort, ba ber ^önig nta^t früher freie §anb be^
fam, bie bortigen (Smüörer ju paaren ju treiben.
©nblia) ein roetterer Sßrotft, roo gletd)fall0 eine (5a}ilber^ebung ftatt^
4) Domesdaybook I, 121, brüte feilte flg. 2) Ibid. <S. 93, evfie <&palk.
3) EudjeSne <B. 514, a.
27*
420
^afcjl ©regoriuö Vn. unb fein ßdtalttx.
fanb, war bie ©l)tre von ©tafforb, Wela)e ber Srent burcf)flteßt, bcr in ben
^urnber münbet. SBermutpa) barum, weil ber 2lufftanb von ©tafforb
leicht mit bem nortfntmbnfa)en in SBerbtnbung l)ätte gebracht werben fön*
nen, fa)emt ber Äöntg btefer ^Bewegung ferne befonbere Slufmerffamfeit ge*
wtbmet $u ^aben. (§r begab fta) perfönlta) naa) ©tafforb, eröffnete ben
Stamtf unter Slnwenbung ber füra)terltcr>ften ©ewaltmtttel unb trieb bte
2tufftcmbtfa)en p paaren. «Run erft, naebbem Sfttttelenglanb größtenteils
unterworfen war, wanbte er ferne Staffen gegen 9?ortf)umbrten. *)
3a) muß jefct naa)l)oten, Wa6 tnbeß bort vorgegangen war. 9laa)
erfolgter ^Bereinigung ber nortl)umbrtfa)en Häuptlinge mit ben 3)anen rücfte
baS gefammte £eer gegen g)orf. 2113 bte normanntfa)en £auptleute in
ben betben ^Burgen $unbe vom 2ln§uge beffelben erretten, gaben fte
SBefetyl, bte näa)ftm Käufer, welche an bte ©a)löffer ftießen, meberjubren*
nen, bamtt ntdt)t unter bem ©a)u£e btefer ©ebembe ber getnb fta) etnntften
fönne. 2)er 33efef>f würbe ben 19. «September 1069 vollzogen, allein ba$
geuer »erbrettete fta) Wetter, al$ im $lane ber SBurgvögte lag, e6 ergriff
bte gan§e ©tabt unb legte aua) eine ber größeren $tra)en tn5lfa)e.2) -ftod)
rauchten bie krümmer, als einige Sage fpäter bte vereinigten -jftortfmm*
brter unb hätten in bte veröbete ©tabt einbrachen, unb unverweilt auf bte
$wei SBurgen loöftür^ten. SBetbe würben unter fürct)terlict)em ©eme^el er*
[türmt. Wltfyx als 3000 Normannen fielen bura) bie Schaffe be3 ©cf)Wert6.
9ta baS £eben ber betben Hauptleute, 2ßt(f)elm 9J?alet, ber als ©tellver*
treter beS vom Röntge naa) bem ©üben beorberten gi^oSbem ben Ober*
bcfefyl geführt r)atte , bann ©tlbertS von @ent, fo wie ifyrer grauen unb
jttnber unb etlicher anberen SBorneljmen, verfa)onten bte ©ieger, waf)rfa)ein*
lia) in ber Hoffnung, ein tyotyeS Söfegelb §u erpreffen.
©inen gefeierten tarnen erwarb fta) beim ©türm auf g)orf 2BaItf)eof,
©twarbS ©of)n, ein überaus fräfttger, r)oa)gewaa)fener 3üngltng, ben man
wegen fetner ©eftalt gewöl)nlta) 2)tgera, b. f). Den ©tarfen nannte. 2)te
©age gefjt, baß er, im Hinterhalt vor bem £r)ore einer ber betben ^Burgen
aufgeftellt, eine 9J?affe Normannen, bte fta) bura) bie glua)t retten wollten,
einen um ben anbern mit ben ©treteben feiner ©trettart nteberfa)metterte. 3)
©falben verherrlichten tr)rt bura) Soblteber. (StneS berfelben r)at ©norro
©turlefon in ber HetmSfrmgla aufbewahrt.4) 2)er £)ia)ter fagt barin,
SBattfyeof fei tapfer wie £)btn, unb rüf)tnt, baß er aus 2eta)en erfcblagener
granfen ben SBölfen ber englifa)en §etbe ein ledereS SD?aI bereitet r)abe.
Sftaa) bem galle ber Bürgen riffen bie wütf)enben 9?ortl)umbrier vollenbS
l) Ibid. @. 514, b. *) Sweben @. 198 unb Flores histor. @. 635 unten flg.
3) ©aöile @. 104. Sftan öergletdje nodj bte üon Sangebecf script. rer. dan. III, 299
gefammelten ©teilen. 4) Ed. ©Loiting III, 168.
©tetteS 93ud). <&ap. 21. (Sntfd^etbenbe Stämtfe toafyrenb bcr 3al)re 1069 unb 1070. 421
alle $cfte normanmfdjer Scfjan§en nieber, um jebe ©pur bef gehaften
SSolfö ju vertilgen. 2llf $önig roarb hierauf (Sabgar §um §roeitenmale
aufgerufen, unb bie Sacbfenchronif ') melbet, baf er einen Vertrag mit ben
bürgern fctjlof, b. (). baf er eine 2lrt ton 93erfaffung tterfünbtgte. (Sein
[Reich reichte aber nur ton ber fchotttfcf)en ©ränje bif §um «gmmber, unb
auf festerer Seite roarb ef um jene ^tit etngebämmt. (Sine 2lbtr)eilung ber
bäntfct)en glotte hatte auf ber Sübfüfte bef Stromes gelanbet unb tl)at
ftd) bort gütlich in ber reiben üftieberung, nxlche man mit bem tarnen
„Sanbfchaft Stnbiffe" bezeichnete. 2)iefe Schlemmer rourben son Robert,
©rafen 51t (£u, unb bem gleichnamigen £a(bbruber bef Äönigf überfallen,
tt)etct)e SBüfyemt, alf er ftet) tton Stncoln nad) Staffort roanbte, $um Sdjujje
bef Äüftenlanbef jurücflief. JDte ©rafen machten gute Arbeit, erfchlugen
»tele, fangen bie 2lnbern, auf bie Skiffe ju paßten.2)
3m Spätljerbfte 50g ber Jtönig felbft mit ber £auptmacf)t tyxan, fein
üDtorfd) ging2) über Nottingham, worauf ich ben @<$luf §iel)e , baf er
auf Stafforbfhire fam. Nur langfam unb »orfia^tig rüdte er ttor. 2llf
er bei *ßontefraft an bie 2ltre fam, fanb er btefen gluf burdj ^egengüffe
fo angefd) wollen, baf baf §eer bura) feine ber gewöhnlichen gurtfjen über*
$ufe$en vermochte. Untätig blieb ber itöntg solle bret 2Öoa)en jenfeitf
fte^en. Drbericf; fagt:2) Uneinigfeit fei im Äriegfratrje aufgebrochen, bie
(Sinen hätten ben Antrag geftellt, baf man ben 9tucfyug antreten, bie 2ln*
bem, baf eine Schiffbrücfe errichtet werben folle, ber $önig aber f)abe betbe
9tatf)fd)Iage jurüefgewtefen, unb $war teueren, weil er ef für gefährlich
hielt, im 5(ngeftcbt bef getnbf, ber brüben lagerte, bie Arbeiten ju untere
nehmen. (SnbUdt) fei buret) einen normannifd)en bitter Namenf £ifoif eine
gurtt) entbeeft worben. „£)iefer Stfoif," berichtet Drbertd) weiter, „fefcte mit
60 auf erlefenen greiroitligen juerft hinüber, fäuberte baf jenfeitige Ufer »on
feinblichen DWtem unb führte bann am folgenben Sage baf «£>eer glüeflich
über ben Strom."
Die lange Sw^mg bef jlöntgf fann ntcf)t bezweifelt roerben, aber
unglaublich fc^eint ef mir, baf 2Öill)elm ftdt) einzig bura) bie »on £>rbertch
erwähnten Schwierigfetten aufhalten lief. (Sine anbere unb offenbar riet}*
tige (Srflärung ber Sache gibt glorenttuf ton 2Borcefter an bie §anb.
SDerfelfee berietet:3) „$ömg SBtlhelm fanbte r)etmltdt) 33oten an ben fernen
Dfbern, welcher bie glotte befehligte unb machte tr)m folgenbef 5lnftnnen:
wenn £)fbern feine Sa)tffe an baf nortfmmbrifche 9D?eerefgeftabe §urücf*
Stehe, unb son bort ohne ^ampf fpäteftenf im nachften grüt)j[ar)r nach
£aufe §urücf f el)re , werbe er — ber Äönig — ihm eine grofe Summe
4) 93ru$jiü<f , nad&getoiefen »on tyim'Cf II, 64. 2) 5)u^eöne <S. 514, b. c.
3) Flores histor. <S. 636 oUn.
422 ©regoriuS Vn. unb fein 3ettalter.
auöbcjat)(en unb überbteß bulben, baf bte SJtannfd^aft ber glotte unger)mbert
Lebensmittel von ben Äüftenftridjen eintreibe. Der bänifebe 33efef>l6r)aber/'
fäf>rt glorentiuS fort, „fei bereitwillig auf 2ßilhelmS Anträge eingegangen. "
2>et 23aftarb von Morien war nicf)t bloS ein trefflicher Solbat unb
gelbl)err, fonbern auch 9)?cifler in ber Jtunft beS 9J?acebotten $ßt)tltpp, ben
gotbbelabenen @fel am reebten £)rte wtrfen ju laffen. Dfyne ©chwertftretch
unterhöhlte er ben nortfyumbrifcfyen Slufftanb burch 9JiammonS jaubertfehe
Alraft. Der Däne £)Sbem verrietf) feine bisherigen SBerbünbeten , empfing
baS @elb, »erlief bie ©egenb von 3)orf, fanffte nach ber -äftünbung beS
^umberS unb blieb bort unthättg unb thetlnahmloS an bem ©cbicffal ber
preisgegebenen 9iorthumbrter. Natürlich brauchte ber itöntg einige %%\i9
um bie Unterhaltung mit bem Dänen ins Steine \\\ bringen. Dtefelbe wirb
im Saufe ber brei 2Bod)eri, währenb welcher Wilhelm jenfettS ber 5lire
lagerte, beenbtgt worben fein. (Sobann lag bem Normannen begreiflicher
Steife viel baran, baf 9ftemanb bie geheimen Dinge, bie vorgingen, er*
ratl)e. (Sr nahm bar)er bie 9JfaSfe vor, als h^tte ihn baS überflüfftge
SBaffer, baS bie flehte 3lire fytnunterrarm, auf er gaffung gebracht.
Sßalb würben bie golgen beS verborgenen ©etrtebeS vor ber SBelt
offenbar. $on bem Dänen verraten, flohen bie northumbrifchen ^)äutot^
linge ber fchottifchen ©rän§e ^u. DaS £eer löste fta) auf, bie northum*
brtfeben 6olbaten liefen nach «£>aufe, in ihre Dörfer, ober ^)öfe. 511s ^önig
SBilhelm, ber nach bem Uebergang über bie 5Ure burch baS rauhe ©ebtrg
auf unroegfamen ^]faben gegen g)orf aufgebrochen war, in ber 9?ähe biefer
6tabt ober vielmehr ihrer krümmer anlangte, traf er feinen geinb mehr
im gelbe ftehenb. 2Bilf;elm feilte nun baS £eer, eine Abteilung warf
er in bte €tabt mit bem 93efcr)(, bie §erftörten geftungSwerfe herjuftelKen
unb gegen Angriffe §u fchü&en ; eine §wette Abteilung ftellte er (ängS bem
£umber auf, um bie Bewegungen ber bänifchen glotte §u überwachen.
Die s3J?annfchaft ber lederen foll im Saufe beS Linters fchwer burch
junger gelitten haben, ba baS tnbef ausgeraubte unb faft §ur SQSüfte
geworbene Äüftenlanb ntd)t genug Lebensmittel aufzubringen oermochte.
äSiele ©chiffe gingen burch Stürme §u @runbe. 3m folgenben 3abjre
fegelte £)Sbern mit bem flägltchen $efte Oer ihm anvertrauten (Seemacht
nach £aufe §urücf. Dtefe vor einem 3ahre fo furchtbare glotte, für bereu
Aufbringung baS fleine Dänemark unverhältnif mäßige Dvfer gebracht hatte,
war wie (£a)nee vor ben (strahlen ber 6onne serfcf)moI§en. glorentiuS
von Sorcefter fügt 2) bie weitere Nachricht bei, Köllig 6wen von Dänematf
habe, als er erfuhr, baf fein SBruber von bem Normannen Stlhelm beftochen
worben fei, benfetben $ur ^echenfehaft gebogen unb auS bem deiche verbannt.
l) £>udjegne <§. 515, b. 2) Flores histor. <S. 636 unten.
33ierteö 93ud). &a)>. 21. (Snlfeä&etbenbe Kampfe toäf;venb ber 3af)re 1069 unb 1070. 423
2)en 9teft feinet ,§>eereö, ber burct) bie betben oben erwähnten 9tuf*
träge nicbt in Slnfprud) genommen würbe, verwanbte ber Saftarb ju einem
anbem 2)tenfte. @r btlt>ete auö bemfelben eine 9Jfaffe fleiner Sdjaaren,
bfe ben 23efehl erhielten, ftcf> über baS ganje Sanb im Umfreife von Jjunbert
teilen 51t verbreiten. 9?un begann ein fürchterlicher Ärieg ber 9^act)e im
kleinen. SCßeit unb breit würben alle 2Bol)nftfce, aua) bie abgelegenften
heiler unb ^)öfe, aufgefuebt, bie (Smwotyner, bie ftet) betreten ließen, er*
würgt, bie Käufer, bie (Scheunen §ufammt bem 33iel) unb bem aufge*
ftavelten ©etreibe or)ne ©nabe verbrannt. „9?ie wäl)renb feinet übrigen
Sebent," fagt l) £)rbertcb, „fyat Sil|elm folcf>e ©raufamfett bewiefen. 3)a er
feinen 3°rn nfc^t §u bemeiftem wufte, verfiel er blinber £etbenfct)aft unb
wütt)ete ot)ne llnterfct)teb gegen Sdjulbige unb Unfdjulbige."
£>bglekh bie 33cmben SfiSü^elmö bamafö, rote eö fcheint, ben £ee3fluß
nic^t überfchritten, wagten bod) ber SBtfdjof 2J[gelwin von 3)urham unb
etliche ^äupter bcö northumbrtfdjen 2lufftanbe3, bie ftet) in feiner Stabt
eingefunben Ratten, ntebt länger bafelbft §u bleiben, benn fte fürchteten laut
bem Berichte2) beS (Shrontften Simeon, baf ber Normanne an ir)nen, ob*
gleich fte fidt) feiner Sd)ulb bewußt geroefen, wegen ber ßrftürmung von
g)orf Stäche nehme. Ü)er genannte (Sr)rontft bemüht ftd> nemlid), ben 23t*
febof ber Stabt, in welct)er Simeon felbft lebte, weif ju brennen unb alö
einen Wlann voll mafellofer Sreue gegen ben Äönig ^tn^ufteUen , obgleich
Slgelwm ftch ^anbgrctf(tct) mit ben 2lufftänbtfchen eingelaffen f>atte. Simeon
fährt fort: „eine $erfammlung würbe gehalten, auf roelcher bie anroefenben
SSomehmen bcfcbloffen, bie Stabt ihrem Sctjttffale §u überlaffen, bie ©e*
beine be$ I>eil. ßuthbert, be$ $atron6 ber bortigen ^anptftrcbe, mitzunehmen
unb nach ber fdjotttfchen ©rän§e §u fliehen. 2)a$ gemeine SBolf blieb jurücf,
baS fünfter §u !Durham lag voll von armen unb verrounbeten 9?ort*
humbrtern, bie au$ Langel an Pflege unb burch junger ju ©runbe
gingen. 2)en 11.3)e$. 1069 begannen ber 23tfd)of unb bie anbem £äupt*
linge ü)ren SBefcbluf) inß 2ßerf ju fernen." 5lm 4. Sage erreichten fte #ofy'
eilanb, ba$ unfern ber OTnbung be6 £weeb liegt, welcher 9£orthumbrten
von Sdjottlanb febetbet. Dort machten fte £alt.
Senben roir uuö wieber $um Könige. $11$ 2Bethnact}ten herannahte,
verlief er ba6 £eer unb begab ftch nach g)orf jurücf, wohin er jfrone unb
Seester au$ bem $etch3fcha§e §u 2Binchefter hatte bringen laffen.3) 9flit
ben Äleinobien beS $öntgtr)um$ gefchmücft, feierte er bafelbft, bem Schotten
Malcolm unb feinem Schübling (gabgar $um %xo$, baö geft ber ©eburt
be$ 2Öelterlöfer$. -ftadr) bem gefte ging er wieber $um ^eere ab, ba$ tn^
l) S)u(^clnc @. 514, d. 2) Xwvöbctt @. 199. 3) S)uc^eöne 8. 515, a. b.
424
fßabfi ©regoriuS VII. unb fein ßtitalkv.
beffen baS £anb bis jutn Styne über Durham hinaus befefct Tratte.1) günf*
je^n Sage lang lagerte 28ilhelm am SeeS: eS »erhielt ftcr? mit biefem
Aufenthalte, tx>ie mit bem anbern ttom vorigen ^erbfte am Slirefluffe.
Unterhanblungen mit jn>eten ber fäljigften jQawpUx beS northumbrifchen
Aufrufs, mit ©oSpatricf unb mit 2Baltl)eof, «SiwarbS <5or)ne, waren im
2öerfe, Unterhanblungen, bie §u erwünfehtem äiete führten.
2ÖaItr)eof erfdjten perfönltcf) im königlichen Sager unb hulbigte, ©öS*
patrif überfanbte bie Urfunbe feiner Unterwerfung burd) ^efcollmächtigte.2)
2ßtr fennen ben $retS beS Herraths, ben bie betben Häuptlinge an ihren
bisherigen ©enoffen unb bem t>erfür)rten Sßolfe ^ortbumbrienö verübten.
©oSpatrtf warb in ber (Sarlfchaft 9?orthumbrien beftätigt,3) 2£altr)eof trug
bie Sehen Huntington unb 9?orthampton batton unb erhielt überbieß bie
Hanb einer Richte beS Königs, welche 3ubith J)ief.3) £)ie 9kchricbt tton
biefem Abfall muß unter bem treu gebliebenen 2lnf)ange EabgarS unb bei
feinem 23efa)ü£er Malcolm eine wüthenbe Erbitterung erregt haben, welche
neue 2luSbrüd)e ber Sfacbe herbeiführte, bie baS arme jerfleifa^te $loxU
humbrien, wie ich fogleict; jetgen werbe, in noch tieferes Elenb [türmten.
9J?itte Sanuar 1070 feJjrte ber üönig aus bem Sager am SeeSfluffe nad)
§)orf jurücf unb trat nunmehr, genügenbe DJfannfchaft in g)orff^tre jurücf*
laffenb, ben 9J?arfch nach ©hefter an. Er)e id.) hierüber beriete, will ich
bie Ereigntffe erzählen, beren Schauplatz naa) bem Slb§uge SBtlr)eImö bie
WlaxU gegen Schottlanb würbe. (Simeon melbet:4) „Seilte 9JMr$ 1070 fam
ber geflüchtete Sßtfdjof Agelwin öon tgotycHanb , wo er bis bat)tn geweilt,
Wieber nach Durljam, ließ fofort bie borttge Äird)e »ort Seiten unb Un*
ratl) reinigen unb weihte fte üon Beuern. Slber fchon nach wenigen Sagen
»erließ er feine (Stabt wteber, nahm feine beften ^abfeligleiten mit ftch
unb eilte nacb bem Hafen^a£ SBearmoutf), wo er ein Schiff befteigen
wollte, um naa) (Schottlanb §u fegein. 3n SBearmoutf) fanb er mehrere
Häupter ber northumbrifchen Empörung, namentlich ben ^rinjen Eabgar,
9J?arleSwin unb einige 5lnbere, welche gletd)fallS bie 5lbftcht an ben Sag
legten, \xx Schiff nach Schottlanb \\\ flüchten."
Hier muß ein knoten gelöst werben. 23tS §um Abfalle ©oSpatritfS
unb SßaltheofS, b. h- bis WlitU 3anuar ftanb bem bringen bie Serbin*
bung mit Schottlanb, unb §war auf bem natürlichen 2ßege ju Sanb, un*
gehinbert offen. SBarum (inb bie Häuptlinge nicht §u Sanb unb vor TOtte
Sanuar borthin abgegangen? §wettenS warum traten fte eS erft im Sftärj ober
Slprtl, unb brittenS, warum wählten fte $um 5luSgangSpunft 2Bearmoutf),
l) Stowten <&. 199 SDWte. 2) JDut^eöne <S. 515, a. b. 3) £)te Sefoetfe
Ui Xfymq II, 78. 4) 51. a. £). @. 200 unten.
Viertes 93udj. &ap. 21. @ntfd)etbenbe Stammt ttafyrenb ber Safjve 1069 unb 1070. 425
einen Drt, ber mehr als 16 SBegftunben t>on ber fchottifd)en ©renje c\\U
fernt ift?
9D?an tonnte fagen: (£abgar unb feine Slnhänger feien, bura) ben Abfall
©oSpatricfö überrafcr)t unb zugleich in bie Unmögltchfeit serfe^t worben, ben
£anbweg nacf) ber fcfyotttfcfyen ©ränje etnjufdjtagen. 2lu3 einer Stelle1)
©ttneonö erteilt nämlich, baß ©o^patricf naa) ber SluSföhnung mit 2öil?
l)elm bem Eroberer bie geftung 33amborough ju feinem 2ßaffenpla$e ge?
mad)t hat. Ü)iefe 23urg liegt auf ber £)ftfüfte 9?orthumbrtenö, (üblich »on
£oh;eilanb, jwifchen ber fd)Otttfa)en @räu$e, wof)in (Sabgar fammt ©e*
noffen flüchten sollte unb jwifdjen Searmoutl), wo fte fia) im 9J?är$ ein?
gefunben Ratten, eingenommen nun, baß (5abgar Dritte 3anuar trgenbwo
im ©üben son 23amborougr) weilte, angenommen ferner, baß e$ ©oSpatricf
gelang, 33amborough unb baS umltegenbe Sanb ju befe^en, et;e ßabgarS
Slnfjang ben Abfall be$ 9?orthumbrier$ erfuhr, war bem $rtnjen unb fei?
neu beuten ber Sanbroeg nach bem benachbarten 9fetcfye abgefc^nitten.
Slltein biefe 5lnftd)t tton ber @adje fann eines flaren ßeugntffcS wegen ntd)t
befielen. 2Bie fdjon bemerlt worben, erzählt ©imeon, baß 2lgelwin, nacfybem
er fta) bret Monate unb einige Sage in ,£>ofyetlanb aufgehalten hatte, t)on
bort nad) Ü)urr)am jurürffeljrte. Um son ^ol^eilanb nad) 2)urham §u ge*
langen, mußte ber 23tfd)of an Söamborough vorübergehen, folglich glaubte
er ftd) bamalS t>on ©oSpatricf nicht bebrol)t, noch fürchtete er ir)n. 2)a3?
felbe gilt of)ne 3weifel von 2lge(win$ poltttfc^en greunben. Unge^inbert
bura) ©oSpatrkf fonnten fte son ber fd>ottifa^en ©rän^e an beliebige fünfte
9?ortl)umbrten3 unb umgefehrt reifen. (Sine anbere Söfung ber grage brängt
fta) auf, eine Söfung, bie burcfy gleichseitige (Sreigniffe gerechtfertigt wirb.
£ören wir §unäd)ft, was laut bem ^Berichte (Simeons weiter gcfd;at).
„ßumberlanb (bie norbtx>eftltct)e (£de 9(?orthumbrten$) ftanb2) bamalS unter
fchottifd>er Roheit, ntcrjt fraft rechtlichen 33eft£eS, fonbern weil $önig 9JM?
colm bie genannte Sanbfdjaft mit Waffengewalt an ftdt) geriffen hatte. $on
biefem Gumberlanb auS fiel Malcolm plöjjlich in ba$ öftlicbe 9lortf)umbrten
ein unb verheerte baS gluf gebiet jenfeitS unb bieffeitS beS £eeS. 5US
er an einen £>rt gefommen war, ber auf angelfächftfch ^unbrebeftelbe Qu
beutfch ^unbertbacb) heißt, erfd)lug er mehrere (Sbelleute angelf ächfifchen
©ef chtechteS3) unb teilte bann fein £eer. H)ie größere «gwlfte fchicfte er
benfelben 2Öeg, auf bem er gefommen war, — b. h- nach ßumberlanb — mit
ber gemachten 23eute §urücf , einen Raufen aber behielt er bei jtch. ©otcbeö
that er, um ben geinb §u täufchen, unb ben ©lauben ju erwecfen, als ob
baS ganje £eer abgezogen fei. !Benn feine 9lbftcht war, baß bie ©eflüch?
*) St. a. D. <£. 200 unten. ') Ibid. @. 201 ofceu. 3) Ibid. @. 200 mittt:
trucidatis quibusdam gentis anglicae nobilibus.
426 ^afcft ©regovtug VII. unb fein 3eitalter.
reten au3 ben ©djlupfrotnfeln fyerttorfommen unb nact) ifjren SBofjnungen
jmücffeJjren fotften, bamit er fte bort überfallen unb ntebermacfyen fönne.
Die Stft glücfte einigermaßen. 9)?it ben $urücfber)altenen ©olbaten bura>
ftreifte ber (Schotte baö ©ttftSgebtet beS f). (Sutl)bert (bte ©f)ire »ort Ü)ur*
fyam), plünberte alleö (§igentr)um unb töbtete etliche Seute. 2luf foUtje
2Betfe gelangte er fengenb unb brennenb nact; 2ßearmoutf), roo er ben
fcfyof 2lgclrom fammt (gabgar unb beffeit (Befolge traf. (Sr empfing fte
freunblia), unb erHärte tfynen, baß fte ftetS in ©cfyottlanb auf ©ctjufc rennen
Dürften."
„Willem roäfyrenb beS $aub§ugö ber «Schotten bract) ©oSpatrid r)ert>or,
&og einige tapfere Reifer an ftd), ftürjte mit tfmen auf baö fa)ottifd)e (Sunt*
berlanb lo$ unb oertjeerte bte £anbfct)aft roett unb breit. 3)ann nad) x>ott^
bracfyter ^(ünberung fel)rte er mit großer SBeute jurücf unb roarf ftet) fammt
©enoffen in fein fefteS ©ct;loß SBamborougbj , oon roo er and) feitbem
mehrere 5tu^fäUe machte. 5113 Zottig Malcolm rjtetton ilunbe erhielt, gab
er, außer ftctj ttor 2ßutf), feinen beuten 23efef)l, feinen 9ttenfd)en angel*
fäd)ftfd)en @e f er) lect)tö fürber §u fronen, fonbern alle entroeber §u tobten
ober in bte ©flatteret ab§ufüf)ren. 2)tefcr 23efet)l rourbe pünftltdj »otogen:
unfägltc^eö (Slenb fam über bte Singelfad) f en. 9ftalfolm$ ©olbaten er*
morbeten alte £eute be$ genannten ©tantmeö, Männer rote grauen, mit bem
©d>voerte, ober ftießen fte rote ©d)lad)tfct;wetne mit Sanken nieber. Ätnber
fcfjleuberten fte in bie £uft unb fingen bte ^erabfallenben mit ben ©pteßen
auf, bte (Srroadifenen betber @efd)lea)ter, bie sunt arbeiten taugltd) fduenen,
foppelten fte §ufammen, unb trieben fte fort. Sllfo roarb ©djottlanb mit
$ned)ten unb DJiägben angelfäct)ftfct)cn ©tamme£ angefüllt, unb nod)
r)cute gibt e3 feinen heiler, ja feine ©ölbnerfyütte, tu roelct)en ntcrjt ©Hatten
beö genannten 23iut3 §tt ftrtben roären."
golgenbe fünfte erhellen au£ ben SBorten beS (Styroniften ©tmeon:
erftlid) $önig Malcolm f)egte, alö er ben größten Sfjeil feinet £eere3 §u*
rüdfajtdte, eine trüglid)e Slbftajt; er vootlte, baß geroiffe (Stnroofnter 9lortIutm*
brtenö, roelctje er fyaßte, burd) ben ©ct;etn ber 9htf)e getäufcfjt, tn tfjre tter*
laffenen 2ßof)iuingen §urüdfef)ren, bamtt er fte bort überrafd)en unb niebermac^en
fönne. 3tt>etten3, §u Anfang be£ (Smfaltö, ben er aus (Sumbrten unternahm,
fjatte c£ ber ©ctiotte nur auf ba$ (Stgentfyum be$ nortl)umbrtfc^en SanbttolfS
abgefebjen, er plünberte bie §abe beffelben, töWk aber nur roentge Seute.
2)rittenö anberö »erfuhr er mit Slbeltgcn angelfäd)ftfd)en 93lut3, biefe
rourben of)ne ©ajonung erfragen. 23tertenö, als £auptfetnb betrachtete ber
©cfyotte ben abgefallenen ©o6patrtd; beßljalb erreichte aua) fein 2>oxn ben
l)öa}ften @rab, alö er tternafym, baß ©oöpatrtcf ntd)t nur ber geftellten
galle au^rota), fonbern juttorfam unb baö gefpannte 9?efc burc^riß. günf?
tene, bte metebttgen Reifer, roela^e @o6patricf an fict) jog, finb ol)ne grage
©ierteS 93u<$. ®ap. 21. ©ntfd^cibenbe ^äm^fc ivd^renb bcr Sa^ve 1069 uub 1070. 427
»on bem nämlichen (Stamme unb Staube, ben Malcolm gleich Anfangs
un»erföbnlicb »erfolgte, nämlich angelfäcbftfche ßbclleute geroefen. Sechsten^
auf bie 9?ad)rid)t »on bem Unternehmen ©oSttatrtcfS gab ber Schotte 9Be*
fef)l, hinfort ntcbt bloS, rote früher, bte angelfäd)ftfchen (Ebelleute, fonbem
alle 2tngelfachfen of)ne Unterfa}teb, 33omeI)me roie fiebrige, §u ermorben
ober in Slla»eret $u ftürjen. (Snblta) ftebtenS, (Shronift Simeon braucht
ba$ 9£ort „Slngelfachfen ober £eute angelfächftfd)en @efcbled)t$" roteberfyott
in ber 5lrt, baß man notfyroenbtg annehmen muß, er unterfebeibe ftitlfdjroei*
genb jrotjeben btefen 2lttgelfad)fen unb anbern Bewohnern 9?orthumbrten$,
bte er nta)t näher bezeichnet, bte man aber letd)t erraten fann.
SBor ber SOfttte beö fünften 3&hrr)unbert3 ^aben 2lngelfad)fen bte *ßro*
»inj nörb(ta) »om «gmmber befefct, wahrfchetnlich einige 3a^re früher el)e
©ermatten gleiten (Stammet in baö fübltcbe (Snglanb etnroanberten. *) Dieben
unb unter biefen älteren 2lnfteblertt ließen fia) roä^renb beS 9. unb 10.
3afyrlnmbert3 »tele 2lnglobänen in ^ortfmmbrien nieber. 2) £)te 33e»ölfe*
rung be$ nörblta^en @nglanb$ rourbe in golge beffen eine ungleichartige,
unb bie 3^rif]en^eit, welche l)ierauö cntftanb, rotrfte »tclfach auf bte ®e*
fechte ber fpäteren Sättn, inöbefonbere aber auf bte ttortfyumbrtfcfje (5m^
»örung be3 3al)rö 1069 ein.
Wlan ift berechtigt , tfyeifö au$ ben eben erörterten, %ü3 auS einigen
anbem fünften, welche im Saufe ber (Er$äl)lung nachgewtefen würben,
Schlüffe auf gewtffe £hatlac§en in &tynf r»eld)e bte (Ef)roniften entweber
nta)t fennen, ober offen etnjugeftehen ftd) fd)euen. 3U gleicher 8eif mit bem
5lufrul)r in 9?orthumbrten brauen an mehreren £)rten be$ mittleren unb
(üblichen Unglaube Bewegungen aus, aber Untere würben mit leichter 9J^ütje
unterbrüeft. 3n 9corthumbrten bagegen ging e3 anberö, nur nach langen
Vorbereitungen fcf>rttt SBtlhelm bort ein, unb nicht ol)ne große Slnftrengung
gelang e$ ihm, bie @m»örer nteber§uwerfett. 5tud) l)at ber $öntg nur gegen
bte $ortl)umbrier blutige Strenge bewiefen, wäbrettb er wiber bie 2iufftän*
bifc^en im ©üben »erhältnißmäßig milbe »erfuhr. 2Bol)er beibe (SrfcfyeU
nuttgen? Offenbar bal)er, weit nur in 9cortl)umbrten ein großer £r)eil M
£anb»olfö ftcb für (SabgarS Sache erhob, wogegen im fübltdjen unb mitt#
leren (Snglanb ber gemeine 9J?amt erweislich wenig ober gar feine Hinneigung
$u bem treiben ber unjufrtebenen Seligen »errtett). (Sben be^t)alb gefcbal)
e$ aua), baß jtöntg 2ßill)elm an ben ^ortbumbrtern, unb jwar nur an
t^nen, ein fürchterliche^ Strafbeiffciel »oll§tef)en §u muffen glaubte.
3unäa)ft entfielt bie gra^e: in roela^em $8erf;ältniffe ftanb bie @m^
^örung ju ben jroeifaa^en Elementen nort^umbrifcher S3e»ölferung ? ®e*
hörten bte Waffen, bie ftet) um (Sabgarö gähnen fammelten, »orjugöroetfe
J) Jöetoeifc Bei Sa^enBcvg I, 120. 2) Ibid. 6. 314 unten flg. 362 flg.
428
$afcfl ©regoriuS VII. unb fein ßtitalhx.
bem angelfäc^ftfdjen , ober bem anglo^bäntfdjen 23lute, ober enbltdt) gleta>
mäßig beiben an? 3cr/ Ijafte e$ für tt>al)rfd)einltdt), baß Anfangs (Baffen fo
gut al$ 2lnglo*Dctnen jidj für ben $nnjen erhoben, bennocf) bin td) über*
§eugt: ntcbt nur bte fyartnäcfigften, fonbem aud) bte jar;lretd)ften ^Infyänger
(Eabgarö roaren 5lnglo?2)änen. £)enn nad)bem ©oSpatrtcf §um Röntge
übergegangen tft, §etgt e3 ftccj, baß eine sßartfyet im £anbe beftefjt, bte &u
©oöpatrtcf unb folgltd) aucb ju 2ötlf)elm fyält, unb gegen roeldje beßfyalb bte
2lu3brücr;e ber 2Öutt) 9D?alcolm3 unb feiner treu gebliebenen Verbünbeten
gerichtet ftnb. 2)tefe $artf)et aber rotrb roefentltd) als eine ang elf äcfyf t*
fdje bejeidmet, nocf) mefyr ber (5t)rontft Simeon unterfcbeibet eben btefelbe
»on anbern 23eroormern be$ SanbeS, roelcfye offenbar barum, roetl fte fort*
roäfyrenb ber ©acrje (EabgarS anfingen, ber Verfolgung Malcolms nicf;t
unterlagen. 2)a6 f)etßt nun: 2lnglo*£>cmeu fyaben ben $ern ber 6trettfräfte
gebtlbet, über roeldje (Sabgar »erfügte.
gür un§roetfelf)aft fyalte tcf): ber ^lufftanb tu 9Rortl)umbrten erlangte
barum eine fo gefährliche 6tärfe, roeil bte anglo^bäntfc^e ^älfte bortiger
SBesb'lferung im 25unbe mit ben fyerübergefommenen 2)äncn beS geftlanbö
(EabgarS ©acbe §ur irrigen gemacht fyatte. £)er $rteg jenfettg beS §umber$
roar ein Diacenfampf erft §rotfd?en Normannen unb 5lnglo*£)änen , bann
§rotfdjen föniglicl) geftnnten 2lngelfad)fen unb ben 6d)otten.
gerner ba feit 2lbfd)luß ber Uebereinlunft §rotfcben 2ßilf)elm unb ®o3*
patricf bte 2lttgclfacf;fen 9?ortf)umbrien3 al3 greunbe beiber erfahrnen, unb
alö fötale »ort ben Schotten »erfolgt rourben, muß man »orauSfefjen,
entroeber, baß ber Mnt$, überzeugt, ba$ fäd)ftfcc;e (Element burct; Nachgiebig*
feit geroinnen unb »om anglo^bänifcfjen trennen §u tonnen, bie ©proffen
erfteren Stammes tu ben Vertrag mit etnbebang, inbem er tfynen gletd)
©oSpatrtd gegen (Erneuerung beö (EtbS rufjigen 23eft|$ h)m ©üter unb Serjen
^uftcf/erte, ober baß bie 9J?affe anglo^fäcr)ftfcf)er 23erool)ner, ttacfybem fte au*
fangS bie 6acbe (Eabgarö, obgleich nur lau unb gelungen bura) tr)re
£anbe3genoffen, bte 2lnglo*SX)änen, unterftüjjt hatte, beS I)eillofen Kampfes
mübe, [ich für ben mit bem Könige »erföf)nten ©oSbatrtcf erHärte, unb bte
bisherige ©emetnfctjaft mit ben Slnglo^änen, roela)e ber einmal ergriffenen
$artf)et (SabgarS treu blieben, aufgab. 3)aS roäre eine jroeite Zfyat\afy.
3a) roenbe mid) ju (Ermittlung einer britten, für roelche id) oben »orgear*
beitet Ijabe.
S5ifc^of Slgelroin »on IDurbam roar o^ne grage einer ber fjartnäcfigften
Verfc^roörer unb 5lnl)änger beö ^rtnjen ßabgar. Sie tc^ unten $etgen
roerbe, tft er 1071 nad) ber 3nfe( @lr; geflüchtet, roo nur folc^e t^r £etl
fucbten, bte auf jebe $?ögltd)fett ber ^tuöföfjnung mit bem Normannen $ß\U
!)elm »erstattet Ratten. 2)tefer $rälat nun »erließ im SDMrj 1070 feinen
@a)lu))froinfel |>oIi)etlanb unb fefyrte, an 53amboroug^ »orbereifenb, in feine
(ßierteö 93udj. teap. 21. (Sntfc^ctbenbc j?äm}>fe tofi^renb ber Satjte 1069 unb 1070. 429
6tabt 2)urr)am jurücf, obgleich ju 23amborougf) ber mit bem Röntge aus*
gefönte unb sott ben Aufftänbifd)en bitter gehaßte ©oöpatn'cf lag. 23t3 $u
bem Augenbltcf e , ba ber Normanne 2Btlhelm t>en 9J?arfct) nach Hefter an*
trat, r)errfd)te «ftrieg, unt>crföhnltcf)cr $rteg §wifchen ber föniglid)en ^arthet
unb ben Anhängern ober SSertfyetbtgem beS *ßrm$en, berfelbe Jtrieg brach
einige Sage nad)bem Agelwin 3)urr)am, wohin er §urücf gefehlt war, aber*
mal fcerlaffen ^atter üon Beuern unb §war in gorm eines Kampfes ber
©Rotten gegen ©oSpatrirfS Augelfachfen aus.
3d) fage nun: biefer «ftriegSjuftanb muß mitten inne jtt)ifd)en ben
beiben eben erwähnten griften, ober er muß, genau gebrochen, §ur 3eit
ba Agelwin an SBamborough vorbei auS $otyetlanb nach £)urham retöte,
unterbrochen geroefen fein. 2)enn wenn man bieg ntd)t annähme, würbe
folgen, baß ftch ber 33ifc^of mutwillig in ben SBereid) feiner getnbe
einbegab: eine SBorauSfejjung, bie burcr) baS 93erfar)ren beS Prälaten wiber*
legt wirb. 3)a6 fyetjjt nun: in bem 3ettraume ttom Sanuar bis 9ftär$ 1070
roar jwifchen ben beiben ^ßartt)eten 9?orthumbrienS ein 2ßaffenfttllftanb ober
ein griebenSttertrag abgefchloffen werben, welker bestimmte, baß bie W\U
glieber ber einen wie ber anbern entweber für immer, ober für eine gerotffe
grtft auf tr)re ©üter heimfahren unb bort rur)ig wohnen mögen. @eftü$t
auf biefen Vertrag, tarn Agelwin nach feiner @tabt 2)ur()am jurücf.
Aber ber fragliche Vertrag fann wenigftenS üon einer ©eite auS nid)t
ernftltcf) gemeint geroefen fein, prüfen wir bie ^anbhmgen beS SBtfchofS
genau: erftlid) er feJjrt jurücf , §WeitenS er läßt feine Stirbt reinigen, brtttenS
er nimmt eine neue 2Beir)e berfelben »or, t>tertenö plö<ch »erläßt er 2)ur*
1) am wteber, eilt nach bem §afenpla$ 2Öearmoutf) unb jwar in ber fpäter
wirf lief) aufgeführten Abficht, nach 6a)ottlanb §u flüchten. Ü)er erfte Aft
fa^eint auf Vertrauen htu§ubeuten, ber §weite unb brttte ftel)t fo auf, als
fei ber 23tfct;of entfd)loffen geroefen, ftch auf Sange hin in 2)urf)am ein§u*
richten, unb jugleich überzeugt, baß 9?temanb ihn ftören werbe, aber ber
vierte üerrätr) regen Argwohn. 3wet gätle ftnb möglich, entroeber l)at
Agelwin aufrichtig geljanbelt, ober trieb er ein trüglicbeS (Spiel. 3m erften
galle müßte angenommen werben, baß Agelwin in gutem ©lauben nach
2) urr)am fam, in gutem ©lauben feine Vorbereitungen für einen langen
Aufenthalt traf, aber plö{3lich burch ein unerwartetes (greigniß bewogen warb,
ber ^etmatf) ben dürfen §u fernen unb nach ©chottlanb ju fliehen. Allein
tion einem folgen (Sreigntffe ift ntrgenbS bie Diebe, wäfjrenb ber Wonfy tion
2)urr)am, ber bie ©efchichte beS 23ifchofS fennt unb ihn ftetS weiß §u bren^
neu fucht, ftcherltch nicht gefchwtegen hätte, wenn irgenbS etwas »orge^
gangen wäre, was bie fchnelle Abreife Agelwinö befchönigen fonnte.
Atfo werben wir auf bie zweite Annahme hinübergetrteben, nämlich,
baß es Agelwin auf eine $äufd)ung abgefel)en hatte, mit anbern Sorten,
430
$abf* ©vegortuö VII. unb fein fritalhx.
baß ber 93tfd)of nicht barum jurücfgefehrt ift, nicht barum ftch einrichtete, »eil
er felbft Vertrauen auf reblidje ^Beobachtung beS abgefcbloffenen Vertrage
hegte, fonbern barum, »eil er Rubere, nämlich TOtgtieber ber ©egenvarthei,
verleiten wollte, feinem 23etfptele §u folgen unb ftcf) ruf)ig auf ihren ©ütern
nieberaulaffen, weiter, baff er, nacf)bem ber 3wccf thettweife erreicht war,
plöfclich bie 9J?aöfe abwerf enb, naa) 2Bearmouth entflog, bamit ihm nicht
von $lnbem baffelbe ©chieffat bereitet würbe, baS ber (Schotte Malcolm
über bie von 2lgelwin getauften ©cblad)topfer ju verhängen eben begonnen
hatte.
SMefe $orau3fe£ung mag fyaxt fch einen, allein hart ober nicht hart,
fte wirb burd) ba$ Verfahren bcS Schotten Malcolm gerechtfertigt, mit
Welchem 5lgelwin unverfennbar jufammenfpielte. Offen gefier)t ber 9ttö'nch
ein, baß Malcolm fein £eer barum äurücfjog, um ben Schein §u erfün*
fteln, atö ob alles vorbei fei unb um bie ©egner ju vertoefen, baß fte
ruhig nac^ ihren 2Bof)nungen ^urücf fefyren ; offen gefte^t er ein, baß fein
weiterer *ßlan bat)tn ging, bie alfo 53et^örten ntebersumachen. 3n gleichem
galle, wie Slgelwtn, befanben ftch allem 5lnfd)eine nad) $rtn§ (Sabgar unb
bie anbern §u 2Öearmoutr) verfammelten Häuptlinge, ©ie werben in ber
nämlichen 2lbftcht, wie ber 23ifd)of von £>urt)am, nach bem fc^etnbar be*
ruhigten 9torthumbrten §urücfgefef)rt, §u gleichem 3roede wie er in 2Bear*
mouth eingetroffen fein.
Ü)ie ©ache [teilt ftet) je£t fo herauf : feit ©oöpatrtcf unb bie nortfmm*
brifchen ^ngelfachfen ihren grieben mit äBilhelm abgefcbloffen Ratten , wanbte
[ich bie ganje 2Öutf) ber ^arthei (Sabgarö gegen biefelben, al6 gegen 2lb*
trünnige. 9J?alfolm übernahm e6, feinem (Schübling Stäche ju verfdjaffen.
Ü)a offene ©ewalt nicht §um %\ü führte, weil bie Häupter ber 5lngelfachfen,
raffen Ueberfätten unzugänglich, fynttx ftcf>ern dauern, §u 33amborougl)
unb in anbern geften lagen, verfugte er e$ mit £ift. 2)er ©ct/otte unter*
hanbette mit ©o^vatrief, bot 2Öaffenftitlftanb ober grieben: beibe $artl)eien
mögen ungefäfyrbet von einanber in bie verlaffene ^etmath surücffel)ren,
ruhig ihre ©üter bebauen. Allein bte 5lngelfad)fen he9*en Argwohn, fte
»erlangten, ber SBifchof von 3)urham, *ßrins (Sabgar, 9Jcarleewin unb bte
übrigen naa) ©chotttanb geflüchteten Häuptlinge, fetten mit gutem 23eifviele
vorangehen, gewiffermaßen alö ©eißel aufrichtiger ©eftnnuug §uerft ihre
alten 2Bof)nft£e mitten unter ben nortlntmbrifd)en Stngelfachfen begehen.
Malcolm bewog feine ©enoffen, biefe gorberung ju erfüllen, aber er fam
ungleich mit ihnen überetn, baß fte, fobalb bie angelfächftfchen %t)a\K, burch
baS bewiefene Vertrauen verlorn, ebenfalls auf ihre ©üter jurüeftamen,
famelt baö Sanb vertaffen foltten, benn nun werbe er unverweilt in 9?or*
tf)umbrien einbrechen unb bie vereinselten ©egner niebermacben.
©o gefchah c$: 5lgelwm, (Sabgar, SDtarleSwtn unb bte §lnbern fanben
SßtetteS 23udj. Qap. 21. (Sntfcfyetbenbe tfäm^fe todfyrenb ber Saljre 1069 unb 1070. 431
ftct> ein unb trafen gefltff entließ 3urüftttngen, als ob fte gefonnen feien, für
fange Seit ju bleiben. So rote fte jeboef) gewahrten, baß bie 2lngelfachfen
ffyrem SBeifpiele folgten, eilten fte bavon nach ber Seelüfte, roo Schiffe ju
ihrer 2lufnal)me bereit lagen. Sofort fe£te Malcolm ben ünn jugeroiefenen
beS $lanS inS 2Berf, er fiel ein, überrafchte mehrere ber auS ben
geftungen §urücfgcfommenen 5lbeligen unb ließ fie abflachten. Ü)aS 3Mut
beS gemeinen 93 off 3 »ergoß er Anfangs ntd)t, fonbern begnügte ftd) mit
spiünberung ber ^>abe. Allein auf bte boppelte Nachricht, baß 2lgetrotn
unb (Sabgar roieber verfdjrounben feien, unb baß ein fcfyotttfdjeS «£>eer nal)e,
müffen viele 2lngelfad)fen, bte bereits auf it)re @üter surücfgefefyrt roaren,
fjtnter feften dauern Scfm$ gegen bie brol)enbe ©efafjr gefugt fabelt. Nun
roanbte Malcolm bte §roeite von bem @f)romften «Simeon unverf)üllt einge*
ftanbene Sift an: er beorberte ben größten feines ^eereS nad) (Sunt*
berlanb §urüef, fprengte zugleich auS, baß alle r)etmgefef)rt feien, behielt
aber einen Raufen bei ftet) , ben er, fo gitt eS ging, verfterft ^telt.
3)aS Littel blieb nicht ol)tte Sßtrhmg. 3)urd) baS ©erüebt betört,
verließen etlicbe 2lbelige ber ©egenparthet bte fd}ü£enben S3urgen unb fanten
roieber nach ihren ©ütern. 3)tefe Unvorfichtige rourben burd) bte hervor*
brechenbe Schaar Malcolms erfragen, ber fengenb unb brennenb nunmehr
2Bearmoutf) erreichte. 3)ort vernahm er, baß ©oSpatrief, bem er am meiften
grollte, ntcf)t getäufa)t burch baS angebettelte Lügengewebe, einen Raufen
2lngelfachfen um fict) gefammelt unb ben glücHtcben Schlag gegen (Sumbrien
geführt f)abe. 3n blinber £eibenfc£)aft gab je£t ber Spotte ben graufamen
33efefyl, baS gan§e angelfächfifche 93olf, fiebrige rote Vornehme, auS§u*
rotten ober in Sf laverei §u ftürjen. ^riegSltften, rote bie von Malcolm
angeroanbten, mögen im neueren (Suropa unmöglid) fein, ja ftnbifd) erfchet*
nen, bennoch entfprechen fte bem ©etft mittelalterlicher Mmpfe an ber
fdjottifchen ®rän$e, unb ber von Simeon erftaftete 93ertd>t läßt meines
(SractjtenS feine anbere (Srf lärmt g §u, als bte eben entroicfelte.
Northumbrten ^at bura) bie ©reuel, roelche beibe frtegführenbe Steile
vom £erbfte 1069 bis jum grül)ling 1070 begingen, fürchterlich gelitten.
2)te gelber, bte Lanbftraßen, bie ©ef)öfte lagen voll menfehlicher Seichen,
Welche in freier Luft vermoberten, roetl Niemanb fte beerbigte. 3)aS einft
reich bebaute Lanb roar §ur (Sinöbe geworben. Wilhelm von 9J?almeSbun;
fagt, baß noa) 51t feiner 3e*t eine Strecfe von 60 ettgltfchen 9Ji eilen im
UmfretS völlig roüfte geroefen fei. Namentlich an ber einft fehr belebten
£eerftraße von g)orf nach £)urf)am fah man fein iDorf, feinen heiler,
feinen #of mehr. £>er Langel an 5lnbau erzeugte ^uttgerSnotf): bie roe*
nigen Ueberlebenben verfcr-langen «gmnbe, Magert, jule^t fogar SDtofchen*
fleifd). Einige verfauften für Lebensmittel fta) felbft ober ihre ^inber in
Sflaverei, 5lnbere verfchmaa)teten über bem SSerfucb, aus ber fhtd)bclabenen
432
*ßa6fl ©tegovtuö VII. unb fein ßtitaltex.
£etmath in glücklichere ©egenben aug§uwanbertt. *) Diefe £unger6notf)
traf btejenigen 2lnglo*$)änen 9?orthumbrten6, welche ber $adje beö normal
nifdjen £eere$, unb btejenigen 5lngIofadt)fen, n>eldt)e ben gäuften ber (Schotten
DJMcolmö entronnen waren.
2)ie glüchtlinge §u Searmouth fonnten, nachbem h)x angeblicher 33e*
fchü£er, Malcolm Dott Schottlanb, bie nörbltdjen Warfen Sftorthumbrtenö
in folctjer Steife fcerwüftet Jjatte, ntcf)t länger bafelbft bleiben. Dffen ge*
ftel)t2) ber Wonty t>on Xmr^am ein, baß $rin§ (gabgar unb §war mit
günftigem 3Binb nac£> Schottlanb flol) ; aber bezüglich 5lgelwin$ macht er
2Binfel§üge. (£r fagt:2) „ber 33tfcf)of wollte nach (Sofa am 9*l)efne fchiffen,
aber ©egenwinbe trieben t|n nach <5ct)ottIanb./; 2)a6 ftnb Spiegelfechtereien!
3Öer bie ernftliche 5lbjtct)t ()at, von 2Bearmout[) nach ben Sftünbungen be$
9it)tint§ ju reifen, ber wirb, wenn ir)n auch ein Sübfturm nach ber faum
1 5 teilen von bem ebengenannten 2luSgang3punft entfernten Mfte Schott*
lanbS tterfchlägt, bort ein anbereS Sct;tff befteigen unb §ule£t richtig nach ben
SRteberlanben gelangen. 2lgelwin verweilte längere 3eit in Schottlanb, folglich
tft e$ nicht gegen feinen SBillen gefchehen, baß ba£ Schiff, Welches ihn trug,
baS borttge ©eftabe erreichte. 55iö §um legten 2lugenblicfe müht ftct) Simeon
ab, bie enge Verbmbung, in welcher Slgelwm mit ben Verfchwörem von
1069 ftanb, §u verhüllen. SÖenn man ihn hört, follen nur unerwartete
3ufätle fcfjulb baran gewefen fein, baß ber 23tfchof von SDurrjam ftetö
Wieber mit ben ^artnäcftgflen ©egnern be$ $öntg£ Wilhelm jufammentraf.
3m Uebrtgen fdt)etnt ?lgelwin felbft bie Ausflüchte, welche Simeon in feine
Qfywtoit aufnahm, erbaut unb in Umlauf gefegt §u fyabm.
2Benben wir uns nun ^um Könige Wilhelm. £>te gerabe £tnie von
g)orf nach (%fter burchfchnitt eine ©egenb »oll rauher ©ebirge, voll 2lb*
grünbe unb Sümpfe, fur§ ungebahnte Strecfen, auf benen noch fein £eer
gebogen war. 2)ennocb wählte ber 33aftarb bitten im hinter biefen für*
heften 2Öeg, weil er fo fchnetf unb fo unerwartet als möglich nach ber
©egenb von (§f)efter gelangen wollte, wo ber Aufruhr allein noch fort*
bauerte. Slber bei ber Ausführung ftieß er auf ungeahnte Schwierigfeiten. ■)
3)ie Solbaten aus ben ^ebenlanben ber ^ormanbie, aus Anjou, SDfatne
unb aus ber Bretagne murrten laut: ber ^önig opfere fte auf, ber fchwere
gelbbienft, ber nun ins Sterte 3af)r währe, feie nadhgerabe unerträglich.
SBtlhelm brohte, machte SBerfvrechungen: wenn fte ihn mit gewohnter Sreue
nacb (5f)efter unb von ba naa) bem Süben begleiteten, wolle er fte reichlich
belohnen, unb Urlaub gewähren. Vergeblich: siele verweigerten ben ©e*
horfam unb §ogen, ben üönig verlaffenb, auf ber gewöhnlichen Straße nach
l) Stöben <S. 199. (Saötle @. 258 untere Wlitk. Flores histor. <S. 636 gegen
oben. 3) Stürben @. 201. 3) £)udje$ne <5. 515, c. flg.
93ierte$ 93udj. (5a)). 21. (Sntfdjetbenbe Jtämpfe toäljtenb ber 3afyre 1069 unb 1070. 433
Süben. 2)od) feine Normannen folgten ib/m, glücflid) erreichte er Hefter,
fd)lug in Jhirjem bie Empörung nieber, unb gab nun 23efef)l, eine geftung
anzulegen, weld)e baju beftimmt war, nicht nur ßhefter, fonbern aud) baö
benachbarte 2Balcö im ^diinu §u galten.
2öte ben northumbrifchen 5lufftanb, fo hat Silhelm auch ben son
Hefter neben bem Sräwerte jugleich mit ber Jtraft be$ ©otbcS befämpft.
Die ßhronifeu melben1) $um 3al)re 1070, baß eine 2lu0föhnung jwifchen
bem Könige unb (£abrif bem 2öt(bling §u Staube gefommen fei. 3)a
(Sabrif al£ einer ber Anführer be6 djeftrifdjen SlufruhrS von 1069 erfcbeint,
ift wahrfchetnlicf), baß biefe 2lu3föhnung im gebruar 1070, währenb 2S3tft)eIm
ju (Elfter Weilte, Statt faub, ober wenigftenS angebahnt warb. 211$ ber
einige von allen angelfäcbftfa^en ©roßen, wußte (Sabrif bie ©nabe beS
Normannen unb ben 33eft£ ber betätigten 2e()en bis an$ (Snbe §u bewarf
ren. 3m DomSbatyboof, beffen 2lbfaffung in bie legten 3al)re beS Könige
fällt, ftnb viele Sänbereien alö (Sabril (Stgentlntm ser$etd)net.2)
93on (£l)efter §og 2ßtlf)elm nad) Stafforb, wo er gleid) falls eine S3urg
errichten lief. 23alb barauf, unb jwar noch vor Dftem 1070, ftnben wir
tlut im Süben ju SaliSburty, wo er Die Solbaten, wcldje if)n von g)orf
bis l)ief)er begleitet Ratten, reichlich belohnte, fola^e, weld)e fta) befonberS
ausgezeichnet, ^u f)b'l)eren ©raben beförberte, unb allen gnäbtgen Urlaub
gewährte. Slua) bie Meuterer von g)orf, bie auf ber gebahnten ^eerftraße
umgefer)rt waren, traf 2Bilf)elm in SaliSbun): er beftrafte fte baburd), baß
er fte 40 $age länger im 2)tenft gurücf r)telt. 3)
2Bie ich früher geigte, war burch ben Einfall von 1066 eigentlich nur
ber Süben (SnglanbS in bie ©ewalt beS Normannen geraden. (Srft ber
Jtrieg von 1069 unb 1070 ttottenbete bie Eroberung beS Geichs, inbem
er baS 5D^itteltanb fammt bem Horben — unb jwar bauernb — bem Sieger
unterwarf. 2ßir fennen bie Wlitkl, bura) welche ber itönig baS, was er
mit bem Schwerte errungen, befeftigte: eS waren wefentlich btefelben, bie
er 1066 im Süben angewanbt hatte. (Sin neuer Stanb von ©runbbeftfcem
würbe gefchaffen. OTe angelfäd)ftfd)en 2lbeltgen, welche an ber neulichen
(Empörung £l;eil nahmen unb nict)t, wie ©oSpatricf unb beffen ©enoffen,
ober wie (Sabrif, burch befonbere 5lfte begnabigt waren, verloren £ab unb
©ut. Sin ihre Stelle traten einzelne begünfttgte ^auptleute beS ^eereS,
geborne Normannen, glamänber ober 9ceuftrier.
5luf folche 2öeife erhielten bie Normannen Söilhelm ©arenne, 2Öil*
heim sßercty, SBafm, Siwarb, granfo, ^ia)arb (Sftouteütlle, ©ilbert £acty,
Robert Dmfrefctlle, bie gran§ofen £)bo »on $fyampa§]\t, ©amel ^ettlö
•) Flores histor. <§. 636 unten ; Xlü^bcn <S. 202, untere SKttte. J) Calenberg
H, 76. Motz 3. 3) ©uc^eöne @. 516, a.
^fröret, SJJabfl ©tcgotiuS vu. 58b. XII. 28
434
*ßaf>ß ©regoriuS VII. unb fein Bettalter.
(Solut, gebürtig aus ^Jtcaur, ber glamänber !Drogo 33ruere, ber 23retagner
©raf 2lllan Sergan ausgetreten, zum £l)cil fürftlichen Sanbbeft^ in Nor*
tfyumbrien unb ben benad)barten Saubfdjaftnt Sancaffyire unb ßumbrien. !)
(Die Neubelehnten erbauten fogleidj, um baS Errungene gegen bie Einfälle
auswärtiger geinbc, noch met)r aber gegen bie Verzweiflung ber aus ir)rem
(Srbe vertriebenen 2lngelfad)fen ju formen, 2) fefte (Schlöffer, benen fte fran*
jöfifebe tarnen, zuweiten nacb JDrtfdjaftcn il)rer ^eirnath gaben. !Die an
ber (Swale gelegene SBurg Allans tyief Nichmonb, ©amel ÄetilS <Sorjn trug
ben tarnen fetner Vaterftabt -iNeaur auf bie von ihm gegrünbete 53efte
über. (Selbft bie ^auptftabt g)orf würbe verteilt. (Die meiften ber nach
boppeltcm (Sturme übrig gebliebenen Käufer bttyilt ber Köllig für ftet),
vierzehn fammt einer Kirche unb §tt)ei gleifct)bänfe auf bem SNarfte ver*
gabte er an feinen ^albbruber Robert von SÜiortatn. 3)
(StwaS weniger fyart als in Nortbumbrien fct)eint 2Bür)elm in Hefter
verfahren §u fein. 3um efjleji ©rafen bafelbft ernannte er ben glamänber
©erbobo. ©efäf)rltcb unb mü()fam war ber Soften, benu nicht nur bie
tt)reS ©gent^umS beraubten 2lngelfad)fen , fonbern aueb l)äuftge Einfälle
ber benachbarten, noa) nicht bezwungenen 2BalIifer bereiteten bem föniglicfyen
(Statthalter taufenb (Schwierigfeiten. 3n kurzem gab bcßhalb ber gla*
mänber 91 mt unb Sehen in bie §änbe beS Königs jurücf unb fdjiffte nad)
feiner ^eimatt), um ein (Srbe anzutreten, baS it)m bort zugefallen war.4)
3at)l unb (Stfer fola)er, bie ftdt) um baS erlebigte Sehen bewarben, muß
mdr)t groß gewefen fein, benn ber jtöntg fanb geraden, bem Nachfolger
©erbobo'S Vollmachten, wie fte fein anberer Normanne je von tt)m erhalten
l)at, eine faft unbefdjränfte mit SanbeSf)or)eit verbunbene (Stellung einju^
räumen. SBebenflict) war ber (Schritt, ben 2ßilt)elm tt)at, weil baS ge*
gebene SSetfrnel Slnbere verlocfen mochte, 5lel)nltct)eS zu erftreben. 2lber allem
3lnfa)eine nach fonnte ber $önig nid)t anberS Jubeln, ba fonft wof)l fein
tüchtiger 9Namt ftet) gefunben l)ätte, ber eS übernahm, eine unüberfet)bare
getjbe gegen bie SÖallifer zu glücklichem (Snbe §u führen.
Unter ben angebeuteten 53ebingungen übertrug 2Btll)elm bie ©raffebaft
(5r)efter'an §ugo von StvrancbeS, einen übel berüchtigten unb fittenlofen 9Nen*
fchen, ber aber ein tapferer (Solbat unb unermübltct) war. 2ln einer (Stelle5)
beS DomSbatyboofS fyeijjt eS: „@raf £ugo beft$t frei unb fraft Stecht beS
(Schwertes bie unb bie ©üter, fo wie ber $öntg bie feinigen bellet." JDem*
gemäß ernannte £ugo 6enefct)ale unb Q3iztf)ume, bie il)m 2ÖaleS unterjochen
halfen, unb bie er bann als Sehenherr mit erobertem Sanb auSftattete. 6)
*) 2>te S3ctt»eife auö ben Duellen Bei Sfu'enty it 72 flg. 2) Ibid. <S. 73. 9lote 3.
3) £>omöbat)6oof I, 298, erjle ©palte. 4) £>ucHne ©• 522, a. flg. 6) Sappen*
Bevg II, 94. STiote 2: Hugo tenet in dorainio tarn libere ad gladium, sicut ipse rex
tenebat ad gladium. fi) £f>ievrty a. a. £). II, 85 flg.
JBierteS 33u$. @a£. 21. Qntfdjeibenbe Kampfe toäfjrenb ber Safyre 1069 unb 1070. 435
3)te großen (Sdjläge oon 1069 unb 1070 fyafcen ben 5CRutt) beö angel*
fäd)ftfd)en 2(bel3 für immer gebrochen. Settbem famen nur nod) Heine unb
oerein^elte 5lufftanbe oor, bte ftd) mit ber ^Bewegung Don 1069 nidjt »et#
gleiten (äffen. Um bieg ju erflären, ift nötfyig, baß man einen Oftidblicf
auf 2)a3 roirft, roa3 feit ber ^eimfe^r 2Öür)elm3 auö ber 9?ormanbte oor^
gegangen roar. 3Bät)renb beö breijäfyrtgen 3utraum£ oon 1067 bi$ 1070
treten folgenbe ,£>äupter angel[äd)ftfd)er Empörungen t)erfor: in 3)ooer unb
ebenfo fpäter in ©ommerfet ungenannte 5lbeltge, in Ureter bie Butter
£aralb£, in mehreren ©raffebaften be£ ©übroefienö bie <Sör)ue £aralb$,
in Efyefter unb längs ber SÖallifer ©ränje Eabrif ber 2öilt>ltng, in Staf*
forb, roo ber jlönig perfönltcb eingriff, abermals Ungenannte, in WlitkU
Englanb bie SBrüber 9Jiorfar unb Eabrotn, in 33erntcta ©oSpatritf fammt
bem 33ifct)ofe oon £)urr;am, in g)orffl>tre ^rinj Eabgar unb fpäter ^ßaltfjeof,
6iroarb6 6ol)n. Unoerfennbar ift, baß biefe $artf)eifül)rer — etroa mit
2lu3na(?me ber Butter unb ber Söfyne ^aratbö — ntebt nact) einem ge*
meinfamen *ßlane unb für einen gemeinfd)aftltd)eu 3\ucd — k»u 5. 23. bie
Erhebung Eabgarö auf ben Stroit &on Englanb — Baubeiten, fonbern jeber
führte ben $rieg auf eigene 9iecr;nung, rote benn bie meiften nacbt)er Oer*
einölt unb ofme ^üeffic^t auf einanber ftd} burcr) befonbere Verträge bem
Normannen 2Bill)elm unterwarfen.
SBcmt bie Herren ftegten, roaö anberö fonnte ber Erfolg fein, als
eine 3^tnimmerung be$ $etct;3 in oiele Stüde ! $)oct; bie Auf ftänbtf eben
begingen noa) ein größeres 33erbrea)en an ifyrem £anbe: fte fyaben ntd)t
weniger als fünf frembe Sftäcrjte §ur Etnmifcbung in bie Angelegenheiten
^Britanniens oerleitet. £)te ^enttfcfyen Empörer riefen ben 33oulogner Eu*
ftact;tuS unb hinter i^m ben fran^öftfdjen Jlönig Philipp I. l;erein, bie oon
Sommerfet unb £)orfet ben 3*länber £)ermob — benn roer wirb glauben,
baß ber trifte ^au für 9?tcr;tS ben Söfynen ^aralbS Schiffe unb 9Jknn*
fetjaft lieferte — bte oon SBerntcia ben Spotten Malcolm, ber ftcf) fogleia)
burd) 2Begnar)me EumbrtenS bqatyt machte, bie oon ^orffln're ben 2)äuen
Snxn Eftribfon.
liefen oteren muß nod) ein fünfter $öntg, £)Iaf III. oon Norwegen,
ber Sofyn ,£aralbS ^arbraba, betgefügt werben. Engltfdje Efyromfen er*
jaulen1) golgenbeS: „unter ben angelföcrjjt|cr)en Staatsgefangenen, welcbe
als ©etßel ber ^RuT^e beS SanbeS in ber neuerbauten geftung oon Stnfoln
aufbewahrt würben, befanb fid) aud) ein oornebmer junger Wlann, 9?amenö
Jlurgot. 2)ura) 53eftea)ung wußte berfelbe bie Spüren feineö ^erferö $u
öffnen unb entflol) nac^ bem an ber 9J?ünbung be6 §umber gelegenen ^afett^
pla^e ©rtmeöb^, roo er ein jur Abfahrt bereitet norroegtfd)e$ ©d)tff fanby
') Xw^öben <S. 206 flg. «Saötle <S. 455 unten flg.
28 •
436 $afcj* ©regovmö VII. unb fein 3«ta«er.
ba6 tr)n aufnahm. Obgletcr) bie normanmfäe (Stranbwactye bae (Schiff
genau unterfud)te — beim SurgotS gluckt war befannt geworben unb man
vermutete feine Slnwefenljeit in ©rimeSbt;, — »erftedten tl)n bte Seeleute
fo gut im unteren Dfaume, baß ber glüdUlmg ntd)t entbeeft warb. DaS
nämliche <Sd)tff beftiegen mehrere normantüfaje ©efanbte, welche SMfyelm
ber 53aftarb an Olaf »on Norwegen abfenben wollte. nun ber $auf*
fairer bte fyolje ©ee erretd)t batte, »erlief £urgot fein $erfted unb fam jum
größten (Srftaunen ber ©efanbten §ttm SBorfdjein. SMefe »erlangten foglettf,
baß ba3 <Sd)tff nad) ber englifc^en M\k gurüdfetyre, um ben glücbtltng
ausliefern. Slber bte (Seeleute wiberf elften ftet) unb brofyten mit ©ewalt,
Wenn bte ©efattbten ni&jt rut)tg blieben. 60 entfam £urgot glücfltd) nacb
Norwegen m Äonig Olaf, ber tr)m ©cf>u| gewährte."
2Mf)elm ber SBaftarb fann bte ©efanbrert faum §u einem anbern
nact) Norwegen gefdjtdt r)aben, als um ben bortigen ^errfc^er tu gletcber
Sßetfe, wie Slbt £elfm e$ in 3)änemarf »erfülle, »01t ber (Sinmtfdmng in
bte tnnern 2lngelegenf)etteu @nglcmb3 abgalten, Surgot aber wirb tu ent*
gegengefe|ter Slbftdjt eben bar)m gereift fein. 2)te angelfäcfyftfcfyen (§m*
^öter bjaben alfo ntd)t bloS in granfreid), 3rlanb, 3)änemarf, ©cfyottlanb,
fonbern aua) in Norwegen Unterl)anblungen angefttüpft, um frembe 9J?äd)te
ju einem Angriff auf (Snglanb m reiben.
SBenn bar)er ber Normanne unterlag, fo würben, neben einer SKotte
ctnl)etmtfa)er Empörer, fünf auswärtige ^errfeber ba3 Sanb jerfleifd)t fjaben
unb baö engltfctje 3Solf wäre abermal tu ein (Slenb geftür^t worben,
fd)mät)Xta)cr al3 je $u ben fyiUn beö 2Btrutgerjod;)e3. gluajwürbtge ©elbft*
fud)t , rud)Iofer <Sf?rget§ r)at ba6 SBerfafyren jener Häuptlinge geleitet, fte
»erbtenten alle ben £ob bura) §enfer6f)anb. 9?un tft allerbtngS ba$ angele
fäctjfifcr)e $olf bura) ba3 lange ^Balten bei 9Wd)6fürftentr)um0 unb bte oon
tr)m angewanbten Littel ber SBerfiifyrung, auf bte id) fpäter §urücffommen
werbe, ftd)t(td) erntebrtgt worben: eS »erlor einen guten £r)cil feines ge*
funben $fcnfd)en»erftanbe£, feines 9Jhttf)6. 5lber fo einfältig, fo tterwafyr;
logt war e$ benn bodr) nid)t, baß e$ einem Raufen 93erfd)Wörer bie £anb
§um ©tur§e eines gürften gereicht tjätte, ber bte getfttgen unb materiellen
Wtitd befaß, um Englanb aus bem ©taube ju ergeben, unb ber tn ber
£f)at als (Mmber ber heutigen @röße 2llbton3 betrautet werben muß.
2)a3 Sanbttolf, bie 53ürgerfa)aften ber ©täbte jogen ftcb t>on bem un$u*
frt ebenen ^errenftaub jttrüd. 2)te Empörungen »on 1068 unb 1069 t)aben
eine golge gefjabt, an wela)e tl)re Urheber ftd>erlid) nta)t bauten, unb
welche i^nen ben ^obeöftoß »erfe^ten: btefelben führten nämlta^ einen poli^
ttfd)en 33rud) jWtfa)en ben ntebern klaffen unb bem 5lbel gerbet.
Sie oben nad)gewtefen worben, jogen bte Normannen rul)tg tl)re
©arntfonen aus ben großen ^anbelöplä^en bcö 9^etd)ö l)erauö unb warfen
SSierteö 93ucf>. @ap. 21. ©ntfc^eibcnbe Äämpfe h?äf)venb ber Satyre 1069 unb 1070. 437
fte ben (Empörern entgegen 5 offenbar weil ftc überzeugt waren, baß ba$
ftäbtifaV QBolf ntdUö gegen S9^t%lm. unternehmen »erbe, Die Bürger
von Ureter Ralfen jwar Slnfangö ber 9J?utter £aratfc3, aber fpäter machten
fte „gewifcigt" gemeine Saite mit ben Normannen unb verjagten bie (Em-
pörer. Die Stabt S3rtftoI verfloß vor ben Söhnen £aralbö tr)re Zljoxt,
bie Umwohner von ^orrotd) fielen über bie gelanbeten Dänen t)er, bie
Slngelfacbfen 9?ortI)umbrienö fd)loffen grieben mit ffitt$elm unb büßten f)art
für if>re Sreue. 9htr ein Xi)c\i ber 9}orthnmbrter machte eine 3fa8nar)me,
inbem er unverföhnlicbe geinbfebaft gegen bie Normannen an ben Sag legte.
gittern Severe flammten, rote ict) oben jeigte, nicht au3 angele
fäd)ft)cbem, fonbern auö bänifebem SBIut. 2BiIJ)eIm l)at einen wahren 2kr*
nichtungSfrieg gegen biefelben angeorbnet, ba6 völlig verfebtebene 9ftaß aber,
ba6 er an betbe, an 9lnglofacbfen unb Slnglobänen, legte, beweist bünbig,
baß er feinen 3wetfel J)egte, jene geroinnen §u fönnen ober gewonnen
ju fyaben, roä^renb er ba£ ©egenthetl von biefen $orau$fe£te. 3m
Uebrigen möcbte ict) barum feinen Stein auf ir)n werfen, weil er ftet) ent*
fchloß, bie ungefct)lad;ten Dänen 9iorthumbrienS, bie fdjon in älteren Seiten
bem 9^eict)e häufige ©efafyren berettet Ratten, mit Stumpf unb Stiel au3*
jurotten. *Rücfftd)t auf ba$ allgemeine 3ßol)l beö Sanbeö nötigte tr)n meines
@rad)ten6 311 fold;em Verfahren.
Die ©letebgülttgfett ober offene Abneigung, welche bte nteberen klaffen
bem 5lbel gegenüber betätigten, r)atte eine boppelte SBirftmg : fte erleichterte
ben Sieg beS Königs, unb trug §ugleicr) nicht wenig §u jener 9Jtutf)(oftgfett
ber (Empörer bei, von ber ich oben fpracr). Sdnnt nach ber Krönung
2Btlr)e(mö verließen SBtele berer, welche tr)rer ®üter beraubt roorben waren,
bie ^etmatr)/ um im 2lu6lanbe ftet) an§uftebeln. Der 2lrcbibiafon von
SHfteur fagt 4) über bie %tit, ba ber vftönig feine erfte *Retfe nact) ber 9lor*
manbie antrat: „(Einige flogen aus (Englanb, entweber um ber §errfd)aft
beö Normannen §u entgegen, ober um in ber grembe §ülfe gegen ir)rt ju
fueben." 9^acf> ben unglüdlidum 2lufftänben von 1069 muß bte 5luSwan*
berung allgemein geworben fein, ^unberte, vielleicht Saufenbe, flogen nact)
53i)§an§, nahmen ^anbgelb von ben griechifchen Äaifem unb leifteten ben*
felben tapfere Dtenfte gegen bie Normannen 2lpuItenS, welche unter bem
Banner Robert 2Bt§farb'S in baS morgenlänbtfche 9fetch eingebrochen waren.
5luf ben Scblacbtfelbern beS DftenS warb fo bie Stamme3fer)be §wifcben
Normannen unb 2Jngelfacr)fen fortgefe^t. Die (Eiferfucbt jeboch, welche bie
ältere Setbwacbe ber ffanbinavtfchen Waräger wiber bte Slnfömmltnge an
ben Sag legte, befttmmte ben «ftaifer ^lertuö I. ben (Eomnenen, bie angel;
fächftfehe Volonte auf ber aftattfct)eri Seite be$ 9Jkrmorameere3, ju (Etvttot
l) 2)u<$egne @. 212, b.
438
^afrfi ©rcgoriuö VII. unb fein 3ettalfer.
(bem alten JlibotuS) anjuftebeln, bod) fväter 30g er fte wieber nad) (£on*
ftantinovel jurücf. 9^ od» tu ben Stitm £)rbertd)ö ') betr»ad)ten bie 6ör)ne
ober (Snfel btefer glüd)tltnge ben tyalnft ber Gtomneneu.
Rubere ber verzweifelten tftfelfgen biteben jwar in ber ^etmatl), aber
roarfen ftd), bem ©efe£e unb bem 2Btüen beö normannifd)en Königs trofcenb,
$um $r)eü mit ihren Dienern, in bie SMber unb führten ein $äuberleben. 3)
Wtttyttt Saft* lang waren alle (Strafen unb Wohnorte unftc^er, nicht nur
bie Normannen, fonbern auch fold)e 2lngelfacbfen, welche ftd) ber trotte
unterworfen l)atten, verrammelten 9?ad)t3 ihre Käufer, unb wenn bie ©tunbe
jum Schlafengehen fam, füraa)2) ber Hausvater ba$ ©ebet, baS bie 6ee*
leute bei nat)enbem ©türme 511 beten pflegten: 0 «£>err! befehle unb rette
im$; worauf bie Slnwefenben einfielen: Slmen. $iad) großen Slnftrengungen
gelang e$ §ule§t ber normannifd)en ^olijet, mit ben ©efetjlofen (outlaw)3)
fertig ju werben. (Sin Schluvfwinfel berfelben fyat burd) bie bebeutenbe 3af)I
unb ^ür)nl)eit Derer, welche in ifyn ©dut^ fugten, befonbere SBerür/mtheit
erlangt.
3m Horben von ßambribge betont ftd) eine weite, fumfcftge, von vielen
S3äcf»en burd)fcbnittene (Sbcne gegen ben Sfteerbufen Inn/ welcber 28afb
Ijctfjt. Die 53äd)e treten häufig burch 9£cgengüffe angefchwollen auS it)rcn
Letten unb bilben Snfeln, welche nacb Softem, bie auf tr)nen lagen, ben
tarnen (Kty unb (Srot;lanb erhielten. Da ber fette ober moorige SBoben
btefer ^ieberungen ber ^auvtwaffe 3Bi(l;elmö, ber (Sntwicflung feiner Vetteret,
faft unüberwtublicrie Sdmnerigfeiten in ben SBeg legte unb ba ba$ vor*
hanbene 53ufa)werf letditen 33erftecf bot, ftrömten fchr viele ©efe^lofe nad)
ber 3nfel (Slty jufammen unb errichteten bort ein befeftigteS £ager.4)
(Sin mächtiger Staub — ba6 angelfäd)ftfcbe 93?önchthum — unterhielt
geheime 3Serbinbungen mit ben Unjufrtebenen unb §war, wie e$ fcbetnt,
fowof)l mit Denjenigen, welche baö Ofeich verlaffen Ratten, als mit Denen,
bie im £anbe geblieben waren, unb leiftete ihnen $orfdjub. Der $önig
erhielt totbe bavon unb fd)ritt ein. 9M)rere (St)ronifen melben:5) „auf
ben 9f*atr) gi^oöbernö unb einiger anbern ©rofen, gab ber $önig um bie
gaften§eit be3 3al)re3 1070 53efel)l, bie Softer von ganj (Snglanb jtt
burehforfd)en, unb alles ©elb, baö reiche Slngelfachfen bafelbft niebergelegt
Ratten, ju ©unften be$ fömgltchen ©d)a£e$ einstehen." Diefe ftrenge Sßer*
orbnung, welche tiefen Argwohn gegen bie Mönche verrieth, war ber erfte
5lft, ben Wilhelm nach ber föücffebr auS ^orthumbrien vornahm. @in
^Weiter folgte, unb jwar ein h^ft wichtiger, ber bie Saffenthaten ber
l) Ibid. <S. 508, a. b. 2) 2)en *flae$it>ei$ auö ben Duellen bei Sljienty II, 91 flg.
3) 9luf latetnifcr) utlagus, ein im 2)omöbaty6oi>f Ijäuftgeö 2Bort. *) Wharton Anglia
sacra I, 256 nuten. Ingulfi chronic, bei ©ale script. I, 71. 6) Flores hist. ©. 636.
Sw^eben ©. 200.
SSierteö 93ucf). 6a)). 22. Reform beö angelfäcr)jtfcr)en $Wön(&tyumg unb 93t$tf)umS. 439
3af)re 1068 unb 1069 mit einem 2Öerfe fircfylicber ©efetjgebung frönte,
im Uebrigen aber von gleicher Abneigung roiber bie angelfäd)ftfd)en Softer*
brüber $eugt.
^u)eiunb3U)an3iö|le$ CapiUl.
Oteue Drbnung, roeldje SBil^elm ber Eroberer in ber engltfd>en Äircfye einführt. «Strenge
SJtafjregeln gegen baö verborgene angelfäcr)ft'fcr)e 2ftöncf;tt)um. Urfacr)en unb Srüdjte
biefer Entartung; bie jucr)tlofen tffojierbrüber im 33unbe mit bem angelfäcfyjifcrjen
9Wdjöfürjlenü)um. £iterarifcr)e SfyaHgfeit berfelben. ©tynoben ber 3afyre 1070— 1072.
ffiifljelm jum gtveitenmate burct) bte Segaten beö ^abfteö gefrönt. (Srjbifdjiof @tigaub
»ou (Santerburti, ivirb abgefegt. 9tn feine «Stette tritt ber bisherige 9tbt von (Saen,
Sanfranf. ©eljeime 93erf;anblungen , meiere £änfranf$ ©rfjebung vorangingen. Xljo*
maö, ber neue (Srjbtfdjof von $orf; fein @rjfhU)l wirb ber ^etrofcole (Santerburty
untergeorbnet. ^etri <2>tatfyaltex genehmigt bieß auö 9tüdjtcr)t auf bie bolitifdjc 2ßot)l;
fa^rt (Snglanbö. dagegen erfennt 2BÜfjetm ber (Eroberer baö @regorianifcf)e Mixt
dj>enrecf)t in vollem Umfange an. ©runb^üge beffelben. 93eroei3, bafü bie 93erfaffung
unb bie ©röße (SnglanbS guten Sljeilg auö bem ®regorianifcr)en $trcr)enredjt Ijer*
»orfaroßte.
£)te fogenannte <Sacb;fend)ronif ') melbet: „breimal im Safere pflegte
^önig 2Bilt)elm bie Ärone ju tragen (foutgltdjen $omp §u entroicfeln), auf
£)ftem ju 2Btncf)efter, an $fingften §u Sßeftmtnfter (bei Sonbon), an 2Betl)*
nackten ju ©(öfter." £)ftem 1070 nafyte fyeran, audf) bteßmal fjtelt 2BiIt)eIm
$u Smcfyefter großen £of, pgletcf) aber verfammelte er bafelbft eine 9leia)3*
fynobe. 2)ret päbftu'cfye Legaten roaren in ßnglanb angefommen, ber un£
von früher 2) l)er befannte 6ittencr SBifcbof (Srmenfrieb unb §roei römifebe
ßarbinale, genannt 3of)anne$ unb *)3etru$. 3) Unter ifyrem 93orft$e tagte
bie 33erfammlung. fyanbelte ftcf> um 2)inge von l)öd)fter SBebeutung:
erftenö um eine roieberfyolte 28eir)e beö Königs, jroettenö um völlige Um*
geftaltung beö ^lofterlebenS, brütend um (Sinfüfyrung einer neuen Streben*
verfaffung. SOSilfjelm roar, wie rotr roiffen, fdjon an Seil)naa)ten 1066
buref; ben g)orfer ^r§bifc^of Sllbreb gefrönt roorben, gteicf)roof)l festen4) ifnn
bie ßarbinäle von Beuern eine Ärone auf. 3rt bie Singen fvringt, baß
bie Zeremonie ntct;t ofyne triftige ©rünbc roieberfyolt roorben fein fann.
5^etneö (Sracf)ten$ l)atte fte ben bopvelten 3*wcf, ^r (Sfyrtftenfyeit funb §u
tljun, erftlia) baß $etri ©tattfjalter ben Normannen 2Mf)elm al$ SSafallen
beö f)eil. ©tubleö anerfenne, unb §roeitenö baß ebenberfelbe bie biöl)erigen
^anblungen beö ^öntgö billige. S03aö bie (£arbinäle bort im fünfter ju
2Bind)efter verrichteten, roar ein verfteefteö 2krbammung$urtl)etl ber Äirc^e
roiber bie angelfäa)ftfc^en (Sm^örer.
OEd. ©ibfon @. 190. z) Oben @. 276. 3) Flores histor. (S.636. 2)ann Sueben
<5. 201. 4) Vita Lanfranci cap. 6. 33orjiü(f ber opera Lanfranci unb ^uc^eöne ©. 516, a.
440
^abj! ©regoriuö VII. uttb fein 3eüalter.
3d) roenbe mid) jum Stetten ©egenftanbe ber 9ßerr)anblungen. Sa>n
fett 1067 fyatte ber Normanne einzelne 9ftönd)ögemeiuben kegelt gefönte
§ur *Red)enfd)aft gebogen. Der 2lbt bc$ unweit 2öind)efter gelegenen jllofterö
£iba voar mit 12 5Dtönd)en nnb 20 Sefyenleuten bem 23antter be$ Äomgl
£aralb gefolgt nnb in ber Sd)lad)t bei §aftütg$ gefallen. 3\\x Strafe
für bie Sfyat beS SlbtS fonberte 2öi(r)elm \>on ben jlloftergütern eine ganje
23qronte ober fo ütel £anb ab, M Sur 2lu3ftattung etneö normannifcfyen
Hauptmanns npt|tg roar; §ur (Strafe für bte »ftriegSluft ber 12 sJttönd)e,
entzog er bem Stifte 12 Weiterleben.1) 9?od) fcfylimmer erging e$ ben
9Jiönd)en tton 2Ötnd)omb bet ©(öfter, roelaV Ztyil an ber (Empörung oon
1068 genommen Raiten. 2)er 2lbt rourbe emgeferfert, ba$ Softer einem
ftrengen Herrn übergeben, überbieß verlor baffelbe ben größten $t)eil feiner
23eft|ungen. 2) 2lucr) im Saufe beö nortl)umbrtfd)en SlufftanbeS griffen »tele
9)?öttctje §um @en)el)r rotber bie Normannen. 3)afür ließ 2ßtll)elm bte
Softer St. Cßeter an ber SBeare unb S&rjttbty nieberbrennen. 3) Die oben
ernannte Maßregel üom 9}(är§ 1070 öerrtetlj, baß er ben ganjen angel*
fäd)ftfd)cn 9Jtötta^ftanb als 9Jätflerfd)rooreiten be6 un$ufriebetten SlbelS be*
trachtete. 3e$t aber, 51t 2£tnd)efter, legte er bte 2lrt an bte Sßurjel
beS liebet.
Die angelfäd)ftfd)en (Sbronifeu »erfüllen ben Umfang be$ angeroenbeten
Heilmitteln. glorentittS »bn 2öorcefter fagt1) bloS, Äöntg 2öüf)elm tjabe
ju SKincbefter unb nachher auf einer feiten Stynobe §u 2öinbfor tttele
ange(fäd)ftfd)e Siebte abgefc^afft. Slber ber jtöntg begnügte ftcf) md)t mit
23eftrafung ber^äupter: maffenroeife rourben angelfäd)ftfa^e 9J?önd)e, welche
ntcfyt febon früher Verbannung getroffen f)atte, be3 £anbe6 tterrotefen unb
buret) normanntfcr)e $lofterbrüber erfejjt. 3d) fomme auf bte mer)rfad) be*
nü^te 5lu3fage5) bc6 ß^itgenoffen, tuelletd)t in geroiffer Htnftd)t 2lugen§eugen,
Slbam tton ^Bremen ^urücf: „Sieger geworben im Kampfe gegen Haralb,
©obrotnS Sobn, verjagte ber 33aftarb, um ber (§f)re @otte£, roeldje
bie Slngelfacfjfen fdjroer betetbtgt fyatten, ©enugtf/uung jtt serfdjaffen, faft
alle ßtertfer unb Mottete, bte or)ne Siegel lebten, auS bem $etd)e. 9ka>
bem bergeftalt bie Slergerntffe entfernt roaren, err)ob ebenberfetbe §um
gürften ber angelfäcbftfd)en ittrdje ben r)ocr)gelef)rten £anfrancu3, burd) beffen
S3emüf)ungen, rote früher in ©allien, fo fpäter aud) in ^Britannien 93tele
3U fjetltgem Seben befefjrt roorbett ftnb." 2Ba3 bie 3et^^e betrifft, beutet
ber Wremer ßl)ronift an, baß bte Verfolgung ber angelfäc^ftfc^en 9J?öna)c
furj naa) bem Stege bei <£>afting$ anfing unb mit bem TOe ber (Sinfe^ung
l) 2)cn 9hc§tt>et$ Ui %1)kxx\) II, 23. 2) Ibid. ©. 40. 3) Ibid. @. 68.
4) Flor. hist. ©. 636. 6) Gesta hammaburg. III, 51. «Per^ VII, 356.
<Bieiteö 93uc§. ®a\\ 22. JÄefotm beö aiigctfacfyftfcfcen äflöucfclfjume «üb 93iatf;umg. 44 1
SanfranfS fd)lof. Sc^terer %U aber fällt, wie fta) unten §eigen Wirb, in
bad 3al)r 1070.
SÖantm cntivtcfclte nun ber Normanne fo unerbtttlitfe Strenge wiber
bie Äloftcibrüber angctfäd)ftfd)er 2lbftammung ? Ueber biefe grage gibt ber
treffiidje 23enebiftiner 3Bfl|eltn tfon 9J(almeebun; SluffaMüffe, bie un$ ge*
ftatten, mitten in* geuer pndn §u flauen. 3d) (äffe if)n reben:1) „W*
Slnfunft ber Normannen war ba$ Stttbium ber f>cif. 2öiffettfd)aften, fo wie
bte Hebung religiöfen Sebent, gänjlid) bei ben 2lngelfad)fen verfallen. 3Me
Glerifer gaben jtcfc bloS mit poüttfdur Stütagöltteratur 2) ab, unb vermochten
faum bie latdmfctyen SBorte beS 9)?eßbu*0 hcrsuftammeln, wie ein SÖunber
warb angeftaunt, wenn einer bie ©rammattf »ciftanb. 2)ie Wöncfyt »er*
höhnten burd) Anlegung feiner unb üppiger ©ewänber, bind) §tittanfe£ung
ber gaftengebote bie Höfterlidje Siegel. 2)er 2lbel fröJ)nte bem 23aud) unb
ber Uttjud;t. 3)tefe Herren unterliefen ef, naa) 0}rift(ia)er Sitte bem
9)(orgcngotte3bicnft in ber öffentlichen ^ird)e an$uwof)nen, fonbern im Sa)laf*
gemad)e bleibenb, ja neben ihren 2ßeibern im 2Sette liegenb, Nörten fte naa>
läfftg, §wifd)cn Sd)tafen unb SSacben, bte 9J?effe an, bie ber ^auöpriefter
fo fdjnell a(6 möglich ablaS." 3)ann weiter unten: „bie Normannen haben
feit ihrer Verpflanzung nad) (Snglanb bie abgeftorbene Religion tn3 Seben
§urücfgernfen. Ueberall erftanben Streben unb JUöfter unb baS Sanb ge*
langte wieber 511 ftrcf)ltcf>er Sßlüthe."
3wtfd)en hinein bemerft 3) ber 23enebtftiner, ba3 VerbammungSurthdf,
baö er anspreche, muffe mit einer gewiffen (§infd)ränfung »erftanben werben,
er läugne fetneöwegS, baß e$ unter bem angelfächftfd)cn ßleruS, wie unter
bem Saicnftanbe, ftetS (Stn^clne gab, bie ein tabellofeS Sebcn führten. ©leia?*
wof)l beftcfjt er barauf, bap, im 2)urcbfd)nttt betrankt, bie Religion auf ber
3nfel verfallen war. 2)affelbe behauptet nun Drberid) unb jwar tu einer
Seife, bie ben Verbad)t auslieft, als habe (Stncr ben 5lnbern abge*
fcfyrteben. 3d) §ief)e einige feiner Sä£e4) auS: „bie lange ^errfdjaft ber
hätten t)at bem firchltcben Seben in ©nglanb tiefe Sßunben gefd)lagen. Ü)a
©ewalt fold>e Siebte unb 33tfa)öfe, welche e3 »erftanben, bie ßudjt §u ^anb*
haben, entfernt hatte, riß Diuchloftgfeit unb Safter ein unb burchbrang alle
Stäube. 2)te Säten jerfloffen in Ueppigfeit unb Unzucht, bie ^lofterbrüber
hatten »on Mönchen niditö an fta), al£ ben tarnen unb ben Schnitt ber
^utte. Sie befugten ungefebeut ^urenhäufer, waren nur barauf erpicht,
©elb §ufammen§ufcharren, befubelten fta) mit gemeinen Verbrechen. (Srft
Wilhelm ber Normanne hat baburetj, ba£ er au$ (Pallien rechtfebaffene
*) @a\)ilc @. 101 «nten flg. 2) 3^ t^eite ben totdjttge« (Sa^ i« ber Urfrra^e
mit: clerici literatura tumultuaria contenti, vix sacramentorum verba balbutiebant ;
stupori et miraculo erat caeteris, qui grammaticam nosset. 3) 2(. a.D. <2>. 102. S^ttte.
A) 2)uc^cöne @. 518, c. d.
442
$abft ©regoriuö VII. unb fein 3eitalter.
W6\\d)t berief, bte £)rbnung ber tfird)e, bte 3ud)t beS JtloflerS wieber*
Sllfo 9Honchtr)um unb SeltcleruS, bte jwei ©runbfäulen ber fytiföitym
Religion, waren §ur 3ett, ba ber SBaftarb (Snglanb eroberte, entartet.
3wtften6 ba$ fölimme 33etft>tef, baö bte @etftltd)fett gab, hatte jur golge,
baß bte ^oberen (Stäube ihre Süberlicbfeit §ur ©d)au trugen, ben ©eboten
bcS ©laubenS £ro£ boten. 3)er 23efud) beö öffentlichen ©otteSbienftcS von
(Seiten ber Slbeltgen hörte auf. drittens bte 93erfnnfent)eit beö (£leru£
geigte ftd) namentlich barin, baß faft fein ©etftlicher mefjr ©rammattf trieb,
unb bte Sorte beö SBreoierS ober Meßbuches verftanb. 93efanntlich ift
Brevier unb Meßbuch in lateintfcher Sprache abgefaßt, bie ©rammatif, bie
ber (Efyronift meint, fann nur bie latemifdje fein. 2)a3 Stubtum ber
h. Spraken, be$ Sateintfcfyen unb ©riechifchen, war erlofc^en ober bem (§r?
löfcr)en nar)e.
ü)ennod) trieben bte (Slerifer unb OTtic^e laut 2luSfage beffelben 3^gen
eine eigene $rt von Literatur. 9luS bem ©egenfafce folgt junächft, baß
bie ÜBerfaffer ber fraglichen (Schriften nid)t in Satein — benn baS t>er#
ftanben ja bie ßlerifer nid)t mel)r — fonbern in ber 93olf3fvrache, alfo
angelfäcf/ftfd), gefdjricben haben. Inhalt unb Dichtung berfelben bezeichnet
ber <5t)rontft genauer burd) ba£ Beiwort tumultuarifch , ba$ jebenfallS ben
9?cbenbegriff aufrührertfeh hat. 2Baö foll ba$ r^eipen? 5)te @efd)id)te (Sng*
lanbö unter Abwarb bem SBefenner unb unter (£>wen ©abelbart liefert
ben 6chlüffel rtd)ttger 5lu6legung. ©et* 80 3al)ren arbeitete ba$ englifche
9fieichöfürftenthum unabläfftg barauf hin, bie jtrone §u fchwächen, bie ,fttrd)e,
welche mit ber trotte im SBunbe ftanb, §u untergraben, baö Sanb ju zerreißen
unb eine unabhängige ^errfebaft vieler 3«nnf&mge aufzurichten, liefen
53eftrebungen haben bie verfommenen ßlerifer, von benen ber Sttöndj au$
W0mc$bw$ rebet, burd) 5lbfaffung tooltttfeher Soldbücher nach Gräften
SSorfd)ub gethan.
(Eine £anb wafcht bte anbere. ü)er £errenftanb ' fchüfete ben nichts
nu^igen- ^ (SleruS gegen ben Unwillen beS $olf$, baS überall
vflid)ttreue ©etftltche haben will, unb ^>alf ba$u, baß bie fchled)ten 9Jiöndie
ein ^überleben führen, auf bte $agb gehen, 6chmau|eretcn unb Srinfgc*
lagen anwohnen, enbltch alö fürftliche 5lmtlcute ben dauern ba6 gell über
bie £)r)ren ziehen unb ©elb gleid) jenen beutfehen Mönchen *) §ufammen*
fcharren tonnten. 3«m Ü)anfe bafür warfen bie ©ünftltnge 93ranbfd)riften
unter baö $olf, in benen fie bte ©obwine, £aratbe, £ofttg, ÜÖtorfare al£
äd)te 2kterlanb3freunbe unb Serthetbtger ber greiftet* ftattlicb heraustrieben,
bte jtrone h^rabfe^ten, bte Stbftchten ber Könige verbäcr/ttgten, bie Unbe*
') 93anb II, 318 flg.
93ierteö 93udj. $ap. 22. Reform beS angelfäd&fiföen SDWndjttjumS unb <8t$Ü)umg. 443
weglicfcfett be3 3)ogma, btc Strenge d>rift(id?er Stttengcbote antafteten.
^ur§ cS faf> in (Snglanb gerate fo ait6, Wie 511 Anfang be$ 16. 3a$r*
fyunbertö in Ü)eutfd)tanb, wo ein überflüiftger ©elefyrtenftanb auö junger
unb 33oeI)eit ben ©elüften ber 9?eid)3fürften ba$ 2£ort rebete, Umfturj ber
faiferltdjen ©ewalt unb ber Jlircfjcndnridjtimgen empfahl.
Z\)at nun ber Normanne Unrecht, a(3 er bie verbotenen $rtefter
»erbannte? 3d) benfe, er l)at tüte ein großer Staatsmann gefyanbelt, ber
jur Cmeiduing cineS unumgängltd)en 3wccf$ bie vaffcnbften Littel ergreift.
3m llebrigen begann SBilfyelm fdjou nad) ber Krönung mit 5lu6fd)eibung
ber böfeu (demente. dfite franjöftfa^e 6$rMf berichtet:1) „im gebruar
1068 begab fta) 2lbt ©ctvinuS wn St. Ditquter (in ber Sanbföaft $on*
tt)ieu) nadb bem ^afenpla^e 2öifant, um von ba nad) dngfanb t)tnüberju*
fegein. er tort anlangte, traf er in 2ötfant met)r al$ r)unbert Siebte
unb Wöndbc, fammt f ct>r vielen Sölbnern unb ^aufleuten. Stile §itfammcn
beftiegen Sanffe unb fuhren nacb (Snglanb." 2)tefe fur$e Scbtlberung eineö
Augenzeugen füfyrt un6 mitten in ba£ ©etrtebe normannifcr;cr Bewegung
hinein, $önig 2Bür)elm war im £)e§. 1067 nad) (Snglanb aurütfgefefyrt,
aber nta)t ol)ne vorder umfaffenbe Werbungen in ber 9?ormanbte angeorbnet
$u f)aben. 3n bem 3)?aße , rote fid) bie Serbelager füllten, fdndte man
bie eingetretenen Sölbuer nad) ben Seeplätzen. 2)ort angefommen, erhielten
fte eine 9?ebenbefn'mmung. Sie mußten eine anbere, aber unbewaffnete
TOlij, Sdjaaren gatltfd;er unb normannifdjer 9ftönd)e, mit welchen 2Btlf)elm
bte burd) 2luSwetfung nicr)tönuj3tger 5lngelfad)fen in ben britttfajen Softem
entftanbenen Süden ergänze, fo wie ^aufleute, bie ftet) gefammelt Ratten,
nact) ber 3nfel hinüber geleiten. $Bät)renb brüben Jtrie'g unb Aufruhr tobt,
tft ber 93aftarb barauf bebaut, ba$ flöfterlicfye Seben roieberljerjuftellett unb
äugletd) ben §anbel ju r)eben. 3n 2öaf)rf)ett btefer 2Btlr)elm war ein
aufkrorbentltdjer 9Jfann !
9?oa) tft ein brttter ÄretS von ©efcfyäften übrig, welche auf ber Sty*
nobe von Stncbefter t^re (Srlebtgung fanben. 9kct) tfyrer 5ln!unft in @ng*
lanb Ratten bie Segalen beö $abft$ an bte angelfäd)ftfct)en S3ifct)öfe ein
9iunbf ^reiben erlaffen, in welchem btefelben aufgeforbert würben, unverwet*
gerltcr) jtt erfcr)einen unb $ed)enfcbaft abzulegen. £>tefe$ Schreiben2) ent*
titelt unter 5lnberem folgenbe Sä$e: „bie römtfetje ^iraje, welcher ber 21U*
mächtige bte Slufftajt über alle Triften übertrug, fyat noet) eine befonbere
Verrichtung, Gmre Sitten, tr)r 2lngelfad)fen , ju überwachen unb etwa
etngertffene 9Jitj5bräud)e abjutfmn, benn (Suer $ol! tft von 9iom au6 be*
fer)rt Worben. Um nun bie genannte *Pflict)t 51t erfüllen, werben 233ir, 1)k*
ner bee ^eiligen Stvoftelfürften $etruö unb bevollmächtigte unfereS £errn,
l) QSDuquet XI, 133, c. 2) Oßilftng concil. Brit. I, 323.
444
$at>ft ©regovtuö VII. unb fein 3eitaltev.
M ^abfteS 2tleranberS II., bemuädjft mit (Sud? ein (Sonett galten, auf
welchem bofeö Uufraut, baS im Seinberge ©otteS auffa>ß, ausgejätet
unb Slnorbnungen beS <£>eilS getroffen werben fotlen." £>tefe Spraye lau*
tete brofyenb genug ! 3n ber £l)at fyanbelte eS fta) um Slbfefcung einer 3ln*
$al;l anrüa)iger 23ifa)öfe, um Sluffüfyrung eines neuen 53auS ber angelfäaV
ftfa)en iltra)e.
3uerft fam bie 9?eu)e an ben Metropoliten Sttganb von (Santerburr/.
2Bie id) früher §etgte, lafteten feit ben ^dkn (SbroarbS beS 33efennerS ge*
red)te Vorwürfe son (Seiten beS ^eiligen <Shu)lS, roie ber trotte Omglanb
auf il)tn, unb obgleia) (Stiganb bura) bie bebeutenben 2)tenfte, bie er naa)
ber ©a)laa)t »on Oenlac bem Eroberer leiftete, fta) abgemüht l)atte, ben
neuen Äöntg su geroinnen, fronte xt>ix 2Btlr)elm btSfjer bloS barum, roeil
er ttorfycr mit bem $abft über bie Veftrafung beS ©a)ulbigen fta) üerftän*
bigen wollte.1) 3eftt ereilte ü)n fein @a)idfal.
2)ret £auptanf lagen würben ttor bem ßoncil erhoben: erftlia) baß
(Stigaub neben bem (Srjftufyle ßanterburr; aua) baS ViStfntm 5ßina)efter bei*
behalten, Stettens baß er bei £eb§etten feines Vorgängers, beS Normannen
Robert, bie 9)cetropoIttanwürbe wiberrea)tlta) an fta) geriffelt , brtttenS baß
er bei bem 2lfterpabfte unb (Sinbringling , Venebtlt X., ber boa) son ber
römifa)en $tra)e tterbammt Horben fei, baS Pallium naa)gefua)t fyabe.2)
2>ie Legaten fpraa)en baS Urteil ber SluSftoßung über fyn auS, ber jtönig
gebot ben Unglücflia)en in ber 33urg von 2ötna)efter §u »erwafyren, wo er
als (Staatsgefangener enbete. «Stigaub fyatte wäfyrenb einer 20jäf)rigen
Verwaltung große 6a)ä£e äufammengefyäuft, benn er war geizig, ©roßmü*
tf)ig beließ u)m biefelben SEBtlfyelm, fo lange ber ©efangene lebte; erft naa)
feinem £obe rourben fte für bie föniglta)e Cammer eingebogen.3)
@leta)eS £ooS, wie ben geftürjten Metropoliten, traf beffen Vruber
Slgelmar, bisherigen Vifa)of von £)ftanglten, fo rote mehrere anbere 33ifa)öfe,
beren tarnen glorenttuS nta)t anführt. 2) 511S Staatsgefangene mußten fte
in geftungen roanbern, roo fte lebenSlänglia) blieben. 6a)reden r)errfa)te
in ber Verfammlung, faft alle Slnwefenben fyatten fein reines ©ewiffeu unb
fürchteten bafyer, baß aua) über fte beS Königs ober beS $abfteS 3oxn
IoSbred)en bürfte. 9cur ein 2lngelfaa)fe, Sulfftan von 2öorcefter, allerbingS
ein ^rälat, für beffen (5a)ulbloftgfeft alle befannten ^anblungen feines
früheren SebenS jeugen,4) roagte ungebeugt unb pflia)tgcmäß für ein gutes
$ea)t §u fprea)en, obgleia) bie Vertfyeibtgung beffelben ü)m einen gefäfyr*
liefen ©cgner §u enoeefen brof)te. 2)er neulta) flerftorbene 5llbreb rjatte
unmittelbar vox Sulfftan ben ©tufyl von Sorcefter eingenommen unb bei
') <Siet)e oben @. 395 flg. *) Flores histor. @. 636.
205 ofsen, »cvgltc^en mit Wharton Anglia sacra I, 250 unten.
3) <BmU @. 52 unb
4) £>&en @. 332 flg.
SStertcö 33udj. @ap. 22. Reform beS angelfäd)ftfcf)en 3Wi3ndf)tf>umg unb 93iötfjumö. 445
feiner Beförderung auf ben g)orfer SWetro^oIttanftfe einen ber ©üter
beS 2ßorceftercr £od?ftiftS wiberrecbtlicb beibehalten. 3)iefe nämltcben
©üter waren aber nach bem $obe SllbrebS für bie föniglicbe Cammer ein*
geigen korben.1) Sffienn baber 2Bulfftan Wtber Sllbreb JHage ert)ob, griff
er juglcicb mittelbar ben Köllig an.
9tid)tebeftorcentger forderte ber SBtfcbof Sieberrjerftelumg feiner Kirche
in ihren recbtltcben 33eft$. CDie (Sv/nobc Wieb aus, ftc gab ben 93ejd)eib :
ba bic Metropole von 2)orf gegenwärtig htrtenloS, folglich aueb fein ge*
fe&lieber Vertreter etwaiger begrünbeter 2lnfprücbe berfelben vorhanben fei,
folle bie (Srlebigung ber <Sact>e MS ju 2Bicberbefe$ung ber Metropole
verfeboben werden. Vielleicht Ratten ftc? um bie nämltcbe 3«tt noch anbere
(Scbwierigfeitcn erhoben, weld)e eS rätl)ltd) maebten, nta^t nur bie obfebwe*
benbe (Streitfrage, fonbern auch baS (Eoncil felbft ju vertagen. 2I>enigftenS
berietet1) glorentiuS, baß bie beiben römifeben (Earbinäle nacb Dftern bte
^eimreife in bie speterSftabt antraten, unb baß nur ber (Sittener 33ifcbof
(Ermenfrieb jurürfblieb. Ü)te Slbreife ber (Earbinäle fcheint barauf hwjubeu*
ten, baß ftc in *Kom 33ericbt erftatten unb etwa neue CDtcnftt>orfc^rtften ein*
holen wollten. 3)aS (Eonctl löste ftet) auf.
2)aS ^ftngftfeft begieng ber £of im (Scbloffe §u Sinbfor. 5lm geft*
tage ernannte .ftönig 2Bill)eIm ben bisherigen (EanonicuS ton 23aieur,
maS, §um Metropoliten von g)orf unb bann einen feiner (Eapellane, 2£al*
ct)elin, §um S3ifa)of von 3Etncbefter. 2)en folgenben Morgen naa) ber (Er*
nennung trat unter (ErmenfriebS Sßorft^ eine neue <Sr;nobc §ufammen, welche
bte t>or (teben Socken §u SBinchefter unterbrochenen ©efdjäfte wieber auf*
nahm. £)aS Urteil ber 5lbfer3uug warb über ben SBifcbof Slgelricr) von
(Suffer verhängt, worauf ber $önig ben Verurteilten als Staatsgefangenen
ju lebenSlänglicber $aft in baS «Scbtoß Mearteburg abführen lief. 2)ieß
gethan, erhob ber Baftarb jwei feiner Kapellane, 5lrfaft, anstatt beS um
Dftern verurtf)eilten Slgclmar, §um 23tfcbof von Oftanglten, unb (Sttganb
an ber (Stelle beS eben abgefegten 5lgelricb pm 23tfcbof von (Suffer. (Einige
Sage fpäter erteilte auf beS ÄönigS SÖunfdb ber pabftltdje 2egat (Ermen*
frieb bem neuen 23tfd)ofc von SÖfttdjcftet SBalcfcelm bieSHkihe.1) $r)oma$
bagegen, ber ju gleicher 3ett mit Salcbelin ernannte Metropolit, blieb vor*
erft ungeweiht.
Viele ber 3nful unwürbige Slngelfachfen waren entfernt, mehrere
@tühle neu befefct, aber noeb (EineS fehlte ber englifchen Strebe, ein §aupt,
baS würbig bie I)or)e (Stellung ausfüllen mochte, welche ber verurtheilte
(Stiganb unwürbig eingenommen hatte. Unb boct) mußte bem Könige bei
bem großen, aber auch gefährlichen ©efchäfte, baS er bamalS betrieb, unenb*
*) Flores histor. <&. 636.
446
^abf* ®vegoriu$ VII. unb fein 3eitolter.
m baran gelegen fein, vor allem Zubern bie erlebigte $eia)SmetrO'
pole von (Santerbutt) gut ju befeijen. @rft @nbe Sunt fam ber Sombarbc
£anfranf, mit roeldjem §fi>ür)ehn feit längerer 3ett wegen Uebernatyme bcö (Srj-
biStfyumS unterfyanbelte, aus ber 9?ormanbte nad) (Snglanb herüber. CDiefeö
(Säumen beutet barauf bin, baß ungeroöl)nlid)e Scrjrotertgfeiten ju überroin*
ben roaren. 28ir müffen $unäd)ft ben großen (Steriler, befreit ©efcfciaMe
n>ir anberSroo1) bis §u feiner @rl)ebung sunt SIbte von daen verfolgt fyaben,
tnS Sluge faffen.
9?td)t lange nad) feiner SBeförberung auf bie neuerrtd)tete 5lbtet ~
tm Wlcmt Sluguft 1067 — ftarb 2) @r$btfcbof SttauriltuS von Kotten.
5llSbalb etroäfylte 93olf unb ßleruS ber normanitifcben £auvtftabt einmütig
ben 2lbt jum 9tfaa)folgcr beS Verblichenen. £)ocr; Sanfranf roteS unbeug*
fam bie ntgebad)te (Sl)re jurüd', emvfafyl bagegen für bte erlebtgte Stürbe
ben bisherigen 33tfa)of von 2lvrana)eS, 3ol)amtcS. 2Birfltcf; ernannte «ßönig
£er§og SIBüfyelm ben (5mvfol)lenen auf SanfranfS 2Bort pi jum ^acbfolger
beS 9ftauriltuS. Allein efye 3ol)auneö baS neue Statt antreten fonnte, muß*
teil erft getvtffe gormalttäten ober 23ebmgungcn erfüllt roerben. £ören roir
umäcfyft ben 53togravf)en3) £anfranfS: „naebbem Jtö'nig 2ßüf)elm ben 33t?
fd)of 3ol)ann §um Metropoliten von $ouen ernannt fyatte, fcrjiefte er fofort,
bantit foldje Ernennung ftra) cur ecfytUd) e ©ültigfett erlange, ben
Slbt Sanfranf naa? $om §u Sßabji Slleranber II. ©lüdltcf; voüftrecfte ber
5lbt feinen Auftrag, tnbem er bem ©mannten ben päbftltd)en 23cfel)l, ber
Ernennung golge ju letften, fammt bem Pallium überbrachte." 2)aS ftnb
merfroürbtge Sporte ! Denn, berietet anberS ber SBiogravf) bte SBafyrfyeit,
fo folgt, baß tn ber 9lormanbie §u ben ßeiten beS 93aftarbS Sßtlfyelm ftr*
cfjenred)tttd)e Söefttmmungen eingeführt roorben ftnb, laut roeldien bte föntet*
lic^e ober fyerjogltcfye Ernennung etneS neuen 93ifct)ofS nur bann gcfe^ltcfye
©ültigfeit erlangte, wenn ber $abft erftere beftätigte.
(Sollte ber SBtogravl) ntd)t irren, ober §u viel jagen? D nein! ein im
3af)re 1068 ausgefertigtes Schreiben4) beS $abftS s41exanberS IL tft auf
uns gefommen, ein Schreiben , baS bie Sactje beS neuernannteu Sannes
betrifft unb folgenbe Sä$e enthält: „rote 2ßtr auS bem ^Berichte beS 33t*
fctjofS von Sitten ((Srmenfrteb) uno beS 5lbtS £anfranf vernahmen, f)at
bidj unfer geliebter Sofyn, ^öntg 2Btlf)elm von dnglanb, fraft beS tr)m $u*
ftefyenben 2ßaf)lred)tS, jeboa) unter bem S3ebtng, baß $etrt Sturmi feine
3ufttmmung er tl) eile, von einem nteberern 33iStl)um auf ein l)^l)ereö
beförbert. Demgemäß gebieten 2ötr btr fraft avoftoltfcfyer Machtvollfommen?
l)ett, baß 2)u bte auf biet) gefallene 28al)l anner/meft."
*) Oben ©. 279. z) Gallia christiana. XI, 31. 3) Vita Lanfranci cap. V. a. o. D.
^orjiucf @. 7. a. 4) Söffe regest, pontif. Wt. 3431. S)er Xtxi Gallia Christ. XI, 32.
ÜBierteS 93ucfy. G>ap. 22. Reform beö angelfärfjfiföen SWöndjnjumö unb ©iötljumö. 447
2)ie 3)arftetlung dcg SBtogra^en wirb atfo durcb bie eigenen, amt*
liefen 2öorte de$ betreffenden SßabfieS gerechtfertigt. Unzweifelhaft tft, erft*
lid) baß 2lbt Sanfranf ju 9tom bie Slncrfennung 3ot)anneö betrieben ^at,
zweitens daß in ber SRormandie damals ein ^irct)enrectt beftanb, laut wel*
ehern fönigliehe ober herzogliche Ernennungen auf 93iött;nmer — wenig*
fien 6 in gewiffen g allen, mir bann ©ültigfeit erlangten, wenn bie
päbftltcf>e SBeftätigung nartfolgte. 2)<efe (Bähungen verrathen vmvätm»
bar ben ©eift deS EarbinalS ^tlbebranb, aber mit ber damals noch in ben
metften deichen deS SlbendlandS , namentlich in ©ermanien ^"l^nben
©ewolmheit ftimmen fte nicht nberein. Sefaftai wir 3)aS, was wir eben
betreffend bie fachlichen Einrichtungen ber 9?ormanbie entbeeft |abett> in fei*
nem Slnbenfen.
tofrattf hettte ben erften SBerfucb, ihn auf einen erjbifcböflichen 6tul)l
ZU erheben, jurüefgewiefen, einem ^weiten aber, ber brei 3ar)re fydter ge*
macht würbe, vermochte er nicht §u widerftehen. ©eit ber <Scb(ag gegen
©tiganb gefallen war, richtete Äöntg Göllheim feine Slugen auf Sanfranf,
benn er glaubte, baß nur biefer einige 9J?antt bie nöthigen gähigfetten be*
jtfce, um eine 6tette einzunehmen, ber an SBichtigfeit nächft *Petri Stuhl
faum eine dritte im ganzen Slbenblanbe gleichfam. £>icfelbe Slnftcbt t>egte
ber *ßabft, biefelbe Regten bie Legaten, fo wie 2ltle, bie eS mit Jtönig $ß\U
heim unb ber «ftrone England gut meinten. Allein Lintig, *ßabft unb
Segalen fa^en voraus, baß eS 9Jcur)e genug foften werbe, ben 2lbt von
Eaen zur Einnahme ut bewegen. 3tttt&$ß fehiefte Sßilhelm bie brei Sega*
ten nach ber ^ormanbie hinüber, bamit fte bort persönlich mit Sanfranf
unterhanbeln möchten. 2)a nicht anzunehmen ift, baß ber itöittg baran
bachte, bie Metropole Eanterburv; vor erfolgter Erledigung berfelben einem
Zubern anzubieten, muß bie Oleife ber Legaten in bie Seit zwtfchen Dfteru,
ba Stigand abgefegt würbe, unb §wifchen *ßftngfien 1070, währenb welchen
gefteS Ermenfried ber (Stynobe von 28inbfor anwohnte, verfemt werben.
2öeiter ergibt fta), baß naa) £)ftern 1070 ntct)t bfoS, wie glorentiuS an*
gibt, bie beiben Eardinäle 3ohanu unb $etruS, fonbern mit ihnen aua)
Ermcnfried von bitten England verließen, baß aber festerer vor *Pftngften
nach ber 3nfel zurüeffehrte, währenb bie zwei anbern allem $litfa)eine nach
ihre 9Mfe weiter nach $om fortfefcten.
3n ber SRormanbie angekommen, berief Ermenfrib bie SBifchöfe unb
Siebte deS ^erzogthumö zu einer 6t;nobe, unb eröffnete in 2lnwefenl)eit 5111er
bem 5lbte von Eaen feinen Auftrag. Sticht nur Äönig SBilrjelm, fügte er
bei, fonbern aud; ber $abft wünfdje, ja befehle, baß Sanfranf bie aitge*
botene Stürbe annehme. 3)er 5lbt erfchratf, machte ©egeitvorficllungen,
erklärte, baß man ihm eine Saft auferlege, bie er ju tragen außer StaubeS
fei. SBergeblich! außer ben Legaten beftürmten irm die Königin Mathilde,
448
$a6jt ©regovtuö VII. unb fein 3eitatter.
ifyr <&Q$n Robert, ber alte 31 bt £erluin, ben Sanfranf voie einen 2kter
efyrte, enblid) bte normaunifd)en ©roßett fo fange mit bitten, bis ber Som*
barbe rotberftrebenb, l)alb gelungen, ftcfy fügte.
2Ba3 ta) eben er$äf)lte, tft au6 ber mef)rfacr> erwähnten £eben$befd>ret*
bung1) genommen, übermale brängt fid) ber 2krbad)t auf, ob ntcfit ber
23togratof) übertreibe, ober ob ntd)t Sanfranf felbft $ebenfitd)fetten »orfd)ü£te,
bte er ntajt entftltd) f)egte, bte iljm aber geeignet fdjetnen mochten, etroa
nm »om Röntge gerotffe S^Geftäubniffe als 33ebtngnng fetner Slnnafyme $u
erlangen. Willem bte eine ^krmutfyuttg tft fo unbegrünbet, al6 bte anbere.
3« einem auf unS gefommenen ©abreiben,2) ba£ jrotfcfyett bem 9?eujaf)r
1071 unb bem grüfyltng 1073 an $abft 2tleranber II. gerietet roorben
fein muß, berietet Sanfranf über bte Vorgänge bei feiner Erhebung unge*
fäfyr Daffelbe, roaS ber 53tograpf), nur erteilt er einem ber Legaten ben
Tanten Hubert, roäfyrenb ber 23togra»f> neben (grmenfrteb §n>et ungenannte
ßarbtnäle aufführt, wogegen glorenttuS »ou 2Borcefter unb ©tmeott »on
£)urf)am als Begleiter (SrmenfrtebS bte (£arbmäle $etruö unb SofyanneS
nennen. 3ft ütelletd)t Hubert tn ber ^ormanbte als vierter £egat fymnt*
gefommen, ober Tratte berfelbe neben feinem »Ott Sattfrcmf erwähnten tarnen
nocf; ben ^Beinamen 3of)antteS ober Petrus? 3ebeufatlS tft bte Slbroet*
ct>ung unroefentltd).
2Beiter befdjroört £anfranf tu bem fragltd)en Briefe ben $abft, baß er
tfjn »Ott ber unerträgHc^en 23ürbe beS enbtfct)öf(tcr)en 2lmteS befreien möge.
^)er§ergretfenb , r)ütretßettb fmb bte Sporte, bte er brauet: „fett td) ben
6uu)l »Ott ßanterburr; befttegett fyabe, ift meüte 9htr)e, mein ©lücf balun.
Säglta) ftürmen folcfye ^tberroärttgfettett auf mtd) ein, täglta) »erfpüre td)
tn meinem eigenen 3mtent fo »tele Uttluft §um ©uten, fo »tel (£del an
ber 2Be(t, täglta) erfahre td) »on 5lnbern fo »tele Störungen, Unbill jeber
2lrt, tägltd) füfyle, rjöre, emfcfutbe i$ fo »tele ^cmmtüffe fegenreta^er fird)*
lieber SSirffatnfett, tägtta) umgibt mid) fo »tel ©emetttfyett unb ntebrtger
93egterbett 6»tel, baß mir baS 2ebett »ergällt tft, unb baß ta) je et)er je
lieber ju fterben roünfd)e. SrofttoS tft, roaS »or meinen klugen »orgelt,
unb bod) laffett mta) bte Erfahrungen, bte ta) madie, befüra^ten, baß bte
3ufunft noa) fd)ltmmer fein rotrb. ^eiliger S3ater, ta) bitte @ud) beim
£etl eurer «Seele, geftattet mir, baß td? in bte Gmtfamfett meinet »ftlofterS
§urütffef)re, bte td) über 8tfife6 liebe."
3ft baS bte 6»rad)e eines @f)rget§tgen ober gar eines $eucf)lerS, ber
auf frummen Siegen baS 3kl feilter 3Bünfa)e erreicht l)at ? 9?tmmermer)r!
(SS gibt 9Jfenfd)ett, — unb beren 3aty tft Segtott, — welche ftd) bte gäl)tg^
*) Vita Lanfranci cap. 6. €>. 7 a. a. €>. 2) Epistol. I, Opera ed. d'Achery
<S. 299.
Stertes %uä). ßa^. 22. JRcfovm beö aiigelfät&ffföen aWönd&U)um$ u. ©ietyumö. 449
feit ju allem SWögltcfcen zutrauen, unb bal)er überall zugreifen, wo Wlafyt
»erteilt wirb, eS gibt Sintere, welche auS 93equemlidjfeit, e3 gibt abermals
Dritte — unb tr)rer ftnb fcr)r wenige — welräe au$ $flirttgefül)l fyofye
Slemter fliegen, öftere verwalten bie (Sfyrenftellen , in bie jte ftd) einge*
brängt fyaben, gewöfynlicf) eben fo fdjlecbt, als bie Dritten bem 23erufe, ben
man ifmen aufnötigte, gewiffenfyaft nachleben. 3u lederen gehörte Sanfranf.
3Ud guter (Sfyrtffc »on ber Ueberjeugung burefibrungen, baß baS bifdjöfttcfye
Slmt Dem, ber e$ befleibet eine fura^tbare jeitlia^e unb ewige Verantworte
liajfeit auferlege, jugleid) aua) von 3ugenb auf an baS fttlle Seben eines
©elefyrten gewöhnt, naf)m er bie SOcitra oon (£anterbun; nur wiberftrebenb
an unb trug jte als eine febwere Saft.
Ueber DaS, was nacb SanfranfS Unfunft in (£nglanb gefdjal), möge
juförberft (Sfyronift glorenttuS S3ertc£)t erftatten:1) „an Wlaxitx Himmelfahrt
(15. Sluguft 1070) ernannte jtönig Silfjelm ben bisherigen 5lbt von @aen
jum (£r$bifcr;ofe tton (£anterburty, brauf am gefte ber (£ntf)au)>tung 3oljan*
niS beS Sftufert — 29. Sluguft2) — warb £anfranf gewetfyt. Die 2öeil;e
oerrtd)teten bie SBifajöfe ©tfo von 2ÖellS unb kalter oon §ereforb, welche
beibe jur Seit, ba Sllbreb »on g)orf baS Pallium ju 9fom empfteng, bureb
*Pabft ÜftifolauS TL geweift worben waren. 5lufer ifyuen wohnten ber
Zeremonie Hertmann ^on ®r)treborn unb etliche anbere 23ifcböfe an. (Spä*
ter erteilte Sanfranf felbft bem neuernannten Metropoliten tton g)orf bte
erjbifc^öflicbe 293ext>e. 9?ad)bem biefe ©efctiäfte abgetan waren, würbe ber
6treit jwifc^en bem 33tfa)ofe SBulfftan von 2Borcefter unb ber »ftirerje oon
2)orf wieber aufgenommen." .
„Vor einer $eta)Sfcerfammlung," fäfyrt ber ßfyronift fort, „auf welcher
ber ^öntg, ber (£r§bifcbof tton $ent Sanfranf, bie SBtfcpfe, Siebte, ©rafen
unb anbere ©roge beS ganzen SanbeS erfreuen, vertrat £b)omaS oon g)orf
bie ©acfye feines @tuf)teS. Slber obgleich er unb feine ©önner nichts un*
t>erfuct)t liefen, um bie Strebe von Sßorcefter §u unterbrüefen, errang SBuIf^
[tan fcollft&nbigen 6ieg. yiifyt nur erhielt er bie ftritttgen ©üter §urücf,
fonbern fein 23tStfyum warb aud) in bie ungefa^mälerte greifyeit, welche
baffelbe feit alten Seiten befeffen tyatte, wieber bjergeftellt. 3m nämlichen
3af)re fiel ber bureb ben £ob beS bisherigen 23tfa)ofS ©iwarb erlebigte
©tufyl »on 9tod)efter Dem Monade aus S3ec, Slmoft, gu. 9^tcf)t lange lebte
Slrnoft. SllS er geftorben war, beftteg ben erlebigten ©tur)l ©unbulf, Wöncti
auö bemfelben Softer. H
5llle6, waö glorentiu6 erjä^lt, ift wa^r, aber bie ßreigniffe, bie er
in ben engen $aum eines 3a^reS sufammenbrängt, fallen jum Xtyil weit
auSeinanber, aua) übergebt er wid)tige ^injeln^eiten, bie §wtfa}en ben »on
*) Flores histor. @. 637. 2) 3u Vergl. vita Lanfranci cap. 10.
©ftörei:, $abfl ©regortu« vu. 23fc. iu. 29
450
*ßafefi ©regoriuS VII. unb fein 3ettaUer.
ihm berührten fünften ließen. Wonfy ®unbulf n>itrbe niebt 1070, wie
glorentiuS anjubeuten fcheint, fonbern im 2lpril 1077 jum Nachfolger
SlrnoftS eingefetjt, nad)bem ber ebengenannte Vorgänger nur ein t)atbe6
Satyr ben (Stuhl von 9fochefter eingenommen tyatte.1) Slrnoft ift batyer
erft 1076, unb nta)t fetyon, wie ber (Styronift von SBorcefter will, 1070
33tfa)of geworben. 3weiten$, ber 9tecfyt$jtrett awifeben Stomas von ?)orf
unb £öulfftan von Söorcefter fat, obgleich er 1070 lieber aufgenommen
warb, unb ju ©unften SÖulfjiang enbete, längere ßett gebauert. Dritten^,
etye ^tyomaö au£ ben §änben fianfranfö bie 2Öeir)e erhielt, fielen §wifchen
Reiben (Scenen vor, bie von tyotyer 2Bia)tigfett finb unb gleichfalls einen
mehrjährigen (Streit veranlagten. Dennoch bin ich überzeugt, baß ber (Sfyro*
nift ntct)t au$ 3rrtr)um von ber 3e^Wge abn)ia), fonbern um befonberer
©rünbe willen jene £fyatfacfyen §ufammenreil)te. prüfen wir *ßunft für
$un!t. Der Anfang foll mit bem SSerfjältniffe 2anfranfö §u £homa$
von g)orf gemacht werben. 5116 erften 3™gen2) Pe^e ^ *>en Biographen
beS (§r§bifcbof6 von (Santerburr/.
„SBemge Sage nach feiner 5(nfunft in (Snglanb warb Sanfranf §um
©rjbifctyofe von (Santerburty ernannt. Drauf ben 29. 2luguft empfing er bie
2Beir)e burety bie (Suffragane feineö 6tutyl6, 2Btll)elm von Sonbon, 993alc^eltn
von 3Btnctyefter, Remigius von Dorcefter ober Lincoln, (Siwarb von 9?oa)efter,
^erfaft von ^elmatyam ober ^tyetforb (£)ftanglten) , <Stiganb von (Selfea,
^ertman von (Sfnreborn, ©ifo von 2Öell3 (Somerfet). 2lnbere, welcbe
nicht erfreuen, tyatten burch ©efanbte ober burch Briefe ihre 5lbn)efenl)eit
entfctyulbigt. 3m nämlichen 3af)re fanb ftcf) ber Gmvafylte von g)orfr Xfyo*
maö, §u Qtanterburv ein, um naefe altem ^erfommen bie 2Öetl)e von £an*
fran! nad)sufucf)en. Sanfranf erflärte feine 93ereitwilligfeit, biefen SBunfcf)
ju erfüllen, aber nur unter ber unerläßlichen 35ebingung, baß £l)oma$
fraft alten ©ebraucfyS buret) eine fctyriftlic^e 3ufa9e an <5tatt ft* Su
fanomfetyem ©ehorfam gegen ben «Stuhl von $ent verpflichte, ^tyomaö
entgegnete: nie werbe er bieö tfyun, wenn man itym nicht anberS burch
unwibcrleglicr}e Urfunben ben Beweis liefere, baf ber (Stuhl von (£anter*
burr; berechtigt fei, (Solches §u f orbern. " Der Biograph fügt bei, nicht
au$ ^ochmuth, fonbern au$ 3rrtr)um unb weil er — felbft ein Heuling
im Sanbe — ftdj burd) ben 9fatf) angelfächftfcber (Schmeichler leiten lief,
habe Zfyomtö ba$ begrünbete 5lnfinnen ßanfranfö abgeroiefen.
Dann fär)rt er fort: „obgleich @r§bifchof Sanfran! in 5lnroefenheit
etlicher wenigen SMfctyöfe, bie bamaB ju (Santerbur^ weilten, bie von
ma$ verlangten 53eweife vorbrachte, 50g £r)oma3 bie ©ültigfeit berfelben
lJ £)ie ©eweife Opera Lanfranci, 93orjiücf @. 40. 2) Vita Lanfranci cap. 10.
a. a. £>. ©. 11.
35terteö 93udj. (&ap. 22. Reform bcö angelfäc^ftfc^en 3Wi3nc^t^umö u. 93iöt(jumö. 45 j
tu Slbrebe unb reiste fdmell ab, ofme bte 2öeif)e empfangen $u fyaben. 2Us
bteS ber $b'ntg erfuhr, gerietl) er in Slufregttng, benn er glaubte Anfangs,
Sanfranf l)abe ben g)orfer 33ifdt)of buref; ©eleljrfamfett überltften wollen.
Allein nad) einigen Sagen erlangte ßanfranf ©efyör beim Könige, unb
geigte auf über$eugenbe 2Betfe, baß er allerbingS im 9fed)te fei. 9?un ließ
^önig Süfjelm folgenben SBefefyt ausgeben: (Srjbtfc^of £f?omaö fyabe 2ln*
geftcbtS bieg nad) (Santerburty, bem 6ifce ber Mutterfircfye von ganj (Sng*
lanb, jurücfjufe^ren, er fyabe ferner ein fdjriftlicfieS Slngelobnifj beö @ef)or>
famS abjufaffen, er fyabe baffelbe in 2tnwefenf)eit beS Metropoliten unb
fämmtlidjer $u einer ©mtobe »erfammelten 23ifd)öfe »orjulefeu, er tyabe
bann bie Urfunbe, nacfybem fte beriefen worben, bem Metropoliten §u über*
retten. 3n befagter Urfunbe müffe golgenbeö ftefyen: in allen fingen,
bte ftd? auf Religion bejiefyen, werbe er untterweigerltcb unb unbebingt
bem Metropoliten £anfranf ©eljorfam reiften , bod) bcjüglia^ ber 9kd)f olger
SanfranfS folle bie gleiche SSerpflta)tung nur bann gelten, wenn biefelben
unwiberlegltd) bartfyun würben, baß bte älteren @r$btfa)öfe »on g)orl bem
$rtmatenftu^le ju $ent jeber Seit redjtlia) unterworfen geroefen feien. üftötf)*
gebrungen fam Stomas bem föntglidjen ©ebote naefy, erfaßten ju (Sauters
burty unb empfing bte 2BetI)e. 8alb barattf »erlangte Sanfranf allen SßU
fa)öfen fcon ganj (Snglanb, bte wäfyrenb ber 2lmt3bauer (Stiganbö §u »er*
fcf)tebenen Seiten unb an »erfd)iebenen Drten, fei e£ burd) (Ettganb felbft,
fei e$ burd) ben $abft, ober bura) anbere (Srjbifc^öfe, gewetf)t roorben waren,
ein afynltcbeö 5lngelöbntjj beS ©efyorfamS ab, unb erhielt wtrfltdj, waS er
begehrte."
Setter melbet1) ber Biograpf): „im folgenben 3afyre — b. r). 1071 —
reisten betbe (§r§btfcr;öfe nad) $om, um bort baS Pallium §u empfangen
unb würben er)rem>olt aufgenommen, befonberS Saufranf. £>amalS gefaxt),
bafj Slleranber IL vor Sattfranl aufftanb, als btefer in baS pabftltd&e ©emaa)
trat, aua) gab ifym ber *ßabft §wet Pallien, baS eine nad) römifa)er ©ttte
t>om 5lltar, baS anbere, mit bem Slleranber felbft bisher bte Meffe ju
fetern pflegte, als Säfyen ber Siebe unb greunbfcfyaft. 93or bem fettigen
SSater erneuerte Stomas bte $lage gegen (Sattterburty; mit Unrecht, befyaup*
tete er, fpredje ber Center @tul)l bte Fircpcfye ^o^eit über baS (Srjfttft 2)orf
an, mit Unrecht begehre berfelbe ßinoertetbung ber bret 93tStf)ümer 2Öor*
cefter, 2)orcefter ober Sincoln unb £td)ftelb ober (£r)efter, welche feit uralter
3ett ber Dörfer Metropole unterworfen geroefen; betbe Metropolen feien
t>telmef)r gleia) an Stürbe, unb nur ein SSor§ug ber @^re ftel)e bem <Stul)le
»on (Santerbur^ §u. £)bgleta) beletbtgt bura) bte Behauptungen beö (&x^
btfc^ofS Zi)on\a$, roioerlegte fte £anfranf rul)ig $unft für $unft, unb t>ob
A) Ibid. cap. 11. ©. llr b.
29*
452
$abft ©tegoriuö VII. unb fein 3eitalter.
itamentltdj r)en?or, baß bfe 93erorbnung ©regorS L> auf bie ftcb £r)omaö
berufe, nie t>erfünbigt werben fei, nod) gefeiltere Greift erlangt r)ätte. 9caa>
bem ^ßabft 2lleranber beibe £r)eüe vernommen fyatte, gab er ben SBefcfyeib,
baß bie obfcfywebenbe (Streitfrage nict/t in 9rom, fonbern nur in Englanb
bura) einen (Sprua) fämmtltcfyer 33ifcf)öfe unb klebte beö 9ieicr;$ erlebigt
werben fb'nne. Unb alfo gefdfyal) e£ auetj: an Djlertt 1072 warb bie ©acbe
ttor ben roniglictjen §of gebracht, ber ein Enburtfyeil fällte."
übermal bewährt ftet) bie 2)arftellung be3 SBiograpfyen alö genau.
3)enn ntebt nur melben glorenttuS1) unb Simeon son 2)urr)am,2) baß,
naebbem £r)omaS auö ben £änben Sanfranfö bie er§bifcr;öflicbe 2Betr)e er*
galten r)abe, beibe Prälaten nafy Cffom abgereist feien, um ba6 Pallium
in (Smpfang §u nehmen, fonbern §wei wichtige TOenftücfe liegen t>or, welche
bie 2Bar)rr)eit ber übrigen 2lu£fagen beö 23iograpl)en außer Sweifel fc^n-
5)a6 erfte befielt auö einem amtlichen SBericbte,3) ben Metropolit ßanfranf
im (Sommer ober £erbft 1072 an *ßabft Slleranber IL erftattete. £)er*
felbe beginnt mit einer Erinnerung an 2)a$, was neulich in 9tom wäfyrenb
ber 5lnroefent)eit beiber Prälaten gefcfjefyen, wie Stomas bie $lage gegen
ben 6tul)t son Eanterbun;, beren einzelne fünfte in genauer Ueberein*
ftimmung mit bem 3™gniffe SBiograpfyen aufgejagt werben, erneuert
fyabe, wie bann ttom Cßabfte ber 53efa)eib erteilt worben fei, baß eine eng*
lifct;e 9teicf)^erfammlung ein Urtl)eil über bie <Sact)e fällen möge. ©olct)e6
fei aucr) gemäß bem Auftrage beö r). 93ater$ gefeiten, ^önig 2Büt)elm
fyabe an Dftern (1072) bie ©roßen feines $eict;e$, ©eiftlict)e wie Saien,
in 2Binct;efter jufammenberufen unb itjnen reifliche unb gewiffenfyafte *Prü*
fung beS (Streits anempfohlen.
„hierauf," fäfyrt ber 53eria)terftatter fort, „würbe bie $ircbengefcr;tct)te
be6 berühmten sßreSbtyterS unb Sefyrerö ber Slngelfacfyfen, 33eba, vorgelegt
unb au$ ifyr ber 93ewei£ geführt, baß in bem faft f)unbertflierjigjär)rigen
3eitraume, ber »on ber 5lnfunft beö feiigen 5lbt$ SlugufttnuS unb ©rünberS
ber Metropole tton $ent bis §um £obe beS genannten Cßre6bt?terö verlief,
ber Dörfer <5tur)l ftetö bem §oct;fttfte Eanterburty untergeben war. 5lud)
t>tele anbere Urfunben fyaben Sir geprüft, bie 2Bir mit bem 3eugniffe 33e*
ba'S ttollfommen im (Stuf lange fanben, namentlich »erfdn'ebene ^Briefe Eurer
Vorgänger, ber *ßäbfte ©regoriuS L, SBontfaciuS, ^onoriuö, $italianu$,
(Sergius, ©regoriuö II. unb jule^t £eo'£ IX. 2)enn bie Erlaffe folcfyer
$äbfte, bie $wtfcr)en ©regortuS II. unb Seo IX. regierten, ftnb nia)t mer)r
t>orf)anben, weil fte in golge be3 großen 23ranbe$, ber t>or 40 3ar;ren
Our ^fe9^) unfere Metropole fcerfjeerte, §u ©runbe gingen, ©egen
Flores histor. <S. 637 2flttte. 2) ^i)öben ®. 203. 3) Epistol. 3. opera
©. 301 flg.
93terte$ 93uc$. &a\>. 22. Reform beö angelfäd&fiföen 2Wön$tl)um8 u. 93t3tfjum3. 453
alle bie gewichtigen Beweismittel, bie ©unften beS Center (SrjftufyleS
bargelegt würben, wußte Stomas ntdbtd ©egrünbeteS einutwenben, fonbern
er geftanb $ulefct felbft ein, baß er getäufcht worben fei. hierauf l)at ber
jlimig unb ber gefammte Steidrötag etnmütf)ig gegen ^omaö vermittelft
etneS Urtheüfprud)e$ entfd)ieben, von bem 2Ött (Sua), Ijeiltger Vater, eine
Hbförift überfenben."
Sluch ber Spruch1) ift vorhanben unb btlbet baS §wette ber oben er*
wäfynten Slftenftüde. 3)erfetbe befagt feinem wefentlidjen 3nt)alte naa):
„tm 3al)re ber Menfd)Werbung 3efu 6()rtfti 1072, bem 13ten ber päbft^
liefen Verwaltung 5lleranber3 IL, bem 6tcn ber fontglia>n Regierung 9B\U
helmS, gemäß bem Auftrage beö genannten *ßabfteö unb mit 3uftanung
be£ itönigS, warb ber jwtfc^en g)orf unb $ent obfdjwebenbe Streit burd>
einen Sprud) ber S3tfct>5fe unb Siebte (£nglanb3 bal)tn entfa}ieben: bie $trd)e
von g)orf foll bem Stuhle von^ent, als ber oberften Metropole von gan§
Britannien, in allen fingen, bie ftcf) auf Religion begehen, geljorfamen.
£>oa) beläßt ber Metropolit von (Santerburt) bem Dörfer (£r§bifd)ofe unb
beffen Nachfolgern auf ewige ^nkn bie fira^ltc^e Roheit über baS S3tött)um
Ü)url)am unb ba$ ganje ©ebiet, baS ftd) einerfeitS von ben ©rängen be$
§ocbftift3 2td)ftelb, anbererfettö vom §umberftrome bis $ur Marfe Scbott*
lanbS erftredt, unb jwar fo, baß, wenn ber $rtmaS von (Eanterburty für
gut ftnbet, an irgenb einen beliebigen £)rt eine Stynobe $u berufen, befagter
(Srjbifcbof von g)orf fammt ben ilmt unterworfenen Suffraganen verbunben
ift, §u erf feinen unb allen fanontfd)en 3Sorfa)riften beS befagten Metropo*
Uten ©e^orfam ut leiften. Leiter l;at §war Metropolit Sanfranf genügenb
naebgewiefen, baß fraft alten §ertommenS ber g)orfer (Srjbifcf/of bie 2$er*
pflichtung auf ftd) l)at, bem Center (£r§ftuf)le ein fchriftlicheS ©elöbniß ber
Sreue mit angehängtem ($tb $u überreichen, ©leichwotyl ftel)t Metropolit
Sanfranf auS Siebe §um Könige befagtem (Srjbtfcf)ofe bie Slblegung beS
@tbe$ nad), unb begnügt ftd) mit bem fa}riftlid)en 2lngelöbniß, jeboefy ver*
waftrt er ftch auSbrüdlicb, baß er l)temit ben fechten feiner Nachfolger
nichts vergebe, wenn btefe etwa für gut finben follten, von ben Nachfolgern
beS (SrjbifchofS Zl)oma$ einen (£ib §u verlangen. 3m Salle ber Metro*
poltt von (Santerburty fttrbt, wirb ber Dörfer (£r§bifd)of ftcf) nach ßanter*
burty begeben unb 2)en, auf welken bie 2öaf)l gefallen, §ufammt ben
Suffraganen ber Metropole, als feinen Primaten, weihen. Stirbt ber
(Srjbifchof von g)orf, fo wirb £)er, welker §um Nachfolger gewählt worben
ift, fobalb er erft vom Röntge bie Belehnung erhalten l)at, nacb Kanter*
burty ober an einen beliebigen anbeut £)rt, ben ber Metropolit befttmmi,
1) Vita Lanfranci cap. 11. a. a. O. ©. 12, b.
454
$abft ©regoriuö VII. unb fein 3cttalter.
reffen unb bafelbft von letztgenanntem na* fcmontfdjer Seife bie Seihe
empfangen."
Sir f ernten jefct ba£ äußere ©erüfte Neffen, voa$ in 23ejug auf ben
(Streit sttnfcben g)orf unb (Santerbun; von 1070 biö 1072 vorging, aber
noct) ntcf)t ba6 innere ©etrtebe. Umviberfprechltch erhellt theilS au£ ben
jroet mitgeteilten Urfttnben, tr)eüö au6 ben Senaten be$ 33tograpt)en unb'
be$ (Sr)romflen glorenttuö, baß geheime $ erlaub htngen §roifdben bem tyU
{igen (Stuhle unb ber trotte (Snglanb gepflogen roorben unb §um 5lbfc^Iuffe
gebieten fütt>, 23erhanblungen, von bereit 3nr)alt bte vorhanbenen Duellen
fd)roetgen, 9Bert)anb fangen ferner, bie über bte 3ett ber (Erhebung SanfranfS
jum Metropoliten, ja t>öd>ft roatjrfch einlief auch über bie 2lbfe$ung be$
(§r§btfd)ofö (Sttganb hinaufreichen. 3m Spätherbft 1070 erläßt jtönig
2Büf)eIm ein ©efe£, weichet beftimmt, baß ber Dörfer (Stuhl tymfort ber
Metropole ßanterbun; unterworfen fein, bennod) aber gerotffe erjbifcböflicbe
fechte behalten folle, unb biefe S3eftimmung roirb nachher im Sefentltchen
burd) bte SSefdjlüffe ber 9tetd)3fr;nobe von £)ftern 1072 toiebcrholt.
2) a bte Regelung ber 33erl)ä(tntffe, welche bte rechtliche «Stellung aller
größeren $ird)enanftalteu, namentlich ber Metropolen, betreffen, ber ©e*
rtd)t3barfett be$ heiligen Stul)le6 unterliegt, unb ba ferner ber Normanne
2Bilf)elm ftetä unb überall baS Olecht beö ^abfteö anerfannt hat, fo folgt,
baß ber Äönig von (Snglanb, ehe er jene$ ®efe£ erließ, ftd) ber päbftltchen
3uftimntung verftebert l)atte , mit anbern Sorten, baß vor bem £erbfte
1070 eine Uebcretnfunft mit 9fcom abgefchloffen roorben roar, Welche ben
^önig ermächtigte, fo pt hanbeln, wie er ^anbefte. X>emt roäre bieß niebt
ber gall geroefen, fo hätte ftd) ber itöntg von (£nglanb ber @efar)r au$*
gefegt, baß möglicher Seife nad)l)er feine 2lnorbnung burch einen entgegen*
gefegten (Spruch beö (Statthalters *ßetrt umgeftoßen werben fonnte: eine
3)emütl)igung, roelcbe fein Mann von &)rt, am altervoenigften ein fo hoch*
verftänbtgeS ^attpt, rote ber Normanne Wilhelm, mutwillig h^rauöforbert.
3) iefelbe $orau0fe£ung roirb zweitens burch baö Verfahren beS päbft*
liehen Legaten, (Srmenfrteb von (Sitten, gerechtfertigt. $acr)bem $öntg
Wilhelm an ^3ftngften 1070 feinen Kapellan Salchelin jum SBtfchofe von
Sinchefter unb ben ^Domherrn %fyoma$ lxm <5rgbxfct)ofe von g)orf ernannt
hat, ertheilt (Srmenfrteb fofort bem (Srfteren bte Setr)e, bem Slnbern ba*
gegen ertheilt er fte nicht. Sarum unterließ er e$? Offenbar roeil er bem
Slbte von (Saett, ber bamalö par noch nicht $um Metropoliten ernannt
roar, aber mit bem ftcherltch ber ^önig bereite in Uttterhanblttng ftanb,
nid)t vorgreifen wollte. (Srmenfrteb hat alfo wefentltcr) mitgewirft, baß ber
fünftige Metropolit von Santerbun; bem g)orfer ein ©elöbniß ber Sreue
abnehmen fonnte. golgltcb entfprach e$ fetner 5lb|td)t, baß baS ©rjfttft
2)orf ber Metropole ßanterburr; untergeorbnet werbe. 9cun fage ich, nie
93ievte3 %uä). &ap. 22. Reform bcö angclfäd)ftfd;en SUlonfyÜjumä u. 93tgtt)umö. 455
würbe (Ermenfrteb bie £anb $u Dem, was einige S&ochen fpäter Sanfranf
tf)at, geboten haben, wenn er nicbt gewußt hätte, baß bte (Erhebung beS
AbtS »on (Eaen, fowte baS tton tf)m eingeleitete $erhältniß jroifc^en 2)orf
unb (Eanterburty , feinem ©ebieter, bem ^abfte, genehm fet;. Stein recht*
fcfyaffener ©efanbter, am wenigften ein Segat, ber fo großes Vertrauen
im Sateran genoß, rote (Ermcnfrteb tton Sitten, hanbelt gegen ben Sitten
feines Auftraggebers, golglid) ift Har, baß vor *Pftngften 1070 ber *ßabfr
unb ber jtöntg von (Englanb über bte wefentlicben SBefttmmungen beS
SBefehleS, ben 2Bill)elm im Spätherbft 1070 ausgeben lief, überemge*
fommen waren.
Der Abfcbluß beS betreffenben Vertrags reicht aber weiter über bte
Dfterftynobe von 1070 hinaus, welche baS Urtl)etl ber Abfe£ung über
Stiganb »erhängte. Äöntg 3Btlr)elm fonnte unb burfte ben Primaten (Eng*
lanbS nicht of)ne 3ufttmmung ^ ^pcibftcö abfegen. Demnach muß man
fcfjlteßen, baß Sßtlfyelm vorher, alfo »or jOftern 1070, bte Genehmigung
beS Statthalter^ ^3etrt eingeholt fyattt. Die Abfe^ung SttganbS hängt
ferner fo genau mit ber grage ber 2ßteberbefe£ung beS erlebigten Stuhls
unb ber Regelung beS fünfttgen 93erhättmffcS §wifcben g)orf unb (Eanter*
bun; jufammen, baß notfywenbig anzunehmen ift, bte bret fünfte ferjen
nicht »ereinjelt, fonbern §u gleicher Seit bereinigt worben.
Daß bem fo war, ergibt ftcf; überbieß auS ben eigenen Sßorten ber
Legaten. AIS (Ermenfrteb jene Stynobe in ber ^ormanbte fydt, auf welcher
er bte (Erhebung beS AbtS von (Eaen betrieb, erflärte er bemfelben runb
heraus, eS fei atterbingS beS *pabfteS 2£ttte, baß Sanfranf annehme. 3)ie
fragliche Stynobe fällt, wie ich früher jetgte, in bte 3«t Jtotfchen Dftem
unb *pfingften. 2Bahrfcheinlich ift, baß (Ermenfrteb bte (Ermächtigung, bem
Abte baS &u eröffnen, was er ihm mitteilte, münbltch vom *ßabfie erhalten
hatte. Da er nun an £)ftem 1070 ftch laut bem 3eugniffe beS glorentiuS
bereits in (Englanb befanb, muß ber ihm münbltch mitgeteilte 2Öunfch
beS ^abfteS, Sanfranf auf ben 9J?etropolttanftur)l von jtent erhoben $u
fehen, einige Monate vor Dftern 1070 hinaufgerücft werben. Allein auch
bann, wenn (Ermenfrteb — was ich nicht glaube — erft währenb ber
engltfctjen Negation unb auf fdr)rtftltcf>cm SBege, ober burcb 33oten, ben frag*
lieben Auftrag beS fyil ^aterS erhalten fyabtn follte, würbe bennoer) feft
ftehen, baß ber ^ßabft um £)ftern bereits einen feften (Entfchluß bezüglich
ber (Erhebung £anfranfS gefaßt t)atte. Denn bie (Entfernung §wtfcr)en $om
unb (Englanb tft fo groß, baß ein 23ote immer geraume Sät beburfte, um
von einem £)rt §um anbern §u gelangen.
Die Zt)atfacv)en, bie wir eben auf Umwegen aber mit genügenber
Sicherheit ermittelten, ftnb von t)ot)em Gerthe: fte berechtigen 511 ber 93e*
hauptung, baß bie oben erzählten Afte, bie Unterrebung, welche ßanfranf
456
SJJo&fl ©rcgoriuö VIT. unb fein £tita\kx.
mit Xljomaö pflog, ber @rfaf beö Röntge »orn £erbfte 1070, bie Streit*
rcben ber betten ($rjbi[d)öfe in 9fa>m, bie 9ftecr)t$au8einanberfe&ung, welche
£anfranf an ben tyabft überfd)ttfte, ettbltd) bie (Satzungen ber £>fterft;nobe »Ott
1072 nichts al3 Sdiattm waren, baju fceftimmt, etwa$ längft §voifc^en jwei
Mächtigen, bem ^ßabfte unb bem Könige, insgeheim Befd)loffene$ in bte
Deffentltdjfeit einzuführen. Ü)te t)tftorifa}en ©tünbe, aus weldjen Sanfranf
bte Uuterorbnung gorf fdjeiubar »or bem *ßabfte, in ber £f)at aber t>or ber
öffentlichen Meinung (Snglanbö erWeifen will, haben nichts entfd)teben, fte
ftnb guten Xfyiiü nicht einmal war)r.
$abft ©regortuS I. fchrteb ') um 600 an Slugufttn, ben Befefjrer
(SnglanbS: ,,id) will, baß bu in 5)orf einen Metropoliten etnfefceft, ber
12 33ifcf)öfe für ben Horben Britanniens weisen mag, boch foll btefer
Metropolit unter btr ftef)en." Allein ©regorS I. Befef)t ift nicht »oll§ogen,
nodt) als ©efe£ »erfünbtgt worben.
Sed)S§ig 3al)re fpäter brad) 2) jwtfchen Sötlfrib, ber jum (Srjbtfchofe
»on g)orf beftimmt war unb jn>tfc3r)en bem Metropoliten $f)e°D°r »on (San*
terburty, ber feinen felbftftänbtgen ©ettoffen neben fid) bulben wollte, ein
langjähriger (Streit aus, in golge beffen SBtlfrteb unterlag. (Srft 735
würbe $orf §ur wirflichcn Metropole erhoben. 3) Db bie bortigen (Sr^
btfcfiöfe 5lnfangS bem Primaten §u (£auterburt> eine gewtffe ^ulbigung
letfteten, wage td) nicht §u entfeheiben, jebenfallS ift gewiß, baß im 11. 3af)r;
huttbert bie Metropoliten tton g)orf gleiche fechte genoffen, wie bie tton
Mmt. Namentlich war Stlbreb im »ollen Sinne beS 2ßortS Metropolit.
Unabhängig t>on bem *ßrima$ $u (Santerburty, ha* cr fttäßfy Roheit über
baS nörbltche ßnglanb geübt, ha* ^ Bistümer 2Borcefter, Sichftelb unb
Lincoln §u feinem (Si^fprengel gebogen, er hat enbltcb all' bteß mit ©e*
uehmigung beS *ßabfteS NicolauS II. getl)an, ber ja bte Erhebung be£*
felben betätigte.4) 2)ie falfa)e £age, in welche (Stiganb htnemgerathen war,
bewirfte fogar, baß 5llbreb feinen 2lmtögenoffen an Slnfeben weit übertraf.
Ü)rei Könige GhtglanbS — auch 2Btli)elm ber (gröberer — ftnb bureb ihn
gefrönt worben.
©ewiffermaßen — obwohl nur tterberft — gefteljt Sanfranf felbft ein,
baß bie BeweiSfraft ber |iftotifc^en 3eugniffe, mit welchen er bie unter*
georbnete (Stellung 3)orfS barthun will, mangelhaft fei. ©eine Behauptung,
bte (Sinäfcherung feiner Metropole burch bte 3)änen trage (Sct)ulb baran, baß
er weitere Belege für baS Borrecht ßanterburfy'S nicht haDe »orbringen
fönnett, ift eine 5luSrebe, welche Verlegenheit eingab, unb tterrätf) jugtetch,
baß ber (Steg SanfranfS über £homa# nic^t auf tyiftorifchem 9iecht, fonbem
l) ©fiorer, Mixtf). @efö- II, 1075. 2) Ibid. III, 436 flg. 3) Ibid. <S. 443.
4) §ie^e oben <S. 332.
SterteS 93ucr). ®ap. 22. Reform beö angelfdcrjftfcfjen aWond)rt)urn<s u. 93igtr;um3. 457
auf einem Sttadjtfprudje beruhte. 2£o Unvartfjeilichfeit ju ©ericbt ft£t,
barf man auf fola)e ©rünbe ftd) nicht berufen. 93?od)ten in bem SBranbe
von 1011 noch fo viele Urfunben $erftört roorben fein, e6 gab tu ben
Schreinen beö rönüfc^en 2lrd)tv$ 5tbfa)nften ber nach (Santerburty erlaffenen
väbftltchen Fullen, e£ gab netter §u §)orf Urfd)riftcn, aus benen ftcb mit
Sicherheit ermitteln ließ, welche Stellung frühere ^äbfte ben Dörfer @rj*
bifa^öfen gegenüber ber Metropole von (£anterbun; jugeroiefen Ratten.
(Snbltd) obgletcr) ittfnig SEtl^elm unb, feinem Hillen fta) beugenb, bie
$etcb$tynobe von £)ftern 1072 im £one beö ©ebieterS gegen S)orf cnt*
fd)teb, fanb er bennoch gerattert, bem gebemütlngten @r$ftuhle geroiffe er^
bifcbüfücrie fechte über ben Suffragan von 3)url)am unb ein fein* auSge*
bel)itte6 ©ebiet ju belaffen, ja fogar fünftige 2Biebererringung !ira)ltd)er
Selbftftänbigfeit in 2lu3ftd)t §u [teilen, Nimmermehr roürbe er bieß getrau
haben, roäre nicht §)orf längere ^tit roirfliche Metropole geroefen. 2Biber?
ftrebenb mußte 2Btlt)eIm baS ^iftorifcbe 9iec^t achten.
Sofort brängt ftch bie grage auf, roer roar eS, von bem ber erfte
Zutrieb &ur CDemüthigung g)orf$ ausging unb auS voeld)en ©rünben würbe
bie Maßregel befa)loffen? 23e§üglich beS erfteren ^unfteö fann man nur
au bret ^erfonen beulen: an ben jlöntg, ober an ben $abft, ober enblid)
an ben 3lbt von (£aen. 3a) fage nun: SBtlfyelm ber Normanne ift eS
toefen, ber ben $lan guerft entroarf, unb ftüjje meine SBeljauotung auf
folgenbe ^ljatfaa)en.
2Öie oben gezeigt roorben, Jjatte ftet) ber ^önig mit bem ^ßabfte fchon
vor Dftern 1070 über 3)a£, tt>a$ von ber erfreu Stynobe §u 2Bincr;efter bis
jur feiten im grü^ling 1072 gehaltenen vorging, verftänbigt, gleid)rool;l
roarb bie Sache fo eingefäbelt, baß Sanfranf bie insgeheim gefaßten 53efa}lüffe
juerft öffentlich §ur Sprache bringen unb ben Schein annehmen mußte, als
fei ber Schlag roiber g)orf von ibm ausgebrütet roorben, unb rote nachher
Sornas bei £ofe jllage über bie ßumuthungen beS ©egnerS führte, ge;
bärbete fidt) ber Söaftarb gar, als fyatte er gute Suft, ben Dörfer gegen an*
geblidie Ueberliftuug von Seiten SanfranfS §u fehlen. 5)a$ ftnb §ant>*
greiflia) Spiegelfechtereien, roelcr)e ben 3^ecf Raiten, bie föniglia)c Urheber*
fchaft vor ber Seit ju verbeefen unb baS ©ehäfftge ber Neuerung auf bie
Schultern eines Slnbem, beS neuen SttetroVotiten, abjuroäl^en.
2ßar aber baS fragliche ©eroebe beS Königs 2Öerf, fo ift mit ^ol)er
Sahrfcheinlid)feit anzunehmen, baß volitifche ^riebfebem ihn geleitet fyaUn.
Unter bem englifcben (SleruS l;at fta) in biefer ^inftcht eine Ueberlieferung
erhalten, roelche um 1380 ber $)omimfaner ^homa^ ^tubS in feiner ©e*
fliehte ber (§r§bifchöfe von g)orf auSfvricht. 2)erfelbe fagt,1) bie 2)emü*
x) Sro^ben @. 1706 SWitte.
458
<ßabjl ©regoriuö VII. unb fein ßtitalkx.
tl^tßintQ g)orfö fei auö ©rünbcn bcS StaatSwohleS befchloffen worben, weil,
wenn jwei Metropolen in (Englanb aufrecht biteben, ber norbtfehe (Erjftubl
leicbt von ben gefabelt ber normamüf^en £errfchaft hätte als Serfjeug
betrügt werben fönnen, um gefährliche ^artheiungen ju erregen.
liefern Sa£ ift ber Sahrhett Siegel aufgebrüeft. Nortt)umbrien um*
fchloß, wie wir wtffen, eine Maffe bem Könige 2£tlhelm abgeneigter
(Elemente. 3)te fd)ltmmften (Empörungen gingen von bort aus, überbteß faßen
unfern ben ©rangen biefer Sanbfa)aft SchottlanbS Röntge, bte unaufhörlich
gegen Wilhelm unb fein ©efcblecht Minen trieben. Sieg 2ßtll)elm ben g)orfer
(Erjftuhl ungefchmälert fortbeftehen, fo fefcte er fta) unb fein Netch ber ©e*
fahr aus, baß bte northumbrtfehen (Erjbifchöfe, aufgeftachelt burch bte natür*
liehe, faft unausweichliche (Etferfucht gegen ben glücklicheren unb machtigeren
Nebenbuhler ju (Eanterbun?, in baS Ne£ ber getnbe beS Staates fallen
mochten. 9Ufo gebot bie Klugheit, g)orf ab§ugipfeln. Stile NegierungSafte
beS glorreichen Normannen athmen ein felteneS Maß von Scharfftnn.
Man weiß, baß bie *ßäbfte ftetö ben @runbfa£ befolgten, nicht ju
bulben, baß größere cbriftliche deiche nur eine fachliche Metropole §abtnf
fonbern fte brangen auf (Errichtung mehrerer, bamit nicht etwa ber etnjtge
Metropolite, herleitet bura) baS Uebermaß von Macht, ftch jum Patriarchen
aufwerfe. Sicherung ber 3ufutrft eines mächtigen unb eblen VolfS ift
allerbtngS eine Nücfficht, Welche meines (Erachtend einen gewiffenhaften
*ßabft ermächtigen mag, bte Schärfe allgemeiner Regeln §u mtlbern. 5Jle*
xanber IL brachte jenen ©runbfafi bem StaatSwol)le (EnglanbS jum £>pfer,
aber er verwahrte jugleia) feine Stürbe auf zweifache 2ßeife, erftlich inbem
er ben Äönig veranlagte, bis §u einem gewiffen ©rabe baS Necht §)orfS
ju fchonen, benn bie 5lnerfennung ber erjbifchöf liehen Söefugniffe, welche
SMhelm bem gebemüthigten g)or!er Stuhl beließ, ift ihm meinet (Erachtend
burch ben ^ßabft aufgenöthigt worben; §wettenS inbem er erflärte, ber
Streit §tt)ifchen Sanfranf unb Zfycmtö fönne nicht in Nom, fonbern nur
in (Englanb entfehteben werben. 2)tefe (Erklärung In^ß fo viel alS: bie
Urteilsfähigen follen wtffen, baß bie Demütigung beS Dörfer (Er^ftifteS
nid)t auö ©rünben beS Ätrct/enrechtS angeorbnet, fonbern aus Nücffichten
politifcber Nüfjltchfett bewilligt worben ift, unb baß (EnglanbS Könige unb
S3ifa)öfe bie Sßerantwortltchfett ber ganzen Sache §u tragen h^en.
Vielleicht wirften außer ber Sorge für .baS politifche Sohl (EnglanbS
auch noch (Erwägungen anberer 5lrt auf $abft 5lleranber ein, als er ben
Einträgen 2Bill)elmS golge gab. 3ene geheime Uebereinfunft jwifchen ber
Jerone (Englanb unb bem Stuhle ^etri, als bereit SluSfluß ber Schlag
wiber §)orf betrachtet werben muß, verfdjaffte bem Metropoliten Sanfranf
unb feinen Nachfolgern gegenüber bem throne eine gütle von Mad)t, ber*
gleichen feine Vorgänger nie befeffen hatten. Nach bem gewöhnlichen Saufe
SterteS 93ud). (5a£. 22. Reform bcö angelfdc^fifc^en SWön^ttjumS u. ©tettjumg. 459
ber CDinge ließ ftct) bar)er erwarten, baß (EnglanbS Röntge über furj ober
lang e$ verfucben würben, bte it)re (Stferfucfct crregenbe 5D?acr)t von Gtanter*
burty ju ftujen. SÖenn nun jwet febftftänbige Metropolen fortbeftanben,
fonnten ftcf) bte Röntge ben oorauögefe^ten Äampf babura) erleichtern, baß
fte ftcf> mit ber einen gegen bte anbere (mit 2)orf gegen ßanterburr/) Oer*
banben. Darum gebot ba$ 2Bor;l ber Äirct)e, ben Nebenbuhler ju ent*
fernen, bamit niebt bte SÖiberftanböfraft von ßanterbun; buref) Stellung,
gefchroäcbt werbe. Der fragliche galt tft im Saufe be$ 12. 3af)rtnmbert3
wirflict) eingetreten. 2ßaö ^einrieb II. $lantagenet gegen ben Metropo*
liten %\)o\na$ SBecfet unternahm, war nickte mel)r unb ntd)tö Weniger,
alä ein 93erfucr), bte von Sanfranf eingeführte ©regorianifche Kirchen*
verfaffung (Englanbg ju fiürjen. SBäre nun Heinrich II. im Staube ge*
wefen, einen gleichberechtigten Dörfer Metropoliten im Kampfe gegen
^h^maö 53ecfet vorantrieben, fo würbe wohl Verlauf unb 2lu£gang be$
(Streits ein anberer gewefen fein.
Dem fei wie ihm* wolle: gewiß ift, baß bte Maßregel gegen g)orf
unb bie verborgene Duelle berfelben, jener geheime Vertrag, ben Metro*
politen Sanfranf §u einer §öhe von Macht erhoben unb zugleich bem
romiicben (£tur)l einen ©rab beö (StnfXuffeö auf (Snglanb erworben hat,
wie 53eibeö früher nie erhört worben war. Dtefer boppelten (Erweiterung
erjbtfchöflicher unb päbftltcr)er 23efugntß muß §unäcr)ft unfere Slufmerffamfeit
jugewenbet werben.
Unmittelbar nachbem glorentiuS er§är)lt fyat, wie ber ßrjbifcbof %boma$
aus SanfranfS Rauben bte 2Betr)e empfing, welche zugleich bie Demütigung
be$ northumbrifchen (Sr§ftuhl3 in ftd) febloß, berichtet er in ber früher be*
febrtebenen SÖSeife ben 5luögang be$ jwtfchen Sßulfftan von 2Borcefter unb
bem neuen Dörfer <5r§bifdr)ofe obfehwebenben (Streits, ©enauere Nachrichten
gibt 2Btlhelm von MalmeSburty , welker melbet : ') „burch bte ©nabe be$
Königs 2ötlf)elm erhielt SBtfc£?of QBuIfftan S3eft|ungen, welche trotte bämfche
©ewaltthat, trotte bte Ungerechttgfett be$ (Sr§bifchof$ Sllbreb bem (Stufyle
von 2Borcefter entrtffen hatte, §urücf. 3\i §)orf war auf Sllbreb %\)oma$,
ehemaliger Domherr von SBateux, gefolgt, ©egen btefen ftellte 2Bulfftan
eine Älage auf 3urücfgabe ber feiner ^irebe endogenen ©üter an. Allein
Xfyomtö weigerte ftdj ntd)t bloS, btefelben abzutreten, fonbem er fpract) aua)
noch bie ftrd)ltche §ol)ett über ben (Sprengel von 2ßorcefter an, tnbem er
behauptete, baß feine Vorfahren auf bem (Stuhle von §)orf letzteres Necht
erworben hätten. Mit allem Naehbrucf betrieb %fyoma$ bte 6act)e erft in
(Snglanb, fpäter auch §u Nom beim ^abfte 5l(eranber II. in 5lnwefenl)ett
be$ Metropoliten £anfranf von ßanterbun;. Sanfranf nahm jtcr) beS
') Vita Wulfstani H, 1. bei Wharton Aaglia sacra II, 255 flg.
460
^afcfl ©regoriuS VII. unb fein 3ettaltet.
93tfcr;of$ an, ba aber ber Cßabft Weber ben einen noct) ben anbern (Srj*
Mfa>f beleibigen sollte, fcerttfel er bie (Sntfcfyetbung an ein engltfcr;e$
Sonett, ba$ §u ^ebrtba 0 jufammentrat. 23etbe Sfyetle erfctjtenen bafelbft.
Auf ber ©ette be$ Xljomaü ftanben 23ifa)of £)bo »on SBateur, @raf »on
$ent nnb ^albbruber beö Königs, ein überaus reicher nnb mächtiger
£err, fowte »tele ®roße be$ 9tod)3, bura) @elb gewonnen. £>te ©aa)e
2Bulfftan3 nnb ber ©erectjttgfett »ertrat außer tl)m felbft nur ber Metropolit
Sanfranf. £)ennoa) ftegte ber 33tfcf)of »on SBorcefter. Äöntg 2Öilf)elm
fällte neuntta) baS Urteil: g)orf f)abe feine Anfprücfye auf ben Sprengel
»on SBorcefter, fonbern berfelbe gehöre bem Metropolitanoerbanb »on Jtent
an. 3wetten$ SfyomaS fei fa)ulbig, §tx>5If 2anbgüter, welche Albreb bem
(Stuhle »on SBorcefter entzogen unb biö an3 (Snbe feiltet Sebent betbe*
galten l)atte, f)erau3§ugebcn. drittens übertrug ber $öntg bem 2Mfa)ofe »on
SBorcefter aua) noa) baS 9fea)t ber Aufftcrjt über ben benachbarten ©Grengel
»on @l)efter."
2Bte wir wtffen, gefebaf) e$ an £)ftem 1071, baß Stomas unb £an*
franf fta) §u 9fom im Lateran trafen. $)a ber Dörfer bamaB feinen
©egner SCBulfftan beim *ßabfte »erflagte, folgt, baß bte @trettfaa)e im
grüfyltng 1071 noa) fcfywebte. 5Me Stmobe, an welche Aleranber II. ben
£anbet »erwtefen fyatte, fann bar)er nta)t früher alö tn ber ^wetten £ftlfte
beö genannten 3afyre$, ober was noa) wafyrfa)etnlid)er, im folgenben 3a^re
— 1072 — §ufammengetreten fein. 3m @runbe war bte «klage Sulf*
ftanö gegen £l)oma$ nur ein Anfyängfel beS großen §wtfa)en ben betben
(Srjftüfjlen g)orf unb (Santerbun) aufgebrochenen Streits, unb bte ($ntfd)etbung
beö lederen fcfyloß ben Aufgang ber erfteren in ftcf>. £)ennoa) ift bte
@rjäl)lung 2Btlr)elm$ »on 9Mme3burt) wtdjttg, weil fte bte große 5Q?aa)t,
welche Sanfranf erlangt hatte, in hellet Sicht [teilt.
^rontft glorenttuö fprtcht nur tm Allgemeinen »on JjoJjen ©önnern,
welche für $r)oma$ tr)r Anfet)en einfetten. 2)urd) ben Wind) »on WlaU
mefbun; bagegen erfahren wir, baß £)bo »on SBatcur unb »tele anbere
©roße e$ waren, welche auf (Seiten be$ g)orfer£ ftanben. Alle btefe
Herren, bte »ornef)mften be$ Geichs, mußten »or Scmfranf weichen. 3"i
Uebrtgen gibt ber SBtograpl) beS Metropoliten »on ßanterburty Auffchluß
barüber, weßr)alb Dbo »on S3ateur für %i)oma$ gegen Sanfranf $art^et
ergriffen fyaben mag. ©r fagt:2) „£)bo war ©raf »on Äent §ur 3ctt, ba
^anfranl jum (Sr^btftljum gelangte, berfelbe bebrüefte bte ^Bewol)ner ber
Sanbfcbaft im 5lllgcmetnen, infbefonbere aber bte ^interfaßen beö @r§ftut)lö
mit fd)Weren Abgaben. 3»^ 5lngefta)t wtberfe^te fta) il)m Sanfranf unb
*) JDcnfelbcn Flamen gibt aud^ Florentius: Flores hist. @. 637 gegen o6en.
2) Vita Lanfranci cap. 9. 51. a. O. SßotßücE @. 10, b.
Viertes 23udj. (Scty. 22. Stefotm beö angclfdc^fif^cn SJloncfytfiumS u. 33iön)umS. 461
brachte burd) ein 3eugenverr)ör alter gefefcfunbtger Slngeffadbfen ju 2Bege,
baß ba$ Sanb feine gretfyett wfeber erlangte, unb baß £)bo auf bie böfen
Saften »erstatten mußte, welche er ben £tnterfaffen beS (Srjftuljlö juge^
mutzet fyatte."
©leid) l)tnter ben (Streit äWtfajen Stomas unb SBulfftan reir>t glo*
renttuS, 6 3af)re überfpriugenb, ben 93erid)t über Hebung ber betben
Möncfye Slrnuft unb ©unbulf auf ben @tttr;l von $od>efter. 2lud) rjter
fann bie 5lu3fage be$ (Sfyrontften burcl) 3eugntffe anberer <Scr)rtftftelIer er*
gän&t werben. Der 23iograpl) SanfranfS gibt1) ju verfielen, baß ber ge*
nannte Metropolit felbft e6 geroefnt fei, ber bte beiben Mönche, roeld)e
früher, ba er nod) als CReftor ber ©cfyule |U 23ec roetlte, feinen UnterrtaM
genoffen Ratten, jum 23t3tl)um *Rocr)efter beförberte. Seiter melbet2) ein
fonft unbefannter aber gleichzeitiger Möwb, ber ba$ £eben ©uubulfs be*
fdjrieb, golgenbeS: „voäfyrenb Sanfranf auf bem Metropolttanftufyle von
$ent faß, roarb ba6 93t6trjum 9^ocr)efter burdj jroei Sobeefälle hinter
etnanber verroatet, juerft ftarb Stroarb, bann fein 9ladt)folger 5lrnuft unb
jroar Sejjterer, nact)bem er bte btfct)öfltdje Sürbe faum ein fyalbeö 3ar)r
bef leibet fyatte. 23eibe, ©troarb unb $lrnuft, roaren früher Möndje geroefen."
„2)a nun Metropolit Sanfranf" e$ für roünfd)enSroertr) r)felt, baß aueb
ber brüte 9?ad)folger bem gleiten Stanbe angehöre, richtete er feine 5lugen
auf ben Möncr) ©unbulf, einen Mann von erprobter 9iecr;tfcr)affenr)ett. @o*
fort f)telt -er Ofatf) mit einigen roeifen Männern unb roätjlte tr)n $um
fdr)of , bann fcfytcfte er eine 33otfd)aft an ben itöntg, t>e£ 3nbalt3, baß e$
2ßtlf)elm gefallen möge, bie getroffene 2Bar)t ju genehmigen. Mit greuben
gab ber Äö'ntg feine 3ufrtmmung. 5116 nun Sanfranf bie Urfunbe in
^änben fyatte, verfammelte er ben ßleruS unb bte angefel)ettften (Sinrooluter
von 9tocr)efter unb eröffnete benfelben feinen unb beS Königs ^Bitten, ©erne
erflärten ftcf; bie 93erfammelten bereit, ©unbulf at3 33tfcbof anjuerfennen.
Drauf ben 21. Mär$ beö 3ar)re3 ber Menfcbroerbung 3efu grifft 1077,
ber normannifetjen Eroberung aber im 1 Iten roarb ©unbulf in ber Domftrcr)e
ju (Santerburr; eingeweiht."
Dbgleia) bte ©infe^ung 2lrnofte erft 1076 unb bie ©unbulfö erft
1077 erfolgt ift, vermute id), baß ber (£r)ronift glorenttuS abftd)tltcr; btefeS
ßretgniß mit ber 2Beir)e beg (§r§btfcf)of3 £r)omaö unb ber (Sntfdjeibung be$
«Streite §roifc^en if)m unb Sulfftan von 2Borcefter unter bem 3af)re 1070
jufammengefteEt hat, nämlich um anjubeuten, baß bie brei Slfte l)elle0
Sta)t über bte «Stellung beä neuen $rimaö verbretten unb barum alö ein
engverbunbeneö @an§e6 aufgefaßt ju werben verbtenen.
') Ibid. cap. 7. <5. 9, b. unb cap. 13. <§. 14r b. 2) Opp. Lanfranci, 35otfiä(f
<&. 40, a.
462
$abfl ©regoriuö VII. unb fein 3ettalfer.
Noch bclehrenber alSSllleS, roaS ta) bisher anführte, ift eine Urfunbe
auS beS -üDfetrotooliten eigener £anb, nämlich baS Senbfcbreiben,1) baS
Sanfranf, betreffenb bie S3t[cf)öfe von 2ichftelb unb ©fiireborne, um 1072 an
$abji 2Ueranber IL erließ, 3)er roefentliche 3nf)alt beffelben lautet fo:
„bie Dringltct)feit ber Umftäube beftimmt mich, nicht fo lange §u warten,
bis eure früheren Legaten, bie icf) neulich an (Sud) abgefaßten fyabe, jurücf*
fommen werben (fonbern mich unmittelbar an $etrt 6tur)l §u wenben).
23ifchof §ertman (von ©r)treborn), einer meiner 6uffragane, ber fdjon in
ben Sagen eures Vorgängers £eo IX. einmal, fein SBtStfmm verlaffenb, in
ein Softer ftct) $urüa>g, ift entfchloffen, bieg abermal §u tf)Utt unb würbe
Wof)l bereits — wäre ich ihm nicht mit Slubrofmng von Strafen entgegen*
getreten — feinen §trtenftab bem Röntge überliefert baben, ober gar ohne
Weiteres in ein Softer geflogen fein. 3n früheren &\tm, währenb ber
3af)re männlicher Äraft, fyat er ftch burch ^enntmffe unb £l)ätigfeit auS>
gewidmet, aucb ben ^trtenftab würbtg geführt, aber jefct burch ©reifenalter
unb iMnfltchfeit niebergebeugt, vermag er bie Saft beS 2lmtS faum mer)r
51t tragen. (Sure ,£>etltgfett möge fetneSwegS vermuten, baß eS etwa er*
littene S3eletbigungen ober Ungnabe beim $ömg feien, was Hertmann ju
bem raffen (Sntfchluffe beftimmt t)at; vielmehr r)abe tct) auS ber deichte,
bie er mir ablegte, fowie auS ben geheimen Unterrebungen, bie ich mit
ir)m vflog, bie Ueber§eugung gefchövft, baß einzig ber 2Öunfa), ftcf) auf
feinen nahen $ob in cbriftlich er Seife vorzubereiten, tl)n leitet. 3a) erfuctje
nun (Sure avoftolifcbe ^errlichfett, mir fo balb als möglich 2lnwetfung
barüber $u erteilen, was ich in biefer unartigen 6aa)e anjuorbnen fyaht."
„(Sin §weiter galt liegt vor. £)er SBifcfyof von Stchftelb ift bei euren
Legaten wegen Unenthaltfamfett beS gleifc^eS unb anberer Vergehen ange*
flagt worben. (Srfterer $unft erfcbetnt errotefen, benn eine (Shefrau, mit
ber er off entliefe lebte, unb $tnber, bie er mit tl)r jeugte, (äffen feinen
3wetfel $u. (Sure Legaten l)aben bafjer ben Angenagten vor eine 6t;nobe
gelaben, aber er letftete feine golge, weßhalb benn befagte Legaten bie
(strafe beS Ätra)enbanttS über if)n verhängten unb, rote tct) tyoxt, bem
Könige Vollmacht erteilten, einen Nachfolger §u ernennen.2)
Neulich an £)ftem fam er $u £of, beftanb noch immer auf ber Seiger
rung, ftch vor einem geiftlichen ©ertchte ju ftellen, überantwortete bagegen
in 5lnroefenl)eit ber SBifchöfe unb ber gürften beS SaienftanbeS feinen «Stab
in bie ^anb beS Königs, inbem er freiwillig einen (Stb ablegte, baß er
für immer auf fein SBiStlnun vernichten unb bem Nachfolger feine SBeläftt*
*) Epistol. 2. opp. <§. 300, b. flg. 2) 2)cr Xtxt lautet: unde legati vestri
eum exeommunieaverunt , regique substituendi successoris, ut dicitur, licentiam con-
cesserunt.
SßierteS 93uc$. Gap. 22. Reform beS angelfäcfjftfcfjen SWoncfctyumg it. ©tgtyum«. 463
gung irgenb n>clcf)er $rt zufügen Werbe. 3)a id) felbft in englifchen 2ln*
gelegenf)eiten noch Deuting bin unb mich fanm beraten weiß, ^abe ich
eS für paffenb erachtet, fo lange Weber felbft einen Nachfolger für £icfcftelb
$u weisen, noch einem meiner ©uffragane Vollmacht jn (Srtheilung folcher
Sethe jn geben, bis id) eure Vorfchrtft unb 23efel)l in bicfer wichtigen
Angelegenheit erhalten haben werbe."
Ueber bie ftrdjenredbtltctyen ©runbgebanfen, bie in bem eben mttge*
feilten ©einreiben eingebüßt liegen, werbe id) mich fogleid) auSfprecben,
vorerft aber fei mir bie SBemerfung geftattet, baß meines (SracbtenS bie
33 ebenHia) feiten beS Metropoliten weniger gegen bie — in ber £r)at faum
zweifelhafte — ©tlttgfett ber 2lbbanfung beS 23ifcbofS oon Stcbftelb, als viel*
mef)r gegen baS SSerfafjrcn ber Legaten geTrtd)tet finb. Unter bem (Scheine,
bie Meinung beS $abftcS ein§ur)olen, oerflagt er bie ©efanbten, baß fte
etwas get^an, waS nach SanfranfS Ueberjeugung wm Rechtswegen nur
if)m felbft, bem Metropoliten von Kent unb Primaten von (Snglanb, w
ftanb, nämlich baß fte wiber ben 33ifcf>of von Sich ftelb Kirchenbann oerhängt
unb baß fte ben König ermächtigt hatten, einen Nachfolger beS ©ebannten
ju ernennen. 3Me Klammer ut dicitur l)at einen tiefen ©inn.
Nun §ur ^auptfacbe. ©eit bem 5lugenblicfe, ba Sanfranf ben (Srj*
ftuhl von ßanterbun; befteigt, treten in (Snglanb beutliche Spuren eines
neuen Kirchenrechts hervor. 2)te wichtigften 33efttmmungen beffelben finb:
ftirbt einer ber beiOen f>öl)eren englifchen Kirch enfürften, ber Metropolit von
ßanterburty ober ber (Srrsbifchof von g)orf, fo tritt baS (E'rsfapttel, beftehenb
aus ben angefehenften ©eiftlicfcien beS ©prengels, §ufammen unb nimmt
eine 2Öar)l vor.1) Nad) vollbrachtem 2lfte geigt baS Kapitel bem Könige
ben Namen beS (Gewählten an, unb erfua)t ihn, bemfelben bie Ernennung
§u erteilen. 3)ie fönigliche Ernennung ift nothwenbig jur ©ültigfeit einer
SSahl/2) bem Könige aber fteht baS Ned)t §u, biefe Ernennung §u verweis
gern ober ju gewähren. Verweigert er fte, fo geht bie ©ache nach Nom
unb ber König mag ftcb bann mit bem $abfte entWeber über bie 3uta\*
fung beS Gewählten, ober über Ernennung eines 5lnbem verftänbigen.
©ewäfjrt er fte, fo muß gleichwohl bie fönigliche Ernennung wie bie 2Öal)l
1) 91ften ber SBtndjefieret Djlerftynobe ttom Safjre 1072 : si archiepiscopus Cantua-
riensis vitam finierit, eboracensis archiepiscopus Doroberniam veniet , et eum, qui
electus fuerit — consecrabit. Quod si archiepiscopus eboracensis obierit, is qui
ei successurus eligitur, Cantuariam accedet. 93injiucf ber Söerfe Sanfranfö (S. 12, b.
2) Ibid. is qui successurus eligitur, aeeepto a rege archiepiscopatus dono Can-
tuariam accedet. JDann Florentius jum Safyre 1070.: die pentecostes rex apud Win-
desoram bajocensi canonico Thomae eboracensis ecclesiae archiepiscopatum dedit ; unb
toetter unten : die assumtionis sanetae Mariae rex Lanfrancum archiepiscopum constituit
cantuariensis ecclesiae.
464
$abfi ©regotiuS VII. unb fein Seitctltet.
bem $abfte jur 23eftättgung vorgelegt werben. Denn jum rotrfltcf;en (Srj*
bifdjofc wirb ein @eroäf)lter unb (Ernannter erft burdj bie 2Beir;e, bte @r*
Teilung ber 2Betfye aber ift vermöge ber ©runbfäfce, bie 2anfranf fel)r
beutlid) ist bem fetten ©abreiben an *ßabft Slteranber II. vorträgt, burd)
au6brüdlid)e (£rlaubniß ober (Sturotlligung beS Statthalters ^etrt bebingt.
■äfttt 9ffe$ung erlebtgter 93t3tr)ümer »erhielt eS ftcfy meinet (SracfytenS
etroaS anberS. 3a) ftnbe feine beutlid)e 6vur von 9ßar)(cn bloßer ©uf*
fraganbtfcbefe. Dagegen erhellt aus ber ©efebiebte be£ 9D?önd)S ©unbulf,
baß sJJietroVoltt Sanfranf ein $ecf;t beS 23orfcblagS übte. @r wählte ben
aus, roelcber ' tr)m vaffenb pr Söefleibung ber btfcböflidjen 2ßürbe erfaßten,
unb erführe bann ben kernig, ben gemachten Sßorfcfylag gut §u fyetßen.
übermal fonnte ber Äöntg bte (Ernennung verweigern ober gewähren. Sllletn
im einen tote im attbern gatte blieb bie oberfte 23eftättgung bem $abfte
vorbehalten; bentt bte 2ßorte beS ^weiten ©cfyretbenö laffett feine anbere
Deutung alö btefe ju. £atte ber $o'nig ben $orfd)tag angenommen, fo
mag in ber Siegel gefcfyefyen fein, roaS ber SMogratol) ©unbulfS erjäfylt,
namlicf) baß ber sD?etrovoltt bte üJlitglieber ber f)öf)eren ©eiftlicfyfett unb bte
angefertigten (Stnroofyner beS (Sprenget, für voelcben ber <Srtt>äf)fte beftimmt
war, jufammenbertef , tfynen feinen unb beS ÄöntgS Stilen funb tfyat, unb
fte vielleicht befragte, ob fte etwaö ©egrünbeteS gegen ben ©mannten ein*
juwenben Ratten ? Smmerfjin roar legerer 9lft nid)t viel mefyr afö eine
görmltcbfett, beim bei einer fo forgfälttg abgewogenen 2Baf)lform, wo brei
©eroalten, *ßabft, (Sr§btfcf;of unb $öntg, sufammenwtrften, ließ fta) faum
annehmen , baß ein rttd)tbar unroürbtger Bewerber burd^ubrtngen vermochte,
and) flößte ber ausgekrochene Sßtlle beö Königs unb beS (§r3btfct)ofö
folcrje (St)rfurct)t ein, baß (leerlief; Sfttemaub tn'S SBlaue fyinetn ju wtber*
fVrecben wagte.
3m Uebrtgen geftefye täj, feine 33eweiSftelle aufgefunben §u t)aben,
auS welcher hervorginge, baß £anfranf über einen von if)m bem Könige
gemachten $orfct;lag §ur SBefetjung eines erlebtgten 23iStf)umS erft noeb nacr)*
traglicr) bte SBeftättgung beS $abfteS eingeholt fycitte. ©ine befonbere @tn*
rtcfytung bewirf te, baß bieß in geroöfjnltd)en gälten überftüfftg roar. 6o
großes Vertrauen genoß ber (grjbtfcbof von (Santerburr; , baß ber ^atoft ifyn
$u feinem (Stellvertreter im *Äeicr)e @nglanb ernannt l)at. 4)
(Sin von Sanfrattf gemalter 93orfd)lag fcfyloß bafyer geroiffermaßen bte
üäbftltcfye ©enefymtgung in fta). S^oa) ift ju bemerfen, baß, laut ben oben2)
mitgeteilten Elften ber ($rroäl)lung 3oI)amtS §um (Sr§bifc^ofe von 9iouen,
in ber ^ormanbie bte nämlia)en fira)enred)tlta)en Siegeln galten, rote in
*) Vita Lanfranci cap. 7. @. 9 : Lanfrancus summus antistes et in ecclesiis
transmarinis vices apostolicas gerens. 2) <S. 446.
93ierteg 93udj>. Qtap. 22. Oteform bcö angelfä<$flfd&en 3Wöw$tf;umg u. 53igt^umö. 465
(Snglanb. Sie mögen bort fcr)on 1065 In golge ber 95err)anblungen ein*
geführt worben fein, bie vor bem 3«3^ nach (Snglanb jwifchen bem §er*
joge 2Bilr)elm unb bem päbftlichen §ofe ftattfanben.
Ü)em neuen $ird)enred)te (SnglanbS tft unvcrfenubar baö Siegel beö
^übebranbifdjen ©etfteö aufgebrürft. 2)affclbe muß beö ebengenannteu
(SarbinalS 2ßerf fet;u. 3uuä$fl fte^t man, baf ba$ ©regorianifdie ©Aftern
über bem Manal brüben ben Sieg errungen fy&tU, ef)e tu ^eutf erlaub bte
unfeltgen £änbel über bte 93elehnung ber 33ifd)öfe, gen>ö^nttc^ 3nveftitur*
ftreit genannt, jum völligen 2lu3brud)e gebieten, ©obann brängt fief) bte
QSermutfntng auf, baß für bte umfaffenben 3ugeftänbniffe, welche ber 9?or*
manne fraft 2lnnaf)me jeneö 9^ed)tö bem (Statthalter *ßetrt machte, if)m
von letzterer ©ette gleichfalls trgenb etwaö von SBcbeutung berotÜfgt wor*
ben fei. 2)a$ fyetßt: alter 2ßaX)rfdf?eiiiUc^fett nach ging ber (Einführung
be$ ©regoriantjehen StyftemS eine Ueberetnfunft, unb §war vermöge ber
©rünbe, bte id) fogletch entwirf ein werbe , eine geheime Ueberetnfunft voran,
fraft weld)er $etrt Stufyl unb (EnglanbS trotte ftcb gegenjeittg wichtige
JDtenftc jufagten. 2Bof)lan, wir (tnb oben mehrfach auf Sinnigen geheimer
33erl)anblungen geftoßen, welche fett Dftern 1070 jwtfchen 9?oin unb 2ßtn*
elfter fd)Webten. 9Ö?it btefen 93erf)anblungen hängt ohne grage obiger
©teg be$ gregortanifd)en StyftemS jufammen, unb wir lernen je|t vollenbö
bie 9fürffette beS ©efajäftS fennen. £)afür baß Slleranber II. bie alten
angelfächftfdn'tt SBtfcböfe, welche nie §uverläfftge Anhänger beö Normannen
geworben wären, fallen ließ, bafür zweitens baß ebenberfelbe bie $er*
j einigung e'nglifcher 93?etropolitangewalt in einer §anb, unb folglich bte £)e*
müthigung be$ g)orfer 6tuhle£, jugab, ^at Wilhelm alö ©egenletftung baS
neue $ird)enrecht angenommen.
steine 5lbfcbrift be$ fraglichen Vertrags tft vorhanben; Unb obwohl
bie neuen $ed)t$grunbfä$e, bie berfelbe fchuf, wie ich unten geigen werbe,
einer SfteichSfynobe vorgelegt unb von berfelben gebilligt worben ftnb , ftnbet
ftch feine 6tour, baß bte mit bem h- Stuhl gepflogenen Unterhanblungen,
ober ihre nächfte grucht, ber Vertrag, veröffentlicht worben wären, ©olcbe
ü)inge werben überall ber (Erörterung beS großen £aufen3 endogen. £)te
gewiffenhafte Beobachtung be3 Vertrags hing am (Enbe, wie in allen folcfcen
gällen, vom guten Spillen StlhelmS ab, unb was $om fetner Seite thun
fonnte, beftanb nur barin, ben ©ang ber 2)inge nach 9J?öglicbfett fo ju
lenfen, baß e$ bem 93orthetle beS Normannen entfyrach, mit bem h- Stut)l
in gutem Einvernehmen $u bleiben, unb baß Treubruch ihm ©efahr brohte.
Wilhelm h«t au$ eigenem eintriebe 2Bott gehalten, weil er ein recht*
fchaffener Sttann war. 2Baf>r tft, waS er in feinem Seftamente fagt:1)
*) Swtyeöne <S. 658, c. d. <Sief)e aud^ oben <&. 281.
©ftöter, ^Pabfl @«gotiu« m 33t>. in.
30
466
$abft ©regoviuö VII. unb fein 3eüalter.
„bte Siixfyt ©otte3, imfer 2lller Butter, fyabe icf) nie gefränft, fonbern
ftetS, je nad) ben SBerfyältntffen, mit innerer greubtgfctt geeljret. 9fie
fyabe id) getftltdje Remter »erfauft unb Simonie ftetö üerabfdt)eut nnb ferne
gehalten. 23et 2lu$waf)l ber $erfonen (für erlebigte 23t6tl)ümer nnb 2lb*
teten) fyabe ictj ftetS auf Sßerbtenft, Steinzeit be$ S&anbelS, SÖeiSfyeit nnb
Äenntniffe geflaut, unb fo fciel an mir war, bte Leitung ber Stirpe ben
SBürbtgften übertragen. 3eu9e ^«für bte (Srfyebung SanfranfS jum Sftetro*
Voltten von (Santerbun;, 3™ge ^ S5eförberung Shtfeün* §um 5lbte tton
23ec, unb fcteler anberer würbtger 9JMnner, bereu SRufym, rote tcb, glaube,
btö an bte äußerften ©rängen ber (Srbe ertönet." 9J?an fönnte baö Selbft*
befenntniß, wetd>e3 ber fterbenbe ^öntg ablegt, etnfaef) in ben Safj ju*
fammenfaffen: 2Btll)elm t)abe fiet$ bte $orfd)läge £anfranf6 befolgt unb
ba£ 9^edt)t ber SUxfyz geehrt.
Sdjon bte näd)ften 9?ad)folger beö Eroberers rüttelten an bem ©e*
bäube be$ 3al)re3 1070. 2)ie 2lrt, in ber bteß gefcfyal), wirft £td;t auf
bte (Stnfübrnng be$ ©regortanifcfyen StyftemS. SSMlrjelm von 9J?alme6burty
erjäblt:1) „§ur 2>ät, ba Slnfelm (£r$bifaiof »on (Santerburty war, erhielt
S^amalb, bisheriger ßavellan ber Königin von ^Britannien, ba3 23t3tf)um
^ereforb. IDerfelbe war in ber SGßeife, bie ber Äöntg bamalS jum ©efe$
erbeben wollte, nämlta) burd) 93eler)nung mit 9ftng unb Stab tton Seiten
beS Surften, eingefe^t. 5110 jebod) 9J?etroVolit Slnfelm btefeS Verfahren
mißbilligte unb fta) weigerte, ben 23tfa)of 9famalb, fowte aud) mehrere
Rubere, auf gleiche 5lrt @mgefe£te, ju weisen, erfannte Dtatualb, baß er
Unred)t getrau fyabe unb gab 9ftng unb Stab aus eigenem Antriebe an
ben Äöntg jurücf. £)afür »erbannte tfyn btefer »on £ofe. Allein tyäter
ging ber ^b'ntg in ftdt) unb geftatteie, baß fRatnalb bem $tra)engefe$e
gemäß §um 2Mfd>ofe gemacht werbe, unb nun erhielt berfelbe bie 2ßetl)e."
2)er $öntg, t>on bem rjter bte 9tebe tft, l)teß ^etnrid) I. unb war
ber brttte Solm beö Eroberers wn ©nglanb. 2)ie ^anblung aber fällt2)
in bte 3al)re 1102, 1103 unb 1107. £einrtd} I. von (Snglanb gebaute
bte von feinem 33ater 29SxIt)chn anerfannte *Red)töreget, baß bte 2lnnal)me
beS 23tStf)um3 bura) bte 2ßetl)e bebtngt fei, umjuftoßen unb an iljrer Statt
bie entgegengefe^te einzuführen, baß bte 33elef)mtng mit Sftng unb Stab
93ifa)öfe $euge. 2ßarum er fola)e6 vorhatte, tft flar. 3^ Salle ber §wette
Sa^ ftegte, fonnte ber Äöntg 2Ben er wollte auf fyolje ^trc^enftellen be^
förbern, er fonnte bte Bewerber auf alle il)m btenlicfte S3eb{ngnngen t>er*
Vflta^ten^ er fonnte, fo wie eö ber Salier ^einrta) IV. in 2)eutfa)lanb
machte, S3i6tf)ümer unb Abteien an bte 5Reiftbietenben serfaufen ober alö
^öber §u Anwerbung »on ©el)ülfen unbefa)ränfter ©ewaltl)errfa}aft miß*
*) <5a»ile <S. 287 o&en.
2) Flores hist. @. 651 tt. 653.
93terte$ 93udj. ®ap. 22. «Reform beö angelfädjfifdjen SJiöntfjtfjitme «. SBtetljumö. 467
bremsen. 53(te6 bagegen bie anbere $ed)t3regel aufrecht, fo verwanbelten
ftd) bie 23tfebb'fe ber verfd)iebenen Welche be3 2lbenblanbe$ in 3)a$, waö
ftc vermöge be3 ($vangeltum3 fem follen, tu lebenbige, vom ©eifte be6
$auvt3 erfüllte ©lieber ber allgemeinen Ätrd)engemeinfcriaft. 2)ie i^e^re
von ber 2Öetr)e ift unb war von jefyer ber x}rcße 2Jnfer beö $tlt$mfä\ft$,
unb bie welterfdnttternben (Streitfragen beö 11. nnb 12. 3ar)rt)unbert8
fyaben ftd) um ben ©egenfa£ ber betben Regeln gebrefjt.
9llfo ber 2lbfd)lu(j jener Ueberetnfunft ift ein ©erjetmnifj jwiferjen bem
^abfte, feinen Legaten, bem Sftetrovoltten von Santerburty, bem Könige
von (£nglanb unb bann benjenigen Vertrauten geblieben, benen bte eben
©enannten baö, Wa6 gefdjefyen, mftpttr)etlen für gut fanben. 5lnber3 ver*
fyielt e3 ftd) mit ben ©runbfäfjen, bie auö bem Vertrage floffen, fte fonn*
ten nid)t verborgen bleiben, fonbem mußten in ba6 tägliche Seben eingreifen,
wie wir beim befagte 2Btrfungen in ben amtltcben ©ebreiben £anfranf3,
in ben Elften beS (Sonette von 1072, in ben 23ertd)ten über @rf)ebung ein*
feiner 93tfd)öfe entbeeft f)aben. 9?od) in anberer §tnftd)t war Veröffent*
lid)ung eineö £f)eil0 £)effen, waS bie geheime Ueberetnfunft vorfebrteb, im*
vermetbltd\
ü)te Unabfyängtgfett, welche bem 23t6tf)um gegenüber ber jfrone be*
willigt worben, jog nou)wenbig wefentltd)e Umgeftaltungen beS bisherigen
Verl)ältniffe6 ber Ätrd)e m ben übrigen ©eroalten beS ©taatS nad) fteb.
93i3 m ben Seiten 2ötlf)elm$ f)atte ber weltliche Ottcbterftanb ©eiftltcbe
unb folebe 6ad)en, bie nad) fanonifebem 9tecf/te bifd)öflia)er ®eria)t6barfeit
unterlagen, vor bte ©raffd)aft3gcrtd)te gelabett. 3)a3 vertrug ftd) mit
jenem Vertrage ntd)t mefjr. ©tetd)Wol)l fonntc bte Slenberung nur vermiß
telft eines förmltd)en ®efe#e3 tu'S £eben eingeführt werben. 3n ber %l)at
ift ein ©efe^1) 2Btll)elm3 I. auf un$ gefommen, baS fo lautet:
„2ßill)clm von ©otteS ©naben «ftöntg ber Gmglänber allen Vafallen
tu ($ffer, ^crfortflu're unb 9J?ittelfer meinen ©ruß. 3t)r fammt allen an*
bem ©etreuen, bie in (Snglanb wohnen, follet rotffen, baf ich in allge*
meiner Verfammlttng unb nad) gemetnfamem $atf)e ber (§r§btfd)öfe, 23tfd)öfe,
Siebte unb weltlichen gürften beS 9?eia)$ befcbloffen t)abe, ba$ englifd)e
^ira^enred)t, baS bis auf meine Seiten herab ntebt gut befiellt war, nod)
ben heiligen (SanoneS entfvrad), grünblta) ju verbeffern. ^Demgemäß befehle
id) fraft fontgltdjer 9J?ad)tvollfontmenheit: fein 33ifcbof, fein 2Jrd)ibtafon
foll über klagen bifd)b'flta)er ©erichtSbarfett fürber vor ben ^unbreben
tagen, nod) Sachen, welcbe bte Leitung ber 6eelen anbetreffen, vor weit*
liebe ®ertd)te bringen, fonbem wer wegen irgenb einer ©cbulb ober 2ln*
gelegenl)ett, welche §um SBereicr; beS bifa^öfltdien 9?ecbtö gehört, belangt
*) Ancient laws of England @. 213 unten flg.
30 *
468
$a&ft ©regortug VII. unb fein ßtitaUtx.
Wirb, ber foü* an bem £>rte, ben ber 23tfchof nennt, ft<f> ju ©erlabte ftellen,
unb ntct)t nach ben weltlichen ©efejjen bc6 ^nnbreb, fonbem nad) ben
EanoneS nnb nach bifdiöflicbem beeilte ©enugtr)uung leiften. 3Sertt>etgcrt
Einer au$ ,£)ochmuth, t>or bem bifd)öflichen ©eriebte ju erfreuten, fo fotl
er jutn fetten unb brüten üSftale »orgelaben werben; wenn auch btefe
Mahnungen tttcr)tö trügen, fo unterliegt er bem Äircbetftanne, wobei im
9lotr)falle ber weltliche 2lrm beS JtontgS ober beS SStccgrafcn £ülfe (etften
wirb. Ueberbteß muß ber ©äumtge für jebe »ergebltcbe Sabung bie »om
gciftltcrien 9ted)te »orgefchrtebene 23uße entrichten, gerner »erbiete ich, baß
irgenb ein SStcegraf ober fom'glidber Amtmann, ober überhaupt ein Saie ftch
in 9fed>t$fad}en, bie »or getftltcbe ©erichte gehören, etnmtfche, ober baß
ein Sate einen 5lnbern folcber (Sachen wegen or)ne Ermächtigung bureb ben
93ifcf)of t>ox (ba3 bifdjöflicfcc) ©crtdjt labe. Die geiftlichen ©ertöte felbft
bürfen nur am @tje be6 23ifchof£, ober fonft an einem Orte, ben ber
SBtfdjof beftimmt, abgehalten werben/'
3wet 2)tnge, welche bie Ehroniften entweber ntd)t fennen, ober wr*
fchwetgen, geftef)t baS ©efefj ein, nämlich baß üönig 2BtIl)elm baö beftehenbe
englifche $trchenred)t gemäß ben Salbungen ber $äbfte umgeftoßen unb
zweitens baß er über btefe Slcnberung mit einer Ofetch^fynobe — wie ich
glaube mit ber §u Sßmchejter an Dftern 1072 »erfammelten — beraten
hat. 2)a$ ©efe£ enthält feine SeMefttmmung, glctcforoofyl tft an ftch flar,
baß e$ mit ben großen Maßregeln ber 3at)re 1070—1072 eng §ufam*
menhängt, unb um biefe §dt, wohl als 6cf)lußaft — erlaffen worben tft.
2)te f Ott bemfelbetx »erfügte 2(u3fchlteßung beö weltlichen *Rtchterftanbcö »on
allem Einfluß auf ©trettfacbett fird)ltcher 9ktur brachte meines Eracbten6
nach einer Dichtung l;iti ber trotte ©ewtnn. 2Bie früher1) gezeigt worben,
haben bie englifcheit *Keich3fürften, welche ftch unter Ebwarb bem SBefenner
unb früher §u ©aufontgen aufwarfen, unabläffig bahtn geftrebt, bte 23t3*
tr)ümer ihrer ©ebtete »on fta) abhängig $u machen, unb Bewerber, bte ihre
©efchöpfe waren, auf erlebigte (Stühle §u erheben. 2)te richterliche ©ewalt,
bie fie in ihren SBejirfen befaßen, trug ftcberltch nicht am wettigften baju
bei, baß manche ber fyerrfdhfücfcttgen Herren ba6 erwünfd)te 3kl erreichten.
£)ieß hörte jefct auf, baS neue ©efe$ entrüdte bte (Sphäre ber 33tfd}öfe
ben Umtrieben ber großen Säten.
©ottft aber §at ber Normanne 2Mf)elm burch Einführung beö ©rego*
rianifdjen ÄtrchenrechtS, beffett 3(u3flnß auch ba£ fragliche @efe£ war, bte
Willfürliche ©ewalt ber trotte für fommettbe Seiten wefentltd) befchränft.
£te höhere ©etftlicf)feit übte buret) bte breifache Alraft ber Religion, ber
Siffenfchaft, beS auSgebehnteu Sanbbeft^eö, unberechenbaren Einfluß, war
4) Oben <&. 298 flg.
©tettcö 93ucfy. Sap. 22. Oteform beö angetfäcfcfiföen 3Wi3nc$Ü)um$ u. 33teU)um$. 469
or)ne grage bie mächtigfte Äörperfdjaft in ben d)riftlichen ütetcben be6 5lbenb*
lattbeS. Darum fugten ttyianmfa)e Könige bie 9Jiehrr)eit ber SBtfcfyöfe unb
Siebte in Üftitfd)ulbige ihrer platte babttrcr) ju verwanbeln, baj? fte Stühle
unb Abteien an Unwürbige, voelctje tl)un mufteu, wa3 ben S3robt)erren be*
liebte, verfauftett ober verfchenften. Snbem nun 2ßi(l)elm burctj 2lnerfen*
nung beS unbebingten 9iedjt$ ber 333etf)e baS letzte 2öort bei 93efe£ung
Softer ^ircfyenjteüen bem Statthalter *ßetrt übertrug, vernichtete er thatfäa>
lict) für ftet) unb feine 9kd)folgcr auf alle (Erweiterungen föntglid)er ©c*
Walt, bie unter ben angebeuteten ^Begriff fielen. Die (Erfahrung l)at ben
^Beweis geliefert unb in ber 9catur ber Dinge lag e£, bafc ba6 neue Softem
im Durchfdmitte fähige, gute, von clcrtfalem ©etfte erfüllte Qüuptex,
90(änner, welche nie jur Unterbrücfung ber Kirche, beö eigenen Sßolfö, ober
benachbarter Nationen bie £anb boten, Männer, welche ungerechte Kriege
oerabfeheuten, verberblichen Maßregeln entgegen arbeiteten, emporhob.
3Son neueren unb älteren Sdmftftetlern ift §war bie S3er;auptung auf*
geftellt worben, ba3 ©regortanifche $ird)enrccht würbe, wenn eö votlftänbig
geftegt hätte, fraft innerer 9?othwenbigfett unb ohne SJftjjbrauch von ber
einen ober anberu Seite, einen Jtetm ber Gmt$roeiung in bie deiche gewor*
fen unb allmählich ben 33eftanb ber £hrone untergraben fyabm. Allein
bteß ift ein grober Srrtrjum. Obgleich bie 2öeil)e ber SBifcfjöfe fraft btefe3
Rechts am (Enbe vom ^ßabft ausging, waren boch bie Prälaten ben Moni*
gen mehrfach ~unb enge verbunben : erftlid) weil fte lederen ihre (Ernennung
verbanften, weld)e ber ^anbe^fürft verweigern ober gewähren tonnte, $wei*
teuS weil fte gleid) anbern j^örperfchaften ben Schu£ be3 föniglichen Schwer*
tc$ gegen @ewalttf)at unb $aub beburften, brittenS weil fte einer Religion
bleuten, welche (Si>rfurc^t vor gefeilterer Dbrtgfett ftetö nicht blo3 gepre*
btgt, fonbern aua) auögeübi unb, laut bem 3eugntffe ber ©efchtchte, nur %y*
ranneu geächtet ^at. 9?id)t bte fönigliche §errfchaft an ftd), fonbern grobe
9lu3artung berfelben würbe burch ben Sieg beS ©regortantfehen Sr;ftem3
unmöglich gemacht.
Seboct) e$ bebarf feiner untergeorbneten 33ewetfe ber 5lrt! Mehrere
weltbefannte unb erfa)ütternbe ^l;atfact)en legen für ben oben auSgefproche*
nen Sa£ 3eu9u$ a&« (Srftlich Wilhelm war unter allen Surften, bte tu
ben 3^ten be$ $abfte£ ©regoriuö YII. lebten, ber einige, welcher baS
neue ^irchenrecht gutwillig annahm unb burd)füf)rte. 3weiten$ ^Britannien
ift ba$ einzige £anb, beffen mittelalterliche SSerfaffung im 2öefentltchen un*
erfchüttert unb, ein ©egenftanb ber S3ewunberung für alle wohlgeftnnten
^enfehen, bte auf ben heutigen Xag fortbauert. Drittens $bmg .£>ein*
ria) IL, (Snfel 3Bttf)e(mö beö Eroberers, hat e$ verfugt, ba$ SQSer! feinet
2lf)n$ umjuftür$en. 3lber ein SDtaun, grojj wie ©regor VII., (£r$btfd)of
470
s-l>abft (SJvegoiiuä VII. unb fein ätitalttv.
%l)$mci$ von (Sartterburt) , trat ir)m tu ben 2Beg. Saut ber ^UtSfage1)
3of)ann3 t?on ©alteburty, roelcber einer ber tu'rtrauteften greunbe beg 2R5t*
U;rer3 tton (Santerburi; roar, [teilte SljomaS im Saufe be3 ^ampfö, ben er
gegen ben genannten Itörttg beftanb, ba£ SBegefyren, ba§ aÜe 9ied)te unb
gretfyetten, roeldje bte engltfd)e Ätraje ju ben 3^ten beS (§rsbtfd)of£ £au*
franf, — ober roaS baffelbe, unter 2Bill)elm I. — genoß, jurücfgegebeu
werben müßten. 3n btefer furjen gormel faßte bte ftrd)ltcr;e spartet bie
©umme tfyrer gorberungen §ufammen. Viertens ber l)eütge SfyomaS l)at
im $obe geftegt, unb eine ber näa)ften golgen btefeS ©ieg$ war befannt-
lict) bte ber trotte abgenötigte ©eroäfyrung ber Magua Charta. 2)a$
tyeißt nun mit anbern Korten: ber ©runb §u ber polttifdjen 93erfaffung
(Sngtanbä t[t bura) $abft @regortu£ VII. gelegt worben.
Ikmntyuw^irjftes Kapitel.
$i£oßbern fällt in Ungnabe , gefyt nadb. glanbern nnb ftnbet bort ben Untergang. S>ie
©efe&tufeu auf bev Snfel £evetoavb »tri il)x Hauptmann. 5Dic angelfädjjtfcfye
bitter treibe, eine ftrudjt reid)efürjtltd;er 9tomantif. 9Bitf)elmö ftelbjug gegen
um ben ©ommer 1071. 3m folgenben Safjre nötigt ev Köllig SÄalfoim von
@cr)ott(anb, ben <£>ulbigung3eib ju leiften. (Snglanb innevltcj beruhigt. 3)ie @e;
fdjidjtfcfjreiber ber Eroberung. <2d)on 1072 a()nt 2ßilf/elm, baf baS große ©erf
ttollbracfyt fei. (5t fctjvt uad) ber 9iormanbie jurücf.
3m nämlichen 3af)re, ba ßatifranf ben ©tufyl »ort ßanterbun; beftteg,
verlor 2Btlf)elm bura) geroaltfamen $ob einen ehemaligen ©efyüfen auö bem
£atenftanb, ber tl)tn früher fefyr große 3)ienfie gelei[tet fyatte. 2BÜl;elm
gt{30$bern roar »on bem 23aftarb / rote ta) früher geigte , ju ben l)6d)ften
Würben beförbert, mit ber @raffd)aft ^ereforb belehnt, unb §um 6tattl)aU
ter beS nörbltdjert (£nglanb# emgefefct roorben. 5lua) bte (Eroberung ber
3nfel 2Btgr;t unb ben Ärteg gegen ©übroaleö übertrug ifym ber Köllig.
gtr^oSbern brachte bte 3nfel in feine ©evoalt unb bedang bie Söalltfer,2)
aber er tfyat 23etbe$ auf eine 2Betfe, roela)e ba$ Mißfallen, »telletdjt aua)
bte (Siferfuajt beö 23aftarbö erregte. 2)er Wönd) von SMmeSfcim; berta>
tet:3) „2Bül)elm gt£o$bern »erfammelte bttra) ben D^ei'j beö fyoben ©olbeS,
ben er be$al)lte, unb bura) bie greifyetten , bte er feinen beuten gemattete,
eine 3D^affe 9)?annfa^aft unter feine gal)tten. ^IKetn feine 33erfcbn>enbung
§og tf)m fd)Were Ungnabe beö Üöntgö ju. $lod) l)eute," fäl)rt ber 33ene*
biftiner fort, „bauertt bte von gt^o^bern in ber @raffa}aft ^ereforb getroffen
l) Epist. Johann. Sarisber. ed. Giles, Vol. I, 243 : restauratio Cantuariensis eccle-
siae et integra reformatio dignitatum et privilegiorum , quibus beato Lanfranco prae-
sidente gaudebat. 2) 2)ucfye0ne ©. 521, d. flg. 3) ©ayite @. 105.
93iette3 Q3uc§. (5aV. 23. JTrieg gegen b. (Smfcörer ö. (Sfy. £aö angelfäcfyf. SlitterUjum. 471
nen (Einrichtungen fort, vermöge n>e(dber ein ©olbat, mag er ein Verbrechen
begangen haben, von welker 2lrt e£ fei, nur mit fteben ©Millingen büßt,
währenb in anbem *Provinjeu felbft für Heinere Vergehen wiber ba$ fönig*
liehe ©efe£ ©trafen MS §u 25 ©d)iiltngen erlegt »erben muffelt. H
2Ba^rfct) einlief) naf)m Jtönig 3ßi(belm 2lnftanb, buret) SBefc^r&nfung ber
von gi£o$beru beroiüigten Vorred)tc bie sD?affe von greibeutem, bie in
£ereforb sufammengelaufen war uub bei ben täglichen kämpfen gegen
2Bale$ gute unb faft unentbehrliche Dienfte leiftete, §u verfcheucr)eit, aber
unmöglich fann ihm baö ©t;ftem girjoSbernd genehm gewefen fein. 3m
©pätherbfte 1070 entfernte1) er benfelben auö (Englanb, inbem er ihn mit
bem Auftrage nach ber 9?ormanbte h^überfebirfte, ber Königin fD?atl)tIbe in
Verwaltung beö £anbe£ bei§ufter)en.
Dtefe ©enbung verhüllte meinet (SradjtenS einen 9lft föniglicher ttn*
gnabe. 3lud) 2)a$, wa$ fofort gefcharj, beftätigt biefe Vermutung. gi£oS*
beru blieb nicht in ber SRormanbte. (Sben fchwebte in glanbern brüben
bie gehbe §wtfcben Robert bem griefen unb ber böfen ©räftn *Rid)ilbi3.
2Bie ich an einem anbem2) Orte gegeigt habe, ftanb hinter ber ©räftn
MM% tytylipp I. von granfretch, ihr Vefdjü&er. 9mn mit eben biefer
9iichilbi$ unb mit ihrem ©chufsberrn ^3r)tltpp I. , bem fchlimmften geinbe
be$ VaftarbS, ließ fta) giJoSbcrn tief ein, er oerlobte ftet) mit ber erfteren
unb jog mit bem §weiten nach glanbern gegen Robert, fiel jeboch ben
20. gebruar 1071 in bem blutigen treffen bei Gaffel. Die Seide be3
(Srfchlagenen würbe nach ber ^ormanbte gebracht, unb in bem von ihm
gegrünbeten Softer (£ormeh; betgefefct. 3) ©eine ©ohne feilten ftcf) in ben
9cad)laß. Der (Srftgeborne, gleich bem Vater Wilhelm genannt, erhielt bie
normannifchen £errfd)aften Vreteuil unb *ßacr;; bie @raffd)aft ^ereforb,
unb 2llleö, waö gi^oöbem in Gmglanb erworben, fiel bem jroeitgebomen
$oger §u.4) Der $önig t)mberte Vetbe nicht am (Eintritt in ba$ (Erbe,
gleichwohl hat vielleicht auf baö traurige ©efcf;id, baö Stöger etliche 3ahre
fpäter erfuhr, föniglicher ©roll über bie Untreue beS Vater3 eingewirkt.
3m nämlichen 3ahre, ba gi Jobbern enbete, unternahm Äöntg 3&iU
heim mitten unter ben oben erwähnten kirchlichen Arbeiten einen gelbjug
gegen bie glüchtlinge ber 3nfel (Ell;, ^euerbingö waren fer)r viele 2lngel*
fachfen, worunter etliche vornehme Männer unb Häuptlinge ber legten
northumbrifchen (Empörung, bafelbft jufammengeftrömt, unb bie täglich waa>
jenbe Volonte ber ©efejlofen erhielt überbtef? einen fähigen gührer. £ere*
warb ftammte aug einem alten angelfäd>ftfchen ©efdlechte, ba£ anferst*
liehe ©üter $u SBrunn (heut jtt Sage SBourn) in Stneolnfhtrc unweit ben
*) 5>uc$e3ne @. 526, c. 2) SBanb II, 254 flg. 3) £)ucf;e$ne @. 282, c.
4) Ibid. 527, a.
472 ©vegortuö VII. unb fein Beitatter.
Jllöftern (£rot)lanb unb sßeterborougf) befaß. Da er in fetner 3ugenb tolle
©treibe machte, fyatte fein Sßater, Seofrif, tion Etagen ber 33efd)ftbtgten
beftürmt, einen 93erbannung6befel)t bei Äönig (Sbwarb gegen ben eigenen
(Sofnt ausgewirkt. l) ©eitbem trieb ftc^ £erewarb in t>erfd)iebenen ©egenben
um, in ^ortfutmbrien, (Sornwalliö , 3rlanb, suiefct in glanbern. 3n le$*
terem Sanbe foll er ftd) als ©otbat }o ausgezeichnet fyaben, baß ber 9fuf
feiner Späten nacfy (Snglanb f)inüberbrang unb feine 2lm>erwanbten mit bem
Sßtlbfang auöföt)nte.
3nbeffen war ^Britannien t>on ben Normannen erobert worben, unb
£erewarb£ gamtlte unterlag aus btefem Slnlaffe bemfelben ©du'dfal, wie
bie meiften anbern abeligen Käufer ber 5lngelfaa)fen. Die ©üter würben
eingebogen unb an normannifdje ©olbaten verteilt. 5116 «!£>erewarb f)ieüon
9taa)rtd)t erhielt, fa)iffte er fyetmlta) mit mehreren ©enoffen naa) (Snglanb,
erretd)te glüdlid) bie ^eimatl) unb trieb mit ©eroalt bie Normannen aus,
bie auf feinem (Srbgute faßen. Daö fülme Unternehmen mad)te £ärm unb
bewirfte, baß ftd) (Scbaaren ©efe^lofer um ben Sßagfyalö $u fammeln be*
gannen. 9htr etwa 10 beutfcfye fflläUn fübltd) t>on bem (Bcfyauplafc, wo
bieß vorging, lag bie 3nfel (Sty unb baS fogenannte gelb ber 3uflucf/t.
53et fold;er 9Ml;e fonnte eS faum fel)len, baß ^erewarb mit ber Volonte
in 3Serbinbung gertetf). Die Häuptlinge berfelben luben tlm ju ftd) ein,
aber efye er bem Diufe folgte, befebloß er ftd» einer Zeremonie ju untere
werfen, bie ifjnt in ber neuen @efellfd)aft ein f)öl)ere3 2lnfel)en §u fcerfajaffen
geeignet faxten.
2lbt 3ngulf »on (£rot;lanb, aus beffen ©t)rontf id) fd)öpfe, gibt2) eine
(£a)tlberung ber eng(ifd)en 9?itterWeif)e. „S3ei ben 2lngelfad)fen," fagt er,
„fyerrfcfyte ber ©ebraueb, baß, wer ftd) §um bitter etnfegnen laffen wollte,
am ^orabenb be$ für bie Sßeifje bestimmten SageS §u einem SBifcfyofe, 5lbt
ober Sftönd), ober fonft ju einem geivöfynltcfyen $rtefter gieng, eine 33etcf>te
fetner ©ünben ablegte, bann naa) ber SoSfpred)ung bie 9fad)t unter ©ebeten
unb Hebungen ber £lnbacbt in ber Ätrcfye burd)wad)te. 5lm folgenben 9J?or*
gen »or ber Sfteffe legte ber Heuling fein 6a)wert auf ben 5lltar, war
baS (Soangelium abgefungen, fo natym ber *priefter baS @a)wert, wetzte tp
unb fyteng eS unter ©egenSfprikfyen um bie @dmlter beS Bewerbers, §u*
le$t empfing ber ©ewettjte baö fyeilige ©aframent beS SlltarS." Diefe
nämliche 2Beif)e fua)te bamalS ^erewarb im Softer ^eterborougl) naa) unb
erhielt fte aus ben ^änben beS bortigen 2lbtS 33ranb, welcher ber ttäter*
liebe Dfyetm beS jungen 5lngelfaa)fen war.
gaffen wir bie (Zeremonie, tfyren 3^e^/ viti Den, ber fte an £ere*
warb »ollsog, tnd 5luge. 3fy beginne mit legerem. 3m ^erbfte 1066
x) Gale Script. I, 67 TOte. l) Ibid. <§. 70.
ÜBtevteÖ 93ucr). (Saf. 23. tfrieg gegen b. ChnfcSver ». (Slty, <Sa3 nngelfdc^f. Otittettfyum. 473
war Seofrtf, 5lbt von *Peterborougr), bem 93anner beS jlöntgS £aralb fol*
genb, inS gelb geigen, aber balb nad) fetner !Rücffet)r aus ber @d)lad)t
von ,£>aftmgS geworben. 4) hierauf fyatte bte 9Jiönd)Sgemeinbe ben ebenge*
nannten 33ranb m SeofrifS 9?ad)folger gewählt, üftaa) bem alten £erfonv
men mußte ber ©ewäfylte, et)e er fein 5tmt antreten burfte, erft vom Könige
beftätigt werben. 2)ic 9D?önd?e fcfctcftcn wirflta) mm SBelmfe, bte 53eftättgung
einholen, ben (Srwäfyltcn an ben £of ab. *) 2)od) nia)t 2Btll)elm ber $tm
manne, obgleid? btefer §u jener Sät entWeber febon bte trotte empfangen
fyatte, ober bemnäa^ft, ber allgemeinen Erwartung gemäß, empfangen follte,
fonbern ber (Slito (Sabgar war eS, an ben fte ftd) wanbten. „2)enit in ber
©cgenb von *)3eterborougl)," fagt1) ber (Sfyrontft, „glaubten bte Seute, baß
@at>gar bod) wteber jtömg werben würbe. u £>r)ne grage verrtetf) btefe
Sfyat ber Wonfyt unb tfyreS neuen £aupteS tiefe Abneigung gegen $ßiU
fyelm, aua) nafym fte ber Normanne übel genug auf. ,,©eit jenem Sage,"
fäfyrt ber ßfyrontft fort, „[türmten Setben unb Uebel aller 2lrt auf imfer
jtlofter ein. ©Ott erbarme fid) beffelben."
9Zidt)t weniger fetnbfeltg war, was 5lbt S3ranb mit bem jungen £ere*
warb vornahm: bte 28eif)e, bte er if)m erteilte, fann nur ben ©tun gehabt
fyaben, SöranbS Neffen als SSorfämpfer ber unterbrüeften englifd)en ütraje
bem normanntfa)en Slnmaßer entgegenstellen. @ta)erlta) würbe ber füfme
$lbt jur Verantwortung gebogen worben fem, ptte Ilm nidrt baS ©efyetm*
ntß, in baS bte Zeremonie gefüllt warb, unb vtclleta)t noa) mefyr ein
fdmeller $ob gerettet, beim 33ranb ftarb2) balb barauf (um 1070). ©leta>
wofyl beweist bte $erfönlta)fett Neffen, ben nunmehr ber ^öntg an 23rmbS
Stelle beförberte, baß er afynete, was tu $eterborougl) vorging unb ben
■3ftönd)en einen unerbittlia^en 3ua)tmetfter auf ben Spaden fe$ett wollte.
Seine 2ßal)l fiel auf ben Normannen &l)orolb, einen ehemaligen 3ögfing
beS ^lofterS gefamp, ber aber beffer baS S&affenfyanbwerf, als bie £anb*
fyabung beS SBrevierS verftanb, unb im fleinen Kriege gegen bie 5lngelfaa)fen
fta) einen tarnen erworben fyatte. £)er <St)ronift von s)J?almeSburt) erjäfylt:3)
„als ber jtönig ben Normannen $f)orolb naa) $eterborougl) abfaßte,
fprad) er: beim ©lan$e ©otteS, btefer Sfyorolb, ber mel)r <Solt>at als Slbt
tft, taugt am beften naa) ^eterborougf) , er wirb bort ©elegenbett finben,
fein Sd^wert $u brausen." Sin ber Spille von 162 Sölbnem tüdte $f)o-
rolb in baS Softer ein, verteilte fofort einen $l)etl ber ©üter beffelben
unter feine Seute unb begann ben fleinen Ärteg gegen bte glüd)tltnge
von ($ty.4)
') Chronic, saxonic. ed. Gibson @. 173. 3Ran Vergleiche Ü6evbie|l ^terr^ II, 19.
2) Xtjterr^, ibid. II, 128. 3) @ate III, 372. 4) «Die S3ett)ei^eüen bei Zf)\m\)
II, 128 flg. ^
474
^abjl ©regotiuö VII. unb fein 3ettatter.
2BaS enbltc^ bte engltfcbe Dfttterweihe an ftch betrifft, welche 3ngulf
fd)tlbert, fo fef)e ich in il)r eine gegen baS Köntgthum gerichtete (Erftnbung.
9kd) bett Gegriffen beS Mittelalters war baS $um lobten befttmmte Schwert
md)t ber Ktrd)e, fonbcm ber Könige ober beS KaiferS Stnnbilb unb Schmucf.
2Ber ba^er ftd) bem Berufe beS KriegerS wibmen wollte, ber mußte folgen
richtig ntcbt auS ben £änben von $rteftern, fonbern auS ber £anb beS
SanbeSfürften bte 3Bel;r empfangen. Ueberhaupt f)ängt unter alten Um*
ftänben bte öffentliche Drbuung bavon ab, baß bte bewaffnete Macht in
Pflichten beS Staatsoberhaupts, als beS Kriegsherrn, fter)t. (Srft &u ben
geltest ber Kreu^üge trat bieKtrdje, bem 3Slam gegenüber, gettriff ermaßen
als frtegführenbe Mad)t auf. Sürbe baf)er £)aS, WaS Sngulf erzählt, in
ben Anfang beS 12. 3af)rhunbertS fallen, fo ließe eS ftct) noch auf anbere
Seife erHären, als aus ber BorauSfe^ung, baß ben fraglichen ©ebrauch
ein bem Königtum abgeneigter ©ebanfe gejeugt hat. Allein bte von 3n*
gulf erwähnte Sethe gehört ber Mitte beS 11., vielleicht fcbon bem (Snbe
DeS 10. 3ahrl)unbertS, folglich Seikn an, wo nur baS weltliche gürften*
tl)um, aber nk$t bte Kirche Krieg führte. 3d) glaube baher, man muß
ben eben angebeuteten Schluß §tehen, nämlich baß baS Düttertfmm, von
bem bte 9iebe ift, einem bewußten ober halkbewußten ©egenfafce wtber bte
föntgltche ©ewalt feinen Urfprung verbanft.
So, ober unter welchem QSolfe ift bie ritterliche Saffenwetye entftan*
ben? Meines StffenS gibt eS für btefelbe fein älteres 3^gniß, als baS
beS SlbtS Sngulf, ber fte auSbrücfltch als ein angelfächftfcheS Snftitut be*
zeichnet.1) Säre ber (Gebrauch bei irgenb einem anbern QBolfc aufgefom?
men, unb von ba nad) (Englanb verbreitet worben, fo müßten ftd) ältere
©puren ftnben. demnach fpricht f)0f)e innere Sahrfd)etnltchfett bafür, baß
baS Sanb, wo bte Seihe $uerft hervortritt, b. h- Britannien, auch (Be*
burtSftätte berfelben gewefen fei. 9^ocr) ein anberer ©runb fommt fyn%u.
Saut ber 5luSfage2) SngulfS verachteten bte Normannen baS angelfächftfdK
^itterthum als eine nichtSwürbtge, pfäfftfebe ©ewohnhett. £)tefe ehren*
feften, bem Kriegsherrn auf £eben unb £ob ergebenen, Solbaten fahen in
bemfelben eine von bem faulen SSoIfe ber 2lngelfad)fen §um ^achtheil ber
Krone erfonnene (Einrichtung.
•ftun fage ich : in Britannien brüben — unb §war nur in btefem
Sanbe — laffen ftdt) währenb beS SeitraumS vom $obe beS großen Staats*
mannS £>unftau bis auf bie Regierung (SowarbS beS BefenuerS bie (Sie*
mente nachweifen, weldje geeignet waren, einen ©ebraueb tn'S Seben ju
l) 91. a. £). bei ®ale I, 70 Wlitk: erat Anglorum consuetudo , quod etc.
2) Ibid. hanc consecrandi militis consuetüdinem Normanni abominantes, non militera
legitimum talem tenebant, sed socordem equitem et Quiritem degenerem deputabant.
93tevteS 93uc$. (5a^. 23. jhteg gegen b. ©mfcötet ». @U). 3)aS angetfäd&f. 9tittevtl;um. 475
rufen, bei beffen (§ntftef)ung offenbar svoet Stäube, 5lbel unb (Slerud, 511^
fammenroirften. (Sö gab bort ein 9Reid)8fürftentfyum , voeld)c3 entfctyloffen,
ben (StaatSfö'rper in Heine unabhängige (Stüde §u $erreijjen, ber trotte ben
(*5ct;orfam aufgefagt ()atte, unb bie Staffen ntd)t für ben Ü)ienft be$ SanbeS
ober beS Königs, fonbern für eigennü|ige 3wetfe führte; e6 gab bort
zweitens ein serborbencS $Diond;tf)um , baS ben et)rfüd)tigeu ^erren in bte
Jjrjänbe arbeitete.
(Sold)e SBeftrebungen »erben aber, uamentltd) roenn fte tton ganzen
Üöiperfdjaften ausgehen, nie offen eingeftanben, fonbern ftetö mit einem
glcijjenben girnijj beberft, 311 welchem gewöhnlich phtlofopr)ifa)e3 ©efdiroälj,
ober reltgtöfe $eua)elet, ober enblia) fal|d)e ^t;antafte ben (Stoff liefert.
3ft ber gtrntjj pt)antaftifd)er $4rt, fo tarnt man it)n paffenb mit bem Tanten
Dtomantif bezeichnen. (Sehr oft, üon alten Reiten bis auf bie neueften
herab, r)at ,£>ocht>errath unb ipolittfche 2Bül)leret eine ctgentt)üm(tdt)e 9fa>mantif
erbaut: aua) in bem gatle, t>on bem ich fycx rebe, gefc^al) folc^eö. 3>a0
sott Sngulf befc^rtebene angelfäc^ftfa)e ^ittertt)iun ift nach meiner 3(nftd)t
bie 9tomantif beö mit bem tterborbenen ßleruS gegen bte töxom 9crf($t9*<
reuen $etch$fürftenthum$, unb geheimer 3*wcf ber (Srftnbuug war, ben
9Jtenfcben fcor§ugaufcln, alö ob ba$ (Sd)Wert, ba$ ber 2lbel üon $ed)t^
wegen für baö jtönigthum §u führen fcerbunben roar, ba$ er aber treulofer
2Beife bem 3)ienfte be$ (Staates entzogen hatte, l;infort einzig für bte Sache
©otteS unb ber Religion gebraucht werben fotte. 2)te SQ3cir)e, weld)e ber
alte 2lbt S3ranb feinem Neffen ^ereroarb erteilte, taugte batjer recht gut
Sit 2lu$rüfhing eineö 9J?enfchcn, ber eben im begriffe ftanb, burd) eine
ftnnlofe unb ungerechte (Empörung wtber ben Normannen SBilbelm fein
93aterlanb in Verwirrung $u ftürjen.
Stfad) vollbrachter Zeremonie eilte ^erewarb auf bie 3nfel (Slty, wo
er »on ben ©efefclofen §um Hauptmann gewählt warb.1) Um bie nänv
liehe Seit fanben ftet) viele anbere £erren in (§h; ein: auö (Sd)ottlanb
famen ber fluchtige 33tfcrjof von Durl)am, Slgelwm, ber je£t erft bie 9J?a8fe
ganj abwarf, unb (Siwarb, mit bem ^Beinamen S3urn,2) welder, gleich
9lgelwm unb bem grinsen (Sabgar, ein Häuptling be$ northumbrtfeheu
$lufftanbeS gevoefen §u fein fdjemt. 2luch bie trüber SDcorfar unb (Sabwin,
bie fid) fett bem mifglüdtcn (Schlage i?on 1068 rufyig verhaften r)atten, ge^
rieben roieber tu 33eroegung.
glorentiuö tton SBorcefter fagt:2) „roeit bte trüber fürchteten, ba^
^önig 2Bttt}clm fte in S3anbe roerfen mürbe, herliefen fte hetmlta) ben ^of
(roo fte tu anftänbtger §aft gehalten rourben), unb t>erfuct)ten eS eine
3eittang ba unb bort, 5lufftänbe »tber bie normanntfehe ^errfc^aft $u
') ©ate l, 71. 2) Flores histor. @. 637.
476
*ßaBfi ©vegoriuö VIL unb fein ßtitalkx.
erregen." 9Jtan fter)t, eine allgemeine ©a)ilberr)ebung war im Serie.
@lei'cf)rool)l r)anbelten bie £crren abermal, wie 1068 unb 1069, nid)t naa)
einem gemeinfchaftlta)en *ßlane, fonbem 9J?orfar unb (Eabwin gebauten auf
eigene gauft, unb für eigene 9?ea)nung ben Ärieg ju führen. 2lber eS
gelang ihnen nia)t. glorentittö fährt1) fort: „als fie faf)en, baß u)r Unter*
nehmen unausführbar fei, entfa)Ioß ftcf) (Eabwin, beim Könige 9Mfolm von
6a)ottlanb £ülfe ju fua)en, 9Jiorfar bagegen ging naa) ber 3nfel (Eli? unb
maa)te gemetnfa)aftlia)e ©aa)e mit bem borttgen Raufen. "
SBenben wir unS §u legerem. £>er erfte größere ©tretet) , ben £aupt*
mann ^erewarb ausführte, war gegen ben neuen 5lbt von sßeterborough,
$l;oroIb, unb gegen beffen jlampfgenoffen, ben normannifa)en SBtsthum von
<8palbtng, £atlleboiö, gerichtet. Dbgleia) 23eibe jufammen über anfer)nlta)e
©trettfräfte verfügten, braa)te £erewarb ba$ Softer bura) einen glüdlia)en
Ueberfall in feine ®walt, nal)tn ben 5lbt ^Ijorolb gefangen, unb §wang
ü)n, feine gretl)eit mit einer großen (Summe einjulöfen. 2) Willem nun
rücfte jtöntg 2Mf)elm felbft roiber bie (Empörer tn'3 gelb. 2)en $lan beg
Angriffs ber natürlichen 93efa)affenbeit beS SöobcnS anpaff enb, [teilte er
bie 53utfefarle t>oit Sonbon, wela)e il)m gefolgt waren, ober bie unter
(Ebwarb bem 93cfenner errichtete jlörperfa)aft engltfa)er ©eeleute, öftlia) von
(Ed; auf, um ben ©efefjlofen bie glua)t naa) bem 90?eere absufa)netben,
auf ber 2Beftfette bagegen ließ er einen §wet teilen langen Damm naa)
ber 3nfel hineintreiben, auf wela)em bie Reiterei ungel)inbert vorrüden
fonnte. Diefe flugen Maßregeln braa)en ben •äJhtu) ber (Empörer, ber
^önig verftärfte überbieß ü)re Strfung bura) £tft. (Er fnüpfte Unterhaun
lungen mit Sflorfar unb ©enoffen an, inbem er ihnen 6a)onung be3 Sc*
benS, ja, wenn man anberS £)rberia)3) glauben barf, fogar ©trafloftgfett
anbot. 5Q?or!ar unb bie Uebrtgen unterwarfen fta), boa) mit Ausnahme
^erewarbö, wela)er ungebeugt, unb ben Korten M Normannen mißtrauenb,
mit einigen feiner tapferften «Spießgefellen über ben 2Ba3f) naa) Sincolnffytre
enttarn.
£)er $öntg fytlt fein $erfprea)en nia)t, fonbem verhängte mer)r ober
mütber fjarte ©trafen über bie gefangenen (Empörer. Viele von nieberem
Diang büßten mit SutSreißung ber klugen, mit Verftümmlung ber £änbe,
bie Vornehmeren, wie 23ifa)of 2lgelwin, wie SDforfar, wie 6iwarb 33urn,
würben §u lebenslänglicher (Etnferfemng naa) verfa)iebcnen ©a)löf)em abge*
führt. Stgelwin enbete fa)on im näa)ften hinter (IÖ71 auf 1072), Wcxiax
unb ©iwarb überlebten4) ben $önig, ftatben aber boa) jule^t im Äerler.
£erewarb trieb fta) längere 3t\t in verfa)iebenen 6a)lupfwinfeln herum,
') Flores histor. <S. 637. 2) ©ale I, 71. 3) £)uc$egne @. 521, a.
*) Flores histor. <S. 642.
93terte$ 93ud>. (Sc^. 23. Jtrieg gegen b. dm^örer ». (Sfy. £>aö angelfäcftf. 9Sittevtt)um. 477
beftanb babet Stbent^cuer, bte if)m ntcr)t blo6 bei ben 5lttgelfacbfen, fonbern
aucr) bei ben Normannen etnen gefeierten tarnen erwarben, aber aucr) er
nafym ein gewaltfameö (Snbe. ') ©IctcheS 6d)ttffal traf nod) vor £erewarb
ben 53ruber be$ gefangenen 9Dforfar, (Sabwin.
©ech$ Monate irrte berfelbe in (Schottlanb, in 2Bale6, im nörblidien
(gnglanb ^emm, überall bemüht, Reifer ju finben, getnbe bem Könige Sil*
heim $u erweden. 3uU§t »errieten bret aus feiner Umgebung ben Ort, reo
(Sabwtn ftcr) verborgen ^atte, einer normamtifchen £eere$abthetlung, bie
tlm »erfolgte. ©abwitt würbe am 9fteere6ufer, rote eö fd)eint, unweit ber
fa>tttfa)en ©ränje, mit 20 feiner Begleiter, bie ihm treu geblieben waren,
niebergemacht. 2)aS traurige 2oo3 beS vornehmen 9D?anne3, ber aud) burdj
förderliche (Schönheit ftd) au^etetmete, erregte fo üiel ^eilna^me felbft bei
ben Normannen, baf ber Äöntg für gut fanb, bie bret 93errätr)er, reelle,
einer Belohnung gewärtig, ihm ben $ovf tr)re$ erfa}lagenen £errn über*
brachten, aud bem deiche §u verbannen.2)
9lact) (Srmorbung (SabwinS, nach ©efangennefymung 9)?orfar$ blieb
von SllgarS einft fo blür)enbem £aufe nur noer) eine £od)ter, Sucta, übrig,
welche jlöntg Stlhelm mit bem oben erwähnten $tcegrafen von Svalbing,
3vo SatlleboiS, vermählte, tnbem er bemfelben als 2lu3ftattung färnrntlicbe
@üter §uwte£, bte einft bem $ater ober ben 23rübem ShtcienS gehört hatten.
Dtefer SatllebotS war ein ben 2lngelfad)fen furchtbarer 9lame, fyaxt laftete
feine Sauft auf ben benachbarten ^löftern, in benen nod) angelfädjftfcbe
Sftöncbe weilten, unb auch gegen bie £tnterf äffen unb ©augenoffen erzeigte
er jtdj al6 einen fctjltmmett Gerrit.
2)te (£r)romf von (Srotylanb erjäblt : 3) „bte Einwohner ber ^teberuttgen
(ber Umgegenb beS SaSh) überhäuften tr)n mit allen erbenflichen (St)rcn,
unb erfet/tenen ftetö mit gebeugtem Jhtte, wenn fte etwas bei ihm nacr>
fud)ten. 5tber mochten fte tlmn, wa$ fte wollten, nie erwieS er tr)nen
Sohlwollen ober Vertrauen. 2)te £eute ju fchtnben, in'3 ©efängniß ju
werfen, mit gror)nben ju überlaben, war feine greube. @o fehr brüdte er
baö Sanb, baß bte Reiften ihre wenige noch übrige £abe verfauften unb
auSwanberten. 9?od) fchlimmer verfuhr er gegen baS Softer ßrotylanb unb
beffen Unterthanen. 5113 wäre er vom Teufel befeffen, trieb er Dchfen unb
9iinber beS ^lofterS mit feinen 3agbr)unben in bte ©ümtofe Innern, btö fte
erfoffen, manchen Xfymn fytb er bie (Schwänze ober Ohren ab, ober fchlttg
il)nen ben TOdgrat entjwet." Sir lernen ftter einen ber böSarttgften nor*
manntfehen (£m»orfömmltnge fennen.
9?odj im ©pätherbft ernannte4) $öntg 2Btlf)elm an ber 6telle beS etnge^
*) SDic 53ett)eife bei Sfjiettty II, 133 flg. 2) £>uc$e$ne @. 521, a. b. c. 3) ©alc
I, 71. *) Xto^bm @. 203.
478
$abfl ©regoriu« VII. unb fein Bettalter.
ferferten 2lgelrotn einen bureb ©eburt, rote burtf) jlenntntffe unb reine ©ttten
ausgezeichneten (Slerifer, 9?amen6 2Bald)er, jtrat 58tfcf)ofe von 3)urr)am. 3)a
gemelbet wirb, biefer Saferer fei früher TOtglteb be$ güttftfytr Domcleru6
cjewefen, fo fdjetnt c6, baß er beutfcfyem 53lut entftammte. 9)?it anbern
vornehmen Männern gefettete ber föniglicfye ^uSfarl (Silaf ben (Ernannten
bis nact; g)orf , wo tfm ber ©raf von 9?ortr)umbrten, ©oSvatricf, bem 23e*
fet)Ie SilfyefmS gemäß empfing unb vollenbS bte 2)urf)am führte. Um
bte gaften^ett beS 3abre$ 1072 langte 5SaIct)er in feinem 23ifdjof$ftfce an.
3m Saufe jvocter 3af)re werben hinter einanber 23utfefarle von Sonbon
unb ein föniglicr)er §ü8farl erwähnt: jene beim 2lngriff auf bie 3nfel
(Slty, biefer bei ber Dtetfe 2Öalcf>erö nact) £)urt)am. 2lud) fonft fommen In
Urfunben S93ifr)elm^ £u3farle fyauftg vor. ') Wlan ftef)t bafyer, ber Eroberer
fyat betbe j?örVerfcf;aften tfyetlS beibehalten, trotte roieber fyergefteilt: ein
neuer 3BmM, baß bte (Staffen angelfäcriftfcfyer 93evölferung, roelcbe ©olbaten
unb «Seeleute [teilten, mit ber normannifeben ^errfc^aft auSgeföfynt roaren.
Sie in bett Raffen 1068 — 70 bie nortf)umbrtfcr)en Empörer, fo muß
Äönig 9J?alfolm 1071 bte Flüchtlinge von (SU) unb root)l noct) mer)r bie
2lufftanb3verfucr)e ber 33rüber 9J?orfar unb (Sabrotn r)etmltcf> ober offen unter*
ftüftt fyaben. Um trm §u §üct)ttgen , orbttete ber Normanne 2ßilt)elm im
grürjltng 1072 einen gelbjug ju SÖaffer unb $u £anb gegen ben (Schotten
an. 2tuf btefem 3uge leiftete (Sabril, ber 2ßilbltng, §eere6folge. Dfyne
SQStberftanb §u ftnben, überfctjritt $>tlf)elm bie fdjottifcfce ©rän$e unb brang
bte in bie TOtte be6 SanbeS an ben Zai) vor. SDtolfolm roagte feinen
jtamvf, fonbern roartete bem ©teger 2lbernett)ty am genannten gluffe
auf, ftellte ©eißeln unb fct)rour bem Normannen £et)entreue.2) $m 9iücf*
weg in fein dieieb trat ber «ftöntg über 2)urt)am an. £>ort angefommen,
feijte er ben (Sari @o6vatrttf ab, Der in ber legten 3cil von Beuern W&iU
fyelmS 2lrgroor)n erregt jit fabelt ferjetnt. 3ugletcf> gab ber «ftönig 93efer)l,
in 3)urtjam eine geftung 51t errieten, in welcher 23ifd)of Saldier 2£of)*
nung bejog. Der abgefegte ©oSVatricf fud}te erft in ©d)Ottlanb 3»Mt,
aber balb — vermutpd) roeil ifym ÜÖtolfolm ©d)u£ verfagte ~ begab er
ftd) nad) gfanbem. (Sintge 3eit fpäter fam er roieber nact) ©d)ottlanb,
unb erhielt nun von SMfolm ben Ort £>unbar nebft ben augränjenben
Sänberetcn in £otf)ian §u Seijen. 3)
2ln ©oStoatricfö ©teile ert)ob ber Normanne ben bisherigen ©rafen
von Huntington unb 9lortr)amtoton , Saltfyeof, jum (Sari von Northum*
brien. (Sfyrontft ©imeon bedeutet:3) „fettbem waren 23ifcf/of Salcber von
Durl)am unb (Sari Saltfyeof bie beften greunbe. Saltljeof erfebien auf
4) Ellis introduetion to the dorasdaybook I, 91. II, 151 flg. 2) $)te 53c\reife
bei ^algraye, english Commonwealth II, 332. 3) Xit)l)öben <§. 205.
ajietteg 93ud>. (Sa)). 23. .ftrieg gegen b. ©mpörer ». (Slty. $a3 angelfäcfyf. 9iittevtf)um. 479
ben Diöcefan*St;noben, n)efcf)e SCßalcrjer ^telt, mitten unter ben Pfarrern be6
Durr)amer ©Grengels, auch »oKjog er bemüthig unb getyorfam 2llle$, was
ber SBifchof ju görberung ber Religion in jenen ©egenben angeorbnet fjatte. "
DaS f)et$t mit anbern ^Borten: ber (Sari füllte, baß er nur burch bie
©unft be3 S3tfd)ofö feinen fchwiertgen Soften behaupten fönne. 3n ber
%t)at ftanben tton allen angelfächftfchen ©roßen nur er unb (Sabril, ber
SBilbling, noch aufrecht. Doch feilte 2£altheof£ £errlichfeit nicht mehr
lange bauern.
Die beiben gelbjüge gegen (Sit) unb gegen ©djottfanb l)aben bem 2ßerfe
ber 3<ifyre 1068 — 70 bte le£te 2Menbung gegeben. (Snglanb beruhigte
ftet) tmterltct). Der gemeine Üftann, fc^on feit längerer Seit überzeugt, baß
2Btlhelm nicht met)r geftür§t werben fönne, begann ihn als rechtmäßigen
^errfa^er §u ehren. 3m bürgerlichen £eben lehrte baö Vertrauen §urücf,
bie Segnungen beS griebenö leimten wieber. Die (Shrontf DrbertchS ent*
hält1) folgenbe merfwürbige ©teile: „um biefe Sät (1072) fjerrfchte burch
bie ©nabe @otte$ 9M)e in (Snglanb, unb bie £anbeSbewof)ner lonnten
nach Bezwingung ber Räuber (ber flücr)ttgert Ueberrefte bc$ Bürgerfriegö
oon 1068—1071) ftch bem ©efüf)le ber Sicherheit Eingeben, ^aa^barlicb
wofmten Normannen unb Slngelfachfeu in ben Bürgen, ben Sagern, ben
©täbten §ufammen, eheliche 5Serbinbungen gemifebten Bluts würben immer
häufiger. Die ÜÜMrfte waren t>otl galltfcher unb anberer SBaaren, einzelne
5lngelfachfen begannen, il)re ben Normannen wibrige $rad)t abzulegen unb
ber normannifchen ben SSorjug §u geben. Sfttemanb wagte 9iaub §u treiben,
unb ohne gurcfjt beftellte ber Bauer fein gelb, betrieb ber ©ewerbSmann
fein ©efcf)äft. Kirchen würben neu gebaut ober wieberhergeftcllt. Der $önig
2Bilhelm befleißigte ftch, bie englifa)e Sprache ju erlernen, bamit er bie
klagen feiner Untertanen ohne Dolmetfcher tterftehen möge. 5lber ba er
fdjon oorgerüeft in Satyrn war, ging fo!a)eö langfam, unb balb unterbrach
ber 5lnbrang politifcher ©efet/äfte biefe frieblicben Stubien wieber."
5luch anbere 3^gen ftimmen mit ber 9luSfage DrberichS überein,
welche festere ohne 3weifel aus bem Buche be$ 9lrchibiafon$ »Ott Sifteur
entlehnt ift. Matthäus oon 2Beftmtnfter , ber ältere (Shronifen aufrieb,
fagt:2) ,/$öntg 2ßtlt)e(m war ein unerbittlicher Verfolger aller Räuber, unb
rottete fte au$. Dal)er fonnten ^aufleute, gremblinge, Sanberer mit
größter Sicherheit, felbft wenn fte mit ©olb belaben waren, burcr) ganj
(Snglanb reifen, wäfjrenb in früheren 3e^en fötr 2ßalb oon 2BöIfen unb
6chna^h^nen gewimmelt hatte." Die normannifche ^olijet wußte eben fo gut
in Britannien £)rbnung p fchaffen, wie früher in ber 9?ormanbie. Dergleichen
*) 2>ud)e$ne @. 520, d. 2) Flores histor. @. 229 unten.
480 ©vegoviuö VII. unb fein 3ettoItcr.
fyebt1) ber Wond) tton Wialm&bnty in jener merf würbigen ©teile, wo er
Normannen unb 2tngelfad)fen mit etnanber ttergletct)t, nacbbrüefttd) r)en>or,
baß bte Normannen mit ben unterworfenen 2ütgelfacbfen gamilieiwcrbm*
bungen eingingen. 2>e$ Königs gefunbe $o(tttf fyat btefe ($r)en beförbert.
9?ad) feinem platte war ber engltfa)e ^jerrenftanb bem Soofe ber $8ernta>
tung verfallen, — „2Bül)e(m fyat," fagt2) 3C^attc)äuö son Sßeftminfter,
„faft bem ganzen engltfc^en 5tbel ba$ £eben£lia)t auSgeblafen" — aber bte
Heineren ©ut6beft#er unb bte mittleren klaffen follten fo fd)nell als möglich
mit ben eingewanberten Normannen §u einem QSolfe tterfajmelsen. 3«
biefem §mä waren 9J?ifa)^eiratl)en ba3 geeignetfte Littel.
2öitt>elmö ©cbarfftnn rjat um$ 3afyr 1073 bte £age ber 2)inge rief?^
tig burct)fd)aut unb bie 3utoft erraten. 3a) will fagen: er erfannte ba*
mal$, baß bie (Eroberung ßnglanbö fcollenbet, für immer geftd)ert fei.
9J?an fann fytefür einen frönen 8ewei6 führen. 3m Saufe metner (Srjöfytung
bot ftd) wieberfyolt ©elegenrjett bar, auf bie Srefflicbfett be# 2ßerfö Inn^u*
beuten, ba6 ber 2lrct;tbtafon öön Stfteur, beö Königs Kapellan, verfaßt fyat.
2)te einzige üorfyanbene £anbfcf)rift beffelben reicht nur biö §ur ^>etmfer)r
SÖityelmS au6 ber ^ormanbie im ©pätfyerbft 1067. SWein fte ift unfcoll*
ftänbtg.' ;iftad)bem Drberid? Vßitaliü ben unglücklichen 3lu3gang (SabwinS
unb SOtorfarS erjagt f)at, fäljrt3) er fort: „bis fytefyer förberte 2öür)elm
tton $ottterS, 2lrd}it>iafon §u £tjteur, fein 3Berf, in welcbem er, ben 6ü;l
be$ Römers ©altufttuS naa)af)menb , bie Sb/aten beS Königs genau unb
berebt befcfyrteb." SM 33na) beg 2lrd)tbiafon$ fd)loß alfo urfprünglicc; mit
bem grüfyltng 1072. 2Öarum führte er feine Aufgabe ntd)t Weiter, etwa
bi6 $um Sobe be$ Könige?
©anj biefelbe grage muß man be§ügttd) be£ ^weiten ^iftoriferS, ber
bte ©efd)id)te be3 23aftarb3 bearbeitete, nämlid) be§üglid) be£ 9)?önd)3 tton
3umtegeS, ergeben. Wlit Unterem 2ßerfe tterfyält eö fia) jeboeb umgelegt,
wie mit bem beö 2lra)tbiafon3: wäfyrenb biefeö ttcrftüinmelt auf m$ fam,
fyaben jenem fpätere ^änbe 3ufä£e angefügt. 2)er eigentlid)e %txt eubtgt
mit ben Korten:4) (nad) Sötftegung be$ nortr)umbrtfcf;en SlufftanbeS) „errta>
tete ber Jtöntg im ganzen Diethe an paffenben Orten Burgen, in wetd;e
er auSerlefene unb reidjltd) bejahte ©ölbner al$ 33efat3ung legte. 9ium
mefyr fcerftummten alKmäpg bie (Stürme ber Empörung unb be$ Kriege,
unb gegenwärtig fyält 2Bt(^elm mit DJ^acbt bte 3%eI ber englifd)en 5D?onar^
c^ie unb genießt ungefd)mülerten 9^ut)me6." Unt?erfennbar ift, baß ber
Wönfy t)on 3umtege6, genau ebenfo wie ber Slrcbibiafon »on Stfteur, bei
ben (Sreigntffen be^ 3at)reö 1072 angefommen, bie geber nteberlegte.
*) ©avitc <£. 102 SJlitte : matrimonia quoque cum subditis jungunt (Normanni).
2) 9t. a. £). <S. 229 gegen unten: rex Guilielmus pene omnem Angliae nobilitatem
exsufflavit. 3) S)u$egne @. 521, c. 4) Ibid. 290 unten.
iöterteö 93ucr). §a\>. 23. Jtrieg gegen b. (Innerer ». (5h). $>a$ angetfäcr)(. SÄittertfjum. 481
2Bof)er bteß? offenbar bafjer, roetl 33eibc im Auftrage beö Röntge
fcfyrteben, imb roeil btefer, t>on bem ©efül)le geleitet, baß baö große S93erf
ber Eroberung mit bem 3ar)r 1072 abgefcf; (offen ivar, tr)nen baffelbe als
ßnbpttnft bejeidmet fyatte. ßönig 2£ilf)elm liebte ben 9tuf)m, er roollte,
bie 9?ad)roelt fotte erfahren, baß er als gelbfyerr unb ©efeijgeber ntcf)t roett
binter bem granfen (£arl, ber Eeuajte beS $uf)meö, surücfftefje. £>eßl)alb
munterte er fähige (Slertfer auf, bie ©efd)td)te ber engltfd)en Eroberung
fdjretben.
2)en ^roet normanntferjen £tftortfcrn muß noct) ein britter beigefügt
»erben, 23tfcr)of 293tbo *>on 2lmtenS. £)rbertd) er^äfylt:1) „als bie Königin
9J?atl)ilbe im grüfyltng 1068, bem 2£uufcr)e xr)reö ©emafylS gemäß, nad)
@nglanb J)müberfam, begleitete fte ber SBtfdjof 28tbo, roeldjer bamalS be*
rettS ben ^am^f beS Königs 2ßtlf)elm mit §aralb in r)eroifct)en Herfen
befungen fyatte." 3Me (Sfyren, roeldje ber Eroberer bei btefer ©elegenfyett
bem S3ifa)ofe erroteS, beuten barauf f)in, baß 2Öt(r)eIm feine Arbeit ftt)ät3te,
unb roofyl aud) , baß 2Bibo fte in fönigltctjem Auftrage unternommen fyat.
UebrtgenS finb bie SSerfe beS SBtfdjofS erft neuerbmgS roieber aufgefunben2)
unb tteröffentttctjt3) roorben.
gür bie $erftümmlung ber trefflichen Arbeit beS Slrct)tbtafonö oon
Stfteur Ieifteu einigermaßen bie Slu^üge ($rfa|5, roeldje £)rbertcf) 3SitaItö in
fetner ittrcfyengefd)td)te unS überliefert f)at. (Sr folgt bem Vorgänger auf
bem guße, unb beutltd) füf)lt man, roo rr)n ber güfyrer oerläßt. £>rbertd)S
DarftelTung fcfyroanft feitbem rote ein ©a)tff otjne ©teuerruber, unb fte tft
fyäuftg auf Duellen untergeorbneten , ja jroetfelfyaften langes befa)rän!t,
roaS §ur golge fyat, baß roir tton 1072 an feine fo anfcr)aultd)e Äunbe
ber @efcr;tct;te 3ÖiIr)elmö mel)r befreit, als auS ben früheren 3af)ren.
2lud) ber ©c^aupla^ roed)felt: roäfjrenb ber «ftömg von 1066—1072
mit geringen Unterbrechungen in (Snglanb brüben roetlte, r)ält if)n von 9hm
an Sftetb geheimer geinbe metft auf normanmfctjem 23oben feft. 3Son bort
auö fyat er auet) tfjeilS mit bem ©cfyroerte, tfyetlS buret) fünfte ber Unter?
fyanblung bie brttttfa)e Eroberung gebeeft unb befeftigt.
l) Ibid. 510, d. unb 504, a. 2) «a^enBerg H, 377. 3) 3m brüten 03anb
ton Michel chroniques anglo-normandes. Rouen 1836.
©frörer, $«bft ©«gortue vu. 33b. III.
31
482
*Pabft ©regoriuö VII. unb fein Seitalter.
dlänU beS Jtonigg ?|5t>iItV>^P I. »on ftranfreier) gegen Silfjelm ben (Eroberer, roeßljalb lefc;
terer nadj bev Stormanbie ftcr) begibt. SBom franjoftfc^en £ofe »erführt, öerfndjt
(Sttto (Eabgar eine (Empörung, verliert aber fcfjnetl ben 2J?utf), unterroirft ftcr) bem
(Eroberer, empfängt einen großen ©efjalt unb wirb aeräctytlidj. 9lufftanb in ber
SKaine. Stelle, bie ber Italiener 9tggo oon (Efte in £e SKane» ftrielt. 2)er bortige
93ifcr)of 5lrnalb errichtet im (Einoerfiänbniffe mit $abfi ©regor VII. eine (Commune,
bie erfie in ^tanfreicr). SDÜ^elm gelangt tuieber jur £errfcf)aft in £e SftanS, aber
r>om *ßabfte genötigt muß er bie Commune anerkennen unb mit ftnlfo tton 5lnjou
ftcr) augfoljnen. 2Bei3fjett ber oon ©regor VII. ergriffenen Sftaßregeln. <£ocr;$eitfefi
»on formier). 93erfdjtt>orung ber brei großen S3arone : beg Normannen Stöger,
(EarlS r-on £ereforb, beö S3retagnerö 0Jabulf, (Earlö oon Dfianglien, beö Slngetfacrjfen
2ßatU)eof, (Sarig öon 9lortl)umbrien. Sulingen t^reö $lanö unb 93eftrafung ber
<2cr)ulbigen. 2)ie (Enthauptung SalityeofS fein ©etoaltjtreicr) , fonbern eine gerechte
£anblung. jlircr)licr)e 9lnorbnungen fianfranfg, er Ijitft bem (Eroberer (Englanb be*
ruhigen. Srrlanb unb bie irifcf)e Äirdje. Sanfranf bereitet bie ^Bereinigung berfelben
mit ber englifdjen r>or. QSerfyältniffe aOBttfjelmö ju bem (Salier ^einrict) IV. Safyre
1073—1075.
Sie tdj früher jeigte, tyatte StM$ tytylipp L fa>n 1067 nacf) bem
glüdKdjen Anfang ber Eroberung (£nglanb3 S^änfe angebettelt, um ben
Normannen, feinen SefyenSmann, beffen tvacfjfenbe ©röße t^n mit ©cfyrecfen
erfüllte, auö bem errungenen 23eft£e §u vertreiben. 3e£t, nad)bem bie @r*
oberung vollenbet mar, fe£te ebenberfelbe jum nämlichen %mdt eme ^e^e
fünfte in Bewegung, welche ben Normannen nötigten, feine Slufmerffam*
feit unb feine äftadjt naa) ber bebrofyten @rän§e gegen granfreidj ^inju*
wenben.
5lle nacfyfteS Serfjeug benü^te $f)iltyv I. ben ^rinjen (gabgar. 3)er*
felbe war, wie es fa)eint, bis $um ©ommer beö 3af)r3 1072 in ©ctyottlanb
bei Äönig üütolfolm, feinem ©c^wager, geblieben. Allein naa^bem ftd) WlaU
folm in golge beS gelbjugö von 1072 bem Normannen unterworfen fyatte,
burfte ber *ßrms nia)t länger am £ofe beS öfteren verweilen. £>te (Snt*
fernung (£abgar3 wirb, fo benfe ia) mir, eine ber 33ebingungen be$ grie*
benS $wffcfjen 2ßill;clm unb SMfolm gewefen fein. 3n ber Sfyat ftnben
Wir ifyn 3unäa)ft in glanbem, bei Robert bem griefen, ber 1071 feine
(Stieftochter S3ertl)a von £ollanb an Äönig tyfylipy L vermalt l)atte4)
unb alfo mit bem franjöjtfcben §aufe in enger ^Berbinbung ftanb. Dod)
erhielt (^abgar in glanbem bie gewünfc^te ^ülfe ntd)t: er fef)rte naa)
©cbottlanb jurücf. ^aum war er bort angelangt, als Anträge au$ granf^
reic^ einliefen, weldje bie Hoffnungen bed ^rinjen wieber auffrtfa)ten.
l) ©ie^e Jöanb II, 256 unb 93ouquet XI, 159 unten.
93ierte3 93udj. (&ap. 24. SBtlftelm nnebev in ber Stformanbte. Commune in Sftaine. 483
Jtb'ntg *ßr)tltN> L forberte tr)n auf, nad) 9?euftrten fommen, bot1) ifym
feinen 33etftanb fammt bem am (Sanal gelegenen ©d)loffe 9D?ontreutl an,
„bamtt er t>on bort au$ tägltcb nad^ ^Belieben feine getnbe (bte Normannen
@nglanb6) belästigen fönne."
(Eabgar nar)m baö Anerbieten an, auct) fein Sd)tt>ager 9J?alfolm griff
ü)tn je£t unter bte Arme. £)a jebod) festerer roegen beö neutict) mit SMfjefm
abgefctjloffenen Vertrags ntd)t offen aufzutreten toagte, befdjränfte ftcb bte
$ülfe, bte er bem ^rtnjen reid)te, auf fyetmltcfye Lieferung fcon @elb,
Sduffen unb Saffen. (Sabgar roarb eine Schaar, unb ging mit berfelben
unter Segel nact) granfreid). Allein ein ©türm fcfyleuberte bie Heine glotte
auf bte Jlüfte SftorbenglanbS; »tele fetner ^Begleiter ertranfen im 9J?eer,
anbere rourben am Straube t>on ben normanntfa^en 2ßacben 2Btl£)elm3 ge*
fangen genommen, nur mit wenigen entfam (Sabgar in Hägltdjem Aufzuge
über bte fa)ottifa)e @rän$e jurüd. 2)tefer Unfall fyat für immer ben 9D?utf)
(Sabgarö unb aud), boefy nur für bte näcfyfte Sät, ben feinet Sctyroagerö
gebrochen. 9Jialfolm gab tf)m ben *Ratl), ftd) 2tötlt)clm ju unterwerfen.
(Sabgar folgte unb fd)ttfte eine $Botfd)aft an ben ^öntg, ber bamalS aus
©rünben, bte td) fogletct) entroideln werbe, tn ber 9?ormanbte weilte.
2Biü)eIm lub ir)n an feinen ,£>of nad) 9fouen ein, unb (Sabgar trat
untterwetlt ~ im Sommer 1073 — bte pfeife mitten burd) (Snglanb an.
33on *ßrootn§ ju ^3rot>tn§ geleiteten tr)n, bem 23cfef)le be6 Königs gemäf,
normanntfd)e ©rafen btö nad) ber 9?ormanbte hinüber, tnbem fte unterwegö
il)tt unb fein ©efolge ftattltd) befolgten.1) 3n D^ouen angefommen, fanb
(Sabgar eine überaus gnäbtge Aufnahme, ^öntg 2Bitt)elm bewilligte tr)m
aufö retd)ltd)fte 3)aö, Wa3 beS ^rtn§en £er$ ttor Allem begehrte, nämlich
bte Littel, üppig §u leben: eine $ente oon einem $funb Silber täglid)
vourbe tl)tn auSgefeijt. 3)er Iritis wirtl)fd)aftete bamit fo, baß beS $önig£
3voed erreicht vourbe: er madjte ftd) burd) feine Scblemmeret unb feine
Sorgloftgfett fceräd)tltd).2) 3)tefer t>ornel)me Abenteurer, ber nta)t §um
£errfd)en geboren war, r)at fettbem feine politifd)e Stolle mer)r gefptelt.
3m Uebrtgen tft flar, baf Anfangt auf er ^rjilipp fcon granfreid)
aueb s33?alfolm mit (Sabgar jufammenfptelte. SOSäre e6 legerem gelungen,
x>on s33iontreutl auö Unruhen tu (Snglaub p erregen, fo würbe ber Schotte,
ben Vertrag x>on 1072 brea)enb, roteber §u ben ^Baffen gegriffen l)aben.
£>er flägltd)e Aufgang beö »on (Eabgar verfugten Unternehmend nötigte
^alfolm, ttorerft ru^tg §u bleiben.
yiod) efye bte in ©a)ottlanb gelabene Wnt unfc^äbltch platte, mar tn
entgegengefejjter ^tc^tung, auf ber Sübgrän^e ber 23eft£ungen beö 91or^
') 2)ic SelegjieÜen, auö 93ru(^fiucfen ber ©adjfendjvonif , nac^gctotcfcn öon %f)Utx\)
IL 144 flg. ; man ücrgl. noc^ Flores histor. <&. 638 oben. 2) ©aöile @. 103 SWttte flg.
31*
484
5}kbji ©vegoriuö VII. unb fein 3ettolter.
mannen SBttfyelm, eine jroeite angelegt Horben, bei beten 3ht$rüfhma, fcbehv
bar nur untergeorbnete getnbe Ralfen, in ber Xfyat aber, obwohl verbot
gen, berfelbe gürft, ber bie erfte zubereitet r)at, — jtöttig *)3f)üiVV I. von
granfreta) — tfyätig geroefen fein muß. 3d) r)abe an einem anbem £)rte l)
berietet, rote ber 23aftarb von 9louen fur§ vor bem 3"ge uaa) (Sngtanb
bie Sanbfct)aft -äftatne in feine ©eroalt brachte, inbem er aUmityltg ben le^
ten ©rafen au£ bem 9J?ann3ftamme be$ bort r)errfct)enbcn ,§aufe3, §eri^
bert IL, fammt beffen neideten ^abliefen $(nverroanbten befeitigte. SRocb
aber lebte in Stalten eine 93 aterfd)ro efter Heriberts IL, ©erfenbte, bie £oaV
ter Heriberts L, be$ £unberoe<fer$, roeldje an ben SOtorfgrafen 5(jjo »er*
ntär)It roar unb bemfelben mehrere 6ö()ne, roorunter «£mgo, geboren fyatte.
$lö^Itc^ erhoben ftet) $olf unb Stbel ber Sftaine gegen bte norman*
ntfebe ^errfetjaft, riefen ben 93?arfgrafen ^§o mit feiner ©emafyfin ©er*
fenbiS unb tfjrem Sofyne £ugo au6 Stalten fyerbei, unb fochten mit ©lüef
gegen bte von 2Btlr)elm in sJtfaine eingefe|ten ^jauptleute. ^umfrteb, £rua>
feß be£ Königs, rourbe mit vielen Normannen auf ben SBällen von Se
$Jlan$ erfcblagen, Surgte von £racv> unb SBtlljclm be la gerte, 23efef)(^
r)aber beö borttgen 6a)Ioffe0, mußten baffelbe übergeben. 2)er Staliener
5t§50 nar)m ben Sttel eines ©rafen von Wlahu an unb ber)errfa)te bie
2anbfcf,aft.2)
2Ber roar biefer StaUener, unb roaS gab i|m ben S^utt) , in großer
Entfernung von feinem italtfctjen Erbe auf bem Sßoben be£ nörbltcr)en
ftrienS eine £errfct)aft $u grünben? 21^0, Stammvater mehrerer S^naften*
gefriedeter, bie l)eute nod) blühen, f)at roäljrenb feinet mer)r alö lumbert*
jährigen Sebent brei vertriebene Er)en gefctjloffen,3) bte erfte mit (£r;uni§a
ober ^unigunba, ber Softer 2Belf3 II. von Ravensburg, bte bem Stalte*
ner einen Sofm, ben Erneuerer beS beutfcfyen SelfenftammS , SÖelf IV.,
gebar;4) bte sroette mit ber gran§öftn ©erfenbiS, roelcfye Butter beö oben
erroälmten £ugo unb eines anbem SorjneS Samens gulfo rourbe; enbltct)
eine brttte mit ber Staltenerin ^atfytlbe , roelcbe im vierten ©rabe mit
5l^o vervoanbt roar. 2Öte td) fväter geigen roerbe , erklärte $abft ©re*
gor VII. bte brttte 93erbinbung, roela)e tyföo um 1074, naa) bem $obe
feiner fetten ©emafylin ©erfenbtS eingegangen r)atte, für ungültig. 3ur
3ett, ba ber -iökrrgraf naa) ber Ttaim tarn, roar fein Sofyn aus erfter
(Sr)e, 233elf IV., $er§og in Katern, unb ftanb4) in folgen 93erl)ctltmffen,
baß tfym bte Rettung ber großen beutfe^en $artr)et, roeldje ficr) bamalS rü*
ftete, $etrt <5tul)l gegen bte ^rannet be6 faltfa}en ^aufeö §u vertfjetbigen,
4) Dbcn @. 266 flg. 2) Souquet XII, 539 Tlitk flg. ©ud^eönc <S. 532, c. d.
3) 3^ verseife vorläufig auf bie 3We bei S3ouquet a. o. D. XII, 539. *) Jöonb n,
239 flg.
33terteö 93ucfj. Sa)). 24. SBtfljelm lieber m bev Sftimnanbte. (Commune in QJlaine. 485
faum entgegen formte. 2lud) 2l^o felbfi befaß eine fold)e 5D?ad)t unb ©tet*
hing, baß bte päbftltdie Sude ihn n>o uid)t begünfttßen , boct) fronen
mußte.
9J?an fterjt bar)er: burct) baS Unternehmen gegen 9ftatne war ein tta*
Itemfc^eö £aupt ber ^trc^enpartt)et bem Normannen 2ötlf)elm tu ben 2Beg ge*
treten, ber boct) felbft tu enger 93erbmbung mit *ßetrt @tul)le ftanb. Unbenfbar
tft eS, baß bte römtfd)e jttrdje ein fold)e$ 3erwürfmß tu bem Greife tr)rer
Anhänger veranlaßt t)aben fotlte. 2)tefe 93erwtrflung fann ^telmel)r nur
x>cn einem Surften, ber, mächtiger al3 Sljjo unb bte ©efammtheit ber 93e*
wol)ner üon Stfatne, ben Normannen 993tll)elm töbtltct) f)aßte unb um jeben
*Prete ben 33unb swtfd)en tr)m unb ber römifcben Strebe lodern Wollte, —
ich fage, fte fann nur tton bem fran§öftfd>en Röntge ^htltyp I. angefttftet
worben fein. 3U bemfelben (Srgebntß gelangt man t>on anberer 6eite
^er: nimmermehr würbe Weber baS 93olf tton 9ttame, noct) ber Staltener
2l^o eS gewagt haben, ftet) in einen Jtampf gegen ben übermächtigen 9?or*
mannen 2ßtlf)elm m frühen, wären nicht bte (Stnen unb bte 2lnbem üerftchert
gewefen, baß ihnen ber Äontg tton granfretd) geheime ober offene §ülfe
gewähren werbe.
3nbeß vermochte £(§jo bte £errfchaft über 9Mne ntcfjt lange §u be*
Raupten. 3)te (Ef)tontf »Ott 9}ktne berietet1) weiter.- „naebbem baS @elb,
ba$ er für ba$ Unternehmen beftimmt hatte, t)or ber Seit ttergeubet wor*
ben war, bemerfte 5l^o, baß bie Einwohner ber -Scatne lauer gegen ihn
würben; er befct;loß beßhalb, nacr) Stalten mrüd§ufef)ren. (Scheibenb ließ
er feine ©emahltn ©erfenbtö fammt bereit @of)n «£>ugo unter ber £)bhut
©obfrtebö tton 9M;enne, etneS fchlauen 9ftanne3, §urücf, ben er §um dl?*
genten unb 33ormünber §ugo'£ beftetfte. ©obfrteb lebte fettbem mit ©er*
fenbtS, als wäre fte feine ©emahlüt, fuebte £änbel mit ben bürgern unb
benü|te paffenbe (Gelegenheiten, um bte Steuern $u erhöhen. 3)tefe3 SBe^
tragen erregte laute Unmfrtebenheit tu ©tabt unb £anb unb l)atte fchltmme
Solgen. 2)te Bürger son 2e Wlatö zettelten nämlich eine $erfa}Wörung
an, richteten eine neue @tabtt>erfaffung, Commune genannt, auf, »erdichte*
ten ftet) gegenfetttg mit (Stbfchwüren §ur Sreue gegen btefetbe, unb auch
ben Slbel zwangen fte, ben gleicben (Sib §u leiften. iDtejentgen, welche ftch
wiberfet^ten, erfuhren bte graufantfte 53ehanblung: 33tele büßten wegen ge*
rtnger Vergehen mit SSerluft ihrer klugen, Rubere würben ohne Uttf)etl
unb $echt verbannt, Wlanfy aufgehenft. 5lud) sogen bte «Beschworenen
im Sanbe umher, brachen bte Burgen ber Stberfyenfttgen unb §ünbeten fte
an. ©otcheS gefchah Währenb ber großen Saften, ja auch noch wät)renb
ber heitf^rt Dfterjett."
4) 51. a. £>. bei öouquet XII, 539 unten flg.
486
tyakft. ©vegortuö VII. unb fein ßeitaikt.
„(Siner ber vomehmften 2lbeltgen be$ SanbeS," fährt bte ß^rontf fort,
„<£)ugo von ©tlle, fyatte bte SButf) bcv SBerfcbworcncn in befonberem ©rabe
gereift, weil er it)r Unterfangen als ein gotttofeö ^tnfteüte unb gegen fie
vrebtgen lief. $)eßhalb boten jene ba6 ganje Sßolf auf, verfammelten ein
«£>eer, unb rücften gegen bie 33urg ©ille, wobei ber 23ifcriof von £e Wlanü
unb bte Pfarrer ber einzelnen- ©emeinben mit $reu§ unb gal)tten an ber
@vi$e be3 bewaffneten ,£aufen$ voran§ogen. 2luch ©obfrteb von ÜM;enne,
ber QSormünber beS jungen £ugo, ber ben (Stb auf bte neue SSerfaffung
geleiftet fyatte, wor)nte bem 3u9e M/ aber nicht um ben 93erfchWornen §u
Reifen, fonbern um fte §u verberben. ^etm(ta) fnüvfte er Unterhanblungen
mit bem ^Burgherrn von ©ille an unb verftänbtgtc fta) mit ihm über einen
gemetnfamen *ßlan. 2118 nun am borgen, nachbem baö ftäbtifche £eer
vor <5tüe angelangt war, ber ^Burgherr mit feinen beuten hervorbrach,
unb bte Bürger fta) eben $um Kampfe rüfteten, fvrengte ©obfrteb unter
leiteten ba£ ©erüdit auS, baf fynkx ihrem SRücfen bie ©tabt Se Wlan$
von getnbcit eingenommen worben fei. £>tefe$ ©erücbt brachte einen
vanifa)en ©d)recfen f;ervor. 2)a$ ftäbtifche «!peer, ba8 gröf}tentf)etlö auö
Sanbvolf bcftanb, [täubte in wüber g(ua)t auSetnanber, worauf £ugo von
(Stile bte glüdittgen verfolgte unb fel)r viele tbeilö töbtete, tl;etlö gefangen
nahm. Unter Ü)enen, welche in bie £änbe be$ ^Burgherrn fielen, roar aud)
ber 93tfcr;of von £e 9Äan0, 5lma(b. 3Me 9^adt)rtd)t von fetner ©efangen*
fd;aft warb mit tiefem ©chmer§ in £e SDtfanö vernommen, unb bie ©tabt
glich mehrere Sage einem 6a)tff, baö feinen ©teuermann verloren l)at."
„3)och ber ^Burgherr von ©ttle, ein SDfann von guter ©eftnnung,
gab balb ben 33tfa)of wieber frei (unb fd)lo£ mit ben bürgern eine Ueber*
ctnfunft). 9iad)bem bieß gefd)el)en, wagte ©obfrteb von ffiaycnnt, ber
ein böfeö ©ewiffen tyatk, nid)t länger in £e 9J?anö §u bleiben, er fdu'cfte
ben Sftünbel £ugo, ^sjo'ö «Solut, §u beffen 2kter nacb Statten jurücf, er
felbft aber begab ftd) in eine gewiffe il)\n gehörige 93urg, ©erfenbte bage*
gen blieb in ber ©tabt. Gittern ba ihr $erhältntß ju ©obfrteb nutzbar
geworben war, unb ba fte, entfernt von bemfelben, faum §u leben vermochte,
befd)loß fte, ihm £e 9J?an6 in bie £änbe §u fvielen." ©ofort erzählt ber
(£l)ronift, Wie ©obfrteb im (Stnverftänbmffe mit ©erfenbte eines 6onntag8
unvcrfehen^ an ber 6vt£e von 80 ©olbaten bte SBurg ber ©tabt überrum^
))elte unb befe^te, wie aber bann bie 23ürgerfchaft ben benachbarten ©rafen
gulfo von ^njou 51t ^ülfc rief unb von ihm unterftü^t, ©obfrteb jur
glucht nöthigte, ba$ @cbloß eroberte, bte inneren Wt auern beffelben jerftörte
bte äußern bagegen, bie mit ben 33efeftigungen ber ©tabt ^ufammeuhtngen,
ftehen lief.
„3nbcffen,/y berichtet bie ©^ronif Weiter, „hatte ber 23tfchof von Se
9J(an3, ^(rnalb, eine Dteife naa) $om angetreten, warb aber, wäl)venb ber
93ierte3 Q3ud). Q>ap. 24. 9S>ilfjelm nnebet in ber üftounanbie. (Sommune in SJlaine. 487
SRJtffefyr, als er burd) ba3 ©ebtet beg SDtfarfgrafen 2lj$o $og, auf Befel)l be$*
felben mit feinen Begleitern verhaftet unb inS ©efä'ngntß geworfen. Sieben
SDionate blieb er in Banben; nadj Verfing biefer 3e^ füllte ber SJkrfgraf
9?eue über feine Zljat, letftete bem Bifebofe ©enugthuung unb fa^iefte tt)n
mit liefen ©efebenfen in bie ,§eimath jurücf. Um bie nämliche 3?\t ^ra<*
^önig 2Bilr)elm von Qmglanb mit einem großen £eere in bie Sanbfcbaft
9J?aute ein, belagerte bie Burg greSnat; unb verwüftete baS umltegenbe
Sanb weit unb breit mit geuer unb Sd)wert. Da bie Befatjung ber
5öua)t be$ Angriffs ju rviberftcfjen verzweifelte, übergab fte baö Scbfofj
bureb Vertrag, worauf ber «ftönig bis nat)e an bie dauern von Se SDtanS
rücfte unb bort fein Sager auffcblug. 9hm famen bie angefefyenften ($tn*
tt>ofjner ber Stabt r)erau3 unb gelobten bem Könige Unterwerfung, naaV
bem biefer ifynen bie gortbaucr tr)rer alten greil)eiten unb ©ereaptfame be*
[tätigt \)atte. Bon 9?un an biö an fein (§nbe lebte ber Bifcbof Slrnalb
von Se 9J?an6 rur)tg in feinem btftföflicfjen ©ige."
3ct) muß sunäct)ft bie Seit beftimmen. Saut 2lu6fage ber engltfc^en
(Shrontfen fällt1) ber ftegretcf?e 3"3 2Btlhelm6 nad) ber -Sflaine tn£ 3a^r
1073, unb zwar allem 2lnfd)etne nad) in bie zweite Raffte beffelben. 'Denn
ber ^önig hatte vorder ein großeö ^eer gefammelt, namentlich viele @ng*
länber angeworben,2) Lüftungen, wäf)renb welcber grühling unb (Sommer
1073 verftrichen fein wirb. Dem Einfalle 2Btll)elm8 gingen bie (Srrtctytung
ber Commune unb jene kämpfe wiber bie unzufriebenen 3lbeligen voran,
Welche ftcb ber neuen Berfaffung wiberfe^ten. Severe $ämvfe aber be*
gannen laut bem S^gniffe ber gleichzeitigen (^r)ronif von Se %flan$ in ber
gaftenzeit unb bauerten über £>frern tynauö fort, gerner r)atte, et)e bie
Berfaffung eingeführt warb, 9J?arfgraf 5l§jo ben Dfttcrweg nach Stalten an*
getreten. Derfclbe wirb alfo etwa um ben Anfang beS 3ar)re0 1073 au$
Se SDknS abgereist, bagegen im Saufe be$ 3ahreö 1072, zu einer 3>eitf
ba ber Normanne Wilhelm burch ben jfrtcg gegen Schottlanb beschäftigt
war, in bie 9J?aine herauSgefommen fein.
Daß 2f§§o, bevor er nach Se SftanS berufen warb, bem borttgen Bolf
bebeutenbe Befreiungen gemaebt haben muß, folgt ntebt nur auö bem
gewör)nlid)en Saufe menfehlicher Dinge, fonbern aueb aus bem Berichte be$
(£()roniften. Die *ßartr)ei, welche baS normannifche 3och abfchüttelte, fnng
bem 3taliener nur fo lange an, al$ bie mitgebrachten ©elbfummen au$*
reiften, fobalb er ntcbt6 mehr befaß, würben feine bisherigen greunbe lau
gegen ihn. golglict) war e$, als fte ihn etnluben, fetneSwegS tt)re 2lbftcr)t,
Steuern an ben neuen Sanbe£r)en-n ju §ar)len, fonbern fte wollten 9ht$en
von ihm stehen. 2Begen ©elbmangelS fonnte $§50 fein 3Bort nicht mehr
4) Flores histor. @. 638 oben. Soeben @. 205. 2) 2>uc§e$ne @. 523, d.
488
©regortud VII. unb fein 3ettalter.
galten unb fanb beßhalb für gut, bte SÄütf reife nach Stalten anzutreten.
2lber er lief feine ©emafylin ©erfenbto unter ber -Dbfyut jenes ©obfrteb
Zurütf, bem er ttorfyer Vollmacht erteilte, baS, wa$ unter ben obwaltenbeu
Umftänben nötfyig faxten, anzttorbnen, b. h« fcor Willem bura) Steuern bte
erfa)ö:pfte Äaffe zu füllen. ^Demgemäß err)ob ©obfrteb Auflagen unb fud)te
eine ^egterungöform, bte ber burd) ben ©tur§ ber normanntfeben £errfd)aft
abgefdjafften £)rbnung ähnlich war, wteber einzuführen. 9J?tt bem Slugen*
blief jebodj, ba er biefen 2ßeg einfd)lägt, ergeben ftcf) bte (Einwohner ber
9ftatne wtber ihn. 2)er (St)ronift fagt: „fte Ratten befdjloffen geeignete
Maßregeln ju ergreifen, bamit fte in 3ufunft Weber tton ©obfrteb noch
tton trgenb fonft einem Slnbern unterbrüeft werben tonnten."
(Sine grua^t btefeS 23efd)luffe3 war bie (Einführung ber fogenannten
Commune. SÖorin beftanb biefelbe? (Stgentrjümlicfyfeiten ber neuen
$erfaffung fann man auS ben Korten beS (5r)rontftert felbft nachweifen.
2)a$ @tabtregtmettt warb fand) fte ben abeligen ©efchlechtern, bte bt^fjev
bte ©ewalt befeffen Ratten, entriffen unb in bie ,£>änbe son £>brtgfeiten,
welche allem Slnf^etne nach baö 93olf wählte, niebergelegt. £)enn ber
9J?önch üon £e Ü0?an$ fagt ja, baß bie ©enojfen ber Commune ben 5lbel
(ber früher 9J?atne befyerrfdjte ober bcJt)errfc^en half) mit Waffengewalt §um
©e^orfam gegen bie neue Drbnung genötigt, ober gar, fowett er hart*
näcftgen Sßtberftanb leiftete, ausgerottet t)abe. 3^eitenö ftnb bura) (Sin*
fe^ung ber Commune bie Abgaben ber fteuerpflia)ttgen klaffen ober be$ ge*
meinen ?ßo\U roefentltai gemtnbert, t^eilroeife abgefa)afft worben. £)enn
abermal berietet ber (Ehronift, baß ba$ ftäbtifdje §eer, ba3 ben Slbel zur
Einnahme ber neuen £)rbnung nötigte, meift aus Sanboolf beftanb. üfticht
für nichts werben bte Sauern fcon üDtoine für bie Commune zum ©eroel)r
gegriffen haben, xmb jebermann weiß, baß man ben größter überall am
letchteften bura) (Ermäßigung ber Auflagen gewinnt.
2)oa) e$ bebarf in legerer £tnftd)t feiner €a)lüffe. (Sin jüngerer
3ettgenoffe, 5lbt ©utbert fcon Sftogent bei (Eoucty, ber, im 3af)re 1053 ge*
boren, 1124 ftarb, fagt1) in fetner ftm ifytn felbft »erfaßten fiebenSbe*
fchretbung: „Commune, ein neues unb gar böfeS 2Bort, hat bte SBewanbt*
niß, baß bie (Steuerpflichtigen ihren ©ebtetern l)infort nur einmal im 3af)re
ben fchulbtgen 3tnö entrichten, unb für etwaige Vergehen nur bte ttom
©efe£e fcorgefd;rtebene 33ttße leiften, bagegen oon allen anbern Abgaben,
welche fonft £erren tt)rcn porigen aufzuerlegen pflegen, gänzlich befreit ftnb."
£)te (Sommune ober baS felbftftänbtge ©tabtregtment war bte gorm, unter
Welver im Saufe be$ 11. 3ahrhunbert$ ba6 bemofrattfa}e Siefen fta)
Sahn brach.
•) S3ouquet XII, 250.
93ierteö 93udj. ($a£. 24. Sityetm totebev in bet 9iovmanbte. Commune in Sftatne. 489
Uebrtgenö lag ber Drang nad) ßommunen bamalö in ber geiftigen
2uft, rote vor 1848 baS ©efcf)ret nad) freiftnmgen Verfaffungen. 3m
Pommer 1076, bret 3af)re nad) bcm Vorgänge von £e 9J?anS, würbe, rote
id) früher1) geigte, eine Commune in lammend) errietet, fd)on 2 3af)re
früher Ratten, rote fpätetv bargetfjan werben foll, bte Bürger von (£ölu —
obwofyl ntd)t gegen baS 9t>td)3oberr)auvt — fonbern gegen ifyren (Srjbifdwf,
ber fretlta) @runbf)err von (£öln war, 2leljnlid)e3 unternommen. (Settbem
mad)te bte Commune über ein 3al)rl)unbert lang 9^unbc burdj bte @täbte
3taltenS, ©ermanienS, granctenS. Ausgegangen aber tft fte von 9MlanbS
dauern. 2BaS bort bte *ßatarta juberettete, trieb eine glamme empor, bte
in l)alb (Suropa §ünbete.
3mmerr)tn war 8e 9J?anS ber erfte £)rt bteffeitS ber Alpen, wo baS
SBeifpiel 9)?atlanbS 9?ad)al)tnung fanb. 9?un r)at eS in ber lombarbtfd)en
^auptftabt langer Vorbereitungen unb fefyr günfttger Umftänbe beburft, er)c
bort bte ©emetnbefreifyeit tnS Seben trat. 3ft eS glaublich, baß baS Volf
ber 2anbfd)aft 9Q?atne, baS faft mit einem ©d)lage von ber «ftnedjtfdwft
§ur ©etbftregterung überging, einen folgen SQSec^fef ot)ne ben @dm$ einer
fremben tt?or)ftr)ättgen £anb burd)§ufür;rett vermoorte? 3er) fage nein! wenn
fo etwas gelingt, gefa)tel)t eS in ber 9tegel nur burd) ben Sßetftanb einer
vernünftigen, gearteten, ber §errfd)aft funbtgen unb worjlorganiftrten ©e*
walt. 2ßer f)at aber ben bürgern von 2e 9QknS bei ($tnfür)rung ber
Commune geholfen? £)l)ne grage ber bortige 93ifd)of Arnalb.
VewetS: alö bte bewaffnete 9D?annfd)aft t>on 9J?aine gegen ben ber
greifyett abgeneigten SBurgfyerrn von (Stile, «gmgo, auSrüdt, §teJ>t bte gefammte
©eiftltd)fett, ben 23tfd)of an ifjrer @pt#e, mit Äreuj unb gähnen bem £eere
voran. Arnalb fyat alfo bte Bewegung nict)t nur gut geheißen, fonbern
beförbert. 3*witenS nad)bem baS £eer, von pantfebem (Bereden ergriffen,
auSeinanber geftoben war, nafym SBurgrjerr £ugo ben 23ifd)of Arnalb ge*
fangen, er berjanbefte itya alfo als einen 2Dcitfd)ulbtgen , ober vielmehr alö
Anfttfter ber Commune. Drittens faum r)at ©obfrteb von üftatyenne burdj
Verratl) bte 33urg ber 6tabt £e SflanS überrumpelt, als ber 23tfd)of eine
Dieife nad) $om antritt: er gel)t alfo bem ehemaligen Regenten, gegen
welken bte (Commune §unäd)ft gerietet war, forgfam aus bem £ßeg, unb
§war offenbar, weil er beffen 9^act)e fürchtet. Sarum wirb Arnalb gerabe
nad) *Rom gereist fein? 3cf) benle barum, weil er bort klagen, bie --
wie er wußte — ber 8 bis 10 Monate früher nadj Stalten jurüdge*
fommene SJcarfgraf A§§o, ein Vertrauter ber $trd)enpartf)et, wiber h)n er*
^oben fyatte, entgegen arbeiten wollte.
Viertens auf ber ^üdretfc aus 9?om begriffen, wirb Arnatb burd)
l) «anb I, 116.
490
$aBfl (SregortuS VII. unb fein Beitalfer.
A§$o'3 teilte verhaftet unb fteben Monate gefangen gehalten. 2)a6 I>ei#t
abermal: 5t^o Jjat ben S3ifcf^of alö Anftifter ber (Commune von £e 9D?an3
bebanbelt. Aber noch etwas AnbereS folgt barauS, nämlich bteß, baß ber
93?arfgraf bie Hoffnung aufgegeben i)atte , in 9fom gegen Arnatb Stecht §u
ftuben, benn fonft würbe er nimmermehr gegen einen ^Mfctiof §u bem ^öcbft
bebenden ÜDtfittel ber (Eelbftf)ülfe, baö if)m nachher in ber $hat übel
genug befam, gefchritten fein.
3m Angefleht ber eben entwicfelten ^atfacben fdjeint eö mir unjwetfel*
r)aft, baß in Se S0ton$ bie Commune unter eifrigfter 9(ftitwirfung 5lrnalb^
eingeführt werben ift. Sollte nun ber 23tfct;of bie Verantwortlichfeit etne6
fo bebenflichen Unternehmend auf ficr) allein genommen haben? ©ehr ftarfe
©rünbe jeugen gegen biefe an fid) unglaubliche — man fann fagen un*
clerifaltfche — Vorau$|e£ung. 9?aa) Aufrichtung ber Commune, §u einer
3ett, ba bie neue £)rbnung buret) bie Umtriebe @obfrieb6 von 9J?atyenne
bebroht ift, wenbet ftdj Amalb an *ßetrt Schwelle, fud)t bort §ülfe. 3cb
frage, ift bteß nicht ein 23ewetö, baß er, ehe er bie £anb an'S 2Öerf legte,
ftch ber 3uftwunung t>eö *ßabfte3 ^erftdt)ert haben muß; benn nur wenn
bteß vorangegangen war, burfte er h°ffen/ ©ehör §u ftnben. §ie§u
fommt noch , baß 2)te, welchen Arnalb gegenüber ftel)t, burchauö wie Seute
hanbeln, welche bie Ueberjeugung he0cn/ bex 93ifcr)of von £e Wlan$ habe
einen mächtigen $ütfl)alt hinter fid). 2)er ^Burgherr von Stile nimmt Arnatb
gefangen, gibt ihn aber ntebt nur balb wieber frei, fonbern legt auch fyw*
fort ber Commune von £e 9D?an6 feine weiteren (Schwierigfeiten in ben Seg.
933te fann man bieg anberö erflären, als burch bie Annahme, ber ge*
fangene Arnalb werbe bem Burgherrn ju @emütl)e geführt fyäbm, baß bie
Commune von £e Wlan$ unter bem Schule einer l)öt)crn 9ftad)t, als ber
be$ bortigen 33tötr)um^, ftet)e. 9?odj mehr ! gleich bem Burgherrn von Stile
vergreift ftch 9Jkrfgraf A§§o an bem SBifchofe unb hält ihn 7 Whnak lang
in Vanben. *piö£ltch aber entläßt er ihn au$ bem Werfer, letftet überbieß
firchliche ©enugtr)uung für baö begangene Verbrechen unb befchenft ben
befreiten. SBtrb A^o ftch btefer Demütigung aus eigenem Antriebe
unterworfen haben? @cwiß nicht! er muß burch eine unwiberftehltche getft*
liebe sJJ?acht, ben *ßabft, ba§u genötigt worben fein. Arnalb, Urheber ber
Commune von 2e 9J?an6, genoß alfo ben Sd)U$ beS Statthalters $etri.
Sticht auö Abneigung ober gar Untreue gegen ben Normannen 20311*
heim, ber big 1072 fein Sanbe^herr war, fonbern barum, weil nach Aug*
bruch ber von A^o erregten Unruhen fein anberer Ausweg gefunben werben
fonnte, fyat S3tfcf?of Arnalb bie Aufrichtung ber Commune begünftigt. 3$
muß auf ben 93ertcbt ber (£f)ronif von £e Wlan§ §urücffommen unb ben*
felben vervollftänbigen. 9?ad)bem ber 9J?önd) erzählt hat, wie bie mit ber
normannifeben ^errfchaft un§ufrtebene ^arthet in ber s3ftatne ben Italiener
93terte3 93ucfy. (5aV- 24. 3BiI^etm toteber in ber OJormonbie. (Sommune in Sttaine. 491
3ljjo herbeirief unb nun bfc Vefarjitngen 2ötlhelmö au£ €tabt unb Sanb
»erjagte, fäfjrt berfelbe fo fort: „al$ SBifcbof 5lrualb fat), wa6 gefabelt
war, »erließ er eilcnbö bte €>tabt, bamit nicbt ber Verbacht auf i$n falte,
al£ l)ätte er bte 93ürgerfd)aft §ur Untreue »crlettct, fcbtffte nach (£nglanb
hinüber jum jtöntg unb fanb bort gnäbige 9lufnar)me. Stuf bie 9?ad)ri*t
hteoon fiel bie *ßarthet 2(^o'6 in ße 9)tan$ über alles (Sigentlntm be$
SBtfcbofö tyx unb belegte e3 mit Vefd)lag. £)eßhalb verweilte Slrnalb nur
furje $c\t in Gntglanb unb fefjrte bann mit Urlaub be3 Königs unb reiav
lid? »on ü)m befebenft an feinen btfd)öfltd)en <&\§ jurücf. Allein Sfeo'S
^jarthei nahm ihn aus £aß gegen Lintig 2Bi(t)e[m nicht in bie 6tabt auf,
fonbern Slrnalb mußte mit feinen ^attSgettoffen im Älofter $um tyil Vitt*
cenj, baö außerhalb ber dauern lag, verbleiben, bte ber ftäbtifche (Eleru3
mit ben @egnern einen Vertrag abfchloß, in golge beffen bem 53tfd?ofe
enblia) bie 9tutffef)r geftattet warb."
£)ie glucbt 5lrnalbö nach Qmglanb fällt, wie ich oben jeigte, allem
2lnfd)eine nad) in ben §erbft 1072, ba Wilhelm ilrieg gegen (Scbottlanb
führte. £)hne 3roetfel hat 23tfch°f *>om Könige £ülfe begehrt, aber
Seljterer fonnte fte nicht fogleich gewähren, weil ber ^ampf gegen
9)calfoIm feine Gräfte in Slnfyruch nahm. 5116 nun Slrnalb Votfa)aft
erhielt, baß all' fein in £e Wlanü §urüdgelaffeneS (Stgenthum fchroer be*
broht fei , fet)rte er mit Urlaub beg $ömg3, aber obtte roefentlicbe Untere
ftü^ung jurücf. 2)aö ty\$t, SBilhelm hat ihn auf ba3 fommenbe 3ar)r »er*
trb'ftet, »orerft aber e6 bem 23ifd)of überlaffen, fieb, fo gut e$ gehe, auö ber
Verlegenheit $u Reifen. 23et feiner $üdfef)r ftnbet Slrnalb bie $hore w*
fchloffen, unb nur ein Vertrag mit ber Vürgerfchaft öffnet ihm biefelben.
tiefer Vertrag muß ber erfte (schritt jur Einführung ber Commune ge*
wefen fein, muß auSbebungcn fyabtn, baß 5lrnalb bte neue £>rbnung be*
günftigen werbe. 2)enn fur§ barauf beginnt bie Vewegung unb Slrnalb
jeigt, inbem er bem 53ürgerr)eere mit $reu$ unb gähne »oranjteht, burch
bie %^t, baß er ba$ @efcher)ene billige.
9cad) Verfluß »on 8 m 10 Monaten, im £erbfte 1073, erlernt
Äöttig Wilhelm mit ^eereömacbt »or £e 9D?an3 unb nimmt bte 6tabt
burch Vertrag ein. 2Bie [teilte er ftet) nun §ur Commune unb ju bereu
33efcbü^er, bem 23tfchof Slmatb? Skr 9>J?önct) fagt: „Wilhelm beftätigte bie
alten greihetten unb ©erechtfame ber 33ürgerfchaft," unb weiter: „fettbem
lebte ber S3tfd}of in 9fur)e unb grieben bis an fein (Snbe." £)a nicht wohl
einjufehen tft, welche gretheiten 8e 9Jcanö unter ber $lbel$* unb ©rafeiu
herrfchaft »or 1073 genoffen höben foll, fo fcheint cS mir geraden, unter
ben Einrichtungen, welche ber 33aftarb gut hieß/ bie (Commune ober wenigftenö
l) S3ouquct XII, 539, c. d.
492
$abft ©regottuS VII. unb fein Bettalter.
einen guten Sfeetl ber $Äec&te, bfe fte gefcfeaffen featte, ju begreifen. 5luf
benfelbett Erfolg n^ciöt SSMlfyelmS Vcrfeältntf ju Slrualb fem. konnte ber
9J(öncfe fagen, baß 5lrnalb feitbem im grieben lebte, wenn ber Äönig burcfe
völlige Vernichtung ber Commune bem 2lnfefeen beS 23ifcfeof3 einen tobt*
Itcfeen Stretcfe wrfcfct fechte?
(Sin weiterer, unb §war ein gcwtcfetiger ©runb, ben bte ©efcfetcfete
granfreicfeS liefert, fommt feinst, ©egen (Snbe be$ 11. unb $u Anfang
be£ 12. 3aferfeunbcrt$ entftefeen in ben ©täbten be6 nörbltcfeen 9fJeuftrten6,
ntcfet fern oon bem ©cfeauplafce ber oben erjäfelten SBegebenfeetten, §u 9?oi;on,
SBcau&atS, 6t. Duentin, £aon, 2lmien3, (SotjfonS, ©enS, OffeeimS, eine
^etfee fcon Kommunen. l) 3cfe fage nun , nimmermefer würbe bieg gelungen
fein, wenn ber erfte §u £e -BRcmS gemacfete Sßerfucfe, bürgerliche gretfeeit auf
neuftrtfefeem 23oben anzupflanzen, gänsltcfe mißglückt wäre, etilen 2ln§etgen
naefe feat ber Normanne 2ötlf)elm ntcfet geroagt, baS 2Öerf bc6 SßtfcfeofS
5lrnalb t>on £e Wlan$ unb ber römifefeen $trcfee um§uftoßen. (Srbaut
Wirb er freiliefe wenig baoott gewefen fein, beim gewaltige ^errfefeer, wie
er, lieben bte ©elbftftänbtgfett ber kleinen niefet. 9te in einer ^tnftebt,
benfe tefe, bürfte ifem bte Commune £on £e 9)?an$ gefallen feabeu. ©ie
war ein ©egengtft wtber baö eferfücfettge treiben ber untergeorbneten
naftengefcfelecfeter, wie ber gulfo oon 2lnjou, ber ©obfrteb oon 9J?atyenne
unb anberer ©auföntge, bie unter ber 9J?aöfe be$ in ber Sttatne ange*
Zettelten ©ptetö ftefe an bem gefeaßten Normannen §u reiben fuefeten.
Vetteren Sluffcfeluß über bie bamaligen Verfeältntffe SStlfeelmS zur
Ärone granfretefe unb jum römifefeen ©tufele geben (Sretgniffe , bie balb
barauf tu golge ber Bewegung §u $c 9Jlan$ eintraten. 3cfe feabe an einem
anbern Drte 2) gezeigt, baß ©obfrteb Partei oon Slnjou, ber in früfeerer
3ett ben Normannen 2Btlfeelm feartnäcftg befä'mpft featte, 1060 fmberloS
ftarb. ©ein (£rbe fiel an jwei Neffen, ©öfene ber ©efewefter kartete,
gulfo IV., mit bem ^Beinamen beö 3^nfer^, unb ©obfrteb III., ben SBär*
tigen, bte ftefe in ben Sftacfelaß beS £)feetm£ tfeettten. 3ener erfetelt 2lnjou
fammt ©amtonge, btefer bte Souraine. 3) gulfo ber 3«nfer übernafem
gletcfe bte erblicfee geinbfefeaft feines DfeetmS wtber ben 33aftarb t>on Kotten.
Strglifttg mtfefete er ftefe in bte Girren ber 9Jcainc, um bte Sattbfcfeaft
jugleicfe bem 3taltener unb bem Normannen §u entreißen. 2Bilfeelm fann
auf SRacfee unb balb bot ftefe eine güttftige ©elegenfeeit. Drbertcfe 93ttalt$
erjafelt:4) „naefebem bte Staute berufetgt unb bte §errfcfeaft 2ötlfeelm3 bort
feergeftellt war, befefeloß ©raf gulfo t>on Slnjou, 'ootX 9?cib, gewiffe bem 9?or*
mannen ergebene ©roße §u aücfettgen. S3efonber^ flerfeaßt war ifem 3ofeann
A) 2)ie 93etoeife gefammett yon %f)kxx\), lettres sur Thistoire de France cap. 15 ftg.
2) €>Ben @. 265. 3) S3ouquet XI, 138, a. b. 220, a. 231, a. 270, c. d. 4) £u*
fyöne @. 533, b-d.
93ierte$ 23udj. (§a£. 24. SBityehn linebev in ber Stonnanbie. (Sommune in SWaine. 493
be Ia glect)e, einer ber mächtigften Männer im Sanbe 2lnjou, weil berfelbe
bem Normannen I)te(t." S3erfterft geftct)t J){er ber (£t)ronift ein, baß
2ßtlt)crm in ben benachbarten (Mieren spartet machte, unb bie angefet)enften
3kfatlen jnr Untreue gegen tr)re £ef)en6herren, bie Heilten Dtynaften, verleitete.
($r l)at unverfennbar nach ber $errfc$aft über ba$ nörb(ict)e granfreid) geftrebt.
Drbertct) fät)rt fort: „als 3ot)ann jtcfiere Äunbe erhielt, baß il)u ©raf
gulfo bemnäctft angreifen werbe, fucf)te er SBunbeSgeuoffcn §u geroinnen,
namentlich bewarb er ftct) bei $önig 2ßilt)elm um £ütfe, bie il)m and)
§ugeftci)ert warb. Sö3ill)elm fchtcfte erprobte £auptleute au$ ber 9?ormanbte
mit genügenber Mannfct)aft, weld)e bie 3ol)ann gehörigen Orte befefcten.
Die ^ad;ndt)t fytevon beroog ben ©rafen gulfo, ein SBünbniß mit §oel,
bem ^erjoge ber Bretagne, $u fließen. $oel §og mit einer großen ©d)aar
S3retagner bem ©rafen ju «gmtfe, unb 33etoe brachten 3ot)ann fammt feinen
§ugejogenen geifern in t)arteö ©ebränge. Allein nun bot jtönig 2Bill)elm
abermal feine Normannen unb 2lngelfachfen fammt anbem il)m tmterttyfr
nigen Stämmen auf, unb rücfte mit einem ^eere, baS 80000 6tretter
gejault l}aben foll, in Slttjou ein. @leichwol)l wichen gulfo unb £oel vor
einer folgen Mad)t md)t §urücf , fonbern festen mutf)ig über bie Sotre, ver-
brannten bie 6dn'ffe, bamit feiner tt)rer Seute ftct) burct) bie glud)t retten
fönue, unb [teilten ftct) §unt Jlampf."
„Dennoch warb ber ©trett ntdt)t mit Saffen einschieben; benn im £ager
be$ Königs erfctjtenen ein (£arbinal^re3bt;>ter ber römifd)en $trct)e unb
etltdtje Mönche, welcbe jum grieben rieben unb auch ihre 2lbftd;t burch*
festen, ba mehrere normannifche ©rafen, welche ben «ftrieg gegen 5lnjou
für ungerecht hielten , berfelben Meinung beitraten. 5ln einem Orte , ber
23lanfalanb, fonft auch 23rm;ere3 tyxfyt, fam ein Vertrag unter folgenbeu
SBebtngungen §u ©tanbe: ©raf gulfo von Slttjou tritt bie ©raffcf/aft Maine
mit allen fechten, welche ber junge 9tformannenher§og Robert, be$ Königs
(Srftgebomer, burd) feine SBraut Margaretha von ©raf Heribert II. geerbt
hat,1) an eben biefen «§>er§og, be3 Königs @ot)n, ab. Dagegen erfennt
Robert ben ©rafen gulfo al6 £er)enherm ber Maine an unb leiftet ihm
^ulbtgung; alle Einwohner ber Sanbfchaft Slnjou, weldje gegen gulfo für
ben Lintig, unb umgefehrt, alle Snfaffen von Maine, welche für gulfo
gegen 2Btlt)elm *Partf)et ergriffen fyaUn, werben bcgnabtgt." Drbertch
fließt feinen Bericht mit ben Korten: „ber Vertrag von 53lanfalanb blieb,
fo lange $bmg Sötlrjelm lebte, §um 9Sortf)eil betber %l)tik aufrecht."
Die kämpfe in Maine Jjaben auS ben früher angeführten ©rünben
bie in ben ©pätherbft 1073 gebauert. Da nun Drbertch fagt, baß $önig
Wilhelm bie $ngelfad)fen unb Normannen §um jweitenmale aufbot, wa£
') <5iel)e oUn <§. 266 flg.
494 ©rcgortuö VII. unb fein 3eÜaltet.
eine vorangegangene Gnttlaffung bc$ £eere& vorau6fe£t, ba ferner $u
Sßollftrccfiing einet folgen ^tufgebotö geraume 3ett erforbert warb, bleibt
ntcbtS Ruberes übrig, als ben gelang nach 5lnjou in ba$ folgenbe Satyr
— nämlich 1074 — $u verfemen. Rubere 3^9niffe ftimmen ju; laut ber
SluSfage 4) beö glorentiuS von 2Borcefter weilte 2Bilt)etm vom 3af)re 1073
bte jum £crbfte 1074 in ber 9?ormanbie, waS er wof)l niebt gettyan haben
würbe, hätten ifyn nicht brütgenbe @efd)äfte, Wie ber ßampf gegen gulfo,
bort feftgetyalten. -»Reben bem ©rafen von 2lnjou erfchetnt ber 33rctagner
£oel alö £auptgegner beö Könige. 9?un war ber erftgeborne (Sotyn unb
nachmalige (Srbe £oel6, SlHan gergan, mit 2ßi(tyelm nach (Snglanb ge*
$ogen unb hatte als 2of)n feiner bort geleifteten 2)tenfte beträcbtlid)e ?etyen
erhalten.2) golgltch muß mittlerweile ein 3ern>öifni| jroifctyen 2ßütyehn
unb bem £aufe ber ^Bretagne eingetreten fein.
Ueberall flößt man aufspüren, baß fett völliger ^eftegung ($ttglanb£
bem Könige gefctyäfttge £änbe entgegenarbeiten, um ein wetteret 28ad)3*
tr)um feiner Wlacbt §u tyemmen. (Subita) ber (Streit beS Normannen mit
gulfo wirb nietyt bura) Staffen angefochten, fonbern bureb llntertyanblungen
vermittelt. (Sin römtfetyer (Sarbtnal unb ungenannte f£Röncf)e werfen ftd)
jroifctyen bte fantyfberetten (Gegner unb fdjrctben vor, waö ju gefebetyen habe.
(£$ ftnb bte Legaten bee neuen ^abfteö, ©regortuS "VII., welche bae 2lbenb*
lanb nach allen Dichtungen burd)jtel)en , bie Heilten unb großen §öfe über*
wachen unb eingreifen, wo e$ notf) tfmt. 2Bir ftnb jefct im Staube, ein
©efammtbtlb vom bamaligen SBerhältntffe bet Normannen jum 6tutyle *ßctrt
unb §um franjöftfctyen §ofe §u entwerfen.
Dtyne grage war e$ ^tltpp 1., ber ben Slufftaub tu SWatne gegen
bie normannifetye ^errfctyaft anbettelte. Allein $etri Statthalter billigte
biefe Bewegung nid)t, SDfarfgraf 5lj§o, *ßhütM>$ 2Bcrfjcug, muß ruhmlos
nad) Stalten jurüeffc^ren unb wirb midier genötigt, bem 33tfctyofe Slrnalb,
SBeftfrberer ber Commune von £e Sftanö, an bem er ftch hatte rächen wollen,
©enugtbuung §u letften. 3n ber ^tyat hätte ba3 in Wlaint leia}tftnnig
vom fran$öftfct)en §ofe ange^ünbete geuer nur baju bienen fönnen, 3«>k*
txadjt unter ben ©liebem ber großen abenblänbtfd)en $trd)enpartf)ei §u fttften
unb überbteß bie ehrgeizigen Umtriebe ber Heilten £)t)ttaften p förbern.
deutlich erhellt au$ £)rbertch6 Bericht, wa$ bie tyrontf von 2e SflanS
verfchroetgt, nämlich baß ©raf gulfo gleich SlnfangS feine §änbe tn bte
3erroürfniffe ber D^aine gemtfebt hatte, beim fraft beö 3Sertrag6 von SBlanfa*
lanb betvilltgt ja 2ßilhelm ben (Singebornen, bie gegen ihn für gulfo ftdt)
erhoben, 3Serjeihung.
OTetn roenn ber $abft 2)aö, Wae in ber 9Mne von Äo'nig $h^W L
4) Flores bist. ©. 637 unten flg.
2) @te^e oben ©. 434 oben.
93terte$ $ud; (5a£. 24. SMfjetm lieber in ber Jflormanbie. (Sommune in Wlaint. 495
unb gulfo angebettelt roorben, verroarf, fo fonnte er ebenfo roenig bie von
2Btlr)elm an bem £aufe von 2e -UiftanS verübten ©eroaltthaten unb ben
unruhigen (Styrgeia gut feigen, ber ben 23aftarb trieb, eine *Provtn$ beS
nörb(ia)en 9ceuftrtenS um bie anbere an ftd) ju reißen. 2£enn bteß langer
fo fort ging, roürbe granfretch in unüberfefybare 23erroirrung geftürjt unb
julc^t aus bem Greife felbftftänbiger Nationen getilgt roorben fein, roaS
*ßetrt Statthalter als allgemeines §aupt ber d)riftltd)en Staatenfamilte nicbt
bulben burfte. 2)enn baS eine SSolf ift gleid)berecbtigter Sohn ber Kirche,
rote baS anbere. Sllfo mußte ben SBegterben beS 23aftarbS ein 3)amm ent*
gegengefe^t »erben.
Slber roie? ©elfter von gcroirtmltchem Silage roürben bie nahe lie*
genbe 2luSfunft geroählt fabelt, ben einen ber beiben Könige — Philipp I.
von granf reich — auftuforbern, baß er baS Schroert gegen ben ungerechten
Machbar in ber SRormanbte stehe. £ätte bteß ber $abft getfjan, fo roäre
ein 23ruch mit 2Btlr)eIm erfolgt unb baburd) ber gortgang beS großen in
(£nglanb begonnenen 2ÖerfeS chriftltcher ©eftttung unterbrochen, vtetletd)t
jerftört roorben. 9cod) ein anbereS Unheil roürbe barauS entftanben fein,
jtöntg ^Philipp &efaf einen (Sr)arafter ber 2lrt, baß große 3been nie auf
ihn roirften. Gittern folchen gürften bie Staffen in bie £anbe geben, ift
mehr als gefährlich- ©regor VII. hütete ftcf) roorjl, fo ju hobeln. Sein
Scharfftnn entbeefte in ber sD?atne felbft baS geeignete Littel ber 9Borfer)r.
Durch eine bürgerliche 33erfaffung, welche Stabt unb £anb erhielt,
rourben bie (£tnroor)ner angeleitet, ftdt) felbft §u regieren, bamit fte, im galt
bie Könige beharrlich Erfüllung ihrer Pflichten verweigerten , feiner monar*
ct)ifcr)en Leitung bebürften. 2)ie tyit roar gekommen, roo neben ben 23e*
fugniffen ber gürften unb beS 9tbelS auch bie 9J?eiifcr)enrecr)te ber nteberen
klaffen ntr »ollen ©eltung fommen follten. 9cun gibt eS feinen fixerem
2ßeg, bte greifet 2111er ju fernen, als roenn man bie SBölfer burch ver*
nünftige ©efefce befähigt, im 9cothfall auch ohne Xtyom auf eigenen güßen
§u ftehen. 23eibe (St)roniften , tt>eldt)e bie Vorgänge in ber -DJcatne unb in
5lnjou befchretben, Drbertct) unb ber TOnct) Don £e 9J?anS, verhüllen
ftchtlich ben h^orragettben Einfluß, roelct)en 93tfchof 2lrnatb, unb nod)
mehr, roelcben ^ßetrt Stuhl auf bie Gmtftehung ber Sommune von £e 9J?anS
übte. 2)aS ©efchrei: „euer $eicf) ift nicht von btefer 2Belt," baS bie Sb'hne
9ctmrobS unb ihr Anhang bamalS, voie heute noch, gegen bie Äirche er*
hoben, fchüchterte fte ein. SftetaeS Trachtens hat ©regortuS VII. bie £)b*
liegenheiten beS erhabenften aller irbifchen Slemter bei jenem 2lnlaffe als guter
Shrift unb als vollenbeter Staatsmann erfüllt.
£)te weitere (gntrotcflung ber Ü)inge in 9Jcaüte unb Slnjou rourbe von
berfelben funbigen ^anb fo geleitet, baß *ßetrt Statthalter bret für bie
^ira)e unb baS 393ohl §roeter Golfer gleich roichttge Swdz erreichte. Jttfntg
496 $abfl ©vegomtö VII. anb fein fritdhx.
2Bt(f)efm hatte, c^e er in £e $?an6 etnriufte, bie grcir)etten unb ©erect>
fame ber Stabt beftätigt. 3)amtt war ein *£etm bürgerlicher greifet für
bie 3ufH»ft gewonnen, 3weiten3, bte Uebereinfunft von 23lanfalanb fprach
jwar bie £errfd)aft über Sterine bem erftgebornen (Sohne 2ötlt)elmö 511,
aber biefer nämliche (Solut mußte vorher bie £efyen%rrltcbfeit be6 £aufe$
von 2lnjou anerfennen. £teburch fjaben bte Legaten be£ $abft<3 ber $rone
granfreid) einen großen <$tenft geletftet. gulfo War VafctU Philippe L,
unb biefer blieb bat) er, bura) Vermittlung jenes, oberfter Set)enöc)err ber Sanb*
fchaft 9J?ahte, ja er fonnte feitbem fein *Red;t nachbrücf lieber ausüben, als
felbft in bem galle, wenn bte 9Mne wteber einen eigenen ÜHutaften er*
galten fyStte. Ü)enn burd) ba6 2lfterlef)en geriet!) Robert §u gulfo in
fehwtertge Verhältntffe, n>etcr)e tlnn ben Stilbruch böfet £änbcfe*brohten.
Ruberer (Seite mußte gulfo, um feine Roheit über ben mächtigen 9cor*
mannen behaupten §u fönnen, fict) enger, als e6 fonft wor)t gefebe^en fein
würbe, ber trotte anfepeßen. Senn §wet mit einanber ftreiten, J)at ber
Dritte gewonnenes (Spiel
Subita) — unb hierauf legten ftcberlicb bte Legaten baS meifte ©c*
wicht — enthielt ber Vertrag Don SManfalanb, obwohl nur mittelbar, aber
gleichwohl befttmmt, ben 9tea)t6fa|, baß nta)t mer)r Äontg 2ßilf)elm, fonbem
nur beffen erftgeborner Solm Robert wahrer unb gefeilterer Ǥer$og ber
^ormanbte fei. Um granfretchS 3ufunft §ft ftct)em, ober mit anbern
Sorten, um §u verhtnbern, baß Stlhelm, burch bte Eroberung ßngtanbS
übermächtig geworben, feinen ßer)en0t)errn, ben Jlöutg von ^euftrten, erbrüefe,
hatte *ßetri (Statthalter tn golge ber geheimen Unterhandlungen, bte bem
englifcben 3uge vorangingen, bem Vaftarbe baS 3ugcftänbntß abgerungen,1)
baß er, §um 23eft|e ber brittifchen trotte gelangt, bie 9lormanbte an feinen
(Srftgebornen abtreten unb ihm, auf ben bezeichneten gall hin, von fämmt*
liehen Vafallen r)ulbtgen laffen werbe.
(Sine vorläufige ^ulbtgung war fchon im Sommer 1066 erfolgt unb
im ^erbfte 1067 fogar wtebertjolt worben, aber jur Abtretung fonnte ftdt)
bis bahtn Wilhelm noch immer nicht entfalteten, @r hat btefen $unft ber
geheimen Verheißungen von 1066 theilweife erft 1080, gan$ erft auf bem
^obtenbette erfüllt. 9cun führte ihm aber ber Vertrag von SBlanfalanb
energtfeh bte begangene UnterlaffungSfünbe §u ©cmüth, benn bte Vefttmmung,
baß bte Satire ntd)t bem Vater äßtlfyelm, f entern bem «Sohne Robert ge*
höre, fd)loß bie anbere in ftd), baß ntct)t jener, fonbern biefer #err ber
9cormanbte fei. Der Vertrag machte nämlich bie ©raffetjaft Sftatne §u
einem Slnhängfel beS ^ersogtfutmS, unb nur als rechtlicher 33eft£er beS
Ickern würbe Robert auf ben 23eft& ber erfteren angewiefen.
l) ©iefje ohm @. 362.
93terteS 23ud). (Sap. 24. 2Bifljetm totebev in bet Stormanbte. ^odf^ett in 9lox\vid). 497
$)te enge $erbinbung mit $etrt ©tuf)l Ijat bem Saftarbe große *Bor*
tljetle gebraut, aber ebenbtcfelbe war, im galle er fta) als ungefyorfamer
6of)n ber jttrcfje erwieö, ntd)t ofme eigentümliche 6taa)eln. Strflid) befam
er bamalö bte 3uc^tru^e Su füllen unb §war olnte grage beßfyalb, roett
er bfe oerftoroa)ene Abtretung magerte. 2lttd) fonft ftnben fta) ©puren,
baß $abft ©regortuö VII. um jene 3^* ^m Normannen grollte. Unter
bem 4. 2tyrtl 1074 richtete er an bte Königin $?atf)übe, 2ßilf)elm$ @e*
mafyltit, einschreiben,1) worin er tl)re 2)emutf) unb tl)ren d)riftlichen Eifer
lobt, bann aber fo fortfährt: „liege unabläfftg beinern Spanne mit Er*
ma^nungen an, bie gum «gjette fetner ©eele btenen mögen ; benn wenn,
wie ber Slpoftel fagt, ein ungläubiger (Seemann juweilen bura) eine
gläubige grau gerettet wirb, fo vermag noch viel mef)r eine gläubige grau
ihren gläubigen Wann §ur SBefferttng anzuleiten. " 2)a3 war ein feiner
Sinf, baf SBtl^elm nicht mehr gan§ fo fei, wie er fein feilte. Ü)er 93rtef
fällt metneö Erachtend tn bie 3?tt, ba bte SSer^anblungen wegen ber Sflaine
fajwebten unb fpielt auf bie serjögerte Abtretung ber 9?ormanbte an.
Um bte 3>ät ber 33eenbigung be£ Kriegs in Slnjou erfolgte — boa)
nicht bteffettS be£ EanalS, fonbern in Englanb brüben — ein brttter Schlag
gegen ben Normannen, unb §war ein <Sa)lag, bei bem jule^t bte £anb be$
fran§öftfchen Königs ans £age£ltcht l)eroortrat. 2Btlf)elm gtfcoöbera, ber,
tote ta) oben geigte, im legten 3af)re feinet Sebent fta) im Unfrteben tton
bem SBaftarb getrennt unb bagegen mit $f)ilipp I. angefnüpft IjatU, fytnter*
lief, außer ben $wet früher erwähnten (Söhnen Stöger unb 2Ml)elm, eine
$oa)ter Emma. $oger, Erbe ber englif eben @üter fetneö SSaterS, wollte
bte ©chwefter »ermäßen. <£>te§u beburften er unb fte, fraft beS beftehenben
£ehenred)t6, föntgltdjer Einwilligung. 3)te 23efugniß ber Jtrone, in folgen
gällen tl)re Einwilligung §u geben ober $u oerweigern, war eine wefent*
lta)e, unoeräuß erliefe.
$öntg Sil^elm -harte, wte ba$ SBetfptel Hogers felbft heftetet, ben
(Söhnen feiner 33afatlen Erbliarfett ber säterltdjen Seijen jugeftanben. 2Mefe6
3ugeftänbniß fonnte an fta) bie golge ^aben, baß bie großen £et)en be3
SanbeS burd) £etrarr)en in bie £änbe oon Erben gerieten, bte ber $rone
feine SBürgfdjaft ber Sreue boten, fonbern fetnbfeltge ©eftnnungen Regten.
2)affelbe bebrol)te baljer bie SRnty beö <5taat$ mit einer großen ©efafyr,
bte nur bann abgewenbet werben mod)te, wenn ber Äönig »olle gretl)ett
befaß, el)elta)e SSerbinbungen ber t)oJ)en 3Safallen gut ju Reißen ober §u
unterfagen. 9^an ftel)t bal)er, $öntg ^Bil^elm mußte aue gebtetertfa)en
9fücffta)ten beö öffentlichen 2Bol)leö auf 5luöübung bee fraglichen 9?ea)teö
beftel)en. Er f)at baffelbe geübt. 2)te 2öal)l ^ogerö be§üglia) ber 33er^
') Saffe, regest. Pontif. 9^r. 3613.
® f 1 5 r e r , $abji ©regociu« vn. 23b. Iii.
32
498
$afefi ©regoriuS VII. unb fein 3ettalter.
märjlung feiner ©Hefter roar auf ben 23rctagner Dfabulf, (Sari oon £)ft*
anglien ober 9?orfolf mit bem @i^e 9?orroicr), gefallen. SBon ber Sflor^
manbte auö oerroeigerte j?önig 2Bilf)elm feine föniglicbe (Sinroilligung. *)
%xc% be6 Verbots f dritten 9foger unb Olabulf §ur £t)at. 3n bem
©ebiete beö 2e£tcren tourbe ein pracfytoolleö ,£od)jeit3feft jugerüftet, bei
roelct;em, oon ben betben fünftigen ©cfyroägern eingelaben, oiele angcfel)ene
@äfte, namentlid) ber Slngelfacbfe 2öaltt)eof , <5iroarb3 6or)n, (Sari von
9?ortf)umbrien, erfct)ienen. 6cbon bie einfache £f)eilnar;me an einem gefte,
ba£ ber Äönig unterfagt fjatte, machte bie ©elabenen — fofern fte anberS
ba3 Verbot be£ Königs fannten, baö faum oerborgen bleiben mochte —
be3 Verbrechens ber gelonte fa)ulbig. Unb roelche 2)inge gingen bei biefer
£ocr;§eit oor! $ogcr unb Dfabulf führten roäfyrenb be3 ©elageS fd)limme
Gebert gegen ben Hörrig, nannten itjn einen Scannen, einen 9J?örber, einen
ber ^errfcfyaft unroürbigen SBafiarb. Sukfyt, als ber Sein bie $öpfe erfyijjt
r)atte, rücften fte mit tfyren geJjeimften ©ebanfen tyeroor.
(£3 roar barauf abgefeiert, ben ^Ingelfachfen 2öaltl)eof, als Vertreter
feineö (Stammet, in eine 93erfct)roörung gegen 2Mt)elm r)inein§ureißen. Saut
bem 33erid)te £)rberict)3, ber offenbar fyter treppe Duellen benü|te, f»rad)cn
Stöger unb ^abulf §u 2Öaltr)eof: „mact)e gemeine 6ad)e mit unö, unb
bem foll ein 3)ritrf)eü (Snglanbö fein. Unfere Slbftcrjt ger)t bat)in, bie ef)e*
maligen 3ujMnbe 2llbion3 roieberr)er§uftcllen, rote fte §u ben Seiten bc$ from*
men ^önigö (Sbroarb roaren. (Siner oon un6 breien fei ^ö'nig, bie anbem
jroei feien ^erjoge, unb ganj (Snglanb roerbe unter uns geseilt. 2Bür)elm
ift mit unüberfefjbaren kämpfen jenfettS beö ßanaleS befcfjäfttgt, unb als
geroig barf man annehmen, baß er nie mer)r nad) (Snglanb §urüdfef)rt. (Sbler
^>elb, ©iroarbS großer (Sot)n ! greif §u, nimm C^acitje für bein unterbrücfteS
SßolrV' 2tu3 letzteren (Seiten gef)t flar l)eroor, baß 9Joger unb Sftabulf rjaupt;
fädjlid) auf 9J?itrotrfung 3>rer, ober otelmetyr Neffen, ber ben SBaftarb jenfettS
beS (Sanaleö feftrjielt, b. I). beS fran§öftfd)en itöntgS $l)ili^6 I. rechneten.
5llle 3eiigen ftimmen barin überein, baß 2Baltt)eof sutejjt auf bie 93or*
fcfyläge einging, aber mehrere fagen au6, er f)abe folcfyeS nur ungern unb
rotber feinen eigentlichen Hillen in ber £t£e beS Seines getl)an. Herfen
rotr ^uoörberft einen 23ltcf auf ben $lan ber ^erfa^roorenen unb ifyre Wütkl
9toger roar fett bem Sobe feinet SSaterö or)ne grage ber angefef)enfte unter
allen normanntfcr)en SSafallen, fonnte alö ©timmfüfyrer btefeö Stammet
gelten, unb mit 6ia^erl)ett ließ ftd) erroarten, baß fein Seifoiel oiele Un^
jufriebene fortreiße. 9^abulf ftammte oon oäterlia^er 6eite auö bretag^
nifc^em, oon mütterlicher au^ angelfäa;ftfcf)em 33lute,2) er befaß bebeutenbe
*) Chronic, saxonic. ed. Gibson 182. Flores histor. <S. 638. SDuc^eÖne @. 534 flg.
@aütlc 6. 104 unten flg. 2) 3Kon i?ergl. bie 53en?eiöfieHen bei Sa^enberg II, 122. Sttote 2.
93ievteö 93udj. ßa£. 24. SBiUjelm toieber in ber 9iormanbie. Jpocr)jeit in 9lortotc§. 499
©üter in ber Bretagne, namentlich bte (Schlöffer 2£aber, Sftontfort, fammt
ber 6tabt 2)ole, ftanb, wie ber (Srfolg beroteS, mit bem ^er^Oßltc^en £aufe
ber Bretagne in enger SBerbtubung, furj 9fabulf nahm ben erften SRang
unter ben Sretagnern ein, bte jablretch im ^>eere be$ jlöntgö btenten, unb
übte übervotegenben (Sinfluß auf biefe feine £anb$leute. 2£a(tIjeof bagegcn,
nebft (Sabrif ber einige 2lngelfacbe, ber bis bal)tn eine ehrenvolle Stellung §u
behaupten geroußt hatte, »ertrat ba$ alte (Snglanb, ben unterbrücften (Stamm.
9?ta)t umfonft bemühten bie beiben Zubern ftcb fc emftg um 2Baltf)eofe
Seitritt, fte regneten, baß oiele 2utgelfad)fen U)m folgen roürben.
2ßetter roor)nte 9foger als (Sari von £creforb an ber ©ränje von
2Bafe£ unb fonnte bafjer baö borttge 93olf, ba3 in beftänbigem Kampfe
mit bem Eroberer (Snglanbö lag, leicht an ftcb gießen. CfabutfS £ef)en be*
griff ba$ burch bte früheren Slufftänbe von dh) bura)tvüh(te jtüftengebiet
£>ftanglten3 in ftch, reo orauöftc^tltcr) noch immer unter ben Sanbberoof)*
nern ein @etft ber Empörung gätjtte, jene ©raffebaft bot bal)er fel)r taug*
liebe ^ilf^fräfte für eine (Scbtlberhebung. 9?ocr) günfttger gelegen erfchemt
2ßaltf)eofö Umgebung: er faß auf ber bebrot)teften SÖtarfe beö normanntfehen
3nfelreichö. 3)te (Rotten waren feine 9kd)barn, bie 9?efte ber in ben 3ah*
ren 1069 unb 1070 ber $acf)e SBtlhelmS entronnenen 5lnglobänen feine
Untergebenen. 9?tcht fcr)roer fonnte eS ihm »erben, mit ben (Sitten ein
SBünbnifj ju fd)ließen, bte 5lnbern unter feine gähnen §u fammeln. 9J?an
ftet)t baf)er, bte SSerfchroörung von ^orrotd) hat alle bem Röntge fetnbfeltgen
(Elemente mit merfroürbtger Umfielt in einen knoten §ufammengebunben.
•ftach bem Berichte ber (£f)roniften foUte man glauben, als fei ber
erfte ©ebanfe ber neuen Bewegung roährenb beS £odb$ettfefte8 aufgefetmt.
Allein bie «Sache verhält ftch anberS. 9fabulf unb Stöger fdjlugen furj
nach bem gefte loS unb führten jtvet flehte £eere ütS gelb. Darauö
folgt, baß fte feit längerer %cit Vorbereitungen getroffen Raiten. 5Rodt)
mehr, im ^erbfte beS nämlichen SahreS 1074 erfetten, von ben 9Serfchtt)orenen
ftu £ülfe gerufen, eine bäntfebe glotte an (SnglanbS Dftfüfte. (5lt)e bie §u
btefem 3wecfe nötr)tge Unterhanblung mit bem ^öntg (Sroen (Sftrtbfon been*
btgt, ehe bte glotte felbft auSgcrüftet »erben unb (Snglanb erreichen fonnte,
mußten Neonate hingehen. 3)er $lan roar alfo, — roentgftenS roaö Sftabulf
unb Stöger anbetrifft, — von Leitern her angelegt, roenn auch 2QSaltt)eof
erft roährenb ber «£)Och$ett §u förmlichem Settritt beftimmt roorben fein follte.
Sßaltheof hielt fein ben beiben 2lnbem gegebenes 2Bort ntebt. 3)te
metften 3eu9ett behaupten, baß er an einem ber näehften £age, vor ben
möglichen golgen ber Verfchroöruttg jurücfbebenb, §um (Srjbtfcbofe Sanfranf
ftch begab, ihm mttthetlte, roaS er roußte, bann auf beö ©rjbtfchofö 9tath
etlettbö nach ber ^ormaubte r)tnüberfcr)iffte , unb bem Könige baö ©ehetm^
ntß entbeefte. tyflan fann biefe 5(uöfage nicht in 3wdfe* Riehen, aber eine
32 *
500
$afcjt ©vegoriug VII. unb fein Stitaltzx.
anbete grage tft, ob ber (Sari sott 9cortf)imtbrten au6 Vt)trHicf)er 9teue ba$
©eftänbntß ablegte, ober tttelmer)r titelt bef t)a!6, roeit er in (Srfafyrung ge*
bracht r)atte, baß bte ^Berfc^toörung bereits burd) Rubere Serratien roorben
fei, imb beßfyalb burd) fd)etnbare £)ffenf)ett auf Soften 9tabulf6 unb $o*
gerS fein bebrof)te6 £eben retten wollte. Die (Strafe, roela> 2ßtlr)elm naaV
r)er über ben (Sari fcon 9cortf)umbrten »erhängte, l)at bem Könige t>or 800
Sauren folgen §aß angezogen, unb toirb bte auf ben heutigen Sag *on
neueren <Scr)rtftftellern fo bitkx gefabelt, baß bie ©eredjtigfett üorfdjretbt,
bie ©adje genau ju prüfen. Dteß tft mögltd), roett mehrere amtltcbe Briefe,
roelct)e (Sr$btfct;of Sanfranf im Pommer 1074 unmittelbar sor unb naa)
5lu$brud) ber Empörung an $oger fcfyrieb, trefflichen ©toff liefern.
Der erfte1) lautet feinem roefentltd)en 3nf)alte nact) fo: „Sanfranf fei*
nem geliebten @or)ne unb greunbe, $oger, ©rafen üon £ereforb ©lütf
unb 6egen! Unfer ^>err, ber ßöntg t>on (Snglanb, grüßt (Sud) unb alle
anbern ©etreuen, auf bte er großes Vertrauen fe£t, jugletd) ermahnt er
unö, mit auf erfter (Sorgfalt ferne ©cfylöffer §u beroacben, bamtt fte ntdjt
Uebelgeftunten — roa$ ©Ott tferrjüten möge — in bte ^änbe fallen. Darum
bitte tcb btd) als einen teuren €>ol)n, beffen SBefteS td) auS ^erjenSgrunbe
roünfdje, unb beffen 3Sater td) rote baS §etl metner (Seele geliebt fyabe,
bu roolleft bejügltd) btefer @aa>, forote überhaupt betreffenb alle $flia)ten,
bte bu bem Röntge fa)ulbeft, foktje Maßregeln nehmen, baß bu oor ©Ott unb
allen guten 9)?enfd)en £ob oerbteneft. (Stets möge btr »or 5lugen fd)roeben,
rote red)tfd)affen bein Sßater gelebt r)at, rote treu er feinem ,£>erm, bem Röntge,
btente, unb rote er burd) fola^e $erbtenfte ein groß eS Vermögen erroarb. SBetter
befiehlt ber Jtöm'g, baß feine SMjttyume tn eurem ©ebtet fo lange feine ©e*
rtd)tStage galten follen, bis er felbft über ben (Sanal r)erüberfommen unb
bte $rotfd)en (Suct; unb befagten SBtjtfjumen obfcr)roebenben (Stretttgfetten ent*
fd)etben rotrb. ©erne ntödbte td) mit (Sud) eine :perfönlta)e 3ufammenfunft
galten. SBefttmme trgenb roeld)en £>rt, td) bin bereit, btr entgegen §u reifen."
2lu$ bem £roettle£ten (Sa& erhellt, baß ber $önig bte ©ertctitSbarfett
tu ben großen Serjen feineSroegS ben SBafatlen gän^ltd) überließ, fonbern
ftcb baS *Red)t ttorbefjtelt, ^ronbeamte borten §u fenbett, voeld)e bte ®erea>
ttgfeityflege ber l)ot)en £ef)enträger überwachten unb Berufungen (Solcher,
bte ftdj unterbrüdt glaubten, annahmen. 3ugletct) man> Da£ 8W>ifc^en
btefen ^ronbeamten unb $oger ^tßfyelltgfeiten entftanben roaren. Der
ganje 2ton beS Briefes §eigt, baß §ur fyit, ba Sanfranf bie geber ergriff,
ber (Sari noef) fein 3Serbrea)en begangen l)atte, baß aber gletd)toor)l ber
(Sr§bifd)of regen 5lrgrool)n roegen böfer $lane Hogers ^egte, einen 5lrgroo^n,
ben er fdjonenb in (Ermahnungen, bem SBetfptele beö 93aterö §u folgen, etn*
*) Epistol. 39. Opp. Lanfr. @. 320.
äJierieg 93ud). (Scty. 24. 2BiU)elm Unebev tu bet Kovmanbie. £odj$eit in 9?imüi$. 501
fteibet. Der Brief ift or)ne grage »or ber Qotyät von üftamidj gefd)rieben
unb betDetöt, baß ber (Sr^bifchof von geheimen fingen, bie §u £ereforb t>or^
gingen, unterrichtet war, imb folglich ben (Sari mit ©päfyerir umgeben hatte.
(Sin ^weites (Schreiben1) beginnt mit ben Korten: „ich I;abe Dinge
von bir hören müffen, weld)c meine (Seele verwunben. (Schmachvoll ift eS,
baß ber <Sof)n eines Sßaterö, beffen Klugheit, 9^ec[)tfd)affenl)eit unb Sreue bie
ganje SEklt rühmt, wie ein Gebell t>crfdt)rtccn wirb. Darum befdjwör td) bieb,
theuerfter (Sohn unb Heber greuub, bei ©Ott unb beiner (§f)re, baß bu, foferu
wirHicbe (Sdmlb auf bir laftet, in biet; gefyeft, wenn bu bid) bagegen rein
weißt, beine Unfchulb bureb unleugbare Beweife erf)ärteft. 3m einen wie im
anbem galle bitte ich bic§: eile ju mir unb fei verftchert, baß Weber meine
noch beS Königs £eute btcf) auf ber §er^ ober ^eimreife beläfttgen werben."
DiefeS §weite ©abreiben ift nach ber «£)Ocb§eit abgefaßt, jeboch nod)
ehe ^oger loSfd)Iug. Denn ber ($r§btfchof hält für möglich, baß ber (Sari
fid) von 6a}u(b reinige unb bietet ju einer Ausgleichung bie §anb. 3h
einem britten Briefe2) fünbigt (Srjbifdjof Sanfranf bem ©rafen Stöger,
cinft feinem theuerften (Sohne unb lieben greunbe, an, baß er ben Bann
gegen tr)n gefc^leubert unb in allen Treben beS Geichs veröffentlicht babe.
211S Sanfranf biefe SBorte febrieb, ^atte Stöger bereite baS (Schwert gegen
ben »ftönig gebogen, ja noch mehr, er hatte fta) bereits unterworfen, benn ber
(Srjbtfchof fügt baS Verfprccben bei, bem Röntge fchriftlich unb burch Boten
bie Beweife ber D^cue unb Demütigung beS (SarlS vorlegen ju wollen.
9?och muß ich ein viertes (Schreiben3) erwähnen, baS ber SRetro^olit
von (Santerbun; im ^erbfte 1074 an ben Bifd;of von Durf)am, SÖalcher,
erließ: „feit ber $önig nach (Snglanb §urücf gefegt ift, erfreuen wir uns einer
9M)e wie nie juvor: alle geinbe finb niebergefchlngen. MchftenS wirb, ber
^önig Durham befua)en. Sßtffet, baß bie Dänen in ^urjem erfahrnen wer*
ben, feib barum auf ber £ut, unb haltet (Suere geftung in gutem (Stanb."
^h«tfachen reben: geraume fyit, ehe bie SBerfdiWorenen loSbradjen,
waren bie gäben beS ©eheimniffeS ihrer böfen ©ebanfen unb *)3lane in
beS Königs unb feines Vertrauten, beS (SrjbifchofS, ^>änben. (SS ift baher
unmöglich, baß Wilhelm ober Sanfranf burd) 2öaltf)eof bie erfte Äunbe von
Dem, was in ^orwia) unb ^ereforb vorging, empfangen fyabtn follten.
Unb nun frage ich: welche Sinnahme hat mel)r SSahrfcheinlichfeit für ftch?
bie, baß 3lÖaltt)eof aus *Reue, ober bie, baß er aus Berechnung ben Ber*
räther machte? 9J?etneS (SrachtenS bereute er allerbingS bie ^he^na^me an
ber Sßerfchwörung, aber er bereute fte ebenfo, wie Stöger, nämlich nachbem
bie Erfahrung ben Beweis geliefert Jjatte, baß bte Berfchwornen überwacht
A) Epistol. 40. Ibid. ©. 320 flg. 2) Epistol. 41. Ibid. @. 321. 3) Epi-
stol. 25. Ibid. @. 314.
502
^abjl ©regoriuö VII. unb fein 3ettaltet.
waren, nnb baj? feine Hoffnung übrig fei, baS befdjloffene Verbrechen mit
einigem Erfolg vollftrecfen.
2)te Empörung felbft nafym folgenben Verlauf. 2luf bte erfte Kunbe
von ben Umtrieben ber beiben (Sarte hiben 2Öi(t)clm von ©arenne unb
9tid)arb, 6ol)n beS ©rafen ©ifelbert, welche König SBüfjelm bei ber 5lb?
reife nach ber Normanbte als £)berrid)ter beS Geichs jurücfgelaffen hatte,1)
btefelben vor ben föntgUcfyen £of. Söeber ber Sine noa) ber Rubere [teilte
ftcfy, fonbern fte fähigen loS. $oger fammclte au§er feinen eigenen beuten
eine (Schaar Satttfer unb brach gegen Dften auf, um ftd) mit 9tabulf ju
vereinigen. OTetn als er über bie Kaserne fe£en wollte, verrannten ihm
33tfcf)of Sutfftan von Sorcefter, 5lbt (Sgelwig von (SveSham, UrfuS 2%
tfyum von Sorcefter unb ber bitter Salter von £aa; mit überlegener
•tÖfactjt ben 2Beg unb warfen ir)n §urücf: bamalS wirb eS gefa)el)en fein,
ba(? (Sr§bifa)of Sanfranf ben Kirchenbann über $oger verhängte.
2Bä^renb beffen fyatte Ofabulf ein §eer, baS theilS aus mitverfchwor?
neu Sßretagnem, tf)etlS aus geworbenen ©olbnern beftanb, bei (Eambribge
jufammengejogen , aber eS ging ihm nocb fd)limmer, als feinem ©enoffen.
Des $öntg$ 6ttefbruber, 33tfa)of Dbo von 23ateur, unb ©otSfreb, SBifdjof
von ßoutanceS, ben wir fcf>on in früheren 3al)ren als föniglta^en gelb?
Hauptmann lernten lernten, rütften mit einer grofen 9ttaffe fowol)l norman?
ntfa)er als angelfäc^ftfc^er Streiter gegen Dtabulf inS gelb. 33ei einem Drte,
ben £)rberia) gagabun nennt, fam eS §u einem treffen, in welchem bte
33erfa)wornen unterlagen. 2)er 23ertd)t,2) ben @r§bif^of £anfranf über biefen
Erfolg an ben König erftattete, enthält bie Sorte: „ber Verräter $abulf
unb fein gan§eS §eer ift gefangen, llnfere £eute, foworjl Normannen
als §lngelfaa)fen , verfolgen ben flüchtigen geinb aufs £ebf)aftefte." Sluct)
glorentiuS von Sorcefter fyebt l)ervor, bog ^ngelfacbfen unb Normannen
gleich gute 3)tenfte gegen bie S3erfd)Worenen leiftcten. 5lbcrmalS hatte ftcb
bie 5tnhänglichfeit ber uid)tabeltgen Qntglänber für 2BiIf)elmS €adie bewährt.
Vom ©d)lachtfelb weg floh Oiabulf uad) Norwtd), bem fefteften ^ila^e
feines ©ebietS. Allein als ©oisfrcb unb Dtto unverweilt vor ben dauern
ber 6tabt erfchienen, wagte er nicht länger auf engltfd;em SBoben ju biet?
ben. 3)en Oberbefehl in ber belagerten geftung feiner Neuvermählten, ($mma,
ber <5d)Wefter Hogers, überlaffenb, beftieg er ein @du'ff unb fegelte nach
ber Bretagne, um bort «£>ülfe ju fud)en. (Emma leiftete noct) einige %ät
Stberftanb, boch balb übergab fte bie ©tabt burch Vertrag, weil brinnen
bte Lebensmittel ausgingen. Ueber bte Söebingungen ber Uebergabe unb
anbere (Sinjelnhetten laffe ta) ben ©r^bifchof Sanfranf reben, ber bamalS
l) £)udjeöne <S. 535, a. b. Guilielmus de Guarenna et Richardus, quos rex prae-
cipuos Angliae justitiarios coDstituerat in regni negotiis. 2) Epist. 34. Opp.
318, a.
Sßterted 93uc§. G?a£. 24. SBtlfjelm toieber in ber üftormanbie. ^»oc^jett in Üfovtoidj. 503
folgenben SBrief1) an ben «ftöntg fcfjneb: „(§hre in ber §i>fje fet ©ott bem
Sttlmächttgen, ber (£uer S^ctcf) t?om @d)mu£e ber brctagmfcfcen (Empörer ge*
fäubert ^at. 3)te geftung ^ornucf) tft in unferer ©ewalt. Denjenigen
23retagnem ber 23efa$ung, weld)e M3r)er Sef)cn in Gntglanb befaßen, warb
baS Seben unb Uni>erfct;rtt)eit ber ©Heber §ugeftd)ert, bagegen mußten fte
befcbwören, baß fte innerhalb 40 Sagen (Snglanb räumen unb nie mer)r
or)ne eure befonbere (Srlaubmjj ben brtttifa^en SBoben betreten würben. Die
Sölbner bagegen, bte sott bem 33errätt)er Ofabulf unb feinen ©enoffen £anb*
gelb genommen Ratten, erhielten bloS eine grift flon 30 Sagen, um abju*
3iel)en. 3n ber geftung' futb 23ifd)of ©otefreb, 2Bi(r)e(m von ©arenne,
Robert 9J?aIet, 300 ©ehartttfcbte fammt ber nötigen 3^ 33ogenfd)ü$en
unb Stelen 9Jkfdnnenmetftern §urncfgeblteben. 2IHe3 Söaffengeräufa) in
(Snglattb r)at aufgehört. ©Ott fegne (Sud)."
2lu3 ben 2Borten beö (Srjbtfcbofö gefyt t)ert>or, baß $abulf jtd) fyaupU
fächlich auf feine SanbSleute ftü^te, unb baß er einen guten %l)äl ber 23re*
tagner, bie feit ber Eroberung in SÖtl^elm^ Dtenften ftanben, §um 5lbfaü
verleitet f)atte. £temtt muß noct) ber weitere Umftanb in SSerbmbung ge*
bvaa)t werben, baß $abulf naa) feiner glud)t in bie ,£>etmatr), wie unten
gezeigt werben wirb, tf)ättgfte Unterftü^ung ttou Seiten beS bretagnifcben
£er§og$ £oel fanb. 33ei folcbem Si)atbeftanb fann meinet (Srachten^ faum
ein 3wetfel barüber Ijerrfcben, baß $u jenem Abfalle ber 33retagner be£
föntglicben ^eereö außer 9?abulf aucb ber ^crjog §oel unb beffen ßefyenS*
tjerr unb 2krbünbeter, ^3t)tlipp I. tton granfretd), mttgewtrft I>at.
3ur (Erläuterung Neffen, waS fo eben unb was fcr)on früher2) über
ben <§)er$og ^>oeI gefagt worbeu, tft nöt!)tg, (Einiges über bie ®efa)ta)te
ber Bretagne beizufügen, üftadjbem SBtlhelm, ber SBaftarb, furj ttor bem
3uge nach (Snglanb feinen langjährigen ©egner (Sonan auö bem 2Bege ge*
räumt hatte,3) erfcbeint feit 1066 £oel afö «£>erjog ber Bretagne. Diefer
,£>oet flammte4) nicbt au6 bem §aufe (Eonan6, fonbern gehörte einem ber
älteren gürftengefd)Iecf)ter be6 2anbe3 an, war aber mit ber einigen <2d)Wefter
©onanö t>ermäf)lt, ber, wie wir Wtffen, fonft feine (Erben Unterließ. Die
(5J)e fchetnt ihm bafjer ein 9^edt)t auf bte Nachfolge ^erfdjafft §u ^ben, bodt)
ift ntc^t §u zweifeln, baß aucr) Wilhelm ?on Kotten feine (Einwilligung §ur
Erhebung £oel6 gab. Denn Kilian gergan, ber mit bem Sßaftarb 1066
nacb (Englanb hinüberzog, war ber letbltdie <Sof)n £oelö unb (Efyroffe jener
^etratl). TOem ^(nfc^cme nach fyatte Man gergan, inbem er bem Banner
beS 23aftarb$ folgte, in eigenem tarnen, wie in bem feinet SSaterS, bie
Dberlehn^herrlichfett 2ßtlr)elm3 anerfamtt. 2lber baS gute $err)ältntß bauerte
l) Epistol. 35, ibid. @. 318 flg. 2) Oben ©. 493 ftg. 3) 3)af. @. 268.
*) JDie Belege Ui öouquet XII, 557 unten, 565 unten flg.
504
Sßafcfi ©regotiuö VII. unb fein Seüalter.
nur btö gegen 1074. Denn wie oben gezeigt worben, ergriff #oel fct)on
im Kriege »on Slnjou, burefy j!önig $l)ütpp I. gewonnen, ^artf)et wiber
ben Normannen, unb im 3at)re 1075 fämpfte auch £oel3 <Sor;n, im 23unbe
mit ^ftubolf 2Baber, gegen 2Bilr)etm.
Altern Slnfc^eme nact) blieb 9Rorwtch nach ber Uebergabe barum jo
ftarf befefct, n>ctl bie fonigltche $artt)ei einen nar)en Angriff burch bie bä*
nifc^e gleite erwartete, ©onft gibt SanfranfS SBerrcfyt1) noch 2luffcr;Iuß
über bie 3ufammenfe&ung beS frehenben £eereg, ba$ ftetS §um Dtenfte be$
jtöntgS bereit war unb, rote e£ fdjemt., unter bem 93efet)le be$ 33ifcf>ofö
©otöfreb ftanb. Den $ern beffelben bilbeten ©t^an^erte ju $oß , auf er
biefen enthielt e$ 2lrmbruftfchü£en unb @a)Ieuberer $u guß, fammt §ar)lre{chem
grobem ©efa}üt3, baö burd) 50?afa)inenmetfter bebient würbe. Die großen
(Stnfünfte, über welche 2ßtlhelm »erfügte, festen it)n in €tcmb, befonbern
gleiß auf 2lu3bilbung ber mittelalterlichen 5lrttllerte §u »erwenben, welche be*
fanntlict) au$ römifeber Ueberltcferung- flammte. 3n allen Steigen ber Kriegs*
Wtffenfctjaft fyat ber Normanne 23af)n für bie fommenben 3>tikn gebrochen.
3n bem erften SBerictjte an ben Jtonig, worin er ben Steg bei (Sam*
bribge anzeigte, fprad) £anfranf ben 2Bunfch aus, SBtlfyehn möge niebt au$
ber 9cormanbte l)erüberfommen. (§r jagt: „unter allen anbern Umftänben
roürben wir (£uch rote einen (Sngel beS £errn bei uns empfangen, aber
Kröger 2>dt wünfehe ich nicht, baß 3fyt über baö Sfteer fefcet, benn e$
wäre für unö eine große S^rnacr), roolltet 3f)r wegen jener £anb »oll
Räuber unb Sflemeibiger bte 9?ormanbte »erlaffen." DaS fmb Schmeichele
Worte, hinter benen aber offenbar ein geheimer Stmt »erborgen ift. Wltu
ne3 (Eraa)tenö wollte ber (Sräbtfcrjof ben $öntg beßfyalb »on ber Steife ab*
galten, weil er bie 5lnftct)t r)egte, baß "nicht in Qmgtanb, fonbern in granf>
reich brüben ber St$ be£ DämonS fei, ber feit einigen Sauren bie 9tul)e
be3 9tormannenftaat$ untergrabe, unb baß biefe femblidje ©ewalt nicht
bteffeftS, fonbern jenfettS be$ Äanalö bef&mpft werben müffe. 3ct) benfe
mir, er regnete fo: wenn 2Öilf)elm, buret) bie Empörung ber brei Marone
erfc^reeft, au$ ber 9?ormanbie ftet) entferne, würbe fein eigentlicher ©egner,
granfretcb£ Äöntg, welcher feit §wet 3ctf)rett alle Sßiberwärtigfetten , bie
ben Normannen trafen, §ugerüftet, ben Schotten SDfalfolm, ben ^rirtjen
(§abgar, bie 33ewof)ner »on 9J?atne, gulfo »on 2lnjou, $oel »on ber 23re*
tagne aufgehest hatte, um fo feefer hervortreten.
Der Normanne warb buret) bte ©egengrünbe beö (£r§btfchofö nicht
überzeugt, glorenttuö »on Sorcefter erzählt:2) „Äönig Söilhelm fet)rte im
£erbfte 1074 au^ ber üftormanbte naa; (^nglanb jurücf unb gab fofort
*) 2)ic betreffenben Söortc lauten : trecenti loricati cum ballistariis et artifieibus
machinarum multis. 2) 51. a. D. @. 638.
23tevteS 93udj. 24. üßtl^elm toieber in bev Sftormanbte. -£>ocfjjeit in Otoritncf). 5Q5
S3efel>I , ben (Sari $oger (ber, rote aus SanfranfS oben erroähntem ©riefe
erhellt, fett einiger 3C^ wegen Verleihung untcrhanbelte) $u verhaften,
auch ben ©rafen 2ßaltr)eof (ber tut ©efolge beS jtönigS aus ber Norman*
bte ^erübergefommen jn fein fcfyetnt) lief er in ©eroahrfam bringen." (Srft
nact)bem 2BilI;e(m in (Snglanb eingetroffen roar, erfaßten bte bcuttfdje glotte,
geführt von $anut, bem (Sohlte @roenS (Sftribfon nnb bem 3arl £afo
(vielleicht einem (Snfel ©obromS1), 200 (Segel ftarf auf GmglanbS ßüfte.
€>ie fam ju fyät, beim 9?orroid) roar Idngft gefallen nnb bie romglidjen
^auptlente in ben geftungen am Speere gelten gute 2öache. Defjrocgen
wagten bie Dänen nia)t, auf einem füblichen fünfte gu lanben. DaS (Stn^
jige, roaS jte unternahmen, beftanb barin, bafü fte in ben ^>umber einliefen,
gen g)orf t)tnauffegelten unb bte borttge $ird>e plünberten. Dteß getr)an,
roanbten fte um unb fegelten nach glanbem. 2)
DaS Verfahren ber Dänen beweist, ba£ fte noch immer, rote vor fünf
3al)ren, ^ortl)umbrtcn für ben verrounbbarften glecf beS 9?ormamtenretd)S
gelten. Sollte ntajt bort 2Öaltf)eof tr)rer Sanbung vorgearbeitet fabelt?
2luS ber 2lbfaf)rt nach glanbern, unmittelbarer 3lMtd)T in bie £ei*
matr), fa^etnt ju erhellen, baf fte — rx>ar)rfct)etnltcr) unter gcrotffett Voraus*
fe|ungen — (Snglanb in $ür§e nod) einmal l)etm3ufud;en gebauten. Doch
ift lefctereS nicht gefeiten.
Sin Weihnachten 1074 hielt Wilhelm $u Weftmtnfter ein grofeS £of*
geriet, baS über baS <Sd)tcffal ber Verfrorenen, bie gefangen genommen
roorben waren, entfe^teb. Viele Slngeflagte nteberen Ifangs rourben mit
Verbannung, mit Verluft beS Augenlichts ober mit Verftümmelung ber S3eine
ober £änbe beftraft. 3) Den (Sari Stöger verurteilten4) bte verfammelten
S3arone nad) 9^ormannenrea)t ju (Stnjieljung aller feiner Seijen unb §u erotgem
Werfer. Saut ber (Stählung8) DrbertchS fotl er im ©efängntf* bem Röntge
getrost, unb ©efdjenfe, bie Wilhelm ihm eines £agS machen roollte, ftolj
jurüefgeroiefen haben. Wäre er fein Normanne geroefen, fo hätte er ftdjerlia)
mit bem Seben gebüft, fein ©eburtSrecht fc^ü^te tl)n vor fa)mäl)lid)em £obc.
Ueber baS SooS beS Slngelfachfen 2Ba(tt)eof bagegen fonnte fta) ber
föntgliche £of nifyt vereinigen. 9JfrtnungSVerfchtebenhett trat 6) hervor.
(SS fd)eint, baf bte (Sinen auf Einrichtung antrugen, roäf)renb Slnbere
forberten, Waltfjeof folle nicht r)ärtcr beftraft roerben, als Stöger, gaft
ein halbes Satyr blieb fein (Scfn'effal unentfd;teben, roäf)renb ivelctyer ber
©efangene in einem ber Stürme beS föniglichen 6a}loffeS von $ßtnd)efter
faß. ßrft @nbe fffiai 1075 langte ein föniglia}er 8efetyl an, welker ttyn ju
enthaupten gebot. Borgens frühe ben 31. 1075 braute man ihn vor
4) man fe^c Sa^cnberg II, 123. 9tote 5. 2) Chronic, saxonic. ad a. 1075.
3) Flores histor. <&. 638. Chronic, saxon. ed. Gibson. <&. 183. 4) S)uc^eönc 535, d.
6) Ibid. flg. 6) Ibid. ©. 536, b.
506
$obfl ©regotiuö VII. unb fein ßeitalter.
Sageganbruch »or bie Stabt fyerauS nach bem 9tid)tpla£e. Der 2lft roar
geheim gehalten roorben, n>et( bie S3ct>ölferung »on Sßtiutefter außerorbenttiche
Xfyilnfytne für bcn Unglücflidjen an ben Sag legte, roe^alb bie SBächter
einen Slufftanb befürchteten. Da3 Vater Unfer betenb, empfing1) %£aU
tljcof bei bem Sa£e: „füf)re unS nicht in Verfudumg," bcn töbtlicben Strctd).
Die Einrichtung beg 2lngelfad)fen l)at bem Könige größeren Eaß, alö
irgenb eine anbere Maßregel, ja als alles auf ben Schlachtfelbern »on 1066 —
1074 »ergoffene fßtut, §uge§ogen. 28a$ $art()eigeift irgenb erftnnen fonnte,
um SQ&altfyeof in ben Gimmel §u ergeben, um feinen $ob alö ein Serf
ber graufamften Styrannci §u »erfahrnen, um ben $önig als ein Ungeheuer
f)tn§uftetten, rourbe erbacbt unb auögefprengt. 2ßaltbeof3 eigene ©emahlin,
bie 9?ormannin 3ubitf), foll tl)n bura) abgelegtes falfcheS 3eu9ni^ »erraten,
@r§btfa)of Sanfranf foll feierlich feine Unfcbulb anerfannt, gierige normal
nifcbe ©roßc, bie nad) ben reichen Sehen beS Schlachtopfers angelten, folten
bem Könige ben 93efer)l ber Einrichtung abgepreßt, erftaunlid)e 2Bunber
follen bie £eid)e im Slugenblide beS SobeS, rote »tele 3ahre nachher, »er?
herrlia)t l)aben, anbererfeitS foll 2ötlhelm felbft »on bem 5lllmäa}ttgen für
feine ©raufamfett baburd) beftraft roorben fein, baß feitbem ©lücf unb
(Steg »on feinen gähnen votcb. Drbertch Vitalis, ber, }o lange er ber
trefflichen Arbeit beS ^IrcbtbtafonS »on £tfteur folgt, ^arthet für ben ^önig
nimmt, fprtcht2) alle btefe ©ehäfftgfetten nach, offenbar voetl er auS leiben?
fchaftlichen angelfächftfchen Berichten fchöpfte.
deines Trachtens trifft ben ^önig roegen SaltfjeofS Einrichtung
begrünbeter Vorwurf. Die Mdfify auf baS Sohl beS $eid)S unb ge?
funber 9J?enfchen»erftanb gemattete ihm nicht, ben angelfächftfdjen (Smpörer
nach bemfelben SDkßftabe §u behanbeln, rote ben Normannen $oger, noch
^ormannenrecht auf jenen an§ur»enben. 2Baltheof gehörte ber angelfäa>
ftfchen Oligarchie an, gegen r»eld>e Wilhelm als Eroberer (SnglanbS einen
Vermd)tungSfampf führte. Söenu ein fola)er »ollenbS, nachbein er burch
einen 5l!t beS Vertrauens in bie Leihen ber (Sieger aufgenommen roorben,
baS Verbrechen ber gelonte beging, burfte er feine (Schonung erroarten,
benn föntgltdje Schwäche in biefem fünfte roürbe Rubere §um Verrate be?
rechtigt unb baburch bie (Sicherheit beS Staats untergraben haben. (Schon
»or einigen 3af)ren fyatte berfelbe 3öaltl)eof ben mit bem Normannen ab?
gefchloffenen Vertrag gröblich gebrochen unb roar gletchrooljl begnabigt
roorben. 3e£t, ba er ftch abermat in eine ber böSarttgften Verfchroörungen
— gleichotel ob t)alo ober ganj — eingelaffen, »erftel er mit »ollem fechte
bem (Schwerte beS Scharfrichter 6. Qofyvm&ttyx follen barum ber Strafe
nicht entgehen, rocil fte aus »omehmer Stftpe ftammen.
l) @ale, Script. 1,72. Sutane <§. 536, b. flg. 2) Ibid. @. 536 flg. 543. 544, a. b.
Söietteö 93udj. (5ap. 24. 2ßiU)et»n hnebet in bev Stormanbtc. £o$jeit in Stottotd). 507
3m Uebrtgen würben mehrere jener geftäfftgen SluSftreuungen bureft
bte Sftat mtberlegt. iDer itönig »ergab bte Seften SBaltfteofS feineSwegS
an gierige Nebenbuhler, melmeftr überlief er bie ^errfcbaft Nortftampton
unb Huntington ber 2Btttwe 3ubttf), unb erft als fte nacft einigen 3aftrcn
ben Normannen (Simon sott ©enliS, ben fyi Sßtlftelm als $c(;enöt)err jum
feiten ©emaftl beftimmt ftatte, voegen eitteS unbebeutenben förperticften
geftlerS fcerfcftmäftte, entzog er iftr befaßte ©üter unb »erlief fte an (Simon. ')
£)aS £auptleften SSaltfteofS, bie ßarlfcftaft Nortftumbrten, würbe gleichfalls
feinem Neiber beS Unglücf Heften, ja ntcftt einmal einem Saien ju Sfteil,
fonbern 2BUf?eIm übertrug 0 fte bem Btfcbof SBalcfter son 3)urr)am. (gnb*
lieft werbe teft unten seigen, wie ber (Srjbifdjof tton (Santcrburty, Sanfranf,
auf bie Sunbermäljrcften ber 2lngelfacftfen antwortete.
Nur einer ber 93erfcftworenen t>on 1074 war noeft unbeftraft, ber
Bretagner Nabulf. Um rt)n ju §ücfttigen, fel)rte SBtlftelm im €>ommer 1075
nacft ber Normanbie §urücf unb rüftete fteft §u einem Einfall in baS Nacb*
barlanb. 3tt>ti Burgen, SBaber unb SNontfort,3) unb außerbem bie ftarf
befefttgte BtfcftofSftabt £)ole t)atte Nabulf inne, unb beS «^er^ogS §oel
(Softn, Slllan gergan, war fein SSerbünbeter.4) ^önig Silftclm braeft in
bte Bretagne ein unb belagerte £)ole mit 5lnftrengung aller Gräfte. £aut
DrbertcftS 2luSfage »ermaß fteft ber Normanne mit einem (Ecbwure, »on
2)ole ntcftt jurüefsuweteften, bis bie 6tabt genommen fei. 2ßenn 2ßüftelm
biefen (Scftwur wirflieft tftat, fo tft gewiß, baß er iftn nieftt $u ftalten »er*
moeftte. £)enn plöfeltcft füftrte ber ^önig sott granfreieft, ^Pftiltyp L, ein
überlegenes £eer jum (Sntfafje fterbet. SSilftelm war überrafeftt. NicfttS
blieb iftm übrig, als fteft bureft eiligen Nücfyug §u retten. 5llleS Sagergc*
rätfte, »tele Staffen, Äoftbarfetten im SBertfte »on 15000 $funb Sterling5),
gingen verloren.
2)er auSfür)rltcftfte 3^ge4) über bte Belagerung »on Ü)ole unb tftren
5luSgang tft Drbertcft Vitalis, aber fonberbarer Steife läßt er bte Normannen
bureft einen uttttermutfteten Einfall beS BretagnerS Kilian gergan $um Nüav
juge genötftigt werben, unb feftweigt gättjltcft oon ber Nolle, . welcfte *pt)i*
lipp I. babei fyielte. ©letcftwoftl fteftt bie bretagnifefte £eerfaftrt beS fran?
jöfifeften Königs ntcftt bloS bureft bte überetnftimment)en 5luSfagen6) ber
engltfcften Gftrontften, fonbern fogar bureft eine Sourer Urfunbe 7) feft, welcfte
auSgeftellt tft „in bem Saftre unb in ben Sagen, ba $ömg tyfyliyp naeft
ber Bretagne 50g, um ju fämpfen gegen ben £errfcfter tton (Snglanb, ber
bort bte geftung £)ole belagerte/'
*) ®ale a. a. O. I, 72 unten flg. 2) Stoßen @. 209. 3) S)u^eönc 6. 535, c.
4) Ibid. 544, b. c. 5) Drbevt^ braueftt ^ter biefen Sluöbrucf gum erfien SKale.
6) Chronic, saxonic. ed. Gibson ©. 183. Flores histor. ©. 639 oOen. <Sa»t(e ©. 369
unten, ibid. 457 äRttte. 7) 2ftabtllon, annal. ord. S. Bened. V, 96 unten.
508
$a6fl ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
£)rbertd) begebt nod) einen ctnbern SSerftoß, fofern er behauptet,
beim r)abe bamalS, um ein gutes 2krf)ältntß mit ber Bretagne Jjerjitftettcn,
feine £odj)ter (Sonftcmtta mit Kilian Sergan »ermaßt. 2)ic (Sl)e tft an ficf)
ridjtfg, aber fte fanb erft 11 bis 12 Safyre fpäter, nfhnlfdj im (Sommer
1086 ober 1087, ftatt.1) 2Btr rotffen nic^td über bie näd)ften golgen beS
3ufammenftofkS ber Könige SfiMIfyelm unb $r)tltp:p, nur im ungemeinen
fagt2) (Efyrontft ^einnd) üöö Huntington, bafj balb ber grtebe $rotfd)en
Reiben roteberr)crgeftellt roorben fei.
2)tc auf bem ,£>od)3ettSfefte »on ^orrotdj angebettelte Empörung ber
bret mäcbttgften SBarone beS DfotdjS faMoß, rote man ftef)t, mit einem offenen
Angriffe *ßl)tlt:p:pS I. auf ben töbtlta) gelten unb benetbeten 9?ad)bar.
tiefer Surft, ber unter ber §anb unb »erborgen alle ©türme §ugerüftet
r)atte, bie tton »erfcbtebenen ©etten r)er ben Normannen fett bret Safyren
bebrängten, roarf enbltct; bie SDtoSfe ab. 2ßte Äranf^ettSfioffe, bie einmal
tu einem Sanbe eingerourjelt ftnb, ftdt) neuen 9lnfteblern mitteilen, fo fyatte
jener ©etft ber 3ügeIloftgfeit unb Rebellion, voeldjer feit einem Safyrrjunbert
baS engltfaje Stetd)Sfürftentf)um erfüllte, einige ber ttomerjmften Normannen
angeftecft. Stöger unb Olabulf geftanben ungefdjeut, baß eS tf)re 5lbftd)t
fei, bte alten 3uPnbe SllbionS r; erstellen, unb bamtt tfmen foldjeS beffer
gelinge, $ogen fte baS einige noa) fter)enbe £au:pt beS angelfäcbftfdjen
©tammeS, ben 9?ortr)umbrter Saltljcof, in tr)ren $retS. 2)te ef)rfüd)ttgen
Herren glaubten für trjren eigenen 23ortrjeil §u arbeiten, aber tu ber Xfyat
waren fte baS Söerf^eug eines Slnbern, ©ablaueren, $öntg $f)t(ipp I. I)at
tf)re SftuaMoftgfeit ausgebeutet, l)at fte als Äetle, um bte Wlafyt beS läfttgen
Normannen §u brechen, ^orangefarben. £)tefeS 23erf)ältntß ber 23erfa)roorttcn
§um fran§öftfdt)en £ofe, ein $erl)ältmf, beffen ©puren mefyrfacr; fcbon im
Anfange ber SBeroegung, aufs ftärffte aber beim ©a^luffe beS £)rama'S bjer*
vortreten, begrünbet »ollenbS bie ©trafbarfett beS Unternehmens.
2ÜS »ftönig 2bvüf)elm ber Normanne im £erbfte 1087 auf bem lobten*
bette lag unb, gewärtig bemnäc^ft »or bem 9?ta)terftuf)l beS 5lllmäa)ttgen $u
erfreuten, ein unumrounbeneS 23efenntmf$ fetner ©ünben ablegte, f)at er ftd;
felbft wegen ber 5lnorbmmgen, bte er be§üglta) Hogers unb fetner 9D?ttt>er*
fajroorenen traf, ntdjt angeflagt, fonbern ruf)ig unb mit bem 33erouf3tfein
ber $flid)terfüllung auf btefe £f)at feines £ebenS §urürfgebltdt. (Sr fprad) 3)
bamalS: „tct; tjabe Stöger tton 23reteutl, weil berfelbe in ftrafbarfter 2Betfe
meinen ©eboten trotte unb feinen ©cfyroager Sfabulf »on Söaber fammt
Stelen Slnbern rotber mta) aufwiegelte, tnS ©efängntß geworfen unb einen
©djwur getfyan, baß berfelbe, fo lange ta) lebe, bte gietfjett nimmer er*
<j ©ouquet XII, 559, b. 562, a. 563, c. 2) ©aötle @. 369 unten. 3) S?u*
fym @. 660, a.
33terteg 93uc§. @a£. 24. 2BiII)elm toiebet tn ber 9Jormcmbte. £ocf)jett in Storitndj. 509
langen folle. !X)e6gfetd?en f)abe td} mancbe 5Jnbere, tr)etl6 voegen wirflid^er
^Übertretungen, t^ctfö weil ict) fürcbten mußte, baß fte, wenn auf freiem
guße gelaffen, Empörungen erregen würben, tu 33anben gehalten. Solches
ju tr)un fc^rteb mir bte $td)tfd)nur menfcbltdier ©erecbtigfett unb (Stnftc^t
oor, aud) fyat baS göttlidie ©efejj burct) ben SO?unb 9J?oft3 ben gürften ber
Sfiklt geboten, Uebeltf)äter nteberjufa^mettern, bamtt bte *Hed)tfcr;affenen ntcbt
burd) üjre S3oö^ett leiben." 2Ba3 2Btlf)elm von $oger fagt, gilt aucb von
bem 5lngelfaa)fen 2ßaItf;eof. 9)?an f)öre auf, ben glorreichen Normannen
wegen £tnrtcr>tung be$ 9?ortf)umbrter6 51t oerläftern.
£)er gefär)rftör)fte Lebtag, ber bte jum 3af)re 1074 gegen 2£tlf)elm
geführt worben tft, war glücHtcb abgewenbet. 2)a£ Reifte babet tfyat,
näcbft bem Könige, Er§btfd)of Sanfranf, ben 2ÖtIf)elm, als er 1073 nad)
ber 9?ormanbte ging, ju fernem Stellvertreter unb Statthalter Englanb6
eingefefct hatte. 4) 3)en nämlichen Er$btfcf)of finben wir um bte ^eit, ^a
2ÖtIt)elm ben 3ug naa) ber Bretagne antrat,2) befa^äfttgt, bte innere 9iul)e
be3 burct) ben 2lufrur)r ber bret Marone erfcMtterten 9^etcf)ö mtttelft firef)^
lieber @efe£e §u befeftigen. 3m Sommer 1075 r)te(t £anfranf $u Sonbon
eine Stynobe, auf welcher mit SluSnarjtne Weniger, bte ftd) entfd)ulbtgten,
fämmtltcf)e 33tfcf)öfe EnglanbS (von ben Normannen aud) ©otSfreb von
EoutanceS, weil er in Britannien retd) begütert roar) erfd)tenen.
@rößtentl)etl3 belogen ftd) bte $erl)anblungen 3) auf fünfte allgemeiner
9?atur ober auf fold)e fragen, welcbe bura) ben neuen Cpabft ©regor VII.
im ganzen Slbenblanbe angeregt worben waren. 2)ie $erfammlung regelte
ben *Rang ber Btfd)öfe : §ur $ed)ten be£ Metropoliten von Eanterbunj
folle ber Er$btfd)of von g)orf, §ur Stufen ber Bifcfyof von Sonbon ft£en,
bann ber von SÖStna^efter folgen. Sie verbot ferner Bifct;öfen unb Siebten,
folcfye (Slertfer ober TOncbe, bte fremben Sprengein angehören, of)ne ein
fird)Itcr)e6 (Smpfe^lungöfcbretben be$ betreffenben £aupt6 aufzunehmen, fte
betynte bte ^inberniffe ber EI)en auf ^en ftebten 93erwanbtfdmft6grab
au$, fte t>erfcf)ärfte bie 93orfd)rtften mönd)ifd)er 3ucrjt, fte unterfagte allen
©etftltcben, für Setzen ©elb §u nehmen ober $u geben.
Ein weiterer Befcbluß lautete fo: „gemäß ben SSerorbnungen ber
$äbfte 2)amafu6 I. unb Seo L, gemäß ferner ben Setzungen ber Eoncile
von Sarbtca unb Saobtcea, weld)e nid)t bulben, baß bifc^öfltc^e Si£e tn
Dörfern beftef)en, ftnb Sir fraft fanontfcfyer 9J?achtoollfommenl)eit unb mit
Bewilligung beö ^önigö SSill)elm überetngefommen, baß SBtfc^of ^erimann
feinen @i§ von Sfytreburn nad) Saliebur^, baß SBtfcbof Stiganb ben
l) Vita Lanfranci cap. 15. Opp. 93ov|iü(f @. 15, a. 2) Ibid. @. 13. 2. <Spalk
SWitte : rex , qm in transmarinis terris tum temporis bellum gerebat. 3) Ibid.
cap. 12. ©. 13 flg.
510
$aBfl ©regoriuS YII. unb fein ßtitalkv.
femigen von ©elfea nach (Shtcefter, baß SBtfchof Sßeter ben feurigen von
£td)ftelb nach (Softer »erlege. SBejüglicf) einiger anbern offenen £)rte, in
roeldjen ftd) noch (Stühle befmben, foll erft bie föntglic^e 2Btllentmetnung
eingeholt roerben." Dtefer S3efdr)Iuft rourbe fofort vollzogen, unb auch be*
treffenb jroet anbere Sttthümer gab ber Äö'ntg feine (Stnrottltgung. 5Dian
weiß, baß mit Sßtlhelmt ©enehmtgung 53ifa)of Otemtgtut feinen <Stfc von
Dorchefter in £>rforbfhtre nach ber geftung Lincoln, 23tfd)of £erfaft ben
fetmgen aut bem Dorfe §elma!)am nach ^etforb überftebelte. ')
Ueber ben 3tt>ecf btefer Maßregel gibt eine ©teile 2) 2öilf)elmt von
SOhlmetburv; Stuffchluß: „©alttburr; (§um Unterfchteb von ber fpäter er*
bauten 9?euftabt, Slttfarum genannt) tft ein auf 53erge^t)ör)en gelegene^, ftarf
ummauertet, mit jfrtcgtbebürfmffen roofylverfefyeneö Schloß." @benfo ver*
hielt et ftch mit Hefter, Lincoln, @htcefter, ^etforb. Die Verlegung l)atte
ben Broetf/ §u verf)tnbern, baß bei neuen etwaigen 2lufftänben, rote bie ber
(Sarle *Rabulf, $oger, SQSalttjeof, einzelne 93tfd)öfe in bie ©eroalt von @m*
pomn geraden. Durd) ftarfe dauern gefetzt, follten fte im Stanbe fein,
im (£tnflang mit ber ^rone mtttelft fraftvoller §anbr)abung bet Kirchen*
rechtt 9iebellton meber§ur)alten, bie gefe£ltche £)rbmtng 51t formen.
3cb glaube, l)ter bürfte ber paffenbfte £)rt fein, einige anbere Slnorb*
nungen Sanfranft §u erroäfjnen, beren 2>ät $um £f)eil nicht genau beftimmt
werben fann. Die nämlichen angelfächftfcr)en Oltgarcben, welche in ben
3eiten (Sbwarbt unb früher bie cbrtftltc^e Religion buretj freventlichen Wlip
brauet), ben jie mit ben großen Slnftalten ber Kirche, mit Softer unb 23tt*
tf)um trieben, fo viel an traten war, ju erniebrigen gefugt Ratten, nahmen
fett ben Vorgängen von 1074 unb 1075 bte 9ftatfe bet ©laubetttetfert
vor, tnbem fte für gerotffe gefeierte tarnen tf)ret Stammet allgemeine $er*
er)rttng forberten. 9?tcht nur rourben, rote td) oben bemerfte, angebliche
2Bunber bet 9?orthumbrtert Saltfjeof, ber mit ^echt alt Gebell auf bem
SBIutgerüft enbete, autpofaunt, auch ben 1012 von ben Dänen erfcfilagenett
(S;r$btfdE)of (Slfegg, einen ber Vorgänger Sanfranft, erhoben fte btt tn ben
brttten £tmmel.
Die 2lbftcht btefer Umtriebe tft flar: et gefchaf), um unter l)etltgen
SSorwänben bte -Sftaffe bet ang elf ächfif eben 33olft rotber bie §errfa)aft $&iU
belmt aufzuheften. Durch bie SfBunber, bte man 2Baltf)eof jufchrteb, follten
bte Normannen, welche feine Einrichtung anbefohlen Ratten, §u getnben
(Mottet geftempelt, buref) bte Verehrung, bte man bem von ben Dänen er*
fc^lagenen patrtottfehen (SIfegg sollte, follten ebenbtefelben verbeeft ben bäntfehen
SRörbern bet (Sr^bifchoft gleichgeftellt roerben. Diejenigen, gegen roeld)e
bat 6^iel gemünzt roar, festen bem angretfenben je naa) ihrer ^Bil*
l) Xto^tn (S. 217 unb 1652. 3) <§aüile ©, 250 mtk.
aStcrteö 93uc^. @ap. 24. ©iÖjetm toieber tn ber Sformanbie. £ocf;jeit in 9?ortoicb\ 51 1
bungSfütfe ober 9D?acf)t, £ro£, (Strafen, £of)n, roürbtge 9Ibroef)r entgegen.
9J?önd) (Sabmcr, ein jüngerer 3e^9en°ffe ^ (Eroberers, fagt1) in fetner
@efd)id)te ber ©egenroart : „5tfle3, roa6 fonft ben Stngelfactjfen für r)od)r)eütg
galt, rotrb je£t rote md)tö geartet." 3n btefer SfÖetfe bürfte, benfe tct), ber
große normannifd)e ,§aufe bte oon ben 5tngelfacftfen gepriefenen Sflärttyrer
befyanbelt t)aben. SBilfjclm tton 9J?a(me6bun; erjagt,2) baß ein norman*
ntfdjer 2Ibt, 2Öarin oon £tre, mehrere £etber angelfäcbftfcfcer Reuigen auö
ber $trd)e be$ jtfofter^, bem er oorftanb, rote Unrau) entfernen Heß.
Die £etd)e 2Baltr)eof6 roar 15 Sage nad) ber ^)inrtd)tung mit föntg*
lieber (Srlaubntß in bte 5lbtet (Erotyfanb abgeführt unb bort beigefe^t roorben.
3n ^urjem erfcboK ba3 @erücr)t oon Sßunbern, bie an tf)r gefd)et)en, unb
ber bamaftge 5tbt 2Öulffett(, ein 2lngelfad}fe, J>telt fogar oor oerfammeltem
23olfe ^rebigten über btefe ©nabenrotrhtngen. 2tt3 aber ^ttter 3^o £atüe*
böte, ber, rote id) früher §etgte, in jener ©egenb au^gebefmte ©üter befaß,
lu'eoon 2£tnb erhielt, machte er $(n§etge bei £of. Die golge roar, baß
86t Sßulffettl oor eine Stynobe §u Sonbon gelaben, roegen ©öfcenbtenftS
angefragt, §nr 5(bfe|ung oerurtr)et(t, jtad) betn Softer ©laftonburty oerbannt
unb bafelbft unter bte 3ud)trutf)e beö fürc^terltdt) ftrengen 2IbtS £f)orftem
geftellt roarb.3) 93ier§tg 3a^re fpäter begannen bie 2Bunber 2ßa(tr;eof6
oon Beuern, aber bteßmal mit anberem Erfolg. 93ie(e 5lngelfaa)fen ftrömten
fyerbet, um bte £eid)e tr)re$ ^eiligen §u et)ren. (Sin 9Jtönd) be£ ÄlofterS,
9?amen3 2(ubtn, Normanne oon ©eburt, oerfpottete bte $tfger, inbem er
fagte, Sßaltfyeof fei ein 6c^elm unb 23errätf)er geroefen, ber burd) feine
93erbred)en bie (Enthauptung oerbtent t)abe. Dicfe böfen Sieben belamen
bem Wcndjc übet: laut ber $erjtd)erung 4) Drbertct;ö nar)m er ein fa^u'm*
meS Qmbe.
2lud) (Srsbtfc^of Sanfranf betampfte ben falfdjen (Eifer jener 5tnge(*
fad)fen, aber mit Staffen, bie feiner roürbig roaren. 3ot)ann oon €>altö*
burty, SBtograpt) beö 2lbt£ 5(nfelm oon 23ec, nad^maltgen (Er§btfa>f3 oon
(Eanterburty, bertebtet 5) golgenbeS: „etnft, aU Stnfelm ben Metropoliten
Sanfranf in (Englanb befugte, gerieten fie in ein ©efprädj) über ben feiigen
(SIfegg. Sanfranf r)ub an: bie 5tngelfad)fen, unter benen ia) roolute, t)aben
©tnige ju ^eiligen aufgeroorfen, bereu S3erbtenfte mir jroeifel^aft fd)etnen.
3u biefen gehört mein Vorgänger ßlfegg. £){)ne grage roar er ein guter
(£f)rift unb red)tfcfyaffener Genfer, aber bte Slngelfac^feu oerefyren fyn utd)t
bloö al6 einen fettigen, fonbem fogar a(ö einen Sttärttyrer. 2ßenn tcf>
feine ©efa)id)te prüfe, fo ftnbe id), baß er beßfyalb oon ben Reiben erfa^lageu
4) Histor. novorum ed. Felben <S. 126. 2) ®ale, Script. III, 372 SWttte.
3) Ibid. I, 72 mtte flg. 4) 2)u^eönc <£. 543, b. c. 6) Wharton Anglia sacra
H, 162.
512
$aBfi ©regovinS VH unb fein 3eitalter.
worben ift, weil er ftct) geweigert f)at, ba$ @elb, roeldjeS bie Dänen für
feine Schaffung forberten, feiner ©emetnbe abverlangen. StteuteS (£r*
artend maa)t mc^t ber gewaltfame £ob an ftd), fonbern" ber 2(bel ber
<5ac$e, für roeldje (Sinex ba3 £eben fytngab, ben Märtyrer au$. 3$ möchte
(Eure ÜWetmmg, £err 2lbt, über f orltegenbe grage l)ören."
3war behauptet ber SBtograpf) weiter, baf 2lbt Slnfelm ben (§r$btfcr;of
auf anbete ©ebanfen gebradjt, unb baf Sanfranf fettbem ein ial)rltc^eö
SWärtyrerfeft für (gifegg »eranftaltet l)abe. *) 5lber bte ©frufcel beö Stffetro*
Rollten föttnen nidit in bem 9)iafe, Wie ber SebenSbefa^retber un3 glauben
machen will, von Slnfelm befa)wtdjtigt korben fem. Ü)enn Sparten meifi
über§eugenb naa),2) baf ber Wmti) Döbern, welcher im Auftrage SanfranfS
eine 2eben3gefcr;ta)te (SlfeggS fcerfafte, fein* beutlicfyen 23e§ug auf bte oben
erwähnten (Einwürfe beö ^etrofcoltten nimmt. 3m Uebrtgen begreift man,
baf Sanfranf at$ c^rtftltc^er (Slertfer, alö (Er$btfa>f von (Eanterburt), nur
mit ttorftdjttger 3^ücff)altung ftcr) über eine fo Reifte Materie äußerte.
2)te Ueberlteferung Jjat ftc^ erhalten, baf Sanfranf noefy in anberer
£mftd}t eine merfwürbtge fritifc^e Sfyätigfett entwidelte , fofern er nämlid?
ben burdj Slbfdjretber tterborbenen Sert ber f). 93üa>r beS alten unb neuen
SeftamentS wteberfyergeftellt Jjabe. 2>ret 3eugntffe3) — eines £obtenbud)0
»Ott (Santerburty unb ber §wei (Sfyrontften 50?attt)äuö von SÖeftmmfter unb
9ftattl)äu3 von sparte — liegen vor, welche im @anjen überetnfttmmen.
Docf) behauptet nur ber *ßartfer au6brücHta% baf e£ fRo^>I>ett ber Dingel*
fadjfen gewefen fei, welche bie t). £erte *>erbref)t fjabe. Allein wenn aud)
bie beiben Slnbern f Zweigen, muf man tfynen biefelbe Meinung unter*
legen, ba bie ^anbfd)rtften, welche ber @r§btfd)of §um 3wede ber 33erbef*
ferung fammelte, of)tte 3ttwfel von Slngelfacfyfen gcfcfyrteben unb oerborben
waren. 2)ie lafomfcfye SluSfage ber Saugen täf* »erfa)tebenen Vermutungen
tonn. 2)te meinige ift biefe: baf ber grobe ober feine Nationalismus, ber
allerbtngS in ber angelfäcfyftfd^en Strebe t)ertfdt)te, ba unb bort am latet*
ntfeben 23ud)ftaben ber fy. ©a)rtft ftd) »ergriffen unb baf Sanfranf e$ für
feine $flia)t gehalten fyabe, burd) Sieberf)erftellung ber äa)tcn SeSarten beö
I). ^teromjmuS bte ftrenge gorm beS Dogma §u wahren. Sebenfaltö fa)lof,
was er tf)at, einen gerben Säbel ber angelfäd)ftfd)en $tra)e in ftd).
S&äfyrenb Sanfranl im 33unbe mit bem Könige bura) fira)lia)e Slfte
bet befajriebenen $rt bte Nufye bee 9tei^ö bef eftigte, fudjte er pgleia) bte
getftltc^e §oI)ett feinet @tul)le0 über eine benachbarte 3ufel auö^ubeljnen,
bte ljunbert fpäter bauemb ber brttttfd)en Ärone unterworfen roorben
Ungefähr 25affclbe, toaö Sodann ». «SaltöBur^, crgd^It Ckbmet in fetner Menö^
gefc^ic^te Slnfelmö Opp. Anselmi et Eadmeri ed. Gerberon, Vol. II, b. @. 18. editionis •
Venet. 2) Anglia sacra II, 134. 9We. 3) 3ufammengefiellt ibid. I, 55.
SKerteS 93uc$. da)?. 24. 2BtU)elm trieber in ber Stornmnbie. 3ßtrffamfett Sonfranfe. 513
tft. Srlanb, früher bte 3nfel ber ^eiligen genannt, von ber fo »tele Be*
fet)rer ausgingen, war, obgleich längft belehrt, nicht bem allgemeinen
SBerbanbe ber c^rtftltcben ©taatcnfamtlte einverleibt, fonbern ftanb für ftch
allein, unb bulbete ©ebräucbe, bie von benen ber großen römifd)4atf)olifa)en
@emetnfcbaft weit, weit abwtdjen. Ü)ie 9faub$üge ber norbifcben Sifinger,
welche 3af)rhunberte lang, in gleicher 2ßetfe wie Britannien, baS benaa>
barte ßtlanb verheerten, tmgen, wie eS fchetnt, ju btefer Vereinzelung eben
fo viel bei, als ber eigentümliche ßfyarafter beS BolfS unb bie befonbere
(Sprache, bie eS rebete.
©norro ©turlefon erzählt,1) baß als bie erften unter allen Normannen
jnm ©ofme £aralbS ©d)önhaar, ^orgilS unb grotf)o, um 910, geftü^t
auf bie Dtoubflotte, bie tt)nen tf>r Sßater mitgab, ein flctneS 9?etdt) an 3r*
lanbS Dftfüfte, beffen ÜÜftttefyunft bie ©tabt ^Dublin (normannifch D^flinni),
grünbeten. £)och bauerte tf)re £errfchaft nicht lange, grotho, fagt ber 3S*
länber, fei nacf) furjer Seit vergiftet, ShorgtlS etwas fpäter erfcblagen
worben. (Sbenberfelbe führt um 990 einen dortig Olaf $waran von 2)uMm
auf, ber allem 5tnfct) ein naa) auS norntannifcfyem Blute ftammte. 2) Detter
wirb berichtet, baß 4 ober 5 hinter nacb bem £obe DlafS Srtygwefon,
b. h- 1004 ober 1005, 3arl ©igurb feine älteren ©ofme in 3rlanb mit
£anb unb beuten verforgte,3) unb baß in ber golge einer btefer ©ohne,
%l)Oxp\n, ein großes $etd) befaß, baS auSgebehnte ©treefen ©chottlanbS
unb 3rlanbö, fowte bie benachbarten 3nfeln umfaßte.4) Um baS 3ahr
1018 fampfte ein Reiter ©of;n beS 3arl ©igurb, (Stnar, %t)oxfi\m$ Bruber,
mit bem trtfcbeu Könige ^onufogor, warb aber in einer ©eefcfyladjt beftegt.5)
(Snbltdt) erwähnt ©norro ©turlefon noch um 1060, §u ben Reiten beS
9?orwegtfchen ^errfcberS ^aralb ^arbraba, einen normanmfeben Äötttg von
2)ublin, 9Kargab, ber im Bunbe mit feinem 2lnvcrwanbten, bem norwe*
giften ©eer)elben @utr)orm, einem Neffen Äöntg £)lafS IL beS ^eiligen,
ÜlBaleS plünberte, wegen £hetfung ber Beute mit ihm in ©treit gertetf)
unb burd) @utl)orm erfragen würbe.6) Unter ber ^errfa^aft btefer unb
anberer normanmfeben Häuptlinge war 2)ublin §u einem berühmten £an*
belSpla^e aufgeblüht. 2)enn ©norro fagt,7) baß gegen (Snbe beS 10. Sah***
fmnbertS fehr viele ^aufleute bort sufammenftrömten.
2)er Sttel „itöntg von Dublin" weist barauf Inn, baß eS in 3rfattb
noch anbere Herren gab, bte fleh Könige nannten. 2)aß bem wirflich fo
War, erhellt aus gewiffen TOen SanfranfS, ju benen ich mich je$t wenbe.
(Ein ©abreiben8) folgenben 3nt)altö liegt vor, baS (SleruS unb ©emetnbe
') Heimskringla I, 113. 2) Ibid. I, 225. 247. 3) Ibid. II, 145. *) Ibid.
H, 161. 6) Ibid. II, 117. 149. 6) Ibid. III, 113 flg. ') Ibid. I, 246 unten.
8) Epistol. 36. Opp. Lanfranci <S. 318.
©fror er, «ßaofi ©regoriu« vu. 23b. m. 33
514
$abft ©vegoriuö VII. unb fein ßtitalkt.
tton Dublin an ben (Srjbtfchof fcon ßanterburr; richtete: „2Öir geigen büc
htemtt an, baß ber 6tuf)l tton Dublin ber Metropole 3rlanb3 neulich burd)
ben £ob beö Birten tterroatet roorben ift, 2ßtr ()aben beßhalb ben $re£*
btyter ^atrtctuö, einen 9Jknn tton guter ©eburt, reinen £eumunb6 unb in
ben ^eiligen Siffenfchaften roohlberoanbert, geroählt, unb bitten biet), bu
roolleft i^n §u unferem 33tfcf)ofe roethen."
Saut alten Nachrichten,1) bte mir glaubhaft fchetnen, gefchar) e$ im
3ar)re 1074, baß biefcö ©abreiben ju (Santerbun; einlief. Sanfranf prüfte
ben 2lnfömmltng unb erteilte bann ^ßatrtf bte 2ßeif)e, naebbem er bemfelben
§uttor ba£ übliche Slngelöbntß 2) be3 ©ef)orfam6 abgenommen hatte, in roelchem
*ßatrtciu$ ben Sttel SSorftanb ber Dubliner Metropole ftcr; beilegt.2) 3n
ber (Sammlung ber ^Briefe Sanfranfö folgt bem eben erwähnten ein
SroetteS (Schreiben, 3) gerichtet an ben erlaubten jlbmg tton 3rlanb, ©otrif,
in roelchem ber (Sr^btfchof oon ßanterburr; benfelben benachrichtigt, baß er
bem 2Bunfa) ©otrifS gemäß ben *ßre6br/ter ^atrtciu^ jum S3ifa)of geroetljt
habe. Leiter rühmt er bte Sugenben beS Häuptlings, tnbem er (ich auf
bie tton Cßatrtf erhaltenen Nachrichten beruft, fügt aber bann einige emfte
Ermahnungen bei: „ba6 ©erüct)t geht, baß e# in eurem Netche Scute gibt,
bte SBetber auö ihrer eigenen 93erroanbtfchaft ober auö ber ihrer serftor*
benen grauen Ijetratt)enr anbere, bie rotHführlich ihre angetrauten grauen
verlaffen, enbltch folche sD?enfchen, bte mit ben Nachbarn gegenfeitig ihre
2Betber ttertaufchen. Dfeß ftnb ©reuel, voelche abgefdjafft roerben müffen."
33on bem Häuptlinge, an ben ber Er^bifchof fchrteb, r)^*4) ^ ™
einer irlänbtfchen (Stjromf jum 3ahre 1066: „©obreb, mit bem Beinamen
ßroroan, eroberte Dublin unb einen großen ber $roüin§ Setnfter,
berfelbe regierte 16 3ar)re." £)l)ne biefen Söorten im ©eringften ©eroalt
an§uthun, fann man annehmen, baß ©obreb fa)on einige 3af)re ttor 1066
prat 23eft# tton Dublin gelangte. Da nun ber in obiger ©teile 6turlefonö
erroähnte DNargab, Der gleichfalls Äönig »on Dublin roar, gegen baS 3ahr
1060 enbete, fo fprtcht fein geringer ©rab son 2ßahrfchetnltchfett bafür,
baß ©obreb, mit roelchem Sanfranf in brieflichen 5Berfel)r trat, ber Nach*
folger SNargabS geroefen fei. 2öie man fteht, roerben bte SluSfagen beS
S^länberö gerotffer SNaaßen bura) irlänbtfche (£r)romfen beftättgt.
Die nämliche (Sammlung enthält ein jroetteö (Schreiben5) beö (5r^
bifchofö, gerichtet an ben großmächttgen6) $öntg »on 3rfonb, Serbelroag.
Der Schalt ift fo ziemlich ber nämliche, rote ber be$ ttorhergehenben SBrtefeö.
üNtt Berufung auf Das, roaö er aus bem 9Nunbe ^atrifö vernommen,
erteilt er bem Könige Mfprüche roegen fetner guten unb geroiffenhaften
*) UfferiuS, epistol. hibernic. (£etfcont, 1696) <5. 65 unten flg. 2) Opp. Lan-
franci @. 370, b. 3) Epist. 37. Opp. <S. 318, b. flg. 4) Uffenuö a. a. £>.
©. 67 unten. 6) Epistol. 38. Opp. ©. 319, b. 6) Magnifico Hiberniae regi.
33terteg 93udj. Qap. 24. 2BiÜ)etm itueber in ber 9tormanbte. SBtrffamfett Sanfranfg. 5 15
Regierung, fä(>rt aber bann fort: „neben vielem (Srfreultdien t)abc id) audj
Dtnge gehört, roelaje mtd) fdmterjten, nämltcr; baß bte Seute in eurem Dfeicf;
naa) 2Biflfur)r unb of)ite fanonifajen ©runb bte tr)nen angetrauten Seiber
i?er(affen, baß fte ofyne 9tütffta)t auf bte verbotenen ©rabe grauen er)elia)en,
bte mit tr)nen felbft ober mit ben ©attittnen, betten fte früher angetraut
roaren, verroanbt ftnb, ober bte gar von anbern 90? ämtern früher verlaffen
würben; baß bei ber Gnnroetfyuug neuer 23tfd)öfe nur ein einiger SBifcrjof
amtet, baß tu ^Dörfern unb (Stäbten oft mehrere SBifa)ofe ju gleicher 3eit
angeftellt ftnb, baß Ätnber bte Saufe of)ne 5lnroenbung geroetfyten (Ef)rv>fam$
empfangen, baß bie prtefterlta^ett 233ett)en von ben IBtfcfeöfen um ©elb er*
tJ>etlt roerben." <5a)Iteßlttt) ermahnt ber ($r$btfd)of ben «ftö'ntg Serbelroag,
mtt allem @tfer bafun §u arbeiten, baß biefe unb är)nlta)e Mißbrauche,
roeldje ben 93orfct)rtften (Sfyriftt, ber Slpoftel, ber jttrajenväter unb ber (£on*
eilten roiberftrettett, aus 3rlanb verfd)roinben.
Sitten feigen nad> ift ber jroeite 23rtef bei bemfelben Slnlaffe, rote
ber erfte, nämltcf; auö (Gelegenheit ber (Sinroeifmng $atrtf3, gefebrteben,
unb buret) benfelben Ueberbrtnger, ber ben erftett an ©otrtf mit fta) nar)m,
nämlia) burd) ^3atrtf, bem ^ö'ttig Serbelroag angefertigt roorben. Ü)ann
aber folgt, baß e$ in 3rlanb ju gleicher 3eit jroei Könige gab, von benen
tt>or)( ber eine bem anbern untergeorbnet roar. Strfltcr) beutet bie ver*
fcfytebene Titulatur, roelcfye Sanfranf Reiben erteilt, auf ba$ fragliche $cr*
tyäftniß ^tn. 2)er (£r§btfd)of rebet ben ^önig Serbelroag mit bem 2lu$brucf
magnificus an, ben anbern nennt er blo6 gloriosus. Se|terer Sitel t)at
in ber Jtan$letfpraa>e be$ Mittelalters geringeres ©erotcr)t, atö ber erftere,
er rotrb außer Heineren Surften ben f)ol)en Beamten großer Sftetcfye beigem
legt. 4) 93etbe Sorte »erhalten ftcb ungefähr rote im £)eutfct)en ©roßmäcf;ttg
unb ümrdjlaudjt.
2Iucr) ber fadjltdje . 3nfyalt ber §roei ©abreiben frtmrnt ^u. 3n bem
Briefe an ©otrtf flagt ber (Sr^bifc^of nur über bte Mißbrauche ber @r)e,
in bem jroeiten aber hebt er noeb gewaltigere (Schaben hervor, baß 23u
fa)öfe ntd)t in rechter Seife, b. h- nur burd) ein Jttrdjenhaupt, unb ntdjt
burd) einen 33eretu von mehreren, tr)re (£tnfegnung empfangen, baß fte bte
Setzen um ©elb verlaufen, enbltd) baß bte (Sprengel ntd)t abgegratet unb
ber SBifctjö'fe ba unb bort $u viele feien: lauter Mtßftänbe, bte bloß buret)
eine Metropolttatwerfaffung unb burd) $etcr)3fynoben befeitigt roerben fonnten.
9tetcc;6ftynoben aber ju berufen unb einen tüdbtigen Äirdjenverbanb §u fd)affen,
liegt nur in ber Macht größerer Röntge, bie ein gan§e$ SBolf regieren,
mct)t in ber SBefugntß Heiner ^eilfürften. ^terauö folgt nun, baß ber
erstgenannte, ©otrtf, bem ^rvettgenannten, Serbelroag, untergeorbnet, mit an*
*) SJlan ttergleidje 2)u (Sange, sub voce gloria.
33*
516
$af>ft ©rcgortuö VII. unb (ein Seitalter.
bem Sorten, baß jener ein $r)etlföntg, biefer ein £)berföntg gewefen fein
muß. 2ßof)lan, biefe Schlußfolgerungen werben burch 3eu9n^fe beftätigt.
3rlanb umfaßte mehrere Heine fHctd^e , bie unter ber §or)ett eine$ ©efammt-
fönigS ftanben; ein folcfyer ©efammtföntg war1) Serbelwag.
fftocb ift ein britteg ©abreiben2) vort)anben, ba$ Sanfranf an einen
triften 523ifdt)of , 3)omnalb, erftcf . 2116 Antwort auf vorangegangene 2Ju*
fragen beö 23ifcc)of3 unb anberer Ungenannten Inn fuct)t ber Metropolit
barjuthun, baß ber ©enuß beö 5lltarfaframent6 für ba$ Seelenheil fleiner
$inber, bte beö Vernunftgebrauchs noch nicht mächtig fmb, feineSwegö
nötfn'g fei. 5lu3 bem £one beS Briefes glaube ict) ben Schluß sieben $u
bürfen, baß Sanfranf nur ungern an 2)omnalb fdjrieb unb ben Verbacht
hegte, ber trifte 33tfa)of I)abe jene gragen in feiner guten 5lbftcht, noch
um ftdt) belehren ju (äffen, fonbem um ben Metropoliten in Verlegenheit
$u fefcen, geftellt.
Dffenbar in gereifter (Stimmung fagt er am Gfrtbe beS (Schreibend:
f/3hr m*r noc§ ftnbere gragen vorgelegt, welche weltliche 3ßiffenfa)aften
betreffen; ich antworte auf btefelben nicht, weil tct) glaube, baß e$ ber
btfchb' fliegen Stürbe nicht gekernt, ftet) mit folct)en fingen ju befcf>äftigen.
2Ue tct) noch bei jungen 3at)ren war, 'verfchwenbete id) meine Seit auf
©egenftänbe ber 5lrt, feit icr) baS btfa)öfltche 2lmt verwalte, habe ich e$
paffenb gefunben, benfelben ganjlta) ferne §u bleiben." Saut alten 9?aay
richten fotl3) ber Vrief an 2)omnalb im 3«hr 1081, bem Ilten ber Mmifc
führung SanfranfS, abgefaßt worben fein. £)en bifchb'flichen Si£ 3)ont*
nalbS fennt man nicht, bagegen fteht feft, baß er ben (Sr^bifchof ßanfranf
überlebt l)at. £)enn er wirb in ber SBrteffammlung SfnfelmS $u bem 3ahre
1095 unb bem folgenben als lebenb erwähnt.4)
Unverfennbar übte Sanfranf bis ju einem gewtffen ©rab Metropolitan?
hoheit über bie irtfehe Kirche. 3Bte eS ihm gelungen, btefeS Verhältniß
anzubahnen, barüber I)errfc^t Dunfel. Sicherlich war jenes Schreiben ber
2)ubliner ©emeinbe vom 3ahre 1074 nicht ber erfte Schritt $ur $lnnär)e*
rung. Verrwnblungen, von benen wir nichts wiffen, werben vorangegangen
fein. £)a große unb fleine gürften gutwillig unb auö eigenem Antrieb ihre
£anbe6fircf)en ebenfowenig als ihre £r)rone ber £>beraufftcr)t mächtiger 9?aa>
barreiche unter§uorbnen pflegen, vermute tdj, baß ©aufönig ©obreb von
Dublin — ben ich tr)eilS beS Samens wegen, tf)eilS im ^inblicf auf bie
©efchtchte feiner Vorgänger für einen Normannen halte, — ebenfo wie beffen
£er)enSl)eTr, ber ©efammtfönig Serbelwag, ber ein 3re gewefen ju fein
fcheint, aus gurcht vor StlhelmS Staffen mit bem Stuhle von (Santerburr;
l) Uffertuö ö. o. £>. @. 69 unten. 2) Epistol. 33. Opp. <§. 316, b. 3) UfTe*
tittö a. o. £>. ©, 72 oben. *) Ibid. @. 85—88.
SSterteö S3uc^- @al>. 24. SBüfjetnt totebev in ber Sfcovmanbie. SBirffamfeit Sanfratifä. 517
attgefnütoft fyahm bürfte. 2)er 1074 auögeftreute ©ante gebtef) erft r)un*
bert Safjre ffcäter unter bem Normannen Heinrich IL *ßlantagenet $ur
23lütr)e, welcher 3rlanb eroberte.
Um ba£ 3af)r 1075, nac^bem ber Aufruhr in ber Wlaim gebchnpft,
©rafgulfoll. von Anjou beftegt , bie Empörung ber Marone ntebergefa)(a^
gen, bte gemeinten Strittigen beö fran$öftfcr)en £ofeö griffen waren, ftanb
ber Normanne 2ßtlt)elm auf ber £ö'he feines $uhmeö unb feiner 9flad)t.
Ü)er 33enebtfttner »ort 9J?alme3burr/ fagt:1) „^önig Wilhelm war währenb
feines £ebenö fo »om ©lücfe begünfttgt, baß bte auswärtigen Nationen,
unb $war bte entfernten fo gut rote bte nat)en, ntdjtS mehr al$ feinen
Tanten fürchteten." 3)ieß gilt »or§ug3weife bezüglich beö 3etoum0, ber
3Wifa)en 1066—1075 »erlief, benn »on 1076 an haben traurige 3erwürf*
niffe im ©cfyooße ber eigenen gamilte ben ©(ans fetneö £aufe$ »erbunfelt,
felbft feine 9J?adjt angenagt.
2luc£) ber fa(tfa> jtatferrjof in Deutfcbtanb fannte unb fürchtete ben
Normannen. 3)er beutfa^e 9J?öna) 33runo erjagt:2) „alö ^önig Heinrich IV.
1074 burct) ben Aufftanb ber 6aa)fen in fcblimmeö ©ebränge geraden
roar, wanbte er ftct) an bie mücbtigften gürften be$ AbenblanbS um £ülfe.
Auch Wilhelm, ben Eroberer »on Qntglanb, ging er an, »erfpredrjenb, baß
er, wenn Wilhelm ihm je|t in feinen 9Zötr)en beiftc^e, ftetö für fünf?
tige gälle §u beffen 2)tenft bereit fein werbe. Wilhelm erwieberte hierauf:
er r)abe (Snglanb mit Waffengewalt erobert, wenn er btefeö 9fetcr} »erliefe,
müßte er beforgen, baß man tt)m bie 9fücffer)r »erweigere." £)er (Salter
far) in Wilhelms Antwort einen ^Beweis abgeneigter ©eftnmmg: er fchötofte
im nämltcr)en 3af)re Argwohn, baß ber Normanne mit ben ©egnem be$
beutfcben «£>ofe3, namentlich mit §anno »Ott (Solu, SBerbtnbungen unterhalte.
Lambert »on £er$felb berietet:3) „auf einem gelbjuge gegen Ungarn
begriffen, war itöntg Heinrich IV. (im Wlai 1074) ju 9tegen$burg an?
gelangt. 2)ort erreichte tr)n eine 23otfcr)aft feiner am $r)em jurücfgelaffenen
Vertrauten, welche melbeten, Wilhelm ber 33aftarb rücfe, bura) SBerfpre*
crjungett beS Kölner (Sr§6tfdt)of6 ^anno gewonnen, mit einem großen $eere
^eran unb wolle bie £au»t|tabt be$ Geichs, Slawen, befefcen." £)er
(Shrontft fügt bei, ^anno fyahe nachher btefeS ©erüdjt als eine (Srftnbung
feiner geinbe £ügen geftraft. Angenommen, baß ber Kölner tn gar fetner
SBerbtnbung mit Wilhelm ftanb, läßt ftcr) boa) baö @erücr)t erflären. Der
Normanne muß eben um jene %tit ben gelang gegen bie SJkine eröffnet
haben. Manche mögen auf ben ©ebanfen geraden fetyn, baß Wilhelm
feine Srutotoen nicht nach ©üben, fonbem gegen £)ften führen werbe. 3<h
meines ZtyiUt $weifte fehr, ob ©erüchte, wie baS fragliche, foldt)e gefttg*
') @a»tle <§. 106 gegen o&en. 2) $evfc V, 342 oben. 3) Ibid. <S. 216.
518
*ßabft ©regoriuö VII. unb (ein Settalter.
feit erlangt r)aben würben, baf ber (Staat^ratt) bem abwefenben Könige
Eilboten nactjfanbie, unb baß £etnrid) IV. felbft ftet) bewegen Heß, ben
befcfyloffenen gelojug gegen Ungarn aufzugeben, fyätte niebt ^>anno wtrflict;
geheime Unterfyanblungen mit bem SBaftarbe gepflogen.
2)er Kölner (Sr§btfa>f, welker, rote ta) früher1) jeigte, wafyrfcfyemltcr; bem
Normannen ben 2Öeg auf (Snglanb^ Sfyron bahnen tjalf, fyegte, fo fcfyetnt
e£ mir, bte 2tbftcf)t, alö ©egenletftung ober aua) au$ Stütfftcfyt für ba$
S03ol)l ber ßfyriftenfyett, üon 2BtU)elm bem Eroberer trgenb "einen 2>tenft $u
erbitten, ber barauf berechnet roar, ben beutfcfyen (Salier tton ben fd)lim*
men Segen, bte er etngefa^lagen fyatte, auf ben geraben *pfab $urücFsutret*
ben. Allein ber Normanne ging 1074 auf ba$ 5lnftnnen be£ Kölner (Sr$*
btffr)of£ fo wenig ein, al$ er ftd) naa) 1080, wie td) unten §eigen werbe,
uneractjtet fefyr bringenber 5lufforberungen von (Seiten beö ©tufyleS $etrt,
in bte ttaltentfdjen £änbel be$ beutfa)en ^atferretcbS einmtfcfyte.
Mnpxfif$wan$\Qfit$ Capitd.
Snnere Berroürfniffe im £aufe *on 9touen. SGÖeil ftcr) 2BiU)elm Weigert, feinem erftges
Bornen ©orjne Robert bie üftormanbie abzutreten, empört fiel) biefer gegen feinen
33ater. (Sfjarafter unb (Erdung be$ (Srflgebornen. Robert fiietjt 1077 erft nadj
ber Sanbfcfyaft *ßerd)e, bann treibt er ftcr; in »erf ergebenen Sdnbern f»erum unb fudjt
enblicr; -§ilfe Beim Könige üon ?j;ranfreicr), ber bie ©elegenfjeit mit greuben ergreift,
ben Stifj jttnfdjen SSater unb @ol)n ju erweitern. S^obertö 9tufentt)alt in ber 93urg
©erberoty, einem §reipla$e für Stuöreifier. Offene $eljbe beö @of;n$ mit bem 93ater.
JDrotjenbe ©riefe , bie 5pabfi ©regor VII. um bu^lbt 3ett an .König 2öilr)elm t>on
(Snglanb erließ. Q3eroei$, bafi bie Spannung batjer rührte, roeü ber $abft ernfilicr)
auf SIBtretung ber 9iormanbie an Robert unb auf Stuefo^nung beS Söaterö mit bem
©or)ne Bejtanb. 3m Safere 1080 üerfidnbigt ftcr; 2BtU)elm mit Robert, augenblicflicr)
änbert ber $abji ben £on unb richtet liebeootte (Schreiben an ben .König. (Schlimme
folgen, roetdje baS 3erroürfnif fyatte. Slufflanb in Sflortfyumbrien , (Srntorbung beö
58ifrf)ofö 2Balcr)er r-on Surgam. Sftalfolm fcon ©djottlanb faßt in (Snglanb ein.
93efiegung beß ©Rotten, SBejirafuug ber üftorttyumbrier. 3um jroeitenmat Bricht
Siobert mit feinem 93ater, unb entfliegt roieberum auö ber üftormanbte. SBäfyrenb
beffen entwirft 93ifcr)of £)bo öon 53aieur , ffiiUjelmg £albbruber, ben $Ian, ein nor*
mannifdjeö £eer auä (Sngtanb jum <Scr)u|je ber römifdjen .Kirdje roiber ben ©atier
<£>einricf) IV. nacr) Statten gu führen. 5llö ber .König fjieoon ^unbe erhält, eilt er
im ^erbjie 1082 auö ber S'lormanbie nac^ (Sngtanb hinüber, üerfjaftet feinen S3ruber,
ben ©ifct)of, unb t-erroafyrt i^n in bem Sfmrme gu 9?ouen. Unmittelbar barauf ruft
2Bilf>etm feinen @o^n Stöbert auö ^ranfreic^ jurürf, Bereinigt feine ftorberungen
unb übergibt it}m bie üftorntanbie , boer) mit 5luöna^me einiger ber fejtefien !ßlä^e.
3at;re ß^rijtt 1076 Biö ju (Snbe 1082.
3ct) fomme an ben Senbepunft ber ©efdjtcfe Stl^elmö, an ben %\&
brueb ber J)äuölta}en 3^ürfntffe. 2)er ^önig J)atte fta) wteber^olt gegen
*) Oben @. 360 unten flg.
Viertes 33udj. (Bap. 25. 3criüürfmfTe jhnfcfjen .ffontg ÜBilfjetm u. feinem (Sofyn Robert. 519
feinen (Srftgebornen felbft, gegen ben ©tufyl $etri, gegen bie ^rone granf*
reia)3 »crbinblidj gemacht, *) naa) (Eroberung GmglanbS bte 9?ormanbte nia)t
länger für jtdj §u behalten, fonbern btefelbe in ber 2lrt an Robert, feinen
älteften @ol)n, abzutreten, baß baS £er$ogtf)um unb ba$ brütiftf)e Jtöntg*
reid) für immer getrennt werbe. 3Bilt)eIm jögerte jebodj ntd)t nur, biefe
93erpflia)tung §u erfüllen, fonbern er erflärte2) fogar eines JEagS runb r)er*
auö, baß er, fo lange er lebe, Weber fein £eimatf)lanb, bie ^ormanbie,
nod) bie mit fyarter Tltyc errungene $rone Gmglanb an irgenb jemanb,
Wer eö aud) fei, abgeben werbe. (§3 war of)ne grage ein Sreubrud), ben
ber SBaftarb bura) bie eben erwähnte (Srflämng beging. 2lua) l)at it)m ber*
felbe bie fajlimmftcn ,£änbel fowof)l oon ©eiten be3 6ofme$, als fcon
(Seiten be3 fran§öftfd)en Königs §uge§ogen, welcher ledere ben Q3rtnjen
wiber ben Sßater waffnete.
$Ran fann nia^t leugnen, baß baS $ed)t ber ©elbfterfyaltung , ber
ftärffte aller «£>ebel, ben S3cr)trrfc^er 9Zeuftrtenö trieb, um jeben $ret$ bie
Trennung (SnglanbS son ber 9?ormanbte §u erzwingen, benn wenn beibe
fronen »ereinigt biteben, bann war e6 über ihtr§ ober Sang um bie Selb*
ftänbtgfett granfreid)6 gefabelt. 3a) will bat)er *|3f)tltp» I. wegen ber
Littel, bie er §u ($rretd)ung eines für ifyn nottjwenbtgen 3wede3 ergriff,
— fo traurig unb tabeln^wertf) fte aua) an ftd) waren, — nta)t bura)au£
oerbammen, aber bte gleite ^acbftc^t ift man meinet (£raa)ten$ bem 9?or*
mannen fa^ulbtg. ©efyr ftarfe ©rünbe liegen ttor, wekr/e fein 2krfar)ren
in ein mtlbereS Sidjt ftellen. 9?td)t of)ne gug fonnte er geltenb madjen,
baß, wenn er bte 9?ormanbte, ben mütterltd)en SBoben, au3 welkem bie
tylafyt feinet £aufe6 emporfproßte, abgebe, bte if)m übrig bleibenben £ülf3*
fräfte ntd)t ausreißen würben, um (Snglanb §u behaupten. £)oct; bie trtf*
tigfte dntfa)u(bigung beö 3Saterö liegt im (Sljarafter be£ Sofjneö.
Robert, t>on ©eftalt etwaö fleht unb fett, barum ©ambarom ($ur$*
betn) genannt,3) befaß tnel £ebf)afttgfeit beS ©eifteS, wußte flar unb §ter*
lid) §u reben, fcerftanb ftcf) trefflid) auf bte rttterltd)en fünfte, tummelte baS
Stoß, fyannte ben SBogen, führte ba$ S$wert gletd) gut.3) 5lber ein $or*
^ug, ber bem $ater im retdjften 9ftaaßc ju £f)etl warb, mangelte bem
©orrne gänjlia). 2öarum ift ber 33aftarb tton sftouen ber größte gürft fei*
neö 3al)rl)unbertö geworben? 2lbgefer)en son ben feltenen Anlagen, mit
benen ir)n bie ©unft be6 <5djö>ferö befa^enfte, r)au^tfäc^ltcf) bura) bte r)arte
Sdjule, bte er in fetner Sugenb bura)gemaa)t l)at !
©anj anber^ »erhielt eö fta) mit Robert. @r war ein fcer$ogener,
barum l)od)müt^iger, jur 33erfa)wenbung, $um Seta^tftnn geneigter ^rtn^. 2)er
SBater, mit ben «Sorgen einer ftürmeoollen Regierung befa^äfttgt, faft immer
l) ©ie^c o&en @. 362 u. 406. a) ^u^eßne @. 570, b. 3) Ibid. @. 545, c. d.
520
$a6fi ©regortuö VII. unb fein 3ettalter.
im gelb ober Rof, hatte nidt)t bie nötige 9J?ufe gehabt, Roberts (Sr*
jiefjung ju übermalen; bie Mittler aber, feine 93ormünberm , unter beren
2Jugen er $u Rouen aufwud)6, befaf ntct)t gefttgfeit genug, um ben ©cböf*
ling §ur rechten 3e^t befdjneiben, i^n mit ftarfer £anb jum @uten an*
galten. 2)te £ef)rer, burch bie fte ifyx unterrichten lief, brauten ihm, wie
ber (Erfolg bewies, prächtige ge£en aus ber bibltfctjen, griea)ifdxn, unb
ftdt)erltdt) and) aus ber römtfd)en ©efd)id)te bei, bie ben ©tol§ beS ^rinjen
nährten. 2öaS aber baS 6chltmmfte, frühe bübete ftct) um Robert ein
£of junger (§;t> e Heute *) — wahrfcheinlich feiner ehemaligen «Spielgenoffen,
bie ber aufgetjenben (Sonne, $um !Ract)tr)etl beS alternben Königs, I)ulbigten,
aus (Sigennufc ben (§f)rgei§ beS grinsen aufftachelten , bie $argr)ett be$
SßaterS tterläfterten, unb enbltct) — bafür bürgt ber Erfolg — mittelft t>er*
borgener gäben vom fran§öftfd;en §ofe gegängelt würben. Robert fa^eint
um 1057 geboren $u fein.2) (Sr legte alfo 1075 fein ac^t§ct)nte^ 3af)r
jurücf unb trat in ben Stanb ber SDfünbigfeit.
$(u$ btefem 5lnlaffe, benfe icr) mir, werben bie 3tt>iftigfeiten beS 6ohn$
mit bem SSater it)ren Anfang genommen haben. £)rberict) er§äl)(t eine
(Scene jwifchen Reiben, wobei er bem einen wie bem anbern Sieben in ben
SDfunb legt, bie fo eigentümlich Hingen, baf id) fte nicht für erbietet §aU
ten fann. „(SineS SagS," fagt3) er, „ging Robert, aufgellt burd) bie
jungen Rathgeber, $u feinem $ater unb fyub alfo an: 9J?ein §err unb
jlönig, gib mir bie Rormanbte, bie bu mir fd)on vor bem Kampfe mit
£aralb jugefagt fya\L 3d) fann unb will nicht eroig bein ©ölbner fein.
($3 ift Sät, *>af meinen eigenen ^auSftanb begrünbe, unb baf mir bie
Stttttel gereift werben, meine 2)ienftleute gebül)renb §u belohnen. Ü)er
«ftöntg gab eine ausweichende Antwort, ermahnte ben ©ot)n, fein £)r)r nicht
fürber jungen Waffen ju leiten, bie if)m üerberblidje 2)inge in ben »ftopf
festen, fonbern auf ben Rath eljrwürbiger 23tfd)öfe, erprobter @taatSbeam*
ten ^u hören. (Sr fpraa) weiter üon 5lbfalom, unb wie fa)ttmm eS biefem
felbft unb feinen böfen Rathgebern, 9$itti|>$e( unb Slmafa ergangen fei.
£)er $rtn§ erwieberte fur$: icr) bin gefommen, um 2)aS, was mir »Ott
Rechtswegen jufteht, ju forbern, nicht aber um Lebensarten an§uh#ren/
mit benen mich meine ©djulmeifter bis §um (Sdel geplagt l)QLktn.il
„Run fuhr ber alte Normanne auf unb fchwur hoch treuer, baf
er nie Weber bie Rormanbie noch (Snglanb abtreten werbe. *ßetri 6tatt*
halter, rief er, haben mich mit bem 2)tabem gefdjmüdt, nur mir unb fei*
nem Zubern ift baS föntglicbe ©cepter SllbionS anvertraut, hierauf ent*
gegnete Robert: 3hr fiof t mia) aus ber ^eimatl; fort, mein (Sntfchlufj ift
*) Ibid. @. 569, b. c. d. 570, a. c. 2) «Die 33evmdf;htng 2D?aU)iIben3 mit Sffiil^etm
fanb, tote oUn @. 279 gejeigi; »ovben, 1056 jlatt. 3) 2)uc$e$ne ©. 569 unten f(0.
93ierteg 93ud^. &ap. 25. 3ertoürfmfTc jimfdjen JWttig 2Bilf)flm u. feinem «Sofjn Roheit 521
gefaxt: gleta) bem $r)ebaner *ßolr;nice$ roerbe tdj in bte grembe §ier/en
unb bort bte (gfjre fiuf)en, reelle mir bte üäterltdr)en Saren verweigern.
Wöqc mid) ber Gimmel 31t einem 2lbraftu$ führen, ber meine treuen 2)tenfte
belohnt."
2Baö 5tx>tfdt)ett bem SSater unb ©ofyite vorgegangen, muß rucfytbar ge*
roorben fein: ba$ Sanb gertetr) in ^Bewegung, bte (Sinen gaben bem alten
Röntge Siecht, bte 5(nberen bem jungen §er^oge. *ßarrf)eiung entftanb. (Sin
jufälltger Streit Dfobertö mit feinen jroet naa^gebornen 33rübem braute baö
3erroürfntf beö SSaterö mit bem ©ofjne »oUettbä jum SluSbruct). 2)ie jün*
geren (5ör)ne be$ Königs, ber gleta)namtge 2Bilf)elm, weiter fpäter ben
^Beinamen be$ dlottyn erhielt, unb ^einrta) beneibeten1) ben älteren, weil
ir)m, wie fte glaubten, ju ityrern 9laa)tf)etle bte ^ormanbie §ugefta>rt wor*
ben war, fte umfüllten btefeö gefyäfftge ©efül)l mit bem (Ea^ein befonberer
Vorliebe für ben QSater, fptelten bte 5lugenbtetter be$ Königs unb verfiel
nerten Robert. (Stuft befanb fta) SMfyelm mit feinen brei ©öfynen tn ber
Heinen <5tabt £atgle, bod) in verfa^tebenett £Utartieren. 2)er Zottig unb
bte beiben jüngeren €>öt)ne roorjttten bei @unl)er, Robert int §aufe eines
@belmann$, ber Dloger fytef. Elftere befugten ba$ .JpauS beS (enteren,
fliegen aber in ben obem ©toef fytnauf, bort festen fte ftd) mit tr)ren 23e*
gleitern nieber unb begannen naa) 2lrt ber «ftrtegSleute Würfel ju fielen.
9Jaa) einiger Seit ftanben fte auf, trieben ^inbereien, machten Särm unb
goffen $ulefct Saffer auf bte ^ö^fe *Kobert3 unb feiner ©enoffen fyerab,
bte im ©öder be$ unteren 6totfe6 weilten.
2)er ältere Söruber warb wütt)enb über btefe 23efa)tmvfung unb ftürjte
mit gejüdtem ©cfywert in ben obem ©toef hinauf, entfa)loffen, 9faa)e an
feinen SBeleibtgem §u nehmen. ©lüdltdjer 2Betfe roarb er verrjtnbert, feine
5lbftd)t §u verwirf lta)en. Der §au$f)err gab bem Könige 9caa)rta)t, ber
nun augenblicflta) herbeieilte unb mcfyt oljne 50?ür)e bie £änbel ber €öl)ne
für ben 5lugenblicf befa^rota^tigte. 2Ulein in ber folgenben 9lad)t »erließ
Robert mit feinem 5lnf)ange ba$ fömglidje ©efotge, ritt naa) 9^ouen jurücf,
unb verfugte auf ber ©teile ba$ ©a)lof ber ©tabt §u überrumpeln. 2)er
borttge 23efef)l$r)aber $oger von 3vrr/ blieb jeboa) feiner *Pflia)t treu unb
wie$ bie SSerfdjworenen jurücf. 2113 ber $öntg fyievon jtunbe erhielt, gab
er 33efel)l, bte Gmtpörer fammt unb fonberS ju verhaften. £>o$ nur einige
SQSenige gerieten in feine ©eroalt, bte Reiften entflogen mit 2ßtlr)elm# (Srft*
geborenem in ba$ 2üt3lanb, um von bort auö ba^ 6a)roert gegen S©tll)elm
ju führen.
3efct jetgte eö ftd^, rote tief fcte $artl)etung in ber 9?ormanbte bereite
griff: eö roaren 6ö^ne2) ber erfreu Männer beö SanbeS, bte ben flüa)ttgen
!) Ibid. <§. 545, d. *) S)uc^eönc @. 546, a. 570, c.
522
$aBft ©regoriuö VII. unb fein ßiitalttx.
Armsen begleiteten, unter ihnen 2Btlf)eIm »Ott Sßreteutl, ber (Srftgcborne
bcö 1071 in glattbertt getöbtctett gt&oSbern unb 33 ruber beö gefangenen
(Sari Stöger »Ott ^ereforb, bann Robert »on SBclleSme, 6of)tt 9Joger6 »on
^(Otttgommer», welchen Zottig 2öiH)eIm roegett ber treuen bei (Eroberung »on
(Snglanb gcteifteten Dtenfte §um S3urgl)errn »Ott 5lrunbel unb (Sfytcefter,
ffcäter nun (Sari »on ©fyrentöburty erhoben hatte,1) Stöger, ©ol;n $tcharb3
»Ott 23tettfatt, beffelben, ben nur oben2) als »om Könige eingefeuert Dber*
rtd)ter beö engltfcfjen 9^ctcf)ö gegen bte bret »erfchroorettett Marone entfahret*
teti farjett, Robert »on SMbrat;, 3öi(l)elm »on SMineS unb »tele Slnbere.
Die Verbannung btefer jungen Männer breite auch it>re Väter, welche bte
erften 2lemter in (Sttglanb brüben befletbeten, mit bem Röntge §tt »erfettt'
bett. Sicherheit unb ^ufje ber betbett £au»tbeftanbthetle be£ »on SMhefm
bef)errfc§ten @efammtretch£ tt>ar gefährbet.
9cta)t weniger nachteilig für ben Röntge erfc^emt bte 3Bat)l bc$ iDrtö,
voofyttt ber $rtn§ mit feinem »ornehmen 5tnt)ange floh- 5luf ber 6übgrärr§e
ber 9?ormattbte, §t»tfchen Sllett^on unb (SrjartreS, liegt bte Sattbfchaft $era)e,
bereit £au»tort bamale Sttortagtte roar. 3« ber *ßercbe befanbett ftet) bte
@a)löffer 9ceufd)ateau, ^Retyntalart unb ©orel, roela)e £ugo, bem 6c^toager
be£ mit bem $rtn§en Robert entflogenen Robert »on 23elle3me, gehörten.
3n eben btefe «Schloff er nahm £ngo bett ^rtttjett uttb feinen 2lnf)aitg auf.
§ugo roar fein felbftftanbtger £err, fonbern er ftattb3) unter ber £ehettö*
hohett Diotro'S, be8 @rafen »Ott sperre uttb 9Jtortagtte. Vott Unterem be*
richtet4) nun Drbertcf}, baß bamalS jttrcr/enfiucr) auf ihm laftete. Der (Sfyro*
ntft fagt ttämli<h, ber 23tfcf)of »Ott @hartre3 unb fein (SleruS l)abe bett
©rafett »on Sftortagne, roetl berfelbe unaufhörlich bie @üter be£ ©tut)Iei3
»on (5l)artrcö »erroüftete, mit bem SBanne belegt. 2Uta) in $rteg muß
$otro beS nämlichen Saunet wegen »errotcfelt geroefett fein. Denn Drbe*
rieh er§äl)lt weiter, baß Zottig Söilljelm ttact) eingelaufener Nachricht »on
ber Aufnahme feinet Sohneö in obgenanntett Schlöffern mit Diotro grtebett
fcblof. (£r ^atte i|tt alfo »orf)er befrtegt. Slttf biefelbe Xt)at\a$t weist
meitteS (SracbtettS bte wettere Sßemerhtrtg4) £)rberia}3 tyn, bajj Zottig
heim §ur 3>cit, als jene Scette §tt>tfct)en feinen <Söt)nen ttr Saigle ftet) eretg*
nete, auf einem gelb§ug gegen ^orbou begriffen roar. ßorbon liegt fitblich
»Ott £aigle in ber Sattbfchaft ^erche, uttb tft uur roettige teilen »om
6a)loffe 9f(et;malart entfernt. Der fragliche 3«9 Sötlhelmö galt allem 2tn*
fchettte nach bem ©rafett $otro »Ott ^ortagtte unb ^percfje.
Der 3ufcminienr;attg [teilt ftcf) je^t fo gratis : um bett »om S3tfdt)ofe
5U tyaxtxrt »erhättgtett S3ann ju »ollftrecfett , l)atk ^öttig Stl^elm al$
*) Ibid. @. 522, b.
4) Ibid. <&. 545, c.
2) @. 502 u. 2)uä)egne @. 535, a. 8) Ibid. @. 546, b.
SSietteS 33u$. (§ap. 25. Sertourfniffe gtotfefcen Äöntg SBiNjelm u. fernem <£o^n Robert. 523
^erjoß ber 9?ormanbte, bie Staffen gegen Dfotro ergriffen, nnb wäfyrenb
biefe ger)be fdjwebte, cntflot) ber meuterifcfye Cprtnj, x>on «£)ugo, einem 3)ienft*
manne $otro'S eingelaben, in baö feinblta)e ©ebtet ber *ßercbe, fyoffenb,
baß ber Stynajl biefer Sanbfcbaft, welker §ugleid) £el)engf;err <£>ugo'£ unb
einer ber größeren SSafallen beS fran§öftfd)en Königs *)3l)tlipp L war , af$
erflürter getnb feinet $aterö ifym 6d)u£ nnb £ülfe gewähren werbe. 2)ie
5lbftct;ten Roberte sielten untterfennbar batjin, in bie $wifd)en 2öilr)e(m unb
*Rotro fcfywebenbe gct)be ben normanmfdjen ßrbftrett ju tterwideln, unb ba*
burd) an 9?otro unb beffen oberflem £el)en£l)errn, bem Könige üon granfreid),
mächtige 23efd)ü£er 311 gewinnen.
3)ie eben entwickelten 23erf)ältntffe werben bura) baS Benehmen beö
Normannen 2Ötll)elm bestätigt. Dffenbar tton ber 2lnftd)t auögefyenb, baß
bie <&&)xitte feineö ©ol)ne3 gefäfyrlicr) feien, jog ber SBaftarb jämmtltcf)e
Sellen ber flüchtigen (Smpb'rer ein, warb ©olbaten unb unterfyanbelte bann
mit bem ©rafen $otro üon 9J?ortagne. (£3 fcf;etnt il)m ntct)t leicht ge*
worben ju fein, benfelben $ur 2lu3föf;nung §u bewegen. 2)enn £)rberia) fagt,1)
nur gegen einen $ret3, ben ber $önig bellte, t)abe $otro ben angeboten
nen grieben genehmigt. Sßeibe rückten jc^t mit vereinter 5D?acf)t gegen bie
@a)löffer, in weld)cn Robert unb feine ©enoffen lagen, unb warfen ©d)an*
$en wiber fte auf. SBcifjrenb ber Belagerung warb t>on ben ©olbaten
3ßtlr)e(mö ber 23efcr/I6r;aber etne$ ber genannten ©c^löffer, Slimericr; flon
Vßilxty, erfctjlagen, unb §war erfolgte biefer Sftorb, nadjbem Atmend) einen
ungenannten £rud)feffen be$ Königs $^tli!p^ I. tton granfreid) bei ftdj
empfangen unb Wetter geleitet r)atte.2) Ü)a3 ift meinet ©raa)tenö eine
Ijanbgreifüa^e 6pur, baß *ßr)ütyp in r)etmltd)er SSerbtnbung mit ben (Snu
pörern ftanb. £)rberid) berichtet weiter, baß 5ttmertcf)ö ©orm, ©ulffyer,
erfd)retft buret) baS Unglücf feinet 93ater3, ftet) bem Röntge 3Btlt)eIm un>
terwarf. tiefer Slbfall nötigte, fo fetjetnt e6, ben $rin$en unb feine 2ln*
ganger, bie £anbfd;aft $erd)e ju tterlaffen unb anberSwo Unterfunft §u
fuc^en.
3unäa)ft muß bie Seit ber eben erjagten (Sreigniffe beftimmt werben,
glorenttuö fcon 2Borcefter fd)reibt3) §um 3afyre 1077: „weit $önig $ß\U
f)elm feinem (Srftgebornen bie 9?ormanbie, bereu Abtretung er irjtn in 2ln*
wefenfyeit be$ Königs *)3f)iu>p I. läugft jugefagt fyatte, bel)arrltcf) serwei*
gerte, entflog Robert plö£ltcc) auS ber §eimatr), ging nad) granfreicr), ^ er^
wüftete mit «£>ülfe be$ Königs $f)ili:pp bie ©r&njen ber Norman*
bie, »erbrannte Dörfer, erfct)lug 9J?enfcr)en, unb bereitete4) feinem SSater
fe^wereö ^erjeletb." gaft unmb'glia) fc^eint eö, $u bezweifeln, baß biefe
l) Ibid. @. 546, b. s) Ibid. ©. 546, c. 3) Flores histor. @. 639.
©orte lauten: et patri suo nou parvam molestiam et ansietatem inferebat.
4) S)te
524
$abfl ©vegoriug VII. unb fein 3ettaUer.
(£r§ül)lung beS angelfäcfyftfd^cn (£r)roniften mit bem oben mitgeteilten 23ertd)te
£)rbertd)3 gufammenfäUt. 2)emtod) rnadjt bte 2)arfteüung be£ lederen
einige Scfyroterigfeit.
3d? muß etwas weiter auSfyolen. Drbertcb, fcfyließt1) baS oterte 23ud)
feiner (Ät)rontf mit ben Sorten; „tdj bin mübe, aua) ruft mtd) bie f)eran*
nafyenbe teilte be3 SBinterS §u anbern ©efcfyäften, unb td) fege barum bte
geber nieber. 2öann ber grüfyling fommt unb mtlbere Süfte* wefyen, werbe
icfy meine (£f)rontf wteber aufnehmen unb auöfütjrltc^ betreiben, wa6 tdj
fyter nur obenhin berührt tjabe. Unmittelbar oor biefem Sa)luffe ^atte er
bie Stuftritte ju Saigle, ben SSerfua) ^Robertö , bie 23urg oon $ouen ju
überrumpeln, fo rote feine unb feiner ©enoffen gluckt naa) ben Sdjlb'ffem
9?eufa)ateau, Dfotjmalart unb ©orel erjäfylt. 2)a3 nädjfte ober fünfte S3ud)
beginnt mit einer 3lbfdjwetfung über bte ©efa)tcbte ber @r§btfd)öfe »on
$ouen, bann fommt £>rberia) auf ben grinsen Robert unb beffen Slbfatt
oon feinem $ater §urücf, berichtet, wie bte jungen Herren feiner Umgebung
ben (Srftgebornen roiber ben <ftömg aufregten, tfyeilt weiter ba$ oben er*
wäfynte ßwiegefpräa) §roifa)en bem Sßater unb bem Sofyne unb julefjt bte
tfyeatraltfd>e 2)rol;ung beö Sedieren mit, gtetd) bem Gebauer *ßofyntce3 in
frembem Sanbe ba6 $ed)t §u fucfyen, ba£ iljm bie fyetmatfylidjen Saren »er*
weigern. 5luf biefe (Srflärung tjüt, fäfyrt5) £)rberidj roetter fort, fei Robert
aus ber sJ?ormanbte entflogen unb fyabe ftcfy erft naa) glanbern, bann nadj
anbern $etd)en be£ 5lbenblanbe£ geroenbet.
2)emnad) fdjetnt £>rberid) eine boppelte gluckt Roberts ju unterfd)ei*
ben, eine erfte ju §ugo oon -jfteufajateau, eine zweite in bie öftltd) gelegen
neu Sänber. hieraus würbe folgen, baß ber $rin§ fammt feinen $faljto
gern nad) SBejwtngung ber bret 6cfylöffer son feinem $ater begnabigt wor*
ben, unb in bie £etmatr) §urütfgeferjrt fei, unb bann erft jum jvoeitenmale,
nad) jener Unterrebung mit jtönig 3Bt(t)cIm, bte 9?ormanbie tterlaffen fyabe.
Allein bteß tft faum benfbar, benn einmal muß eS $erbaa)t erregen, baß,
rote £)rberta) boa) oorau$fe£t, ben *ßrtn§en bei ber einen roie bei ber an*
bem glud)t bie nämlichen Stnfyänger begleitet Ijaben follen, noa) ungtaub*
ltd)er aber erfcfyetnt zweitens, baß ber Jtb'ntg, wenn er aua) ben @of)n
fammt ©enoffen begnabigte, biefe Herren, bie burd) ben SBerfua) , baS
«Schloß son Sfouett ju nehmen, unb bann bura) ben Uebertritt in bte ba*
maU mit bem normannifa)en £aufe oerfetnbete Sanbfd)aft $era)e einen
förmlichen ^>oc|oerratl) begangen Ratten, ungel)tnbert eine jroette, abermalö
auf $od)tterratlj abgefeierte unb noa) baju oon Robert bem Sßater oorauö
angefünbtgte Steife antreten ließ. So fjanbelt fein oernünfttger 9J?enfa),
am roentgften ein ^errfa)er, roie ber Normanne Sßil^elm.
l) iDu^e^ne <&. 546 unten. *) Ibid. <S. 570, d.
93ierte$ 93udj. $ap. 25. SertoürfmfTe jtotfd&en Jtönig ®ttt)elm u. feinem <&ol)n Robert. 525
IDte waljre Qnrflärung gibt £)rberid) felbft an bte ^anb burdfy jene
SBorte am ©cbluffe bef »terten 23ud)f , wo er fagt, baß er ermübet fei,
unb 2)af , waf er fyter nur in allgemeinen Umrtffen gefagt, tyäter, b. r).
im folgenben SBuaV auffüf)rltcr;er barftellen werbe. (Sr fyatte bte ^änbel
jwifcfjen ben brei springen unb ben mißglüdten Angriff auf baf (Schloß »on
föouen, wela)e beibe Vorgänge ber wafyre Anlaß jur gludbt 9fobertf waren,
bereite erjagt. 3ebod) bei Aufarbeitung bef fünften 23uct)f, befann er
ftd), baß, er)e Robert auf ber 9?ormanbte entwia), aua) nod) gewiffe, »om
©entarte »iet befprocfyene Unterrebungen §wifd)en if)m unb feinem Vater
»orgefallen waren. (£r J?oTte bar)er biefe $eben nad), bte allerbingf, nur
ntd?t für ftdt) attetn, fonbern im 23unbe mit ben betben eben erwähnten,
aber ber Sät nad) fpäteren Vorgängen, ben ^rtnjen befttmmten, bte giltst
ju ergreifen. 2)af war nodj fein gefyter ber Ü)arftellung.
Allein nun l)ätte er auf baf früher ©efagte »erwetfen unb etngefter)ert
f ollen, baß er feine am ©djfaffe bef vierten 23ud)f gegebene @d)tlbetung
m»otlftänbigen wolle. Ü)ieß unterließ er unb gertetr) auf ben unglücfltd)en
©ebanfen, bem mitgeteilten ßwtegefpräcf; babura) eine erborgte SBebeutung
ju geben, baß er ef alf fetbftftänbige Urfaa)e ber ©ntweic^ung 9iobertf
tyinfiellte. 2)a er aber ferner bte glua)t nact) *ßerd,e bereite am ($nbe bef
vierten 93ucr)f berietet f)atte, beging er ben jwetten geiler, auf bem 3tt>ic#
geforderte äwifeben Später unb <£ol)n bte Aufwanberung nad) glanbern, bie
bod) nur eine gortfet)ung ber gluckt Üfobertf war, $u begrünben. €>o ent*
ftanb ber ©djetn einer bördelten gluckt. 2)te Steife naa) glanbern ift ntebt
eine golge jener Sieben, aua) nterjt bef ©trettf §wtfct)en ben brei *ßrtn§en
ober bef mißglüdten Verfucfyf, baf (Sd}loß »ort Oiouen $u überrumpeln,
fonbern fte ift bte SÖirfung ba»on gewefen, baß $önig Silfyelm bura) ben
Vertrag mit ®ulfr)er, Atmericf)f @of)ne, bte 6d)löffer 9?eufet;ateau, ©orel
unb SRetymalart §u galle gebracht fyatte. ^rinj Dtobert flot) mit feinen 23e*
gleitern weiter, weil er fta) in $era)e nicfyt mer)r galten fonnte.
3a) laffe £)rberict) wieber reben:1) (nad) ber Vertreibung auf $era»
„ging ber *ßnn§ $unäd)ft ju feinem mütterlichen £>r)etme, bem griefen Robert,
SQtafgrafen oon glanbern, bann §u Ubo, bem (Srjbtfdjofe »on Srter. gerner
befugte er »tele »ornefmte Art»erwanbte fetnef ^aufef : ^er^oge, ©rafen
S3urg^erren in ßotr)arütgten, Alamannien, Aquitanien unb im SBaffenlanbe.
Ueberall, wo^tn er fam, ließ er feine klagen über ben Vater ertönen, wo*
bei er gewöfynlidj Sügen unb 933a^rl)eit unter etnanber mtfa^te. Unb ef
gab nt$t Sßentge, wela^e ben böfen Dieben bef $rtnjen gerne juljörten, aud)
»tele ©efa^enfe erhielt er »ort retdjen Maronen. Aber mochte tt)m noci) fo
»iel ©elb zufließen, allef »erfaßte er mit luftigen SBrübern, mit ©d^au*
4) 2)u^cgne ©. 570, d. flg.
526
$abjt ($rea,otiuö VII. unb fein Bettalter.
fpielern unb £uren. Sar bte «ftaffe geleert, fo formte er ft<i> niebt, ba unb
bort ju betteln ober <Scbulbcn ju machen bei fremben Sumerern." Sflan
fteht, 5llle$ tft nach ber 9fatur 9c§etdt)nct. Seid) ein glccfcn am ©lanje beö
^aufe6 tton 9?ouen roar ba3 ^Betragen biefeö *ßrtn§en!
Setter erjagt ber W6n$ , voie bie Königin SDtfatbilbe, bte für ben
@or)n gegen ben SSater $arthet nahm; fytnter 2Öi(t)eIm6 dürfen bem Sieb*
fing große (Summen jufebiefte, rote enbltch ber $önig bieß erfuhr, unb rote
in golge beffen ernfte 3^n>ürfntffe jrotfe^en bem Röntge unb fetner ®e*
ma!)Im ausbrachen. Saut Drbertch$ Angabe fcfjtcf te 5D?atl)tIbe fogar ©e*
fanbte unb reiche ©efdjenfe an einen berühmten (Sinftebler in 2)eutfchlanb,
ber im ©eruche ber ^eütgfett unb ber *)3ropbetengabe ftanb, mit ber 33ttte,
für ttjxm ©emaf)t Stlhelm unb für tt)ren @o^n Robert $u beten unb ihr
roiffen ju (äffen, roa£ ber fyil ©eift tr)m etroa über bte 3ufunft 9^obert6
offenbaren roürbe. £>rbertch trefft fofort ein @ejtct)t mit, ba$ ber ©inftebler
hatte unb beffen ©mit barauf hinauslief, baß ber <Sof)n Robert ein lieber*
lieber, tterborbener ©efelKe fei, ber ein fchlechteS (£nbe nehmen roerbe, unb
baß ber 5Sater mit SSorenthaltung ber 9?ormanbte stecht getrau l)abe.
üftacr) btefer ©ptfobe fährt ') ber (Sfyrontft alfo fort: „enbltch rourbe
Robert beS Stelen unb unnü^en ^erumroanbernS mübe, ba er ftcf) jeboefy
freute, als reuiger ©olm sunt $ater §urücf§ufer)ren, fo roanbte er fi$ an
ben ^öntg $J)ütp^, feinen Detter, unb bat tf)n um <£>ülfe. 2)iefer nahm
ir)n voirflich auf unb roteS ihm baS (Schloß ©erberoty §um Aufenthalt an.
33efagte 23urg liegt im ©ebtete oon 23eauoat6, unfern ber ©ränje Sftor*
mannten^, unb tft fer)r feft, auch hatte fte bte eigentümliche Einrichtung,
baß bort jroet ^Burgherren mit gleicher ©eroalt ben 23efer)l führten, unb baß
jeber glücr/tling Aufnahme fanb, mochte er fommen rooher er wollte. Da*
felbft roarb Robert berittene ©ölbner unb auch fielen fran§öftfcf)en Maronen
oerforach er, roenn fte ir)m Reifen würben, golbene SBerge ober £)inge, bte
er nie $u galten oermocht hätte. Leiber gelang fein Vorhaben nur §u gut:
unfäglicbeö Sehe tft baburch über bie 9Jormanbte gefommen. Die SeufelS*
brut fiel son ©erberor; au3, Oerheerte bie ©rängen ber 9?ormanbte unb be*
ging fchänbliche ©reuel. SStele, bie fcfietnbar $um Könige hielten unb ihm
ober feinen Maronen fchmeichelten, oerrtethen insgeheim ihre ©ebteter an
bie ©efe^lofen. SMe jftormanbte fyat bamalS mehr tton ihren eigenen
^inbern, als je üon Stuevoärttgen, gelitten unb roarb im Qnnerften zerrüttet. "
Drbertch tybt heroor, baß eS eine gan$ befonbere SBeroanbtniß hatte
mit ber S5urg ©erberoty. SDMneö Erachtend roar fte eine milttärtfche
SÜMufefalle ober ein Serbcplajs, um Silbltnge ju fangen für ben £)tenft
jroeter ^erren, roeßhalb bort Jeber glüchtling Unterfunft fanb, mochte er
') Ibid. (5. 572, b. flg.
93ietteg 93ucty. <$ap. 25. 3eth?ürfniffc jtt>ifd?en Äöm'g Sßtlfjetm u. feinem <£o()it ^ofrert. 527
aud) begangen Reiben, waS er wollte. Setter genoß ©erberoty allem 2ln*
fcfjetne naa) bte Siechte eines neutralen 23obenö, bal)er bte Do^cl^eft ber
23urgr}erren. DaS 6cbloß gehörte Weber ber normannifdjen, noct; ber fran*
jöftfd)en trotte, unterlieft aber 23e$ief)ungen ju betben. Ü)en einen 33urg*
r)errn, benfe tcf> mir, ernannte ber granjofe, ben antern ber Normanne.
£)urcr; ben (Eintritt OfobertS jeboct) gewann begreifbarer Seife ber fran*
^öftfe^e Einfluß bte £)berf)anb. Die in ber 9ktur begrünbete unb barum
ftetS fortbauernbe Spannung jwifeben ben <£)öfen üon Cßatiö unb Kotten,
oerbunben mit ber 9?otl)Wenbtgfett, buret; ©rrtcrihmg eines politifcr)en 2lfylS
ben ewigen ^önbelit au ber ©ränje einen mtnber bösartigen, bte 5lnläffe
offenen Kriegs t>erl)üHenben ßfyaraf-ter ju geben, beftimmte beibe SMcbte,
auf einem ber fünfte,' wo tl)re ©ebtete sufammenftteßen, eine 2lrt fleiner
Sct)wet§ ju bulben, in welcber bie ©aubtebe, 93erfd)Wörer, böfen 23uben
beiber Sänber, wenn fte einmal bte @rän§en ber betreffenben £etmatr)
glücflicr) üb erf abritten t)atten, Sa)u$ fanben, unb in welker ferner 2)ie,
welche aus ber 9cotmanbte famen, für franjöftfa^en, unb umgefer)rt, fran*
äöftfcfje ShtSretßer für ben normanniferjen 3Menft fjeimlia) §ugeftu^t würben.
Ttan fann ftdb benfen, baß cS wenig (Sr)re braute, ^Bürger ober
©cfjufperwanbter oon ©erberor; p Reifen. ©erabe beßfyatb, »ermittle ict),
wirb $f)tlipp ben $rin§en nacrj ber faubern 23urg beförbert t)aben: er
wollte bem Normannen einen unauSlöfcr;ltcf)en ©a^anbflecf anhängen, er
wollte buref; @ntef)rung bcS (gorjnS bem SSater ben 2)ola) tnS $er$ ftoßen.
3m Uebrtgen erhellt aus 2)em, was fofort er^äfylt werben wirb, baß fo*
wofyl 2Btu)elm als $f)ilipp, obgletd) ftcb beibe in ber Sad)e beS rua^lofen
SofmeS auf £ob unb 2eben befampften, boa) ben (Schein offenen 23rucf;S
forgfälttg mieben, weil fonft t)alb Europa in 23ranb geraten fein würbe.
2)er gan§e ©treit warb unter ber sD?a6fe beS grctpla|eS ©erberoty geführt.
Drberict; fär)rt fort: „$öntg 2Btlf)clm §og §af)lretcr;e Sftannfcfyaft
fammen unb legte fte in bie normamüfeejen ©ränjburgen ber ©egenb üou
©erberor/, um bie geinbe fcon (Einfällen in bie 9?ormanbie abgalten.
3ule$t als ber Unfug immer ärger würbe, rücfte er nad) 2Öetfmad)ten
mitten im 2Btnter bis oor ©erberoi; unb belagerte bie S3urg fteben Sßocfyen
laug. 2luf betben (Seiten ftrttten fer/r tapfere Männer unb forberten ftet;
gegenfettig utm ($in§elnfampfe r/erauS, f)ter (Snglänber unb Normannen,
trüben 993älf$e unb gran§ofen, unb otel 23lut würbe oergoffen. 3>uUt}t
alö 2ßitr/elm naa) JHouen §urüefgefe^rt war, gelten bte S3arone beö Santeö
eine OtatljSocrfammlung über bie grage, wie ber obfa^webenbe Unfrtebe
jwifc^en 23ater unb @of)n ausgeglichen werbe möge. Stöger ©raf t>on
6l)rewSburr; , §ugo öon ©rentmeSnil, Stöger t)on S3eaumont mit feinen
©ö^nen 9\obert unb ^einrta), fowte einige 5lnbere legten bte gefaßten 23e*
fc^lüffe bem Jtöntge »or. 6te baten tlm, bem 6ol)ne, ber diene füf)le,
528
$abft ©regormö VH. unb fein äcttalter.
»erjci^eit, fte befcbworen tl)n femer, fym felbft ficf) ju erbarmen, benn auct;
tljre Sör)ne befänben ftdb im Sager be$ ^rtnjen, unb burcfy ben unfeltgen
(Streit fei ba£ gan^e 2anb btö ine Üftarf jernffen."
„Anfangs wiberftanb ber ^öntg, aber als bte Königin 9Jiatf)tlbe, al$
anwefenbe ©efanbte be$ Königs $fyütM>, iU enblidt) bte Bifd)öfe unb
Siebte ber 9cormanbte burd) brtngenbe Sßorftellungen bte Einträge ber
weltlidjen Marone unterführen, warb Stlt)elm erfan'tttert, rief ben ©ofm
jurücf unb übergab tl)tn bag normanntfcbe 6er$ogtl)um. 3)a$ Sanb atmete
auf, al6 btef gefd)ef)en, überall r)err)d)te greube. 3)od) nur furje 3«t
bauerte fte, benn ba ber pfItd)roergeffene $rtn$ feinem 93ater §u folgen ftd)
weigerte, itnb ba anbererfeite ber SSater bte greset beö @or)ne$ laut tabelte
unb $ulet3t glüd)e unb SSerwünfdmngen gegen tfm augftteß, entflog Robert
mit wenigen Begleitern t>m Beuern aus bem £anbe unb fet)rte nid)t el)er
§urütf, bis ber 2krer auf ber ^eintreffe aus (Snglanb ben ©rafen Sllbertcb
nad) granfreid) hinüber §u ifjm fanbte unb it)n burd) benfelben aufforbem
lief, ba$ ,§er§ogtI)um wteber §u übernehmen."
2lud) im fetten £t)etle feines Beriete befttmmt £)rberid) bie 3rit
nta)t, fte muß au$ anbem Duellen feftgeftellt werben, glorenttuS oon
2Borcefter melbet *) $um 3af)re 1079: „etneö $ag$, al6 Jtöntg 2ötlf)elm
gät^lia) eingefüllt in feine SBaffenrüftung- mit feinem (5ot)ne Robert vor
bem <Sd)Ioffe ©erberoty Mmpfte, baS £e$terem $önig $t)tfy}> I. fcugewtefen
l)atte, warb er am Sinuc »erwunbet unb ftürjte ttom 9?offe. Sin einem
©a)merjen6laut, ben 2Btlt)elm auSftteß, erfannte Robert, baß eS fein Bater
fety, ben er oerwunbet fjabe. (£ilenb$ fprang er fcon feinem Stoffe r)erab, bot
eö bem Könige unb entflor)." Temmler) fann ntd)t bezweifelt werben, baß
bie kämpfe »or ©erberoty, beren Drbertd) gebeult, in ba$ 3al)r 1079, unb
§war laut ber eigenen Bemerkung £)rbertd)$ in bie erften Monate beffelben
fallen.
Stiebt lange nad)r)er wirb bte Slu6för)nung erfolgt fein, ttietletdjt t)aben
bte Barone ben Oleft tton 9caturgefüf)l, ba$ ber $rttt5 in bem 3^etfampf
betätigte, als Beweis ber $eue beS ungerattyenen 6or)neS benü|t. 3eben*
fallö tft ein Beleg fcorfyanben, baß ber $rin§ fcor bem (Sommer 1080 in
bie 9cormanbte §urütfgefet)rt, folgltct) mit bem Bater auSgeföljnt war. Denn
um bte ebengenannte 3e^ fa)trfte2) ber Jtönig feinen (Srftgebornen nad)
(Snglanb hinüber, um bte (Spotten wegen eines Einfalle ju §ücftigen, $u
welkem, wie ta) unten geigen werbe, bte lange Rebellion Roberte nteft am
wenigften beigetragen fatte. golglia) ftanben 3Sater unb 6ol)n im 3al)re
1080 auf leiblichem guße, folglta) war bte 2lu$för)mmg »orangegangen.
2)a ferner £)rberta) fagt, ber grtebe ^abe nur fur$ gebauert, fo ift
*) Flores hist. <&. 639. 2) Stoßen <&. 211.
93terte$ 53uc§. &ap. 25. 3ertoürfntffe jtmfdjen Äötitg ffitlljelm ». feinem <Sofm 9toBert. 529
roatyrfchemltd), baß Robert gtetc^ ober balb nacr) ber $ücfter)r »om fcfyotti*
fdjen gelbjuge ftd) 511m jroettenmale mit bem SSater überwarf, ©runb beö
neuen 3wifte3 muß gen>efen fein, baß Robert bte 2er)entreue unb ben
@er)orfam, tx>elct)e ber Lintig »on bem neuetngefe^ten <£>erjoge ber 9?or*
manbte forberte, felbftfüajttg »erroeigerte. @egen (Snbe be$ 3ar)re6 1080
roirb bafyer Robert abermal naef; granfretet) entflogen fein. 2lber roann
fanb ber sroette 2lft beö grtebenö, bte jroette Uebergabe ber ,9?ormanbie
ftatt? ©erotß tft §u»örberft, baß Robert im ^obeöjatjre SBttyelm* fdjon
längere 3eit als £er$og ber 9formanbte amtete. 2)enn ber fterbenbe «ftönig
fagt1) tn feinem Scftamente : „ba$ no.rmannifcr;e ^erjogtlmm r)abe tefj fcfyon
»or ber (Scfjladjt »on ©enlac meinem @or)ne Robert augefagt, roetl er ber
©rftgeborne tft, * unb er'fyat berette bte £ulbtgung faft aller S3arone be$
£anbeS empfangen, ©in »ergebenes 2ef)en fann ntajt mer)r juritefgenommen
roerben, aber ba$ roetß ta) gerotß, baß ba£ £anb, ba$ unter feinem 6cepter
ftef)t, beretnft elenb fein rotrb."
ßtnen weitem unb genauem 2lnr)alt6ttunft gibt bte gelegentliche 23e*
merwng2) £)rbertcr;$, ber 3eitraum, ben $rtn$ Robert auf feinen 9Q3an*
berungen außerhalb ber -Iftormanbte in ber grembe §ubract)te, betrage unge*
föf)r fünf 3al)re. 9?un tft e$, rote idt> oben jetgte, 1077 gefa>f)en, baß
ber *ßrin§ bie £eimatf) §um erftenmale »erließ. Oiedjnet man §u biefem
SluSgangSfcunft fünf 3al)re f)tn§u, fo ergibt ftcb als 3kl ber 2öanberungen
in bte grembe ba6 3a^r 1082. 9hm roetlte ber *Prtn$ nadj bem grüfyling
1079 unb »or bem £erbft 1080 allerbtngS einige, obgleta) unbefttmmte
3ctt bei feinem SSater, allein auf eben btefe 3^>tWenfrtft nimmt meinet
ßractytenS Drbertcf;, ober beffer bie Duelle, ber er folgte, rotrflict; £Rücf ftdt)t
burdj bie SSefttmmung „ungefähr", b. r). ntcfct »olle fünf 3af)re. 3d)
glaube bal)er faum ju irren, roenn ta) behaupte, baß bie $roeite 2lu6jöf)nung
be6 $rtn§en mit feinem Sßater im £erbfte ober gegen (£nbe beg 3af)r3 1082
erfolgt fein bürfte.
Vettere ©rünbe beftärfen mtdj in metner 93ermutf)ung. 3m 3af)re
1082 gab 2Btlf)elm 23efef)l, feinen £albbruber, ben 33tfa)of £)bo »on
SBateur, ber bt^ bar)m einer ber romglta)en (Statthalter in ßnglanb ge*
roefen roar, §u »erbaften unb tnö ©efängntß $u roerfen, unb btefe Wlap
regel erregte allgemeines 2tuffet)en. SftetneS (SraajtenS tft eS unglaublta),
baß ber itöntg nad£) folgern 33ru$e mit bem 23ruber auet) nod) ben 6treit
mtt bem erftgebornen 6ol)ne fortfe^te. 9^oa) fommen bte befonbern Um*
ftänbe ber 9Serf)aftung in 33etradt)t: al6 2Btl^elm 9?acr)ricf)t »on ben Um*
trieben £)bo'6 erhielt, fc^tffte 3) er etlenbs au6 ber ^ormanbie naa) @ng*
lanb hinüber, überrafa^te ben S3ruber auf ber ^b'l)e »on 2Ötgr)t, »erfammelte
*) S)u^e«ne <S. 659, b. 2) Ibid. <S. 570, c.
©fröret, «flafcfi ©regortu« vii. 23b. m.
3) Ibid. <§. 647.
34
530
!Pafcft ©regoriuö VII. unb fein Beitattcr.
fofort auf ber 3nfel ein ©eriebt, Verurteilte £>bo jum (Sefdngnif unb brachte
ttm ins (Schloß von $ouen. Sir fyabeit alfo f)ter eine ^etmretfe beS
Königs aus Englanb nacb ber -iftormanbie. 9hm erinnere man ftet), baß
laut bem SBericbtc £)rbericr>S Mni$ 3ötlt)etm bie jweite $ücfberufung feines
Sof)nS wäl)renb einer £eimreife in bie ^ormanbie angeorbnet r)at. SllleS
ftimmt barmonifet) §ufammen.
3unäd)ft muß eine anbere grage von nicht geringer Sicf)tigfeit gelöst
werben. 2Bie oben nachgewiefen worben, ift eS $etri Statthalter gewefen,
ber bie Trennung ber 9?ormanbte von Englanb juerft angeregt unb roäljrenb
ber Kämpfe S^tlfjclmö in Sttaine unb gegen gulfo von 5lnjou ber)arrlict) be*
txkben ^at. Sollte nicht biefelbe Wlafyt auet) auf bie 2hiSför)iumg beS 93aterS
unb beS SohneS etngewirft haben ? ©ewiß ift bteß gefa)er)en, boct) fann man
ben 23eweiS nur auf Umwegen führen. 3)ie SBrieffammlung ') EanfranfS
enthält ein Schreiben beS Königs S03tlt)e(m an $abft ©regoriuS VIL, baS
fo lautet: „^eiliger SBater! Euer Segat £ubert ift in Eurem Stuf trage §u
mir gefommen unb bat mich aufgeforbert, baß ich £)ir unb deinen -!ftacr>
folgern breite betätigen, 2) unb auch in Eintreibung beS ©elbS, baS meine
Vorgänger ber römifchen Kirche §u entrichten pflegten, größeren gleiß an*
wenben folle. s 2)ie eine biefer gorberungen bewillige ich, bie anbere nicht.
3ch war früher ntebt gemeint, 2)ir breite §u erweifen, noch ^n e^ Jet&
benn nie fyabt i# mich verbinblicb gemacht, noch Weiß ich, baß meine
Vorgänger folcheS traten. 2BaS baS ©elb betrifft, fo geftet)e ich su, baß
in ben legten bret 3ahren/ ^a ^ w ©allien weilte, baffelbe nicht mit ge*
höriger Sorgfalt eingefammelt warb. 3e£t aber, ba ich mit ©otteS ©nabe
in baS Königreich Englanb §urücfgefer)rt bin, wirb 2)ir bie Summe, welche
bereits betfammen, burch Deinen vorbenannten Segalen §ugefchtcft, baS
Uebrige, was noch auSftel)t, foÜC Ü)ir burch bie ©efchäftSleute beS Er§*
bifct)ofS Sanfranf, unfereS ©etreuen, nachgefenbet werben. 23etet für unS
unb baS 2Bor)l unfereS ^eich^" u. f. w.
3)iefem Schreiben ift ein §weiteS,3) von Er^bifchof ßanfranf an ben*
felben *ßabft gerichtetes, beigefügt, baS mit erfterem eng §ufammenhängt unb
gleichem Slnlaffe feinen Ursprung verbanft. 2)er wefentliche 3nt)alt lau*
tet fo: „ben 93rtef (Surer Herrlichkeit , ben mir Euer £egat §ubert, Sub*
biafon Eures fyil $alafteS, überbrachte, Ijabe ich in gebür)renber £)emutb
empfangen, -äftit väterlichem Wohlwollen tabelft bu mich barin, baß ich
feit meiner Erhebung auf ben Stuhl von Kent bie tyil römtfct)e Kirche
unb Euch weniger liebe, als §u ber ba ich noch nicht 23ifchof war,
waS um fo mehr befremben müffe, weil eS mir wohl befannt fei, baß ich
*) Epistol. 7. Opp. <§. 304. 2) £>er Xnt Bcfagt : quatenus tibi et successo-
ribus tuis fidelitatem facerem. 3) Epist. 8. ibid. @. 305.
SÖtcrteö 93ud^. (5<ty.25. 33emü^ungen©regoröVII., umSÖtltjelm mttSÄoBett auejufo^ticn. 531
nur bura) baö 5lnfel)en be6 römifdjen ©tuble$ jene r)or)e (5c)tc erlangt
f)ätte. 3$ ton nnb rotlt mia) m'djt über beine Sorte, o heiliger 93ater,
beflagen, aber mein ©eroiffen bezeugt mir, baß meine tnnerfte Seele je£t,
rote eljemalö, beuten 23efef)len, gemäß ben Sßorfc3t)rtften be6 jttrdjenredfytS, in
Slllem unterworfen ift. 2Mre eö mir möglia), vor deinem 2lngeftdte ju
erteilten, fo wollte td) 2)tdj münblia) überzeugen, baß meine Siebe juge*
nommen t)at, roftfjrenb bie CDetntge ju mir — erlaube mir bieß §u fagen —
einigermaßen erfaltete. 2)en 3nf)alt (Surer 23otfd)aft t)abe td) im herein
mit (Eurem Legaten, fo gut ia) vermoorte, bem Könige, meinem £errn, an*
empfohlen, r)abe iljm geraden, golge ju leifteu, aber nia^t vermögt, ir)n
§u überreben. äBarum er aber (Euer S3eger)ren abfa^lug, r)at er (Eud) felbft
tr)eil$ müitblia), tf)eilö bura) ein befonbereö ©abreiben funb getl)an." 2)a$
le^terroä^nte ©abreiben ift ohne grage baffelbe, baS ta) oben mitteilte.
3m OTgemeinen bemerfe man, erftltd) baß über bie roicfyttgften 2ln*
Gelegenheiten $ömg SBilhelm, laut ber 5leußerung SanfranfS, mit bem
$abfte md)t fdjrfftltdj, fonbern münblich bura) ©efanbte t>ert)anbelte. 5lnbere
£errfa)er matten e$ ohne 3wetfel ebenfo, unb jroar würben gerabe bie
fünfte, weldje »erborgen bleiben follten, münblid) abgemalt. 2Bte idj
f^äter §etgen werbe, befolgte $abft ©regor VII. ben ©runbfa&, fur§e unb
nie tief eingefyenbe Briefe $u fct/retben. 5Me ©taatSgefyetmniffe be$ 2D?tttel*
alters, geiftticrje rote weltlia)e, ftnb bar)er nia)t in ben auf uns gefommenen
Elften ntebergelegt, fonbern fte müffen burd) ©a)Iüffe ermittelt werben.
3weiten$ au6 bem ^Briefe Sanfranfö geht fjersor, baß er baS (ErsbiSthum
(Eanterburty weniger bura) ben jlöntg, als auf betreiben beS $abft6 er*
langt hat. drittens fptelt Wilhelm in feinem ©abreiben barauf an, baß
er beftimmte Verpflichtungen gegen ben h- Stuf)l einging, Verpflichtungen,
bie ftch auf ben 23eft£ (EnglanbS bejogen, von benen aber in ben florfyan*
benen Duellen nichts fteht. 2ßtr haben alfo r)ier ein flareS 3eu9ntf *>on
5lbfa)lteßung eines geheimen, ber (Eroberung vorangegangenen Vertrags,
beffen 33crl)anbenfetn ta) oben aus inneren ©rünben nachwies.
2)ocr) baS ftnb Siebenfachen, Hauptfrage ift: was muß unter ber
Sreue »erftanben roerben, welche 3ßabft ©regor »erlangte, welche aber
jtöntg 2BiIr)elm runbroeg verweigerte. 9^at)e liegt eS, auf bie allgemeine
Sehenpflicht ober baS feierliche 5lngelöbntß §u ratf)en, fraft beffen SBilhelm
ftch verbinbtich machen follte, bie Ärone (Englanb alö Sel)en beö 2tyofteI*
fürften unb feinet 6tattl)alterö, beö ^abfteö, §u tragen. 5lHein bteß fann
unmöglta} gemeint fein. 3)enn erftlid) l)at 3ßill)elm bie fraglid)e 2el)en*
pflia^t nia^t nur vor ber (Eroberung (SnglanbS gegenüber bem bamaltgen
$abfte 5lleranber II. bereitwillig übernommen, fonbern aua) naa^ljer bura)
Ueberfenbung großer @a)ä|e unb namentlid) beö S3annerö, baö eljebem
fein beftegter ©egner ^aralb führte, bekräftigt 5 jroeitenS $at berfelbe
34*
532
$a6j* ©regoriuS VII. unb fein &ihlhx.
$öntg, wie tcf) unten geigen werbe, baS nämliche ©elübbe gegen ©regor
nadj beffen (£rr)ebung auf ^3etrt Stufyl erneuert; brtttenS fjat er — wofür
id) ebenfalls fpäter ben beweis beizubringen mir vorbehalte — auf bem
Sobtenbette burcf) eine unjweibeutige ^anblung an ben £ag gelegt, baf
für ben %aü fernes SobeS (SnglanbS trotte rechtmäßig nur mit (Stnwillt*
gung beS *)3abfteS an einen Nachfolger übertragen werben bürfe. (Snblich
viertens ift ber *ßeterSpfenning, ju beffen 23e§ar)lung ftdt) 2ßtlf)elm verpflichtet
erflärte, wär)renb er bie Sreue Verweigerte, nicht mer)r unb nicht weniger,
als ein £er)enfanon, ben 2ßilf)elm unb viele feiner angelfdcr)flfcf>en 93or*
gänger als Vafallen (£f)riftt unb beS h- 6tul)leS entrichteten.
3$ fage nun: baS 2Bort Sreue begießt ftcf) nicbt auf bte allgemeine
£el)enpfltcf)t, welche ber Normanne fetneSwegS von [ich wies, fonbern auf
eine befttmmte ^anblung ober ^l)at, bie ber *ßabft mit Berufung auf jene
allgemeine Pflicht bem Könige §umut^ete, welcbe aber 2Bür)elm verweigerte,
inbem er behauptete, baff if)m fein Seitenverhältnis §um 6tur)le *ßetri,
baS er nicht in Slbrebe [teilte, feine $erbtnblichfeit einer folgen §anblung
auferlege. (Slje id) meinen 6a£ erhärten famt, muß ich baS 3af)r ber
bctben Briefe SanfranfS unb 2Ötlf)elmS beftimmen. (öfterer enthält gar
fein 9fterfmal ber 3ett, ber zweite nur bte eine ^atfaa)e, baß wäf)*
renb ber bret 3af)re, welche ber SluSferttgung vorangingen, ber Äöntg ftct)
nicht tu (Snglanb, fonbern in ©allten befanb, unb baß wär)renb berfelben
3eit ber *ßeterSpfenntng nicht richtig einging. SSefferen Sluffchluß gibt baS
ftegtfter $abft ©regorS Vü.
Unter bem 4. Slprfl 1074 f abreibt1) ber $abft an ben jtbmg von
(Snglanb: „aus bem @a)mer§, ben bu über ben £ob meines Vorgängers,
fowte aus ber freubtgen ^l)etlnal)me, bte bu über meine (Erhebung an ben
Sag legteft, erfelje tcr), baß bu von ganzem §er$en ber römtfa)en Kirche
anl)ängft. 2)u jeigteft bie ©eftnnung eines guten @olmeS, eines 6ofmeS,
ber feine Butter liebt. Sßewetfe benn burct) bie Xfyat, was bu mit bem
5D?unbe befennft; erfülle ben @pruch beS £erm (3or). 14, 21): wer micb
lieb ^at, ber h&ft meine ©ebote." 2)ann weiter unten: „bie @orge für
ben $eterSpfenmng, ber gegenwärtig in Gntglanb etngefammelt wirb, möge
btr angelegen fein, als wäre eS beute eigene €>aa>" u. f. W. 2)tefer
53rtef tft bie Antwort auf ein vorangegangenes @lücfwunfchfa)retben, in
Welchem 2ßilf)elm fein S3ebauern über ben £ob 5lleranberS II. , feine greube
über bte Erhebung ^ilbebranbs ausgebrochen unb allerlei StebeS unb ©uteS,
alfo Sreue gegen ben <5tur)l $etrt, verbeißen fyatte. ©regor VII. nimmt
tf)n beim Sorte, läßt aber burchbltcfen , baß tf)m Dieben nicht genügen,
fonbern baß er Sitten fcfjen möcr)te. Denn fd)on war bamals ber (Streit
l) 3ap, regest. 9lr. 3612. SWanft XX, 113 flg.
.*ßierteS93udj. (Sa£.25. SemüljungenÖregorö VII., um 2ötU)elm mit Robert cwfyuföljnen. 533
regelt 9J?ame ausgebrochen, roelajen fur$ barauf päbftliaV Vermittlung
bahm ausglich, baß bte fragliche Sattbfchaft nia)t an 2ßtlt)elm felbft, fon*
bem an beffen (Srftgebornen , unb jroar mit bem 33ebtng ber Ser)enöt)oI)eÜ
gulfo'S »ott 5lnjou, abgetreten rourbe.
3ener früher erwähnte1) S3ncf ©regorS an bte Königin Wlatfylbe,
beffen 23ebetttung icr) an einem anbertt £)rte') nachroteS, tft am namlicr)en
Sage gefcfyrtebeit, rote ber eben mitgeteilte, an ben Zottig gerichtete, gerner
erhellt auS ben Sorten beS sßabfteS, baß im Styril 1074 eben ber Meters*
Pfenning etngefammelt rourbe. $at nun ber ^önig ben Sunfct), welchen
©regor VII. am Schluffe auSfpraa), erfüllt, genauer gebrochen, l)at er
(Sorge getragen, baß ber Ertrag ber fraglichen (Sinfammlung richtig nach
Nom beförbert rourbe? 3ct) benfe, man fantt faum annehmen, baß Sil*
heim eine fo bringenbe (Empfehlung beS (Statthalters Cßetrt mißachtete. Dann
aber folgt, baß bte in obigem ©abreiben beS Königs erwähnten 3 3af)rc,
wäljrenb voelcher ber *PeterSpfemting niefct richtig einging, »orwctrtS vom
Styrtl 1074 »erliefen. Damit tft freilich nicht tuel gewonnen. Denn auch
in ben nad)ften 3ar)ren nacr) 1074 fönnte ber $eterS:pfemting pünftltch ab*
geliefert roorbett fein.
Noch anbere 5lftenftücfe ber ©regortanifchen (Sammlung fommen tn
Betracht. Unter bem 25. SJMrj 1079 fchretbt2) ber Sßabfi an Sanfranf : „baß
bu roäf)renb ber ganzen Sät, feit Sir $etrt Stuhl einnehmen, UnS nie
befugt fyaft, befrembet UnS um fo mehr, ba Sir »Ott ber Siebe, bte bu
fonft Unö erroiefeft, gan$ SlnbereS erwarten burften. £ätte UnS nicht apo*
ftolifche TOlbe unb Nücfftcht auf Das, was bu UnS früher roareft, gurücfv
gehalten, fo roürbeft bu Unfern Unwillen bereits auf em»ftnbltcr;e Seife
erfahren haben. (Sichere Nachrichten ftnb UnS jugefornmen, baß eS ent*
webet gurcf)t »or bem Könige — unb §war »or einem Jtöntg, ben Str
feiger »or allen gürften ber (Etbe achteten unb liebten — ober bltnbe £tn*
gebung für eben biefett ^errfcher tft, was biet) abhielt, nach Nom ju retfett.
Sahrltct), wäre ein gunfe beiner ehemaligen 2ltthättgltchfett an bte 9ftutter*
firche übrig geblieben, fo fyättejt bu btcf) roeber burch gurct)t, noch burch
höftfehe Nücfftchten an einer Neife pt UnS hebern laffen. (Sollte £och*
muth ober irgenb fonft ein böfer Srieb jenen ^ö'ntg verleiten, baß er
fich gegen ben apoftoltfct/en (Stuhl erhebt, fo werben Str bteß um fo mehr
bebauern, als Sir ihn ber Siebe, bte Sir fonft für ihn fy$tm, unroürbtg
erflären müßten. SebenfaltS tft eS beute Pflicht, mit allen Mitteln, burch
SSorftellungen unb roeife Nathfchläge, bahnt $u arbeiten, baß er nichts Un*
rechtes gegen bie % Äirche wage, noa) fich unterftehe, bte geiftltche @e*
roalt anjutaften. Noch einmal forbern Sir bia) auf, fo fchnell als möglich
l) OUn @. 497. 2) ättanft XX, 279 flg.
534
*ßabji ©vegoviuö VII. unb (ein Seitalter.
l)ter)er fommen, bamit 2Btr mit bir münblia) über rotdjtige ©efa)äfte
oerf)anbeln fönnen" u. f. ro.
Unoerfenubar entfprecben btefe SBorte ©regorö VII. IDcm, roa$ (Srj*
btfcf)of ßanfranf in ber oben1) mitgeteilten 3ufd;rift als 3nl)alt beö päbft*
liefen 6a)reiben$ be§etc^net, auf ba$ er antwortet. £ier rote bort klagen
über (Srfaltung ber ehemaligen Siebe £anfranf3 für bte sD?utterfird)e unb
SSorroürfe, baf man gerabe t>on tf)m fo etroaS ma^t erwartet t)ätte. 5lud)
auf ben 23efef)l be£ $abfte3, naefc 9tom §u fommen, fyielt Saufranf an,
tnbem er p verfielen gibt, bafj eö if)tn unmöglid; fei, bte Cfcife anju*
treten. Söetter gefyt auö einem brttten TOenftüd fyeroor, baj? ber pabp
lta)e £egat £ubert, ben Sanfranf in ber fraglichen 3ufd)rift erroäfynt, §u
ber 3ät, ba ba£ (Schreiben ©regorö in (Snglanb eintreffen fomtte, ftcfy
auf engUfa)em ober normanntfa)em SBoben befanb unb genau bte ©efc^äfte
betrieb, rodele ^önig SBttyelm in bem mit £anfranfö 3ufd;rtft gleid^eittgen
Briefe berührt.
Unter bem 23. (September 1079 treibt2) $abft ©regor VII. an
feinen Legaten, ben «Subbiafon Hubert: „cd l)at Und fyöcbltct) mißfallen,
baß bu bic ^üdfefyr naa) *Rom fo lange oerjögerft. 9cur $ranff)ett ober
frembc ©eroalt, bte beine freie ^Bewegung fnnbert, l)ätte bia) in ilnferen
Otogen entfcbulbigen fönnen. 2)enn bu roeift felbft, wie wenig 2Bertlj td)
auf ©elb lege, baS nia)t in efyrenooller 2Beife eingebt. JDej^alb befa)leu*
nige beine 2lbreife. — 2)ie römifdje $ira)e r)at guten ©runb, fid) über
ben Jlönig oon (Sngtanb befeueren. 9?ie roagte irgenb ein $önig,
felbfi fein t)eibnifa)er, gegen bte römifa)e ^irc^e, roaö 3ener fid) unter*
ftanb, inbem er 23ifa)öfe unb (£r§bifa)öfe abhält, bte ©cr/roellen ber Slpofiel
ju befugen. 3n meinem tarnen roame ir)n, fürber bic (Sfyre beS Styoftel*
fürften fo grob p oerle^en. £öenn 2öir feitfyer ntdt)t ernftltct) gegen tfm
ctnfc^ritten, fo gefa)af) e£ nur auö apoftoltfa)er s#?ilbe unb rocil roir ün*
fercr alten greunbfcfyaft gegen tt)n eingebenf roaren. Stber im galt er
oerftoeft bleibt, rotrb ber 3^m be$ 2tyoftel3 ben £al$ftarrigen treffen''
u. f. ro.
3n bem oben angeführten, pgleia) mit ber Suf^f* SanfranfS au&
gefertigten ^Briefe fyatte ber $önig erflärt, baß bic bereits gefammclten
Summen beö $eter$:pfenmng3 fofort bura) ben Segalen naa) 9^om Übermacht,
ber noa) auSftefjenbe 9teji fpäter bura) bic ©efd)äft£leute £anfranf£ nad)*
gefc^ieft roerben fotle. Se^tercö roar offenbar ein Äunftgrtff, barauf bc?
rennet, bura) SSerroeigerung ber »ollen Summe ben $abft ^nsu^alten unb
it)m 3ugeftänbniffe abjupreffen. 5(uö bem (Schreiben ©regord oom 23. ©ep*
tember 1079 crfjellt, bap ber Segat nid)t mit ber 2lbfd)lagö§ar)lung, bte
l) ©. 531. 2) S^anft XX, 288.
93ierte3 93udj. (Sap. 25. 93emü^ungen ©regorö VII., umSBityelm mttCiokrtau^ufiJfjnen. 535
irjm gemalt korben, §ufrteben roar, noa) abreiste, fonbern länger blieb,
roeil er erft nod) ben jurücfget)a(tenen $eft eintreiben wollte. Dieß eben
tabelt ber $abft, als ein bie @l)re be£ apoftolifdmt (StufylS preiSgebenbeS
23erfaf)ren. 9J?an ftel>t bafyer, ©regor VII. nimmt in bem (Schreiben ttom
23. (September beutlid) 33ejug auf bie ,£>mtergebanfen beS roniglicrjen
^Briefes, beffen Seit $u beftimmen meine Aufgabe ift.
3m 5lngeftd)t biefer 93e$ief)ungen, im 5lngefta}t ber fetteren $r)at*
facf)c, baß fta) ba$ @d)reiben beS *ßabfte3 tiom 25. 5D?ärj &u ber nicfyt
battrten 3ufc^>r^ft beS (Sr^bifcbofö oon ßanterburty wie Urfacfye unb SQStr^
fung, rote $tufforberung unb Antwort »erhält, behaupte id), jene beiben
«Briefe 2Mf)elm$ unb SanfranB fmb sroifa)en bem 25. 9Mrs 1079, alö
bem Saturn be$ erftgenannten, unb §nnfdjen bem 23. (September beffelben
3af)reS, als bem Datum beS §voeitgenannten päbftltcben ScfyreibenS erlaffen
roorben. ©in weiterer ©runb fommt I)in$u. Saut ber eigenen 5leußerung
beS Königs ergriff er bie geber, als er eben nad) einer 2(broefenr)eit tton
brei 3af)ren ober nod) mef)r in fein ^önigreia^ (Snglanb jurürffefyrte. 9hm
fyat Äönig SBilfyelm nur naa) bem grüf)ltng 1075 brei 3<tf)re unb brüber
auf gallifdjem 23oben §ugebrad)t.
9?aa) bem £eere3§uge oon 1066 befugte er bie Stformanbte im SJMrj
1067 unb roeilte bafelbft bie §um 2)e§ember. SSon 1068 bis minbeftenS
pm ^erbfte 1072 fanben voir t^n in (Snglanb befestigt. Dann ging
er abermal nad) ber -ftormanbie, fer)rte aber im ^erbfte 1074 nadj Omg*
lanb mrücf, um bort bis jum grüf)ling 1075 §u bleiben.1) 3um brüten*
mal reiste er je£t nadj ber 9?ormanbte unb macfjte nun bort einen langen
2lufentl)alt. @r roeilte2) erroeiSlid) $u SRouen, als 1077 fein ©olm Robert
entflog, abermal fommt2) er auf galltfa)em 33oben §um SBorfcrjein, als er
im grüfylmg 1079 üor ©erberoty gegen Robert fampfte. 3m 3a|r 1080
roolmte 3) er in ber ^ormanbie einer ^ira^enoerfammlung bei. 3wet 3a|«
fpäter — 1082 — fegelte4) er sott ber 9?ormanbte aus, als er feinen
^albbruber £)bo bei ber 3nfel 2Öig^t gefangen nar)m. 2Bär)renb ber
näa)ften 3afyre enbliay bie auf 1082 folgten, beftanb er roteberfyolte kämpfe
auf gallifdjem 53oben.5) Die beiben 3ufa)rtften fönnen bafjer nur 3 bis 4
3al)re nad) bem grüf)ling 1075 abgefaßt fein. 9hm fyinbert nichts, anm*
nehmen, baß 3ßtll;elm im (Sommer 1079, tttetleicbt gerufen bureb bie bro*
fyenben ^Bewegungen an ber fc^ottifc^en ®ränje, baS 3nfelreia) befugt f)at.
S3ei biefem 2tnlaß roerben er unb Sanfranf bie beiben 3uftfwfan an ben
$abft geriebtet fyaben.
(So tnel über baS Satyr ber Slbfaffung. 2ÖaS ben 3nr)att betrifft, fo
*) @ief>e ofcen @. 504 u. 507. 2) Ibid. <S. 523 flg. 3) 2)u^eöne @. 552, a.
4) Ibid. <S. 647. 6) Ibid. @. 646 flg.
536
*ßabji ©regoriuö VII. unb fein ßdtaUet.
gcr)t forool)l au$ ben Briefen beö (Srjbtfcfcöfd unb beö ÄönigS, als au$
benen ©regorö VII. h^or, baß ein völliger 23ruch jrotfchen ber englifcfyen
$rone unb bem Stuhle *ßetri im Slnjuge war. £)er Normanne SÖßtlhelm
»erlunberte bte SBifd^öfc feines DletchS an freiem Verfehr mit bem £)ber*
Raupte ber ^trdt)e , er »erbot ihnen, »om Cßabfte auögefchrtebcne <5t)noben
ju befugen, er f)telt enblich fäUtge Soften beS *)3etcr:pfenntng$ jurürf. Ü)och
will ich §um Voraus bemerfen, baß ber ^abft tro& allem bem gewiffe an*
bere Söefugntffe, bte ilnn burch bte Verträge Don 1066 unb 1070 etnge*
räumt roorben waren, auszuüben fortfuhr. £ieooit unten baS 3Rät)ere.
Detter fällt btefe traurige Spannung genau in bte i$titf ba bte l)albe
SBelt ftct) gegen Göllheim erhob, um tt)n §u nötigen, baß er bte Norman*
bte an feinen (£rftgebomen abtrete.
9lun bin ict) am j$itU: ich behaupte, jtöntg Stlhelm bat bamm bem
$abfte gegrollt, weil ©regor VII. mit Berufung auf bie Verpflichtungen,
welche ber Normanne gegenüber $etrt Stulpe eingegangen, bie gorberung
[teilte, 2Ötll)elm fei allerbmgS fc^ulbtg unb »erbunben, bie 9lormanbte fei*
nem Sohne §u übergeben, unb wenn er bieg ntd)t tt)ue, »erlebe er bte bem
(Statthalter (£f)rtftt gefa)worene Vafallentreue. 2)cr Sinn ber fcbwiertgen
Sporte im Vrtefe 2ßtlf)elmS: £reue tr)un (fidelitatem facere) ift folgen*
ber: ©regoriuS VII. machte geltenb, eS genüge fetneSwegS, baß ber
ntg t>on ©nglanb jtd) mit bem Sftunb als SSafato beS ^eiligen Stuhles
befenne; er müffe vielmehr bura) bie %%at, burch Abtretung ber Norman*
bte geigen, baß er ben übernommenen Verbinbltchfetten gemäß fjanble. 3ct)
ger)e noch weiter unb fage: fyauptfädjltd) burch bie 23er)arrltd)fett beS $ab*
fteS ©regoriuS VII. gefchaf) eS, baß 2ötlf)elm enbltd) ftct) mit feinem (Srft*
gebornen auSför)nte.
SBewetS: genau fo lange als bte Streittgfetten beS VaterS mit bem
Sof)ne bauerten, währte aua) bie Spannung StlhelmS gegen $om, unb
mit bem 5lugenbltcfe, ba ber Vater bem Sofme »erziehen, biefer ftcb jenem
unterworfen fyat, fmb bie 2öolfen, bie bis bahtn 5rotfd)en JRouen unb 9lom
fchwebten, wie weggeblafeu. Dben würbe gezeigt, baß ber innerliche grtebe
im herrfchenben £aufe von 9iouen erweislich 1080 tyergeftellt war. 9fun
im nämltcf)en 3atyre fd^rteb ©regorruS VII. oter Briefe »oll greunbfcr)aft,
»oll 5lnerfennung für bte großen Verbtenfte beS Normannen. £>en erften,
unter bem 24.2lprtl 1080 ausgefertigten, fyahe tct) anberSwo1) mehrfach an*
geführt, ich roill fyier nur noch einige @ä^e naditrägltch beifügen: er nennt
ben $ömg »on ©nglanb ben ©belftetn unter allen #errfcf)em ber S33elt,
er fagt, baß er »on ihm mehr erwarte, als »on trgenb einem anbern gür*
ftenj er forbert ihn auf, ber bebrängten Jttrche betauftehen: „mein h^h^
53ant> II, 418 flg.
SSterteö 93uc§. (5ap.25. 93emu^ungen©regor$ VII., um3Bt^eImmtt9flobettauöjufü^ncn. 537
2lmt nötigt mtct), ofme Unterlaß gegen bie ©reuel, bie in ber (^riften*
tyeit vorgehen, ju fernen. Sowohl Siebe als gura^t treibt mich §n ($r*
füllung biefer ferneren Pflicht: Siebe, roeil ber heilige 2lpoftelfürft mich von
jtinbeäbeinen an ^teju mit füßer ©eroalt aufgewogen, unb weif ©otteö (£r*
barmen mich erwäget hat, a($ Stellvertreter be$ großen §trtcn bie 5S>?ut^
terfirche ju leiten: gurcht, roeil ber unerbittliche Spruch be$ göttlichen ®e*
fefccS in meine £)f)ren tönet : Verflucht fet ber Sftenfd), roelcher fein Schroert
Zurückhält vorn S3Iute."
£>er $abft verfielet biefe Sporte beS Propheten SeremiaS (47, 10)
fo: ein guter £irte müffe ftetS bereit fein, für ©otteö Sache ba$
^erjblut aufzuopfern. Sßeiter unten heißt e$: „ich v)attc bir noa? 33ieleö
anö «jpetj ju legen, aber roeil bu Seute an mich fchtcfteft, roelctje mir bie
erfreulich ften 9iaa)ricr)ten bezüglich beiner (£tnftcr;t, reblichen ©efmnung unb
©erechtigfeit überbrachten, glaube ich, für einen roeifen 9D?ann genug gefagt zu
haben. 3a) lebe in ber Hoffnung , ber allmächtige ©ott roerbe mehr in bir
unb burch biet) §u feiner (§hre roirfen, als roir begreifen mögen. Dinge,
bie ia) in meinem Briefe nicht berühre, werben bir beine ©efanbten münblia)
mittheilen. 2)er allmächtige ©ott, unfer 5lller SSater, möge, 0 tl)euerfter Sohn,
beinen ©eift alfo erleuchten, bein £er§ alfo erwärmen, baß bu in biefer
Seit bura) baS ^erbienft beiner Sugenben bie £ör)e menfehlicher Stacht
erfteigeft unb im fünftigen Sehen mit anbern ^etltgert Königen ju ber
©lorte be$ fytmmlifchen 9^etcf>eö einzugehen geroürbigt roerbeft. kirnen.''
Abermals theilt ber *ßabft bie StaatSgeheiinntffe, von benen e$ ftcb l)a\u
belt, nicht fchriftlich, fonbern nur münblich mit.
93ier$er)n Sage fpäter, unter bem 8. SJtoi 1080 erließ ©regor VII.
auf einmal brei weitere Briefe1) an ben $öntg, an beffen ©emahlin 9J?a*
thilbe, an ben erftgebornen Sor)n SBeiber, «^erjog Robert. 3n bem an ben
SSater gerichteten, ben ich gleichfalls früher2) benü^te, fe£t er ben Untere
fchieb geiftlicher unb weltlicher, ^o^enpnefierlic^er unb föniglicher ©eroalt
auSeinanber, zeigt, baß erftere, roeil mit größerer 9ßerantroortlicr)feit verbun*
ben, hö^er ftehe, ermahnt bemgemäß ben Normannen, be$ Sturjleö ^ßetri
©eboten nachzuleben unb ©ott über Ellies zu lieben. 2)a$ Schreiben an
bie Königin befagt bem wefentlichen 3n^alte nact): „au$ beiner 3KfdW
an mich t)abc erfehen, wie willig bu ©ott gel;orcheft, wie anhänglich
bu beinen ©etreuen bift, unb roie liebevoll bu Unfrer gebenfeft; bu t>aft
mich gebeten, meine SBünfche bir §u eröffnen, benn 2llte£ , roaö bu auf
($rben bejtyeft, fei zu meinem 2)ienfte bereit. 333tffe benn, ich bebarf fein
©olb, feine (Sbelfteine, feine anberen Schäle ber 2Belt, fonbern nur ba$
©ine roünfche ich, baß bu, roie bisher, feufcb lebeft, baß bu, roie bu bisher
l) Saffe S^r. 3892 flg. SRanj? XX, 308 unten flg. *) Sanfc II, 419 flg.
538
$a&ft ßhegoriuö VII. unb fein Sätatttx.
getr)an, fortfa^reft, mit beinern Ueberfluß bte 5lrmen bebenfen. So oft
btr ©Ott (Gelegenheit fcfjenft, benü|e fte eifrig, um beiuen SJknn §u altem
©utett su bewürfen. 5lnbere3, roaö in btefem Briefe nta)t ftetyet, roirb bir
mein Sofm Hubert, unfer gemeinfa^aftltc^er ©etreuer, mitreiten." 9flan
fleht, in ber greube tr)re£ «gjersenö barüber, baß bura) ©regorö VII. 33e?
mühungen it)r Liebling Robert enblict; oom Könige ju ©naben angenommen
roar, ^atte fte bem 5ßabfte all it>r £ab unb @ut angeboten.
2)er 23rief an ben Sor)n lautet: „ich r)abe rühmliche £)inge über bein
(Smporftreben, aber auch anbere oernommen, bte mich mit Sorge erfüllten.
S)u t>aft böfen ^athgebern bein £)t)r gelteren, nun aber melbet mir mein
£egat Hubert, baß bu entfa^loffen feteft, bem Hillen beineö SBaterS golge
31t letften, unb bia) im'fäUfytm 9)?enfc^en prütfpt|iehen. 3d) muß btcf)
bitten, ftetS eingeben! §u fein, roie tapfer unb mit roelchem 9htl)me bein
S3ater 2llle£, rpaS er beft^t, geinten abgerungen f)at. 3)erfelbe roeiß roof)!/
baß er nicht eroig leben roirb, unb benft bal)er baran, 5>a$, roaö er erroor?
ben, einem drbeit §u§ufta}ern. ,§üte bia), mein Sof)n, beuten SSater &u
beleibigen ober betne Sftutter §u betrüben, fonbern behalte ben göttlichen
Spruch oor Slugen: ehre 93ater unb Butter, bamit bu lange lebeft auf
@rben (2. ÜÄof. 20, 12) unb ben anbern (ibid. 20, 17): SBer feinem
SBater flutet, ober feiner Butter, ber foll be$ SobeS fterben. S^odt) ein?
mal ermahne ich bia), böfe Dfathgeber $u fliehen unb beinern $ater in
Willem su gehorchen."
Statthalter 3efu (Shrifti, al& oberfter Steuermann beö Kirchen?
fchip, roelcher bereinft oor ©otteS $hrone ^on fe*ner 93wn)altung ber all?
gemeinen Angelegenheiten beö christlichen Staatem>erbanbe6 ^echenfchaft ab?
legen müffe, fyatk $abft ©regortuö ben Äönig SBtlhelm genött)igt / ber
S33ol)lfahrt be$ 2tbenbtanbe3 roegen bie 9lormanbte oon (Sngtanb ju trennen
unb an feinen (Srftgebomeu abzutreten, aber er oergaß über ben allgemein
neu Pflichten bie befonberen gegen ben Später nicht, er ftrafte ben ungera?
ttjenen Sohn roegen feiner ^ucbloftgfeit , er führte ihm ju ©emüth/ baß
Robert auö bem ^echtSgrunbe perfönlicher 2Bürbigfeit, auf bie ber junge
sJJ?enfch pochte, gar nichts ansprechen habe, unb baß, roenn ihm gleich?
roof)l bie -iftormanbte überlaffen roerbe, bieß nur barum gefchehe, roetl, junt
heften ber. SBölfer, Vererbung ber £errfcr)ergeroalt in ben fürftlichen gamt?
Iten nöthig tft. Äönig 2Bi($el«t erfuhr bamate bura) bie Xfyat, baß er,
umringt oon Leibern unb geinben, rote er roar, nur an bem *ßabfte einen
roahren unb roohltoollenben greunb befaß. £ätte er fchon 1075 auf bie
SBarmmgen ©regorS VII. gehört, fo roären tf)m bie empörenben iDemütht*
gttngen, n>eldt)e ber Unger)orfam beö Sohne über ben Sßater verhängte, er?
fpart roorben.
Srofc ber heftigen Spannung mit bem Röntge hat $abft Tregor, rote
a3ierteS93uc§. Gap. 25. öemüf)ungen©reg,ore VII., umSßüfjelm mit Stöbert auszuheilen. 539
id) febon oben anbeutete, gevoiffe 9fecbte, voelcbe if)m bureb bte Verträge
t>on 1066 unb 1070 über bte Streben SßormanntenS unb ber 9?ebenlanbe
»erliefen korben, jroücben ben 3af)ren 1076—1079, ftanb^aft ausgeübt,
oljne baf if>ix 2öiIJ?eIm roefentlicb baran gewintert r)atte. 3)te Metropole
oon 2)o(e in ber ^Bretagne roar ein alter ©egenftanb ber <5tfcrfucf>t für
bte (§r$btfcböfe von $our3, reelle bte fircblicbe »g>or)eit über bte ^Bretagne
anipra&en , l) fo rote ein knoten politiicber Umtriebe ber Sperren, Mc ftcb
um ben Sejtfc ber $rorun$ ftntten, namemltcb ber r)er$ogIicben ^äufer oon
9terme$ unb *Rouen. 2)en <Stnt)l ton 2)ole fyatte bis gegen 1076 ein
Üflenfcf» 9?amenö 3ef)ooeu32) inne, roelcben £omg SBityefm, loetf er ju
feiner *ßartr)et r)telt, begünfttgte, ber aber burcr) fein ärgerltcfceö Seben bem
(£ieruS Scbanbe machte. Sluf ^Betreiben be$ $ab[teö roarb er abgefegt.
9cun roablte bte ©emeinbe ton 2>ole jum Dtacbfolger einen jungen Üften*
feben, ber auS einem »ernennten ©efcblecf>te ftammte, unb tabeüofen Seit*
munb bef'af, aber in ©efebäften unerfahren roar unb nifyt einmal bie oom
jttrebenreebte torgefebrtebenen &ben$ja$fc jäMte. Slbermald [feinen bier
3ntrifen bed Äöntgö 3i3t[r)elm etngeroirft $u fyaben, ber roofyl ben $abft
buret) bte ÜBabl eines foleben 9tacbfolger8 in Verlegenheit iefcen ober $u
SBieberanerfemumg beö 3ef)ooeuS jroingen wollte.
3n ©efeHjcbaft beS 2lbt$ (StoenuS ton St. Melanie }it Lennes
fam ber SReug eroäf)(te — er fjtef ©ilbutn3) — nadj iRom, um bort bie
£Betf)e unb baS Pallium für ftet) $u erbitten, ©regortuö VH. griff bureb.
5lu$ pabftltcber 9Jkcbt»oÜfommenbeit erflärte er ben @eroäf)tten für unfähig,
roeü er baS nötige Uftci ntebt fjabe, ernannte an (einer Statt ben 2lbt
(SoenuS jum (Srjbifc^of oon JDolc, unb §etgte bief mittelft jvoeier ^Briefe5)
unter bem 27. September 1076 ber ©emeinbe oon £>o!e, forme ben $$u
jeböfen ber ^Bretagne an.
Um btejelbe $ät erlief er an ßotug 2i3tlr)elm ein brttteS Schreiben,4)
worin er bie Vergeben be$ 3el)ooeu£ aufzählt: „berfelbe lebe feit 3ar)ren
in offener @be, fyabe ben erjbifcbö^Iicben Stur)! um fcfrnöbeS ©elb oon bem
bretagntfcr)en ©rafen 2lÜan erfauft, unb roaä no* febanblicber , er tjabe
feine Softer mit JUrcfcengütem auägefteuert." £)er *ßabft fäf)rt bann fort:
„ta) fyielt ei für paffent, btr alle greoel biefeS SOtenfcben ju offenbaren, ba*
mit bu nia)t etroa au3 Umvtffenr)ett länger fortfahre ft, benfelben ju
begünftigen, ober auf bem Stuhle, beffen er unwürbtg ift, feftju^alten."
2)ennoa) lief ber Normanne ben bretagntjeben SBifd^of ntebt fallen, (ix
roanbte ftf$ oon Beuern naa) 9iom unb fteüte bem ^abfte »or, baf 3er)o#
tjeuö oerleumbet voorben fei. 3e|t febrieb5) ©regor VII. unter bem
J) Sie^c oben @. 142. 2) a^abttton , annal. ordinis S. Bened. V, 102.
3) mn[\ XX, 212 flg. *) Ibid. & 383 f(g. 6) Ibid. @. 222 flg.
540
$a&fi ©regortuö VII. unb fein ßtitaiüx.
21. 9Jtör§ 1077 an ben ßbmg: obgleich bte (Sache be$ Abgefegten auf6
C^eiflicbfte geprüft worben, habe er benuoch au3 NüaTtcht auf bte bitten beS
Äöntgö ferne Legaten, ben (Sarbtnalbiafon §ubert, ben 23tfa^of §ugo unb
ben Wond) £eujo, beauftragt, eine neue Unterfua^ung anjuftellen, hoffe aber
um fo juoerftchtlicher, baß SÖtlfyelm fta) bei bem Urtr)etlfpntdt)e btefer wür*
bigen Männer beruhigen werbe.
2)er $abft unb ber ööit tf)m ernannte (Srjbtfcbof (goenuö behaupteten
if)r gutes 9fec£)t. 3roar verfucf/te1) eö 3e^o»eu6, ftch mit £ülfe normal
infamer Solbaten gewaltfam in 2)ole §u halten, aber er warb bura) eine
(Efynobe verurteilt unb nun von ben Einwohnern ber eigenen ©tabt ver*
trieben. (SoenuS behielt ben <5teg unb ftarb2) 1081 al6 (Srjbtfchof
von 3)ole.
£)er Normanne Sßtlhelm übte, feit ber neue §er§og <£>oel,3) ber tfwt
bte Sßage r)telt, für ben Äöntg $J)iIip!p von granfreta) unb gulfo von
Anjou *ßartf)et ergriffen Ijatte, eine zweifelhafte, weil beftrtttene £err*
fc^aft über bie ^Bretagne. Aber auch in feinem eigenen ©ebtete nutzte er
wärjrenb be$ oben angegebenen 3e^raum^ eine ber wtchtigfien SBefugntffe
beö (Statthalters ^3ctrt, — ba£ päbftltche 93eftättgung6re$t — anerfennen.
2>en Sttetropolttanftuhl §u Nouen naf)m al$ Nachfolger be$ 9ftaurtliu$ von
1067 bte 1078 Sodann, ehemaliger 23tfchof von Avrancheö ein. tiefer
Sodann fiel, vielleicht weil er ftch im Saufe beö Streitet jwifchen 2Bilr)eIm
unb beffen (Sof)n, Robert, für ben lederen erHftrt l;atte, beim Könige in
Ungnabe.4) Noa) ein anbereS 9)itf gefaxte! traf Üfßt eine »ftranfhett, bie ihm
bie (Sprache raubte.5) 3e$t forberte ber $öntg, baj? Sodann jurüeftrete,
unb bog ein Nachfolger gewählt werbe.
AIS ©regor VII. fymn jlunbe erhielt, erlief er unter bem 4. April
1078 ein (Schreiben6) folgenben SnhaltS an ben jtöntg: „Unfer Amt legt
mir bie Pflicht auf, für verwaiste Kirchen (Sorge §u tragen, unb ba ia)
bich unter ben übrigen gürften befonbeS achte, trefft wegen beiner reblicheu
©eftnnung, thettS wegen beiner SBeiö^ext, fo liegen mir bie ©emeinben in
bem deiche, baS bir ber Allmächtige anvertraut t)atf vor§ug£wetfe am £er*
gen. 2ßte ich fyöxe, tft ber Stuhl von Nouen verwaist, weil ber borttge
£trte, angeblich burch Äranfheit verf)tnbert, feinem Amte nicht mehr vor*
ftefjen fann. 3a) fyabc befhalb ben Subbtafon Hubert, meinen ©etreuen,
ber, wie bu aus (Erfahrung weift, auch bir fcJjr ergeben tft, in betn Sanb
abgefchieft, um im Vereine mit ben Söifcfjöfen unb bebten ber Normanbte,
fowte im Vereine mit bem GleruS von Nouen, genannten (Srjbtfchof perfön*
lieh au befuchen unb forgfcilttg $u prüfen, ob er im (Stanbe fei, fürber, fo
4) maUUon o. a. £). ©. 126. 2) 93ouquet XII, 557, c. 563, c. 3) <Sie^c oben
504. *) Gallia christiana XI, 36. 6) 2)uc^)cönc @. 550, c. 6) SWanft XX, 252.
SSierteö 93u$. $ap.25. $emül)ungen®regoröVII., um 3Btlfjelm mit Sfofcert aiiäjufo^nen. 541
n>fe e$ ficf) gebührt, ben ,£>trtenftab §u führen, gtnben fte tt>n atfo franf,
baß er ntdt)t mein* baS 2lmt befletben fann, fo follen fte junächft burcfj
fanfte Ermahnungen, unb roenn e$ nötf)tg ift, burcr) ^imvetfung auf ben
apoftoftfcben SÖtllen, Sodann ju bewegen fud6en, baß er felbft jurücftritt
unb bte 2lnorbmtng einer neuen 2Baf)l gut l)etft. Sürbe ficf) bagegen er*
geben, baß er ben freien (Gebrauch ber Vernunft gänzlich verloren f)at, unb
bie 9?acf)t!)eile, roelcbe eine längere SSerroatfung bem Sanbe bringen müßte,
ntdt)t mer)r §u beurteilen vermag, fo befehlen 2£tr fraft apoftoltfcber
fommenfyett, baß in fanonifa^er Seife unb burch freie 2Bahl aller 33erea>
ttgten ein Nachfolger etngefe^t roerbe, ber bie nötigen ftttltchen unb getftt*
gen gähtgfettcn für ein fo wichtiges 5lmt feejtfct."
2)te W&ßfyl ging in fanontfcber 2öetfe vor ftdr) 1) unb fiel auf 2ßilr)elm,
bisherigen 2lbt von (£aen. golgltcr) muß ftcf) IjerauögcflteUt haben, baß 3o*
r)ann fein 2lmt nicht mehr fortzuführen im 6tanbe roar. ©letchroohl machte
©regor VII. nachher 6chrotertgfetten , bie 2Baht ju beftätigen, roetl ihm
nämlich Nachrichten über gerotffe gefe^ltche Mängel beS (Gewählten §ugefom*
men roaren. Unter bem 23. (September 1079 fchrteb2) ber Cßabft an ben
Segaten Hubert: „rote tcb fyoxe, foll ber neue @rjbtfchof 2Ötthelm von
Nouen eines *)3riefterS 6ohn fein. 2Btffe, baß ich bie Erhebung beffelben
nicht genehmigen roerbe, im galle folajeS als roahr erfunben rotrb." 3)te
93orauSfe|3ung fcheint jebod) irrig geroefen §u fein, benn SÖühelm blieb im
5lmte,3) ohne baß ber $abft weitere Einroenbungen machte.
Saut ben eben angeführten Urfunben fyat ©regor VII. im Saufe ber
3erroürfniffe mit 2Ötlf)elm biefelben fechte geübt, bte ich früher4) als grüßte
ber geheimen Verträge von 1066 unb 1070 nachrotes. (5ie laffen ftch in
folgenbe §auptyunfte jufammenfaffen: „fein 53tfa)of fann ohne (Stnwtlltgung
beS $abfteS §urücftreten nocb abgefegt werben. 2)em *ßabfte fteht bie
Prüfung §u, ob bie 2Baf)l auf ein erlebtgteS (SrjbtSthum gefefcltche Sftän*
gel habe. Siegen fold)e vor, fo ift ber Cßabft berechtigt, auS apoftolifcher
^achtvolifornmenhett einen Nachfolger etn§ufe£en; ber betreffenbe SanbeS*
herr mag jroar in gällen ber 5lrt mit bem ^eiligen ©tuljle unterhanbeln,
unb eine neue Unterfuchung beantragen, aber fobalb ftcb in golge ber Up
teren ljefau6|ießt, baß bte fraglichen -tOMugel begrünbet ftnb, fo bleibt eS
bei ber Slnorbnung beS *pabfteS. Sluch eine völlig fanontfche SBatyl hat
nur bann ©ülttgfeit, wenn bte päbftltche (Genehmigung vorausgeht, ober
hintenbretn fommt." 2)a $öntg Wilhelm bte ^anbhabung btefer 23efugntffe
felbft währenb *>er 3e^/ ein 33ritcf) brohte, roefentltcb nicht gef)tnbert hat,
folgt, baß fte feft begrünbet geroefen fein müffen.
') JDudjeSne <S. 551, c. 2) SKanft XX, 288 Sftitte. 3) Gallia christiana
XI, 37 flg. *) OUn <&. 463 flg.
542
$afcfi ©regortuS VE. unb fein Seitalter.
Der tterberbltche (Streit jroifchen $önig SBtfljelm unb feinem (Sohne
roar um 1080, hauptfäd)lich burd) Vermittlung beö *)3abfteö, betgelegt roor*
ben. Slber oerfelbe trieb, obgleich bie 9fcormanbte unb granfretd) fein (Schau*
pla% roar, auch in (Snglanb brüben eine böfe (Saat, fofem bie bortigen
getnbe ber normcmnifdjen ^crrfcfjaft, unoerfennbar ermutigt burdt) bie 3^
roürfniffe im fönigltchen £aufe, Wlufy ju neuen ©plagen faxten. Den
Anfang machte, rote früher, ber Schotte SMfolm — rote ich mir benfe —
in geheimem (Stnoerftänbtttffe mit SPhtftyp oon grattfretch. Um bie TOtte
2luguft 1079 brach1) er in baS benachbarte 9forthumbrten ein, verheerte
ba6 £anb bis jum %ym* erfcfjlug otele Seute, machte ©efangene, unb ferjrte
mit reifer 23eute §urücf. Die Nachricht oon biefem Einfalle mag SMljelm
Sur Ofttcffehr auf engltfchen 33oben bewogen ^aben. Denn bamalS roirb eS
gefa)ehen fein, bafj ber ^ö'ntg ben oben2) erwähnten 23rtef an ben *ßabft
fa)rieb.
DaS folgenbe 3af)r — 1080 — brachte eine noch gefährlichere inner*
liehe 33eroegung in 9?ortl)umbrten. 3Bie früher3) bemerlt roorben, fyatte
93tfchof 2Ba(cf)er t>on Durl)am nach ber Einrichtung SaltheofS ju bem
Amte ber (Seelen auch noch bie @raffa)aft erhalten. Aber feine jtr&fte
genügten nicht für eine fo auSgeberjnte Verwaltung. Catcher nahm baber
ju feinem (Stelloertreter in weltlichen ©efchciften ben Säten ©telebert, einen
feiner Verroanbten, §um ©erjülfen in getftlichen Angelegenheiten ben (Slert*
fer Seobrom, welcher Dombefan unb (Satoellan beö VtfchofS roar. Vetbe
Beamte follen häufig ©eroaltthättgfetten an bem Volfe oerübt fyabm,1) bie
ber 53tfcbof $u oerhinbern, ftcf) nicht ftarf genug fühlte.
Dagegen 50g 2Öalcf)er, otelletcht um bie fetmenbe Un§ufrtebenbett unter
ber fächfifchen Veoölferung ju befchroichtigen, einen Dritten, ben Angelfaa>
fen Siulf, in fein Vertrauen. Diefer Stulf, (Sprößling eines vornehmen
fächftfehen ©efchlechtS unb mütterlicher £>\)dm SaltheofS, ^atte etnft otele
©üter im fübltcben (Snglanb befeffen, roar aber au$ benfelben burch bie
normannifchen (Eroberer oertrieben roorben, julefct fuchte er eine 3uffuc^
ftatte in Durham, roo er in baö eben befchriebene Verhältnis ju Salier
gerieth.5) Die Quellen6) fagen, ber 33tfcfjof fyabe nichts 2ötchttgeS ohne
£tulf£ 9ktf) unternommen.
Der (Sinfluf , ben auf folche Steife ber Angelfachfe $u üben begann,
ent§ünbete roüthenbe (Stferfucr/t im ^erjen beö (SapellanS £eobrom. Viele
Reibungen fanben jrotfehen Reiben ftatt, unb eines SagS, ba Stulf im $RatI)e
beS SßifdjofeS gegen Maßregeln, welche ber (Safcellan ttorfchlug, lebhaft ge*
krochen unb ihre Verwerfung burchgefe^t Jjatte, gerieth Seobrom in SButr;,
*) Flores hist. <&. 639. 2) ©. 530. 3) 3)af. @. 507. *) Stürben @. 46.
6) Ibid. ©. 210. 6) Stuf er ben angeführten (S^ronijlen aud^ $lorentiu$, Flores histor.
@. 639 flg.
93tette393ud?. @a£.25. Semüf)ungen©regorgVII., umSßt^elm rnttStoBcrt ou^gufö^nen. 543
ging tyn ju bem Vijthum ©Gebert unb berebete tfjn, ben 2lngelfacbfen
ermorben. ©telebert Heg ftcr) $um 2Öerf>uge ber Sftacbe SeobroinS brauchen,
überfiel mit einem Raufen bifchöflidjer <Solbaten bei 9cad)t baö 2anbr)au$,
wo Siulf roohnte, unb erfctjlug ir)n felbft fammt bem größten $r)eil beS
©eftnbeö.
,2)iefe Untljat ftacbelte ben alten ,§aß ber Slngelfacbfen unb oielletcht
auch ber nod) übrigen Slnglobäuen 9lortr;umbrien6 gegen bie normanntfcbe
,§errfchaft auf. (Sogleid) fugten (Sprößlinge ber alten abeligen, t>on $Bil*
r)elm feit 14 3al)ren mit eiferner gauft niebergeljaltenen, ©efchledbter baö
geuer ju fd)üren unb perfönlichen Pütjen aus ber roacbfenben ©ä^rung ju
Siefen. (Simeon fagt,1) baß (£abulf mit bem Beinamen 9fu$, ein Urenfel
M @arl6 Utf)reb , ber ju Einfang beö 1 1. 3af)rlmnbert3 9corthumbrien be*
herrfcht J)atte,2) Slnfttfter ber 2D?orbfcenen geroefen fei, oon benen fogleicr)
bie $ebe fein roirb.
Einet) 33ifd)of 2ßalcc)er roar Einfangs über baS an 2mlf verübte Ver*
brechen empört, unb füllte, baß er etroaS tr)un müffe, um bem beleibigten
@efe£e @enugtf)uung §u tterfchaffcn, bie ©emütljer ju beruhigen. 2)urd)
^erolbe, bie er im Sanbe r)erumfanbte, machte er befannt, baß er unfct)ul*
big am 23lute £iulf$ fei unb ben 9J?örber ©telebert fammt beffen ©enoffen
au$ 5^ort^umbrten oerbannt r)abe. Allein ber 33ifa^of |felt feinen S3efa)luß
nicht aufregt, ©telebert fanb im £aufe beö 2)ombefan$ 3uffacf>t/ m^> *n
jtur§em braute e# Seobroin batjtn , baß 2Md)er ben SDcörber roteber in
fein §au$ aufnahm, £aben otelletd)t 23efel)le au3 bem ©üben — fcon
(Seiten be$ Königs ober feiner (Statthalter — bem 33tfcbofe bie §änbe
gebunben? ©enug, ftatt auf Verbannung ber (Sa^ulbigen §u befter)en, fcfjrieb
Salier für Witte Wlai 1080 bie Erhaltung eines öffentlichen Sanbgenc^tö
auö, oor welchem eine (Sür)ne be$ OTortö mittelft ®elbentfa)äbigung »er*
fud)t werben follte.
3)ie grift beö 14. Wlai fam heran, aber nicht um p unterfjanbeln,
fonbern bewaffnet unb in fer)r großer Eln§af)l erfaßten bie @egenpartf)ei an
bem feftgefe^ten £)rte, @äbeöl)ooeb (©aiöljaupt) genannt, unfern ber Tluxu
bung be$ £r/nefluffe3. $)er 23ifd)of wagte nicht, unter ber wütrjenben
Spenge $la§ ju nehmen, fonbern jog ftch mit feinem ©efolge in eine Heine
benachbarte Ätrctje jurücf, oon wo aus erboten fchicfte, um ben Verfchwo*
renen Vorfrage ju einem Vergleiche §u machen. 9hm brach ber ©türm
unter ber Einführung jeneö ©abulf au^. ©in ^aufe ftürjte auf bie ^hurcn
ber Kirche loö, 5lnbere erfttegen baö 2)ad) unb jünbeten eö an. 2)aö ßnbe
roar, baß ber 23tfchof, ber 33t§tt)um ©tölebert, ber Ü)ombefan Seobroin unb,
mit Sluönahme jweier 5(ngelfachfen, alle übrigen Begleiter SalcherS umge^
l) XlD^bcn @. 204 Wlitk. 2) DUn ©. 46.
544
$a6jt ©tegortug TO. unb fein Bettalter.
bracht würben. *) 9?ad) fcotfbrad)ter Ityat rücften bte Slufrüfjrer gegen 2)ur*
f)am, brangen in bte ©tabt ein unb griffen baS ©cfyloß an. 5tber bie
Vefafcung beS (enteren roieS fte mit blutigen topfen jurücf. Sdjon am
vierten Sage liefen bte Verfrorenen au6emanber unb jerftreuten ftd) nadj
allen $id)tungen, benn 5Ract)rtct)t fam, baß ber toniglia^e (Statthalter, 33t*
fa)of Öbo von 23ateur, mit ^eere6mad)t Ijerannalje.
£)bo bradj rotrfltd) in 9?ortlutmbrten ein unb nar)m für (Srmorbung
beö 33tfd>of3 blutige 9fad)e, er oerttriiftete bte ©üter ber Sdjulbtgen, ließ
Viele enthaupten, ober beftrafte fte mit Verftümmlung ber ©lieber; Slnbere
mußten fcfyroere Vranbfdjafcungen bejahen.2) 2)er 5lnfttfter be$ ©reuelS
(Sabulf foll,3) tttelletcr)t auf ber gluckt, oon einem Söeibe erfcblagen roorben
fein. 2)aö 23t6tf)um $)urr)am roarb fettbem roieber son ber ©raffa)aft ge*
trennt, ßnta ©rafett son -Iftortfmmbrien ernannte ber Äöntg ben Norman*
neu 5lubrt, bem fpäter Robert oon 9Mbraty folgte:*) auf ben 6tuljl tton
£)urr)am ert)ob ebenberfelbe ben Normannen 2Btlr)elm, ber ju S3ateur feine
6d)ule gemalt r)atte, bann als Wön^ in ba$ Softer 6t. (Sartief (6t. (Sa*
le§ im £od)fttft 2e SttanS) eingetreten, oon ba alö 2lbt nad) 6t. Vincent
bu WlanZ beförbert roorben roar, unb je^t ba$ norbengltfc^e 23t$tr)um
erhielt. 5)
3u gleicher 3eit, ba £)bo bie 9lortfmmbrter jüc^ttgte, fd)tcfte Äöntg
2Btlr)etm feinen (Srftgebornen , Robert, mit einem fetten ,£>eere nact) ber
fcbotttfa>n ©rä*n$e gegen SMfolm. deines (Srad)ten$ barf man au$
biefer £l)atfad)e jroet 6djlüffe stehen; erftltcr) muß ber Normanne geglaubt
r)aben, baß SJfalfolm irgenb in roeld^er Steife bei bem legten nortlntmbri*
fct)en Slufftanbe beteiligt geroefen fei; fürs 3^ette roetSt ba$ Verfahren beS
Königs auf bte 9lbfta)t fyn, feinen geheimen ©egnern in (Snglanb, ttrie ben
offenen in 6ct;ottlanb, bura) bte 3$ai $u geigen, baß baö frühere 3eMürf*
ntß sroifdjen Vater unb 6ol)n nta}t mel)r beftefye. $egte 2ßtlt)elm roirf*
lia) biefe $lbftd)t, fo folgt, baß er ttorauöfefcte, bie 9?ortf)umbrter unb 6a>t*
ten Ijätten im Vertrauen auf bie gortbauer ber tnnerlta^en 3er^üftun9
r)errfd)enben ^aufeö oon $ouen $u ben Staffen gegriffen. £)te (Sitten roie
bie Slnbern follten baburd), baß *ßrtn§ Robert im Dienfte feinet VaterS
ein £eer gegen 6d)ottlanb führte, tfyreg 3rrtf)um$ überrotefen unb etnge*
fdntcfytert roerben. Allein laut bem 93ertd)te6) 6tmeon$ tton Durfyam rta>
tete Robert ntct)t0 au$, fonbern fefyrte, ol)ne ein treffen geliefert $u fjaben,
roteber um, unb ba$ (Sinnige, voaö er t^at, roar, baß er ein neues 6a)loß
(rool)l 9?erocaftle) am St)nefluß erbaute.
*) J£U)^ben @. 47 unten flg. außer ben bereitö angeführten <SteUen. *) Ibid.
(S. 48 unten. 3) Ibid. <S. 204 «Witte. *) Ibid. <S. 52 o&ere SWitte. s) Ibid.
<5. 49. 6) Ibid. (S. 211 unten.
93ievfeä 93udj. Qtap. 25. £>bo,93ifcf)of t>.93ateur, totü nac§ Statten jieljenn. toirb oerljaftet. 545
£at ber $nnj vielleicht abfic^ttt^ nichts gewagt, unb war feine über*
legte Untfyättgfett ber Anfang beS neuen 3^tt>ürfniffcd mit bem 93ater,
welkes, vermöge ber 3eugniffe, bie ich oben mitteilte, gegen (Snbe beS
3afjreS ausgebrochen ju fein fcbeint? 9?och ein anberer ®runb für bie an*
gebeutete SBermutrmng liegt vor. ^ö'nig SBtfljelm begab ftct) im 2)ejember
1080 petfönlich nach ber fc^ottifa^en ©rän§e, wof)l um ben fa^limmen Sin*
brucf ber üftachläfftgfeit , ober ber abgeneigten ©efinnung beS Sof)nS §u
oerwifchen. Simeon von 2)urt)am berietet1) nämlich, baf* 2ßilhelm ju
2)urr)am ber (Stnwethung beS neuen SBifcbofS 2öilt)elm anwohnte, welche
bafelbft ben 3. 3anuar 1081 in Slnroefenfyeit fet)r vieler engltfchen jtirchen*
r)äuvter erfolgte. 9?acf) ber 9httffef)r aus 9?orthumbrien unternahm2) ber
«ftönig einen gelbjug gegen 2BaleS, roo er mit ©tücf gefönten fyaUn foll.
Wlan weif* fonft nichts über bie ©efcf)tcr;te beS Satjreö 1081.
Stuf bie wettere (Sntwicflung ber englifcfjen Angelegenheiten wtrften
bie SujMnbe eines fernen SanbeS im Süben ein. Seit bem grürjltng 1081
ftanb ber beutfa)e Salter in Statten, rücfte $om immer när)er unb bebrängte
ben $abft fo fer)r, baß berfelbe im Sommer 1084 3uffacf;t bti ben -iftor*
mannen SlputienS fua)en mußte. 9hm fyattt ©regor fa^on in früheren
Sauren, ba bie @efat)r bei Leitern nicht fo groß war, wteberr)olte 9ßer*
fuc^e gemalt, einzelne mächtige gürften ju bewegen, baß fte nach Stalten
überftebeln unb bort ein £eer jum Dienfte beS Stuhles $etrt errichten
möchten.
3n einem Schreiben3) vom 7. Styrtl 1074 machte er j. 23. bem 33ra*
banter ^erjog ©obfrteb, bem Sohne beS gleichnamigen SBaterS, ber 1069
geftorben war,4) Vorwürfe, baß er fein 2Öort nicht gehalten habe. t,$&°
tft bie £ülfe," ruft ber *ßabft aus, „bie bu unS §ufagteft, wo fmb bie
Solbaten, bie bu jur @hre $um Schule beS tyil ^etruS anzuwerben
verhteßeft? Erinnere bich, baß auch bein $ater bie römifche Kirche vielfach
täufcf)te; wahrlich, hätte er feine 33erfprecbungen erfüllt, fo würbe eS je£t
beffer um feine abgefchtebene Seele fter)en." 3m golgenben bemerft ber
*ßabft, betreffenb bie 3nfel Sarbinten wtffe er bem #er$oge nur baS ju
Wieberholen, was er früh-er münblich gegen ihn geäußert habe. 2)aS lau*
tet fo, als fei bem §er^oge, im gall er ein §eer für ben Stuhl $etrt
errichten würbe, bie ^errfchaft über Sarbinien in 2luSfta)t geftellt worbcn.
(Sin 3cthr f^äter fnüpfte ©regor VII. Unterhanblungen mit $ömg
Swen von £)änemarf wegen 3ufenbung etneS £eerhaufenS bäntfcher Sol*
baten an. 3a) habe an einem anbern Drte5) baS Schreiben6) vom
*) Ibid. @. 49. 2) Chronic, saxonic. ad a- 1081. Sann «Satttie <S. 370 oben.
3) STOanft XX, 115. 4) @te^e *8anb II, 264. 6) OUn <S. 112. 6) Wlanfi
XX, 165 oben.
©fröret, $abfl ®regoriu« VII. 33b. m. 35
546
*Pabfi ©regoviuö TU. unb fein Bettalter.
25. 3anuar 1075 mitgeteilt, traft beffen ber $abft bem 6or)ne 6wen6
ein gürftentfyum im untern Stalten pfagte, wenn berfelbe eine genügenbe
(Schaar guter norbtfdjer 6olbaten jum 2)tenjte beS l)etl. $etru$ naa) 9tom
führen würbe. 2ludj btefer 33erfuct) fctylug fefyt. 3n ben 3atjren 1081
unb 1082, ba ber beutfcfye «Satter ber *ßeter6ftabt immer näf)er rütfte,
muß ber SBunfd), ein eigenes «£>eer unter einem tüchtigen güfyrer ju be*
ftfcen, lebhafter als je in ©regorS 6eele angefaßt worben fein. 5luf bie
Normannen 2tyultenS fonnte er ftd), obgleta) er mit itjnen in SBerbtnbung
ftanb, wegen tl)rer galfer/fyeit unb ©elbftfuct;t nia)t öerlaffen. $lux SBritan*
nten, nur bie galltfa^e 9?ormanbie, baS ftreitbarfte unb wegen ber Staffen*
traten fetner ©öjjne gefetertfte 2anb beS 11. SafyrfmnbertS, bot bie nötfyt*
gen «gmlfSfräfte. 3<§ benfe, ©regor wirb münblta) bura) ©efanbte fein
Anliegen an jtönig 2Ötlr)elm gebraut r)aben.
©ewiß ift, baß aus ben oben1) angeführten Briefen, bie er im Saufe
beS 3^rö 1080 an ben Normannen erlief, bie SBitte f)en>ortönt, Äönig
S03ill)eltn möge im S^otfyfaU mit Waffengewalt ber römifa^en jttrd)e bei*
ftef)en. 2) od) 993ttf)elm fyörte auf btefe 2ßünfa)e ntcfyt, er fonnte unb wollte
fein 9*eia) nid)t üerlaffen. Allein was ber Jtönig für fteft ntctjt unternahm,
entfctjloß ftd> fein ^albbruber §u wagen, fei es, baß er bura) ben $abft
felbft, ober was wal)rfd)einlid)er, baß er bura) eine ^artfyet unter ben (Sar*
binälen gerufen worben ift.
2Bilr)eIm, ber Normanne, fyatte ben 23tfct)of Dbo fcon 8aieur aufs reta>
tiefte mit ßeljen bebaebt. £>bo befaß außer ber ©raffa)aft jtent bebeu*
tenbe ©üter in ntct)t weniger als 16 ©fn'ren.2) Wäfyrenb gelegentlicher
51bwefenf)eit beS Königs führte er wiebertjolt neben Sanfranf. bie (Btattfyal*
terfdjaft beS 9fteict)S, fein Einfluß war feit bem $obe gtt$oSbernS wefentlia)
gefttegen.3) Von 9?atur §ur ©parfamfeit geneigt, fott er unermeßliche
©diäfce aufgeftapelt fyaben, bie man naefy feiner Verhaftung gutenttjetlS an
abgelegenen £)rten »ergraben fanb. £)tefe ©umtuen gebaute je£t £)bo in
€>olbaten §u fteefen, bie jum $am:pfe wiber bie geinbe beS ©tufyleS *ßetri,
namentlich ben beutfcfyen ©alter, naa) Stalten geführt werben fotlten. 2)aS
3iel aber, baS ber normannifa}e 33tfa)of als $reiS fola)er Slnftrengungen
erftrebte, war — nad) ©regorS VII. $obe — bie bretfad)e trotte.
£)rberta) erzählt:4) „römifetje 2Baf)rfager fjatten in Stalten bie $ro*
pr)e§etf)ung auSgefprengt, baß naa) bem Eingänge ©regorS VII. ein 9J?ann,
ber ben tarnen £)bo trage, $etri 6tul)l beftetgen werbe. 2US 23ifa)of
£5bo tton 23aieur, bem es ntcf)t genügte, mit feinem trüber 2Ötlf)elm (£ng*
tanb unb bie 9?ormanbte §u bet)errfa)en, üon btefen ©erüebten totbe er^
*) <S. 536 flg. 2) Ellis introduetion to Domesdaybook. London 1833. Vol. I,
376 unten flg. 3) <&amlt ©. 111 unten. 4) 25u$e8ne @. 646, d. flg.
Sßitxtti 93ud). &ap. 25. Oho, Q3if(^of ü. 93ateur, h>tCt naä) Italien $tefyen u. wirb öerljaftet. 547
fytelt, fnüpfte er Sßerbinbungen in $om an, faufte bort einen $alaft, rtaV
tete eine pract;t»olle ,£>au6f)altung ein, unb gewann bura) reiche ©efajenfe
eine *)3artr}et unter bem rb'mifdjen (Senat. Drauf warb er ben ©rafen »on
Softer, «£>ugo »on 5(t)rancf)cö , unb eine Sftaffe guter (5olbaten, baß fte
mit tf)m narf) Stalten jögen. Da bie Normannen (eisten ©tnneS ftnb
unb roanberluftig, boten fer)r »tele bem fyoctiftrebenben 23ifc£)ofe tf)re Dienfte
an. 3um (£rftaunen voar'S, baß biefe 9J?enfcr)en fta) entfcf>loffen, tfyren gro*
ßen ©ütem im 2Beften (in (Snglanb unb ©allteu) ben SRücfen ju fefjren,
unb jenfeitS be$ $o 2lbentf)euer ju fueben."
3a) fyalte e£ nidjt für war)rfct;einltcr; , baß (Schwärmereien »on 2Bar)r*
fagem erften Slnlaß ju ben SSerbmbungen gaben, welche £)bo in Stalten
anfmtyfte. dtyx [cfjetnt baS Umgefetyrte ber gall gewefen §u fein: baß
folcr)e ©erüdjte in Umlauf famen, roeil £>bo in 9fom Umtriebe machte.
3nbeffen beim Langel triftiger 3eu9,en ma9 ©act)e auf ftet; berufen,
©ewiß bagegen tft, baß SBtfcfjof Dbo nad) ©regorS VII. $obe $abft roer*
ben wollte, baß er jtt btefem 3wede ein §eer in (Snglanb $u werben be*
gann, unb in 9iom ben £ebel großer 55eftea)ungett anroanbte. Denn un*
abhängig »on Drbertcf;, fagt1) ber 9J?öna) »on 9JMme6burt; Daffelbe. 9lun
frage ta): ift e£ glaublich, baß ©regoriuS VII. für ben gatl feines $obe6
bem Normannen ben 6tttf)l $etrt jugefta)ert r)abe, ober auet) nur, baß er
bie Umtriebe be£ Normannen gerne fal)? (So r)anbeln große ,£>errfa)cr ntdjt,
fte erniebrtgen Weber fta) felbft, nod) Snftitute wie *ßetri (Stur)l, §um 2Berf*
$euge ber (S^rfua)t eines Slubern. Da g(eta)tt>of;l bie ^atfaa^e feft ftefyt,
$ier)e tet) ben (Schluß, baß Dbo nicfjt mit bem $abfte, ber allerbingS ba$
93orr)aben beS ttaltfa)en ^eer^ugö gewußt unb gebilligt r)aben mag, fonbern
mit einer *Partr)et Derjenigen, benen e$ jufam, nact) ©regorS Sobe über
bie Nachfolge ju »erfügen, ba$ I)eißt, mit einer *ßartr;et unter ben (Earbi*
nalen unterfjanbelt r)at.
Drbertcr) fät)rt2) fort: „als Lintig 2Btlt)eIm »on ben Lüftungen Dbo'S
itunbe erhielt, mißbilligte er jte r)öa)lia), benn er glaubte, baß fte bem
$Bor)le beS 9^etcf)ö nachteilig feien. Deßhalb fegelte er eilenbS auS ber 9lor*
manbie nach (Snglanb hinüber unb überrafd)te ben SBifdjof, wie berfelbe
mit einer großen 9Jkd)t bei ber 3nfel SÖ3igl)t »or Slnfer lag. ©ogleta)
»erfammelte ber ^önig bafelbft ein £ofgeria)t ber Marone unb trat felbft
als Stnfläger auf. 2Bäl)renb ia), l)ub er an, ferne »on ßnglanb feit mel)^
reren Sauren in ber S^ormanbie weilte, befetjäftigt , bte Rebellion meinet
6or)ne$ Robert ju beftrafen, bte ungerechten Singriffe berer »on 9J?atne
unb Stttjou ju befämpfen, l)at btefer mein ^albbruber @nglanb, ba6 er in
meinem Tanten ju »erroalten beauftragt war, über bte 9J?aßen befa)a^t,
l) <Sat?iIe <S. 111 unten. 2) 21. a. O. ©. 647.
35*
548
$abft ®regoriu$ VII. ttnb fein ßtitalkv.
Stixfyn ihrer (Smfünfte unb ©ütcr beraubt, unb meine Solbaten, beren
Aufgabe eö ift, ba$ $eich gegen Ü)änen, Srlänber unb anbere geinbe ju
fdjüfcen, verführt, baß fte mit if)m in frembe Sauber über bie Alven jögen.
3r)r Marone be6 Dieter^, fprecht (Suer Urzeit über Obo von SBaieur! Alle
Anwefenben fchwtegen. 9hm fut)r $önig Stlhelm fort: ftetsä muß £oct>
verrat!) beftraft, unb nie barf ein Verbrecher, wer er auch fei, §um Berber*
ben be$ ©emeinwefenö verfchont werben, ©reifet biefen Sflenfa^en, ber
bie *ftur)e be6 Meiches ftört, unb werfet tr)n ins ©efängniß, bamit er nicht
fürber febaben fann."
„2)a jeboch 9ftemanb wagte, ^anb an ben S3tfa)of <m legen, verfjaf*
tete il)n ber «ftönig felbft. £bo rief §war: ich bin ein Genfer unb 2)ie*
ner be$ §errn, 9ciemanb r)at ba# 9^edbt, über mich gu rieten, aB ber
sßabft allein; boa) ber $Ömg entgegnete: nicht ben ßfertfer, noch ben Vi*
fdt)of verhafte ich, fonbern meinen ©rafen, ben ich §u meinem Stellvertreter
über (Snglanb eingefe^t fyatte, unb von bem ich je£t 9ted)enfchaft feiner
Verwaltung forbern will. 5116 Staatsgefangener würbe £>bo nach ber
9cormanbie abgeführt, wo tr)n 5Ötlt)eIm in bem ^urme von 9iouen ver*
wahrte. Vier Satyre, bte §um Sobe be3 Königs, blieb er bort eingefcbloffen.
9cact)bem auf fol<f>e SKkife ba6 §auvt ber Bewegung ntebergeworfen war,
festen bie verführten Solbaten ohne Stberftanb §u tt)rer Pflicht jurücf,
unb feine weitere Störung ber öffentlichen 9?ur)e trat ein."
9cach ben Korten £)rberia^6 §u fließen, Ware bie Verhaftung £)bo'6
im 3ar)re 1083 erfolgt, benn Äönig 2£tlr)efm ftarb im Sevtember 1087.
Gittern jte fällt ein 3al)r früher: bie Sachfenchronif, glorentiuö von 2ßor*
cefter, unb Simeon von 2)urf)am verfemen1) bie (Sinferferung be3 Vtfcbofö
einftimmig fn$ 3aX)r 1082. Angenommen, baß er im Ü)ejember 1082
naa) Sftouen abgeliefert warb, bauertc feine ©efangenfehaft allerbingS nur
Vier volle 3ahre> fammt 9 Monaten, waö fict) mit DrbericbS AuSfage ver*
einigen läßt, ba e3 nicht bloS möglich, fonbern fogar wahrfcheinltch tft,
baß er bie Monate überging unb nur bie 3al)re §ählte. $)er Einwurf,
ben ber Vtfctjof gegen bie Verhaftung erhob, fvielt ohne grage auf ba$
früher2) erwähnte ®efe|$ an, fraft beffen 2Btlf)elm bie ©erichtSbarfeit über
ßlerifer ben Säten entzog. Allein ber Normanne verftanb ftcr), Wie man
ftef)t, auf bie Sogt! be3 UnterfcheibenS, wo^u ihn, laut ber Versicherung be6
Sftöncbö von $?alme3burr/, (Srjbtfchof Sanfranf angeleitet haben foll.
£)erfelbe erzählt3) nämlich: „nach bem £obe 2ßilhelm3 legte ber in
greiheit gefegte Vtfctjof Dbo unvererblichen £aß gegen Sanfranf an ben
Sag, benn er glaubte, baß er auf be$ 9Jcetrotooltten sftatr) vom Könige
') ^üi)öbcn (S. 212. Flores histor. @. 640. 2) OUn <§. 467. 3) @a»ile
(5. 120 With.
$ierte$ 23ucf>. (5a^. 25. öbo, 93ifc$of s. Sateur, totO na$ Italien Steden u. toitb verhaftet. 549
eingeferfert worben fei Unb wirflitf) serfyielt fief? bie ©ad)e fo. S)enn a!6
eines £ag6 2ßtlr)elm bei ganfranf über bte Untreue feinet SBruberö flagte,
fpract) ber (Srjbifc^of: Iaffet ir)n serfyaften. 2£te? »ert)aften ! rief ber Äönig,
Dbo ift ja ein (Genfer. Säcbelnb fut)r Sanfranf fort, ify r)abe nidjt gefagt,
greift bert 33tfcbof sott 33atcur, fonbern greift ben ©rafen tton Jtent."
Ü)em fei n>te tljm wolle, gewiß ift, baß *ßabft ©regor VII. felbft
baö 93erfaf)ren be3 JtönigS ntd?t entfaueben mißbilligte, obgleich er tr)m
beö ®runbfa£e3 wegen 93orftellungen machte, bte jeboa) auSnefymenb milb
finb. 3n einem (Schreiben,1) beffen Ü)atum fel)lt, baö aber wor)l tn$
3af)t 1083 gehört, fyrtctjt er bte warmfte greunbfrfjaft für Stlfyelm au$,
»erfta^ert, baß er auf bte gute Meinung beö Normannen größeres ©ewtd>t
lege, al£ auf bie aller anbern Surften jufammen. 9?ad) folgern (Eingänge
r)eißt e$ weiter: „nur (5ine3 bebauere ia), baß bu bei 33erJ)aftung beineS
33ruber3, beS 23tfcbofö, mefyr weltliche ßlugfyett jeigteft, als ^üeffta^t auf
baö göttlicbe ©efefc. @efcf;rteben ftefjet (Paral. XVI, 22): ta\Ut meine
©efalbten mdji an. 3a, ber £err felbft l)at, wie Wir in ben (hangelten
lefen, ftd) f;erabgelaf|en, ^rteftern, aua) wenn fte an ftcb fa)lea)t unb un*
würbig waren, gewiffe (Sfyren ju erweifen. (Sbenfo fjat ber große ^aifer
(EonftantinuS auf ber «ftirajentterfammlung tton 9?tcäa erflärt, baß er feine
klagen »Ott 53ifcf)öfen gegen 23i|0)öfe annehmen werbe." tiefer 23rtef
üeränberte bie Sage be$ gefangenen 23tfd}of3 nia)t, Dbo blieb in £aft.
Sßegretfltdjer 2Betfe müffen bie Vorgänge auf ber 3nfel 2ßigr)t Särm
in ber 5ßelt erregt, bie Hoffnungen ber geheimen unb offenen ©egner
2Btlt)etm6 angefaßt r)aben. Unter btefen Umftänben, benfe tdj>, wirb man
bte oben ausgeflogene 3}ermut^ung g(aubüct) ftnben, baß ber ifcöttfg nact)
3Serf)aftung Dbo'S jene §wette Ueberetnfunft mit bem ^rinjen Robert fa)loß.
3wet geinbe ber 5lrt, Robert auf gatltfa)em 33oben, unb Dbo im Sturme
$u Sonett, wären al^umel jufammen gewefen. 2lud> über bte SBebtngun-
gen, bte bem (Srftgebomen 2Mr;elmS bamalS gemalt worben fein mögen,
gibt bte ©efancr;te Dbo'3, im 53unbe mit anbern ©puren, einigen 2luffa)luß.
$abft ©regor fpricr;t2) in bem ©ebretben, baS er unter bem 8. Sflat 1080
an Robert richtete, utwerfennbar fo, als ob festerer ben sollen 93eft& ber
9?ormanbte ntd)t fdjon je£t erhalten r)ätte, fonbern erft fünftig erhalten
werbe, gerner fagt $öntg 2Btlf)elm in bem Seftament: „Robert fyat be*
reitS bte £ulbigung faft aller SSarone beS £anbeS empfangen." £)arauS
folgt, baß fcon fielen, we(a)e bie ^ulbigung geletftet Ratten, einige Wenige
aufgenommen worben jtnb. SSer werben biefe (enteren gewefen fein?
9fleine$ (Sraa^tenö bte 33efet)Iöl)abcr ber §auptfcf)Iöf|er unb geftungen be6
normannifa)en HerjogrtmmS, wela)e Äönig 2©ilf)elm in feinen ^flid)ten tu*
l) SWanft XX, 373. 2) ©te^e oU\\ @. 537.
550
^afcfi ©regoriuö VII. unb fein 3eitalter.
rütffyielt, ttäfyrenb bte SBafallen ber f feineren ©t&bte unb beg platten San-
be$ ber aufgefyenben ©onnc tf>re ,£mlbtgung barbringen burftett. 9fun er*
f)ellt ja eben aus ber ©efa)ta^te jDbo'8, ba(? er toäfyrenb ber fcter ober fünf
3aljre, ba er gefangen im Sljurme tton holten faß, unter fimtglta^er 93er*
wafyrung fta) befanb, unb nur auf beS $önig$ 2Bort im «September 1087
feine £aft ttertaffen burfte. ©o n>ett bie dauern beö 6d)loffe$ son fernen
unb roo^l aud? anberer ^Bürgen reichten, blieb ber Äöntg and) naa) 5lbfd)lufj
ber ^wetten Ueberetnfunft mit feinem (Srftgebornen alleiniger £err! Willem
obfa^on bte SBefafcung be$ $l)urm$ üon *Rouen 311 2BtIf)elm tu (5tbe$*)fltttV
ten ftanb, wußte ber $rtn§, — fo fa^eint e3 mir — 3ugang §u feinem
gefangenen Dfyetme ju erfa)leta)en. $)enn faum frei gelaffen, fyat £bo in
(Snglanb brüben gu ©unften Roberts eine böfe Empörung angebettelt.
S$td)$\mtyVDa\\$\$p$ Capitel.
2)ie Königin SWa^ilbc, ©ernannt SBityelmö beö (Eroberers, fttrbt SlufangS 9coo. 1083.
Erneuerter Ärteg in 3ttatne, ber mit ben planen beö bdnifchen «£ofeö $ufammen*
hangt, ©rope «Seerüjiungen ber Könige Jtanut III. von JDdnemart, Olaf III. von
Sftortvegen unb beS SWarfgrafen Robert von ftlanbern. 2öil^elm toirfet ein jahlreicheS
^ecr , fchreibt eine £>dnenfieuer auS unb vereitelt burcr) 23ejied)ung bie Slnfchldge
feiner geinbe. Stuö 5lnlap beö bdnifchen Stngrip führt ilönig SBtlhelm ein Äatafkr
in (Englanb ein. SDa$ 2)omöbatybuch. Sinn beS SQBortS. 2Jlan muß unterfdjeiben
ättnfchen ben amtlichen (Erhebungen, auf tueldje eö gebaut ifi, unb ber furzen 3u*
fammenflellung berfelben, bem eigentlichen Inhalte bee 93uctyö. SCrt unb SBeife, toie
bie (Erhebungen gemacht tourben. «Schonung beS (SleruS unb anberer «Stdnbe.
(Statißif (EnglanbS nach äftajjgabe beö 2)omebatybuch3. Slcferlanb, Siefen, SBälber,
SÖaiben , SBein* unb Dbjtgdrten , «Salj* unb $3ergtverfe , ftifdjereien. 9Bohnorte :
<Stdbte, Dörfer, einzelne ©eljöfte , SJlanerien ber großen Sßafatlett, 33urgflecfen,
Sejiungen, $fal$en be$ Königs, (Schlüter. SllleS ©runbeigenthum beruht vermöge
ber (Eroberung auf föniglicher Verleihung. 33erfcr)iebene klaffen ber 93en>ohner: bie
freien, unmittelbare 33afallen ber Jerone, ober tenentes in capite, unb mittelbare
33afatten. 3m ©anjen jdhlt baS 2)om$batybuch gegen 9000 auö beiben (Staffen
auf; unter ihnen gab e$ nur feljr tvenige 9lngelfacr)fen. Mittlere Freie: censarii,
burgenses, liberi homines; ^albfreie: bordarii, sochemanni, cotarii, villani. (Erftd^
rung biefer Siuöbrücfe. ^achter auf befiimmte Sahre, auf Sebenöbauer unb auf
(Erbe ftnb gemeint. Ziffer ber üorhanbenen £albfreien. (Eigentliche Jporige ober
©clatien. Sfre 3ahl ift flein. 9Zachtoeiö ber SWagregetn , burch toelche 3Bithelm
ba$ (Erlöfchen ber @ctaüerei vorbereitete. «Schon mehrere Könige vor 3Bilhelm finb
hierin mit gutem 93eifriele vorangegangen. Slrmenfieuer in (Englanb.
3m 3afyre naa) ber «Berljaftung Obo'ö, ben 2. 9?o». 1083/) ftarb
bte Königin 3J?at^tlbe §u Sonett. Stlfyelm t)on ^almeöburt) erjagt2) auö
J) ©imeon (^to^öben @. 212) unb Florentius (Flores histor. ©. 641) nennen in
Uebereinftimmung mit ber «Sachfenchronif ben gweiten, Drberich bagegen ($)uche$ne @. 647
unten) nennt ben britten üftoöember. 2) «Sovile «S. 111 oben.
$ierte$ 93ud). Vereitlung t>. bänifc$en Angriffs t>. 1085. £a$ $om$batybu<$. 551
©elegentyeit tljreö £obe$: „jwar war in ben legten 3af)ren ba6 gute 93er*
fyältntj? jtt>tfct)en S&ilfyelm unb feiner ©emafylin wegen be$ grinsen Robert
einigermaßen getrübt worben, ba 9J?atf)ilbe, rote bie (Sage geljt, bem ^rinjen
fyeimu'a) auö ben @tn!ünften be£ 6taat$fcf)afee3 Littel lieferte, um ©olbaten
galten §u tonnen; gleicfywof)! jeigte ber itöntg bura) bie $f)at, baf feine
ef>ettcf)e Siebe nidjt geminbert fei, benn er veranftaltete nifyt blog ein praa)t*
volles £eia)enbegänguij3 , fonbem er el)rte bie Sßerftorbene viele Sage lang
burd) reid)lirf)e freuten, unb nie biö ju feinem $obe l)at er ben SSerluft
ber Sugenbgeliebten v erfahrnerer."
9?eue Stürme nagten, ^unäc^ft bradj ein geuer in Süflaine loS. €>cr)on
bei bem erften Slufftanbe biefer Sanbfc^aft im 3al)re 1073 fyatte £ubert,
33urgf)err ber in Sftame gelegenen (Scfjlb'ffer 23eaumont unb greSnar;, Staffen
gegen ben Äö'nig getragen,1) boer) war berfelbe bainalS genötigt worben,
ftcr) bem Könige §u unterwerfen unb bie SSurgen §u öffnen. Allein um
1083 feblug er abermal fo§, ließ bie beiben eben genannten (Sa)löffer im
©iidje, unb warf fldj mit 2Beib unb $tnb unb fielen ©enoffen in bie
geftung 6t (Sufanne, bie auf einem v)ol)tn gelfen jwtfa^en ben ©rängen
von 9D?ame unb 5lnjou lag. 93on l)ter aus führte er bret 3af)re lang un*
beftegt Ärieg wiber bie Normannen, welche im iDienfte $&\tydm$ Wlaint
bewachten. 2)
5Barum er ber 50?ac^t be$ Königs von (Snglanb fo lange trogen
fonnte, wirb au$ einer ©teile £)rbericf;$ flar, wo e6 f)eijjt:3) „au$ 5lqui*
tanien, au$ 23urgunb, au6 anbem *)3rovin$en ©allienS ftrömten viele ber
ta^ferften (Solbaten §u ^ubertö gal)nen unb Ralfen ir)m bie Normannen
befriegen." 2)a3 r)eif*t: Hubert ift r)etmlicr) von ber Ärone granfretcf)
unterftüfct worben. £)ie ^äm^fe um (5t. Sufanne waren eine neue Auflage
2)effen, was einige Safyre früher von ber 2anbfa)aft *Percr)e unb von ©er*
beror; aus gefcfjaf).
Slucr) über ben ©runb, warum $önig 3BxIt)ctm nia)t alle Gräfte feines
angeftrengt r)at, um £ubert §u erbrüefen, erhalten wir 5lufflärung.
©leicf)$eittge (Sreigniffe im fernen Sfanbinavien wirften ein, bie Verbünbeten
Könige beö Horbens, $anut III. von £)änemarf, £)laf III. M\)xxc von
Norwegen, unb be$ $)änen Schwiegervater, Sftarfgraf Robert von glanbern,
rüfteten bamalS jene riefenhafte glotte gegen (Snglanb aus, welche ben
Normannen nötigte, ber Slbwebjr be$ ffaubinavifchen Slngrtffö jebeö anbere
23ebürfnifj unternommen. Unzweifelhaft fc^eint mir, baf ©raf Hubert ober
vielmehr fein Ser)nt)err, Äönig ^IffW I. von granfreta), mit bem 2)änen,
bem Norweger, bem glamanber jufammenf^telte. £)rberid) erjät/lt4) weiter,
4) 93ouquct Xn, 541, b. u. 592, a. 2) £)uc$e$ne @. 648, b. flg. 3) Ibid. d.
*) Ibid. 648 unten u. 649, d.
552
$abfi ©tegortuö VII. unb fein ßtitalttx.
im brttten 3af)re beS erwähnten Kriege habe ^önig 2Bilr)elm, nachbem
feine ©paaren, bte in 9J?atne ftanben, serfchiebene 9?ieberlagen erlitten
hätten, für gut befunben, bem ©rafen £ubcrt &u versetzen unb mit ihm
einen Vergleich ju fd)ließen. 3)ieß gefchaf) ohne Bwetfel im 3al)re 1085,
bemfelben, ba 3ötlt)e(m ben 2lnjug ber ffanbincttMfcfyen Sftaubflotte erwartete.
Um feine ganje sD?acht gegen einen großen unb furchtbaren ©egner roenben
$u fönnen, brüefte er einem f leinen, an ftety nicht gefährlichen aber boa)
läftigen, geinbe gegenüber bie Augen pt.
3d) habe anberSroo ') berietet, rote jtönig 2Btlr)elm feit 1084 au$
allen feilen ©alltenS ein mächtiges Solbljeer roarb, baS in ber üftor*
manbie gefammelt, nach (Snglanb abgeführt unb bort bei ben ©utSbeftfcern
unb Stäbtem ba unb bort eingelagert rourbe; rote er roetter, ba$ 2)anegelb
erneuemb, eine fchroere ^rtegSfteuer err)ob, roelche er hauptfächlich baju
fcerroanbte, burch SBeftechungen bie Sreue ber Anführer unb Solbaten be$
bänifeben £eerö unb ber glotte §u untergraben. 5)te AuSrüftung itanutS
löste fta) in Vichts auf, ber Dänenfo'ntg felbft fiel aB £)pfer ber (Schlingen,
roelcr)e ihm ber fcblaue Normanne gelegt hatte. «Schnell rourbe 3Öilr)elm
tton ben Vorgängen in 2)änemarf unterrichtet, noch im ^erbft 1085 »er*
abfehtebete 2) er einen £l)etl feiner (Sölbner, nur ben 9ieft behielt er roär)renb
beö SBrnterS fcon 1085 auf 1086 bei ftd) in Gmglanb. 3a) fomme ^iemtt
an einen ber rotchttgften Abfchmtte in ber DfegterungSgefchtchte SBtlhelmS.
Mehrere ber beften Duellen ftimmen barin überein, baß mit ber glücf*
liehen Abroefjr be$ bänifchen Angriffs eine merlroürbige VerroaltungSmaß*
regel zufammcnhtng, fofern Äöntg Stlbelm im 3a|re 1086 bie Aufzeichnung
beS fämmtltcben @runbeigentf)um$ in (Snglanb bura)führte, fei e$ nun,
baß btefeS Sßerf fct)on länger befchloffen roar unb je£t befchleunigt rourbe,
ober fei e6, baß ber Normanne erft aus Anlaß ber bänifchen Lüftungen
ben *plan ba§u entwarf unb rafdj »ollftrecfte. 3Me Sachfencbronif erjagt 3)
Zum 3af)re 1086: „nachbem bie Nachricht eingelaufen roar, baß baS bäntfd)e
§eer aufgelöst fei, berief ber Jtönig an Seihnachten (1085) eine zahlreiche
Verfammlung ber SBarone beS Geichs in bie 6tabt ©locefter unb hielt be*
bentltche 9feben an bie ©roßen über baS ©runbeigenthum im £anbe unb
bie Verpflichtung ber (Stnroohner, Steuern ju zahlen. Nachher fchtdte er
in gan§ (Snglanb Beamte herum, roelche ben Auftrag hatten, §u unterfuchen
unb aufschreiben, roie siel nicht nur bte (grjbifcbb'fe, 23tfd)öfe, Siebte,
©rafeu, fonbern rote tttel überhaupt jeber im 9feia}e Anfäffige an Aecfern,
Siefen, Sälbern, forote an Vieh befäße, roaS baS (Stgentf)um eineS jeben
roerth fei, unb roie »tet (Steuer bte trotte barauS §u ziehen habe. (So
4) £>6en ©. 134 flg. 2) Flores histor. ©. 641. 3) Chronic, saxon. ed. Gibson.
@. 186 flg.
S3terte$ 93ucr). &ap. 26. söerettlung b. bdmfcf)en Angriffs ». 1085. £aö £>om3batybu<$. 553
ftrenge SBorfdjrtften erteilte er ben Beamten, baß e6 feine £tbe, fem
Säubert SanbeS, ja ntcf)t einmal einen Dorfen, eine Stvfy ober ein Schwein
gab, bie nict)t aufgefct)neben unb tn bie Steuerliften eingetragen werben
wären, üftactjljer würben alle biefe Schriften an ben £of abgeliefert."
3n är)nlia)er Söetfe berichtet1) glorenttuS oon Sorcefter: „$öntg
2Bilr)elm gebot auf$ufcf)retben, wie oiel 2anb, rote oiel Setjenfolbaten, 2) rote
oiel ©efpanne, rote oiel 51 eferf necr)te, rote oiel SBiet) jeber feiner SBarone
r)abe; ja er ließ fogar oer$et'df)iten, rote oiel baar @elb ober ©elbeSwertf)
ein jeglicher 00m ©roßten bis jum Sftiebrtgften beftfje, unb roie oiel (Sinfünfte
jebc 93eftfcung abwerfen fönne. Schwere 33elaftungen be$ Sa übe 6
entftanben t)terauö."
($ö war ntcfytö eigentlich 9?eue6, was Sßtlljelm ber Normanne unter*
nat)m. Scbon lange oor feinen Sagen unb in feftlänbtfcrjen deichen gab
eS genaue 33efd)retbungen einzelner großer gefdjloffener ©üter mit Angabe
aller wirfltcf)en ober möglichen (Srträgntffe. 3a) begnüge mtet) au$ faro*
lingtfdjen Seiten bie ©runbbüct;er oon St. ©ermatn, oon $ntm, oon £orfd)
ju nennen. 5luct) bte burebgreifenbe Stattfttf etneö ganzen £anbe3, unb
jwar etneS fet)r großen, nämltct) be6 franfifdjen 2Beltreicr;$, fjat 270 3ar)re
oor 3Btlf)eIm bem Eroberer, ber granfe (Sari, *pippin$ Sot)n, entwerfen
laffen. 9?oct; ftnb in bem (Sapttulartenbucf) unferer Äaifer unb Könige bie
53efer)le oorljanben , 3) welche er §u folgern Smdt gab, unb au6 ber 23to*
graste (£arl$, wie au6 ber ©efcbtctjte ber £anbel jwtfcben ben Söfmen
SubwtgS be6 grommen erfjellt,*) baß ftcb bte fragliche Statifttf im 9?etct;3*
ardn'oe $u 2lacr)en befanb, unb baß ber Vertreter fränfifetjer 9ietcr;getnf)ett,
Äatfer 2otr)ar, ben größten SÖSertr) auf biefen Sct;a|3 legte.
5llleiu btefelbe war eine weitfcbtcfyttge, fcfywer §u f)anbt)abenbe Samm*
lung, bte barum bem 3a$«e ber 2>nt faum entgegen fonnte. 2BtÜ;eIm ber
Normanne tft ber erfte, welcher au$ äl)nlta)em Material, ba$ aueb Sari
ber ©roße jufammenbracrjte, eine lictjtoolle, oerfyältntßmäßtg furje, für rüg*
liefen ©ebrauet; befttmmte, ileberftcrjt Oer Steuerfräfte feinet engltfdjen SRtify$
fcfjuf. JDtefeä 2ßerf ift unter bem tarnen Ü)ome6baoboof, ben ta) unten
erläutern werbe, oollftänbtg unb unoerfer)rt auf und gefommen.
9)?an muß jwifa)en bem 2)ome6bat)boof unb bem (Stoffe, aus bem e6
gefdjaffen warb, untertreiben. 3)aö £)ome$baoboof felbft ift laut einer $e*
merfung, bte am Cmbe be$ SejrteS fter)t,5) im 3a^r 1086 oerfaßt worben,
unb auf btefe 5lbfaffung, glaube ict), r)at man bie oben mitgeteilten 5lu3*
fagen ber Sacbfena)ronif unb beö glorentiuS $u begießen. 2lber anberö
*) Flores histor. @. 641. 2) Quot feudatos milites. UeBer bie Q3ebeutung beö
2Bortg feudum toerbe iti) faäter ^anbeln. 3) ^ct^, legum I, 175. 4) ©frorer,
Äarolmöer I, 49 flg. 6) Vol. II, @. 450.
554 $abfl ©vegoriuö VII. unb fein Seitalter.
»erhält eg ftcf) mit ben amtlichen Hebungen, beren ßrgebmffe bie unbe*
rannten Bearbeiter be$ Bucf)ö jufammengeftellt fabelt. 9?ttf>t nur gef)t aus
einzelnen ©äfcen *) t)crt»or, baß bte Slnfammlung be6 ©toffeS bte in bte
3ett fytnauf reicht, ba bte Königin 5D?atJ)t(be nodj lebte unb £>bo öon
Bateur noa) ntebt SSerlufte fetner (Düter üerurtr)eiU war , alfo biö in
bie legten Sage beö 3al)re3 1082, fonbem tneltetdfyt noa) ftärfer §eugt bie
Statur be$ ©toffeS bafür, baß eine 9)Mffe ber forgfälttgften unb müf)famften
amtlichen Hebungen nta^t in bem Raunte x>on wenigen Monaten einge*
jogen werben fein fann.
golgenbeS war bie 2lrt unb Seife, in welker ber fömglia> Befef?l,
baö Sanb aufgetauten, §um Boll$uge fam: eine 5ln$at)l ©pecial* Be*
oottmäcbttgter SBtlfyelmS bereite baö Sfteicr;. Sßer btefelben unb wie siele
tfyrer im ©anjen waren, ift nta)t üollftänbtg befannt, boa) wiffen2) wir,
baß bie jwet Bifdjöfe Söulfftan üon 2Borcefter, ^Remigius üon fctncoln,
©raf kalter ©tffarb, bann bte Barone Rehmer; fcon gerriereS, Slbam,
Bruber beö fontglta^en £rud)feffen (Subo, in ber ©fyire 2ßorcefter, fowie
in fielen anbern 3) bie 9luf$etct;nung leiteten. 2lu6 btefer $f)atfa&e barf
man ben ©d)luß stehen, baß tfyrer außer ben (benannten nierjt fctcle gewefen
fein fönnen, benn baö £)ome6bat;boof jäblt nur folgenbe 34 ©fyiren auf:
Bebforb, Berf, Bucfmgtjam, ßambrtbge, (Efyefter, ßomwall, 3)erbr;, £)et>on,
$)orfet, (Sffer, ©lofter, £am, fammt ber 3nfel 2Btgf)t, £ercforb, ^ertforb,
Huntington, jlent, Seicefter, Stncoln, TObblefer, 9?orfolf, ^ortfyampton ,
^otttngfjam, Drforb, SRutlanb, ©fyrop, ©ommerfet, ©tafforb, ©uffolf,
©urrer;, ©uffer, 2Barwtcf, SBilt, SBorcefier, g)orf.
Sparen bte Bevollmächtigten an einen ber £auptorte gekommen, wo
fte ba$ ©efdjäft ttor$unef)men gebauten, fo tterfammelten 4) fte ben *8i$tf)um
jeber ©fyire, alle bort anfäßtge ttom Röntge belehnte 3nr)aber ber £err*
fa^aften (tenentes in capite), beren Unterüafallen, bie Pfarrer einer jeben
Strebe, bte Beamten jeber §unbertfd)aft, cnbltct) fecf)ö Bauern jebe$
2)orf$ unb legten4) benfelben vier gragen fcor: 1) wie f)at &u ben Seiten
be$ Königs Abwarb ber Befttjer ctne6 jeben ©utö geheißen unb wa$ f)at
eS ertragen? 2) wie f)teß ber Beftf^er eines jeben ©utö $ur $ät ber (£r*
oberung buret) 2Btlf)elm unb waö trug e6? 3) wie Ijeißt ber heutige Be^
ftfeer, waö trägt e$ if)m je^t? 4) föunte e$ nta)t §u l)öl)erem @r*
trage gebracht werben? bie Befragten antworteten, mußten fte
einen (Stb ablegen, baß fte ntdfytS alö bte 2Bat)rr)ett angeben würben. 3ßer
wirb nun glauben, baß baS Äatafter eineö ganjen 9teta)ö, baö brei
x) Ellis introduetion to Domesdaybook. London 1833. Vol. I, 5 flg. 3$ WexU
biefe fleiftge 5lr&eit »on nun an l;äuftg anfügen. 2) 93etvetö ibid. 1, 20. 3) In
hac provincia et in pluribus aliis ab ipso rege destinati sunt. *) S3etveiö ibid.
6. 21 flg.
SterteS 93udj. &ap. 26. SBeretttung b. bämföen 9lngviffö ». 1085. S)ae $ont«batyfot#. 555
Itonen (Sinwofmer jäf>Ite, bei einem fo grünbltchen unb barum notl)Wenbtg
langfamen 93erfaf)ren timerhalb beS furjen 3et^aumö vom grühltng bis
jum erften Sluguft 1086 Ijabe vollettbet werben fönnen? $)a$ ift un*
möglich !
5D^el)rere alte 3eligen behaupten,') baß bte Aufzeichnungen beS Dornet
batyboof fc^on 1083 gemacht Horben feien. 3ch glaube, bieg ift richtig,
fobalb man bte betreffenden Sorte nicbt von ber Abfaffung beS Buddes,
fonbern von ben Duetten verfter)t, aus benen baS S3nct) geköpft fyat.
Denn ma)t nur weifen bte oben erwähnten Shatfachen auf baS 3ar)r 1083
als SlnfangSpunft ber amtlichen (Erhebungen fyn, fonbern auch bte allge*
meine Ueberlteferung, welche bte im Dome6bat;boof ntebergclegte ©tattfttf
mit bem bäntfcr)en Kriege in 3ufammenhang bringt, fttmmt l)temtt überetn.
3ur SluSrüftung ber ungeheuren bäntfchen glotte waren lange SBorberei*
tungen nöu)tg, unb man fann faum zweifeln, baß ber $öntg, ber bte 23e*
roegungen in ben umltegenben Sänbern forgfälttg überwachte, fct)on 1083
$unbe von bem S3or^aben feiner getnbe befaß. SRun cntfpricbt e$ bem
QZfyaxattex beS Normannen, baß er im 3lngefta)t einer folgen ©efal)r*ben
(Sntfchluß faßte, burch eine große Maßregel bie 6teuerfräfte beö engltfchen
$eicf)$, auf benen roefent(ta) bie SBert^eibigung beffelben beruhte, für immer
ju regeln.
Sollte man einwenben, eS fei unftafyrfctjetnltcr), baß ber $ömg §u
einer Seit, ba frembe unb furchtbare Saffen brot)ten, einen 2lft ber 33er*
waltung, welcher or)ne grage tiefe Unjufrtebenl)eit bei ben Normannen unb
2lngelfachfen erregte, burch$uführen wagte, fo entgegne icf> : allerbtngS
liegen Bcwetfe vor, baß ber $öntg bamalS fowor)l ben Normannen, alö
ben Angelfachfett Britanniens mißtraute, aber er r)at zugleich für ein Littel
geforgt, geheime unb offene Stberfacfyer etnjufchücbtem, benn er führte 1085
etn 5ar)t.reic^e6 6olbr)eer aus ber Sftormanbte herüber, baS ihn in @tanb
fefcte, nicht nur ben auswärtigen geinb abzuwehren, fonbern aua) einr)etmxfcfee
Meuterer unter bem Baumen ju fyaltm.
Das DomeSbatyboof, ein ^ergamentfoliant, ift alfo ein im 3ar)re 1086
abgefaßter Auszug aus amtlichen Elften, bie feit 1083 §um Behuf einer
(Statiftit beS Geichs erhoben würben. Ueber ben ©tnn beS Samens t)at
fchon baS Mittelalter t>erfcr)tebene Deutungen aufgeftellt. ©in romantfeher
©chrtftfteller beS 12. SahrlmnbertS fagt:2) „bie ©tngebomen (b. h- ^
Singelf achfen) nennen baS Buer) Domesdei, waS fo viel h^ßen will, als
$ag beS (göttlichen ober jüngften) ©erichtS, benn fo wenig gegen bte AuS*
fprüehe, Welche ber Allmächtige an jenem furchtbaren Sage fällt, trgenb
eine (Smrebe möglich fei, ebenfo wenig fönnen vor ©ertcht Bewetfe auS bem
l) Eliis I, 4. 2) Ibid. I, 1 flg.
556 $abfi ©vegoriuS VII. unb fein Beitatter.
3)omeöba*;boof angefo^ien werben." JDicfc (Srflärung betrachtet ben erften
£r)eM be$ 2Bort$ al$ eine 9Bcrfür§ung be$ lateinifchen Domini, ben fet-
ten Xtyii al6 eine Berfe#erung beS angelfäcr)ftfcr)en day ober Sag.
Ableitung wie (SrHärung fa^eint mir gleich abgefchmacft. (§3 gab
nocb anbere, gleich alte tarnen für baö S3udt), man fyieß c6 Dottel ober
9Me von SBtnchefter, Buch von Sßtnc^efter, Buch be$ Königs, @cbrift
beö föntgltdt)en Schaag. l) $llle biefe anbern Benennungen nehmen Be^ug
auf ben £)rt, wo baS Buch niebergelegt war. 2)affelbe ift ber gall mit
bem 2lu3brucfe Domesday felbft: bie erfte 6tlbe muß meinet ßractitenS
alö Berfürjung nicht be3 2Bort$ domini, fonbern domus, bie jroeite als
angelfächftfche Berfefcerung ntcf)t von dies, fonbern von dei betrachtet werben.
'Domuöbeibuch befagt wörtlich @otte3f)au3bucr; von SSittchefter, benn baä
Buch würbe urfprüngltch im Archive unb ©cf)a&e be$ Königs aufbewahrt,
bie ftct) beibe in ben ©ewölben ber föniglichen ^auptfirche §u 2ßinchefter
befanben. 3Diefe Deutung rechtfertigt ftch felber, fie wirb überbteß nicht
nur burch bie 5^f)atfadr)e, baß e$ in (Snglanb nod) mehrere anbere Dornet
ba^bücher : von g)orf, von Ureter, von 6t. $aul, von £altwell, von (Softer,
von dorntet) gab, welche Befchreibungen ber ben genannten (Stiften ge*
hörigen (Mter enthielten, fonbern auch burch ba$ au^brücf liehe 3™gniß eineö
alten 6chrtftfteller$ beglaubigt.2)
2Beil ba$ DomeSbavbuch wef entlieh ein ^atafter war, fyat eö ben
Unwillen hervorgerufen, auf welchen bie mitgetheilten ©teilen ber 6achfen*
chrontf unb beS glorentiuS auffielen. Doch muß ber $önig insgeheim
Befehl gegeben haben, gewiffe klaffen, namentlich ben (SleruS, ju fchonen.
5lbt 3ngulf von ßrotylanb erzählt:3) „atö bie föniglichen Bevollmächtigten
in unfer Softer famen, haben fte voll Wohlwollen unb Siebe für uns
unfer (Sigentfmm nicht nach feinem wahren 2öertf)e gefaxt, noch nach
feinem vollen Betrage aufgezeichnet, fonbern fte fat)en burch bie ginger,
wobureb fte un$ — Reißer 3)anf fei ihnen bafür gefagt — für fünftige
3eiten vor vielen föniglichen (Steuerforberungen unb anbern Saften be*
wahrten. " £>a£ ift offenherzig gerebet! Wan fönnte auf bie Bermutlmng
gerathen, ben Beamten 2Bilf)elm$ feien von ben Mönchen bie klugen ver*
ftlbert worben. 5lber bem ift febwerlich fo, benn auch fonft ftnben ftch beut*
liehe Beweife, baß be$ Königs Bevollmächtigte geiftlicheS (Sigenthum burch*
fchlüpfen ließen.
2)a£ 2)ome$batyboof erwähnt4) im ganjen Umfange be$ Königreichs
(Snglanb nur ungefähr 1700 Kirchen, wäfjrenb anbere, nta)t unglaubwürbtge,
*) Ibid.: rotulus Wintoniae , über de Wintonia, liber regis, scriptura thesauri
regis. 2) Sßalgraüe, rise and progress of english common-wealth II, 445. 9tote 4.
»erfll. mit (SWS I, 2. 3. 3) @ale , script. I, 79 unten. 4) mti I, 286 flg.
SNerteg 93ud&. ®a\>.26. SSevetttung b. bämfdfjen 9Ingtiff$ *>. 1085. 5)ag &0m*bafylu$. 557
Nachrichten auSfagcn, bie- 3^ ber ^farrftrchett be6 9^etcf)e habe §u ben
3etten 2ßilf)elmö be$ (SrobererS bis gegen 40,000 betragen. (Sbenbaffelbe
führt in Sincolnfhire 220, in Norfolf 243, in 6uffolf 364 Kirchen, ba*
gegen in ber (Sfytre v>on (£ambribge nur eine einige, in breien weiteren,
nämlich im heutigen Sancaftjtrc, roelche $rotmt§ baö S3uct) unter bem tarnen
Sanb jroifchen ben glüffen Nibble unb Werfet; als 2lnf)ängfel ju (£f)efterfhire
rechnet, forote in (Sornroalltö unb in 9J?tbblefcr — bem ©ige ber £au£t*
ftabt beö 9?etch6 — gar feine auf. *ßlatterbingS unmöglich ift e$, baf (entere
brei £anbfchaften feine Streben befeffen haben follten: bie »orfjanbenen ftnb
alfo abftchtltch übergangen, gerner fommen 0 f)äuftg Pfarrer in ©raf*
fchaften, roo nur feiten tton Streben bie $cbe ift, ober umgefefjrt oor.
5^idE)t minber muf auffallen, ba£ baö 23udE) nur gelegentlich sott 3el?tttett
rebet,2) unb in ganzen ©raffchaften, rote Sommerfet, £)eoon, ßorttroaleS,
TObblefer, ^ertforb, Seicefter, »on benfelben fchroetgt,2) roährenb anerfannter*
maßen bie 2Belt* unb JUofter*®eiftltc§feit einen guten Ztyil ihres (Sinfommcn6
auö 3^nten bejog. Nur eine (Srflärung biefer Zl)atfa<$)tn reicht aus,
nämlich bie, baß bie Slbfaffer be3 23uch3 im Auftrage beS Jtöntgö baS
©gentium ber Heineren, minber begabten Mixfyen oerfchonten unb nur bie
reicheren «Stifte in baö ©teueroerjetchtttß eintrugen.
Noch anbere Süden laffen ftdr) im 2)ome6bat;buct)e ttacbroetfen, bie auö
©rünben ^errüf)ren, roelche fcon ben eben enfroicfelteit oerfchteben ftnb. Nicht
bloS bie Itegenben Steuerroerthe, fonbem auch bie lebenbtgen Gräfte, b. f).
bie 9)?enfchen, roelche biefe 2Bertf)e bearbeiteten, genoffen ober fonft bem Sanbe
Dtenfte letften fonnten, §u ^er§etdt)nen, roar bie voefentltche Aufgabe ber 2lb*
faffer be6 23uch$. Nun führt 3) baffelbe bie gjtoßfteuer »on 16,535 Schreinen
in SNibblefer, sott 30,705 in §ertforb, oon 92,991 in Cffti auf, erroäbnt
aber in ben brei ©raffchaften jufammen feinen einzigen (Bchroeinehtrten, ob*
gleich beren taufenbe tfya'ttg geroefen fein muffen, (Sbenfo regtftrtrt3) ba$
33uch »tele 33ergroerfe auf (St fett unb $let, WltyUxx, Setttgärten, gtfd^ereten,
©eroerbe, ^anbel, of)ne — bis auf geringe Sluönafymen *) — ber 9Naffe sott
9J?enfa)ett §u gebenfen, roelche nötrjtg roar, um fold>e 2)tnge §u betreiben.
2)a6 fter)t fo aus, al3 hätte ber jtöntg geftattet, tton nieberen £attb*
arbettern abjufe^en, roetl feine (Steuer oon ihnen $u erholen roar. gerner
erl)eDt au6 ben (Sfyrontfen, baß ber Äönig nia^t blo6 ein ftetjenbeö ßanb^
^eer fyielt, fonbem baf aua? bie unter (Sbroarb eingerichtete ^ör^erfcbaft
ber SButfefarle ober ©eeleute unter i^nt fortbauerte. 5) ©leicbvoof)l fc^voeigt
J) Ibid. S. 289 flg. *) Ibid. @. 290 flg. ') Ibid. 419. 4) ^emtt^
Sagner (carpentarius) 1, custos molini , SKü^tentüatt 1, ©djmtebe 64, (StfcnarBettcr
(ferrarii) 10, Zotfcx 5, Jtaufteutc 24, TOfler (raolinarii) 5, ^ifd^er 111. «Sietje Hüi*
II, 511 ftg. *) ©te^c oben @. 476.
558
$a&fi ©regorinö TU unb fein 3ettalter.
baä 93ucr) allem SInfcfyeme naef) von gemeinen Solbaten,') unb melbet gar
nichts von SButfefarlen. 3d) benfe, baö 23uch überging btefe ßeute, weil
fie Selb au$ bem StaatSfcha&e empfingen, nicht aber Steuern jaulten.
Sobann (äffen bie oben angebogenen ©teilen ber Sachfencbrontf unb
be6 glorentiud feinen Steffel barüber ju, baß bte Specialbevollmftchttgten
beö Äöntgö, welche bte Erhebungen auf bem Sanbe matten, ben Auftrag
Ratten, bte gan§e Süftaffe beS vorr)anbenen 93teh$ in tr)re Giften aufzunehmen.
3d) glaube gerne, baß bte betreffenben Verzetchniffe richtig nach SBindjefter
gelangten. Allein in ba$ 2)ome3batyboof tft ber gefammte SBtehftapcl beö
9^etct)ö ntd)t eingetragen worben. 9lur gelegentlich ernannt e$ ba unb
bort ttorr)anbcne £au6thtere. £at man vielleicht alljugroßeö Slnfchwellen
be$ 23uch$ buret) 2tuf$äf;lung von Serben, bte überbteß nicht feft, fonbern
ftetem Sechfei unterworfen waren, t»ert)tnbern voollen? 2)ie wettere 33e*
hauvtung beS glorenttuS, ber $ömg l)abe befohlen auet) fämmtltcheö baare
@elb be$ Sauber aufschreiben, fct)etnt eine Uebertreibung §u fein. Sil*
helmö ^Bevollmächtigte mögen beauftragt geroefen fein, bte in ben föntg*
Itcben Waffen liegenben Summen §u verzeichnen, aber faum tft ju glauben,
baß ber Normanne einen 23efef)l erlief, weld)er gegen bie menfc^Itcr)e Statur
verftteß unb barum unausführbar war. teilte Regierung in ber Seit,
nic^t bie be6 t)immlifct)en SohneS ber Sföitte, nicht bie beS *ßafcha von
5legvpten, noch bie irgenb etneö Sftegerfürften , tft im Stanbe, ihre Unter*
thanen ju zwingen, baß fte ba$ ©elb, baS fte im £aufe, ober fonftroo
verborgen fyaUn, angeben.
Gmbltch müffen noch einige weitere £auptlütfen im 2)omegba9boof
hervorgehoben werben. 3Son ben jenfeitS ber £umberltnte gelegenen *Pro*
vin$en be$ 9letch$ ftnb, auger g)orffl)tre unb bem fletnert Striche jroifchen
Werfet; unb Nibble, alle übrigen, b. h- größte Xtyil be$ heutigen
Sanfafhire, ganj Seftmorelanb, ganj Gtumberlanb, gan$ 9f?ortf)umberlanb (im
engeren Sinne be$ Sorte), bte gan§e ©raffchaft 3)urf)am übergangen.2)
(Sbenfo fchwetgt 3) ba6 Such von bem TOttetyunfte be$ Geichs, bem fchon
bamalS fehr bevölferten unb wohlhaDenben £anbelspla£e Sonbon, fovoie
von benStäbten Stnchefter, wo ber £of bie fröhliche Ofterjeit ^brachte,*)
von Slbtngbon unb Ureter.5) Segen ber wieberholten ferneren Verheerungen
be$ bortigen Sanbeö mögen bie nörbltchen Provinzen von ben anbern ge*
trennt unb einer eigenen ftattfttfchen Sßehanblung vorbehalten worben fein,
') 2>enn bie 137 milites, bte im £>omeöbaty ertoätjnt Serben ((MiS II, 353 flg. 513.
I, 58 flg.), ftnb feine (Solbner bcö tfonigS, fonbern Sefyenleute, bie auf bem Sanbe tyerum
leben nnb meiji im Sienfte ber tyofjen Jlronr-afallen fielen. 3$ betrachte fte aiö au$ge*
biente (Solbaten beg foniglidjen £eere$, bie, ati Sofm für iljre guten 2)ienjie, Heine Seijen in
ber qSrotttns erhielten. 2) (SlliS l, 35. 3) Ibid. @. 190. *) <Siet)e oben @. 439.
6) (Slliö I, 214.
5Bterteö S3uc^. (5op.26. 93erettlung b. bämföen Sfngriffö »; 1085. JDaö $om0batyfati$. 559
bezüglich ber genannten Stäbte bagegen ift eS war)rfchcinlich , bafj fte ge*
mä(j gewiffen eigentümlichen Vorrechten, von benen auch fonft Spuren ftd)
geigen, tJ>re befonberen Steuerverträge mit ber ^rone abgefchloffen Ratten
unb befwegen in baS allgemeine ^atafter ntc^t aufgenommen würben.
3er) gebe eine furze Ueberftcht ber ?lnfäfce beS SomeSbatyboof , unb
beginne mit ben unbeweglichen Steuerwerken, um bann ju ben SJknfdnn
überzugchen. (Sine gleichzeitige Urfunbe fagt:1) „bie bevollmächtigten hatten
gefragt, wie viel Salb, wie viel Siefen (unb 5lcferlanb), wie viel an
Salben, wie viel gifebwaffer, wie viel Bühlen jebeS @ut enthalte." Siefe
(Sintheilung barf als mafgebenb Utxa^kt werben. 2)aS 23uct) untere
fcr)ctbet 2) jwifchen nutzbarem unb unnü^em ©et)ölz, baS nur geuer für ben
Ofen liefert. Sie ßrträgniffe beS 9iuriWalbeS ftnb: 53aur)o(§ für Käufer,
Stangen für bie zahlreichen 3^une, mit benen man ©üter unb ©er)öfte
einfriebtgte, bann (Siebet unb 23ud)elmaft für bie Schweine. 3n gröftem
9J?a£ftabe würbe bie Sd)Wemezud)t betrieben, unb bie 9J?aftfteuer (pasnagium
ober pavstio) warf eine bebeutenbe Diente ab, auch war bie Sd)Weme§ahl,
ebenfo wie auf bem geftlanb, baS gewöhnliche 9Jia£ für bie ©röjje ber
Sälber. 9Jtan fagte ein Salb von 500, von 1000 Schweinen.
2)aS Slcferlanb würbe nach ber 3^1 te* Wu9e °^er ^fJugfc^aren,
bie eS ju feinem 23au erforberte, baS Saibclanb unb bie Siefen nach ber
3ahl ber £)cl)fen unb Äür)e gemeffen, bie eS nährte ober für welche bie
Siefe baS nötige £eu hervorbrachte. 3) Mehrere SBeifpiele 4) fommen vor,
bafj man Salb burch Ausrottung in ^fluglanb ober Siefen verwanbelte.
Sieben bem Slnbau ber gewöhnlichen ©etraibearten befähigten ftch manche
2anbwirtr)e mit $ebenpflanzungen unb mit Dbftzucht. Sin wenigftenS 38
verfchiebenen £)rten erwähnt 5) baS 2)omeSbat;boof Seinanlagen unb mer)r*
fad) Dbft* unb Surzgärten. Silr)elm von SMmeSburr; rül)mt befonberS
bie Sein* unb £>bftpflanzungen von ©lofterfhtre.
„2)aS bortige Sanb," fagt 6) er, „ift überaus fruchtbar, tr)etlS wegen
feiner natürlichen S3efchaffenheit, thcilS wegen beS gleifieS ber 23ewor)ner,
ber burch hunbertfältigen Ertrag belohnt wirb, -äftan fte^t bie Sanbftraßen
bafelbft mit Dbftbäumen gefäumt, bie von felbft gebeir)en. 2luct) burch bie
Spenge unb ben eblen ©efehmaef feiner Seine zeichnet ftch ©lofterfhire vor
anbern *ßrovinjen (SnglanbS aus. Ser Sein von ©lofter sieht nicht burd)
£erbe ben Sötfunb beS SrinferS jufammen, fonbern fteht an Süfje bem
gallifchen nid)t weit nach." 5ln einer brüten Stelle behauptet er, ieber
glecf SanbeS fei aufs 33efte angepflanzt, „hier erblicfe baS 5luge gruchtbäume,
') Ibid. I, 22. 2) Ibid. 6. 96 flg. 3) Ibid. @. 95 flg. 103. *) Ibid. @. 102.
6) Ibid. I, 116. 118. 119. 6) 5£>ic «SteUen nac^getoiefen ibid. I, 120.
560
$abft ©regotiuS VII. unb fein 3eitalter.
bort Sieben, We entweder am 23oben tyin fortranfen ober an pfählen in
bte Sgtyt großen derben. 11
3ch fann ben Lerbach* nicht bergen, baß ber 53enebtfttner feinen ttater*
l&nbtfcf)en 2Bein alljufehr pTetet. Sßefchetbener unb ber 2ßar)rheit getreuer
fchetnt mir, roaS baö Dome3bat;boof über ein (Stücf Sieben in (S ff er fagt:1)
„baffelbe mag 20 £>I)m ertragen, roenn nämlich ber Sein gerät f)."
Wt ben (Srträgmffen bcS 23oben$ gingen 9ht£ungen burch (Saljroerfe,
Bergbau, Bühlen, gifcbereten £anb in £anb. DaS DomeSbatyboof er*
roä()ut2) eine 9J?affe (Saljroerfe serfchtebener 2lrt, allein in ber Sanbfchaft
(Suffer 285. 3n ben Mftenftrict^en rourbe ba$ <Sal§ auö bem 9fteere ge*
roonnen, im 23innenlanb bura) Slbbampfen ber fähigen Duellen bereitet.
(Sehr Heine roaren barunter, 11 (Salinen in Defconfhtre §. 23. ertrugen
jährlich nur einen Pfenning jebe, aber auct) große. Sine roirb ju (Srmenton
erroäfmt, bte be6 3al)rö 13 $funb 10 (Schillinge abroarf.
Bergbau rourbe nur auf 8let unb (Sifen betrieben,3) oon 3^n finbet
ftcf) fein 2ßort im Dome^batyboof. (Schmelzöfen muffen tjäuftger geroefen
fein aU ^ammerroerfe. 3n Smcolnfhtre fommen4) fteben granjofen ober
Normannen oor, roeldje brei (Stfenfcfjmttten inne ^aben, oon benen fte 40
(Schillinge 8 Pfenninge ^ßadjt geben. 33on ben (Schmitten &u Horton im
9?orthamtonfr)fre roirb gefagt,4) baß fte ju ben Seiten beS itöntgä (Sbroarb
7 *ßfunbe jährlich jaulten. Die Stühlen, beren baS 33uch an fielen Drten
gebenft, gehörten in ber Siegel ben größeren ©ut$beft§em, unb lieferten
bebeutenben (Srtrag. Der $ad^t rourbe gewöhnlich tt)etlö in ©etraibe,
tljeilS in ©elb, tl)eilö in gefangenen 5lalen abgeliefert.5)
gtfa)fang roar ein ©eroerbe, baö taufenbe oon «ipänben befd)äfttgte
unb ftch tr)etl$ auf bem 9Jieere, thetlS auf ben glüffen, thetlS auf fünftltch
angelegten Seiten beroegte.6) 2113 gewöhnlicher ©egenftanb beffelben er*
f Lienen Slale, ^ärtnge unb (Samten. Die Slale roerben nach (Schof be*
reebnet, beren jeber 25 (Stücf $äf)lte.6) (Sin gifcher ju Dorcbefter in Dx*
forbfhire l)atte feinem ©ebteter, bem 33tfd)ofe t?on Sonbon, 30 <Sa>f Slale
ju liefern, Slnbcre §u £eofminfter in ^ereforbfbire entrichteten bem Könige
90 <Sa>f. gifchereten roerben erwähnt, roelc^e bis $u 7000 Slalen ben
Herren geben mußten. Die gtfe^er fcon (Sanbroich in $ent lieferten tn6
sRefeftorium ber 5D?öncr)e ju ßanterburty, ihrer ©ebieter, jährlich 40,000
£äringe. Die $eter3firche ju SBtnchefter bejog $on ihren §interfaßen §u
Seroee in (Suffer 38,500, ber Normanne Wilhelm fcon ©arenne l?atte oon
ben bürgern beffelben £)rtö ityxlid) 16,000 ju forbern. ©almenlteferungen
fommen ju 6, 30 bte 1000 »or.6)
*) Ibid. <S. 118. 2) Ibid. I, 126 ftg. 3) Ibid. @. 135 flg. 4) Ibid. @. 138.
6) Ibid. @. 122 flg. *) Ibid. @. 140 flg.
Stertes 93udj. ®ap. 26. JDfl« $om$baty&uc$. «Sorge b.(5ro&erer0 f. b. m'ebevn Waffen. 561
Die im DomeSbafyboof erroäfynten Segnungen fann man unter fol*
genbe ©eftcbt$punfte faffen: bie 6tabt ober ber SBurgflecfen, ba$ Dorf, bie
^>ütte be$ «gnnterf äffen ober <3Haoen, baS $auö beS Unteroafallen, ber
^errenftfc ber föniglicfyen 23arone ober baö manerium, enblicb ba$ (Schloß
ober (Saftet! unb etroa nod) ba$ Jtlofter. Da$ 53ud) ttersetc^net, *) unter
Angabe ber (Steuern ober ©Uten, roeldje fte entrichten mußten, folgenbe
41 Stäbte: Dotter, ßanterburty, 9iomner;, *ßet>enfety, SeroeS, 2£alIingforb,
Dorct)efter, SBribfcort, 2Barer)am, <Sf)afte6burr;, Saimton, £ertforb, 23ucf*
ingr)am, Orforb, SBorcefter, ^erfbore, ^ereforb, ßambrtbge, Huntington,
9tfortf)am))ton, Seicefter, 2Barroicf, (Stafforb, St)rero0bun;, (Sfycfter, 2Btct>eö,
9?ottingr)am, Derb*?, g)orf, Sincoln, (Stamforb, SorfSer/, @rantt)am, Soutl),
9)?a(bon, ßoldjefter, ^orrotd), §)armoutt), £t)etforb, 3p3roict), Dunrmcb.
3eber S3urgflecfen ober jebe <Stabt l)atte im 3nnern ein (Scbloß, ober
roar felbft ummauert.2) diu @efe§ beö ÄönigS 3Btlt)erm beftimmte,3) baß
ÜMrfte nur in (Stäbten, 33urgflecfen, <Sd)(öffern, ober fonft an ftebern Orten
gehalten roerben feilten , bamit jtauf unb Verlauf rtebtig jugefye, unb ba*
mit bie nötr)ige 2luffid)t ftattfmbe, um Unterfct)(eif unb betrug an
ju t>erf)inbem. Doa) fd)etnt biefe 93orftd)t ma)t pünftttet) beobachtet roorben
ju fein. Die jlrone, forme bie großen weltlichen unb geiftlictjen 53arone
wetteiferten in Anlegung üon dürften, roeil (entere tuel @elb eintrugen.*)
9?id)t alle (Stäbte ftanben unter ber jlrone. 9J?and)e gehörten großen
23aronen: fo roar $. 33. Saunton (Sigentfjum be$ ©tufylS tton 3ßtnct)efter. fi)
3n fielen anbern ^inSte ein Sljetf ber 23ürgerfcr;aft ber itrone, rodfyrenb bie
übrigen bem ober jenem ©roßen untertänig roaren.6) <Stüdroeife finb
fte bei ber 2lu$tr)ethmg »on 1067, ober bei fpäteren, einzelnen Maronen
unb bem itönige jugefct)lagen roorben.
Die f£Raffe ber bäuerlichen Söesölferung r)ing, in SBanbe ber ^örigfeit
fcerftrieft, met)r ober minber flon ben ©ut6t)erren ab, in beren ©ebteten bie
Dörfer ober abgefonberten ©et)öfte ber ^interfaffen lagen. Der eigentümliche
tarnen, ben ba$ Dome6bav;boof für einjelnftet)enbe 23auernt)ütten ober Heine
93erbänbe fotct)cr gebraucht, fd)emt mansura ober masura $u fein.7) (Sin
größerer herein tton 23auernroor)nungen t)teß villa, ober Dorf. Die Dörfer
ftanben unter (Sctju^en ober SBcrroaltern, bie ber ©utöt)err einfette, unb
bie, je nact) bem Umfange be$ Drtö, in ben anfer)nlid)eren ben tarnen
praepositi, Amtleute, in ben geringeren ben Sitel bedelli ober 93üttel
führten.8) Obgleich alle Dorfberoobner unter bie klaffe ber r)albt)örtgen
Seute fielen, finbet man 6mtren einer feimenben 5lriftofratie unter ifmen:
*) (Süiö I, 191. 2) Ibid. @. 212 flg. 224. 3) Ibid. @. 255. 4) Ibid.
@. 249 flg. 5) Ibid. @. 193. 6) Ibid. @. 207. ') Ibid. @. 244 ftg. ölotc 2.
8) üJlan fe^c btc »on (SKiö I, 246 flg. gefammelten <SteHen.
©fröret, $afcfi ©regortu« vn. 2Bb. Ul. 36
562 $obft ©regortug VII. unb fein 3ettalter.
beffere dauern werben »ort fcr)lecr)teren, b. I). reichere unb angef ebenere von
ärmeren unterfaneben. *)
2We$ ©runbeigentf)um beruhte auf föniglicfyer Verleihung. 2)ie großen
£ef)enträger, welche unmittelbar von ber $rone fianb empfingen, gaben in
ber ^egel Stüde tyxex Seljen au Untervafallen au6. 2)er £aupttf)eil, ben
fte für jtdj §u eigener ^Bewirtschaftung behielten, wirb mit bem 5luSbrucfe
manerium bezeichnet, ber in älteren angelfäcbftfchen Duellen mcbt vorfommt,
unb ben bie Normannen fett ben Seiten (SbwarbS in (Snglanb eingebürgert
ju haben fdjetnen.2) 5)a$ Manerium erfa^eint a(9 ein gefd)loffene6 ©anjeS,
unb begriff als folc^cö, neben ben zugehörigen Räubereien, aud) bie ©eridjtS*
barfeit über bie freien unb unfreien £tnterfaffen, bie im Umfange bc$ ©utS*
verbanbeS wohnten. 511S etwas SBefonbereS unb 5luffallenbeS erwähnen bie
Urlunben, wenn einem Manerium anberweitige Werfer, porige ober freie
3nfaffen zugefügt, ober wenn Stüde, bie früher im Verbanbe waren, ba*
von losgetrennt würben. 3)
2)a jebodj unter 2Bitt)etm, wie auct) unter feinem nächften Nachfolger,
fein (Srftgeburtrecht beftanb, fo erlaubte ®efe£ unb ^erfommen sunt 23e*
r)ufe von (Srbfchaften Teilung ber SDknerten ober S3aronien. (Solche %t)zu
hingen gefc^aljen4) bann in bo^pelter SBeife: entweber würbe baS vererbte
©ut in fo viel Heinere dauerten zerfcblagen, als eS (Srben waren, ober
behielten bie TOterben baffelbe in gemeinfc^aftlia)em 33eftfc. Regere 5lrt
beS 23eft£eS Ijeift paragium, ober mit einem anberen SluSbrutfe dividere
aequaliter, pariliter. ßuwetlen erftrecfte ftdt) bie @emetnfcf)aftlic§feit nur
auf bie ©üter felbft ober beren (Ertrag, ntd)t aud) auf bie mit bem ver*
erbten ©ute urfprünglich verbuubene ©erichtSbarfett. (Ein 23etfpiel fommt
vor, baf von breten trübem, bie fta) in ein 9)?anerium feilten, nur §wei
bie (Sofa ober ©erichtSbarfett jufammen erhielten, wäfjrenb ber dritte auf
ben 9D?itgenuß ber lederen verachten mußte.
©erid)tSwefen unb Verwaltung ber 53aronie ging von einem tyxx*
fcf)aftlicben ©ebäube aus, baS bie engltfcfyen Urfunben ebenfo bezeichnen,
wie gleichzeitige beutfche, nämlich mit bem tarnen curia ober 2lmtSf)of.
2)aS paragium ober bie ®anerbfd)aft 50g bar)er, wie man ftef)t, ©emein*
fchaftltchfett beS 5lmtöt)ofe6 nacr) ftch. 3n ber Ztyat heißt5) eS an einer
(Stelle beS 2)omeSbar/boof : „zwei 23rüber, Sterben einer ^errfchaft, Ratten
jeber ein eigenes ,g>auS, aber ben 2lmt6r)of befaßten fie gemeinfchaftliaV'
9}?ittelpunft ber 93arome ober beS 9D?aneriumS war ber $errenftjj, in
normannifa)em Satein aula, haula unb holla genannt. 6) $)te meiften 23aro*
l) Ibid. 2) SDaf. ®. 224 flg. 3) Ibid. ©. 234 flg. 4) Ibid. @. 241 flg.
5) Ibid. I, 234. 6) Ibid. & 232. 2fteineS @radjten$ flammt baö beutfc^^engttfc^e SBort
Sjaik tion aula ab. Umfdjreibenb füljrt baS £>omSbaty6oof ben <§errenft& audj unter ben
Tanten: dominicum aedificium ober caput manerii auf. Ibid. ©. 233.
Sßierteö 33ucf) (Sap. 26. <Da$ 2>omgbaty&udj. «Sorge b. (§vo&erer$ f. b. ntebern (Staffen. 563
nten Ratten eine beträchtliche 9luSbehmtng, n>e#^atb man etnjelne ©lieber
(membra) Vorwerfe, Seiler, als 93eftanbtf)etle beö ©anjen unterfdn'eb. *)
3)er gewöhnliche ÄunftauSbnttf für folcbe (Stücfe ift 33erett>tf. 2)te in
SQSorcefterfhire gelegenen §errf Raffen 23rome3graoc, Ehibemtnfter, Eebe6tai
g. 33. $är;lten 18, 16, 8 SBerewtfe. SSon felbft verfteht e$ ft<$, baß bie
Sehen ber Unteroafallen Heiner, ihre 2ßohnftf}e weniger ftattlicr) waren.
Um ein 33ilb von bem bamaligen Sanbleben ju geben, tfjeile ich bte
Sefchretbung2) eineö Unterlehenö mit, ba$ in ber ^>unbertfd)aft ^ertfort
unb in ber (Sf)tre gleichen 9?amen3 lag: „§nmfrteb erhielt »on Eubo, gi£
£ubert, ju Sehen ein ©ut von einer halben £ibe, befe£t mit einem x)m*
fchaftlichen Pfluge unb mit einem ^weiten, ber vier ©eftnbeleuten äugewte*
fen war. 3um ©ute geborten ferner 7 «gmfner, eine SCßühle, bie 6 (Sehrt*
linge 8 Pfenninge abwarf, unb 2Balb für 50 (Schweine. Sogleich mit
bem Sanb übernahm ^umfrieb 68 (Stücfe 9ftnbvier), 350 (Sdjaafe, 150
«Schweine, 50 ©aifen, eine ©tute, an 3"tögelbem be3 Königs (bie in ber
©utöfaffe bereit lagen) 13 (Schillinge 4 Pfenninge, an ©ewanb, (Schiff
unb ©efchirr ben 2Berth von 20 (Schillingen. £>a$ gange ®ut war ge*
fa)ä^t gu einem Ertrag von 60 «Schillingen."
2Ba$ enblich bie Saftelle ober «Schlöffer betrifft, bie, wie fchon bemerft
worben, größtenteils im Umf reife von (Stäbten lagen, fo werben ihrer im
£)ome$batyboof ober in anbern gleichseitigen Duellen 40 erwähnt. 9cur
eineö berfelben, baö von 2lrunbel, reicht erweislich in bte Reiten EbwarbS
beS SöefennerS herauf, lieber ad)t liegen auöbrücfltct)e ßeugntffe vor, baß
fie ilonig 2Bilf)elm erbaute, 10 erfcheinen als baS Serf großer 35arone,
eines warb, fo viel man weif, von einem Untervafallen beS EarlS Stöger
errichtet. 33egüglich beS UrfprungS ber anbern fehlt eS an Nachrichten.3)
2Öenben wir uns nunmehr ju ben lebenbtgen Gräften, ben Bewohnern
EnglanbS, unb beren 5lbftufungen. Britannien fyat von dt)xi\ti ©eburt
btö §u ben Säten StthelmS be$ Eroberers fchwere 2Öechfel erfahren: bie
Börner, bte (Sachfen unb Ingeln, welche bte 3nfel im Saufe beS 5. 3ab)r*
hunbertS befehlt, bie verfchtebetten (Schichten ber (Sfanbtnaven , welche
vom 8. bis 11. ftcb bauernb auf englifchem 53oben nteberlteßen, ober vor*
übergehenb baS Sanb verheerten, fchufen ober erzwangen Einrichtungen,
beren (Spuren in ben allgemeinen $olfSguftänben, von benen baS £)omeS*
baijbuch 3CU9M$ ablegt, hervortreten. Neue gormen rief bann bte norman*
ntfebe Eroberung inS Sebett, gormen, welche auf bte (Stellung von Saufen*
ben ber Bewohner einen fchmergltch empfunbenen Einfluß übten. Ü)er Jtürge
wegen muß ich bte TOttelftufen übergehen, unb mich auf (Sa)tlberung ber
^auptunterfchiebe befchränfen, welche bte eben erwähnten Urfachen gufammen
*) Ibid. <S. 240 flg. *) Ibid. @. 247 flg. 3) Ibid. @. 211 flg. 223.
36*
564
$abft ©regortuS VII. unb fein 3eitatter.
jWtfchen Eroberern unb Eroberten, awifchen Normannen unb 5tngelfac^fen
unb fytnttnebemm jwtfchett ben (enteren felbft aufgerichtet haben.
Dberfter unb wahrer £err be6 Retcr^ war $öntg 3Öt(t)eIm. 5lCfe6,
wa$ 5tnbere von ©runbetgenthum befaßen, verbanften (te ir)m. 3ur 3e^
ber Slbfaffung beö :£ome$batyboof fcf)n>e6ten eine Spenge klagen gegen
ungerechte S3eft^ergreifung von Sänbereten. $)tefe klagen werben ^uwetlen
in ber Reihenfolge erwähnt, welche bte Sage ber £)rte befttmmte, h^fa
bilben fte eigene Rubrtfen in ben 23efchretbungen ber einzelnen (Emiren.
$>er jtöntg unb feine 23 evollm ächtigte befolgten ben ©runbfafc: al6 rechte
mäßige (Stgenthümer von Sanb gelten nur 2)te, welche fönigltchen 33rief unb
©tgel vorzeigen fönnen, ober welche anerfannter -DWaßen bura) föntgltche
Beamte auf 23efef)l beö Könige in 33efi| eingewiefen worben ftnb; alle
Slnbern betrachtet ba6 normanntfche Recht als 5lnmaßer. *) §äuftg h^ßt2)
e0 im 2)ome0bafyboof: „ber unb ber fyat feinen fönigltchen 33rtef vorgelegt/'
ober „wir labert feinen 33rtef noch ©tgel gefef)en."
3n einer ähnlichen Sage, wie ber Jtöntg, befanb ftcb nur noch ein
(Sinjtger, nämlich ber gürft beS SanbeS (Softer, £ugo von SlvrancheS.
Sie ich früher §etgte,3) f>ei^t e$ von ihm: £ugo ha&e (SI)efter eben fo
frei vermöge feinet 6cf>Werte0 befeffen, als Jtönig Stlrjelm ©nglanb ver*
möge be$ feinigen beftfce. 5luch fonft tritt im £)ome$bar;boof btefeS S3err)ält^
niß mehrfach fK^f-4) 2>ctffelbe fagt nicht, wie eS fonft immer fagt: §ugo
trägt (St)efter vom Könige ju Sehen, fonbern §ugo 1)at eö al6 §err tnne. 5)
gerner werben in (5f)efter nicht, wie fonft überall, Sehenträger be$ jtöntgö
aufgeführt,4) fonbern nur folcr)e, bte von gürft ^>ugo abhängen. Sßaffenb
fchetnt e$, junt SBorauS ju bemerfen, baß ftch bie Bevorzugung £ugo'S auf
ba$ ©ebiet von (£f)efter befcbränfte. Slußer (5r)efter befaß er in nicht weniger
rite 20 . <5l)tren große vom Könige verliehene ©üter , bezüglich beren er
unter bemfelben Rechte ftanb, wie bie übrigen SSafaüen ber trotte. Sollte
eS ^>ugo baher mit bem Könige nicht verberben, fo burfte er von feinen
SBefugniffen in (5t)efter feinen allju fühnen ©ebraucf) machen, ©letcbwohl
erfct)etnt er bei ber SSerfchwörung beS 33tfcf)ofö von 33ateur neben biefem
als §autottf)etlnehmer. Wlan ftet>t, §ugo wagte mehr als 5lnbere.
(Sine SluSnahme von ben allgemeinen RechtSjuftänben , obwohl nur
eine fcheinbare, machen einige Slnbere, bte wie krümmer einer untergegan*
genen Seit bafter)en, aber feine wahre SBebeutung §aUi\. £>aS £)ome$*
bar/boof führt6) etliche wenige Aloarii ober Alodarii auf. 2)aS Sort läßt
feine anbere Ü)eutung ju, als bte, baß bie ©enannten 5lbfömmltnge von
') ®m I, 32 flg. 2) Ibid. u. <S. 234 oBcn. 3) D&en ©. 434. *) OTö
I, 437, ölotc. 6) @S fagt nid)t Hugo comes tenet de rege, fonbern eö fagt tenet
in dominio. ') Ibid. I, 54 flg.
SterteS 23u<§. &ap. 26. <£aö JSomgbatybuct). (Sorge b. Eroberers f. b. niebern (Staffen. 565
2lngelfact)fen waren, bte bei ber ßinroanberung unter «£>engtft unb £orfa
it)ren 2lntf)etl an (£rrungenfa)aft be$ ©a^roertS unter ber gorm fcon Sltlob
ober Sofen (sortes) alö freteä (Sigentlutm empfangen Ratten. 9tttttelft bte?
fer Alodarii reifte ba6 alte, fonft längft oerfa^rounbene (Snglanb in bte
©egenroart herüber. Stber tt)re 3ett voar ba^tn, unb nur ber 9kme erin*
nerte an bie Vergangenheit: bte Alodarii beö Domeöbatyboof ftnb £anb*
tt)trtl)e oon fletnem 93eft£, bte überbteß unter frembem <Sd)u£, ober im
2er)en6flerbanb mit größeren Vafallen ftehen.
Der ©mnbbeftfc, ber bura? Sehen entftanb, roar, vcte fd)on bemerft
roorben, ein boppelter: entroeber gab ber Äönig unmittelbar Sanb auö, ober
rourbe baffelbe mittelbar burd} ©roßtfafallen, bie ber $öntg belehnt hatte,
an Slnbere, ihnen unb bem itb'mg sugleta) tterpflidjtete, serltehen. Diejent*
gen, roeldje unmittelbar oom Könige, als bem Raupte beS SehenftaatS,
Sanb trugen, tyifon tenentes in capite. $lad) ber forgfältigen SBeredmung1)
üon (Elite jaf)It ba$ DomeSbatyboof im ©anjen runb 1400 unmittelbare
2er)enträger — SBarone be$ *Reidj6 — auf, unter roeld)en bie Vorftefyer
ber geiftltchett (Stiftungen, 33tfcf?öfe unb Siebte, mitbegriffen ftnb. Der mit*
telbaren ober Unteroafallen ftnb e$ gegen 8000. ^äa^ft bem Könige biU
beten alfo ehoa 9000 gamiltenhäupter ben Körper ber 2anbbejt£er 33ritan*
nienö. Die große Wtetyfify ber (Einen rote ber Slnberett Tratte je nur eine
£errfdjaft tnne, allein (Einzelne befaßen eine erftaunltche Spenge tton ©ütern.
Die 3tffer bzx 9Jknerien, roela)e ber j?rone gehörten, belief fta) über
baS ganje steter) ^erftreut, auf 1422; bem Röntge am nädjften ftanb bejüg*
lief) ber SluSbehnung be$ 23eft$eö fein £albbruber, ©raf Robert son 9D?or*
tain, roeldjer 793 Sttanerien ju Sehen trug. Die Stufenleiter ber anberen
©roßbegütertett tft folgenbe: ©raf Slllan tton Bretagne \)\dt 442 tnne,
£)bo, 23ifa>f son 33ateur, befaß oor feiner Verhaftung 439, ©oiSfrtb,
23tfa>f son (EoutanceS unb föntgltdjer gelbrjauptmann, 280, Robert t)on
SBuSlt 174, 3lbert *on Sacty 164, Wilhelm >ße»erel 162, Robert »on
©tafforb 150, 9toger üon Sacty 116, £ugo oon Sftontfort mer)r als l)mu
bert dauerten.2)
©eroö'hnlidj lagen bte £errfd)aften ber $etdjbegüterten ntcf)t in einer
<&v)\xe, fonbem roaren — ftcf)crltct> ntdit ohne befonbere 2lbftd)ten beö
nigö — über otele Shtren oertheilt. 9?aa) meiner 3ä^ttug ftnb in ber
tton (Elltö angelegten Stfte ber tenentes in capite ntd)t roentger alö 90,
bereu Sehen ftch über 4—20 ©raffaiaften erftreeften. Die Batterien 9to^
berte oon 9)?ortatn lagen in 19, bie beö S3tfcf)of6 »on S3aieur in 17, bte
Silland in 15, bie ©otefrebS in 13, bie beö S3oulognerö (Suftaa^tuö in 12
©h^en u. f. ro. ^ugo »on 5loranche$, ber gürft oon ^efter, tyatte außer
l) Ibid. 511. 2) (BW* I, 225 unten flg.
566 $afcjf ©vegoriuS VU. unb fein Bettafter.
biefer Sanbfcfcaft weniger dauerten, al6 mehrere anbere ©roße, aber bie*
jenigen, welaje er auswärts befaß, waren am metften jerftreut, fte gehörten *)
20 verfdn'ebenen Sfyiren an.
£)ie näa^fte grage ift: wie viele §u ©naben angenommene TOtglteber
beS alten vom Röntge beftegten angelfädjftfajen ©üterabelS befanben ftdt)
unter betben klaffen von ^afallen? 3m ©anjen nur wenige! 2luf ber
£tfte ber unmittelbaren Seijenträger erfct)etncn2) (£lito (Sbgar, ber (Mel @t>*
munbö (Stfenfeite, alö SBeft^cr in einer, ©obeva , bie 2Btttwe beö (SarlS
Seofrtf von ü)?ercten, als 33eft$ertn in brei, StföeSa, bie 9J?utter beS (SarlS
•DJforfar, ebenfalls in brei, Sfainbalb, ebemalS Äanjler be$ jtö'ntgS Abwarb,
als 23eft|er in brei ober mehreren Sfytren. 2)aS T>omeSbafyboof füf)rt3)
ferner einen (Sabrif alö 3nf)aber von ilronlefyen in 5 ©f)tren auf. Sltfem
$tnfd)eine naa) tft er eine unb biefelbe $erfon mit bem gleichnamigen 5Cn^
gelfacfjfen, welchen man ben Sßtlbling fyieß, unb ber 1067 gegen SQSt(r)eIm
ftd) empört ijatk , bann von üjm begnabigt worbcn war unb ben $önig
1072 auf bem 3U9? gegen Sdwttlanb begleitete.4)
<5onft taffeit fia) auS ben Seiten (SbwarbS §temltd) viele Sefjenträger
nacfyweifen, bie aud) unter 2ötlf)elm, boa) meift als mittelbare 23afatten,
Sanb behielten. (Sine ©teile beS 2)omeSbafyboofS gibt meinet (Sraa^tenS
2luf[cr;luß barüber, wie ifynen bteß gelungen fein mag. T)affelbe wirft5)
nämltd) gelegentlia) bie 33emerfung l)in: „einft Ratten gewiffe 5tngelfaa^fen
ifyre Sänbereten von ben Normannen loSgefauft." 3d? benfe, baS 33udj
fptelt6) auf bie (Sreigniffe beS grüfyjafyrS 1067 an, ba 2Bill)elm eine 9Jcaffe
angelfäa)ftfd)en ©runbetgentfmmS einbog, unb bie Wenigen, weldje verfdjont
würben, nötigte, große 23ranbfd)a$ungen §u jaljlen. SebenfallS waren
unter benen, bie im 93eft£e von täftü verblieben, feine- wegen berühmten
@efd)lecr;tS, ober wegen eigener Sfyaten gefeierte Männer, fonbem nur un*
bebeutenbe tarnen.
CDte von ben (Sfyroniften (Sabmer, 3ngulf, ^etnndt) von Huntington
einftimmig erhobene Älage, 2Bill)clm ber Normanne fyabe bie 3tngelfaa)fen
von Remtern, (S^ren, Einfluß in $ird)e unb «Staat auSgefd)loffen, ftnbet
bafyer im @an§en burd) baS 2)omeöba^boo! tt)re Söeftätigung. 7) 2)ie nor*
manntfctje Eroberung fyatte ber Sttaffe beS angelfädjftfcfyen 2(belS ben So*
beSftoß verfemt. 2)ie, welche vor 1066 bie £erren im Sanbe fpielten, lebten
entweber als g(üa)tlinge im fernen SluSlanbe, ober moberten if)re Seiten
auf ben Sd)lad)tfelbern ^Britanniens.
Sefyr merflid) tritt ber (Einfluß beS £ofeS unb beS £oflebenS auf
33efe$ung ber $roulef)en fyervor. £)aS !DomeSbat;boof füfyrt unter ben
*) Ibid. @, 437. 2) Ibid. <S. 344 flg. 3) Ibid. @. 410. 4) £>fcen @. 400 flg.
&) (Sütö I, 348. •) ©ie^e o6en ©. 381 flg. 7) (Said I, 344.
SBtevtcö 93uri&. £a\>. 26. JDo« £omöbar;&udj. Sorge b. (Srof-ererS f. b. niebern (Stoffen. 567
tenentes in capite, tfyetlS mit 2lnfül)rung beö SRamenS, tt>ettö M06 mit
Nennung beö ©efdjäftS, folgenbe Präger »on ^ofämtem ober autf) £of*
Entwerfer auf: bte Jtämmerer •) (camerarii) Sljulf, SUbcrtcfy, ^fmofb, IBer-
narb, ©otöfreb, ©obroin, £erbert, £unfrib, (Sindj, durften, 2ßül)elm; ben
ßeibbtener2) (eubicularius) Herbert; bte £rua)fejkn (dapiferi) (Subo, ©ob*
rief), £amo, 9kbulf;3) genannte unb ungenannte (Slertfer unb (Sapellane*)
beöÄöntgö; ungenannte Sümofentere5) (eleemosinarii) be$ Königs ; bte (2d)a^
gemalter6) (thesaurarius) , 9ted)nung3füf)rer 7) (arcarius), 3a*)Imeifter8)
(dispensator) , ©eroölbebefdjltefjer 9) (granetarius) ^etnrto), Ctaiualb,
äBttyelm, Robert, ©uttbroin; bte 9Jiarefd)atte ober ©tatfmetfter10) ©trolb,
©otefreb, Robert, Stöger; einen ungenannten 2luffel)erlt) ber ©tutereten (equa-
rius); ben ©überfämmerer 12) (scutellarius) ©obfrteb; ben 9Jhtnbfd)enfen13)
(pincerna) $ugo; bte £r;ürr)üter 1 4) (hostiarii) 3of)ann, Robert, 2Ötlf;eIm;
ben Pförtner15) (portarius) 50^Uo; ben 5)ohnetfd)er ,6) (interpres) «§ugolt*
nu6; bte mit Ausfertigung ber latetntfc^en ©taatSfajrtften beauftragten ©e^
fyeimfa^retber17) (latinarii) ^>ugo, Sero in; ben Setbarjt (medicus) 9ttgettu£; l8)
bte 9Jhtnbfö'cbe19) (coci ober coqui) 2lu6ger, Spalter, ©telebert, £umfrtb,
2Urtd), Sellin; bte 2Btttroe ober grau be6 $od)ö SWanaffeS;20) bie %pXkm*
beider-1) (aeeipitrarii) Vernarb, (gbrtf, ©obroin, £)3bem; bte 3agbmeifter22)
(venatores) (£rocb, ©obrtf, ©obroin, 9ttd)arb, Anwarb, SBaleran, Ulrot;
bie gorftroarte23) (forestarii) $eret unb 9Jtd)arb; ben fönigltcrjen (Steuer*
mann (stirmannus) (Stephan; bie §ofgoIbfcf)miebe ober 3uroeltere24) (auri-
fabri) ©rimbalb, £)tto, Sfyeobertcr;; bie Wagenbauer25) (carpentarii) ü)u*
ranb, Sanbrid), 9tabelut3, Rainer, ©tepfyan; ben ©ürtler (loremarius)
©ogfyelm;26) bteSBäcfer27) (pistores) ßrcfyengrm unbDSmunb; ben gtfd^er28)
(piscator) £)0bern; ben 33artjc^eerer (tonsor) 2)uraub.29) 93tancf)e btefer
^ofbtener mögen ifyre £efyen al6 Sefolbung für tfyre täglichen £)tenfte er*
galten fyaben.
SBefonberö retdjlta) bebaute itöntg SBttyelm mit $ronler)en benjentgen
3tt)eig be$ ,ftrteggroefen$, bem er aud} nacb anbem Sftacfyricfyten gro{k Auf*
merffamfett febenfte: als unmittelbare 93afaflett ber ürone erfef/emen ber
ÄrteggfünjHer30) (artifex) 9tabellu$, t?on bem eine alte 9fac§rta)t melbet,
l) Ibid. @. 391. 2) Ibid. @. 403. 3) Ibid. 3. 404. 4) Ibid. ©. 398.
5) Ibid. @. 413. 6) Ibid. @. 433. 7) Ibid. 472 u. 510. 8) Ibid. @. 404.
u) Ibid. <&. 430. 10) Ibid. @. 424. 428. 451. il) Ibid. @. 414. 12) Ibid. ©. 485.
i3) Ibid. <§. 468. l4) Ibid. <S. 436. 15) Ibid. <§. 453. lfi) Ibid. @. 438.
l7) Ibid. @. 437 u. 443. 18) Ibid. ®. 457. iy) Ibid. @. 399 u. 400. 2W) Ibid.
@. 502. 2l) Ibid. @. 364. 22) Ibid. <S. 498. 23) Ibid. @. 420. 24) Ibid.
6. 375. 25) Ibid. @. 394 flg. 26) Ibid. @. 448. 2r) Ibid. ©. 461 u. 468.
28) Ibid. @. 468. 29) Ibid. @. 406. 3ü) Ibid. @. 470 unten fammt 9^ote.
568
$abfl ©regoriuö VD. unb fein Seitalkx.
baß er Dberfter beö (Sturmjeugö roar; ber SDfafa^inenbauer1) (machina-
tor) £urftan; enbltcfj bte ©efdnt^meifter2) (arbalistarii ober balistarii)
ferner, ©iölebert, £e^o, £)broarb, £)bo, Stobulf, ftatnalb, SBalter, 933a*
ritt. 3" ber 33efd)reibung ber 2anbfa)aft ©uffolf folgen3) bte £ef)en ber
©eföü&meifter ©telebert, Stobulf, Robert unb be$ Jlrteg6fünftler6 StobelluS
unmittelbar aufeinanber. 3dj glaube, man barf fyterauS ben 6d)luß stehen,
baß ber Äönig in borttger ©egenb eine große 2Berfftütte für JtriegSjeug
angelegt tjatte.
2)ie nadj)fte ©teile naa) ben unmittelbaren unb mittelbaren Sefyentra*
gern nebmen mehrere klaffen mittlerer greien ein, bte entroeber tton einem
f (einen (£igentl)um lebten, für baö fte bem Könige ober r)öt)eren 2kfatlen
©d)u£gelb bejahten, ober auf ben großen ©ütern in t>erfa)tebener SCBetfe
tfyren Unterhalt fanben. Unter bem tarnen Censarii füfyrt*) baö 2)ome3*
batyboof 159, unter burgenses füfyrt eö 7968, unter bem allgemeinen 9to*
men homines füfyrt e$ 1287, unter bem tarnen liberi homines füfyrt eS
10,097, unter bem tarnen liberi homines commendati füf)rt e# 2041
Männer auf. £)teß ftnb £eute,5) bie alö ©täbtebürger , ober SBeroofyner
be£ platten £anbeö ber Ärone jtnöten. Ratten fte unter ben SBafallen (tef)
befonbere 6d)uf$erren ervoäfylt, fo fyteßen fte liberi commendati. 2)afür,
baß bie Stäbtebürger perfönlid) frei roaren, bürgt bie ©dnlberung , roelcfye
ba$ Ü)ome0batyboof son bem 3uftanbe vieler ©täbte unb 53urgflecfen ent*
roirft. 3)er freie (Stanb ber censarii, ber homines unb ber homines liberi
erfüllt sur ©enüge aus ber £batfaa)e, baß tn ben 93er$etc§nijfen ber unmtt*
telbaren £er)enträger foroofyl censarii,6) al£ homines,7) unb liberi homines
mefyrfact) vorfommen.
(Snblta) gehören ju ben -äfltttelfreten nod) aroet jafylreic^e (Staffen: bte
bordarii, bereu ba$ 2)omeSbatyboof ntebt weniger al3 82,119 unb bann
bte sochemanni, beren ebenbaffelbe 23,072 aufjäl)lt.8) 3)er 5lu$brucf bord
befagt im Gmgltfcfyen unb 2)ämfa>n, , «£>au$; bte Sßebeutung be$
2ßort3 bordarii ift bafyer £ifd)genoffen, ßeute, bte x>cn ben großen SBafal*
len in tr)r §au$ aufgenommen rourben. €>oroor)l 3lngelfaa)fen, bie in ben
$)ienft ber SBafatlen QBilfyelmS traten, als Normannen nieberen ©tanbeS,
bie mit ifjren ©ebtetern naa) Gmglanb tjerüberfamen, mögen in ber großen
3af)l ber bordarii begriffen fein. 2)te urfprünglid)e SBebeutung be$ 2Bort$
sochemanni fann td? erft an einem anbern £)rte nadjroeifen, roo tdj bte
fct)nuertge 2er)re tton ©afa unb 6ofa entrotcfeln roerbe. §ier nur fotttel:
<£ofemannen ftnb fola)e 2lngelfacr/fen, bie §ur 3dt, als faft ganj (Snglanb
*) Ibid. <S. 497. 2) Ibid. i. 373. u. 377 flg. 3) Ibid. @. 382. 9toie 1.
4) (Saig ff, 511 flg. 5) Ibid. I, 88. 89 flg. 63 flg. 190 flg. 6) Ibid. I, 395.
') Ibid. I, 435. 8) Ibid. II, 511 u. 514.
JBterteS 99u#. dap. 26. 2)a3 <Dom3baty6udj. (Sorge b. @ro6erer$ f. b. ntebcvn klaffen. 569
ber gut$f)errlttf)en ©eritf)t8barfett jener ©aufontge werftet , fid) »on biefem
3ocf)e frei ju erhalten wußten, unb nur ber Sabung »or bte alten ©auge*
richte golge letfteten. Dfyne grage waren bte ©ofemamten grete, aber aud)
bte 53orbarter fyalte ta) für fola^e, obgleich für grete nteberer 5lrt. 9feben
$wölf <Sofemannen beö Jtönigö 2BUt)eIm werben jwet Söorbancr im Dornet
batyboof al6 3nr)aber unmittelbarer Sefyen erwähnt.1)
(Sine $etf)e weiterer 6tufen füllte ben auSgebelmten *Kaum jtütfcfcen
Dem, wa$ man um jene Seit unter perfönlia^er greifet »erftanb, unb wirf*
Ua^er ©flattern au$. Daö Domeöbatyboof $äf)lt 224 dimidii liberi homines,
62 Buri, 858 coliberti, 1749 Coscets, 5054 cotarii, enblio) 108,407
villani auf. 2) Da6 erftgenannte Sßort bejeta^net ben (Sfjarafter ber ganzen
klaffe. 23on trgenb einem ©ute, ba$ er inne fyatte, mußte ber ^albfrete
gemeffene Dtenfte ju beftimmter fyit leiften, im Uebrtgen war er fein eigener
#err. begriff unb 9kme coliberti ift ben angelfädjftfajen 9iea)teiquellen
fremb unb muß au$ ber SKormanbte naa) (Snglanb fytnübergefommen fein.
Der Ableitung naa) befagt ber 2luöbrutf foldje ehemalige porige, bie
üon einem unb bemfelben £errn jufammen fretgclaffen würben. Der gret*
gelaffene erhielt naa) altfränlifa^em @ebraua)e feiten bie »olle greifet, fon*
bern blieb feinem $crrn für gewtffe 9ht$ungen, bie tl)m berfelbc gemattete,
ju befttmmten grofynbienften ober 3fofen »erpflidjtet. 3) Die £)bliegenr)eiten
ber Coscet, ober cotsedae (Äotfaffen) werben t>on einer gletd^ettigen
Urfunbe*) folgenbermaßen befdjrteben: „je nad) £anbe6gebraua) tragen bte
jtotfaffen »erfdjiebene Saften: an einigen £)rten arbeiten fte jeben Montag
burd)S gan$e 3al)r für ben ©utörjerm, im 5luguft bagegen (jur ßrnbte*
3eit) brei Sage in ber S9Soct)e, auf anbern ©ütem müffen fte ben ganjen
5luguft fronten. Die Sagearbeit beftefjt barin, baß ber $otf)faffe ein
Säubert $aber fdjneibet, bafür befommt er eine ©arbe, bte ityrn ber ©ut6*
»ogt jutfyetlt, bte Sanbfteuer ja^lt er nia)t. (Sin Äotfyfaffe foll wenigstens
fünf Sanierte £anb (atS fein 23auertef)en) r)aben, wo mb'glia) meljr. Der*
felbe tft fdmtbig, ben £erb<$aucf)0$fenning (bie ©t. $eter6fteuer) auf
ben grünen Donnerstag ju entrt^ten, wie jeber freie üttann; er muß
ferner baS ^errenlanb feines ©ebteterS »ertreten, wenn Slufforberung
ergebt, 2Öad)e an ber Äüfte, beSgleicfyen am fö'niglia^en Sfyiergeljege (bern
$arf) §u galten" u. f. w.
Die 6teüung beS Cotarius unterfc^etbct ftd) meines @racf)tenS nur
burd) bie Dauer beS $acr;t»err;ältntffeS »on ber beS Äotfaffen. ^ota rjeißt
auf $ngelfä*cf;ftfd£> eine §ütte, ein 53auern!)auS. Der ßotner tft wie ber
4) (Saiö I, 385 u. 486. s) Ibid. II, 511. 3) 3^ vettweifc auf meine ©e*
fc^ic^te ber beutfd^en 93olförec^te. 4) Ancient laws of England. London 1840. fol.
©. 185.
570
$afcji ©regonuö VII. unb fein ßtitalUx.
«ftotfaffe ein Heiner $äcf)ter. 2)a bie 2lnf)änge*(S9lbe feba, faffe, roelcbe
baS 2öort Äotfeba oor bem anbern oorauö fyat, fd)roerlict) o()ne Sebeutung
ift, r)alte tefy für waljrfc^etnnct), baß ba£ äufammengefefcte 2ßort einen ($rb*
päcbter, ber feft ftfct unb be^ljaXb baS ^öferjen feinen Äinbern tyinterlaffen
fann, baö anbere bagegen einen gettyä^tet bezeichnet, bem ber £err nact)
©utbünfen auffunbigen barf. 3Mefe Slnftcht erhält einiget Weitere ©eroicht
buref) ben begriff beö 2ßort$ „Sur".
Ueber ben Sur ober ©ebure fagt1) nemlich bie bereits emäfmte
Duelle: „bie Saften beS Suren ftnb je nact) ber Dertltc^feit oerfct)ieben,
ba fchroer, bort leidster, t)ter mittlerer 2lrt. 5luf manchen (Gütern frotjnt
er stoei £age in ber 2Boche, rote man e$ tr)m anfagt, im Sluguft bret
Sage, unb ebenfo in ber &it oon Sichtmeß bis £)ftem. 2ßenn er gracht*
fuhren leiftet, brauet er nicht $u froren, fo lange fein *ßferb brausen ift.
2luf Michaelis entrichtet er 10 Pfenninge Sanbfteuer, unb auf ©t. Martins*
tag 23 Pfenninge fammt einem (Sefter ©erfte unb jroei §ühnern, auf
£>ftem ein (Sctjaaf ober 2 Pfenninge, oon Martini bis Dftern liegt er im
fyerrfctjaftUcfyen (Stalle, fo oft bie 9tett)e an t£>n fommt; oon ber Seit, ba
bie SÖtnterfaat beginnt, bis Martini aefert er jebe SBoctje ein 3auct)ert
^errenlanb unb bereitet felbft ben (Samen in ber (Scheune beS £errn.
3eber Sur §a^lt ben ^erbpfennmg, §roet ^ufammen füttern einen 3agbfmnb,
jeber gibt bem l)errfa)aftüa)en (Schweinehirten fed)S Srobe, roenn berfelbe
auöfät)ft auf bie (Sichelmaft. So folctjeS ber Brauel) ift, \tattd man ben
Sur, roenn er ben £of übernimmt, mit bem l)inreia)enben glact;S unb «£>anf
5um ©eroebe unb mit bem nötigen £auSratf)e auS, gibt ihm §roei Dorfen,
eine Jhtf) unb fect)S 6a)aafe in ben (Stall, aud) roerben oor^er fed)S 3«&*
ctjerte beS ju feinem £ofe gehörigen SanbeS angeblümt. Qin 3ar;r naa>
bem er fo auSgefteuert roorben, beginnt er feine Saften $u tragen. Stirbt
ber Sur, fo fällt bie gan^e SluSftattuug an ben ©utsherrn jurücf." 9flan
fter)t, eS ift ein lebenslänglichem ober ein ©cfiupflerjen, baS ber Sur inne I)at.
£)ie Safy tor villani (auf angelfächfifct) geneat) übertrifft bie ber
anbern ^albfreien um mer)r als baS 3e^facbe. 2)arauS ergibt ftch mit
i)ot)er 2ßaf)rfa)einlid)Feit, baß bie villani in -DJkffen jufammen, b. I). in
Dörfern wohnten, roäl)renb bie $otner, Äotfaffen unb Suren vereinzelte
*g>öfe inne Ratten, gür bie $icbtigfeit biefer 2tnnar)me jeugen nicht nur bie
Ableitung beS 2ÖortS oon (villa) 3)orf, fonbem auch (Stellen in mehreren
©efefcen2) ßbroarbö, beS SefennerS, au6 roelc^en erbellt, ba^ an bem £)rte,
voo bie villani root)nten, in ber Siegel eine Jlircrje ftanb, baß beffere unb
geringere unter il)nen fta) befanben, baß fte an %afy ftarf genug roaren,
um ein bäuerliches DrtSgertcbt aus angefel)euen 9}?itgliebern $u bilben. 3ch
«) Ibid. 6. 186. 2) Ancient laws @. 191, 9iv. 5. 6. 195, 9iv. 24. toergl. @«tö I, 246.
SßterteS 93udf>. 6a^. 26. $)aS SDomSbatyBud&. @orgc b. (Svobererg f. b. niebern klaffen. 571
(äffe roteber bte mehrfach angeführte ClueKe1) reben: „ba$ stecht ber vil-
lani ift t)telfacf> unb je nach ber £)ertltd)fett »erfcbteben. 5luf mannen
@ütem jaulen fte bie Sanbfteuer (Landgablum) unb baö ©raöfchroetn (ba$
3inöfchroetn) für 2ßiefengenuß, reiten unb fahren in ber grofme, bebauen
baö ^errenlattb, acfern, fcbnetben, mähen, fällen im *ßarfe £ol$, tragen bte
SBaulaft, galten bte 3äune im S>tanb, entrichten ben Kirchenpfemting unb
ben Sllmeöfeoh ober ba$ Sllmofengelb, beroachen ben §errenl)of, f)üten baö
^ßtet), letften Jöotenbienfte, fo roett man e$ ihnen befiehlt."
2) er Kötljner entrichtet voof)l ben Kira?enfchoo$ (ben ^eterötofenning)
aber nicht bte Sanbfteuer, ber Titiane bagegen jal)lt betbe unb überbteß
ba$ 2llmofengelb, eine jum Unterhalte ber Sinnen fett König (SthelrebS
Seiten auf jeben $fiug gelegte Abgabe.2) 3etter ift nur bem ©utSfjernt
unb ber Kira)e, ber Kiliane bagegen ift jugteta) auch bem (Staate »er*
pflichtet, (£r hat bei größeren Saften unb auSgebehnterem Sanbbeftfc eine
höhere Stellung. 2)arau$ folgt, metneö (SrachtenS, baß bte Kilianen unter
bem (Sa)u§e be£ (Staates ftanben. Sie roaren erbliche £interf äffen be$ @ut$,
ju bem ihr Dorf gehörte, fte unb ihre (£rben fonnten, fo lange fte it;re
Pflichten erfüllten, nicht nnllfürltch oon bem ®utfymn ober bem Schaber
beä betreffenben 9J?anertumö aufgetrieben roerben.
3m ©anjen ftnb bie Saften, roelaje auf ben §albfreten, Sillani, 23uren,
Kötfmern, Kotfaffen lagen, biefelben, roela)e »on ben Colonen ober SBar*
fchalfen, freien ,£>tnterf äffen ber farolingtfchen Stikn, getragen rourben.3)
5lber unter ben Karolingern gab e$ neben einer allerbtngf roachfenben 2>a\)i
folcher £albfreten eine roett überrotegenbe 9J?affe t>on (Silasen. SlnberS
»erhielt fta) bie Sache §ur bcü (Srobererf Stlhelm in (Snglanb. 3 a)
gehe jur legten Klaffe ber engltfa>normanntfchett ©efellfchaftfoerfaffung, ju
ben völlig Unfreien, über.
3) a$ Domeöbatyboof führt4) nur 25,156 servi ober eigentliche (SHaoen
auf. 3l;re @efammt$ahl »erhalt fta) ju berjemgen ber mittelbaren unb unmittel*
baren Sehenträger bef Geichs runb rote 5 ju 2, jur Summe ber liberi unb
commendati liberi rote 2 $u 1 , bagegen §ur (Summe ber bordarii rote 1
SU 3 unb gar ju ben villani roie 1 $u 4. £)er Unterfdneb ^rotfchen einem
(Sflaoen unb einem ^albfreten beftel;t barin, baß jener gan§ oon ber Sillfür
feinet £errn abhängt, namentlich baß er beliebig oon feinem §errn rote
ein (Stücf 33ieh oerfauft roerben fann. 5lnbererfett$ muß ber £albfrete,
roie ber gan$ grete, felbft für feinen Unterhalt forgen, roährenb ber Sflaoe
r>on feinem ©ebteter genährt rotrb. (Sflaoen fönnen baher, ftreng genommen,
*) 9t. a. £). Ancient laws @. 185. 2) SJlan fe^e S)u (Sange, glossarium med.
aevi sub voce eleemosyna carucarum ; neue Stuögabe, S3anb III, 22. @^atte 3. 3) 3)ie
^Belege in meiner ©efetyie^te ber germanifc^en %i)ltäxeü)te. 4) (SÜte II, 514.
572
$a6fi ©regotinö VII. unb fein 3ettaltet.
ntd)t arm ober befi£lo$ fein ober genannt roerben, fo roenig als $f)tere.
5lrmutl) ift ein Ungtücf , ba$ nur ber ganjen unb falben gretfyett juftöft.
Ä'onig 2Btll)elm fyat t>ieT getfyan, um bte Sage ber ©Haoen ju Oer*
beffern, ja er r)at bte 2lrt an bte SBurjel beS UebelS gelegt. Uebcratl, roo
e$ fta) um ©a)u$ für bte *Red}tlofen fyanbelte, fing man in ber Siegel bamtt
an, Seben unb ©lieber ber Unglücfltdjen gegen bte erften 2Butl)au$brüd)e
erzürnter £erren ju formen. £>te alten @ott)enfömge ©pantenö festen
fcfyroere (Strafen barauf, roenn grete e$ ftet) beigeben liefen, t^re ©Hatten
$u tobten ober ju oerftümmeln. 5lber bief f)alf nta)t siel, roeil ber £err
in ber SQSutt) fta) roenig um baS ©efefc befümmerte, unb roeil er bei faltem
23lute Maßregeln ergreifen tonnte, um ein an ©flaoen begangenes 2krgel)en
ju oertufa)en. kräftiger roar baS ©cfyukmtttel ber ,fttrcf)enafyle, roela)e
bte meiften alten 95olf$rect;te ©flaoen eröffneten, beren Seben ober ©lieber
bte Sutfy tfjrer £erren bebrofyte. 5lud) ber Normanne S33tlt)elm fa)lug
biefen 2ßeg ein.
9luf6 geterltdjfte roafyrte er baS 2lfr/lred)t. 2)aS erfte fetner in beiben
(Spraken, normanntfdHtanjöftfd) unb in Satein, auf unS gefommenen @e*
fejje1) lautet: „grtebe ber ^eiligen iltrdje!2) 3ebem 93erbredjer, ber, mag
er oerbrod^en fyaben roa$ er roitl, in bte ^irc^e fliegt, ift ßeben unb ©lieb
jugefur)ert. 2ßer fta) bennoa) erfüt)nt, geroaltfam in baS Slfyl etnjubredjen
unb ben glüa)ttgen heranzureifen, ber ift fdmlbtg, erftlia) ben ©eraubten
jurücfjugeben, jroettenS 9)?ajeftätSbufe für ben grtebenSbrudj $u erlegen.
©old)e 33uf e beträgt, roenn ber SBrud) an einer bifa)öflia)en, einer abtetlia)en,
ober jeber anbern flöfterltdjen Äirdje oerübt roarb, 100 ©anlange, wenn
an einer *Pfarrfir$e, 20 ©ctjtlltnge, roenn an einer Capelle, 10 ©a)tlltnge."
Ü)tefeS @efe(3 roar auf ben ©dju$ ber ©flaoen unb ^albfreien beregnet,
bte auf bem Sanbe lebten. 2lbfta)tlia) füf)rt e$ bie jttrdjen tton ben
größten bie $u ben fletnften t)erab auf. 3n ben Dörfern gab e$ $farr*
firet/en, unb jebeS Sttattertum Jjatte roentgftenS feine f leine Capelle, ©ernäf
bem Slfylredjt lieferte ber (SleruS pdjtige ©flaoen ober £albfrete nur bann
aus, roenn oorfyer oon ben ©ebietern S3ürgfa)aft geleiftet roar, baß 2)em,
ber in ber Ätrc^e ©d)u§ gefua)t fyatte, an Seben unb ©lieb fein £eib
gefdjefyen folle.3)
^önig 2ßtlf)elm fdjtrmte jroettenS ben ©flaoen gegen ben Sfltfbrauct;
beö füra)terlia)ften aller 9^ect)te, roela)e$ bie §erren ausübten unb gefefclta)
ausüben burften. 3d) fyabe an einem anbern £)rte*) naebgerotefen, baß bie
angelfäa)ftfa)en ®utSr)erren oor ber normanntfd)en Eroberung einen über
alle Sflajkn fcpnbltajen ©flaoenljanbel trieben, inbem fte i^re roetblia^en
*) Ancient laws ©. 201. 3) Pais k seinte iglise. 3) 93eftetfe in meiner ©e*
Wty* fc« aSolföred&te. 4) OUn ©. 389 flg.
SSterteö 93udr). (5a^>. 26. £)omäbatyfatd). «Sorge b. (fto&ererS f. b. niebern (Staffen. 573
porigen al$ £uren na* bem geftlanbe, ifyre männlichen (sflaven als 2kr*
fcfmtttene in bie 6aracenen-2änber verfebacberten. 2Öilf)elm erlief wieber*
fyolte Verbote,1) ©Häven ins 8ut$fattb; namentlich aber anreiben (©ara*
cenen), 311 verfaufen. Um grünbli* ju Reifen, r)ätte er ben ©flavenfyanbel
überhaupt unterfagen müffen. 2lber ba6 ging nicht, Weil ein folcbeS ©efefc
als ein unerträglicher (Singriff in ba6 (Sigentr/umSrecht von ben ,,©e*
ftrengen" verf*rieen worben wäre.
3* glaube, baß obige Verbote wenig fruchteten. 2ßte f*wer ift e6 in
unfern Sagen, bei forgfältigfter unb r)ö*ft foftfpteliger ©ränjbewacbung,
ungefe£lt*e @in* unb 9hi6fur)r von SÖaaren (bie fogenannte ßontrebanbe)
ju vergüten; viel fehlerer muß bieg bamalS gewefen fein, fo gut auch fonft
bie nermannifche *ßolisei war. DaS DomeSbatyboof enthält Spuren, baß
unter itönig ffii(r)elm ein gewerbsmäßiger Sflavenljanbel im füblichen (Fng*
Ianb betrieben warb. 2ÖtIf)elm von ©arenne r)atte bebeutenbe ©üter in
6uffer um ben 23urgflecfen £ewe6. 9cun r)eißt J) eS in ber 33ef*retbung
von 2ewe3: „555er in btefem 33urgflecfen eingoß fauft ober verfauft, jap
an ben ©tabtamtmann je einen Denar, ebenfo muß vom jtauf unb
$erfauf eines £)*fen je ein gartfying, vom Jtäuf unb Verlauf eines 9Dcen*
f*en je 4 (Schillinge an baS 5lmt entrichtet werben." Slllem 5tnfct)etne
nach beftanb in SeweS ein ftarfer Sttarft für 93ief) unb ©flaven. 9?un
liegt biefer Drt wenige ©runben von ber SQfunbung beS £)ufefluffe$ in ben
jtanal. SBarum werben bie 93ier)* unb 9Wenföen*3uben vor^ugSweife bort
jufammengelaufen fein? 3* benfe, weil baS nafye Üfteer unb wot)l au*
bie f)ülfrei*e §anb, welche bie Slmtleute be$ 23aron$ von ©arenne au$
©ewinnfucht boten, prächtige ©elegenfyeit vergieß, bie erfyanbelten ©flaven
nach granfrei*, na* Spanien, na* 9forbafrtfa, na* bem grie*if*en
£>ften abjufe^eu.
Äönig 3ötlf)etm feilte ben itrebgf*aben bur* eine anbere Maßregel,
bie il)m, Wenn er au* fonft feine außerorbentlt*en Dinge verrichtet f)ätte,
für ft* allein ben Danf ber 9J?enf*r)ett ft*ern würbe. Regenten vom
atltäglt*en 6*lage glauben ir)re $fli*t erfüllt $u fyaben, wenn fte eine
9D?affe gefchrtebener ober gebruefter 33efer)le in bie Seit f)inau$fenben,
wel*e fte ®efe£e ober Sßerorbnungen nennen, unb wel*e fyintenbrem f)ält,
wer ni*t f*lau genug ift, Winterbüren ju ftnben. ©roße Männer erlau*
f*en bie ©erjeimniffe ber Statur 5 wenn fte ©tnfenbe aufrichten wollen, er*
werfen fte in benfelben ben £f)ättgfettötrieb, geben ir)nen ©elegenfyett unb
Anleitung, ft* felber jtt Reifen.
4) Ancient laws <2>. 208. üftr. 41 : inhibemus, ne quis christianum in alienam pa-
triam vendat, et maxime infidelibus. £)ann totebev ibid. @. 213. 9tr. 15: prohibemus,
ut nullus vendat hominem extra patriam. 2) 2)omeöbai)boof I, 26. (Spalte a. gegen oben.
574
$abfi ©regoriuö VII. unb fein SetiaUer.
Siefen SBeg fchlug ber Normanne ein, er hat für ben «Steg untere
brüefter 9J?enfcf>enrecf)te (StwaS gesagt, wa6 ttor unb nad) if)m fem gürft
be$ WlitUMUxQ, felbft ntd)t ber große granfe Marl, wagte, ber fonft fo
öle? für bte armen gröhner ttjat. 3)a6 fed)^e^nte ©efefc1) in ber lateint*
fd?en (Sammlung 2ßtlt)elmö beö (Eroberers lautet, wie folgt: „wenn (pa>
tige) ©Hatten, ohne baß ber (Sigenthümer jtlage erhob, ein 3a^r unb einen
Sag in unferen ©täbten, in 93urgfletfen, in allen mit dauern umgebenen
Drten, ober auch in unferen Sagern verweilt haben, fo erlangen fte mit
felbigem Sage, — bem §wetten be$ jweiten 3a^re0 — gefe^lte^e greifet,
unb frei ttom 3oche ihrer Jtnecfytfdjaft follen fte fein tmmerbar." $)a$
englifche unb normanntfehe Stecht gemattete2) nur Ziagen gegen befttmmte
*ßerfonen auf befttmmte 3eugntffe hin. golgltch mußte ber £err eines flüajtt*
gen ©Hatten ftdt), el)e er an gerichtliche £tlfe benfen fonnte, erft tterge*
Wtffern, baß ber glücbtling, ber il)m abfjanben gefommen war, bei bem
ober jenem Bürger ober Beamten Unterfchletf gefunben J>atte. S&irb ihm
bieß leicht, ja in ben meiften gälten überhaupt möglich geworben fein?
©ewiß nic^t! benn ber ©Hatte fcfywteg, unb ber Bürger, ber tr)n aufge*
nommen, fdjwieg ftct)erlia) auch, weil er fonft ©efar)r lief, eine fa)were
S3uße ju leiften.
StefeS weife, großmütige unb ttor bem gefunben SCRenfchentterftanb,
— Wenn auch nicht ttor ben klugen ber ©Hattenhälter — gerechte ©efe£ hat
gut^herrltcher 53o^r)ett unb Scannet gegen porige ben ©tft$af)n auSge*
brochen, fß fyat ba$ langfame, naturgemäße $erfd)Winben ber ©flatteret
angebahnt. Gmtem ©Hatten, ber ftdj burd) feineu £erm mißhanbelt wußte, bot
jebe ©tabt, jeber 23urgflerfen, ja jeber Drt, wo ba£ föntgliche Banner tton (£ng*
lanb wehte, eine 3ufiucht3ftätte, nur mußte er ben Otüden für bte gretr)ett
wagen. 2ßenn er nämlich ba$ £auö irgenb eines jutterläfftgen ^Bürgers
erreichte unb bemfelben, — fei e$ auch noch fo hart, — ein 3ar;r lang für ©e*
Währung beö UnterfchleifS arbeitete, fo war er gefe^lia) frei. 5lnbere, bie
©olcheö nicht wagten, tterbienten bte greifet nicht. , 3a ter Statur ber
Singe liegt %ß, baß baS fragliche @efe£ bte ©täbte mit engltfchen Slrbet*
tern anfüllen unb baburch baö Aufblühen berfeiben mächtig beförbern, ba*
gegen bie @ut$beft$er $u menfchltd)er SBeljanblung ber ©Hatten zwingen
mußte. 9J?an fann feine 2Btrfung an SBetftnelen nad)Weifen.
(Slliö tfjetlt eine Urfunbe 3) mit, laut welcher Sohn ßlattermg, £err
beö Ganors hoffet;, im 3aln*e 1312, bem jweihunbertfünfunb^wanjtgften
nach 3Btll)elm^ I. Sobe, adr)tjet)n ehemalige Kilianen beS genannten Wla*
norS, bie mit £ab unb @ut geflohen waren unb in ber ©tabt 9?orwta)
*) Ancient laws ©. 213. 2) Sttan toergl. $. 93. ibid. ©. 236. 9<fr. 45. 3) 91. a. £>.
I, 65. 9lote.
93ierteö 93ud&. Qia\>. 26. <Da$ <Som$bar;bu$. (Sorge b. (Eroberers f. b. nicbern (Staffen. 575
Unterfunft gefunben Ratten, gerichtlich »erfolgte. 9fter)rere ber 33eflagten
erfebienen t>or ©ericr)t, unb jwei tton ihnen beriefen ftch auf baö ©efe£
2Bilr)elm$ L, bafj jeber ©Hatte ober ÜBUIane, ber unbefcfjriecn ein 3a()r
unb einen Sag in irgenb einer föntglidien ©tabt, einem 23urgflccfen ober
einem Sager jugebracht ^abe, für ftch unb feine Üfta&fommen frei fein folle.
Dö0 ©erid)t bulbete feine (Stnrebe gegen $öntg$ 2Bt(l)eIm gretbrtef, unb
entfd)teb ju ©unften ber betben 33eflagten. 9hm fprfdjt baö fragliche ®e*
fefc nur tton ©Hatten, nicht tton Allanen. 3)a gletchrooljl bie dichter tton
SRorroich baffelbe auf Kilianen anroanbten, bie überbieß nicht mit narfter
#anb, fonbern mit $ab unb ©ut geflogen roaren, fo fd)emt hieraus m
folgen, baß eö m Anfang bc$ ttterjelmten SctfyrfmnbertS in (Snglanb feine
©Hatten mer)r nach ttotlem altem ^Begriffe be£ 2Öort3 gab unb baf man
befl)a(b SBtl^cfm^ L 33efttmmungen m ©unften tton anberen klaffen
beutete, welche bie ©ertd)tfprache be$ etlften 3ar)rr)unbertö noch m ben
£albfreten gerechnet hatte, bie aber je£t, ba feine geringere ©dachte mef)r
ttorfjanben roar, rote porige angefeuert rourben. Welcher gortfdjrirt auf
ber 33ar)n ju allgemeiner grethett!
2ßte für bie ©Hatten, fo forgte 2Bilr)elm auch für bie balbfrete 53auer^
fäaft ($nglanb$, jeboch in anberer SBeffe. 2)te Slrttfel1) 29—31 in ber
lateintfa>franäöftfd)en @cfe£e6fammlung befagen: „Ü)enen, roelcr)e bie ©üter
bebauen, barf nicht mef)r mgemttthet werben, als roaö ^erfommen unb
^Pachtvertrag geftattet;2) e6 ift bem @ut6r)erm niebt erlaubt, bie ^Bauern
auszutreiben, fo lange fte ir)re ©cbulbigfett erfüllen. 3)te auf ben ©ütern
©eborenen 3) follen ben ©utöfjerrn niebt böslich tterlaffen, noa) ihre $flta>
ten gegen bie §errfd)aft betrügltd)er Stßetfe umgeben. 9hemanb unterfter)e
(leb, einem flüchtigen S3auer, ober bem ©gentium, ba$ er mit ftd) bringt,
©a)u£ ju geroa"hren, fonbern 3eber, bei bem ftet) ein folcr)er glüa^tltng ein*
gefunben, foll tr)n anhalten, baf berfelbe fammt feinem (Sigcntfmm,
b. % fammt bem $ter), mit bem er geflüchtet roar, §u bem @ut$l)errn
jitrücffer)re."
2)er lateimfcbe £ert braucht tton ben dauern ben in fränftfeben 9^ec^t6^
quellen fo läufigen SluSbnuf colonus, welcher ber angelfädjftfchen ©prache
fremb ift. ©letchrooht fter)t feft, baß ntdr)t eigentliche ©flauen (angelfächf.
theow), fonbern nur villani (angelf. Geneat) gemeint fein fönnen. 2>enn
mit bem ©flauen mochte ber ^err machen, roaö tr)m beliebte, roäf)renb ber
Kiliane, roie ^ter ber Colone, unter gefeilterem (Schule ftel)t, unb nur ber
Kiliane ober ©eneat l)at, roie ber f)ter erwähnte Colone, ßtgentfyum ober,
in normanntfeher 9^ec^t0fpradr)e, catallum, chatel. 3m §tt)eiten Slbfa^e roen*
l) Ancient laws ©. 207. 2) SOBörtttc^ ne coloni vexentur ultra debitum et
statutum. 3) Nativi, uxq\. batüber @lliö I, 76.
576 *Pabft ©regoriuö VII. unb fein BdtaUtx.
bet ber latetnifche $ert — id) glaube abftcf)tlic^ — ftatt coloni ben gleidC)^
bebeutenben 5lu3brurf nativi an. 2)enn bie coloni, bercn Stechte ber große
Normanne feftftellt, ftnb (Srbpächter: fraft ©efefc unb £erfommen treten bie
66'rme in baö *J3achtverhältntß ber $äter ein.
9ßilt)ehn verbietet, roie man fte^t, jebem greten ober Unfreien, gutä*
flüchtige £mterf äffen aufzunehmen, ©onft folgt in allen ©efefcen beö (Srobe*
rerö, bie trgenb (Stroaö unterfagen, unmittelbar auf bie Sßorte be£ Verbots
5lnbrof)ung ber 6trafe gegen Sßiberfyenftige in $funben, Warfen, 6chtl*
lingen ober Pfenningen. £ter aber geflieht bteS nicht, baä ©efefc fchroeigt.
3ft bieß nicht auffallenb? 3e nun, ber Normanne trifft auf anberem
Sege Sßorfef)r, baß bie dauern nicht al^u häufig genötigt rourben, bavon*
julaufen. 2)er Znt fährt 4) fort: „$)ie ©utSherren fotlen bafür forgen,
baß ir)re Sänbereten ftet6 mit tüchtigen ^Bauern befe£t feien. 2Öo fte bieß
unterlaffen, rotrb bie Dbrtgfett 9*atrj fcbaffen."
3)a3 ift, atö roenn ber jlb'mg gefagt ^ätte: 3h* Sorbö unb SfatdjS*
barone, roollt 3t)r gut fahren unb erlaubten ©erotnn au$ euren ^flanerien
gießen, fo ber)anbelt bie ^tnterfaffen gut unb fo, rote ba$ Siecht e$ geftattet ;
roenn 3t)r aber auö @et$ eure dauern brücfet, roerben euch biefelben bavon*
laufen, roaS ich ntd)t billige, boa) auch nicht mit ©eroalt lunbere. Allein
btc6 rotffet: im gall 3*)* fo verfemt hobelt, roerbe ich bie 6aa)e in bie
§anb nehmen unb burcr) meine Beamten bie neuen auf eure ©üter gefefc*
ten dauern alfo fernen, baß eure ilaffe eö fvüren foll. 2)er S3aftarb
von Siouen erfannte, rote man ftef)t, unveräußerliche fechte ber nieberen
klaffen an unb verftanb bie ^unft, burd) 5lngft vor baarem SSerlufte bb'fe
©utöh^n ju säumen.
9tod) eine anbere £r)atfacr)e ähnlicher 5lrt muß hervorgehoben roerben.
3)a$ 2)omeSbar;boof führt neben ber großen -IDcaffe *wn 82,119 bordarii,
inöbefonbere anbere 490 2) bordarii pauperes ober verarmte «gwuSgenoffen,
eö führt roetter neben ben 1287 homines inSbefonbere 178 pauperes homines,
verarmte £eute 3) unb ebenfo neben einigen grauen eine mulier paupercula auf.
Daraue folgt erftltd), baß bie ©mahnten grete ftnb. Ü>enn arme (sflaven
gibt e£ nicht, roetl 5lrm einen @egenfa£ von 9tetdj Vorau$fe£t, roaö auf
6flaven nicht vaßt, internalen 5llle jufammen nichts h«ben. 5lua) leibet
ber <5flave eigentlich feinen Langel, benn fein £err muß ihn nähren, unb
roenn etroa ber £err felbft in Strmutr) verftnft, fo rotrb er ben 6flaven,
ber immer ein ©egenftanb von Sßertf) ift, verfaufen, rote ber fyxatytfom*
mene 8auer heut ju 5^age feine Sitnber unb $ferbe verfauft, für bie er
fein £eu unb feinen £aber mehr beftfct. gürS 3^eite ift an ftch flar,
l) Si domini terrarum non procurent idoneos cultores ad terras suas colendas,
justitiarii hoc faciant. 2) (SlliS II, 511. 3) Ibid. <S. 513.
ffiiertcö 93ud). ®a\>. 26. £><tö £omgbaty&tt#. «Sorge b.CSro&ererö f. b. ntebern (Staffen. 577
baß bie ^Bezeichnung einiger hunbert Ernten in einem 23uche, ba6, rote ich
unten feigen roerbe, faft 300,000 5D?enfcf)en fcerfchtebener klaffen aitftft$ft,
einen befttmmten ©runb ^aben muß.
9J?etne6 @rad)ten$ ftnb jene Arme für öffentliche Unterftü^ung »orge*
merft. deutliche Anzeichen einer georbneten Armenpflege fommen unter
2Btlr)elm bem Eroberer oor. Ü)er SebenSbefchreiber SanfranfS er§är)(t *)/ ba^
ber (£r$btfcr;of »on ßanterburty alljährlich bie fefjr bebeutenbe (Summe oon
500 $funb Silber ober, 10,000 (Schillingen (nach gütigem Sertf) gegen
100,000 ©ulben) für Arme tterroenbete. 93on jef>er galt eö in ber cf)rift*
liefen Kirche für eine ber fjetligften Pflichten beö 33t6tl)um6, ^ungernben
33rob ju brechen. Sd)on in ben eifernen 3eiten ber fränftfd)en SDferoroinger
beftanben eigene 93er$eichntffe, bie fogenannten TOtterd)en (matriculae) 2)
ber DrtSarmen, roelaje au$ ben @infünften ber Strebe Unterftü^ung erf)iel*
ten. 9ftan fönnte oerfuebt fein, anzunehmen, baß £anfranf jene Almofen
einzig au$ perfönlicher 9J?tlbthättgfeit gefpenbet habt. Aber bem roar
fcbroerltch fo.
Seit bem Anfange be6 ahnten 3ahrf)unbert3 ftb'ßt man in ber englü
fd)en ©efdu'chte auf Spuren einer Armenfteuer, bie n>of)I in bie Regierung
beS glorreichen Alfreb jurüdreicht unb unter bem tarnen Sulaelmeffe ober
*Pflugalmofen buref) ba6 gan^e S^etcf) oon jebem 3odr)e Ochfen erhoben rourbe.
@in ©efefc3) (SbroarbS beö älteren, ber 901 auf feinen 93ater Alfreb folgte
unb btö 924 (Snglanb beherrfchte, t>rof)t denjenigen mit fchvoeren Strafen,
roelche ftch roeigern roürben, ben Szfynttn, ben $eter6pfenning, bie Sulaef*
meffe unb einige anbere ftrdr)Itcf)e Steuern ju entrichten. (Sbenfo fchärfen
jroet SSerorbnungen 4) ber Könige Aethelftan (924 — 941), unb (Sbmunb
(941 — 946) bie Erlegung ber nämlichen Abgaben ein. 2)aö ©letebe gilt
»on einer fachlichen SSorfchrtft, 5) bie in ben Sagen @bgarö (959—975) er*
laffen roorben ift, foroie tton einem roeltlichen ©efefce 6) beffelben Königs.
Auch bie Könige (£thelreb (ber Unberathene) unb itamtt I. ber 2)äne ge*
boten7) roteberholt, baß ber ^flugalmofen unoerroetgerltch 15 Sage nach
£)ftern entrichtet toerbe.
Alle biefe Sa Jungen ftellen bie Sulaelmeffe al6 eine Abgabe ftra>
Itcher 9latur hin, ohne 3weifel, weil e£ ber ©etftltchfett oblag, ben Ertrag
ber $flugfteuer einziehen unb unter bie Armen ju »erteilen. Außerbem
machen mehrere Afte8) ©tljelrebe Ernährung ber Armen fämmtlichen ßtn*
roohnern be6 9^etcJ)ö jur Pflicht. 3a / int ahnten fetner ©efeje9) erflärt
l) Vita Lanfranci cap. 15. Opp. 93orjtü(f (§. 15, b. *) 2)te Setoetfe Bei 2)u
(Sange unter bem SBorte. 3) Ancient laws <S. 73. Mr. 6. *) Ibid. <S. 84 o&en
u. 104, Mr. 2. 5) Ibid. <S. 400, Mr. 54. 6) Ibid. @. 111, Mr. 2. 7) Ibid.
<§. 131, Mr. 11. <S. 136, Mr. 16. @. 146, Mr. 12. @. 156, Mr. 12. 8) Ibid. @. 139,
Mr. 46. <§. 140, Mr. 51. <§. 146, Mr. 6. 9) Ibid. <&. 225, Mr. 3.
©fröret, $afcfi ®regortu$ vu. 23b. in. 37
578
$abft ©regoriuS VII. unb fein 3dtalter.
£emrid) I., beö Eroberers fetter 9tarf)folger in (Snglanb, feterltd), baß bet
^ö'ntg von $edfyt$n>egen 93ormunb unb 23efa)ü$er aller Ernten unb 2kr*
laffenen fei.
#einrta) I. voirb roofyl in ber ©djule feines 33aterö btefen @runb*
fa£ angenommen fyaben. Sebcnfallö erhellt auö ben oben mitgeteilten
Urfunben, baß in beö (Eroberers Sagen fogar bte fletnften $ärf)ter angefyal*
ten würben, tfyren Slntfjeit, wie beä *Peter3pfenntng6, fo ber <Sulaelmeffe,
abzutragen. Unter biefen Umftänben fjalte \§ eö für einen befonberen
SBeroeie ber (Sorge, tt)ela> $ömg 2Öür)cIm für bte 5lrmen trug, baß er jene
Rimberte in ba$ 3)ome6batyboof, ein $)enfmal von fo Ijotjer SBebeutung,
aufnehmen lief.
Unb nun fällt volles Stdjt auf eine ljötf)ft totd)ttge, aber von ben
angelfäcfyftfdjen (Sl;rontften, bte von 1073 an faft unfere einzige Duelle ftnb,
abfta^tlta) verf)etmltd)te Sfyatfacfye, nämltdfy baß bte nteberen klaffen (Sng*
lanbS, ba$ etgentlta^e 93oIf, ftdj feit 1068 bei ben vielen (Empörungen be$
SlbelS rul)ig verhielten, ja — man barf fagen — eine geunffe Neigung
für ben (gröberer an ben Sag legten. 2)te angelfäa)ftf$en ^Bürger nnb
dauern müßten Ijetllofe 2)ummfö'pfe geroefen fein, Ratten fte für eine
ntdjt£mi|tge , burdj unb burd) verborbene £)ltgara)te, roela^e baö Sßolf in
ba6 (Slenb ber Sötftnger £errftf>aft ^urücfftür^en wollte, §anb ober guß
gerübrt unb gegen einen gürften baS Sa)roert gejücft, ber, roenn aud) ein
grembltng unb §albfranjofe, — für ba6 2Bof)l getreuer Untertanen rote
ein 33ater unb ßfyrift forgte.
£at Äöntg Stlfyelm, ba er mtttelft jener jum $ortr)etle ber unter*
brückten klaffen beregneten (£tnrta)tungen fajarf gegen bie altgermantfdjen
begriffe von @tgentr)um verftteß, eine völlig neue 33afm betreten? -JReineS
(SractjtenS ftnb if)m einige ber älteren Könige, bte im Saufe beS etlften
3al)rf)unbert3 ßnglanb befyerrfdjten , bte §u einem gerotffen @rabe mit
gutem SBetfytel vorangegangen. ^Btttyelm von 9Mme$burty gibt in ber
metyrfadj angeführten merfroürbtgen ©teile, roela^e ba$ ©efyafyren beS
angelfäd)ftfct;en ^eid^fürftentfmmö fa)tlt>ert, ju verfteljen, baß biefe Herren
üjre ^mterfaffen erft ausbeuteten unb bann luntenbrem in bte (Sflaoeret
verfauften. 4)
£>te 9flaffe ber abeltgen ©utSunterttyanen befaß alfo von £au6 au$
ein Heiner (Sigentlutm, b. % mit anberen Korten, bie 9ftel)r§ar)l Derer,
roeltöe bte ®üter bebauten, beftanb fa>n in ben fpäteren angelfäd)ftfd)en
Seiten, rote unter Äöntg Stll)elm, nta)t aus 6flaven, bte fein (Sigen*
') <§at>Üe <S. 102 gegen oben: vulgus, in medio expositum, praeda erat potentio-
ribus , ut vel eorum substantiis exhaustis , vel etiam corporibus in longinquas terras
distractis, acervos thesaurorum congereret.
33terte$ 93uc§. <&ap. 26. £>a$ £om$baty&ucij. (Sorge b. (Sro&ererS f. b. ntebetn (Haffen. 579
tf)iim haben, fonbern auö §albfreten, au3 Allanen, 23orbnern, itotnern.
(Srft Wenn ber gutö^crrltc^e 2lmtmann btefelben burd) allerlei (Srttreffungen,
bura) wtllfürltdje Erhöhung beS fachte unb ber Saften, abgefchröpft l)atte,
griff man ben dauern an ben Selb, ©o ging e$ auch auf bem geftlanbe.
konnte ber Colone ober £ef)enbauer ntd)t mel)r jaulen, fo befyanbelte man
tr)n als fäumtgen ©cbulbner unb ^telt ftch an feine §aur. Der 93erfauf
in bie ©flatteret beefte als lc£te$ 3ahfang6mtttel bte SRücfftänbe.
2Bor;er famen bte $al)lretd)en ^Marren, bereit $orhant>enfetn baö 3eu9/
niß beö 93enebtfttncr$ ttorau^ufefjen nötigt. $mi gälle laffen ftd) ben*
fen: entweber ftnb jene Sauern au$ bem ehemaligen ©tanbe ber greihett
in halbe ©flatteret Ijcrabgebrücft , ober umgelernt au6 ganzer ©flatteret in
bte beffere Sage tton £albfreten emporgehoben roorben. Dafür baß 2e$te*
reö ber gall geroefeu fei, bürgt bie allgemeine Erfahrung bee geft(anb6,
ja man fann fagen, ber Sf)rtftenl)eit. 9?ach (Sntftehung germanifd)er Sketche
auf altrömifd)em 23obeu ftnben fta) überall Staffen tton ©Hatten, beren
©tellung allmältg in ftettgem gortfa^rttt J)auptfäc^ltc^ burd) ben Einfluß ber
Jltra^e eine beffere wirb. Da nun bte 3&fyl bei ttollen porigen, bie ba$
Dome6bat;boof aufführt, auffallenb Hein tft, fo fcfjetnt bie 2krmutf)ung ge*
rechtfertigt, baß ttor ber Eroberung (Snglanbö burch Wilhelm trgenb ein
(Sretgniß eintrat, in golge beffen außerorbentltd)er 2Beife tttele ©Hatten $u
einem J)al6freten 3uftanb fta) emporarbeiteten.
Sann unb wie wirb bteö gefchefjen fein? Meines Qrrachtenö itnter
JtÖnig (£thelreb bem Unberathenen, unb mitten in ben Drangfalen ber
2Btftnger £errfd)aft ! 3cb ftüfce mich auf folgenbe ©rünbe: erftlta) erzeigte
^önig (Sthelreb in ben ©efe&ett, bte er um 1008 erließ,1) ben tterarmten
klaffen ber angelfächftfchen 23ettölferung eine ^he^no^)me/ ^on *>er ftc*? fonft
faum ein SBetfptel ftnbet, unb bte auf eigentümliche Slnl&ffc ^tnwetöt.
3wettenö hielt §ur Seit be$ nämlichen Königs — angeblich im 3ar)r 1009 -—
(£r$btfd)of (Slfegg tton (Santerburty ju Reitham eine ©r/nobe, welche unter
anberen, bura) ben bamaligen -ftothftanb h^^r gerufenen SSefchlüffen, fol*
genben2) faßte: „3n 3ufunft fallen gerechte ©efefce in göttlichen wie in
weltlichen Dingen gegeben unb befter)enbe Mißbrauche forgfälttg abgefdjafft
Werben, auch Wirb unfer ©treben bar)m gerichtet fein, 3) baß bte im Hölter*
recht begrünbete Stürbe eines jeben Menfdjen, fei er arm ober reich, ttoöe
Slnerfennung ftnbe." Dtefe begriffe, felbft bte 9lu$brüde, welche ihnen
jur £ülle bienen, ftnb fonft, meinet 2Biffen3, im Mittelalter unerhört;
eine förmliche Slnerfennung allgemeiner Menfchenrechte, ohne Sftücffuht auf
©tanb, ©eburt unb 33eftfc.
4) Ancient laws <S. 129 flg. 2) Ibid. @. 135, audj Bet3Ran|? XIX, @. 300
3) S5et Xtxt lautet: ut deineeps cuilibet homini tarn pauperi quam diviti juris gentium
dignitas concedatur.
37*
580
$afcfl ©regoriug VII. unb fein 3eitaltet.
Sarum führte bte 93erfammlung (Senljam eine fotcf>e Spracbe?
Erinnern *) wir uns, baß laut bem ßeugniffe jener sßrebtgten SulfftanS,
Wel#e bte einige Duelle ftnb, bte über bte inneren ßuftänbe QmglanbS tu
jener fürdfyterltdjen Seit 2lufftf)tuß geben, eine Spenge üerjwctf elter ©emetn*
freien baS Sanb »erließen unb baß weiter Saufenbe sott ©flauen ju ben
(Seeräubern flogen, in tfyre $etr)en eintraten unb mit tbnen baS SReta) t>er*
beerten, (Stferne 9totlj brängte, gegen btefe jwei Uebel, welcbe bie ©efell*
fa^aft mit völliger 5luflöfung bebrorjten, 9Sorfer)r $u treffen.
(SS gab fein anbereS Littel, als baß man erftltdj bejüglicf) ber tier*
armten greten bie öer)re allgemeiner ^enfa^enrea^te aufftellte unb bemge*
maß bte (Srnäljruttg berfelben auS (Staatsmitteln t>erl)ieß, unb zweitens,
bejügltd) ber Sflasen, baß man t(;re Sage tterbefferte, b. r). baß man £)te*
jenigen unter benfelben, welken Sljatfraft ^getraut werben mußte, auS
völlig unfreiem Stanbe in einen Ijalbfreien fcerfefcte.
Detter, welche $ro»in§en (SnglanbS werben ben beeren ber Räuber
ben §af)lretd)ften 3uwad)S flüa^ttger ©flauen geliefert fyaben? deines
(Srad)tenS bte nörbltcfyen unb norböftlia^en, weit bie Stfinger ttor^ugSweife
bort, unter einer tfjnen ftammtterwanbten SBettölferung, fta) Umtrieben. 2)iefe
*ßrotttn§en ftnb: 9?ortfmmbrien, baS oftltd)e Verden, ober nad) ©raffdjaften
geregnet, bte Stiren §)orf, Stncoln, 9?ottingf)am, Ohttlanb, Huntington. 2Bof)lan
bte eben entwicfelte SBermutfmng wirb bura) gewittrige Sfyatfadjen beftättgt,
faft jur ©ewißfyeit erhoben. £)aS 2)omeSbatyboof weist in §)orffr;ire2)
neben 105 £ef)enträgern ber $rone, neben 222 Unterttafallen, neben 1819
Sorbnern unb 5079 SSillanen gar feinen S Hatten; ebenbaff elbe
Weist3) tu Sincolnffytre neben 92 unmittelbaren, 414 mittelbaren $af allen,
neben 4024 23orbnem unb 7723 Kilianen abermal gar feinen Sfla*
tten; eS weist4) femer in Huntington neben 35 £)ber* unb 85 Unterlegen*
trögern, neben 490 S3orbnern unb 1933 Kilianen feinen ©flauen; cS
Weist in sRutlanbffytre, 5) neben 7 großen 4 flehten Qkfallen, neben 109
93orbnem, 730 Kilianen, feinen Sflasen; eS weist enbltct) in 9?ottütgr)am*
ffytre6) neben 50 Maronen, 138 Unterttafallen, 1101 SBorbnern, 2603 %iU
lanen nur 26 ©flauen auf. 2)tefe Siffexn reben. 3n bem 9ftaaße, wie
bie 2)td)ttgfeit rein angelfäd)ftfd)er 33eoölferung wädjSt, nimmt aud) bie
3a^l ber ©flauen §u.
Ü)te Stftnger $mfädft fyett wentgfienS eine gute Seite gehabt:
fte nötigte ben lanbfäßigen 5tbel ju menftt)Itd)er 33er)anblung ber Sflatten.
SDfan ftef)t, bie 5lnwefenf)ett ber 9*aubfd)aaren wirfte §u ben Reiten (£tr)el*
rebS auf äf)nltcr)e SÖetfe, wie ein l)albeS 3al)rr)unbert fyäter bie »on 2Btl>
*) Oben @. 17 flg. 21. 2) ©tliö II, 508 flg. 3) Ibid. @. 465. *) Ibid.
6. 458. 6) Ibid. @. 479. 6) Ibid. 6. 476.
93ierte$ 23ucf). (§,ap. 27. $arlamentarifcr)e 93erfaffung ©nglanbg. j)aö 2ßort feudum. 581
heim bem Eroberer in ben föntgticben @täbten unb Burgflecfen für flüchtige
6flasen eröffneten 2lftyle. Sllletn unter ben fyäteren $m;tlingern unb wäljrenb
ber fchwadjen Regierung (Sbwarbö beä BefennerS üerfuchten eö bte angelfäcbft*
fd)en Dltgarchen, ba3 9)?aaß ber fechte, welche Stelen ju Titianen beförberten
ehemaligen ©flauen auS 3^ott> eingeräumt korben waren, ju üerfümmem
unb biefelben in solle ©flatteret surücfytftürjen. ®leta>tel: Begriffe von
allgemeinen Menfchenrechten liefen einmal in ber ©efellfchaft um. Defto
für/ner fonnte ber Normanne mit feinen Berbefferungen soranfchretten.
2)er ®taat, ben ©tlljelm in (Snglanb grünbete, roefentltcr) »erfcfyieben r>on bem, roeldjen er
antraf: er glicr) einem Drganiömuö, »ermöge beffen fein ©lieb mefyr tfyun burfte,
roag ber <Selbftfucr)t beliebte, fonbern jeglicfyeö mufte ftd) ben ©efefcen beö ganzen
JtörperS fügen. 3)er Jlöntg befdjränft burcr) bte 93efugnijTe ber geijtlidjen unb icelt*
liefen ©rofjen, bte auf bem Parlamente tagen unb ifyren 2Biüen ju erfennen geben.
£)ie tSrofjen Ijintüieberum befcr)rdnft gegen Oben burd) bie 2Jiacr)t ber tone, ber fte
Ijerfömmlidje (Steuern, in gälten ber 9iotlj baö 2)anegelb, unb überbiep bie reget*
mäßige Slbgabe beS Se^enetntrtttö ober baö 3telemum gu entrichten fyaben. (Eine
(Sdjranfe nacit) Unten für bie ©rofjen ftnb bie fechte ber niebern (Staffen, iüeldje ber
Jlontg unerfdjütterlicr) aufrecht J)ält. 2)er eingetretene 2Becf)fel ffciegelt ftcf) in bem
SluSbrucfe feudum ab, ber jtatt beö älteren beneficium in ©ebrauef; fommt.
3)er <&taat, ber im DomeSbatyboof unb in ben ©efefcen SBilhelmö
$um Borfchetn fommt, ift ntc^t mehr nach bem bt6 balu'n im Mittelalter
üblichen Baurtffe aufgeführt. 2)er Normanne fyat, obgleich alte tarnen
— boch, wie wir fehen werben, nur $um Xtyil — fortbauerten, (StwaS
9?eue$ gefc^affen. Unter einem ©antreten tterftanben bie alten ©ermatten
unb tterfte^en — wentgftenS naa? meiner Beobachtung — bie meiften
SWenföen l?eute noch einen folgen £errn, ber thun fann, was ihm bdkbtf
unter einem ©flauen ein folcheS ©efchöpf, ba$ thun muß, wa£ man ihm
befiehlt. Dtefe Begriffe paßten nicht mehr auf baS »on Wilhelm in @ng*
tanb errichtete deicht Weber auf baS <£>au£t, noch auf bie ©lieber liefen
fte ftch anwenben. Wilhelm, ber ^ö'nig Britanniens, fonnte nicht naa)
freier 2Btü*für fchalten. 3)enn erftlia) waren ihm bie §änbe gebunben,
gegenüber bem einflußreich ften unb mächttgften ©tanbe be$ neuen Staats,
ich meine gegenüber bem höheren (£leruS.
3ene Verträge mit 9tom t)atten gleicbfam ein <Steb zubereitet, bura)
welche^ alle Diejenigen, Welche auf Stühle unb Abteien beförbert werben
wollten, htobwehfaufen mußten. DaS fragliche Sieb geftattete aber nicht
mehr bloßen ©ünftlingen beS «§of$, fonbern nur «Solchen ben Durchgang,
Welaje Bürgfdjaften gaben, baß fte als Bifchb'fe ihre Pflichten gegen bte
582
Sßafcft ©regoriuö VII. unb fein ßtitaUtx.
Mixa)e gewiffenhaft erfüllen würben. (§3 genügte ntct)t mef>r, baß — rote
eö in ©ermanten unb in ben meiften deichen beS 2lbenblanbe6 ber gall
war — ber Jtönig erflärte: ia) will ben unb ben jum SBifcfjof ^aben,
fonbern ber vorgefctjlagcne Bewerber erhielt bte 2ßetf)e unb mit ir)r baS
5(mt erft bann, wenn er auch betn $abfte ober für anbere gälte bemjentgen,
welchen ber Cßabft ju feinem (Stellvertreter in (Snglanb elngefefjt fyatte,
nämltd) bem (Srjbtfcbofe von (Santerburty gefiel. *ßabft aber unb (Srsbifdjof
Riepen nur bte Erhebung (Solcher gut, von benen fte bte Ueberjeugung
hegten, baß bte 23eftättgten nie unb nimmermehr aus SBohlbieneret für ben
£of bte fechte ber Kirche — unb btefe fechte Ratten einen wetten Um*
fang — preisgeben würben. Sobann übten bte alfo ernannten 23tfcf)öfe
unb Siebte vermöge tl)re3 @i$e$ im 9ieid)Stage ober Parlament — wovon
unten bte 9^ebe fein wirb — fyochwtdjtigen Einfluß auf bie SSerroaltung
M <5taat$. Wlan muß bat)er benennen, baß burd) bte von 2Btlf)elm ein*
geführte StaatSorbmtng bte gretyett ber ßrone — baS SQSort im oben
entwickelten (Sinne verftanben — merflid) befdt)ränft rourbe.
9?id)t minber waren §wetten3~ bem Röntge bie ,£>änbe gebunbelf, gegen?
über ben r)ot)en weltlichen 93afallen, ober ben 3ur)abern ber vielen im
£>ome6t>ar;boof aufgeführten ■äflanerteu. Dirne tr)re Einwilligung burfte er
fein @efe£ erlaffen, feine neue (Steuer ergeben, überhaupt nichts 2Btd)tigeS
vornehmen. 5Jud) befaß er nicht bie 9)?aa)t, trgenb einen 3Safallen — ob?
gleich ber gan^e Stanb fein ©efcbövf roar — willkürlich abjufefcen, fonbern
über foldje gälle entfa}teb baS 9?ormannenred)t , weldieS $. 23. 2Btlr)elm
nötigte, baS £eben beS £ochverrätherS Stöger, EarlS von §ereforb,
ju fronen, foroie baS t)ba)fU SanbeSgericht, bie curia regia, in welcher
Männer faßen, bte ihren eigenen Spillen Ratten unb bie fechte beS StanbeS,
bem fte angehörten, hartnäckig vertl;eibtgten. Srvax *>cm Scheine nach führte
baS herrfchenbe (Staatsrecht auch in anbern, altern deichen ähnliche (Schranfen
gegen fönigltche 2ötllfür auf, inbem eS bie gürften verpflichtete, Einwilligung
unb 9ktl) ber t)Ol)m 23afallen einzuholen. 2lber btefeS Stecht roar fonft
ntrgenbS §ur vollen Wahrheit geworben, im normannifchen Euglanb bagegen
verwanbelte fich bte (Schranfe in gletfcr) unb 23lut.
2Bie bte greifet beS £au:ptS, fo engte ber von bem Normannen
gegrünbete <Btaat aucb bte greifet ber 2lrme, ber £änbe, ber 23ruft,
ich will fagen bie SBillfür ber fytyan unb niebern Sßafallen gewaltig ein.
9cad) £)ben unb nach Unten würben benfelben fefte unüberfchrettbare ©rängen
Vorge$etd)ttet. $öntg Stlhelm bewilligte ben. ^ronvafallen wefentltche fechte,
namentlich gewahrte er freiwillig unb mit voller £anb 3)aS, waS bte meiften
gürften beS geftlanbS lange ju umgehen gefugt hatten, unb waS fte boc$
§ule$t alle jugeftehen mußten, bte Erbltdjf eit ber Sehen; ich fage, er ge*
Währte btefe n)tct;ttcje 33efugniß, unb jwar meines Erad)tenS barum, weil
S3terte$ 93uc$. ®ap. 27. *)3arlamentartfdje 93erfaffung ©ngtanbS. 35aö 2Bort feudum. 583
er erroog, baß SBorenthaltung rotber bte Natur ber $)tnge ftretten würbe
unb barum unausführbar fei. 2)a3 fünfte feiner latetntfchen ©efe^e1)
lautet, roie folgt: „2Btr wollen, befehlen unb gewähren , baß alle freien
Sflänner ber ganzen Monarchie unfereS englifa)en JlimtgretchS 2) ihre
Sänbereten unb ©üter in gutem grieben mite ^aben, gefiebert gegen jebe
ungerechte 53efa)a^ung unb alle 33eben,3) alfo baß man nichts oon ihnen
forbern ober nehmen folt, als bte Setftung ber freien (ba$ \)z\$t ber frei?
rotlltg »on ben 33afallen felbft bei ber 2er)enöübemal)me jugefagten) £)tenfte,
roela^e fte un$ tton Necr)t$ roegen fc^ulbig finb vermöge ber Uebereinfunft,
burd) roelctje tf)nen mit (Stnroilligung ber Nath3t>crfammtung be$ ganjen
Netch$ erblicher SBeft^ ber &hen für alle Seiten jugeftanben roarb."
SSorerft tft flar, baß Äönig SBilljelm hier auf eine allgemeine 93er*
fammlung ber <Stcmbe S3ejug nimmt, roelct)e föntglia^e Vorlagen in ber
Art gut geheißen hatte, baß burch tl>re (Stnroilligung bte 93orfa)läge §um
Neicr;ggefe$e rourben. Die (Efyronifen fchroetgen fcon biefem Neich^tage,
nur ba6 erjagen fte, baß 2Bilr)elm in bem ober jenem 3ar)re, roie 23.
1071 nach ber Nütffehr oom gelbjuge gegen Northumbrten, im £erbfte 1074,
bann roieber an Setlmachtett 1085 §u ©lofter große SSerfammlungen feiner
SBarone hielt.*) Auf einer folgen 3uf ammenfunf t muß ba£ gefeiert fein,
roaS obiges @efe£ anbeutet. Sehnliche 93erfammlungen fommen h^fe fa
ber ©efchichte (SnglanbS nach 2Btlf)elm L fcor unb .et tft fein ßwetfel, baß
feine Nachfolger ebenfo rote er über rotehtige Angelegenheiten ben Nath ber
S3arone t)örten unb ftcf) ihrer dnftttttftimg mftcherten.
$)te fraglichen 93erhanblungen felbft erhielten fyäter ben Namen $ar*
lament, ein Auäbrucf, ben, roie ich früher5) geigte, bte normanntfehen Neun*
chrontften be6 12. 3ahrfmnbert3 fcr)on auf öffentliche SBeratfmngen an*
roenben, bie p Anfang be$ 11. 3ahrhunbert$ unb bann roieber nach ber
SNttte beffelben in ber Normanbte ftattfanben. Allen Anzeigen nach tft
ba£ Sort mit ben (Eroberern nach (§nglanb l)tnüber gefommen. SvtotxfäU
lieh barf man baljer behaupten, baß bte parlamentartfche 93erfaffung (Sng*
lanb$ fchon ju ben fyikn StlhelmS L begann, roenn auch ber Auöbrucf
Parlament — roa$ allerbtng$ ungeroiß — bamalS noch nicht gebräuchlich
geroefen fein follte.
*) Ancient laws (£.211 unten flg. 2) Omnes liberi homines totius monarchiae
regni nostri praedicti. Wlan bemerfe , wie bebaut unb mit Welchem SRadjbrntf er fyier
ba$ 2Bort monarchia einfügt, um anzeigen, baß er allein £err unb .ftontg fei unb
bleiben rootte, obgleich er ben @tänben große Steckte gewahre. 3) Libere ab omni
exaetione injusta et ab omni tallag io. ßefctereg ©ort bejeidjnet foldje Abgaben,
toelcfc Sefjenljerren tvitlturlid) r-on £interfaffen eintrieben. 2)afjer wirb bem £auptir>orte
tallagium fydufig ba$ Jöeitoort injustum jugefugt. SWan »ergl. £)u (Sange tallia ; S3anb
VI, 496 ber neuen Sluggabe. S)ie urfVrünglic^e 93ebeutung beö 2ßortö iji ^erb^otj.
*) Flores histor. ©. 636. 638. ©nc^eöne 6. 535, c. u. oben @. 552, 6) Oben @. 359.
584
$abfi ©regoriuS VII. unb fein ßtitalkx.
3weitenö erhellt auö ben Sorten beö angeführten ©efefceö, baß ber
jtönig jvoar bie ßuftcherung gab, feine ungerechten €;d)a£ungcn unb nament*
lia) feine 23eben oon ben £el)enträgern ju forbern, aber gleichwohl festere für
oerpflidjtet erflärte, gewiffe rechtmäßige 2)tenfte §u leiften, bereu ©ilttgfeit,
rote er fagt, bie allgemeine Nathöoerfammlung beö Netchö anerfannt fyabc.
Söorin beftanben nun biefe 2)tenfte? olme grage jundct)ft barin, baß alle
^ronoafallen jeben Slugenblicf bereit fein mußten, in eigener $erfon unb
mit «£)ülfe i^rer £interf äffen ben Äönig unb feine 9fecbte überall innere
unb außerhalb ber ©ränjen beö Netcheö (Snglanb ju oertheibtgen. 2)ret
©efe£e l) Silhelmö, bie ber nämlichen Sammlung einverleibt fmb, fdjärfen
eben biefe ^füd)t, unb §war mit £tnweifung auf bie jugeftanbene (Srblta>
feit ber £et)en, fämmtlichen ^afallen ein. 2lber mit bem bewaffneten 23et*
ftanb war ber Umfang ber Seiftungen, welche ber ilönig von feinen Sehens
trägem forberte, bei Leitern nicht abgefd)loffen, vielmehr ftef)t feft, baß
er unter ben rechtmäßigen 2)tenften, §u welchen bie Sßafatlen gegen ihn Oer*
pflichtet feien, auch Abgaben an ©elb ober an Naturalien begriff, bie ihn
ihn ©taub fefcen follten, ein ftef)enbeö 6ölbnerf)eer §u halten unb im Nott)*
falle bie Sreue unb ben ©efjorfain abgeneigter SBarone geroaltfam $u er*
fingen.
SStele ber Sänbereten, welche ber Normanne nach ber (Eroberung bem
angelfächftfchen 5lbel entriß unb unter feine SBarone oertr)eilte, fetten äu
ben 3c\kn (Sbwarbö an bie jfr-one gewiffe, bura) baö ^erfommen feftge*
feilte, Abgaben entrichet. 3m 2)omeöbatyboof ftnben fta) SBewetfe, baß bte
neuen normanmfeben SBeftljer, 2Bilf)elmö ©roßoafallen, biefelben Saften in
gleicher 5lrt, rote ihre angelfächftfchen Vorgänger, abtragen mußten, unb
baß ber Äönig ©äumtge §ur Nechenfchaft §og. 3d? gebe einige 33etfyiete.
3n ber 23efchretbuug oon SBarroicf J>etßt 2) eö: „ju Sarroicf beft^t ber
^önig 113 Käufer, 112 anbere gehören oerfd)iebenen SBaronen beö SRetchö,
aber auö allen jufammen begeht bie $rone (Steuer." (£benfo jtnöten3)
»tele Batterien, roelche Noger oon -äftortatn, 2Bilf)elmö ^albbruber unb
SRabulf oon Stmeö in ©omerfetfhtre befaßen, an benachbarte £auptr)öfe
beö ^öuigö. 3n £>eoonff)tre lag ein großes @ut, 5llfemtnfter, baö früher
im 23eft£e (Sbwarbö geroefen unb nach ber Eroberung in bte £änbe Sil*
heim gelangt war. $on btefem <5cha&f)ofe wirb gemelbet: 3) „nach 5llfe*
minfter fchulben bie Batterien (£l)erleton, baö bem S3tfct)of (©oiöfreb) oon
ßoutauceö, £oneton, baö bem ©rafen oon -äflortain, 6maurtg, baö $a*
bulf oon ^omeret, -IDionbert, baö Stlhelm (5f)eore, 9fa>oertge, baö bem
SDtetenfttft ju 9touen gehört, baö erftere 15, bie anbern je 30 £>enare
') Ancient laws <S. 211 u. 212, *Kr. 2. 8. 9. 2) Gilt* I, 44. 3) Ibid.
4 238.
a&t'erte« 93ud). ®ap. 27. *ßarlamentarifd&e Sßerfaffung ©nglanbS. $>aö ©ort feudum. 585
jährlich. 31 ber ber Äönig I)at fett mehreren 3af)ren biefe 3^fc
nta)t befommen."
9Jlan fte^t, bte großen Marone waren fäumtge Stykx, fte fugten bie
au6 (Ebwarbö 3e^ fjerrü^renben Abgaben ju umgeben. Die 33efcf)retbung
oon (Eanterburty enthält 4) folgenben Sa£ : „ju (Eanterburty beft&t Rabulf
toon Gturbeöffcine toier SÖlbnerhctufer, bereit ©ertchtSbann ber trotte ge*
hört, aber bte auf ben heutigen Sag fyat ber $önig fein (Sinfommen barauö
belogen." (Ebenfo bte 33efd)retbung 2) oott Effert „jur 3t\t be$ Königs
(Ebwarb waren toter £iben Sanb im 23eft$e toon toter greten, welche bte
£anbfteuer bellten, je&t haben befagte £iben Robert, ber 6ofyn (Eorbutto'3,
unb £ugo toon SRontfort tnne, aber fett fte im 23eft£e ftnb, tft bte Abgabe
toon tlmen nicht erlegt worben." Untoerfennbar fügten bte Slbfaffer be$
23uchö ben Rachfa# in ber 2lbficht bei, ben böfen Schulbnern §u bror)en.
Doch fmben ftd) nur wenige SBetftotele, ba|? bte Drohung »otogen warb.
3n ber 33efa^retbung toon 23ebforbfhire fjeif t 3) e6: „nach ber (Eroberung
erhielt £)$bem4) mehrere Sänbereten §u £ef)en, bte §u ben 3^ten be£ Königs
Abwarb Jßanbfteuer entrichtet Ratten. Da er fta) weigerte, bte Abgabe ju
jagten, übernahm btefelbe Rabulf SatllebotS, unb warb nun in ben 33eft§
be$ betreffenben @ut$ gefegt."
$ömg Süfyelm betrachtete ftet) al$ Rechtsnachfolger (EbwarbS be$
33efenner$ unb forberte bar)er bte Renten, welche Teuerem gehört hatten, als
ererbtes (Eigentr)um. 2llle biefe Renten nun fielen nach beS Königs 2ln*
ftcht nicht unter ben begriff ungerechter (Behauungen unb Söeben, welche
laut obigem ©efefc abgetan fein follten. 2luch ein guter Ztyil ber Marone
wagte nicht, bte Rechtmäjngfeit berfelben $u beftreiten, fonbem sar)lte, ob*
gleich im Allgemeinen ber ©tanb £uft bezeugte, bte unangenehme Saft ab*
aufrütteln.
(Sine anbere allgemeine (Steuer, welche burch baS fragliche @efe§ nicht
au$gefcf)loffen warb, unb bereu Rechtlichfeit überhaupt nicht angefochten
worben fein fann, war baS Danegelb. <Ste gehörte jeboch §u ben auf er*
orbentlichen, welche «ftönig Wilhelm nur feiten — fo totel ich ftnbe, fogar nur
ein etnjigeSmal — für befonbere 3wcfe unb ftcherltch nicht ohne (Einwilligung
ber SBarone beS Reichs erhob. glorentiuS toon SBorcefter 5) unb bie Sachfen*
chronif 6) bezeugen, baf 3Btlt)elm 1084 unb 1085, ba ber (Einfall ber Danen
erwartet würbe, 6 «Schillinge auf jebe £ibe Sanb burdj baS engltfche Reich
auöfchrieb. Der feuhftfehe (Ef)fonift fu9* W# baß J)tntenbretn bte normannifchen
©utSherren ben fte treffettben Anteil toon ihren angelfächftfchen #tnterfaffen
*) S)omeöba^Boof I, 2. evjic ®$aUe, SWitte. 2) Vol. U, 2 unten flg. 3) Ibid.
I, 216, brüte Spalte, SOWte. *) (Sr toax einer ber gropen 93afaUen. 2Jlan »ergL
dm l, 460. 6) Flores histor. @. 641. ß) Ad a. 1085.
586
<ßafcft ©regortuö VII. unb fein ßzitaltex.
erpreß t hätten. 9eun ftnb allerbtngS alte Nachrichten f) auf un$ gefommen,
laut weiden $önig Wilhelm gett>öf)nttcf> bei (Erlegung be6 2)anegelbg tnele
©utöbeft^er, namentlich bte getftlichen unb bie größten weltlichen ßef)enträger,
»erfet/ont h^en frtf. Sllletn bte förmlichen SluSbrücfe ber angeführten beiben
ßhrontften, benen nod) Heinrich tton Huntington,2) Stöger tton §ofceben,2)
Simeon x>on 2)urham 3) unb etliche anbere betgefügt werben mögen, laffen
feinen Steffel barüber ju, baß ber itönig wentgftenö ba$ $)anegelb be$
3ar)re$ 1084 mt Hillen ohne 2lu6nahme eintrieb.
$)tefe ©teuer warf einen h<%n Ertrag ab. 3^ar läßt jtet) bie ©röße
ber ,§>tbe nicht beftimmen, ba bte Duellen StberfprechenbeS berichten.*)
£)te Angaben fchwanfen §wtfchen 120 (bem großen £unbert), 100, 96 unb
weniger Stecfem. Slnbere fagen, bte £tbe §aU fo t>tel Sanb umfaßt, als
jur S3tlbung eines orbentltchcn 23auernr)ofö, ober für ein ^fluggefpann Inn*
reichte, wa$ ungefähr auch ber ältefte ^Begriff be$ feftlänbtfchen 9J?anfu0
ober ber §ube tft. dagegen befreit wir eine angelfächftfcr)e, wie mir fchetnt
aus 9lnlaß be£ 2)anegelb3 entworfene, Sifte,5) laut welcher bie engltfcben
*jkottin$en im ©anjen 243,600 §iben Sanbeö umfaßten. 2e|tere Rechnung
ju ©runbe gelegt, würbe baS »olle Danegelb runb 1,460,000 (Schillinge
eingebracht fyaben, waö in *ßfunbe serwanbelt, bie (Summe »on 73,000 gibt.
Nun &al)lte6) Gmglanb wirfltch einmal in ben fjärteften Otiten ber
Siftngerherrfchaft, nämlich im 3af)re 1018 unter totut I., bie (Summe
t>on 72,000 *ßfunb unb brüber an lDanegelb. Unter folgen Umftänben
räth meinet (SrachtenS ber gefunbe 9D?enfchemoerftanb, obige Sifte für richtig
&u erflären. folglich $at Wilhelm ber Eroberer 1084 t)on fämmtlichen
@ut$beft§ern be$ 9feid)6 gegen 73,000 $funb ©über erhoben. 3dt) frage
jefct, tft e$ bei ben flaren (Spuren be$ 93orhanbenfein6 einer ftänbtfchen
SBerfaffung trgenb glaublich, baß ber Normanne eine fo fchwere (Steuer ohne
Einwilligung be£ ^etcf/StageS forberte? ©ewiß ha* er vorher mit ben
großen 93af allen unterhanbelt.
(Snblich führte 2Btlr)elm noch eine brüte (Steuer ein, welche ben 9faa>
laß fcon SBafallen aller 2lrt betraf, unb welche jeber Erbe ber befchriebenen
Slrt unfehlbar einmal in feinem Seben bezahlte. 3ux (Srflärung beö ©e*
fagten muß ich in bte ältere ©efchichte ber <Sflat>erei aurüefgretfen. Ur*
fprünglich befaß fein poriger ©tgenthum, unb wenn ein $um ßanbbau tter*
wenbeter unb ju biefem 3wecfe mit einer Heilten Sßirthfchaft auSgeftatteter
(SHatte ftarb, fo fiel OTeS, wa£ er hinterließ, an ben §errn jurücf. £>a
ftch bte Sage ber Seibeigenen fortwährenb unb [tätig, obwohl langfam, befferte,
*) @Uiö I, 349 flg. 2) ©aöile @. 370 gegen o&en, 460 obere Sflitte. 3) £*|t*
fcen <£. 212 unten. 4) @lli$ I, 145 flg. 5) £u Sange, sub voce hida, neue
Sluggafce III, 668. 6) ©ie^e ofcen ©. 150 u. Flores histor. @. 619.
Stertes 93u#. (5a*>. 27. <ParIamentarifd)e SDevfaffung (5ngtanbe\ £aö 2£ort feudum. 587
warb auct) baS eben erwähnte SBerhäftnij? — unb jwar fcbon in ben ßeiten
ber Gerlinger — baf)in gemtlbert, baß ber £err, ftatt 5ltleö an fta) ju
gießen, einzelne ^etle be$ $tatya$i$, bte ihm gefielen, j. 33. ba$ befte
©tücf $tel), ba6 befte ©ewanb, nar)m. Die S3efugntß bc£ £emt, €oldie$
$u tf)un, l)tef Äurmebe unb fpäter ba6 33eftf)au))trecf>t 4) 2öill)elm wanbte
bte Jhtrmebe, bte n>ot)l in ber 9^ormanbte allgemein üblich gewefen fein
mag, junäcfcft auf bte nach ber (Eroberung im 23eftjje föniglidjer Set)en fcer*
bitebenen angelfächfifchen (Ebellcute an. Wlan nannte lefctere »orjugöroetfc
^atne, ^egne ober Xfyant, n)tett>or)t biefer Sluöbrutf mtfjbräud)lich $u*
teilen auch tton ben normanntfcfjen 23aronen, felbft ber l)öc^ften klaffe, ge*
braucht wirb.2)
Da$ DomeSbatyboof enthält in ber SBefchretbung »on 93erffr/tre folgen*
ben3) @afc: „wenn ein $l)am ober ein fömglictjer @olbat fttrbt, fo fallen
alle feine Staffen unb überbtefj ein gefattelte$ unb ein ungefattelteö $ferb
an ben Jtönig. £at ber 93erftorbene £unbe ober galfen fymterlaffen, fo
müffen biefelben vorgeführt werben, bamit ber Jtöntg bason auswäre, wa$
ir)m gefällt." £)r)ne grage ift ber ©ebrauch, ben r)ier ba$ DomeSbatyboof
befchreibt, nicht mehr unb ntebt weniger, al$ eine Ausübung beö S3eftl)aupt^
recr)t$ ober ber Jturmebe. Der Eroberer ($nglanb$ betrachtete ftd) als ben
wahren (Sigenthümer ber ©üter, bereu 9ht($ntej3ung bie engltfchen $f)ane
befajkn. Da er jeboch fein (Stgentl)um^red)t nur in befa)ränfter gorm ber
Jhtrmebe ausüben will, begnügt er ftch, bie werthfcollften ©egenftänbe be$
9laa)laffe6 ber Xfyam auswählen.
So^lan, baffelbe 9^edr)t machte jlöntg SQStIr)eIm, obwohl in milberer
Seife, gegen alle weltliche normannifc^e Marone, felbft bie fyö'cbften, geltenb,
gemattete tr)nen aber anbererfettS, ebenfo gegen il;re Utttenoafallen, bte mittel
baren Sehenträger, ju t)erfal)ren. Die Ueberfchrtft be$ 20. ©efeje64) ber
franjöftfcb^latetntfa)en Sammlung befagt: „von ben Abgaben, bie beim
(Antritte in bie 2el)cn entrichtet werben müffen."5) Der %?xt lautet: „1) bte
Slbgabe fcont Eintritte in ein fönigltcheS ©rafenle^en beträgt 8 *Pferbe, tton
benen 4 ©trettroffe, auct) gefattelt unb gejäumt fein müffen, bann mit ben
4 hoffen je 4'£arntf<$e, £elme, Sanken, Schübe unb Schwerter. Sßon
ben anbern 4 ^ferben werben 2 Paßgänger, 2 jur 3agb btenlich unb
alle 4 mit %u$l unb Saum »erfe^en fein. 2) Der Eintritt in ba$ Sehen
eineö 23aronö beträgt 4 $ferbe, worunter 2 6 d) lad) tröffe, gejäumt unb
gefattelt, fammt je 2 ^arntfdjen, ©drüben, Reimen, Sanken, ©^wertem.
SSon ben übrigen 2 $ferben foll baS eine ein ^afgänger, ba$ anbere
*) 3d) t>crWeife auf £)u (lange, sub voce curmedia unb auf meine ®ef#td)te ber
beutfe^en 53olförec^te. 2) ©MS I, 45 flg. 3) Ibid. I, 272. 4) Ancient lawS
@. 205. 6) 3m Catcinifdjen furg de releviis.
588
$a&ft ©regoriuS VII. unb fein ßtitalkx.
jur 3agb bienltcf), aud) beibe mit 3^um unb 3ügel verfefjen fein. 3) 2)er
Untervafall gibt al$ eintritt in ba6 Sehen an feinen £errn ba$ $ferb,
baö fein verdorbener Sßater am ^age, ba er ftarb, befaß, foroie je einen
£armfa), £elm, 6chilb, ein 6d)roert unb eine Sanje ab. (Sollte er
über biefe ©egenftänbe nicht »erfügen, fo fann er bie Abgabe mit 100
Schillingen löfen. 4) £)er Eintritt be£ Kilianen befielt au$ bem beften
Raupte £au3vteh; fei e3 ein Da)fe ober ein 9foß, baffelbe muß an ben
Sehenf)erm abgegeben Serben. 5) ^Diejenigen, roelche Sanb auf
paa}t mne tyaben, entrichten als Seheneintritt ben $aa)tfa}illing eines
3af)reS."
(Erft beim brüten 2lbfa£e, roo ber Sext vom *Pferbe beS verdorbenen
SSaterö han*>eft' Mtt beutlich r)en>or, baß baS 9Wevium von (Erben nach
bem $obe beS (Erblaff erS entrichtet rourbe, ober um in neuerer Seife ju
reben, baß eS eine Abgabe vom ©terbefaE war. 2)er £ext brauchte bieß
nicht auSbrücfltch ju bemerfen, benn jeber (Englftnber ober Normanne roußte,
roenn er baS Sort relevium hörte, baß bie ©ache ftet) fo verfielt. 2)aS
@efe£ wirft fämmtliche Sehenträger, vom ©rafen unb 33aron beS 9^eidr)ö
bis sunt legten Kölner, offenbar abfichtlia), in eine klaffe. (ES beutet bamit
an: lle> obgleich fonft an gefellfchaftlichem $ang unb an (Etnfommen fef)r
verfchieben, feien barin gleich , baß fie fein roaf)reS (Eigentum beft^en,
fonbern ein erborgtet, baS ben ©inen ber Äönig felbft, ben 5lnbern, vom
Röntge baju in Stanb gefejt, I)öl)ere $afallen verliehen.
3roar fyat ber jlönig bie (Erblichfeit bewilligt, allein einerfeitS bamit
in ben Gelehnten ftets baS S3erx>ußtfetn ihrer Pflichten wach erhalten roerbe,
anbererfeitS bamit bie $rone auS bem großen 2Bertf)e, ben fie ben
SBafallen $ur S3enü|ung überlaffen fyar, einigen SBortheü äier)e, müffen bie
(Erben beim Sobe ber (Erblaffer jene Abgabe leiften. 5luch baS SOSort
relevium fpiegelt biefen ©ebanfengang ab. £)urch ben £ob beS 33afallen
rollt baS Sehen gleichfam an ben wahren (Eigentümer §urücf, ber (Erbe
genießt jeboa) baS Stecht, mittelft beS (EtntrittgelbeS baS Sefjen feinet
SBaterS aufgeben unb an ftd) §u jier)en: relevat feudum.
$ter von ben fünf klaffen, welche baS ©efe£ aufzählt, nemltch ber
©raf, ber 23aron, ber 93alvaffor ober Untervafalle, ber Kiliane, fallen
tnfofem unter einen ^Begriff, als t>ie Sehengüter, Welche fie inne \)abcn,
erblich ftnb, vom SSater auf ben Sof)tt übergehen. 9J?an fleht baher, baß
bie oben1) aufgehellte ^Behauptung, bie Kilianen feien (Erbpächter, ober
erbliche Sehenbauern geroefen, burch SilhelmS eigene Sorte bestätigt wirb.
33on ben vieren unterfcheibet baS ©efe§ eine fünfte klaffe, beren 9)?ttglteber
ee beutlia) als Stitp&fyUx bezeichnet. 2)
l) e. 569 ftg.
!) Qui terram ad ceusum annuum tenet.
93ierte3 93u#. ($<ty. 27. «ßatlamentarifd&e 93erfafTung (gnglanbö. S)ad SBovt feudum. 589
9htr fann ber ^acht nicht, wie ber gebrauste SluSbrutf ftch beuten
läßt, ein enijä^rtger gewefen fein, benn fonft hätte ein folcber $interfaffe
außer bem *ßad)t auch noch baS @intritt;@elb, welches bem betrage eines
einjährigen ^acfctö gletchfam, alfo bereiten *ßacht erlegen muffen, was
anzunehmen wiberftnnig wäre, fonbem bie fraglichen Cßarf)te werben auf
eine Diethe von Safyrcn ober auf bie £eben6bauer beS Pächters gelautet
haben. Ü)aS Ijeift nun: ber fünfte Slbfafc r)at Börner cotarii im Sinne.
SBeiter aber fte^t man, baß Stthelmö ©efe£ barauf beregnet ift, auch ben
3eitpaa^t in ßrbpa^t, baS heißt ben Jtötner in einen ^otfaffen ju ver*
wanbeln. £)enn ber gefunbe Sftenfchenverftanb nötigt meines (ErachtenS,
anzunehmen, baß Abgaben, welche ihrer 9?atur nact) von (Srbfdjaften ge*
leiftet würben, in ber 9JegeI nur «Söhne ber früheren Pächter unb zwar
bann entrichteten, wenn ber (&ut$v)exx ihnen ben (Eintritt in ben unoer*
änberten Nachvertrag beS 93aterö gemattete.
$)ie Stellung beö Kilianen ober ©eneat, fowie bie beS ^Babaffor ober
be6 mittelbaren Ser)enträgerS ift uns befannt. Sluch wiffen wir, baß bie
©rafen beö erften unb bie 53arone beS ^Weiten SajjeS tenentes in capite
Waren ober unmittelbar von ber jtrone abhingen. SluSbrücHich bemerft
ber erfte <Sa|3, baß bie (Sintrittabgabe vom @rafenler)en bem Könige ge*
horte. 5lber wie »erhielten ftcf> ©rafen unb Marone fonft ju einanber?
2)te Sorte be$ ©efe£eö geftatien nur auf ein 9D?erfmal beS Unterfd)tebeö
ju febfießen, nämlich barauf, baß bie ©rafen, welche ben boppelten betrag
ber (Srbfchaftfteuer beS 33aronS entrichten, umö doppelte begüterter waren
alö bie 33arone. 3ene müffen größere 9J?anerien inne gehabt ha^en als bie
anbern, unb als Sd)mucf beS wertf)Volleren 33eft£eS wirb ihnen ber Sitel ©raf
bewilligt worben fein. 3d) werbe weiter unten an einem anbern Drte
geigen, baß allerbingö nur 93eft£ unb Sitel ben ©rafen vom 93arone
unterfchieb.
Der betrag beS (grbfdjaftgelbeS wog fchwer. $on ben brei t)ör)eren
klaffen genießt nur bie britte, bie ber SBalvafforen, ben $orthetl, ben
wiebtigfien ©egenftanb beS 53eftr)au^tredt>tö , baS *ßferb, niebt von einem
©rabe ber ©üte, ben baS ©efeij vorfchreibt, fonbern fo wie ftch eben ba$
Ztyex im $aufe beS (Erblaff erS ftnbet, abzugeben. SSejüglicb ber anbern
beiben klaffen beftimmt baS ©efefc verbeeft ben 2Bertr), unverhohlen bie 2luS*
rüftung, bie geliefert werben mußte. 2)enn bamit ein *ßferb ben tarnen
eine6 ^amVfroffeS, etneö Paßgängers, eines 3agbläuferS verbtene, waren
gewiffe (&tgenfd)aften unumgänglich. Unb gerabe biefe brei Strien hatten
ben größten 2Öertr), vor allen baS Strettroß.
SBetter erwähnt baS ®efe£ nur bei ber brttten klaffe eine Stblöfung*
fumme in baarem ©elb, bie ber Pflichtige jaulen mag, im gatle er bie
590
<Paofi ©regormö VII. unb fein 3ettalter.
Qcforberten ©egenftönbe ntdjt $ur £anb r)at. !Run erhellt 4) aber aus bem
£)ome$bar;boof, bajj jtönig SBttyelm unzweifelhaft beftrebt war, Natural*
leiftungen fo viel als mogltdr) ftt baar ©elb umjuwanbeln. 2)emnad) ift
waf)rfa>inlid) , baß aua) ben ©rafen unb Maronen geftattet korben fein
bürfte, wenn fte felbft eS wünfdjten, ben (Sterbefall in ©elb abzutragen.2)
2)ief fcorauSgefe^t, muß bie 2lblöfungfumme beS 33aronS, ba er ber
3ar)l naa) baS 33terfact)e »on bem betrage beS «BafoafforS, bem 3ßertl)e
naa) tnel beffere £f)tere ju liefern hatte, nta)t auf baS 93terfaa)e, fonbern
meinet (SradjtenS um ein guteS r)öt)cr , beifyielswetfe auf baS <5ed)Sfad)e,
alfo auf 600 Spillinge, gefdjäfct werben. 9?aa) bem nämlta)en ÜÖkfjftabe
beltef fta) bte Slblöfungfumme beS ©rafen, ber ftatt t>ter acf>t Stoffe lieferte,
auf 1200 (Schillinge.
3n ber fünften jtfafe beregnet baS ©efefe bte (Steuer beS £ehenwed>felS
nur in ©elb, inbem eS verfügt, baß ber $fltd)tfge ben $aa)t eines 3ar)reS,
welker in ber Siegel ben reinen Ertrag ber ßanbgüter barftellt — benn
ber SBauer gewinnt gewöfynltdj nur feinen Lebensunterhalt — entrichten foll.
2)er Normanne SÖilljelm war ein fyod}tterftänbige6 «£>aupt, feine ©efefce
ftnb bura^baa^t, geregt. (§r wirb ben armen grofyner ntct)t fa)lea)ter, noch
härter bef)anbelt haben, als ben Sorb, unb fo glaube tcf> ju bem ©bluffe
berechtigt ju fein, baß allen fünf 2lnfä£en ber gleite SWaßftab §u ©runb
liegt. 3)ann ergiebt ftet) folgenbeS SBerrjältniß: ber 2öertr), ben ber ©raf,
ber 23aron, ber Unten>afalle für einen (Sterbefall erlegen mußte, fam gleich
bem burchfchnittltchen reinen SahreSertrag eines (£omttatS, einer 93aronte,
eines »ollen Unteroafallen*2ehenS. £)ie Gomitate warfen alfo im 2)ura>
fchnitte ju SBtlhelmS 3?itn\ 1200, bie SBaronien 600, bte SBaloafforemSehen
100 Spillinge an reinem jährlichen (Stnfommett ab.
■ftun wirb aua) begreift, warum 2ßtlt)efm fo beharrlich barauf beftanb,
baß fein anberer 33eftjjtitel oon Sanbeigenthum gelte, als ttermtttelft föntg*
lieber Urfunben unb (Siegel, benn auf btefem ©runbfafce rul)te bie ganje »on
2Btlr)elm gegrünbete (StaatSorbnung. 2ßäre eS einzelnen Normannen ge*
lungen, auf anberem 2Öege, als bura) 53rtef unb Siegel, Sänbereten $u
erwerben, fo fyätten fte ftc^erltct) eS oerfuerjt, nicht nur bie auf fielen ©ütern
haftenben ©runbrenten ber föntgltchen Cammer, fonbern aua) ben Se^enjinS
bei (Sterbefällen abzuwägen, unb fomtt würbe ber $eim einer ton ber Ärone
unabhängigen 5lbelSl)errfa)aft, ein Anflug neuen ©auföttigthumS aufge*
4) (Sitte I, 261 flg., 267 unten flg. 2) <Scr)on unter bem nädjjien Könige öon
(Snglanb, 2BiU)elm bem SÄot^en , ftanb eö ben 3Safollen nidjt meJjr frei , bete* relevium in
Sfattur ju entrichten, fonbern fte mupten mit ©elb ablofen, benn 2ßiU)elm3 II. ©ruber
unb 9la$folger, £etnricr) I., fiebert ben ©aronen unb ©reifen ju, bo^ fie ntc^t me^r, fo
roie eö unter feinem ©ruber gefc^e^en, gelungen fein follten, baö relevium in ©elb ju
beja^len. Ancient laws @. 215 unten flg.
93terteg 93ud&. &ap. 27. $arlamentarifc§e 93erfaffung (SnglanbS. $>ag ©ort feudum. 591
fchoffcn fein. £>tefe flippen mürben burct) ba6 ©tyftem be$ Sricfö unb
(Siegel befettigt, beim e$ t>erftel)t ftcf) von felbft, baß ber Äöntg fem
9J?anerium verlier), ot)ne t>orI;er £>te, n>clcf)cn er etwa$ gab, auf volle Sehen*
treue ju verpflichten.
Sttan fter)t, für bie *Red)te unb 9?u£ungen, bte er ben ©rafen unb
33aronen bewilligte, ijat Jtö'nig SSüfyelm ebenbenfelben große 23erbtnblia>
fetten gegenüber ber $rone auferlegt. Sluct) nach Unten ju waren bte fyofyen
Sehenträger gebunben. Die Kilianen, bte ©eburen, bte Börner mußten baö
^errengut bebauen, £anb* unb ©pannbtenfte tfntn, 3u\\n\ liefern, aber
wenn ber Sßafatte ben Untergebenen bebrüefte unb babureb §ur gluckt ver*
leitete, fo brohte jenem ®efat)r, baß ber Jtönig, vermöge be6 oben w%t?
führten ©efefceö,1) bie von ben flüchtigen Kilianen verlaffcnen ©üter mit
§interfaffen feiner 2Bat)l befe|te unb mit ben neuen Sehenbauern £)tenft*
Verträge febloß, bte ba$ (£mfotnmen be$ tr/ranmfehen 93afallen wefentlid)
verringerten, ©in ähnliches $err)ältntß fanb att>tfdr)en ben Seijenträgern unb
ben ©Häven \tatt: bie porigen waren ein nufcbareS (Stgenthum be$ SSafal*
len, bennoct) burfte legerer aus ber Sirbett beö ©Häven nur folgen ©ewinn
jieljen, welcher vor bem ©efefce unb vor ber ^enfchltcbfcit gerechtfertigt
werben mochte, benn wenn ber ©utsherr weiter ging unb bem ©Häven
burd) $r;rannet ba6 Seben verbitterte, fo eröffneten ftch biefem in ben fönig*
liehen ©täbten, Surgen unb Sagern Orte ber 3uflucfyt/ M Dem 8lüa>
tigen nach einjährigem unbefebrtenem Aufenthalt bte Erlangung voller greifet
in Slu$ftd)t (teilten. 3)er ©utef^™ «ber erlitt für feine ©raufamfett ober
unverftänbige Habgier bie ©träfe, baß er werthvolle SlrbeitSfräfte für immer
verlor, 9füdftcbt auf ben eigenen $ortf)etl nöthigte bal)er ben @ut$herrn,
feine ©flaven menfehlich ju ber)anbeln.
3)te von Wilhelm eingeführte ©taatSform [teilt einen Organismus
bar, in weldjem alle ©lieber etnanber gegenfetttg in ber Slrt galten unb
tragen, baß baS r)öl)ere bte Gräfte beS nieberen benüfct, baS niebere ben ©cbu£
beS hü'hmn empfängt. (Stnjelne ©tänbe ftnb bevorzugt unb üben anfd)et*
nenb große ^feebte aus, aber biefen fechten entfprechen Pflichten, welche
gegen Unten fechte begrünben. 2)er Jtönig, als «gwupt, forbert bie £)ienfte
Silier, wenbet bagegen Stilen feine SSorforge $u, bie SSafallen werben, wie
ber jlöntg, von ben verfanebenen klaffen ber ^tnterfaffen ernährt, bafür
vertheibigen fte baS Sanb nach Slußen, galten bie innere Drbnung aufrecht,
jugletch ftnb fte verbunben, bem 9cährftanbe eine gewtffe (Sr^e §u erwetfen,
feft beftimmte fechte, bie oemfelben gebühren, &u achten. 2)er Jtönig hat ju
legerem 3wede befonbere Einrichtungen getroffen, welche bewtrfen, baß
O <§. 576.
592
©regottuö VII. unb fein 3ettaltet.
Ungcrechtigfciten, meiere ein TOtglieb ber fyotyxax (Stänbe gegen niebere
verübt, auf ben Später surücffallen, folglich flcf) felbft beftrafen.
(Schon 3ar)rr)urtberte vor Silhelm bem (Eroberer beruhte bie 93er*
faffung ber abenblänbtfchen 9^etdt)e guten ^^et!0 auf einer 5lrt von £er)en*
verbanb. Slttetn ber fett 1066 in (Snglanb aufgerichtete Sehenftaat untere
fchetbet ftet) roefentltch von bem älteren ^erfommen. 3Me 2ef)en, welche
früher Könige ausgaben, roaren ©efchenfe, Sohlten, mit benen fte ©üuft*
linge bebauten. 2)te 53efa^enften verbrachen al$ ©egenletftung bem ©eber
SBaffenbienft , gelten in ber Siegel aber ir)r 2Bort nicht, fonbern ftrebten
auf Soften be$ SÖotyltyäterd nach felbftftänbiger 9J?aa)t. Die von 2ßtll)elm
erteilten Sefyen bagegen müffen mit 2)arler)en vergüten roerben, für roelcr)e
er genau beftimmte Sixifcxi forberte. (Entrichtete ber ^Pflichtige bie 3in\cn
nicht, fo roar ba$ 2lnlef)en verrotrft unb gefünbigt. Begleich ^)a^e S33ilt)e(m
Slnftalten in$ Seben gerufen, welche baö Jtöntgthum in (Stanb festen, Pflicht*
Vergeffene ^ur 9^edt)enfcf>aft ju stehen.
6tet$ wirb man ftnben, baf ber Sßolföinfttnft 6a)(agroorte fchafft ober
$u gebrauten liebt, welche fürs unb Mfttg ba$ Siefen wichtiger (£tnrichtun*
gen aufrechen. 2)ie alten Sehen Riefen beneficia, ein 2luSbrucf ber tr>ren
Qifyaxattex gut bezeichnet, gür bie neue 5lrt von heften fam ein neuer 9?ame
auf, ber, wenn auch vielleicht fct)on ein halbes 3ar)rr)unbert unb mer)r vor
©nglanbS Eroberung ba unb bort angewanbt, boch erft burch 2Btlr)eim6
Vorgang allgemeine Verbreitung tm Slbenblanbe erlangte. 2Bof)l fett bem
(Snbe be$ 10. 3ar)rr)unbert$ ftnben ftet; ©puren,1) baf für verliehene ©üter,
bie man fonft beneficia nannte, ein 2lu$brutf auftauet, ber vielleicht
urfprüngltch feod, fevad, faeum, fium lautete, (Eine provenealtfehe Urfunbe1)
vom 3ar/re 1038 ftellt feum unb 5lllob etnanber entgegen. 9?adj meinem
dafürhalten tft baS Sort eine 3wfammenfe^ung ber 6tylbe fe, verfügt
für ba$ latetntfehe fides, unb be$ beutjeben od ßtgentfmm, fo baf eg feiner
fpraa)lta}en 33ebeutung nach ba$ gegen 3ufage ber Sreue verliehene 93er*
mögen, im ©egenfa£e be$ vollen, ererbten, bezeichnete. 6päter gewann bie
gorm feudum ober feodum ben €>teg.
SOtfan fann über Ableitung unb Hilter beö 2Bort$ ftretten, aber fo
Viel fteht feft, baß eS in (Englanb unb §war jur Seit 2Mf)elm6, be6 (Sr*
oberere, unb wor)l burch ihn perft, allgemein üblich würbe. £aufig fommt
e0 im 2)omeöba^boof vor, ebenfo mehrfach in ben ©efe£en2) 2Öilr)eImö.
23et ben granjofen fanb e$ noch im Saufe be$ 11. 3af)rhunbert$ Eingang,1)
') £)u Sange, sub voce feudum; nene SluSgafce. III, <S. 275, britte (Spalte flg.
toomit ju vergleichen ibid. I, 651, ©palte 2 unten, sub voce beneficium. 2) 3-
ancients laws <5. 191. 2lx. 4. in ber öon SBilljelm fcejUttgten ©efefcgefcung @btt)avbö
beö 33efennerö, bann ibid. <S. 201, 9^r. 2 unten.
Viertes 33ucfj. Gap. 27. $arlamentarifdf)e 33erfaffung (SnglanbS. 2)a0 2Öort feudum. 593
bei ben £)eutfcr)en vt>at)rfcf)etriltc^ erft im zwölften. *) SSarum wirb es nun
gefct)er)en fein, baß 2Bill)efm ben alten AuSbrutf beneficium befeitigte unb
bem neuen feudum ben $orjug gab? 3d) benfe barum, weil beneficium
ben Anmaßungen ber SBafallen günftig faxten, wäfyrenb feudum biefelben
an it)re ^flta^ten erinnerte. 2)enn er nar)m, meines (SracbtenS, an, feudum
fei aus fide datum abgeleitet unb bejeidme ©üter, meldte nur unter 33e?
bingung unoerbrüctjlicfjer £reue bem ÜBafallen geliehen mürben.
Unb war)rlidj) er r)at feine 9J?aßrcgeln getroffen, baß biefe £reue be*
tr)atigt werben mußte. Die 9J?onard>ic, welche er hinterließ, entwideltc an*
bere Gräfte, als bie, welche er antraf unb tfyeilweife jerftörte.
233er fann eS Idugnen, bie Angelfad)fen (SnglanbS unb tt)re auf ber
3nfel erricbteten 9^etct)e unb Dffeidjlein fptelteit oon bem Augenblide it)rer
(Sinwanberung bis jur Anlunft beS Normannen ftetS eine untergeorbnete,
metft aber eine Hüglige 9Me. 9?ie griffen fte in bie großen Angelegen*
fyeiten beS djriftlicben AbenblanbeS ein, fonbem »erhielten ftct) immer leibenb.
DaS Außerorbentlicbe, was man oon itmen f)ört, war, baß fte ftd) juweilen
frember ©ewalttt)at erwehrten, baS @ert>ör)nltcr)e unb AlltägliaV, baß AlbionS
93olf oon etnl)ctmifc^cn ober auswärtigen Räubern mißfyanbelt würbe.
2)er angelfäct)ftfctje Stamm bract)tc in fünf 3ctt)rr;unberten einen un§weifel*
f)aft großen Surften — ben $öntg Aelfreb — unb einen unübertrefflichen
Staatsmann — ben (Srjbifdjof Ü)unftan oon ßanterbun; — t)eroor. Aber
33eibe oermocbten nictjt bie 3^funft tt)reS SanbeS ju ftct)ern, fonbem nur
für ben Augenbltd fct)reienbeS Unrecht abjutfyun. ©leid) nact) it)rem $obe
bract) bie alte Verwirrung wieber aus, §um beutltcfyen SSemeife, baß im in*
nern Siefen beS Staats ein ,fteim beS SBerberbenS oerborgen lag.
©an§ anberS geftalten ftd) bie Dinge, feit 233ilr)elm oon Dfouen ben
guß auf ben 53oben Britanniens gefegt fyat. Unter feinen Nachfolgern
fallen auf wenige gute eben fo oiele tl)örid)te, felbftfücbtige, ober tr;rannifct)e
Surften, als ftd) burct)fdmittltcr) in ben Dtynaftten beS geftlanbeS ftnben.
Aber gletct)otel, feien bie einzelnen Könige, 2Bill;elmS (£nfel unb Urenfef,
gut ober mct)t gut: feit ber Sct)lact;t son ^aftingS l)at fein frember 9?äu*
ber mel)r (Suglanb unterbrürft, feit biefer nämlicben Sct;lact;t nimmt ber
anglo^normannifa^e Staat eine geartete, J)äuftg eine t)eroorragenbe Stellung
unter ben $etct)en ber (£t)riftent}eit ein. 2Bie rür)mltct) beteiligten ftd) (£ng*
lanbS normanntfcbc Röntge an ben Äreu^ügen, melier @lan$ umftraf)lt tfyre
Saffen in ben langen kämpfen gegen NeuftrienS §errfa)er, unb rote ftätig
entwickelte ftct), mitten unter polttifcfcen Stürmen, 9)?act;t, $eict;tf)um unb
l) 3n bie Ue&erfd&rift beS öon bem (Salter £emricfj in. erlafTenen ©efefceS ($erfc,
leg. II, 43) unb in ben £ert (ibid. 44) eineg anbem, öietfeicfyt gleicfjjeitigen, iüarb baS
2Bort altem 2tnfd)eine nadj burdfc eine faätere £anb eingefügt. (Srfi unter Äatfer Sot^ar,
mit bem Safere 1127 (ibid. ©. 80), gefyt e^ in bie beutf^e tfanjleifprad&e über,
©fröter, $abft ©cegoriu« vu. 33b. m. 38
594 $a&ft ©regoriuS VII. unb fein Bettalter.
bürgerliche greihcit be3 £anbe$! £)ie Sßeränberung vom (Schlimmen inö
©ute begann mit 9Ö3ilhclm, bem Eroberer. (Sonnenflar ift, baß er als Ur*
1) eber be$ glücklichen 2BcdjfeI$ betrachtet werben muß. 3cr) werbe fofort
jetgen, wie er e$ geworben ift.
2ld)tun>3UJan3i9fte0 Capitel.
ffiiujelm tton holten, Serflörer beö angelfächftfchen CHetc^öfürftent^umö , toon bem bie
ßfjrontjien fchtoeigen , baS aber in ben ©efefcen beutlich ljer»ottritt. (fnttoicflung
ber gerichtlichen Segriffe ©acfa, <Socfe, £ol, £eam unb SDteBSfljurm. SGßil^elm lagt
bie fünf (Bfyxm aU eitle tarnen befielen , vernichtet aber ihr SOBefen, inbem er bie
©erichtöbarfett in bie «§anbe ber üon ber «Krone ernannten 33i$U)ume unb Snftitiare
nieberlegt. Stnbere SJltttel, bie er antoenbet, um bte (Sntfteljung gefchloffener Xtxxu
torien gu tterhinbern : ^etratl)en ber CSafallen tton föniglidjer (Sintoilligung abhängig ;
bie SDtanerien ber ©rofen über baö gan^e Sfteich jerjtreut ; auch baö (Srjtgeburtrecht,
baö in ber üftormanbie beftanb , fttc^ er um, bodj ergangen nach feinem £obe bie
Marone SBieberherfiellung biefer Slnftalt. SÖUhelm unb feine Nachfolger begünjtigen
ba$ 53ürgerthum. ©ilben, <Sacfa unb (Socfe in ben ©täbten.
Unter bem lügenhaften (Scheine ber Monarchie war (£nglanb$ Staate
Wefen vor ben Stitm beS (£roberer0 eine greuliche, burdh unb burch ver*
borbene $telr)errfchaft. (£rft ber 93aftarb hat — unb jwar für immer —
bie (Sinheit be$ $$o\U unb be$ SfcefdjeS gegrünbet. 2Öa$ ich behaupte, ift
nicht^eme funftlich aus vielen £hatfac^ert °^er frieren folgen abgezogene
^Beobachtung, nein, fdjon ein 3e^ÖenofTe — freilich ber tüchttgfre unter ben
©efchichtfchretbem be3 jtönig$, zugleich derjenige, ber ba$ geheime ©etriebe
2) effen, wa$ von 1066—1080 unter feinen Stugen vorging, genauer alö
trgenb ein anberer fannte — SBtHjelm, 2lrchibtafon von Sifteur, macbt btefelbe
SBemctfung. (Sr fchreibt:1) „2ßilhelm, ber Normanne, befreite baö 93olf
ber 51ngelfachfen für immer von ber Svjannct ^aralbö unb richtete einen
Ztyon in ber 5trt auf, baj? 5>ttif ort über (£nglanb3 Provinzen, welche bt$
balnn unter vielen Röntgen ftanben, er allein J)errfdt)te. " £)a3 $echt^
wefen war fd)on in ben angelfäcbftfcben fyikn fo auSgebtlbet, baß faft
nothwenbig fich in ben ©efefcen Spuren ber von 2Ml)elm jerftörten ?8kU
herrfchaft ftnben müffen. SMefelben ftnb wirf lieh vorhanben.
Die auf 33efer)t 9Bt(r)e(mö gefammelten unb von ihm tr)eilweife beftü*
tigten, §um Sfytil abgeänberten, @efe£e (SbwarbS be$ 33efenner$ bewilligen
Denen, welche <5acfa unb <Socfe, £ol unb £eam unb baS 9?ecbt beö Diebs*
thurmö fyabtn, befonbere ©ertchtSbarfeit. J)fe ebengenannten vier 5(u^
*) JDuche^ne @. 210, b. 3)ie 2Borte lauten im Urtexte : liberavit in perpetuo Gui-
lielmus gentem omnem a tyrannide Haraldi, atque solium obtinuit ipse, unde regionibus,
quae sub multis regibus quondam egerant, unus imperitaret.
SöterteS 23ud&. Qiap. 28. «Die fünf S3orre<$te b. angelf. OieicfjgfütjlenU). (Secfe, @atfa jc 595
brücfe gehören in bie (Stoffe ber aUitcrtrenbcn Sfcrücbrob'rter, roie im Deut*
fc^eu bte (Säfte: #aut unb £aar, Wann unb 9J?auS, (Stumpf unb Stiel,
9Rtct unb 9?agel, 2Binb unb Detter, unb begleichen mel)r. Der 3^ang,
ben bte Sllliteratton auferlegt, f)at jur golge, baß bei 3ufarnmenftellung föfc
eher Lebensarten ntcbt eben Sogif ben 93orft£ führt, roaS bei ber SBorter*
Harting, ju ber tcf) mich roenbe, berücfft*ttgt werben muß. Safa bebeutet
im 2lltbeutfchen, rote im ^ngelfächftfchen, (Sache, fcor$ugSroetfe LecbtSfacbe,
unb baoon abgeleitet ©ertchtSrocfen , ©ericbtSbarfeit. Safemann, roelcbeS
2ßort in einem ©efefte ^etitrtc^ö I. üorfommt1) unb tterroanbt ift mit bem
febvotertgen Sacebaro ber lex salica, bezeichnet einen Sflamt, ber ©engten
beiftjjt, ober bte SBcfcblüffe fcon ©erichten ooH$tef)t unb 93ußen eintreibt.
Satfa haben, fann tricblS anberS befagen, als im 23eftfte eigener ©erichtS*
barfeit fein.
(Saferer fällt eS, baS 2ßort Socfe 51t erHären, roetl eS bie »or()anbenen
angel|äa)ft|d)en Duellen faft burchauS in ber abgeleiteten gerichtlichen, ntcf)t in
ber urfprihtglia)en unb natürlichen S3ebeutung aufführen. 2Öie in allen ger*
mantfehen unb rotnantfa^en (Sprachen, befaßt Socf auch im ^ngelfäcbftfchen
Scbitr; ober Socfe, aber ia) glaube nicht, baß biefer begriff bem gertcht*
Itcben @ebraud)e beS 2BortS §u ©runbe liegt. (Statt (Socf !ommt ebenfo
häufig bte gorm Socfne ttor, roelct/e neben bem fünftltchen Sinn, ben fte
mit Socf tf)etlt, ben natürlichen „Sueben" §at.2) Socfne fönnte bar)er baS
9fecht §u fueben, unb baS ©efunbene behalten §u bürfen, bezeichnen, roaS
überall in allen ©efeftgebungen ein Ausfluß beS unabhängigen ©runbbe*
ftfteS ift. Stimmt man an, bte golge ftebje hier für bie Urfacbe,- fo roürbe
Socfne freiem ©runbetgenthum befagen.
Diefe Deutung rotrb buref) eine Stelle aus bem ©efefte (SbroarbS be*
[tätigt, baS ich unten anführen roerbe. Du Sange §ät>It unter ben urfprüng*
lieben S3ebeututtgen beS attgeljächftfchen Soca auch ben begriff f/$flug,
^flugfchaar" auf. Dürfte man feiner Angabe ©lauben fchenfen, fo würbe
Socfa eigenes ^fluglanb, ben freien 33eftft oon ©runb unb S3oben beben*
ten. Dem fei roie ihm roolle, gcroiß ift, baß ber SBortbegrtff, oon wel*
cbem ber gerichtliche ©ebrauch ausging, freies, fcon feinem anbern ©utS*
beftjjer abhängiges Sanbetgenthum mit ben fechten, bie \)kxau§ fließen, be*
Zeichnet. DaS zufammengefeftte 2Bort Socfemann, baS in ben ©efeften
(SbroarbS unb Wilhelms, roie im DomeSbatyboof h^nftg ttorfommt, bebeutet
urfprünglich einen freien, 9aemanben als ber trotte verpachteten, ©runb*
eigenthümer, unb in jroeiter Sinie vielleicht einen folchen, ber freies ©runb*
etgentrjum ju erroerben berechtigt ift.
') Ancient laws <§. 245, 9lr. 63.
guage sub voce soene.
2) Bosworth dictionary of anglosaxon lan-
38*
596
^afcfi ©regoriuS VII. unb fein ßtitalitx.
Zoi matit feine (s&roiertgfett, e6 flammt, rote baS beutfche 3*>W, au$
bem latetnifcben telonium ab, unb brücft baS 9Jecbt au3, 3^e 0Der
gaben $u ergeben. Verroirfelter ift bte (SrHärung oon team. 2>a3
roort teaman bcfagt urfprünglid) jiehen, Richten, jeugen. 2)iefelbe 33ebcu?
tung beft£t auch baö ,§auptroort team, e$ bezeichnet ein ©efchlecht, @e*
äüd)t ober einen Raufen oon 9ftenfd)en ober gieren, 5. 53. fcon €ftaoen,
£)d)fen, *ßferben, (Sitten. Veibe Sorte l)aben jebod) ^gleich einen geriete
liefen begriff, ber über ba3 3et^er (Sbroarbö unb ber ir)m vorangegangenen
jtntytltnger Könige l)tnaufretcf)t. €>eit alten Sagen beftanb nämlich bei
ben 2lngelfad)fen baö ©efe^1) 9Jtcmaub fülle etroaS faufen, ohne baß ber
Verfäufer ©eroährfchaft für ben rechtlichen (Srroerb beS oerfauften ©uteö
leifte unb bafür im 9iothfalle einfiele.
£atte 3emanb eine 2ßaare, §. 23. ein Stücf 93icf> gefauft, unb ent*
ftanb ©trett barüber, inbem ein dritter Älage err)ob, baß ba$ Vieh, roel?
cf>e^ ber Slnbere gefauft §u ty&in oorgab, ilnn geftor)len fei, fo mußte ber
Käufer auf ben Verfäufer jurüefgreifen unb ifyx al$ ©eroährSmann [teilen,
konnte er bteß nicht, fo rourbe er t>erurtl)etU , ba3 ^8tcf> an ben Kläger
ausliefern. £>tefe3 3urücfgretfett rourbe in ber angelfäcbftfdjen ©ericht^
fpracfje auSgebrüdt burd) bie Sßorte „sieben auf einen" tieman, ober „3ug
nehmen", beor team. £)er ©eroährömann l)ieß auf 5lngelfäcb(tfd) geteaman,
in normanntfdjem Satein warrantus, bte @ert>ät)rfcr)aft felbft team. 3)a
im täglichen Seben faft alle ©tretttgfetten über Wltin unb Ü)etn ftcf) um
bie ©eroär)rfd)aft breiten, fo trugen bte ©ertcht^fyorteln ober Süßen au$
team am "metften ein.
9?un naa) biefen fprac^(tcf)en (Erläuterungen laffe ich bie entfd)etbenben
@ä$e2) aus ber ©efefcgebung (Sbroarbö folgen: ,/@r§btfchöfe, Stfc^öfe, ©ra*
fen, Marone, ^ronfolbaten, follen bte 3fyngen, unb bte in iljrem 3)tenfte
ftebenben Seibbiener: als ba ftnb, Sruchfeffen, (Schenfen, Kämmerer, $öche,
SBäder, unter ihrer grtebenöbürgfchaft baben, ebenfo follen fte eö t}a\tm
mit ihren knappen unb anberen 3)tenftleuten. 2Öenn befagte 2)tenftleute
irgenb ein Verbrechen begehen unb beßhalb eine $lage oon ©eiten ber
Nachbarn (bte unabhängig oon ben fraglichen Herren ftnb), erhoben rotrb,
fo gehört bte @ache oor ben eigenen ©ertcht^rjof ber befagten Herren, fo?
fern nämlich btefelben folgenbe fünf Vorrechte haben : €>acfa, ©oefe, %oi
unb £eam unb ben 2)teb3thurm" (bie 23efugniß, Diebe etnjuferfern).
Die grtebenöbürgfchaft rotrb bura) ben oorl)ergehenben Slbfchnttt er?
flärt. Segen ber henjebenben ®efej3loftgfeit roaren bie Heineren greten
*) ©efe^e £lottjavö unb (Sabrifg I. (673—684) 9k. 7 u. 16. Ancient laws @. 13
u. 15. ©efefce be$ tföntgö 3nc (688-725) ÜJh. 35. 47. 53. 75 u. f. to. ibid. @. 54.
57. 59. 65 u. f. to. 33efonberö ücrglet^e man bte ®efe|c (5tt>elvebö , ibid. ©. 123 unb
Mannte l„ ibid. ©. 167, Wt. 24. 2) Ancient laws @. 194, 9h*. 21 u. 22.
93terte3 33ud(j. (Sap. 28. $>te fünf 33otted)te b. angelf. «Hetc^öfürflent^. <So<fe, @a(fa k. 597
genötigt worben , je ju §er)n bergeftalt in 9^ed^töt>ereine §ufammen$utre*
ten, baß, wenn einer aus bem herein einen Diebftar)l ober fonft ein 93er*
brechen beging unb ftcf> ber gerichtlichen Sl^nbung buret) bie gluckt entzog,
bie übrigen neun ben Zfy&tex ftellen, ober für ben angerichteten ©ergaben,
roie für bie gefe£licr)e SBuße, einfielen mußten. 3n gleicher Steife, roie bie
griebenSbürgfchaf Vereine, l)atkn ana) bie größeren @utSf)erren für ifjre
Dienfileute ©cwährfchaft §u leiften.
3m nächften Slrtifel beftimmt fobann baS ©efefe bie begriffe <&ada,
6ocfa, %ol, JEeam, Diebsfang folgenbermaßen: „©oefe ift: wenn einer
etwas auf feinem eigenen ©ruub unb SBobcn fuerjt, felbft wenn baS ©e*
fuct)te geflogenes ®ut ift, fo fter)t baS ^ec^t barüber, mag baS ©efuchte
gefunben roerben ober nicht, Dem §u, ber bie 6ocfe hat. 9Mt @acfa oer*
hält eS fich fo: roenn (Einer einen 9lnbem roegen eines SSerget)cnö ge*
xia)tüa) befangt, unb ber Gelangte bie %v)at leugnet, fo fällt bie 23uße
für bie betreffenbe $lage, mag bie 2lnfchulbtgung bewiefen ober wiber*
legt werben, Dem §u, ber bie ©aefa fjat."
„$ol ift Daffelbe, was man im Sateintfchen mit bem 2Bort telonium
auSbrücft, eS bezeichnet bie greir)eit, auf bem eigenen ©runb unb 23oben
§u faufen unb §u »erlaufen (unb was l)kxan$ folgt, 9JMrfte anzulegen,
fowte von benfelben 3ölle §u erheben). £eam befteht in folgenbem 93er*
hältniß: roenn (St'ner einen Zubern roegen SDfefn unb Dein verflogt, unb
bie gorberung ftellt, baß baS ©igenthum beS 33eflagten mit 23efa)lag
belegt werbe, unb roenn bann ber 23eflagte feinen ©ewärjrSmanu §u ftellen
vermag, welcher befennt, baß ber 23eflagte baS beftritteue ©ut oon ihm
erlauft x)at, fo fällt bie 25uße für bie nicht geleifiete ©ewährfa)aft bem
ju, ber £eam l)at, beSgleicr)en jtefyt er auch baS 23ußgelb oon (Seiten
beS Klägers, roenn btefer feine $tage nicht beWeifen fann."
„DtebSfang befagt , baß , roenn auf bem ©runb unb 23oben eines
©utSherrn ein Dieb gefangen roirb, Welver ber porige beS ©utSr)errn
ift, befagter .Dieb nur von bem ©utSherrn gerichtet unb beftraft roerben
barf." 9hm folgt ber wichtige üftachfaij: „2ltle aber, welche bie befcr)rte*
benen fünf Vorrechte nicht fya&en, ftnb ben fönigltchen ©erichten, fei eS
ber ^unbertfehaft, beS 2Bapentafe ober ber €>r)ire, untergeorbnet.''
3a) l)abt in ber Ueberfeijung meine 5lnftcbt über ben ©inn ber be*
treffenben 2Borte umfehretbenb auSgebrücft unb muß erftere noch rechtfertig
gen. Der (Sinn »on ©oefa wirb beutlicher als in ben mitgeteilten 6ä£en
burch ben 24. 5lrtifel4) berfelben Sammlung erläutert, wo eS fyeijjt: „wenn
ein Kiliane irgenb etwas, fei eS ein ©tücf 93ief) ober einen fonfttgen
äßertr), inS Dorf bringt unb behauptet, er l)a&e eS gefunben, fo barf ber*
4) Ibid. @. 195, Vit. 24.
598 $nbf* ©regortuS VH. unb fein Bettalter.
felbe ben angeblichen gunb nicht fofort für ftcf) behalten, fonbern muß ihn
bcm €d)ulsen be$ betreffenben Dorfes übergeben. 3m gall nun ber
©utSbcrr beS Dorfs bte jwet Vorrechte 6ocfa unb ©acfa nicbt ^at, foll
ber ©djufye ben gunb an ben £)berbeamten beS ,£unbrebS abliefern, bamtt
er entfcbetfce, ob ber gunb gefefclia) fei ober nicht. £at aber ber ©utSf)err
Soda unb @ada, fo unterliegt bte (Sache bem Urteil beS gutSherrlkhen
©ertaste." Der Socfamann beft^t bte $ed)te eines @runbf;erm, aus Wel*
ajen — fofem er nämltd) baneben auch bte Sacfa fyat — bie SBefugniß
fließt, baß, wenn ein gunb auf foldjem 23oben gemacht wirb, bem grunb*
herrlichen ©eridjte bte (Sntfa^eibung ber grage überlaffen bleiben muß, ob
ber angebliche gunb rotrflta) etwas ©efunbeneS, ober ©gentium eiltet
Zubern fei.
Die Sacfa läßt ftcf) leidet erflären. Der, welcher fte hat, tft, rote
fct)on ber 9?ame ausweist, ®ertd)tsherr. 33or feinem ©ertd)t wirb eine
jllage, unb jwar wegen eines Verbrechens — alfo eine peinliche — vor-
gebracht. 2luS ber Sftatur ber Dinge ergibt ftet), baß {ebenfalls ber 33e*
flagte £interfaffe beS ©erichtSherrn tft, benn fonft würbe ftcf) ber Kläger
nta)t an baS ©eriebt beS SadamannS, fonbern an trgenb' ein anbereS wen*
ben. Der Kläger bagegen fann möglicher SBetfe ein unter ©raffcbaftS^e-
rta)ten ftefjcttber greier fein. 2ötrb bte $lage erwiefen ober nicht erwiefen,
fo §tel;t ber ©ertcbtSherr feine 9?u£ung, benn im erfteren gall muß ber
33eflagte, im ^weiten ber Kläger bie vom ©efefce befttmmte ©ertchtSbuße
Sailen. Den Xoi betreffenb, fprid)t baS ©efe£ (SbwarbS bte wahre 9JceU
nung ntd)t förmlich aus, fonbern läßt fte nur erraten: bie oben beigefügt
ten golgefä^e müffen htn^ugebacht werben. Die greifet, §u verfaufen unb
ju faufen, begrünbet noch feine 9Ru£ung, fonbern erft bie auS ihr fließenbe
SBefugntß, SOMrfte anzulegen unb vom 33erfef;re Derer, welche ftch etnftnben,
Abgaben §u erheben.
(Snblich über ben (Sinn von £eam gibt ein ©efej}1) 2Bill)elmS beS
(Eroberers genaueren 2tuffchluß: „wenn (Einer ^lage erhebt, baß ihm ein
Stüd Viel) burd) CDtebftabf abhanbett gefommen fei, aud) als ©tct)err)ctt
für bte ©erid)tSfoften ein gauftpfanb gibt unb Bürgen liefert, baß er feine
Jtlage bis jur (SntfdjetDung treiben werbe, fo muß Der, in beffen £anb baS
Viel) ftet) beftnbet, (welches ©egenftanb ber ^lage tft), einen ©ewährSmann
ftellen, (wela)er auSfagt, baß ber 33eflagte baS 3Stet) rechtlich von ihm er*
worben t)abe). itann ber 23eflagte ben ©ewährSmann nicht ftellen, fo foll
er 3euöen vorbringen (welche befennen, baß fte ihn baS SStel) faufen fat)en).
SOßenn er jwar 3eugen vorbringt, im Uebrigen aber Weber einen ®cwäf)rS*
mann ftellt, noch ein gauftpfanb, fei eS in ©elb ober in Vier), gibt, fo
*) Ibid. @. 205, 9lr. 21.
93ierteg 93u$. &ap. 28. 5)ie fünf 33orte<$te b. angelf. 9tei$$fnrftenU). @ocfe, ©acfa tc. 599
muß er ben ftrittigen ©egenftanb an ben Kläger abgeben, barf jebod) für
ftd) fetbft unb mit feinen Saugen befd)Wören, baß er baS @ut rechtlich er*
Warben habe, unb ift bann frei von ber ©d)ulb beS 2)iebftaf)I$. Vermag
er aber Weber einen ©cwährSmann, nod) ein $fanb (eine 23ürgfd)aft6fumme),
nod> 3cu9cn 8U ftellen, fo foU er, außer ber (§ntfd)äbigung an ben Kläger,
aua) nod) baö 3Ber;rge(b an feinen eigenen ^errn jaulen."
£)ie ()ier erwähnte JHage ift feine ^etnttcr)e wegen eines von bem 23e*
fragten begangenen SRaubS, fonbern fte beruht einfach auf ber 2lu3fage beä
jtläget*) baß gewiffe ©egenftembe, welct)e ber 23ef(agte in Rauben habe,
rcer)tltct)eö (Stgentr)wm nicht beS lederen, fonbern be$ erfteren feien. 2)er
Kläger belangt ben SBeflagten nid)t wegen 5Mebftar)lS, fonbern er forbert,
ot)ne auf bie grage einzugehen, voie ber 23ef(agte §u bem (Stüde Viel) ge*
fommen, einfach fein ($tgentl)um jurüd. Äann nun ber 23ef tagte einen ©e*
roäfjrömann ftetten, we(djer auSfagt, ja, tet) habe baS Viel) an ben Söeflag*
ten verfauft, fo ift festerer Hagfret unb ber Kläger mag ftd) an ben @e*
roäljrSmann galten, $ann jnwtenS ber 33ef(agte feinen ©ewährSmann
»orbringen, wohl aber 3eu9cn/ nmß er ^ ftrittige @ut an ben «ftlcU
ger abtreten, barf ftd) jebod) mit feinen 3el*gen von bem Vorwurf unreal U
Itd)en (SrnxrbS rein fd)wören. bringt er aber brittenS Weber einen ®e*
voäfyrömann, nod) 3™gen vor, fo muß er außer ber (Entfa)äbigung be$
Klägers aud) nod) 2Bel)rgelb entrichten, unb zwar an feinen ,£errn.
SBarum lefctereS? follte man nia)t el)er bie SBeftimmung erwarten, baß
ber SBeflagte ba3 2ßef)rgelb an baS ©ericht, ober an bie oberfte Duelle
ber @erea)ttgfeit, au ben «ftönig, ju bejahen fyabe? 9Mn! baö ©efe£
nimmt an, baß €>treitigfetten roie bie befeferiebene in ber Siegel jroifc^en
Kilianen vorfommen, welche unter gut6r)errlia)em ©erichtSbanu [tauben.
2)er Siebter beS Kilianen war baljer nebenbei aua) fein ©ebieter. 3tt>etten$
betrachtet baS ©efe£ ben ©ericbtöfjerrn beS ^interfaffen pgleia) als beffen
Seibherm, bem jener nid)t nur wegen ber Verbrechen, bie er begebt, fon*
bem aud) wegen feineö Vermögend unb wegen ber §änbel über Wlän unb
Stein, in bie er ftd) verwideln mag, Verantwortung fcbulbet.
Unjweife^aft nimmt baS ©efe£ 2öilr)elm3 auf baö oben mitgeteilte
fernes Vorgängers Abwarb S3e§ug. Der Eroberer fyat baS tm ledern
furj befdjriebcne Vorrecht beS £eam im 2luge, boeb änbert er baffelbe in
wefentlid)en fünften ab. 2Öär)renb Abwarb nur von ©ewähr fyrid)t,
geftattet baö ®efe£ beS Eroberers fotcr)en 23eflagten, bie unter £eam fte^en,
noch bie ^echtswohlthaten ber 3^t9^»^6fage, ber 33ürgfchaftS^©umme unb
eine britte, bie mit bem bunfeln Sorte ^emolbborg bezeichnet wirb. Ucber*
haupt ift §u bemerfen, baß SBityelm bie ©efer^gebung (SbwarbS nur mit
ben 3«fä^en unb Verbefferungen, bie er beizufügen für gut befunben fyatte,
gelten ließ.
600
$afcft ©regottuö VII. unb fein Bettalter.
Der 13. Slbfchmtt1) beö latetntfehen mm lautet: „ffifr befehlen, baf
5llle tu allen Stücfen bie ©efefce M fflni%$ (Sfcwarb beobachten follen,
boc^ mit ben SBerbeffcrungen, bte roir jum 2Bol)le ber (Snglänber beigefügt
haben." 3d) werbe unten bte Slbänberungen nacfyrcetfen, bte er mit Sacfa,
Soda, £ol, %mn vornahm. 3unäd)ft ftefyt feft, bafj Sacfa bte geriet;*^
^errltcf^e, Socfa bte grunbherrlidje, $eam bte letbherrltdje ©eroalt ber grojj eu
©utsbeftfcer, %ol enbltct) ityc 9fea)t, (Steuern zu ergeben, auSbrücft. Sollte
man e£ »erfuchen, bte ttter atlttertrenben Äunftwörter be6 angelfäct)(ifct)en
9fed)t3 im Deutfc§en nachzubtlben, fo föttnte matt für Sacfa unb Sode Stuhl
itttb Stumpf, für £ol unb $eam $oU unb 3ug fagen.
5llfo eS gab tu ben 3^iten be6 Jtönig (£t>warb grof e ©ut$f)erren, welcbe
fünf ber wichtigsten Vorrechte übten, beren Umfang ol;ne grage Dem ent*
fpriebt, waS man heutzutage softe Souveränität ober Selbftr)errlichfeit nennt,
unb ferner Die, belebe befagte fünf fechte genoffen, fonnten fammt ttyren
Untertanen ttor fernem ber orbcntltd)en Sanbgerta^te be$ Königreichs, Weber
ttor ber Sf)ire, noch »or bem SBapentafe, noeb fcor bem §unbreb, fonbern
nur sor iJjren eigenen £errfcbaftSgerta)ten belangt werben. 9?td)t alle (Srz*
bifchöfe, S3tfc^öf e , (trafen, Marone befajkn bte fünf (Sljten unb genoffen
bemgemäf bte Befreiung fcon ben föntglta)en ©ertasten. Denn ba$ 21. ©efefc
(Sbroarbö fagt ja au3brücHtcf> , baß nur bte unter ben §m?or namentlich
aufgezählten 2ßürbcnträgern, welche bte fünf (Sfyren tnne haben, Befreiung
ttom fömgltchen @ertd)tebattn anfprechen bürfen. (§ö gab bemnach Solche,
roelche nicht bie fünf Qtyen, ober vielmehr nicht alle fünf jufammen, noch
Befreiung fcon be$ Könige SBanne genoffen.
Dtef führt auf eine wettere grage. Sparen unter ben tm ©ingange
beS 21. ©cfe$e6 aufgeführten üDiitgltebem be$ ^errenftanbeö folaje, bie gar
feines ber fünf fechte, Weber Socfe noeb Sacfa, Weber $ol noch $eam,
noch Diebefattgrecht übten? Wein, fonbern e$ ftnbet unter ben fünf @hren
eine Stufenfolge \tatt, welche aud) ber 22. 5lbfchnttt beutlich angibt, inbem
er mit Soda beginnt unb mit £eam aufhört. 293er baS Sach* unb gunb*
recht nid)t I)atte, ber befaß aua) fein freies (Sigenthum, fonnte folglich fein
£err, fein SBtfctjof, fein ©raf, fein S3aron fein, benn §err unb beft£lo$
ftnb begriffe, bie ftch gegenfettig ausließen, wie 3a unb 9?etn, (StwaS
unb Vichts. Sllfo muß jeber £err Sode gehabt fyaben. Die nächfte Stufe
wirb burch Sacfa bezeichnet. 28cmt auf bem ©runbe eines SanbbeftfcerS
ober £erm ein gunb gemacht warb, entfehieb laut bem 24. @efe§ baö
^unbrebgericht über bie rechtliche ßtgenfehaft be£ ©efunbenen. (Srft im
gall ber £err be$ ©utö neben Socfe auch Sacfa fammt ben bret anbem
©hren befaß, fam bte (Sntfcheibung bem gut^herrlicben ©erichte zu.
*) Ancient laws S. 212.
93ierteS 93ud). ®a\>. 28. S^fünf 93orred)te b. angelf. JHeichefürftentf). «Socfe, ©acta ic. 601
(Socfe unb Sacfa roerben aufteilen allem genannt,1) fo taf es fchetnt,
eö Ijabe 6olcbe gegeben, roelche nur (Socfe unb (Sacfa befafen, gewöhnlich
jebodh fommen bte fünf (&f)ren jufammen t>or, namentlich bringt fte ein ©efefc
2Bilhelm£, tton bem unten bte $ebe fein roirb, in enge QBerbtnbung. dagegen
fteht feft, baß 93iele fcorhanben voarett, bte nur ©ocfe fjatten. 3)a$ 3)omeg*
batyboof fitf)**/, rote früher gezeigt korben,2) nicht weniger alö 23,072 @oav
mannen auf. 2Baö war laut ben ©efe£en, bte l)kx allein entfc^etben fönnen,
ber urfprüngltc^e ^Begriff be$ SSorteö? 3a) behaupte: (Socfcman bezeichnete
einen freien ©ut$beftj3er, ber feine eigene ©ertchtöbarfeit f)at, fonbern t>or
ben föniglta^en @raffa)aftögerta)ten Stecht nimmt, aber aua) fta) oon jeber
33erftricfung in ben ©ertchtöbann anberer Herren frei §u erhalten wußte.
Ü)amit wäre bte oben 3) gegebene (Srftä'rung gerechtfertigt.
dritte grage : wann entftanben bte fünf in ben ©efefcen (Sbwarbö
erwähnten S3orrecf)te beö $errenftanbe3 ober, bamit ta) einen beffem $lu$*
brucf roäJ)le, be$ angelfächftfchen ^Heic^öfürftentr)um^ ? 3tt ben SSerorbnun*
gen ber Röntge fcor (£tl)elreb bem Unberat^enen unb folglich sor ber-2Biftn*
ger^errfa)aft fmbet fta) feine Spur berfelben. *) 5^ur ba3 2Bort 6ofne
fommt, jeboa) in einem anbern, natürlichen Sinne früher ttor. ^b'nig Siethen
ftan, ber t>on 924—941 ßnglanbö Zfyxon einnahm, verfügt:5) „deiner
nehme ben 2)tenft*9J?annen eines Anbern, ol)ne ©rlaubniß Neffen, ber frü*
her fein £)tenftf)err war, Weber innerhalb, ngo) außerhalb ber 9Jkrfe auf.
2)och foll aua) fein £err einem freien Spanne, ber ihm treulich gebtent hat,
bte $laforb&*(5ocfne tterwetgern."
Detter ^eif t e$ 6) tn ben ©efe£en (£bmunb$, ber 941 feinem SBruber
^ethelftan in ber Regierung folgte: „ich tt)ue I>temtt funb, baß ich tu
meinem £au$r)alt feinen naa) €>ocfne*9tea)t aufnehmen werbe, ber 93lut
»ergoffen hat." 3)te @a§ungen (StbelrebS (978—1016) geben ba$ 2ßort
an zwei t>erfa)tebetten £)rten: 7) „Sfttemanb fotl bie «Sotfne haben über einen
föntgltchen Zv)an, a^ nur *>er ÄSnifl allein", unb roteberum:8) „wenn
ßiner in eine griebfoefne (ein 2lft)l) entflieht." 3n ben §wet erften unb in
ber vierten ©teile ift, meinet (SrachtenS, ber Sinn einer unb berfelbe,
») 3. 93. Ancient laws <S. 195, üttr. 24. 2) Oben <&. 568. 3) @. 569. 4) 3n
einer ber (Stbeöformeln , toeldje bie (Sammler ber ancient laws aufnahmen, fmbet ftd)
(©. 78) folgenbe «Stelle: „Ü)ue rote ich &tt fage : behalte baö 2>eintge, lafj mir ba$
SWeintge, ic^ begehre nicht baS peinige, nicht Se§en noch £anb, «i«ht @acfe noch (Socne ;
thue beögleichen" u. f. lu. 9lber bte 3ett btefer gormein Idpt fich überhaupt ntcf)t be*
fiimmen, unb meinet (Srachtenö reichen jebenfaUg bie angeführten 2Borte ntc^t über baö
jtoette ftünftheil beö Ilten Sahrhunbertö hi"a»f' ^e 33e9riffc <Safa unb @ocne gang
unb gäbe ju werben begannen. B) Ancient laws (£.91 gegen unten unb roteberum
ibid. 92, 9lx. 5. 6) Ibid. @. 106, 9lr. 4. ') Ibid. @. 126, 9lr. 11. 8) Ibid.
<S. 145, 9tr. i.
602
$abfl ©tegotiuS VII. unb fein Bettaltev.
juglefd) tritt bie Slbleitung beö SQ3ort6 von „(Sudjen" beitritt tyervor.
£laforbfofne befagt ba$ $ed)t, einen neuen 2)tenft^errn ju fudjen, ba$
benjenigen greien, bie früher ifjrem erften £errn treu gebient Ratten, nict)t
verweigert werben barf. (Sben biefeö 9ted)t, erHärt Äönig (Sbmunb, werbe
er für feine £off)altung bezüglich fo!ct)er nic^t gelten Iaffen, bie 93lutfcc;ulb
auf fta) gelaben fyaben. 3m vierten galle fyeißt griebfofne wörtlich 2luf*
fua)ung eines folgen £)rt3, ber grieben gewährt, b. i. eineö 5lft;l6.
§lud& bem britten galle liegt ber begriff be$ <Sucf>en6 §u ©runb, aber
mit einem 2Öed)fel ber $erfonen, welche fnc^en. £ter ift ein *Recbt, ntcf)t
mein* beö SSafaUen gemeint, ber einen (i)ienftf)errn, fonbern be£ Ü)tenftf)errn,
ber SSafallen fudjt unb aufteilt. Stfiemanb alö nur ber $önig allein foli
befugt fein, ba$ Sotne*9fecf;t bezüglich föniglid)er SBafallen anjuwenben 5 .
nur in be3 ÄonigS Dienften bürfen fte fielen. S33te fpiegelt fta) bie tyiU
gefd)ia)te in btefer unfa^einbaren Umbeugung be$ 2Bortbegriff$ ab! 5116
Äönig (Stfyelreb ber Unberatfyene regierte, wußten 9Mcbtige, wie Swen unb
Äanut) mit ©IM ber $rone (Snglanb 93afatlen abfpenfttg ju machen.
9llfo bie fünf (Styren fommen in ben Otiten (Strjelreb nid)t jum
$orfa)ein, aua) nid)t in ben ©efe|en be$ ebengenannten Königs. ©leia>
wofyl nahmen fte unter if)m ifyren Anfang. 3d) t)abe an einem anbern Drt
au$ ben $rebtgten beö S3ifa)ofö 2öulfftan naebgewiefen, baß bamalS bie
großen SBafallen ber jtrone JDaö (Slenb, ba$ buret) il)re (Sd)ulb (Englanb
erbrüefte, mißbrauchten, um fta) p ©aulönigen auswerfen. Die fünf
(ihren aber fmb ber gerid)t(ta)e 2lu3brud eben biefeö ©aufönigtl)um0. 33e*
reit6 in ben @efe£cu jtanutö, ber ©tfyelreb nteberwarf, ftreefen fte tJ>re Börner
tyervor. Ü)er £)äne befttmmte1) baö ^eergerätfye, baö feine großen SBafatlen
mit fta) in ben £)tenft bringen follten, unb ba£ er naa) if)rem Sobe anfprad),
folgenbermaßen: „baS £eergcrätr)e (heregeatu) eines (SarlS fei: 8 Stoffe,
4 gefältelt, 4 ungefattelt, 4 £elme, 4 §arntfd)e, 8 (Speere, eben fo viele
^ctitlbe, 4 Schwerter unb 200 9J?antufe (Warfen) @olb; ba$ §eergerätl)e eineS
föniglid)en Sfjanen, ber bem ^önig §unäa)ft ftef)t: 4 Dtoffe, 2 gefältelte,
2 ungefattelte, 2 «Schwerter, 4 (Speere, ebenfo viele (Sa)tlbe, 1 «jpelm, 1 «£>ar*
nifa) unb 50 Sttanfufe ©olb; ba6 §eergcrätf)e ettteö mittleren £r)an$:
1 ^oß fammt (Sattel unb 3?ug unb ber nötigen 2ßaffenrüftung, unb
2 $funb 6tlber^ ba$ ^>eergerätl)e eincö föuiglid)en ^anö, ber feine
©oefne t)a t unb bei ben 2)änen ftel)t (b. r). naa) meiner 5lnfta)t, ber in
bie föniglia^e ^l)inglit^ eingereiht ift), 4 *Pfunb," u. f. w.
2)ie S3eftimmungen bejüglia) beö vierten galleS l)aben nur bann 6inn,
wenn man annimmt, baß ber „Zfyan" ber ^l;ingltth angehört, wäl)renb bie
J) Ancient laws @. 177 flg., S^r. 72.
93terteö 8u$. &ap. 28. $)te fünf %oxxtä)te b. angclf. 9leic$gfütfienty. (Sorte, (Satfa k. 603
jroet vorgenannten jwar gletc^fattö 2)tenfte tr)un, aber auf eigene gauft unb
unter ihrem gähnlein, nicht aU Wttglieber ber JEtyinglitl).
Unzweifelhaft hat tyzx ber Sluöbrud 6otfne btefelbe 33ebetttung wie
in ben oben erwähnten ©efefcen (JbwarbS. £>ie fünf ßfyren ftnb meines
(Srachtenö in ber 5lrt geboren worben, baß bte ©oefne juerft auöfd)lüpfte.
(Sin fer)r guter ©runb läßt ftd) bafür benfen. 3n Qeiten allgemeinen
(SlenbS wirb ftetö viel ©elb vergraben. 60 gefcfyaf) e$ bei un$ im bret*
ßtgjährtgen Kriege, unb fo rotrb e$ aud) brüben über bem ßanal gefeiten
fein, in jenen furchtbaren Sauren, ba bte 28tftnger, im SBitnbe mit treu*
lofen 33afaÜen (SthelrebS, bie ©eißel über Sllbton fchwangen. 2)te lefjtge*
nannten Herren, bte in ber Siegel baS Gmtmaletnö wot)l vevftanben, legten
bal)er befonbem £ßertr) auf ba$ 6ua> unb gunbred)t, weil eö erfletflicbe
(Sinfünfte verf)teß.
3nr $>tit, Sianut obtgeS ©efefc erließ, müffen auch bte anberen
vier (Sfyren fertig geroefen fein. 2)er §ule£t genannte $r)an t)at zwar,
um in mobernen 5luöbrücfen ju reben, ein Rittergut, aber er tft boch einer
von ben kleinen, beim er btent als ^^ingltt^man für ©olb unb brauebt
beim (Eintritt in bte Schaar nur 4 33funb mitzubringen. 2)ie Slnberen aber,
namentlich ber (Sari, ftnb große 93afaßen; bettn fein ^eergcrätl) beträgt ja
außer $oß unb Lüftung 200 Warfen ©olbeö, welche, bie Warf ©olbeS
10 Warfen ©über gleich geregnet, bte ftattlic^e Summe von 26,000 Schtl*
lingen Sterling ausmachen. Wan fiet)t bal)er, baß biefe (Sarle fel)r große
9^eta)tt)ümer erlangt fyatten. Sie anberS aber roerben jte §u fo viel ©elb
gefommen fein, alö babura), baß fte außer ber Socfa, auch noch Sacfa,
Zol, $eam unb £iebgtfmrmrecht über tljre ^tnterfaffen ausübten !
$anut l)atte bie £anb ba§u geboten, baß bte untreuen SSafallen (StfyU
rebS ftd) $u ©auftmigen auswerfen vermod)ten. 9^aa)bem er felbft auf
ben Xtyon gelangt war, far) er ftch genötigt , bte von ben 33errätl)ern
errungenen Vorrechte an§uerfemten. 5)af)er obige ©teile in feinen ©efefcen.
2)te Xl)inglitf)/ bte er aufgerichtet hat, verhtnberte, baß baö Uebel, ba$ er
bulben mußte, allju grelle grüßte trug. Obgleich ju §erren in ihren daxU
fchaften geworben, hüteten ftet) bie großen SSafallen, ben Sebent ber Untere
thänigfett gegen ben £)berföntg ju verleben, weil fte bte Strettärte fetner
wohlbehalten 3)änen fürchteten. 5lber naa) bem 9lu3fterben ber $nr/tlin*
ger ging bie £>rad)enfaat gan§ auf.
9tur gegen läfttge 23ebtngungen geftanben, rote ich früher geigte, (Sng*
lanbS reich^fürftliche ®efchled)ter bte 9?ad)folge (Sbwarbö be$ S3efennerS ju,
unb ruhten nicht eher, bis fte benfelben gelungen hatten, bte 5^r)irt9lttr)
abschaffen, ©ettbem l;tng bte trotte von ihrer ©nabe ab, unb nun rotrb
e$ gefchehen fein, baß fte ben ©chetnföntg nötigten, bie oben erwähnten
©efefee $u erlaffen, roela)e baö ©aufönigthum förmlich unter ben ©chufc be6
604
$a6jl ©regoriuö VIL unb fein 3ettalter.
Staatsrechte ft eilten. Mannt gibt e$ einen ftärferen S3ew>eiö für ben 93er*
fall beö angelfäcbftfdjen SSolfS, als baß bte au6 bemfelben hervorgegangenen
(Shroniften gänjltcfe von bem Siege beö 9^etcf)öfürftcntr)umö fchweigen, ber
boef) in ben ©efefcen (SbwarbS fo fct)arf hervortritt, ja baß fte bte 2lbfcf)af*
fung ber ^tnglitt) einzig unter ben ©eftchtSpunft einer Sftilberung ber
öffentlichen Saften faßten, *) wäl)renb fte in ber Xfyat e*ne völlige (Sntwürbi*
gung ber $rone in ftcr) fdjloß.
2)te ©efchtchte beö Eroberers liefert zahlreiche 33ewetfe, baß er als
Rechtsnachfolger (SbwarbS betrachtet fein wollte. So feft (>telt 5Q3tlf)elm
an biefem ©runbfafce, baß er felbft bie fünf Vorrechte — fo fet)r fie ber
von ihm gegrünbeten monarchifchen ©ervalt wiberftrebten — nicht offen ab*
5ufcf>affen für gut fanb. £)em Scheine nach ließ er fte beftel)en, aber wär)*
renb er baS 2Öort beibehielt, änberte er baS 2Befen ab. 2)aS §weite unter
ben lateinifch^franjöftfchen @efe£en befagt: 2) „wenn ein S3tjtr)um ober fonft
ein ^Beamter vor bem fömglichen Dberrichter 3) überführt wirb, ßeute feines
SlmtSbejirfS ungerecht behanbelt ju haben, fo beträgt feine 93uße baS 2)o^
pelte von 2)em, was jeber Rubere wegen gleicher Schulb entrichten müßte.
2öirb (Siner von benen, welche Sofe unb Safe, $ol unb £eam fammt bem
Recht beS DiebSfangS fyaben, öor ^er ©rafjchaft (bem ©raffchaftSgerichte)
belangt unb fchulbig befunben, fo jaf)lt er alö 33uße an ben SBicegrafen
40 Deren, 5lnbere aber, welche bie fragliche greifet nicht beft$en, (b. h- bie
fünf (§r)ren nicht genießen) entrichten im gleiten gälte nur 32 £)eren. 33on
biefen 32 Deren fallen §ef)n an ben $i$tf)um für ben Dienft beS ÄönigS,
jwölf erhält ber Kläger, ber Reft aber, (b. h- Sel)n Deren) follen bem ©utS*
herrn, auf beffen Sehen er ft$t, eingehänbigt werben."
2)te 23uße von 40 Deren, welche ein ©runbeigenthümer, ber bie fünf
(£f)ren genießt, im angegebenen gatle befahlen muß, barf nicht fo verftanben
werben, als fei baburch ber Slngefchulbigte zugleich von ber ©träfe für bie
Verbrechen, wegen bereu er belangt werben mochte, befreit gewefen. Ü)enn
Wäre bieS ber Sinn obigen ©efej3eS, fo fyatte Wilhelm ber Normanne
babura) ben ganzen RechtSftanb ßnglanbS umgeftoßen. Vierzig Deren geben
nach normannifcher Währung,4) bie hier offenbar ju ©runbe liegt, 662/3Scr)tl*
linge; baS Sehrgelb aber für ben Sftorb eines gemeinen greten betrug
laut ber ©efefcgebung5) SilhelmS 400 Schillinge, für ben 9J?orb eines
Sflaven 100 Schillinge. iDte fragliche Deutung ift baher unmöglich, ba
fonft bie 33eftj$er ber fünf (Sl)ren greifet erlangt hatten, gegen ein gerin*
geS ©elb jeben grevel ju begehen. Ü)er Sinn fann vielmehr nur ber fein :
4) ©telje ofcen <S. 287 flg. 2) Ancient laws @. 201. 3) Coram justitiario regis
convictus fuerit. *) Unten roivb gezeigt Serben, bafj bie Oeve 20 2)en«re Beträgt.
6) Ancient laws <S. 203, Vit. 8.
Wertes 93ud&. (Sap. 28. 2)ie fünf %otxtä)tt b. angetf. ^Mdjgfürftenn). <£o<fe, (Sacfa ic. 605
wenn ein 23aron wegen irgenb welker ungerechten ^anbhtng fcerurtheilt
Wirb, hat er, abgefer)en tton ber ©träfe, bie nach gemeinem $ecbt auf bem
93erger)ett fltetjt , wegen beffen tt)tt ber Kläger belangte, alö 23uße bafür,
baß er al$ ein ^ochgeftellter, welcher ein guteö 23eifptel geben follte, ein
böfeg gab, 40 Deren $u ^hlett.
©o erHÖrt fter)t ber jwette ©a£ in gutem ©inHange mit bem vor*
ger)enben. Diefer befttmmte, baß ein fÖnigltcher SSicegraf ober Amtmann,
ber baö fRecbt beugte, um ba$ Doppelte fcon bem gebüßt werben follte,
wa$ ein 9h'a)tbeamter im gleichen galle ju entrichten hatte. Der anbere
©a£ verfügt bann, baß ein mit ben fünf (Sljren auSgerüfteter ©runbberr,
ber einer ungefefjfichen ,£>anblung überführt wirb, außer ber gemetnrecbtli^
eben ©träfe, weiter in gleichem galle jeber Rubere verfalle, 40 £>eren a!6
grteben^bruch jaulen müffe.
©obann unterfa)eibet ber fragliche Slrttfel fcon ben 33eft£em ber fünf
(St)ren ©olc^e, welche bie gleite gretljeit ntdt)t genießen, aber boa) nur um
eine geringe ©tufe ntebrtger fteljen, als jene. Denn tf)re S3uße für griebenö*
brua) betragt ja bloß um ein günftrjetl weniger, als bie ber (Srftgenann*
ten. fOleine^ (£raa)ten$ fo'nnen in festerem ©a£e nur fola)c ©ut3beft£er
gemeint fein, welche jwar ©oefne, aber nicht auch bie tner übrigen $or*
rechte übten. Diefelben foHen, im galle fte ben £tnterf äffen eines anbern
©utö^erm »erleben, eine grtebenSbuße entrichten, bie um ein günftljetl ge*
ringer ift, af$ bie, welche im nämlichen galle Sßeftfcer ber fünf (Styren §u
§a^len fcerbunben fmb. Das ©efe£ beftimmt nicht, wie bte 40, wofyt aber
wie bie 32 £)eren ju fcertr)etlen feien. 3^)n von ben 32 Oeren fal*
(en bem Zetyntymn beö Klägers §u. Dtefe S3eftimmung foK meinet (&x*
ac^tenö bie £ehen$herren burc^ 9lu$ftcht auf ©ewinn antreiben, baß fte
tf)re ^)interfaffen ermutigen, gegen mächtige Nachbarn ungefa)eut Siecht
§u fud)en.
Der gan§e 5lrtifel JjanbeTt, wie man ftef)t, son 33eftrafung berjenigen
S3e»orjugten, welche entWeber im tarnen beö Königs ber ©erechtigfett*
pflege fcorftefyen ober eigene ©crtchtSbarfeit beftjjen, ober wenigftenö ©runb*
Herren ftnb. 9htr im brüten galle fpric^t SBtl^elm e$ beutlich aus, baß
bte klagen, welche er im ©mite fyat, t>on beuten, bie auf ben Sefyen gro*
ßerer Skfallen leben, alfo t>on «gnnterfaffen, Kilianen, ftetuen greiett gegen
Mächtige angeftellt werben. 2lber man muß, glaube ich, (Sbenbaffelbe aua)
bezüglich ber betben anberen gälte £orau3fe£en. Die 3Sorfct)rtft 2Büf)elm3
ift barauf beregnet, baß Heine Seute, ©emeinfrete unb £albfrete ben
u)um ober Amtmann ttor bem ©eriebte be6 föniglicben £)berrtchter$, fowie
@ut$beft$er mit ben fünf (S^ten ober of)ne fte t>or bem ©raffcbaftSgertchte
wegen 9D?iß»erhatten3 belangen. Denn 9^ccf)t^r)änbet , welche ©roße unter
etnanber Ratten, würben nicf)t »or ben gewöhnlichen Richtern, fonbem »or
606
$afcft ©regoriuö VII. unb fein ßdtalkx.
bem föntgttcfcen Hofe abgemalt, roelctier bie juftänbige 33er)6'rbe aller un*
mittelbaren S3afaUen war. (Srjbtfdjof Sanfranf fcfjretbt 1074 an Stöger
»on £ereforb: *) „ber Jlöntg unfer £err rotll ntd)t, baß feine 93icegrafen,
roär)renb er britbcn in ber 9?ormanbte tx>eilt, auf deinem (Gebiet ©ertd)t
galten, fonbern er rotrb, roemt er fommt, in eigener *ßerfon bie jrotfdjett
$)ir unb feinen. 5}tcegrafen obfd}tt)ebenben ^)änbel entfdjetben."
9?un §ur <5acr)e. 6eit ber (Eroberung ftanb bie ©ertd^tSbarfett in ben
6f)iren ben SSicegrafen unb Amtleuten, b. r). ben 23e$trf3rtd)tem ber £un*
bertfdjaften, in welche bie 6r)tren jerftelen, bergeftalt ju, baß ben Sabun*
gen ber SBtcegrafen fämmtltdje 3nfaffen ber ©f)tre, l;or)e rote ntebere, gletct)*
tttel ob erftere bie fünf (Sfyren Ratten ober ntd)t, baß ferner ben Labungen
ber Amtleute bte nieberen 3nf äffen folgen mußten. (SS gab in 2Btlf)elm$
Seiten ©rafctt unb (Sarle, aber diejenigen, roela^e bie genannten Xitel füt)r*
tett, befaßett feine ritterliche ©eroalt über bie ©f)tre, fonbern teuere befanb
ftd) in ben §änben ber 23tcegrafen — jene tarnen roaren ntcfjtö al$ Um
(Sfyrentttel. £)tefe rotdjttge £l)atfache erhellt tr)ett$ au$ bem angeführten
®efe£e 9Bttr)eImö, trotte au$ anberen belegen.
2)er erfte 2tbfct;nttt be$ fragten SlrttfclS fe|t sorauS, baß nur ber
SBicegraf unb bte Amtleute in ber @r)tre ^edjt fprea)en, ber jroette »er*
orbnet, baß oerurtf)etlte Präger ber fünf (Sfyren, eine klaffe, ber bte
angehörten, roekfye t>ott ben (£r)routfen @ar*e °^er trafen bejetdmet
roerben, bte 23uße beS grtebenöbrud)ö an ben fönigttcr)en SStcegrafen ettt*
rieten müffen, er läßt alfo feinen 3tt>eifel barüber $u, baß ntebere, rote
r)or)e 33afalKen, bte in einer 6l)tre ©üter befaßett, ofync $lu3ttahme bem
©eridjtöbamte be$ betreffenden 33icegrafen untergeordnet roaren. (Sbettfo
erroät)nt 2) jene rotd)ttge SSerorbtumg SüfyelmS, fraft roeldjer er ben (SleruS
von aller roeltltd)en ©ertchtöbarfett befreite, nur SBtcegrafen unb Amtleute
(praepositi), fte nimmt alfo an, baß nur biefe ©ertcfjt gelten. 2lua) ba$
2)omeöba^boof §eugt für ben gleichen ©aa>erf)alt. Ueberall, voo bte 6pe*
ctalbeoollmächttgtett beö $b'nig3 erfcfytetten , um bte Sluftetchnuttgett ttorut*
uer)mett, roerben tncr)t etroa bte in ben Stytren angefeffenen ©arte ober
©rafett, fonbern ftetä bie Sßt§tt)nme aufgeforbert, 3) ben erften @tb abju*
legen. $)te trotte felbft bejubelte fte bemnaa) alö bte r>öct)ften ^Beamten
ber ©raff ctyaf ten. (Subita) fagt4) ^einrieb oott Huntington im 2ltlgentemett,
') «Siefje ofcen @. 500 unb Lanfranci opp. @, 320, b. 2) @ief)e oBen ©. 467 flg.
unb ancient laws <S. 214 : Hoc etiam — mea autoritate interdico, ne ullus vicecomes
aut praepositus, seu minister regis, nec aliquis laicus homo de legibus, quae ad epis-
copum pertinent , se intromittat , unb heiter oben : fortitudo et justitia regis vel vice-
comitis adhibeatur. 3) WÜ I, 22. £r>tenty IL 182. 4) (Samte <§. 370 untere
äftitte : vicecomites et praepositi, quorum erat officium justitia et judicium.
Q3ierteö 93ucb\ (Sap. 28. £>ie fünf 93orrecr)te b. angelf. fteidjgfürfrenU). ©ocfe, <Sacfa k. 607
unter $ömg Wilhelm I. fei bte Pflege ber ©erec^tigfett ben 93tcegrafen
unb Amtleuten übertragen gcwefen.
93on felbft verfielt eS ftct), baß ber Zottig bte 33ttegrafen einfette.
SD?tt befonberer Betonung brauet ßanfranf in bem oben angeführten Sauet*
ben oon ihnen ben 5luSbrucf „feine, b. r). beS Königs SSfcegrafen", auch
baS 3)omeSbar;boof liebt eS, bem SQSorte SSijtI;um ben Betfafc „beS Äönigö"
anzufügen. 4) Sd)rtftftcller beS ftoäteren Mittelalters fagen 2) aus, bie
Amtsführung beS SBijtfutmS fei fraft alten ^erfommenS eine jährlich web*
felnbe geroefen, iubem ber Äöntg jebeS 3aJ)r am Sage vor bem geft aller
Seelen neue ernannt fyabe. Ü)a 2Btll)elm ber eigentlt&e (Schöpfer beS
anglo^normanntfchen Staates ift, unb ba er un^roetfelhaft große Sorgfalt
aufroanbte, um bie föntglicbe ©eroalt gegen (Singriffe retdjSfürftlicher (£r)r*
fitcf>t ftct)er §u ftellen, barf man meines (SracbtenS unbebenfltd) bie 2ln*
fänge beS SBecbfelS ber Stimme auf ir)n jurücffüfjren.
©egen bie oben ausgeflogene Behauptung, bie tarnen (Sari ober
©rafen, tx)elct)e mehrere ©roße unter SBtlr)elm führten, feien bloße Sttel
geroefen, unb bie alfo Benannten f)ätten feine richterliche ©eroalt über bie
Sf)tren befeffen, fann man ben (£tnrourf erheben, baß fou)ol)l im 2)omeS*
batyboof als in anbern Duellen einzelne ©ünftltnge beS Königs erroär)nt
roerben, roelche ganje ©raffchaften inne Ratten. So ift j. B. befannt,
baß 3Bill)elm feinem ^albbruber, bem Btfdjof £)bo oon Bateur, bie ganje
Sanbfcbaft ^ent oerlieh; beSgleichen fyi$t eS im 2)omeSbatyboof ,3) Äönig
2ßilf)elm haDe feinen SSerroanbten , ben ©rafen Dtoger oon 9J?ontgomen;
mit ber Stabt ShreroSburty, fammt ber ganzen ©raffebaft Shropfhire unb
mit ben £errfcbaften, bte etnft jtonfg (Soroarb ber Bcfenner bort befaß,
auSgeftattet. 3)aS Buch fügt bei, baS (Sinfommcn, voelcheS 9?oger auS ber
Stabt, ben ^unbertfebaften, ben dauerten unb ben (Srträgntff en ber
©ertchtSbarfeit begehe, belaufe ftd) auf 300 $funb Silber unb hun*
bertfünfjehn Schillingen an *Pacbtgelbertt. (Snbltch ift befannt, baß £ugo
von 5lorand)cS in ßhefterfhtre wahrhaft fürftlia)e ©eroalt genoß.
$aum fchetnt eS benfbar, baß bte brei genannten ©roßen unb roof)l
noch anbere bei folgern auSgebermten Beft£ ntd)t auch ©ertchtSherren ber
betreffenben ©raffebaften getoefen feien. 3a) entgegne: foroobl in Äent als
in Shropfhire roerben, neben £>bo unb $oger oon 9J?ontgomerr; befonbere
Bicegrafen aufgeführt, unb jroar in erfterer £anbfcf;aft £amto,4) in ber
anbern ^atnalb.5) 3Meß roäre ftcr)erltc£) nta)t ber gall, roenn £)bo ober
Ovoger oermöge ihrer (£tgenfchaft als ©rafen baS oberfte 9?tchteramt in ben
') (Sin 93eifpiel Bei öttig I, 167. 9tote 2. 2) 3>u (Sange, sub voce vicecomes.
9teue StuSgafee, 33b. VI. ©. 809, brüte (spalte ftg. 3) I, 254, etfie «Spalte unten.
*) Ibid. I, 2, iroeik ©palte unten. 5) Ibid. I, 254, jroette ©palte.
608
$a&fl ©regouuö VII. unb fein fritalhx.
beiben 6^(ren befleibet hätten. SBaö (Elfter betrifft, fo fyatte e$ mit biefer
Sanbfcbaft eine eigentümliche 33ewanbtntß: fte btlbete, wie früher1) gezeigt
Worben, eine 2lrt wn gürftentlntm. @letc^tt>ol)t übte2) aneb bort £ugo
von 2lvrancr)eö nicht in eigener *ßerfon, fonbern burd) Amtleute (praepositi)
bte rid)terltcbe ©eroalt aus.
2)te von 2Btl^elm eingeführte ©ertcbtSverfaffung [teilt ftcb nunmehr fo
r)erau3 : glaubte irgenb ein freier ober halbfreier ^tnterfaffe , ber auf bem
®ute eines r)ör)ern ober nieberen 93afallen lebte, fei e$ bura) feinen eigenen
£errn, ober buret) einen fremben ©runbetgenthümer verlebt worben ju fein,
fo fonnte er ben SBeletbiger vor bem ©f)iregertcr)t beS 33i§tl)umS belangen,
ber S3eflagte aber mußte, gleichviel ob er bie fünf @hren befaß ober nicht
befaß, ber Sabung golge letften. (ES gab jeboer) sunt Schule ber kleinen
gegen bie ©roßen noch ein ^weites ©ertcht, nämlich baS beS fönigltchen
3«fttttarS ober DberrtchterS. 2Benn ber Sßijthum bem kleinen, ber £ülfe
fuchte, aus fträfltcher ^üefftcht auf ben Sßeflagten ©erechttgfeit verweigerte,
ober zweitens wenn ber 33t5tt)um ober ein Amtmann ber ^unbertfehaft
felbft eS war, von bem ber kleine Unrecht erlitten $u h^ben meinte, fo
ftanb Sefcterem frei, bei bem fömglichen Suftittar $lage einzulegen. 2)er
oben angeführte ©efefceSarttfel tft fo abgefaßt, baß man annehmen muß,
bie Berufung an ben Suftittar fei jebem möglich gewefen.
2)tefer 3uftanb nötigt $u ber SßorauSfefcung , entweber baß in jeber
Shtre neben bem SSicegrafen bletbenb ein 3ufttttar wor)nte, ober baß von
3ett §u Sät Suftttiare in fämmtltchen ©raffchaften erfreuen unb über
klagen ernannten. (ErftereS fann niebt ber gall geroefen fein, Weil, roenn
bie 3ufttttare ftehenbe @raffd)aftsbeamte geroefen wären, forooljl tn ben ©e*
fefcen, als im 3)omeSbatyboof unb in ben @hromfen häufiger von ihuen bie
$ebe fein müßte. £)aS £)omeSbat)boof fchroeigt von ben Suftitiaren, bie
©efefce 2BtlbeImS gebenfen ihrer nur an obiger Stelle, unb an einer zwei*
ten, bie ich unten anführen werbe. (Einige fpätere (Ehrontften bezeichnen3)
mit biefem tarnen bte 6vectalbevollmächtigten beS Königs, welche bie (Er*
hebungen für baS £)omeSbat;boof fammelten. 3)te älteren ©efehichtfehreiber
SBtlhelmS erwähnen4) bie Sufttttare, aber bodt) im ©anjen feiten. £)rbe*
rieh fagt5) aus ©elegenbett ber (Empörung Hogers von ^ereforb unb beS
SBretagnerS D^abulf, vom Könige feien um jene 3^t (1074) jwet Norman*
nen, 9^tcr)arb 33ienfait unb Wilhelm ©arenne, ju oberften Suftittarten für
bte großen @efcr)äfte beS Geichs beftellt gewefen. Unverfennbar fprtdjt er
von ihnen, als von außerorbentltchen Beamten.
golgltcb tft man genötr/tgt, ben zweiten gall anzunehmen: bie 3ufti*
') <S. 434 flg. 2) <£ome$baty %, 262 inverso. 3) <5Uiö I, 18. 4) 2>u Sange,
glossarium III, 953, bvitte ©palte. 5) 2)ud&eöne 6. 535, a.
93terte$ 93ud&. ®a\>. 28. .Röntg 3BiU)eIm »evettelt bte fünf Sorredjte. 609
tiare waren alfo Männer, welche, mit befonberer Vollmacht be6 Königs
verfer)en, von 3e^ 5« 3?tt ^e @^«n bereisten, um bie ©erechtigfeitS*
pflege ju übewac^en unb gen>tffenlofc dichter jur 9^ecf?enfcfcaft ju sieben.
ßtwaS, tt>ie bte 5ln[talt ber faiferltchen (Senbboten be$ granfen (£arl, btente
bem engltfchen 3ufttttartat jum Vorbilb. 3n ber $f)at erwähnen ') englifd^e
Duellen beS 12. unb 13. 3a^rl)unbert6 f)äuft£ l)erumretfenbe 3uftitiare —
— justitiarii itinerantes vel errantes, vel itineris, — Welche Sftachforfchltn*
gen über ben ©taub be$ ©erichtäwefenS anfteflten unb Etagen annahmen.
UttjWetfelhaft fchetnt mir, baß bte Anfänge btefer Gnnrtchtung auf SBtlhelm
ben Eroberer jurücfretdben.
Wlan fter)t, ber Normanne Iteß ben tarnen ber fünf (Sfyren be[ter)en,
aber bte 9tacr/tf)eile, welche ehemals auS btefen Vorrechten für bte kleinen
floffen, befeitigte er grünblich baburd), baß er bte ©runbfyerren unter bte 5luf*
ftcf)t jweier S3et)örben [teilte, bei benen jeber $Kedt)t fua)en Fonnte. 3n einem
ber ©efefce2) (§bwarb$ be$ VefennerS l)etft e6: „bte Varone, welche bte
©erichtSbarfeit über ihre Seute fyaben (— b. r> welche bte fünf Vorrechte
genießen — ) mögen $ufcf)en, baß fte von folcher gretfyett einen ©ebraudj
machen, ben fte vor ©Ott bem 5lllm5a)ttgen unb vor bem Könige verant*
Worten fönnen." jtaum gibt e$ ein HftgltchereS SBefenntniß ber (Schwäche,
al6 wenn ©efcjgeber, rote fytx (Sbroarb, ftcr) begnügen, fromme 2ßünfa)e
aussprechen , über welche bte (Schlechten unfehlbar in bie gauft lachen.
2lnber£ 2Mr)elnt ber Eroberer, er t)at jum (Scfut^e ber kleinen jwet $rt*
bunale gefetjaffen, welche bte nötige -^flacht befaßen, ben Warfen ungereaV
ter ©roßen ju beugen.
£>urch ein befonbereS ©efef}') [teefte er überbteß willfürltcher 9lu$ber>
nung ber fünf @hren wohltätige ©ränjen. CDaffelbe lautet: „wenn (guter
einen Räuber ober £)teb, nicht angerufen »Ott bem Vefctjäbtgten, etnfängt
unb ben ©efangenen abführt (in feinen !l)teb$tf)urm), fo §af>It ein Solcher
10 (Schillinge Vuße unb muß ben ©efangenen vor bem nächften ^ttnbert*
fa)aft6gerta)te [teilen, baß bort über benfelben erfannt werbe, was 9^ecf)tenö
t[t. Senn aber ber ©utsfyerr ben Verbrecher ofme (Srlaubmß be£ 3u[ti*
ttarS bem §unbertfcr;aft6gena)te entsteht, fo unterliegt er einer 93uße von
40 (Schillingen. "
®&*ÖeW9c ®ut6beft£er fugten 23eibe6, ©ewalt unb (SMommen, baburch
ju vergrößern, baß fte flüchtige Verbrecher, bie nicht i^re Untertanen waren,
nicht auf ihrem ©rttnb unb 33oben gefrevelt Ratten , in ihren 2)teb$thurm
warfen, ©egen folche ®elü[te verorbnete $önig 2Bilf)elm, baß Verbrecher
ber befchrtebenen 5lrt bei empfmbltcher (Strafe ben orbentlichen ©engten
l) $u (Sange, sub yoce justitiarius. 9teue 9!uggafce. III, 955, a. unten flg. 2) An-
cient laws @. 192, 9tr. 9. 3) Ibid. 6. 202. 9h:. 4.
® fröret, «ßabjt ®regoriu« vu. 33b. m. 39
610
?ßafeji ©regoriuS VE. unb fein Bettalter.
ber Stiren ausgeliefert werben mitfiten. 2ßa$ blieb nun denjenigen, belebe
bie fünf (Styren genoffen, von il;rer ehemaligen faft unbefebrünften ©eroalt
übrig? (Srftltd) bte £errfd)aft über bie nieberfte Schichte ber englifctjen ©e*
fellfcbaft, über bie Sftaven, boct) fonnten fie auet) mit biefen niebt mehr
wtllfürlich »erfahren, tt>et( ber Äöntg ben Hörigen für ben fcbltmmften gatt
3uflua}t in Burgen unb Stabten eröffnet ^atte; sroettenS ber ©crtchtSbann
über bie greien ober ^albfreien, welche auf ben betreffenben ©ütern ange*
ftebelt waren, boct) nur fofern bie ^erren einen vernünftigen unb gefefcmci*
ßigen ©ebrauch von ihrem fechte machten, denn wenn fie ftet) beigeben
liefen, mittelft ber ©ertchtSbarfeit Unfcbulbigc §u unterbrüefen , wußte ber
©efränfte, baß er beim 93i§tf)um ober beim Suftttiar *g>ütfe fuchen fönne.
2)ie wenigen angelfachftfchen ©roßen, bie ihr (Srbe unter 2BtIt)elm ju
behaupten wußten, unb ebenfo biejentgen Normannen, bie e$ gerne ge*
maebt fyätten, wie e$ ber ^errenftanb unter (Sbroarb machte, müffen rote
rafenb gewefen fein über bie Qofyit, welche Göllheim ben Shtregericbten
einräumte, namentlich aber über bie Slnftalt be$ 3nfttttarat0.
Der angelfächftfche (Sfyronift, Qtinxiü) von Huntington, leiht dem, roaö
bie ^erren backten, SBorte. „Bon denen," fagt1) er, „welche man bie
Männer ber ©erect)tigfeit nannte, ging alle Ungerechtigfeit au6." 9?atür*
Itcr), baß ber ©beimann bem Bauer unb Bürger baS gell über bie £)^ren
$ier)e, fa^ien ben „©eftrengen" C^ea^t unb gute alte 3e^- darum faßten
fie ben ^önig, ber ihren böfen ©elüften ein ftählemeS ©ebiß anlegte unb
verfchrieen tl)n als einen graniten, der gemeine -ättamt bagegen, bie Firmen,
bie SBtttwen unb 2ßatfen fegneten tt)ren Befchüfcer.
2luch von biefer Stimmung fyaben ftcf) in ben gleichseitigen Duellen
©puren erhalten. 3cJ) erroätjnte oben2) bie @efanbtfa)aft, welche bie $önt*
gin 5D?atr)tIt)e wäfjrenb ber Streitigfetten jwtfchen tr)rem ©rftgebornen $0*
bert unb bem Bater an einen beutfcfyen (Sinftebler abfe^tefte. der 9D?öncb
erblicfte im ©eftcht eine r)errltcr)e SBiefe voll Blumen unb bufttger $räu*
ter. *) dtefe 2ßtefe war Gmglanb unb bie ^ormanbte. Swings um biefelbe
[tauben allerlei böfe Xl)im , begierig bie 2Ötefe ab$uwetben. Allein ein
eblcS $oß mit ehernem $$y\\t beroaebte biefelbe unb fchlug rechts unb ItnfS
ben Sfotublufttgen auf bie Äöpfe, fo baß fte nichts wegnehmen fonnten.
Brauche ich p fagen, wen ber ©inftebler unter bem eblen Stoffe, unb welche
9J?enfct)en er unter ben böfen Saferen verftanb? Unverblümt brüeft £>rbe*
rieh daffelbe au$, wenn er fagt,4) ber Höllengetft fyabt über ben $ob
3Bilf)elmö trtumplnrt/ weil SatanS Hau^9ePn^e/ dtebe unb Räuber, ftcb
Hoffnung machten, je$t, nachbem ber unerbittliche dichter geftorben, um ftet)
1) (Satttie <&. 370 untere Sftttte : qui justitiarii vocabantur, caput erant omnis in-
justitiae. z) @. 526. 3) <Ducfjegne <S. 571, b. flg. 4) Ibid. 661, b.
Viertes 93uc§. &ap. 28. Stöni$ 9BtU)elm vereitelt btc fünf 93otrccfjtc. ß\\
greifen $u tonnen. Slllein fte täufdjten ju§: bte Skrfaffung, weld)e 2ßtl*
geirrt fterbenb jurürflteß, war ftärfer als tt)rc 93o3f)eit.
3m 3)ome$bat)boof finbe tef) nod) 2lnbeutungen befonberer SBorfeljr,
weldje 2Bilf)elm gegen gewtffe 2lu3wüa)fe gutsfyerrlicber ©eridjtSbarfett traf.
3n ber 93efd)reibung ton (£ambrtbgeff)ire fyeifjt1) e£, ber fonigliOK 93afalfe
*ßicot fyabe an ben ©rafen 9ioger (von ©fyrewSbun;) bret Sodemannen
abgetreten, bamit (euerer fte verwenben fönne, um ©endjt ju galten. 2)a$
lautet fo, als fet ben jlronvafallen ntd)t geftattet gewefen, tf)re ©utSämter
mit £albfreten ober gar fyörtgen, vom ©ebteter völlig abhängigen, beuten
3U befe^en, fonbem als fyabe baS ©efefc vorgefa)rteben, baß bte 93orftef)er
ber ©utSgertcbte aus ber ©(äffe ber €odemannen gewählt werben mußten.
3n ber Xfyat war biefe (Safe angelfft^ftfa}er 23evölferung bte adfctungS*
wertr)efte im ganzen Sanbe. 3)enn bte Sodemannen r)aben Weber 5lnbere
baburd} unterbrüeft , baß fte bte fünf (£f)ren an ftet) riffen, noa) fta) felber
von 9ftäd)ttgeren unterbrüden laffen. 2)er jtöntg fyanbelte bafyer flug unb
geregt, baß er tiefen ©tanb bevorzugte.
3mmer!)in würben Weber bte ria)terlta)e ©ewalt ber Sßicegrafen, nod)
bie 5lnftalt ber Sufttttare für fta) allein baS 5lnfdjwellen eines neuen 9ieta)S*
fürftentfmmS verinnbert t)aben, fobalb bem £errenftanbe bie üftöglt'cfyfett ge*
laffen warb, gefcbloffenen ©eftfc §u erwerben. 2)enn fo groß tft bie -äftadjt
btefeS 33eft£eS, baß er burd) bte ifym etgentf)ümlid)e 2Öud)t alle «S&ranfen
burd)brta)t. 2Bären einzelne von 2Bilf)elm begünftigte ©efd)lea)ter in ber £age
gewefen, — fo wie eS unter (Stfyelreb unb (Abwarb gefd)af) — bte ©runb*
fjerrliajfett in ganzen ®raffa)aften an ftet) §u bringen, fo würben btefelben
früher ober fpäter ©aufönige geworben fein. Sieben folgen Herren fann
eine von tfynen unabhängige ©ered)tigfettspflege unmögltd) befielen.
3n anberer 3ßeife beugte Silfjelm btefer ©efafyr vor. 9lad)bem er
ßnglanb erobert fyatte, madjte er tabula rasa, verjagte bie fd^ulbbelabenen
angelfäd)jtfd)en 9lbeltgen von £auS unb §of, unb verteilte bann baS
verfügbare Sanbeigentfjum in ber 5lrt unter feine Normannen, baß feiner
ein alljugroßeS (§rbe an einem (Stüde erhielt.
2Bte flug tft baS ©Aftern ber 9ttanerten auSgebad)t! 3ebe$ bilbet ein
HetneS gefd)loffeneS ®an§e für fta), baS feine eigene Verwaltung f)at, ba*
bei liegen alle fo bunt gewürfelt anSetnanber, baf rea)tö unb linfö in flei^
ner Entfernung 9?acbbarn ft^en, Wela^e bte <Sttrne gleia) f)od) tragen. @tn^
^elne l)aben, wie td) oben geigte, fe^r viele ©ütcr von 2Btlf)elm erhalten,
aber ftetö wirb man ftnben, baß bie Sänbereten foldjer 53evor§ugtett über
ba6 ganje $eid}, oft in 18—20 6l)iren ^erftreut waren.2) 2)ura) btefeö
einfaa^e TOttel forgte 2BiIl)eIm bafür, baß 2)a$, waö bem beutfa^en 9leta)e
*) (5«tö I, 237. 2) Oben @. 565 unten flg.
39*
612
$abjl ©regoriuS VII. unb fein ßdtalkx.
ben Sobeöftoß gab, nämlict) ba$ 2lnwad)fen von Territorien, verein*
bert warb.
Slußer buret) Gewalttaten, entftanben im Mittelalter große ©ütermaffen
t)auptfödt)Udt> buret) £eiratr)cn. 2£ilf)elm t)at bie ©efaljr, welche von biefer
Seite r)er brot)te, vdoI)1 inö 2tuge gefaßt. Mtin ^ronvafalle burfte ftdr),
rote au$ bem 33eifpiele Hogers von «^ereforb erhellt, of)ne fonigltcfje (Sin*
wtlltgung »ermäßen. Set)r läftig muß biefeS 9ßorrect)t ber jfrone für
manche Herren gewefen fein. £)a3 erfte unter ben ©efefcen, ba$ Sil*
r)elmö brttter Sot)n , ^einrtcr) I. , glctcf) nact) ber Krönung auf ba6 1k*
bringen ber 33afatlen bewilligte, tautet1) fo: „wenn einer meiner S3arone
feine Tochter, Scr)wefter, 9lict)te ober fonft eine Slnverwanbte vert)eiratt)en
will, mag er mit mir reben. 3ct) werbe nictjtS von ir)m für bie Urlaub;
nt# ber ^eiratl) begehren, nod) einem 93orfd?lage entgegen fein, außer wenn
2)er, welcher §um @emaf)l gewagt werben foll, mein getnb ift. Stirbt
einer meiner SBarone, unb hinterläßt eine Tochter alö (Srbin, fo foll jte
fammt ber SBarome ^Derjenige §um 2Beibe erhalten, ben ict) im (Sinflang mit
meinen ©etreuen ba§u geeignet erachte, hinterläßt ein verdorbener 23a*
ron feine ^tnber, wot)l aber eine 28ütwe, fo foll berfelben it)r ^eiratfygut
ungefdjmälert verbleiben, aud) werbe ict) ir)r feinen Mann aufnötigen, ben
fte niajt gerne nimmt" u. f. w.
So bereitwillig aud) ber neue jtönig bie gärten ber älteren *ßraxte
milbert, beftet)t er boct) barauf, baß fein ber ^rone abgeneigter QSafalle fief)
buret) eine reiche ^etratr) vergrößern barf. gür geinbe aber wirb ftetS
jeber ^önig foldje £er)enträger galten, bie allju mächtig finb.
£ro| ben erfolgreichen 2lnftrengungen, weld)e 2öilt)etm machte, um für
immer bie 2Öur§eln reicr)£fürftlid}er ©ewalt ab§ufc^neiben, ängftigte it)n boct)
ber ©ebanfe, baß baS Uebel von Beuern entftet)en fönnte. (£r ergriff ju
biefem 3wecfe eitte außerorbentltct)e Maßregel, bie jeboct) feine SebenSbauer
l)atte. £)a$ 34. ©efe$ ber lateintfcr)*normannifcben Sammlung befagt:2)
„wenn ein gamilienvater ot)ne ^interlaffung eines legten 2Bitfen$ ftirbt,
erben bie Sör)ne ju gleiten feilen."
dagegen verfügte3) 2öilr)elm$ ^weiter Nachfolger, ^einrict) L, wie
folgt: „ba$ 2ef)en be$ $aterö foll ber (Srftgeborne fyaben, bagegen waS
ber S3ater erfaufte ober fonft erwarb, mag er nact) belieben bem ober
jenem Sor)ne r)interlaffen." Äönig $einrid) t)at, wie man ftel)t, baö @rft*
geburtred)t, baö ber Sßater bebingt verwarf, eingeführt. 2)tc grage ent*
ftet)t: war bie 33erorbnung be$ 2kter£ gegen ein älteres £erfommen %e*
richtet ober ntc^t? mit anbern SBorten Ijat 2Bilr;elm I. fraft be$ angefüfp
l) Ancient laws @. 216. 9fr. I. §. 3 flg. 2) Ibid. @. 207. s) Ibid.
<£. 250 unten flg.
95ievteö f&uä). (&ap. 28. tfonig 3BiU)elm »eveiteU btc fünf 33onecfyte. 613
ten ©efe£e$ eine @inrid!tung, bie früher in ber 9?ormanbie beftanb, für bie
in (Snglanb angeftebelten Normannen abgerafft? 3d) fage ja unb beroeife
meinen 6a£ mit folgenben ©rünben:
Unverfennbar ift, baß ber Köllig in obigem Slrtifel eine vorfyanbene
©eroofjnfyeit fdjoncn roill, er geftattet ben Tätern, tfyre (Srftgeborne burdj
legten 2Billen §u alleinigen (Erben beö unberoeglia)en Vermögens einjufe^en,
unb verfügt Moö, baß beim Langel eines Seftamentö bie 6öl)ne ju glei*
djen Stetten erben follen. 2Bäre er burd) feine *Rütffid)ten gebunben ge*
riefen, fo roürbe er ba6 9tea)t ber (Erftgeburt gerabqu au6gefd)loffen fjabcn,
ftatt baß er fd) einbar ben Tätern freie £anb ließ. 3d) fage mit gutem
33ebad)t fd) ein bar, benn in ber 2^at erreichte er bod) feinen gel)et*
men Svocd.
(Stellt man bie 5lufrid)tung einer (Srftgeburt ben Tätern anfjeim, fo
werben unter fmnbert faum fünf von biefem dichte ©ebraud) maa>n, unb
jroar barum, weil fold)e Verfügungen fd)limme §änbel in ben gamilten
erzeugen, vor welken fraft be$ 9Jaturgefüf;l$ bie Väter unb noa) me^r bie
9)iütter jurüdbeben. 2)te (Erftgeburt gebeizt nur ba, roo fte unabhängig
vom Hillen ber gamilienfjäupter bura) ein unabänberlidjeö ©efe£ einge*
fü^rt ift
3tveiten$ ergibt ftd) aus ber Verorbnung ^einrid^ I. , baß bie ent*
gegengefe^te Verfügung bcS VaterS, bie er außer straft fe$te, ein älteres
£erfommen gefränft f)atte. 2)ie @efe£e, roelaje £einrid) naa) feiner $rö'*
nung veröffentlidjte, ftnb ifmt, rote ia) früher bemerfte, bura) bie Vafallen
abgerungen roorben. 9?tmmermer)r aber roürben biefe fo viel ©eroidjt auf
bie §erftellung be6 (Erftgeburtred)t$ gelegt fyaben, roären fte ntcrjt überzeugt
geroefen, baß bura) jenes ®efe£ SSilfyelmS ba$ Wlaxt tl)re$ @tanbe$ an*
gegriffen roorben fei.
3a) l)abe nod) einen britten ©runb für meine SSefyaUptung , ber für
mein ©efül)l größeres ©erota)t f)at, als bie jroei jufammen, obgleia) jeber
berfelben für ftet) genügt. 2)a$ (Erftgeburtrect)t ift ein politifdjer £ebel
von feltener Stärfe: in £Reict)en, bie fouft eine natürliaje ©runblage r)aben,
jaubert eS unfehlbar (Eroberungen in ber gerne unb Kolonien hervor. 33d*
fpiele mögen reben. SSarum t)at baS heutige (Snglanb fo große 23eftj$un*
gen am ©angeS, am 6t. Soren^ftrom, in allen Wfyttkn beiber £emifpfyä*
ren? roer fetjuf biefe -IDca et; t? 3d) fage bie nacfygebornen @öl)ne beS anglo*
normannifa)en 2lbelS, bie $abeten ftnb eS geroefen, bie tt>r £eimatr;lanb
p folgen Unternehmungen fortrtffen. 2)enn ba bie jüngeren ©öf)ne nfd^t
mit bem (Erftgebornen erben bürfen, entbrennt in ben Verfügten ein rotl*
beS, ehrgeiziges geuer, bad auf frembem 33oben (Srfa§ fua^t. ©emeine$
befriebigt fte ni^t, roeil fte $u §aufe 53effere^ gefeiten fyabeu, unb au^
614 $a&f* ©regoriuö VII. unb fein ßtitaUtx.
ihren Neifjen gehen Scanner tyrtiox, bie bem 23ilbe entfyredjen, baö 2Bil=
r)elm ber (Eroberer sott feinen Normannen entwirft'1)
Nun weiter! gab e$ im ganjen Mittelalter irgenb ein anbereS £anb,
»on bem fo große 9)iad)tentwicflung auSftrahlte, wie auö bem fleinen £er*
jogthum ber Normanbte? ,£at biefeö ©efcfylcdjt nicht im Saufe eineä einzigen
3af)rhunbert# fyalb Stalten fammt ^Britannien erobert unb überbteß ftarfe
©paaren ju ben itreu^ügen nad) bem 9Norgenlanb , wie auf ber ptyre*
iiätfcfcen £albinfel geliefert? 2luö biefer einen 3$fttfa$€ Stcl)e ich ben Schluß,
baß in ber Normanbte jur Sät, ba 2Bi(r)e(m bte Regierung antrat, <Srft^
geburtrea)t beftanben haben muß. 2)er Zottig wollte baffelbe abfehaffen,
offenbar weil er fürchtete, baß einzelne Nachfommen ber (gröberer, bte er
groß gemacht, feinen Nachfolgern über ben Stop\ warfen bürften, wenn er
e$ unterließe, t^ren Veft£ burch ßrbtfyetlung p febmälern. Slber §u fyelle
waren bie klugen ber SBarone, $u gut Ratten fte bte Vorteile erfannt,
Welche Erftgeburt nicht nur bem abeltgen ©tanbc, fonbem ganzen Säubern
gewährt, baß fte nicht ef)er ruhten, btö äBtlhelmS ©of)n bie Verordnung
feines VaterS ^unternahm.
SÖäbrenb ber Normanne bte fünf (Sfyren beö 5lbel3 ju einem bloßen
(Scheine l)erabbrücfte ober oerniefctete, bulbete er ntd)t bloS bte jwet wichtig*
ften berfelben in einem anbern @tanbe, fonbem fyat fogar, wie mir fcheint,
if)re gortbtlbung begünftigt 3)tc Socferung aller polttifchen Vanbe, welche
unter jtönig (Sthelreb begann unb unter Abwarb bem 33efenner tf)re £öhe
erreichte, ift meinet ©raebtenö bis $u einem gewiffen ©rabe ber Entwirf*
lung angelfäa)ftfa)en 53ürgcrtl)umö unb ftäbttfeher (Selbftftänbtgfeit förberltch
gewefen. (£aroltngtfd)e Eapitularc enthalten2) Verbote gegen unerlaubte
Verbinbungen, bte mit bem 9luSbrucfe ©üben bezeichnet werben. 2)agegen
fommen erlaubte, ja vom ®efc£e anbefohlene, Verbindungen unter gleichem
Namen feit alter 3«t in Englanb vor.
2Bte früher3) bemerft worben, beftanb bte Einrichtung, baß je jelm
Einwohner §u NechtSoereiuen sufammentreten mußten, beren Mitglieber ge*
genfeitig für einanber 33ürgfchaft letfteten, unb im galle Einer auS ber
©efeüfcbaft ein Verbrechen beging, bte Vuße jufammenjulegen tterbunben
waren. (Solche Vereine fytejjeit*) grtthgilben, bie Sftttglieber ©egilban.
Vielleicht auf biefer ©runblage, vielleicht au$ anberen Slnläffett entftanben
tu ben ©tabten Korporationen, welche eigentümliches Vermögen erwarben,
unb unter bem Namen ©tlbhallen befonbere VerfammlungShäufer befaßen.
2)aS 2)omeSbatyboof erwähnt5) eine ®ilbl)alle ber Bürger von 2>ooer;
4) £)u$elne ©. 656 unten. 2)te ©teile fel&fi ftubet man unten ©. 647 in ben
Znt eingerüeft. *) 3- 93. $erfc, leg. I, 37, a. 4Jlr. 16. 3) Oben @. 596 flg.
*) Ancient laws @. 35, 9lr. 27. 28. ©. 49, 9h\ 16. ©. 97 oben. ®. 101, Olr. 6.
6) I, 1. «jle ©palte, SWitte.
Viertes $uc§. ®ap.28. 2ßäl)renb g0Btu)eIm ben $o$en 9tt>cl ftofrt, f)e&t er b. «Bürgertum. 615
eben baffelbe melbet, *) baß bte 23ürger ber ©tabt (Santerburty vom Könige
(Sbroarb 33 2lcfer Sanbeö ju Sefyen trugen, rüdere ber borttgen ©übe ge*
Nörten. 5tuct) eine geiftltcfye ©Übe gab 2) e$ in ber nämlichen ©tabt, roela)e
32 Käufer tnne fyatte.
Leiter n>trb berichtet, 3) baß Jlöntg (Sbroarb ben bürgern von 2)over
©atfa unb ©otfa überlief, unb baß jeber bortige (Sinroofyner, ber bte Sanb*
(teuer regelmäßig bejahte, burd) gan$ (Snglanb jollfrei £anbel treiben tonnte.
$)a$ SBuct; fügt bei, für biefe wichtige greift r)abe bie SBürgerfcbaft von
$)ooer ber $rone alljäfyrltd) 20 ©d)iffe, jebcS mit 21 Sftatrofen bemannt,
$u [teilen übernommen. 23ieUetdt)t r)tng bte 23eroilltgung ber ©aefa unb
©oefa in ber 5lrt mit ber ©übe von £)over jufammen, baß lejtere bte
©tabt regierte unb ben ©ericfytSbann innerhalb ber dauern ausübte. 3ler)n*
licfye, boeb fct;roäd;ere, ©puren ftäbtifdjer ©elbftftänbtgfett fmben jtet) ju (£ol*
cbefter, ©tamforb unb Sincoln.
Ü)ie S3ürgerfa^aft von ßolcfyefter befaß laut bem 3™gntffe4) be$ 2)o#
me$bat;boof$ 80 SJcfer SanbeS unb 8 9^utl;en runb um ben 2Ball @e*
meinbevermögen, baä iäfyrltd) 60 ©cfyillinge abroarf, roela)er Ertrag, roenn
er ntcfyt für ben 2)tenft ber $rone aufging, unter bte SJittglteber verteilt
rourbe. 3u Sincoln unb ©tamforb fommen5) je 12 Sagemannen §um 93or*
fa^etn, welche erblich ©oefa unb ©aefa genießen, fo baß naa) bem £obe
M SBatcrS ber ©ofm in baö *Rea)t eintritt. Die Sagemannen gehörten
Sunt Sefjenabel, it)re (Srbfa)aft6fteuer betrug 20 ©a)tllmge auf ben itopf.6)
Da ein ©efefc @broarb$ be$ 23efenner£ vorfdjreibt , 7) in gerotffen gälten
folle bie Sufttj bura) bie gagemannen ober bie angeferjenften (Stnroofyner ber
£)rte (Srfunbtgungen über ben Seumunb verbädjtiger *ßerfotten einstellen, ba
ferner in ber ©tabt (Softer 12 9ftct;ter erroäfynt werben, roeld^e von ben
Sagemannen §u Sincoln unb ©tamforb faum verfa)teben fein fonnen, fo ift
ntd)t ju jroeifeln, baß leitete in ber Steife einer ©ilbe von $atrtciern ben
erblichen ©ericbtSbann über bie beiben ©täbte befaßen.
Sßor OTem muß bie Metropole be$ $etd)$ Sonbon tn3 Sluge gefaßt
roerben, roela)er $önig (£broarb wichtige $orred)te verliefen fyatte, bie naa>
l;er 2Btll)elm ber Normanne betätigte. Diefelben befagen:8) 1) „innerhalb
bret teilen runb um Sonbon, rote um jeben £anbelSpla& be3 SftetcbS,
^errfa)t Äönigöfrtebe. üfttemanb barf ben Zubern auf btefem Raunte feft^
galten ober fytnbern. ®efa)äfte fönnen aber nur innerhalb ber dauern
abgefcbloffen roerben ; 2) fein ^err vom £ofe ober fonft einer ber Marone
be$ Königs barf in bem «£>aufe eines SöürgerS rotber ben Sßillen beffelben
*) Ibid. I, 2, erfie ©^alte. 2) Ibid. I, 3, ertfe ^alte, oben. ») Ibid. I, 1,
cvfte ©balte, «Witte. 4) (SUtö IL, 443. 5J Ibid. I, 205. II, 466 flg. 6) Ibid.
I, 197 «uten flg. ') Ancient laws ©. 199. 9lx. 38. 8) Ibid. @. 200.
616
<ßa&fl ©regortuö VII- unb fein ßtitalttx.
Verberge begehren. Senn (Einer bennoer; gewaltfam einbringt unb von
bem ^Bürger erfa)lagen wirb, fo ift ber $obtfa)läger frei von 6a)ulb, fo*
balb er mit 6 feiner 93erwant>ten befebwört, baß er ©eroalt abgewehrt hat.
3) Stein Sonboner Bürger mag außerhalb ber ©tabt, fei eö vom Könige,
fei eö von einem *Privatmanne, vor ©eria)t gelaben werben. ^Begeht er ein
Verbrechen, auf welchem ©elbftrafe ftef;t, fo barf u)\n nia)t mel)r abgefor*
bert werben, alö ba6 einfache Sel)rgelb im ^Betrag von 100 (Schillingen.
4) Ü)te Stimme ber Stabt follen ftcr) nia)t unterfter)en, ba$ ©elb eineö
SBürgerö äurütfjur/alten; aua) bürfen fte feinen, ber einem ber ftäbtifa)en
©eria)töbejtrfe einverleibt ift, vor ben £of beö JtönigS laben, noa) fonft
lux Verantwortung $ier)en, außer wenn $uvor ber Vorftanb be$ 6tabtbe*
jtrfö, bem ber Bürger angehört, tr)nen feine richterliche £ülfe verweigert
hat. ©ine SUiSnafyme hievbn ftrtbct nur bann ftatt, wenn ber ^Bürger auf
$önig$grunb ein Verbrechen beging unb wenn er auf frifcher Xfyat ertappt
worben ift. 5) (Sin Bürger braua)t Weber vor ber allgemeinen VolfSver*
fammlung noa) vor bem ©ertöte in versoffenem 9iaume wegen einer Älage
9tebe ju fteljen, e$ fei renn, baß er regelmäßig gelaben warb. 6) Sebent
Sonboner Bürger fteht eö frei, feine Sänbereten ju verlaufen, or)ne baß it)n
Weber feine Jtinber noa) anbere 2lnverwanbte baran hinbern bürfen. 7) ^>at
ein Sonboner ^Bürger irgeub ein ©runbftücf 3a^r unb Sag unbefa)rteen
inne gehabt, fo fann ifym folgen 23eft$ fein in ber Stabt 2lngefeffener
ftreitig maa)en, e$ fet benn, baß ber etwaige Kläger wäl)renb ber genannt
ten Verjährungsfrist unmünbig, ober bura) Äranfl;eit geräubert, ober auf
einer 9Setfe in£ 2lu$lanb begriffen war."
3a) füge wenige Sorte $ur Erläuterung bei. ber ®efa)ia)te be$
8efua)ö, ben ©raf @uftaa)iuö von 23oulogne in Englanb abftattete,') er*
hellt, baß bie Jrjerren vom £ofe unb anbere vornehme ©äfte, wenn fte in
©täbte famen, ohne Umftänbe von ben ^Bürgern Verberge erpreßten. Viel*
leta)t au$ Einlaß btefeS Vorfalls, bewilligte Äönig Abwarb ben ©täbtern
greü)eit von fola)en Einlagerungen. 3m Uebrigen erftel)t man au£ obigem
Slrtifel, wie gewaltfam bie 3uftäm>e waren: fowol)l bie Unterbrücfnngöluft
als bie SBegierbe naa) (Sicherung bürgerlicher fechte fa)rteb if)re gorberun*
gen mit Vlut. 3« 2)eutfa)lanb wie in ^Britannien brüben begann bie
bürgerliche greifet bamit, baß bie ©täbte baS 9iea)t erzwangen, nur vor
i^ren eigenen ©erlebten belangt werben 51t fönnen. (Sicherlich fyabm bie
ßonboner großem @ewta)t auf ben britten Slrtifel gelegt.
£>er vierte Slrtifel gibt 2luffa)luß über bie ©erichtSverfaffung SonbonS.
60 ausgebest war bie 6tabt, baß ein einiger Vicegraf nia)t genügte,
um bie £>berauffta)t über ba$ ©eria)t^wefen $u führen, fonbern mehrere
l) «Siefje oUn @. 304.
93ievteö 93ud&. &a\>. 28. SDBafjvenb 35>ttr)elm ben fjpfjen Slbet fiufct, r)e&t er b. 93ürgern)um. 617
beforgten Mefe$ ©efcfc&ft. Um Uebrtgen erfcheint bte Stabt in eine 9ieUje
von Söe^trfen eingeteilt, bie tf)re befonbercn Untergertchte l)attcn, benen eigene
Beamte vorftanben. 5)tefe 33e$trfe Riefen Socfne, unb bte $orfteher berfel*
ben allem 5lnfd)eine nad/ 6otfemannen. 9Ö3tr ftoßen alfo hier auf biefelbe
Einrichtung, wie in Stncoln, auet) mögen bte Sonboner Sodemannett ebenfo,
wie bte in ber anbern ©tabt, erblia)e ©eria)tö^erren gewefen fein. Saut
bem Domcöbatyboof $\)\U bte ©tabt Eambribge 10 -S^acbtbejirfe ober
custodiae, *) wela)e vielleicht ben Sonboner 6ocfnen einbrachen.
©onft griffen bie QStcegrafen ungefa^eut in ben ®efd;äftefrei3 Der €otfe*
mannen ein, unb wenn eine Älage gegen Bürger vorgebrad;t warb, legten
fte ohne Weiteres 23efa)lag auf ba$ greifbare Etgentf)um M SSerflagten.
3e$t bewilligte ber Zottig baö 9tea)t, baß ber 33i§tr)um erft bann einfahret*
ten burfte, wenn ber ©odemann $ülfe verfagt fyatte: ber 9^ea)t6gang
fotlte hinfort beobachtet werben. Wlan begreift, baß bie ($iferfua)t, bie bei
folcfyer Stellung ber oberen unb unteren ©ericf)töbel)örben nicht ausbleiben
fonnte, ber Entwidlung bürgerlicher gretrjeit günfttg war.
9kch bem fünften 9lrtifel verfielen weiter bie £)bergeriaMe ber 6tabt
in jwet Elaffen, ba$ golfmote ober bie allgemeine SBerfammlung fämmtli*
djer 23ollbürger, welche, wie e$ fctyeint, unter freiem Gimmel, unb vielleicht
von einem ber 33icegrafen geleitet, gehalten würbe, unb $wetten3 baö £u$*
tt)tng ober £auögertd)t , baö in verfd)loffenen Räumen ftattfanb. SJlemeä
Erachtend ftnb von betben Elaffen bie ©odttegerichte verfcrjieben. ©onft
müffen manche dichter einzelne Bürger, gegen welche klagen vorlagen,
wenn biefe zufällig in einer St^ung erfd)tcnen, naa) belieben of)ne weitere
gtfrmlicfyf eit jur 9fechenfd)aft gebogen i)aben. £)a$ fotlte jefjt aufhören, bem
Bürger warb pgeftchert, baß er nur bann auf klagen $ebe 511 fte^en
verpflichtet fei, wenn tt)n ber dichter vorher regelmäßig, gleich einem
manne, vorgelaben habe.
Ü)er federe Slrtifel jetgt, wie ber wad)fenbe £anbelögcift bie Söeweg*
Ita^feit be$ Vermögens beförderte. 3)ie alten germanischen 33oUöredt>te be*
Ijanbelten baS ©runbetgenthum als ©tammgut, ba$ ber jeweilige 93eft£er,
ber eigentlich nur 9fu£nießcr ift, ntdt)t of)ne Einwilligung M ganzen ©e*
fchlechtä verlaufen foll, aber bie gret^eit be£ %ktttfy$ verlangte, baß bem
^Bürger geftattet werbe, fein liegenbeö Vermögen jeber 3?\t in baär ©elb
umjuwanbeln, unb ba6 ©efe^ gab biefer gorberung 9faum. Der ftebente
5lrttfel enblia) bewilligt bem ^Bürger bie vom falifa)en 9tect)te vorgefa}rie#
bene 3Serjährungöfrift, bie fonft nur bem Ebelmanne juftanb.
3)aö angeführte ©efe^ Ebwarbö umfaßt noch einige wettere Slrtifel,
welche 3^gniß von ben Anfängen beö 3^nfttvefenö ablegen: 8) „ein frem*
*) 2)om<ebaty&uc§ I, 189, crflc ®)palU.
618
$abjl ©tegoriuö VII. unb fein 3ettalter.
ber Kaufmann mag, wenn er bie 6tabt betreten r)at, Verberge bejter)en,
wo eS tf)m gefällt. 2lber er barf feine haaren nicht auf ben SluSfdmttt
verfaufen, unb wenn j. 23. ein gärber farbige (Stoffe ju 9JJarfte bringt,
foll er nta)t weniger als 12 (Stücfe auf einmal abfegen. güt)rt er Pfeffer
ober Hümmel, ober Sngwer, 2llaun, S^ot^olj (brasil), ober Sacf (garb*
ftoff), ober 2Bethraud) ein, fo foll er mct)t roeniger als 25 $funb jufam*
men verlaufen, ebenfo von deuteln nicht roeniger als 1000 (Stüde. §an*
belt er mit Sintern auS $Me, (Selbe ober Sein, fo barf er fte nicht auS*
fdmetben, fonbern muß fte ftüdweife abfegen, desgleichen barf er von
2Baa)S nicht voeniger als ein Viertel (einen SBiertelScentner) abgeben, gcr*
ner foll ein frember Kaufmann fein naffeS $ua) faufen (baS auS ber gär*
beret fommt), noch eine gärberei in ber (Stabt anlegen, noa) fonft ein ©e*
fa^äft betreiben, baS ben etnt)etmtfcr)cn bürgern vorbehalten ift. 5lua) barf
fein grember ~ felbft nicht in ©emeinfehaft mit einem einl)eimtfa)en —
einen ^ramlaben anlegen, um bie am £)rte gefauften Saaren roteber in
ber (Stabt ju verfaufen, noa) ein folcheS ©ewerbe bura) einen einl)eimifa)en
Bürger betreiben laffen" u. f. ro.
2)tefe Borfdjriften fdjüfcen, roie man ftetyt, bte Sonboner «ftleinhänbler
ober JMmer, fo roie bie gärber gegen bie 9J?itbewerbung grember. die
gärberei muß eines ber blühenbften ©ewerbe SonbonS geroefen fein. 3a)
fct)liefje btefj nicht bloS auS (Erwähnung ber verfchtebenen garbftoffe (5llaun,
Sacf, Braftl), welche vom SluSlanb eingeführt würben, fonbern inSbefonbere
auS ben Korten, weld)e gremben verbieten, gärbereien in ßonbon anzulegen.
5tua) mit bem (Speeren unb 2luSrüftcn ber Sinter gaben ftd), roie eS
fd)eint, viele ßonboner Bürger ab. denn bie SSerorbnung, fein grember
bürfe naffe Bücher, b. r)- fola)e, bie aus ber gärberei famen, auffaufen,
hat meines (Trachtens ben 3wetf, (Sinheimtfchen ben ©ewtnn jujuroenben,
welchen baS (Speeren unb fogenannte SluSrüften ber Bücher abroarf.
dagegen lefe id) auS bem ©efefce \)cxau$ , baß feine, ober wenig
Tuchwebereien §u Bonbon, vielleicht in (Snglanb überhaupt, beftanben. (SS
ftnb grembe, welche feibene, leinene unb roollene $üd)er einführen. Sie ich
an einem anbem Drte1) geigte, roeiSt auch bie Sonboner 3^llorbnung, bie
auS ben 3^ten (SthelrebS beS Unberatf)enen ftammt, auf ben gleichen <Saa>
verhalt fyxi. Britannien be§og feinen Bebarf an 2Bollentüchent größten*
theilS auS deutfchlanb , unb bie ^aufleute beS ^aiferS genoffen größere
Begünfttgung, als bie trgenb einer anbem fremben Nation, unb fte roaren
ben emhetmifchen in Bejug auf 3ölle gleichgeftellt. 2) 3m Uebrigen enthält
baS domeSbatyboof eine (Stelle, auS welcher hervorgeht, baß bte (Schaag
*) £>ben <S. 387 flg. *) Ancient laws ©. 128 oben: homines imperatoris, qui
veniebant in navibus suis , bouarum legutn digni tenebantur, sicut et nos.
SHerteS 93tu$. 28. 3Bär)renb üffiiUjelm ben ^o^en Slbel fiu^t, ^cbt er b.Sürgertfjum. 619
Sitcbt in (£nglanb ber Sßolle wegen, befonber6 von leiten ber Königin
Sflathilbe, forgfältig betrieben würbe. 2luf einem Äammergute in (Eurrety
geflieht eineö Kilianen (Erwähnung,1) ber ben befonbem Auftrag fyattt,
bie 2Bolle ber Königin fammeln, ober, wie ich glaube, 51t fortiren.
Die angeführten Shatfacben beweifen meinet (SrachtcnS, bafj ftäbtlfcrje
greif)eit biä ju ben Otiten 9Bilt)c(mö bc3 Normannen erl)eblta)e gortjebritte
gemalt l)at. 3^re (£ntwicflung fann unter feiner Regierung niefet ftille
geftanben fein, beim in ben Sagen feines ^weiten SofynS unb Nachfolgers
erreichte fte eine t)ot)e (Stufe. Der ©efe|e6)ammlung £einria)3 L ift fok
genbe') Urfunbe einverleibt: f/233ir, Heinrich von ©otteS ©naben $öntg
von Snglanb, an ben (Srjbtfctjof von (Santerburty, bie 23i|"cböfe, Siebte, ®ra*
fen, 23arone, 3uftttiarien, 33ijt{)ume unb alle ©etreue unfcreS Neichen (Sng*
lanb, fowof)l fränfifchen al£ angelfächftfchen 23lute3. Siffet, ba{j ta) mei*
neu bürgern von Sonbon folgenbe Necbte jugeftanben habe, 1) überlaffe
ich in meinem unb meiner (Srben tarnen il)nen unb ihren Nachfolgern
ganj Sflibblefer gegtm eine jährliche Steuerfumme von 300 *ßfunb <5ter*
ling. 2) Die Bürger bürfen in Sufunft naa) ihrem (Srmeffcn einen 33ice?
grafen unb einen 3uftitiar wählen, um bie Ärongerid)te in ber Stabt $u
galten, unb feiner foll hinfort Suftittar in Bonbon fein, als ber, ben bie
Bürger felbft erforen haben. 3) Außerhalb ber ©tabtmauer fann fein
Bürger vor ein ©ericht gelaben werben; 4) auch finb fte frei von Schoos,
£00$, Danegelb, 9J?orbbuße, unb feiner ift gerichtlichem 3ttH'ifamtofe untere
worfen. 5) 2Birb ein Bürger auswärts vor einem Jlrongerichte belangt, }o
fann er fta) burch Slblegung eines (StbeS, ben ihm baS Sonboner Stabtge*
rieht auferlegt, frei frören. 6) deiner, Weber von beS Königs £ofgefmbe,
noa) von Dienftleuten anberer £errn ift berechtigt, Verberge in Sonbon ju
verlangen, aufjer wenn fte ihm frei bewilligt wirb. 7) 5ltle Bürger von
Bonbon ftnb für ftcb unb ihr (£igenthum burch gan^ Gmglanb unb in fämmt*
lieben ^afenftäbten beS Neidas frei von 3°H, Durchfuhr, Sonnengelb unb
anbern Abgaben. 8) Die Kirchen, bie Marone, bie Bürger follen im grie*
ben ihre Socfnen fammt ben betreffenben (Stnfünften inne haben, unb grembe,
bie in einer folgen Socfne wohnen, jaulen nur an Den Schu^gelb, bem
bie Socfne gehört, ober an beffen Stellvertreter (Amtmann). 9) ©egen fei*
neu Sonboner Bürger bürfen willfürliche Strafanfäfce erfannt werben, fon*
bem baS $öchfte, waS ein Slngeflagter für folche Vergehen, bie überhaupt
mit ©elb gebüßt werben mögen, ju entrichten hat, ift baS bürgerliche 2Bel)r*
gelb im betrag von 100 Schillingen. 10) #infort foll feine unftattl)afte
iilage (miskenninga) voeber vor bem golfmot, noa) vor bem £uSthing,
noch vor irgenb einem anbern ber Stabtgerichte angenommen werben.
0 2)omeöba^Bu^ I, 30, brüte (Spalte, oben. *) Ancient laws ©. 217.
620
$abft ©rcgoriuö VH. unb fein Stitalkt.
11) 2)a$ £u$tl)tng wirb jebe 2Öod)e einmal, nämltct; am -Montag ©ifcung
galten. 12) CDte £änbereien, *]3fanbfcf>aftcn, ©djulbforberungen, auf welche
Sonboner Bürger außerhalb unb innerhalb ber ©tabt 5lnfprua) l)aben, werbe
tet; fd)ü£en, aud) betreff eub Sänbereten, Deren (Stgentfyum fte gegenüber ber
^rone forbern, werbe id) ifynen gemäß bem Sonboner ©efefce *Red)t fdjaffen.
13) 3Benn ein auswärtiger 23aron Sott ober anbere Abgaben von Sonbo*
ner ^Bürgern gewaltfam ergebt, follen bte SBefcrjäbtgten berechtigt fein, ftcfy an
bem (Sigentfyum be$ £>rt6, wo man von ifmen ben Sott erpreßte, für ben
betrag ber erpreßten ©umme §u erholen, 14) 2ltle, bte Sonboner. ^Bürgern
©elb fdmlbig ftnb, follen entweber satylen, ober fta? vor bem betreffenben
©ertaste ber ©tabt reinigen. 15) Senn ber ©a)ulbner Weber §af)lt, noa)
fta) reinigt, ift ber Sonboner Bürger befugt, in ber ©tabt ober ©raffcfyaft,
wo ber fäumige 3^1cr feinen 2Bofynft& l;at, 2lu3pfänbung vorzunehmen;
16) bie Bürger £onbon$ follen ungefebmälert bte 3agbred)te genießen, bte
erweislich tt>re 93orfar)ren tnne Ratten, nämlich in ber Sanbfctjaft (Siltre (bei
6t. Sllbanö) in WtiMtfw unb ©urrc^."
©el)r groß ftnb, wie man ftef)t, bte ßugeftänbntffe, welche ^b'ntg §ein*
riet) ber Sonboncr ©tabtgemeinbe einräumte. ©onft waren bie $t§tbume
unb ber Sufttttar, welche bie 9^cdt)te ber trotte über Sonbon wahrten, vom
Röntge etngefe^t, jefct barf bte SBürgerfcfyaft beibe ©roßbeamte, ben 33t^um
unb ben Suftttiar frei wählen. 3)tc 2ßar)l ber Dbrigfett begrünbet in beut*
fasern ©inne ben begriff retchSftäbtifcher grei^ett. Heinrich L r)at folglich
Sonbon ju ber ©tufe einer SRetchSftabt erhoben, wätjrenb it)rer ©eitS bte
SBürgerfct/aft jährlich bte §Be$ar)lung einer ©umme von 300 $funb über*
nafym, aber bafür von allen anbern orbentlid)en unb außerorbentltchen $b*
gaben befreit warb.
©hot unb £otf) ftnb ©teuern von ©ruttbftücfen unb Käufern, ber
©tun beö 2Borte$ Danegelb tft befannt, unter 9)?urbre ober 9J?orbbuße
verfiele ta) bte Verpflichtung ber ©emeinben, ba$ ©trafgelb für einen in
ihrem ©ebiete begangenen Wloxo , beffen Urheber ben ©erfaßten nicht ange*
jeigt warb, §ufammen$ulegen. SonbonS Bürger follten fürber mebt mef;r
verpflichtet fein, fold)e ^Beiträge §u letften. 3«na^fl famen bte bewilligten
Vorrechte einer, wie e3 fa)etnt gefc^loffenen, Äafte von Herren ju gut, in
bereu ^>änben baS ©tabtregiment lag. gab in (SnglanbS Metropole
einzelne ^b'rperfchaftett , mächtige ^Bürger, ja Karotte, welche Sagbbejirfe
in ben benachbarten ©r)iren, unb überbieß Sättbcreten innerhalb unb außer*
fjalb ber Sanbfcfyaft 9J?ibblefer befaßen. ©ie Ratten überbieß in ber ©tabt
felbft ©oefnen ober flehte £errf duften, bie fte in eigener *ßerfon ober burety
ftellvertretenbe Amtleute verwalteten; aua) erhoben fte Abgaben von £inter*
faffen fola^er ©odnen. Mxxx^ man ftel)t, ein ^atriciat tft vorfjanben, baö
fta} in bte ©tabt geseilt l)at unb ju ben nteberen bürgern eine äfynlidje
SöterteS 93uc$. &a\>. 28. ÜBaljvenb ffitUjelm ben fjofjen 5lbcl jhtfct, fje&t er b.Sürgertfjum. 62 1
(Stellung einnimmt, wie awf bem £anbe bte ©runbr)erren ju ben £tnterfaffen
ifjrer ©üter.
3n bem ©efefje (£bwarb£ erfahrnen bte ©ocfnen beutltcf) als Heine
erbitte ©ericf)te, aber aucb bte Urfunbe ^etnrtcbö nb'tbigt, tl)nen ben gleichen
^arafter betjumeffen. Denn bte anberen ©ertöte ber ©tabt, welche im getyi*
ten 2lbfa£e unter bem golfmot unb bem .gmSthtng ermähnt werben, fomten
nichts SlnbcreS als bie ©ocfnen fein. Saut beiben Denfmafcn !)at man ftch
baS 2ÖachSthum ber ^auptftabt Sonbon alfo $u benfen: infolge ber wilbett
93erwüftungen, reelle bem @tnbrucbe ber 2lngelfacr)fen in Britannien soran*
gingen unb folgten, tft of)ne 3weifel ber ^ömerort Augusta Londinium,
bie 2Btege beS angelfächftfchen SonbonS, tief fyerabgefunfen. föet ber 2kr*
Teilung beS SanbeS unter bie Eroberer wirb er irgenb einem Häuptling
jugewiefen worben fein. Das gleiche ©du'cffal Ratten bie bem alten Son*
btntum junächft gelegenen Dörfer, Sanbgüter, SÖeiler: fte fielen bem unb
jenem $l)ane ju.
211S nun bte ©tabt, begünfttgt bura) ir)re glücfltche Sage an bem fa)tff*
baren ©trome, atlmä^lig gu warfen begann unb mef)r unb mef)r jtch »er*
größerte, gefchaf) folchcS auf bem gleichen 2Bege, wie eS ^eute noch geflieht:
ein Dorf, ein Sanbgut um baS anbere würbe in baS aufblüfyenbe ©emetn*
wefen hineingezogen. Allein mit ben Vorwerfen ftebelten auch bie Herren in
bte ©tabt über, unb §war gaben fte tr)re grunbljerrltchen 9^ccf)te nicht auf,
fonbern geftatteten nur gegen 3wS, baß baS nacf)rücfenbe gemeine 93olf
auf ihren ehemaligen 5lecfern unb 3Ötefen Käufer baute. Der 3m$ a&er
bebingte überall im Mittelalter gutSrjenltche ©erichtSbarfett. ©o tterwan*
belte (ich Sonbon in ein 9?e$ fcon ©ocfnen, unb entftanb ein ftäbttfeher $tbel
ober ein ^atriciat , bem baS Regiment ber ©emetnbe nicht entgegen fonnte.
Die allgemeine 35el)örbe btlbete nach altem £erfommen baS golfmot, ober
bie ©raffchaftSserfammlung. Sin ®efe$ beS JtönigS 5llfreb fcfjreibt1) »or:
„wer ein golfmot babura) ftöre, baß er baS ©ctjWert jiehe, Ijabe 120
(Schillinge an ben 5llberman als 93uße §u jaulen." £)f)nc grage tft bic
altgermantfche 5Berfammlung ber greien gemeint. 2luS einem feiten 2)
©efe$e erhellt, baß namentlich auch ©chulbfacben t>or bem golfmot $err)an*
belt rourben.
3n ber Statur ber Dinge lag e3 , baß, je mehr Sonbon an ©rö'ße unb
93olfS§ahl wuchs, bte 9lbr)altung beS golfmot ftetgenbe ©cbwierigfeiten bot.
9J?it einem ftäbttfehen Raufen »on fielen taufenb $ö>fen ©efchäfte abju*
macben , tft roeber leicht noeb angenehm. Die Herren ber ©oefnen werben
bafür geforgt haben, baß allmähltg an bte ©teile beS golfmot baS im @e*
meinbehauö tagenbe ^uSthtng ober ©tabtgertcht trat. Hn^erfennbar er^
*) Ancient laws @. 38, Wx. 38. a) Ibid. ©. 34, Vit. 22.
522
$a6fl ©regoriuö VH. unb fein 3eitalter.
fc^etnt tu ber Urfunbe £einricr)$ I. ba$ golfmot als eine fc^tvinbenbe, ba$
.gmStfying atö eine waa)fenbe ©röße.
2)enn wäljrenb biefelbe befttmmt, t>aß jeben Montag £u3tf)ing gehalten
werben müffe, fefct fte feine grift für ba6 golfmot feft. Ü)ie an einem
anbern £)rt angeführten1) 33erfe beS S3ifct>of6 SSMbo befdjreiben beutltd) fo*
wof)l baS golfmot als baö £u3tt)ing , welche betbe jufammentraten, er)e
Sonbon ftcb im SBinter »on 1066 an 2Btlf)elm ben Eroberer ergab. £)a$
§u$tr)ing beftanb nacb SÖibo'S Sorten aus ben natu majores b. r). au$
ben (Slbermännern. diu ©efefc2) £emrtcr)3 I. verfügt, baß jeber $unbert*
fa^aft ein Sllberman t?orfter)en foüe. 3nnerr}alb ber dauern Sonbonö gab
e$ feine «gmnbertfcbaften, wof)l aber ©ocfnen. £>te (Sigentfyümer btefer, ober
tt)re SesoHmäajttgten, werben £onbon£ (Slbermftnner gewefen fein, ben 9Ratf)
unb baS £u$tf)tng gebtlbet fjaben.
9J?er)rere 5lrttfel ber Urfunbe ,§etnrtcr)$ I. rocnben jngleicr) ben Sonboner
Herren unb ben nieberen bürgern $ortt)etle §u. Ü)te Befreiung t>on @in*
quartierung, t>on außerorbentlictjen Abgaben, von bem 33ann auswärtiger
©ertaste, ber unbefcr)a£te £anbel burd) baS ganje Speiet) waren für bte
(£tnen wie für bte Zubern gleich nü^lta). Einige wettere S3efttmmungen
Ratten au6fct)nef Itc^ baS 2Öof)l ber nieberen Waffen im 5luge: r)iel)er gehört
bie 2lbfft)affung ber misericordia pecuniae ober ber willfürltctjen 6traffä$e
unb ber TOsfenninga ober unftattt)aften klagen. Stc^erltct) ftnb e$ weniger
bte fö'mgltcf)en £)berrt#ter al£ bte £erren ber Socfnen gewefen, weldje
früher ntebere Bürger burcb witlfürltdje 23ußen fdjröpften, ober 51t gleichem
3wecfe tu nichtsnutzige klagen tterwtcfelten. ^tnfort follten nur »om ©e*
fe£ beftimmte Strafen erhoben, nur fcom ©efefc für frattf)aft erfldrte Äla>
gen $ugelaffen werben. 2Ber gIetdt)n>ol)l eine Jtlage vorbrachte, Welche ba$
©efe$ nid)t als rea)tlicr) erlaubt anerfannte, mußte 93uße jaf)Ien. Ü)te
©träfe für unftattfyafte klagen f)teß felbft fettbem 9J?i3fenninga. (Sine $er*
orbnung beS Könige feindet) II. fügt3) bte 9flt$fenmnga in ber Söebeu*
tung beS Siedls, (Strafe für 9J?tßflagen einzutreiben, als fecfjSte ben fünf
(Sfyren beS @acfa, Socfa, £ol, $eam unb £)iebStfmrm $u.
Sftan fann meines (Sracf)tenS bezweifeln, ob Äöntg 2Btlr)elm I., hätte
er anftatt feinet <Sot)neS ^einncr) regiert, bie auSgebef)nten !Redt)te, welct)e
legerer fraft obiger Urfunbe ber Sonboner SBürgerfdjaft »erlief), berotlltgt
haben würbe, iennoa) fteljt feft baß bte ftäbttfcfye Bewegung, welche ben
gretbrtef erzwang, wär^renb fetner ^errfefeaft nta^t gehemmt, fonbem beför*
bert worben tft, benn fonft wäre ein foktjer ^luffchwung ntct)t möglia) ge^
wefen. Ueber^au^t befaß ber Normanne, neben anbem großen (Stgenfctiaften,
l) Oben <S. 374 flg. >) Ancient laws (5. 223. lex VIII, §.1. s) $u
(Sange, neue Sluögabe IV, 432, bvitte ©polte.
Stertes 93ud). (5<ty. 28. SBafjrenb ©ityelm ben fjoljen Stbcl fiufct, fjebt er b. 93ürgertfjum. 623
auct) bie erleuchteter ginanjf enntniß , er wußte, baß ber Staat, um ©elb
ni gewinnen, baS 23ürgertr)um hegen müffe. Ü)arum r)at er, wäfjrenb er
ben 2lbel innerhalb vernunftgemäßer Schranken juriicftrieb, ber 93lüthe
ftäbtifchen SSkfenS 8uft gefdbafft. 9JuS ber jweiten £älfte beS 12. Saftft
r)unbert6 liegt eine itnüerglctc^Itcfje SBefcbreibung1) SonbonS vor, welche jeigt,
baß Englanb S 50?etro^ole einer ber reichten unb größten ,§anbelSplä{je
Europa' S tvar. Sie zählte 13 jtlofterfircfyen unb 126 Pfarrgemeinben, im
•jpafen ftrömten bie Schäle beS 9D?orgen* unb beS 5lbenblanbeS jufammcn.
©aftfreunbfchaft, SBohlftanb, gröf)lichfeit r)errfcf>te überall. $ur$, Sonbon
ift tu bem 3ar)rr)unberte , baS feit ber Eroberung verlief, rtefenr)aft gc*
warfen.
23licfen wir jurücf. 2)er Normanne 2Btlf)elm r)at bie jfrone Englanb
ftarf gemalt, inbem er ben $eim beS 9?eid) SfürftenthumS ausrottete unb
bem Sanbabel eine bcm 2öor)le beS ®an$en förberltche Stellung aufnötigte.
Er r)at ebenbiefelbe zweitens noch in anberer Steife gefräftigt, fofern er
mit weifer Selbftbeherrfchung ihrer ©ewalt Schranfen ftecfte, welche feine
^ac^folger rjtnberten, tr)örfc^t , tr/ranmfcr) unb ungerecht §u l)anbeln. 3Bte
ich früher nachwies, erhellt aus bcn ©efe|en 2öilf)elmS fo gut als auS ben
Efjronifen, baß jeber wichtige Slft ber Ärone an bie Einwilligung ber
9Retd)Sftänbe, ober bamtt ich baS unzweifelhaft normanntfche SBort wähle,
an bie Einwilligung beS Parlaments, gebunben war. 5£>te erfte Stimme
aber in btefen $erfammlungen führten bie 33tfchöfe, ben Metropoliten von
Eanterburr; an ber Spifce.
3n allen *bm<ßi§Wj bte überhaupt oon ben Stufen aualo^tormanni*
fcrjer ©efeflfchaftverfaffung r)anbeln, wirb man ftetS ftnbcn, baß ber Erz*
bifchof juerft genannt ift, bann folgen bie SBtfchöfe, bie klebte, bie ©rafen,
bie 93arone u. f. w. 2)iefe Steife ber Erwähnung barf feineSwegS als
eine leere Ehre betrachtet werben, fonbern fte bezeichnet baS ©ewicbt, baS
jebem Stanbe im r)öd$en 9^atl)e beS £anbeS zvtfam. 2)cr gleichseitige 23io*
graph beS ErzbtfajofS oon Eanterburty berichtet:2) „fo oft ber glorreicbe
^önig SBilhelm in ber Normanbie weilte, vertrat feine Stelle in Englanb
Sanfranf als SBächter beS Geichs. Sllle gürften beS flanbeS waren ihm
untergeorbnet unb mußten ihm helfen in allen fingen, bie zur 9ßertr)eibt^
gung, jum grieben unb zur £)rbnung beS Meiches, gemäß ben befter)en*
ben@efe$en, nötfn'g fchienen." £>aS heißt, fowohl währenb ber Slnwefen*
heit beS Königs, als auch wenn er jenfettS beS EanaleS ftet) befanb, würbe
Englanb parlamentartfch ober unter ftetem 33eiratr)e ber ©roßen regiert,
boeb fo, baß im ^wetten galle Sanfranf bie Stelle beS Königs »ertrat.
') 2BtU)elm «Stefan, vita Sancti Thomae ed. Giles S. 172-182. *) Vita
Lanfranci cap. 15. Opp. 93orfttitf ©. 15.
624
$abft ©regortuö VII. unb fein 3eitaltcr.
3)urcf) n>elcf>e Littel braute nun t>er Metropolit §u 2ßege, baß bie
übrigen ©roß en , bie bod) ihren eigenen Hillen Ratten, tr)m Ralfen ober
fcielmebr Reifen mußten, alle nötigen Maßregeln ins 2öerf ju fefcen? Offen*
bar burd) feinen faft unbegrenzten Einfluß auf bie höhere ©eiftlichfeit, bie
53tfa^öfe unb Siebte be6 Neich$. tiefer (Einfluß beroirfte, baß £anfranf im
Staats* ober Neich$ratr)e , mochten anbere ©roße aus bem Saienftanbe an*
berer Meinung fein ober nicht, ftetö über bie ©timmenmehtheit verfügte.
2Bifl)elm ber Normanne |at ©efe£e burchgebracht , bie ftc^erlia) großen
Siberroillen auf ©eiten ber Saienfürften erregten: ich nenne 23eifm'el6roeife
bie (Einführung beS NeleoiumS ober ber Ser/enfteuer unb bie Aufhebung be$
(SrftgeburtrechtS. Nimmermehr würbe ilmt, meinet (SrachtenS, fola)e$ ge*
lungen fein, hätte ihm nia}t ber h»he (SleruS hilfreiche £anb geleiftet.
Sie an einem anbern Orte *) gezeigt roorben , räumte $anut III. son
2)änemarf, ber Nebenbuhler be3 Normannen 2Bilf)elm , ben 2Mfd)5fen feines
2anbe$ ben erften Nang auf ben Neid)$tagen ein. 3a) behaupte, ber 2)äne,
ber 5llleö tr)at, um gleich bem Normannen bie 5lcbtung unb ©unft be$
©tatthalterS $etrt $i geroinnen, r)at hierin baS SBorbilb (SnglanbS nachge*
ab/mt. Jtein angelfäa)ftfa)er ober normannifa^er ©t)rontft melbet meines
SiffenS auSbrüdlich, baß (Snglanbö 33tfcböfe im Parlament be$ Könige
bie erfte Stimme hatten, aber oielc Nachrichten, roelcbe fte mitteilen, nötf)^
gen, bieß ttorau^ufe^en. ©ie fchroeigen batton, al6 tton einer ©adje, bie
fta) fcon felbft wftefye unb allbefannt fei.
$)er bifchöflic^e SBeruf ift ol)ne grage einer ber roor)ltf)ä,tigften auf
(Erben, unb ein Sanb, ba$ gute 33ifd)b'fe fyat, tt>ttb unb muß $ur 33Iüttje
gelangen. 5lber bie 9Nöglid)fett, baß biefeS 3lmt bie (Segnungen entfalte,
bie e6 feiner Natur nad) fpenben fann unb foH, roirb burch eüt geeignetes
Verfahren in 23efe£ung erlebigter ©tüf)le bebingt. Sange 3eit übten c^rtft^
liehe Könige baS Nectjt, 53tfcböfe ju ernennen, unb man fann nicht läugnen,
baß einzelne, jebodt) im ©anjen nur roenige, £errfcher, voie (Sari ber ©roße,
einen guten ©ebraua) oon ihrem Nechte machten. Allein feit im 11. 3«hr?
hunbert ber jtampf über geftftellung ber ©rängen srotfeben ben großen ®e*
roalten begann — ein $anrpf, ber eine neue (Sntroicflung ber 9flenfchheit
bezeichnet unb ber l)eute, nach 800 3ahren/ ltoa) fortbauert — feitbem, fage
ia), bulbet ba3 2Bor)l ber (Ehriftenhett ^obl noeb, baß bie poltttfchen £äup*
ter bei Erhebung ber 33tfcf?öfe mitroirfen, aber nicht mehr, baß fte biefelbe
ber)errfchen.
Könige roerben, roenn fte freie ^anb haben, nimmermehr jum 33i$>
thume fola)e Männer befö'rbern, von benen ttorauögeferjen roerben fann, baß
bte Erhobenen im Notfälle gegen tbre (Srtjeber ben ©a$ beö $falmiften,
l) OUn <S. 129.
33ierteö Surf). &ap. 29. £ie ginanjcn beg anglonormanntfcijen @taatd. 625
für beffen Erfüllung bte beften unb et)rtvürbtcjften 33ifcböfe feit ben 3eiten
be$ l). 5lmbroftu3 if)r 23lut sagten, nämltcf) ben Sprua): ne sitis sicut
canes muti , qui non latrant jur $tcr;tfd)nur nehmen, ©erabe aber foldie
23ifa)öfe bebarf bte ßfyrtftenfyett, welche, wenn e$ 9lotl) tt>ut — bte 33ibel
fyat ba$ SBort, baS td) brause, geheiligt — bellen. 9cur wenn $etrt
Statthalter in erfter £inu bei 33efe$uttg ber 33tetfyümer eingreift, fommt
ba$ £irtenamt in bie rechten £änbe; benn e$ ift nidjt nur feine $flta)t,
fonbetn — wa£ ein noa) ftärferer £ebel — e6 ift fein 23ortf)etl, bafür ju
forgen, baf recfytfcbaffene 9?ad)folger ber Slpoftel auf ben (Stühlen ber ct;rtft=
liefen $eid)e ft&en.
SBon allen gürften beö 5lbenblanbe$ war 2ßtlf)elm fcon Sftouen ber
(Sinnige, ber bem $abfte bte $ea)te bewilligte, bie if)m gebühren, unb bie
er jum Sßo^le ber Völler beft^en muß. 2)teß fjatte jur golge, baß 33rt^
tannien eine QSerfaffung erlangte , welche eine 9J?ad)t unb eine ©röfje fdutf,
ber bie 2Beltgefd)ia)te fein anbereö 23etfpiel an bie (Seite fe$en fann. 2ßo
ift ein £anb, ba$ im Saufe eineö 3al)rbunbert$ unb auf einem unb bem*
felben Stuf)le bret Metropoliten, wie £aufranf, wie Slnfelm, wie ben
l). Stomas aufwiefe, welker ledere fein Seben für bie c^rtftücfje greifet*
opferte. 3nbem fie ba$ SRecbt ber Siixfyc sertf)etbtgten , wahrten fie ju*
gleia) bie £anbe$oerfaffung unb bie Sta)erl)ett Miller.
©elbtmrifjfdjaft im englifcfjen Stormannenretc^e. 93eredjnung ber tr-trHidjen unb eingebil*
beten SRünjen : $funb, Sftarfe, £>ere, ©djiütng , £>enar, Obole, ©tiefa. <2umme
oUer jfroneinfünfte im Safjre 1086. (Stferfucfyt, tr>eldje bte £i31)e bevfelben in ben
" Ijervfdjenben Käufern t>on ©ermanten nnb Sranfreidj entjünbet.
3Me normannifcfie (Eroberung ©nglanbö war ba$, waö man je£t Um*
Waldung nennt. Sßefannt ift, baß foldje (Sretgniffe ftetö biö §u einem ge*
wiffen ©rabe ben ©elbumlauf Ijemmen, unb, wenn aud) oorübergefyenb,
ben 2ßof)lftaub ber Sßölfer fjerabbrüefen. 2lud) in (Snglanb bewährte ftdj
biefer (£rfaf)ruttg3fa$. 2lm meiften litten Anfangs bie Stätte, tfyetlS weil
mandK, wie Ü)ooer, (Sreter, £)orf, £>rforb im Sturme genommen würben,
tfyette fofern ber Äönig nacb bem Stege ba unb bort ganje $etf)en »on
Käufern ni^berreifjen ließ, um $la$ für Anlegung fcou feften SaMöffern
$u gewinnen.
3ur ber Slbfaffung beö Ü)ome6batybudj6 lagen ju JDrforb') 478
Käufer, ju Ureter2) 52, §u 2)ord)efter3) 88, $u Sftorwid) über bte £ä'lfte
') eaiS a. a. D. I, 193 flg. 2) Ibid. II, 436. 3) Ibid. II, 438.
@ f r ö v t x , Wft ©feflortu« vu. 33b. III. 40
626
$abft ©re.qoriuö VII. unb fein 3eitalter.
berer, bte tu (Sbwarb'6 be$ SBefenncrö Sagen ftanben,1) ju Sincoln2)
240, ju Gambrtbge3) 27, §u (Softer4) 205, ju 2)erty5) 103, ju ©t#
forb 50, 6) §u g)orf lagen *on 1800, welche bte Stabt fonft jaulte, faft
800 in Krümmern, ober waren ber ®d)loffer wegen abgetragen worben.7)
(Stnjelne gälte fommen oor, baß bura) biefe 93erwüftungcn bte Staatöfaffe
in 9cad)tf)etl geriet!), weil tion ben §erftörtcn 2Bof)nungen feine (Steuer ein*
ging.8) 3)od) alö Siegel erfOKtut, baß bte übrig gebliebenen Bürger für
bte rjerabgefommeneu jaulten. Sftcfjrere Stäbte erhoben Silage,9) baß tro£
bem Sßerf&wiuben fo vieler ^öufer bie Abgaben, bte man t>on tfjnen for*
bere, ftdj fo fyodj ober nod} fyörjer belaufen, atö §u ben ^tittn M $öntg$
Abwarb.
3mmerljtn mögen bte Steuerfräfte efyematö weniger angeftrengt worben
fein. 3nbeß barf man x>telleid)t au3 bem ftetigen Steigen beö (SrtragS, weisen
bie Stäbte ber Ärone abwarfen, ben €>a)luß §ter)en, baß in ben festeren
Sauren 2Büf)euu3 bie ©ewerbe aufgeblüht fmb unb baß beßljalb bte ^Bürger
rnetyr jaulen fonntett, als efycbem.
SSon ben £anbbe§trfen traf baS £oo$ ber Eroberung bte norblidjen
*ßrotttn§en jenfettS beS ^umber am fyftrteften. 3n feinem Seftamente bereut
Stlr)elm bie ©raufamfeiten, bie er bort begangen. 9D?an erinnere fta) nun,
baß baö 3)omcgbatybud) t)on ben fragten ©egenben nur g)orfff)tre unb
Diejenigen Striae sott £ancafter, welche §wtfd?en ben glüffen Werfet; unb
Nibble liegen, aufführt. 3n ber SBefcfyreibung fon g)orf aber ftnben fta)
bie metften gälte10) tton §um Sl)cil fefyr bebeutenben ©teuernaa)laffen, bie
bewilligt werben mußten, weil ba$ £anb ntd)t mefyr im Staube war, bte
fonft be$af)lten Abgaben aufzubringen. 2)oa) fommen11) faft in jeber ©raf*
febaft, audj im 6üben, wie in Suffcr unb £)e»onff)tre, ä^nUct)e SSetfptele oor.
£)bgleid) bie ©üter, welche fett ber Eroberung digentf)um ber trotte waren,
im 3)ura)fdmttt me^r eintrugen,12) als §u ben Säten (£bwarb£, fann man
nadjwetfen, baß in manchen ©egenben bte Sanbrente 1086 um §wet 9?euntr)etle
gegen früher abgenommen fyatte. %m 3ett ber 2lbfaffung be6 Ü)ome3ba^
bud)£ befaß ber ^önig feine dauerten in ber ©raffcfyaft SDctbblefcr, fon*
bem alleö borttge £anb gehörte getftltdjen unb weltlta)en SBafallen.12)
9hm ftellt (£llt£ auö ber genannten Urfunbe folgenbe Ueberftcfjt12) ju*
fammen: bie in 9)?tbblefer gelegenen ©üter ertrugen SuSgemetn jur $tit
(SbwarbS 932 $funb 8 ©anlange 10 Pfenninge, bagegen im 3af)re 1086
nur 746 $funb 11 Spillinge. Die ^aupturfadje biefer (Srfa^einung tft
meines (Sraa^tenö trjetlö tu bem Mißtrauen, wela)eö immer nadj großen
*) Ibid. II, 470 flg. 2) Ibid. II, 466. 3) Ibid. II, 428. *) Ibid. II, 430.
5) Ibid. II, 433. 6) Ibid. II, 487. 7) Ibid. li 509. 8) ücrgl. ibid. I, 199
unten. 9) Ibid. I, 201. 10) Ibid. I, 343. iL) Ibid. u. I, 32. 1J) Mit,
Jßonebe jum erjlen 33anbe @. 6 flg.
93tevteg 93ud). (5ap. 29. 2)te ginanjen beö anglonovmanntfc^en «Staate. 627
Umwälzungen übrig bleibt, tl)eilS bann §u fucben, baß burd) ben geaalt*
famen Sturz beS angelfächftfchen Abels, fo wie burct) bie Austreibung vieler
Mönche beffelben Stammes, eine 9Jiaffe ebler Metalle bem öffentlichen
SBerfefjr endogen worben war. 3$ tterweife auf meine früt)ere Erzählung.
Saufenbe t>ou reteben beuten r)atten ihr ©elb üerfteeft ober außer £anbeS
geflüchtet. £)iefelbe Erfahrung wieberf)olte fia) in anbern Sänbern. 3u
Anfang ber faiferlichen £aufbal)n Napoleons I. trugen, obgleich bte 2ßogen
ber Solution v>on 1789 bereits geebnet waren, bie £anbpact;tungen we*
niger ein, als in ben Reiten ShtbwigS XVI.
£>hne Untertag war ber Normanne 2[Bt(l)eIm bemüht, mit bem glore
beS SanbeS ben Ertrag ber Steuern $u fyefren, bie Sffiunben, welche baS
(Schwert gefangen, p tyikn. 2)a unb bort enthält baS CDomeSbafyboof
SSemerfungen1) wie folgenbe: „baS unb baS ®ut würbe mehr ertragen,
wenn ber betrieb beffer wäre." £>te Spectalbeüollmächtigten, welche bie
Erhebungen aufnahmen, hatten 33ef cr)l , 9Sorfcf;läge $u SBerbefferungen zu
macben. SSon ben fcter gragen, welche fte an bie ©efchworenen richteten,
laukk , wie oben2) gezeigt worben, bie erfte: „was Ijat baS ©ut unter
Ebwarb ertragen?" bie jweite: „was ertrug eS unmittelbar nach ber Er*
oberung?" bte britte: „was wirft eS je£t ab?"
2)ie zweite biefer gragen hatte offenbar feinen prafttfehen Serif), fon*
bem i(;r 3>wcf fann nur ber gewefen fein, bem Könige bie nötigen 33e*
weife §u liefern, baß bie 3uftänbe währenb beS Verlaufes ber Sahire 1066
bi6 1086 wefentlich gebejfert feien ober nicht. Entfcheibenb ift bie vierte
grage: „fann baS ©ut nicht ju höherem Ertrage gebracht werben?" SQBte
man ftef)t, befchäftigten ©ebanfen möglichen gortfchrittS unaufhörlich bie
Seele beS Königs. Schriftfteller, welche Englanb genau fennen, jählen zu
ben h^orragenben Etgenfchaften beS 3nfeh>olfS ein fteteS Streben nach
SSerbefferungen (improvements). 2£ie ich glaube, fyat ber ©rünber beS
englifchen StaatSWefenS, Göllheim ber Eroberer, biefen Srteb ber Nation
eingepflanzt.
So fleißig englifche ©elerjrte baS 2)omeSbar;boof bearbeiteten, tft bodj
üon feinem meines SÖBtffenS bie Summe aller Abgaben unb 3tofe, welche
ber Jtönig auS ben berechneten ©ütern bezog, jufammenge§ählt worben.
Auch würbe eine folche Berechnung nicht genügen, um einen beutlichen 23e*
griff tton ben Einfünften ber trotte zu geben, ba baS DomeSbatyboof nur
bie ©runbrenten befchreibt, ^wei anbere wichtige Steuern bagegen, nämlich
ben zufälligen Ertrag beS £)anegelbS unb ben regelmäßigen beS OMeotumS
ober beS SehenetntrittS gänzlich übergeht, deines ErachtenS fann man
mit gug fcon einem regelmäßigen Ertrage beS 9feletuumS ober £el)encfn*
*) Ibid. I, 343, üftote : si bene exerceretur, tantum valeret. 2) <S. 554.
40*
628
*ßafef! ©regoriuö VII. unb fein 3eitatter.
txitt$ fprechcn, fofem baffelbe, laut ben Erfahrungen neuerer Statiftif, jäf)r*
lief) eine 2)urcbfcr)niti6fumme abgeworfen 't)aben muß. Sßafallen gelangten,
gleich ben meiften ^Beamten neuerer (Staaten, nur burch ben £ob beö 3Sor^
gängerS unb tu ber ^egcl nur bei reiferen Sauren, beifpielfweife al$
Dreißiger, jum 23eft£e eineö Seyens. 2Benn ich mich ntct)t täufche, nehmen
neuere ©tattftif er an, baß Beamte burebfebnittlich nach 25jäf)riger 2lmt$*
führung fterben unb Nachfolgern $la£ machen.
5lÜein biefeö Q3crr)viltntg läßt ftet) auf normamrifdje 93afallen be$
11. 3arjrhunbertö nicht anwenben, weil fte als Solbaten ber $rone ben
©efa^ren ber im Snnern r)errfcr)enben Unficf)erl)ett unb überbieß bem Schwerte
äußerer geinbe cutSgefefct waren. S3erftct)ern boch heutige 9tentenbanfcn nur
gegen r)*>he ginfe ober gar ntct)t baS geben tton Solbaten, bie im gelbe
fielen. 3d) glaube bal)er , man barf bie burchfcbmttliche £ebenSbauer eines
btenftthuenben jlronsafatlcn höd)ftcn3 auf 12 — 15 Satyre berechnen. Dieß
ttorauSgcfeijt unb weiter angenommen, ba# ^ele^ium l)ah?, vermöge ber
früher entwickelten ©rünbe, _ba6 reine 3ahre£etnfommen be6 betreffenben
Sehend betragen, folgt, baß bie jtrone jährlich mittelft ber ErbfcbaftSfteuer
ben 12. ober 15. %t)n\ ber Kenten aller großen Sehen be6 SanbeS be§og.
Demnach gehörte ba3 9Mesium allerbingö $u ben roichtigften allgemeinen
©elbquellen be$ fcon 2Btlr)eIm bem Eroberer gegrünbeten Staats.
Die£ücfc, welche mittelft beS DomeSbatyboofS nicht aufgefüllt werben
fann, läßt jtdj anberweitig ergänzen. (Sine gleichjeitige ^Berechnung ber
Einfünfte, welche um 1085 in bie romgliche Schaftfammer floffen — jeboch
mit Aufnahme beS Ertrags §ufätliger Erträgniffe, wie $. 33. jährlicher ©e*
fchenfe — ift auf unS gefommen. Ehe ich biefelbe mittheile, muß ich jeboch
über ba$ 9Jiün§wefen $ur Seit bcS Eroberers berichten. DaS DomeSbaty*
boof fül)rt erftlicf) folgenbe etngebtlbete S^ün^en auf : a) baS normannifebe
*Pfunb ober bie (libra), bie aus ben farolingifchen Reiten herftammt unb
ju 20 Schillingen gerechnet wirb , ') b) bie TlaxU , über bereu 9f ecbnungS *
Werth ich mir unten baS Nötige §u fagen vorbehalte, c) bie £)ere (ora)
entfprechenb ber Un§e , unb burebgängig §u §wan§ig Denaren gerecht
net,2) d) ber Schilling (solidus) im Setrag t>on §wölf Denaren ober
Pfenningen.
3weiten6 wirfliche, b. h- auggeprägte Dünsen: a) ben Pfenning,
lateinifch Denar, mit weltfern 2öorte §uweilen ber 2luSbrucf nummus ab*
wechfelt,3) b) ben ^albpfenmng4) (obolus) unb c) ben gartf)ing,4) ober
SBiertelSpfenning (quadrans). SBeibe SBruchtheile bcS DenarS entftanben
baburch, baß man benfelben in §wei ober »ier gleiche Stücfe auSeinanber
*) £)u (Sange, neue StuSgabe IV, <S. 100, 2. <&palte u. ancient laws Glossary sub
Toce „money". *) (SUiS I, 165 «nten flg. 3) Ibid. @. 167. 4) Ibid. @. 169.
93ierte3 93u$. Q>a£. 29. 2)tc ginongen be$ anglonovmannif^en @taotd. 629
fdmttt. *) Daö $reu$, baS auf ber SRücffeite ber alten Pfenninge geprägt
tft, I;atte r glaubt mau, bte SBeftimmuttg, baö S^rär^n &u erleichtern.
23iele folct;er SBruchtfyeile fmb, ebenfo rote ganje Denare, in tterfcfytebenen
Sbetlen (InglcmbS aufgefunben roorben. 4) (Snblid) d) bte ©Hefa,2) eine
Kupfermünze, welche ba6 Dome3bat;boof n)al)rfa)etn(ta) unter bem tarnen
minuta crroäljnt unb beren 93orl)anbenfein fort>ot)l buret) fa}nft(tc^e 3^9^
niffe als burd) gunbe feftftcf)t. Die <8titfa biente §um ©ebraudje be6 täg*
liefen ^(eint>erfebrö.
9Jiit 8lufjöf)lung ber DJiünjen tft wenig gewonnen, beim man muß
erft tfyrcn innerltdunt SEertf; befttmmett, unb tu biefer ȣ)infid)t i)errfa)te ju
2Öill;elmö Otiten babt;(ontfcr)e 33erroirrung , txuit tl)etl3 betrug tton gc*
rocrbSmäßigeu galfd)mün§ern, tl)eilö 3Serfd)Iea)terungen , roelcfje ftet) bte
Regierung felbft, ober t>tetmet)r bte sott tfyr aufgehellten 9D?ün§metfter er*
Iaubteu, ben Sßcrtt; beS ©elbeS ^öd)ft unftdjer machten, £anbel unb 2ßan*
bei lähmten. 2Bie groß ba$ Uebel roar, fattn man aus bett Mitteln er*
fefycn , roeld^e bte Regierung ergriff, um grobe Ueberttortfyetlung §u mfyüten.
Daö Domeebatyboof ernoätjnt 3) brei oerfcfyiebene Salbungen, welchen ba£
*ßfunb ju 12 Un§en ®eroid)t ober 20 (Schillingen, ober vielmehr 240 De*
naren 93cetaÜbetrag, al3 oberfte 9Mn§etnf)ett ju ©runbe liegt.
3öer ein $funb §u erlegen hatte, entrichtete entroeber feine «Schulb
nad) ber 3al)lf f). er sohlte 20 Schillinge, ober in eigentlicher SJiünje
240 Denare, auf ben £tfa) tyin, gleichviel rote bie Denare innerlich be*
Raffen roaren, roenn fte nur für lanblcutftg, b. I;. auö einer anerfannten
5Jtün§ftätte hervorgegangen galten. (Sin folcfjeö $funb h^ß libra ad nume-
rum. £)bcr §n>ettenö mußte ftcf> ber 3af)fang3pflichtige gefallen laffen, baß
ber ©inne^mer ba3 erlegte $funb roog. 2Benn bie 240 ^inge§äl)lten De*
nare 12 Unsen ergaben, fo roar bte 3a^un9 richtig , ofyne baß ber gern*
geljatt ber Denare in 53erüdftd)tigung fam, fofem fte nur lanbläuftg waren.
(Sin foldjeö $funb h^ß libra ad pensam. Die britte 2Bäl)rung beruhte
auf ber boppelten $robe be£ ©eroichtö unb be$ Schmel$tiegel3. 23ei 3<r|*
lungcn ber Slrt l)atte ber (Einnehmer, roenn tfnn bte bargereichten Denare
verbetchtig fcrjtenen, ba6 9fecht, biefelben in einen bereit gehaltenen ©chmel§*
tiegel §u roerfen unb baS 6tlber von ben anbern SBeftanbthetlen au^u*
feteiben. Die S^fang galt für riebttg , roenn bte sJJ?ün§en , bte ber ^fltch*
tige abgeliefert hatte, auf ba$ *Pfunb ein @eroicf;t von 12 Un^en be$ vom
©efefc unb ^erfommen üorgefebriebenen getngel)altö an 6ilber ergaben. (Sin
folc^eö *)3funb l)k\3 libra ad ignem et ad pensam, ein $funb naa) geuer
unb ©eroic^t.
5luö einem S3etfptele, ba^ im Domeöbat;boof sorfommt, erhellt, rote
Ibid. <S. 169. 2) Ibid. @. 170. 3) Ibid. @. 161 flg.
630
$afcfl ©vegotiuS VII. ttttb fein ßtitatttx.
groß ber Unterbiet) jrmfdjen *)3funbcn bcr Ickern unb ber beiben erfteren
Birten war. „günfjig sßfunbe nach bem Sdmtelstiegel," tyrißt1) e$ einmal,
„mad)en 65 lanbläuftge Cßfiinbc. " (Sine 9Jiaffe r>on Silber, welche, wenn
ehrlich ausgemünzt, jur Lieferung son 24,000 3)enaren feinen ©ctjaltö er*
forbert warb, genügt«/ um 31,200 ju prägen. 5)ie 93erfd)led)terung betrug
30 *ßrocent. 3m Uebrigen erficht man au3 bem Ü)ome$bar;boof , bajj bie
ätnöpfltcbtigen (Snglänber, je nach tf)rcn Sßafy* ober Steuer*23erträgen,
$funbe balb naa) ber 3^1/ halb naef) ©ewidjt, balb naa) geuer unb
©ewid)t erlegten.
Sitte 2öelt war gewohnt naa) $funben als herfömmltcfyer l)öt)crer
SDiünjctn^eit ju reebnen, unb boch l;atte ftd) burch bie fehlerhafte SDtün^
einrtebtung be$ Staate ein wefentltcber Unter[d)ieb jwtfdjen $funb unb
$funb feftgefcjjt. fonnte niebt festen, baß bieß nachteilig ja lä^menb
auf ben SBerfetyr einwirfte. Um bem Hebet abhelfen, hätte man ftet) ent>
fd^Üefen müffen, bie umlaufcnben fd)led)ten SHün&eii einziehen unb gute,
b. f). fol&e 3u prägen, bereu innerer 2öertl) bem angebneben entfprad).
S)iefj wäre eine grünblid^e Rettung gewefen, aber biefelbe würbe äugen*
blidlid) fd)Were Dpfer gefoftet fyabeu, weftyalb bie Maßregel nid)t §ur 2tu$*
fü()rung fam. Unter btefen Umftänbcn blieb niebtö Ruberes übrig, alö baf
man nach bem geingehalt unb @eroia)t ber Sknare *ßfunbe fcon *ßfunben
burd) befonbere Eigennamen untcr(d)ieb. 2>a3 an ©erntet unb gcinger)alt
»olle $fnnb erhielt ben tarnen (Sfterltng ober Sterling^funb unb würbe
unter bemfelben ben gemeinen umlaufenbcn *ßfunben entgegengefe^t.
2)er 2luöbrucf (Sperling fommt, fo »iel bi£ jejjt befannt, in feinem
£)enfmal ber angeljächfifcbcn Reiten vor, fonbern taud)t erft wäf)renb 9ß$\U
l)elmö Regierung auf. Drbericb Sßitaliö theilt in feiner »fttrchengefchid)te
eine Urfunbe »am 3al)re 1081 mit, traft welcher Zottig 2Btlf)eIm unb
einige feiner Marone an baS normannifd)e Älofter St. (Soroul (baö im
Sprengel t>on Siftcur lag) geroiffe ©üter oergabten. Unter ben gefchenften
©egenftänben werben 60 Schillinge Sterlinggelb aufgeführt.2) Sonft er-
wähnt 3) ber nämliche ©efd)td)tfd)reiber wieberholt Stertingpfunbe , ober
SrfnÜmgc. 2£ot)er ftammt nun ba£ 2ßort? 2)ie grage ift ftrittig, td) be*
gnüge mid), meine Meinung §u fagen.
2)ie 2Bif tnQer , weld)e (Snglanb feit bem @nbe be$ 10. 3ahrhunbert^
auSplünberten, würben, »ermuthlich weil fte »on £)ften famen, »on ben
5lngelfad)fen (Sfterltnge, b. %. Dftleute genannt. 33ei ben fyäuftgen 33ranb*
feba^ungen, bie fte erhoben, nahmen fte feine gemeine Pfenninge an, fon*
*) Ibid. <S. 164. 2) S)ud^cöne <S. 602, b. : sexaginta solidi sterilensium.
3) Ibid. 495, a. : quadraginta librae sterilensium. 523, b. : librae sterilensis monetae.
574, c. : librae sterilenses. 580, d. : librae sterilensium ; cbenfo ibid. 768, c. 3)ann
768, d. : duo sterilensium solidi unb 788, b. : librae sterilenses.
Sßierteg 93udEj. &ap. 29. $)te ftinanjen beö anglonormanmfdjen Staatö. 631
bern fangen bie S3etoo^ner Qntglanbö ftetö in guten vollwichtigen §u zar)*
len. ^aum tft eö anberö bcnfbar, als baß roäl)renb ber ^errfcfyaft (SroenS I.,
jtauutä unb ber Jtntytlmgcr Könige Waffen von guten Pfenningen geprägt
roorben finb, in welchen bann baö angelfäcbftfche 93olf Daiiegelb unb an*
bere (Steuern abzutragen l)atte. 2ßeil nun bie £)ftleute ober Dänen ftet$
gute Pfenninge forberten, nehme ich an, baß bie Slngclfachfett ben tarnen
bcd VßoiU, baö bie guten Pfenninge begehrte, auf biefe felbft übertrug unb
ben bäntfffyeu (Stcucrpfennütg mit bem Sluöbrucf beö oftlättbtfchen ober (Sfrer*
lirtgö bezeichnete.
(So roal)rfa}einIicb biefe (Srflärung an jtcf; tft, barf ntcbt geläugnet roer*
ben, baß fein befttmmtcS 3eugwß vorliegt, roelcbeö melbet, bie 933tftnger
Ratten nur vollwichtige Pfenninge genommen, ober btefclben feien von ben
^ngclfacbfen ßfterlütge genannt roorben, obwohl ber Sluebrucf unzweifelhaft
ben ©cfefcen ber altbeutfcrjen «Sprache gemäß tft, unb wenn aud) nicht bei
ben Sacbfcn ^Britanniens, fo boa) bei betten 9?orbbeutfchIanb3 als 93enen*.
nttng für £eute vorfommt , bie im Often wohnen. *) Allein bie ^auptfache
fte^t feft, nämltd) baß in StlhelmS beS Eroberers Sagen baS 2Bort
(Sfterlittgpfenmng ben vollwichtigen unb feinen Pfenning, fo roie baS 2ßovt
(ifterlingofuttb baS volle, voeber an ©ewtcht noch getngel)alt mangelhafte
Pfunb bezeichnete. Dieß erhellt aus §wet ©efe£en,2) von welchen baS
eine in (Scbottlanb unter Jtöntg Davtb I. um bie Sflttte beS 12., baS
anbere in (£nglanb unter (Sbroarb I. gegen (Snbe beS 13. Sahrlmnbertö
erlaffen roorben tft.
Daö erftere befagt: „ein (Sterlmgpfenntng muß fo viel wägen als
32 reife ©etreibefömer * (b. h- 32 ©rane). DaS jroeite lautet: „ein
unbefcritüttener , voller englifa)er Denar, ber ben tarnen (Sterling führt,
muß 32 ©ran (©etreibefömer) roägen, 20 folcfjcr Denare machen eine Unze
unb roieberum 12 folctjer Unzen macben ein Pfunb/' D. r). mit anbern
Sorten: ein Pfenning Sterling tft ein vollwichtiger Denar, ein Pfunb
(Sterling ift ein vollwichtiges Pfunb von 240 guten Denaren, ober 12
Unzeit, ober 20 Schillingen.
Die SBefttrmnung beS ©erotcr)t6 ber Htngenben 9)cun$e nach ©erften*
fornem ober ©ratten reicht in baS germanifcbe 5lltertt)um hittauf. 9?och mehr:
ber <Sa£, baß ein guter Pfenning 32 ©ran roägen muffe, wteberr)olt nur eine
SBerorbnung (SarlS beS ©roßen, benn biefer war eS, ber zuerft ben ©ehalt
beS vollen Pfennings auf 32 ©ran regelte.3) Wan ftef)t bar)er, foroohl
bte 2ßtfinger Röntge als 2Btlf)elm ber Normanne J>aben , als fte (Snglanb
*) Poeta saxo ad a. 772. *ßer|j I, 228 : regionem solis ad ortum inhabitant
Osterlingi, toofüt anfceve Osterliudi Iefen. 2) $Dn (Sange, neue Sluögafee III, 104,
(Spalte 3. sub voce Esterlingus. 3) $)en 93ett>et3 bei ©ueravb Svminon I, 119
unten fgl.
632
$abfi ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
befaßten, ben SRüngfufl §u ©runbe gelegt, ben 200 3afyre früher ber
nnvergeffene granfe (Sari, bie £eud)te beö 9iuf)meg, feftgefe^t fyatte.
Sieben bem *Pfunb war noa) eine anbere fyöfyere Wün§einl)eit bei ben
Slnglonormannen gebräuailtd), nämltd) bte Warfe. 3d> fyabe früher1) ba£
3eugntß eiltet ©djriftftellerS angeführt, tt>etct)er melbet, §u ben Jtm;ttlinger
3eiten fei bte Warfe ju ad)t Unjen ot>er ju §wei 2)ritttf)eilen eineö *ßfunb3
berechnet werben. 2)te 2Bar;rl)ett btefer 23d)auptung vorauSgefejjt, mürbe
folgen, baß bte Warfe, wenn man ftc tu Spillingen auöbrüdte, 13 7s ber
lederen (Stnfyett, ober 13 Sd)illinge 4 3)enare, ergeben mußte. 2)ie ©lei*
cr,ung tft: 12 : 20 = 8 : 13 73. 9ta wirb in ber £|at ba$ fragile
SBerfyältniß burd) mehrere anglonormanntfdje Urfunben2) be$ 13. unb 14.
3af;tr)unbert3 beftättgt, welche ansagen, baß eine Warfe Sterling 13
Scbtllinge, 4 Ü)ettare fein enthalte. 3encö 3eugn$ ifi alfo ber 2Bal)rf)ett
gemäß unb fetn 3wetfel fann fein, baß bte Warfe fetn 8 Unjen, ober
13 7s Schillinge betrug.
3ubeffen fommt tu anglonormanntfc^en ©efe£en unter Köllig %tm
rtd) I., bem Sofyne be$ (SrobererS, nod) eine §wette 23erea)ttung ber Warfe
vor, fofem Warfen ju 6 Schillingen, beren jeber 5 Pfenninge jäfylt, er*
wäl;nt werben.3) Willem btefe 9ied)nung wtberfvricfyt ber erfteren ntctjt, fte
tft vielmehr auf einen gan$ anberen Wün^fuß gebaut, nämlicc; ben alten
angeljäd)ftfd)en, ber mit bem normanutfd)en bartn übereinfttmmte , baß er
bte gleichen 2)enare t>atte unb auf ba£ $funb ebenfalls 240 Denare
ääfylte, aber bte jrotfdben *Pfunb unb Pfenning mitten inne liegenben ©lie*
Der anberö regelte, nämlia) bie Warfe §u 30 Pfenningen, ober brtttfyalb
Schillingen (Sterling, bte £)ere ju 16, ben Spilling ju 5 Pfenningen.*)
SBcil in ben erften 50 Streit ber Eroberung ber angelfäd)ftfd)e Wünsfuß
nod) ntpt gan$ verbrängt war, fafyen fid) bie normannt)a)en ©efer^geber
genötigt, manchmal auf benfelbett 9iücfftd)t $u nehmen.
(Snblicb ift nod) $u bemerfen, baß 3)ome3baty von ben Abgaben, bie
in Stlbcrmün$cn ober in Naturalien ber Sd)a£fammer §ufloffen, noeb eine
gevotffe teilte unterfcbeiDct, welche niebt nur an ben jlönig, fonbern auet)
an bte Königin in ©olb entrichtet werben mußte. Wetyrfacb ift von ©olb*
marfen bte $ebe, welche ber «ftönig be§og. 5) Die Steuer an feine @e*
mat)ltn l)ieß6) ©olt) ber Königin. s^n 4—5 Stellen erwähnt baö £>ome$*
bav;boof 2— 4 Unjcu ©oloeS, welche bte Königin an§ufprea)en fyatte.6) 23t$
A) <&. 60. 2) 2flattf)äuö «on q3ariö, histor. major. (Sluög. 1640.) @. 418. Sieben
<5. 2107. 9tymer, foed. II, 1286. SHan »ergl. 2>u (Sange, 9teue 2lu$gabe IV, 272,
(Spalte 2. 3) Ancient laws ©. 233, 34, §. 3 unb @. 249, 9lr. 69 , §. 1.
4) SWan »ercjl. aupev ben angeführten ©efefceejMen nod^ Ancient laws ©. 253, 9lr. 76,
§. 4 unb ibid. Glossary sub voce money. b) (SÜiö I, 164 flg. 6) Ibid. ©. 171
unten flg.
93terteö 93udj. &ap. 29. <Sie ginonjen beö atigfonormauniföen (Staat?. 633
jum 17. 3al)r()unbcrt fyerab l)at bie Abgabe beä ©olbö ber Königin in
(Snglanb fortgebauert. 3)urd) (Sari ben ^al)len war 864 »ermöge beä
(SbiftS oon fßifteö ba$ $err;ältniß beö ©otbö §um ©über bafym geregelt
korben,1) baß etn *ßfunb feinen ©olbeö 12 *Pfunben feinen ©ilberS, ein
*Pfunb folgen ©olbeö aber, ba6, obgleich gereinigt, bod) nod) einigen frem*
ben 3ufafc enthalte, 10 $funben feinen ©ilberö gleid} gelten follte. 2lu$
ben Stikn 3Bi(t)eImö beö (gröberer^ ift feine 23ered)nung ber 2lrt oorfyan*
ben, roofyl aber aus bem 3al)re 1200, bem erften ber Regierung 3ol)annö
ol)ne Sanb. (£ine Urfunbe2) biefeS Äöntgö befagt nämlicf;, baß eine WlaxU
©olb setyn Warfen ©über an 2ßertl) gleicbfomme.
Unb nun bin id) im ©taube, baS oben erwähnte 3e^wi| mtt^utt;et^
len, ruelc^e'ö oom ©efammteinfommen ber $rone (Snglanb unter 2Bilf)elm h
fyanbelt. Drberid) Qßitaliö berietet:3) „vote bie ©age gefyt, bejog Äönig
2Bill)elm an regelmäßigen (Sinfünften ber ^rone (Snglanb tag lieb 1060
$funb ©terling, überbieß 30 ©cfytlltnge unb 3 Dbole. 3n biefer ©umme
ift jeboa) ber Ertrag ber ©efebenfe, bie bem Könige gemacht würben, fo
rote ber 93ußgelber unb etlicher anberer ,§)ülf 3 quellen, bie ben ©a)a^ beS
Königs täglich mehren, mcfyt inbegriffen. 2)erfelbe Jlöntg 2Bill)elm orbnete
eine forgfä'ltige Unterfucbung fämmtliajer Sfyetle feines 9?eia>$ an, unb ließ
alle ^ammergüter, fo wie fte ju ben tyitm beö $öntgö (Smoarb geroefen
roaren, ber 2Baf)rl)eit gemäß oer§etcbnen. Sänbereien f)at er alfo unter feine
©olbaten oertfyetlt, unb ben £)ienft berfelben in ber 2lrt georbnet, baß ftetS
60,000 «Wann bereit ftanben, bie SBefefyle beö Königs au oollftrecf en. "
ÜMefe rotd;tige 9?ad)ricbt f)at feinen 3ufammenfyang mit £)em, waö in
ber @r$äl)lung £)rberid)3 oorangefyt ober nachfolgt, ®an$ ttcreinjelt unb
abgeriffen fielen bie 2Borte ba. 3wciten3 an ber ©teile, roo ber ßfyronift
fte etnrücft, ift t>on (Sretgniffen ber 3al)re 1072—74 bie 9?ebe. Da £)r*
beria) fonft ftetS bie 3^torbnung einhalten roill, unb auc^ meift rotrflieb
einhält, muß man ben ©ctjluß jiifyen, baß er bie mitgeteilte *Redmung
in bie gleiche 3?tt/ alfo |tt$f$eti 1072 unb 1074, verfemt. 5lber roemt
bieß, rote nidjt §u zweifeln, feine 5lnftd?t mar, begebt er einen fyanbgretflt*
cfjen 3n:tf)um. !Denn roäfyrenb bie oben mitgeteilten ©äjje mit 3)em, roa$
»orangel)t unb roaö nachfolgt, in feiner Sßerbinbung ftefyen, ftnb fte unter
fta) enge oerbunben. ©enauer gefprod;en: £)rberia) retfyt bie Ueberftdjt ber
ginanjen beö $eta)3 mit jroei anbern (Sretgntffen, ber Shtffcfyretbung beS
9*eta)3 unb ber SBereibuug »on 60,000 Wann, in ber Slrt sufammen, baß
man notl)gebrungen annehmen muß, alle bret ^atfac^en feien gleic^aettig.
^un fpielt bie Slufoetcbmmg beö O^etcbö unoerfennbar auf baS l)ome^
ba^boof an, baS, roie \m rotffen, im 3al)re 1086 abgefc^loffen \oorben ift.
') ©uerarb Stminon I, 132. >) I, 65, Slote 1. 3) JDu^eönc ©. 523, b.
634
$a&fl ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
3n baffelbe 3af)r aber fällt, rote ich unten jetgen roerbe, bte SBereibung
ber 60,000 Sefyenfolbaten. Demnach muf auch bte Berechnung ber (Sin*
fünfte be£ *Retch3 ber nämltd)en 3^t beigemeffen derben. 5lufkr ben eben
entrotcfelten , nötigen ©rünbe anberer Slrt, festeres anzunehmen. 9htr
naa^bem burd) 2lbfaffung beö Dome6bat)boof$ Klarheit in ben rmcbttgften
%§ml ber ginanjen gebracht roar, tonnte eine fo tn$ (Stn^elne get)enbe Be*
rechnung rote obige aufgeteilt roerben. Da nun £)rbertcf) gleichwohl bte
Ueberftcbt, bte SBeretbung ber 60,000 9ttann, unb bte Slufjeichnung ber
©üter oermöge ber ©teile, bte er allen jufammen in fetner (Sr§äl)lung an*
roetSt, um 12—13 3a^re §urücf oerfe^t, fo folgt, bajj er ein abgertffeneS
Slftenftücf benüfcte, beffen roafjre Bebeutung er, voentgftenS tl)etlroetfe, felbft
ntc^t fannte.
Detter enthält bte Ueberfta^t $roet oerfc^tebene Rechnungen, eine grofe
tn ^Pfunben, unb eine Herne tn Schillingen unb £)bolen ober ^albofennin*
gen. DaS $funb beftanb, rote totr rotffen, auö einer 2ln§ar)l oon Sa)tl*
lingen, welche um ein Dritttrjeil weniger betrug, al3 bte (Summe ber auf*
geilten Sd)tlltnge, bereu eö 30 fammt 3 Dbolen jinb. Sparen bte
betben Rechnungen gleicher 2lrt, baS ^eißt auf gleiches Metall gegrünbet,
fo hätte Orberich notrjroenbig ftatt 1060 *Pfunb Sterling breiig Schillingen
unb bret Dbolen fagen muffen, 1061 *ßfunb je^n Schillinge ein unb ein
falber Denar, golgttch bkibt nichts übrig, als anzunehmen, ba£ bte betben
Rechnungen oerfcfyiebene Kenner fyaben. 5lber ba Drbertct) $leichroorjl bte
33erfc£)tct)cnl)eit burch nichts anbeutet, roaS er boct) ber Deutltchfett wegen
hätte tr)un follen, ftef)t man abermals, ba{j er bie Urfunbe, bie ihm oor*
lag, nicht recfct oerftanb.
Qkrbtent nun eine folcbe Rachricbt ©lauben? deines (SracbtenS be*
rcd)ttgen bie gefjler, welche Drberta) für ftd) beging, fetneSwegS ba§u, bie
£luelle, ber er folgte, ju bemaf'eln ober gar §u oerwerfen. 9J?an mujj
oielmel)r zwifchen ihm unb feinem unbefatmten ©ewährSmanne unterfcbeiben.
(ix felbft l)at bte SatyUn, bie er mitteilt, nicht erfunben, beim wäre fetef
ber gall, fo würbe er nicht fo oerferjrt fchreiben, wie er eS tfyut. Die
Duelle aber, bie er benü^te, weist auf baS 3af)r 1086 l)tn, unb baS be*
grünbet meinet (SrachtenS ein günfttgeS SSorurtfjetl, beim nur um biefe
3ett waren Beregnungen, wie bie oon Drbertcb, aufgeführte, möglich, unb
ftnb auch ftcherlich gemalt roorben. Stettens bte Rechnung tft ber gorm
nach genau unb gef)t ins (Sinjelne ein. DaS fprtcbt abermalö |tt ihren ©un*
ften, benn Seute, bie inö Blatte l)ineinreben, geben fta) in ber $egel nicht
bie 9J?üt)e, fo oiele Siffexn jufammenjuftetlen, unb babei noch $laufeln bei*
Sufügen.
Drtttenö ber unbefannte Urheber ber Ueberftd)t, ben £)rberid) auö*
fchrieb, berechnet bie ßinfünfte ber trotte (Snglanb nicbt, n>ie eS je^t
93ierted 93udj. (5a£. 29. CDte gtnangen beö ang>novmannifcf)eu «Staate!. 635
gcbräuctjltd), auf baS Satyr, fonbern auf ben Sag. 5lud) bieg jeugt für
if)n. Die einzige, neben ttorliegenber, au£ bett früheren Seiten beö Littel*
alters auf uns gefommene, 3ufammenftcllung ber ©efammteinfünfte eines
großen gürften — id) meine bie Ueberftcfyt1) ber (Sinfünfte Dtto'S I. oon
Deutfd)lanb, roär)It gleichfalls ntdit baS 3af)r, fonbern ben Sag §um 9fn*
fjaltSpunft. (Snblicf) oiertenS fällt berienige Umftanb, welcher 51t einem ge*
red)ten SBorrourfe rotber £>rbericb Slnlaß gibt, b. I). bie Doppelfjeit ber
9ied)nung nid)t bem ©eroäf)rSmann, ben er offenbar forgloS unb ol)ite ge*
nügenbe Mtxmtni$ beS ginansroefenS benü&te, §ur Saft, fonbern ber fragliche
$unft ift im ©egentfyeü geeignet, bie $orauSfe£ung ber ©laubvoürbtgfeit
beS Unbefannten ju förbern. 5luS bem DomeSbatyboof erbellt nämlicr;,
baß bie engltfct)e ©fc)a{3fammer bie in ©über emgefyenben (Steuern, unb
roieberum bie in ©olb bem Könige unb ber Königin jufiteßenben Kenten
unter t>erfa)iebenen 9fubrifen aufführte. Sollte bafyer irgenb ein Beamter
eine Ueberftd)t ber täglichen ober jäl)rltd)en (£iufünfte beS 9icid)S geben, fo
mußte er eine boppelte 9tea)nung für ©über unb für ©olb aufstellen.
9cun fage td), ber jroeite, fletnere, son Drberia) erroäfynte ^often ent*
f)ält bie ©olb*, ber große, erfte enthält bie ©über^ea)nung. Denn bie
©terltngpfunbe , nxld^e ber erfte Soften aufführt, ftnb ftets unb überall
©ilbergelb, ber §roeite Soften aber fann nur in ©olb gebad)t fein, roeil er
fonft feinen ©Inn fyätte. 5luf ©olb roetfen ferner bie beigefügten 3 £)bolt
fytn, [internalen biefeS SBort, roenn eS of)tte einen erläutemben 23eifaj$ ge*
braucht wirb, ©olbroertfje besetztet,2) aua) fteltt mau mit ©ilberfa)tllmgen
nid)t Dboli, fonbern Denare jufammen. 2) Dura} irgenb eines jener fleinen
jhtnftroörter ober 3et<$en, bie im großen *ftea)nungSroefen üblid) ftnb, fyat,
benfe ia), ber ©eroäfyrSmann, bem £)rberia) folgte, angebeutet, baß ber
jroeite Soften in ©olb berechnet fei, aber ber Wonfy nafym feine 9ftü(fftd)t
barauf, wil er eS ntd)t t>erftaub.
2Ufo bie fcon Drbericf) mitgeteilte Ueberftcbt f)at bie SBorauSfefcung
ber ©laubroürbigfeit für ftdt). Dfcctynen roir: taufenb fed)S§tg ©terling
$funbe auf ben Sag ergeben für baS 3a^r 386,900. Der ©olbpoften
beträgt 30 ©ajtllinge 3 £>bole im Sage. Da nun fraft ben oben mttge*
teilten Urfunben ßarlS beS itatylen unb beS ÄönigS 3ol)ann baS ©olb
ben §efmfacr;en 2ßertf) beS ©überS Ijatte, ftellte ein @olbfa)itIing 10 ©ü*
berfctjülinge, unb weiter ein ©olbobol 10 ©überobole ober 5 Denare in
©über bar. Dreißig ©olbfcpinge 3 Dbole im Sage ftnb alfo 30 1 V4
©überfcfyülingen gleich, voelctye rjinroieberum für baS 3af)r 109,956 •/* et*
geben. Drücft man obige 386,900 $funbe in ©Oellingen aus Oon
benen, voie ttrir Riffen, 20 auf baS $funb gefyen), fo erhalten roir
») S3anb I., 547. 2) 3Jlan öergl. 2)u (Sange, sub voce obolus.
636
SßaBfi ©regoriuö VII. unb fein Seitattex.
7,738,000 Schillinge Sterling, unb ju biefen bte 109,956 V, geregnet,
roekbe ber ©olbpoften abwarf, fommt eine (Summe von 7,847,956 <Bü)\U
lingen als ©efammtbetrag ber jährlichen (Smfünfte beS engltfcben 9ieid)eS
heraus.
Unb nun entfielen avoet wichtige gragen: erftlicf) roaS roar ber inner*
liebe metalltfcbe ^Bcrtt) beS SterlingbenarS, welcher obigen Summen als wirf*
lieb ausgeprägte SDlünjc §u ©runbe liegt, §roettenS roie verhält ftet) baS ©olb
beS 11. Sarjrtntnbertö §u ben gegenwärtigen greifen ber 2)inge, ober, roaS
baffetbe tft, §u bem jetzigen ©elbrocrtf)? 2)a ber Sterlmgfuß, rote ich oben
jetgte, auf ben Stanbartpfenning, ben (Sari ber ©roße aufgefteUt fyat, be*
rechnet ift, fann ich §u ^Beantwortung beiber gragen bie überaus fleißige
unb treffliche Slrbeit eines neuern fran^öftfehen ©elehrten betrügen, ©ue*
rarb Jjat in feinem getftvotlcn 2Berf über Srmttton, ober baS ©üterbuef)
von @t. ©ermain des pres, auS ber $erg(eicc;ung vieler farolingifd)ett
Denare, bie in ben ^artfer (Sammtungen aufbewahrt werben, nad)gewie*
feit , 4) baß ber Pfenning ju 32 ©ran, ober bte Stanbartntün$e @arlS beS
©roßen, auf wekbe ber anglonormanntfche SCRünjfuf gebaut tft, feinem me*
taütfc^en 3nf)alt an (Silber unb Tupfer nad) — benn ein ftarfer 3ufa|
von Tupfer würbe auf bem Sterltngpfenmng betgemtfd)t — ungefähr bem
©ehalt eines SecbStelgulbenS r^eintfa) ober 10 $reu§crn gleichkommt. 2)a
12 2)enare auf einen (Schilling gehen, fo ift ber Schilling an innerlichem
ober metalltfchem betrag gleich &wet ©ulben, baS $funb (ju 20 Scbil*
lingen) gleich 40 ©ulben, bie Mar! Sterling Qu 13 Ys Spillingen) gletd)
26 ©ulben vierzig Äreu§ern. Demnach berechnet ftd) obige Summe ber
©efammteinfünfte beS Geichs an Metallgehalt auf 15,695,912 ©ulben.
gerner hat berfelbe ©elerjrte buretj 3ufammenftellung vieler 9iad)rtd)*
ten, Welpe über ben 2ßertf) ber täglichen £ebenSbebürfniffe, beS SBrobS, beS
gleifcheS, beS 2BctnS, unb über ben burchfchntttltchen ^Betrag beS £agIof)nS
auS (SarlS beS ©roßen Seit auf uns gefommen ftnb, über$eugenb bärge?
than, baß ber 2)enar §u Slnfang beS 9. 3af)rhunbertS ben 7fact)en 3öerth
von bem fyatte, ber ihm je£t im £anbel unb Sßanbel jufommen würbe:
mit anbern SBorten, baß man bamalS um ben Metallbetrag eines ©ulbenS
biefelben SÖaaren taufte, für bie man je£t 7 ©ulben jaulen muß. 5luS*
nahmSroeife ftteg §uwetlen im Saufe beS Mittelalters ber ^anbelSroertl),
ober, rote man auch fagt, ber relative 2ßertl) beS ©elbeS ; allein als *Regel
fann man annehmen, baß berfelbe meift langfam unb ftettg, §uwetlen auch
tn rafd)en unb großen Sprüngen, abnahm. SefitercS war |. 23. äwifdjen
798 unb 806 ber gall, weil ber glüdliche ^rieg gegen bie Ovaren in
Ungarn, unb bie (Eroberung ber Schäle, roelche btefeS 33olf in ben foge*
') ©uerarb Svminon I, 133 flg.
33ierteg 93urf). (&ap. 29. 25ie ftinanjen beö anglonormannifd&en «Staats. 637
nannten fingen aufgeftaVelt fjatte, baS granfenreid) mit einer Sflaffe ebler
Metalle überfdjüttete. gür btefelben SBaaren, bte vor 796 ben Sttetallbc*
trag von jvoct ©ulben fofteten, mußte 806 bret ©ulben bejaht werben. *)
Unleugbar ift, baf wä'hrenb beS 11. 3al)rl)unbertö ftd) bte Sftenge
beS umlaufenben ®clt>eS, verglichen mit ben carolingifcben 3cften, tn ben
größeren 9feid)eu beS SlbenblanbeS bebeutenb vermehrt J>at. 9kmentlid) in
Englanb werben Summen erwähnt, an bte früher fein 50?enfa) backte, aud)
in $)cutfcf)fanb jetgt ftd) bte nämliche Erfchetnung. 3dj begnüge mtd), an
jene norbfä'd)ftfd)e ©raffchaft ju erinnern, welche 2000 $funbe (Silber, b. t).
80,000 ©ul'ben an Metallgehalt jährlich abwarf. 3n bem Maaße, wie
baS 9?aubfaMff allmähltg auS ben nörbltchett beeren verfchwaub, nar)m ber
^anbel einen früher nicht geahnten 2luffchwung unb bereicherte bte Sättbcr.
23ei folgern unleugbaren (Sachverhalt ift man nach metner Ueberjeugung
berechtigt anzunehmen, baß ber relative 2Öerth beS ©elbeS um 1080,
nicht mehr wie in ben fväteren Sahren EarlS beS ©roßen ben fteben*
fadjen, fonbem für baS geftlanb nur ben fünffachen, für Britannien fogar
vielleicht nur ben vierfachen Betrag beS heut*9en aufmachte.
2)iefe aus allgemeinen ©rünben gefolgerte 93orauSfe£ung wirb burch
©teilen in ben @cfe$en 2Ötlf)elmS beftättgt. 2)er $önig verorbnet:2) „bei
Entrichtung von 2Öer)rgelbem ift eS geftattet, ein männliches nicht ver*
fchnttteneS $ferb (einen Stretthengft) §um Gerthe von 20, einen £)chfen
$ttm 2öertf)e von 10 Schillingen, einen Eber §um 2Bertf)e von 5 Schilling
gen abzugeben." £>r)ne grage ftnb unter ben aufgeführten Zfymn fötale
gemeint, welche in ihrer 5lrt für gut, fehlerfrei, vollfomntcn gelten. 2)ic
jRtpuarta, welche meinet @ttt$teift $ivpin von §ertftal gegen Enbe beS
7. SahrfnmbertS erließ,3) fd;ä£t ben Dchfen §u §wet Schillingen, ein gutes
sJtoß ju 6 Schillingen. S3on ber 5llamannifa, welche Earl 9Jiartel um 727
eingeführt ha*/3) wirb ber SBertf) eines Joffes erfter ©üte §u 12, ber eines
mittleren *PferbeS §u 6, ber Stier $u l2/3 Schillingen befttmmt.4)
SSlan erfteht fy?Tan$f wie fe!t)r §wtfchen bem 8. unb 11. Safyrrjunbert
ber ©elbwertt) fanf. £)er im ®efe|e 2Bilr)elmS erwähnte Schilling l)at
fraft ber oben geführten Bewetfe ben metalltfchen 2Öertr) von §wet ©ulben
rheinifch. Ein *ßferb foftete bemnacb bamalS 40, ein £)d)fe 20, ein Eber
10 ©ulben heutigen ©elbeS. 3n lediger $tit bagegen barf ein §um ,£>ee*
reSbtenfte taugliches *ßferb burch fchntttltch §u 200, ein £>a)fe ju 100, ein
Eber ju 50 ©ulben berechnet werben, folglich ftellte ein gleiches ©ewtdjt
von Silber im 11. 3at)rlmnbert genau ben fünffachen Serth von bemjem*
gen bar, ben es in unferen Sagen vertritt.
*) Ibid. @. 134 flg. 2) Ancient laws ©. 203, 9lr. 9. 3) <Daö toerbe tcf> in
meiner ®efcf)icf>te ber beutfdjen 23olf3red&te bartljnn. 4) SDie Belege bei ©nerarb a. a. £).
©. 141 flg.
638
$abji ©regoriuS VII. unb fein 3eitalter.
Demnach ftnb bte 15,695,912 (Mben, meiere ber englifchen trotte
1085 eingingen, nact) heutigem ^anbelSroertl) 78,479,562 ©ulben, ober im
je^igen brttttfehen 9flün$fuße auSgebrücft 6 % 5D?ttlionen $fuub 6ter*
ling gleich-
Die ©umme tft, man famt e$ nict)t leugnen, enorm, unb noch mer)r,
fte rotberfprtcht ben alltäglichen Gegriffen tton ber 2lrmuth be$ Mittelalters.
Um fte ju roürbigen, fommt ein wichtiger Umftanb in Betracht. Die $ea>
nung, tvelct)e Drbcrtch mitteilt, enthält, rote ich oben jetgte, beutltc^e <S:pu*
ren, baß fte um 1086, folglich $u efner 3?it abgefaßt voarb, ba 2BtIr)eIm
ber Normanne ein ooKeö Danegelb fcon feinen brttttfehen Untertanen er*
hoben fyat. StteineS (SwfyM fann man nicht jroeifeln, baß £rberich$
©efammt$iffer baö Danegelb von 1085 in jtdj begreift. 9?un roar aber
baö Danegelb eine außerorbentliche «Steuer, bie 2Bür)elm erweislich nur
einmal erhob. Segen rotr ben 9Jkßftab oon 1018 $u ©runb, aus welchem
3al)re uns allein ootlftänbige Nachrichten, betreffenb ben l)ödc)ften Betrag
be3 Danegelbö, überliefert roorben ftnb, fo jaulten1) bamalö bie ^rooinjen
jufammen 72,000 *ßfunb (Sterling, bie @tabt Sonbon aber für (ich
10,500 «Pfunb.
2£8ie ich früher §eigte, maa)t bie oortjanbene £tfte ber £iben eö roar)r*
fcbetnlicr), baß Sll|elm 1085 oon ben $rooin§en genau ben betrag ber
Danefteuer beS 3al)rö 1018 unter bem gleiten Settel eintrieb. Sirb er
aber ßonbon gefront l)aben? @eroiß nicht. 2llfo warf baS Danegelb oon
1085 über 80,000 $funb ab. Da nun btefe ©teuer, wie ta) fagte, in
bte itlaffe ber außerorbentltchen unb feltenen fällt, fo ergibt ftcr), baß bte
t>on Drberid) aufgeführte ©efammtfumme, welche ben ©olbpoften in *Pfun*
ben mit eingeregnet, 392,398 ©terlingpfunbe barftellt, für gewöhnliche
3af)re um ben ganzen betrag be3 DanegclbS oon 1085, b. r)- um mer)r
als ein günftfycü geringer gebaut roerben muß. sD?it 5luönal)me beS
3at)rö 1085—86 bejog bie trotte (Snglanb nur etwas über 310,000 $funbe
ßintunfte. gerner behauptet §war Drbertch, ber Betrag ber Bußgelber
ober bte Kenten ber peinlichen @eria)t^barfett feien ntcr)t in ber t>on tr)m
aufgeführten 3*ffer begriffen, aber meines (SrachtenS irrt er. Die (Strafe
gelber waren auf bem geftlanb, roie in Britannien, ein fo wefentltcber
beS (SinfommenS ber fronen, unb baö DomeSbatyboof regtftrirt bie
Berechtigung, biefelben $u ergeben, in otelen gällen fo forgfälttg ein, baß
tcr) mir nicht etnreben laffe, ein Beamter, ber ftdj bem mühfamen ©efcfjäft
ber Berechnung brttifeber ^ronrenten auf ben einzelnen Sag unterzog, fyabe
einen folgen $often hintangefefjt.
3mmerhin tft bte 3Wer *>er ^infünfte Silhelm^, atta) roenn man für
*) Flores histor. <&. 619.
93tetteö 93uc§. (S,ap. 29. 2)te fttnanjen beS anglonormanmfc$en Staate. 639
gewöhnliche 3al)re ben betrag beö 3)anegelb£ abgeht, geeignet r «Staunen
51t erregen. 3d) fomme auf bie ginan§ftatiftif £>tto'S I. »on 3)eutfd)tanb
jurücf. Die Kenten, über welche 100 3vir)re ttor 2Ml)clm Dito L, ber
mächtigfte unter ben beutfeben Jfaifcm fäd)ftfd)en Stammes, verfügte, betru*
gen, obgleich ihm ba6 unterworfene Stalten unb Slawen jimSte, an tyuti*
gern ©clbwerth nicht ttiel über ben fünften £l)eil beffen, waö ber Normanne
2ßil()elm 1086 aus @nglanb 50g. Die Nachfolger beö fäd)fifa}en $aufe0,
bie beutfcfyen ©alter, fönnen ftd) Faum in einer beffern ginan§lage befun*
ben fyaben.
Allein, man t>ergeffe nicht, bie beutfehen ^errfeber befafkn bloß Sd)a£*
höfe, eS gab in ©ermanien nicht, rote in (Snglanb, eine Sanbfteuer ober
©afol, eö gab feine (SrbfcbaftSgebüljren aus bem Nachlaffe aller üerftor^
benen 93afallen, unb gab am allerwenigften ein Danegelb ober eine Kriegs*
(teuer. Sluct) trugen 3^e unb §anbcl ben beutfct)en Äaifern nichts ober
wenig ein, währenb Kenten auS betben ^nglanbö $rone bereicherten. Der
bentfetje (Balier ^einrieb IV. r)at für ben *)}lan ber (Smführung einer all*
gemeinen ^eief^fteuer fein £eben, feine Ärone, fein ewiges Seelenheil
auf's Spiel gefegt. (§rft wenn man bie gleichzeitige ®efchtd)te beS ganzen
2lbenblanbe3 überfielt r erhält Da$, wa$ in ©ermanien vorging, tiolleö
$\&t, unb mit unwiberfiehltcher ©ewalt brängt ftet) bem gorfeber bie lieber*
$eugung auf, baß neben bem b^antimfehen S3eifpiel baS 93orbt(b beS 9cor*
mannen 2Btlf)elm eS war, waS beu Salier ftadjelte. Daffelbe gilt, rote
ich unten geigen werbe, t>on NeuftrtenS Röntgen. Dtefe dürften füllten
ftcf) von 2Öttt)efm unb (Snglanb überholt, wollten nicht §urücfbleiben unb
bewegten bef tjatb Gimmel unb (Srbe, um ihren fronen neue Duellen beS
(EtnfommenS §u eröffnen. S3et genauer (Srroägung liefern bar)er bie 23af)nen,
welche Heinrich IV. t>on Deutfcblanb unb $htltpp I. öon granfretch ein*
jehlugen, einen ftarfen beweis bafür, bafj bie son £)rberid) mitgeteilte
Urfunbe wahr ift, unb baf bie (Stnfünfte ber engltfcben itrone bie ber
anbern deiche weit überboten haben müffen.
640
<)3abfi ©rcgoriuS VII. «nb fein 3eitalter.
Dretßiflßes Copttel.
©efdjichte beö legten 3«f)vcö ber Regierung 9Bilh"elmö »on Sfcouen. 3m Stugufl 1086
roerben fämmtliche SMenfileute ber fyoJjen jtrontoafallen gum (§ib bcr £reue gegen
ben Jlonig »erdichtet. (Sdjtuurtage gu ©alieburty, £onbon nnb an einem btitten,
unbefannten Orte, ©iüjelm greift $u ben Söaffen, um bem Könige SßljtliW I. »on
$ranFreich bie £anbfcf)aft 93erin ju entreißen, ©türm auf bie SBefte SJlanteS. 2ßiU
helmö 9fop jtürjt unb ferner verftunbet mivb er naef) Jftouen gebracht, ©ein lefcter
SBille ; offeneö (Singe jlänbnifj, baß er (Snglanb »om (Stuhle $etri ju Sehen trage.
£)er glorreiche Normanne fiirbt ben 9. <§e£t. 1087. ©chreefen, ben fein $ob in ber
Stormanbie tr-ie in Qrnglanb erregt; benn man fürchtet, bajj bie (Söhne beö 93erftor*
benen baS @chmert miber einanber gießen, (§r$bifcr)of Sanfranf »er^inbert biefen
©reuel, hält bie Trennung (Snglanbö »on ber Stormanbie aufrecht unb frönt bort
ben Sweitgebornen SBtthelmS I., ben gleichnamigen SGBil^ctm II., jum Könige. 2>ie
gewöhnlichen Vorwürfe, roelcr)e gegen SOBilfjelm »on 9fouen erhoben roerben, enttveber
übertrieben ober unbegrünbet. ©ein unfierblicheö 93erbienji bleibt, ben <Scr)luf$jtein
ber chriftlichen ©eftttung beö üftorbenö eingefefct ju ha&cn- Summae molis erat,
borealem condere gentem. ©regor VII. unb 9QBttt)elm »on 9touen ©eijie&jerroanbte.
S3cibe Söglinge beö ($lugniacenfer-'£)rbeng. 9tuhm ber (Eroberer SnglanbS.
2Benben votr un$ §ur ©ct;tlr>eruitg beö voetteren Verlaufs ber engltfdjen
@efcf?tc^te. 9?acf;bem glorentiuS über 2tbfaffung beS 2)ome$batyboofS be*
richtet J?at , fäfyrt1) er alfo fort: „in bcr $fmgftroocf)c 1086 umgürtete
Jföntg 3ÖtIr)etm p Seftminfter, too er £of fyzli, feinen ©ofyn #emria)
mit bem (Bewerte. 8alb barauf ließ er ba$ ©ebot ausgeben, baß bie
<^bifcf)öfe, Stföofe, siebte, ©rafen, Marone, 33tstt)ume be$ mit
tfyren 2)tenftleuten auf ben erften 2luguft jta) §u (Barum einftnben follten.
2lfte serfammelt waren, jroang er bie £)ienftleute , ü)m ben ($tb ber
breite gegen jeben geinb §u (elften. Um biefelbe 3ett erhielt (SItto (Sbgar
üom Könige (Srlaubntß, mit 200 Bolbaten naa) spulten p stehen. 3ur
6ee ging berfelbe borten ab." glorentiuS behauptet, rote man ftef)t, bte
$eretbung fyabe in (Barum (Balteburty) ftattgefunben.
Ü)te latetntfebe ©efekeSfammlung 2Öil£)elm$ enthält jeboa) bret »er*
fctjtebene Waffe,2) m roelcfien faft mit benfelben SluSbrücfen anbefohlen
roirb, baß alle grete, ober alle ©rafen, Marone, (Bolbaten, 3Menftleute
unb fämmtlicfye freie SDJänner beS ganzen C^etcbö einen (Stb leiften follen,
jeber für ftet) unb ade jufammen bie ^Rec^te be^ Äöntgö unb baö Oleidr>
innerhalb unb außerhalb ber ©rängen gegen jeglichen geinb ju »ert^etbigen
unb ftetö jum 2)tenfte ber trotte mit Stoffen unb Staffen bereit ju fein.
Dem legten btefer (Srtaffe ift bie S3emerfung beigefügt, baß er ^u Sonbon
»erfünbtgt roorben fei. SSenn, roie ber 3nt)alt beö ©efe^eö lautet, alle
4) Flores histor. ©. 641. 2) Ancient laws @. 211 flg. 9tr. 2. 8. 9.
93ierte$ 93ud>. ©a*>. 30. <$aö lefcte Safjv ffittyelmg. (Sein $ob. 641
freie Männer treibet würben, fo tft nicht anzunehmen, baß ber 5lft auf
©altöburty befchränft blteb , benn crft(tcf) t)ätten bte Saufenbe üon greten
bort faum Raum gefuttbett, fürs jwette wäre e6 eine faft unerträgliche
Störung beö ©efchäftSlebenS gewefen, wenn man fo ttiele 9J?enfchen
auö Horben unb 6üben, au6 £)ftcn unb heften, nach einem einzigen £)rte
entbot.
3ct) ner)me an, baß bte gemeinen greten in üerfdjtebenen ©täbtett,
namentlich 31t Sonbon, ben ($tb ablegten, wäf)renb ber Zottig in eigener
$erfon fämmtlia)e unmittelbare unb mittelbare SBafallen, fammt bereit Ü)tenft*
leuten, §u ©altebim; fäworen lief. Sie tct) oben jeigte, tjebt Drbertch an
ber nämlichen ©teile,1) wo er bte 3iffcr *>er Äroneinfünfte mitteilt, ju*
gleich Ijeraor, baß 60,000 ©olbateu ftet$ sunt Dienfte beö Könige bereit
gewefen feien. 3)er 3ufammenhang, in bem er bteß berietet, läßt feinett
3weifel barüber ju, baß er ein (Sretgmß befa^retbt, welkes in ba$ 3a^r
1086 fällt. 2ltt einem anbern £)rte2) fommt er noch einmal auf ben natu*
liefen ©egenftanb §urücf, tnbem er melbet, Zottig 2Bilr)elm l)abe ein 93er*
§etchmß aller bienftpflta)tigeit ©olbatett entwerfen laffen unb baffelbe umfaffe
eine ©umme t>on 60,000 SJtann, bte alle attgewiefett worben feien, ftet)
ftetS bereit $u galten.
2)a6 lautet fo, als ob bie @pecialbettollmäct)ttgten, welche bte ($r*
Hebungen ntm 33el)ufe be$ 2)onte6bai;boofö matten, zugleich ben Auftrag
befommett hätten, eine Stjte fämmtltcher 2er)enfolbaten anzulegen, bie im
Dtenfte ber unmittelbaren unb mittelbaren Sßafallen ftattben. 5luf bie Sifte
Inn werben bte aufgefchrtebenen ©otbaten §u ©altebun; serfammelt unb in
(SibeSpfiKfyten genommen worben fein.
2)te im 2)omeöbatyboof t>er§etchttete 5tn§al)t ber 93afaüen betber (Staffen
beträgt 3) 9271. 5)a nun außer ihnen 5U ©alteburty noch weitere 50,000
©olbaten fchworett, folgt, baß im 2)urchfchnitte auf jebett SSafallen etwas
über fünf Dtenftleute ober knappen famett. 3tteine$ (SrachtenS barf man
bte knappen nicht nad) köpfen ober gleichmäßig unter bte @roßt>afallen
ttertt)eilt beulen. 3)ie Seheitgüter ber Se^teren waren an Umfang fet)r
f Rieben, Einige fetten t)unberte ttott-9Jknerten inne, bte Reiften je nur
eineö, unb was bie mittelbaren 33afallen betrifft, fo werben btefe in ber
Regel nur mit mäßigen ©ütern belehnt gewefen fein. 3)arum ift anzunehmen,
baß bie Reichbegüterten Rimberte »oft £>tettftleuten §u beS Königs 33anner
ftellen mußten, währenb bte kleineren je nach ihrem 23eft§e nur mit einer
2an§e ober mit einigen wenigen erfa)tenen.
gerner fterjt feft, baß bie 60,000 Dienftyfltchtigen, welche ju ©alte*
burty ben (Sfb ablegten, t>ott ben ©ölbnern ober bem ftehenben £eere be$
4) «DiufceSne @. 523, b. 2) @. 649 unten. 3) ®ötö II, 511.
® f x ö x t x , $a&ft ®tegoriu« vu. f&i. in. 4 1
642
fßabfl OregortuS VII. unb fein Settrtltcr.
Königs untergeben werben müffen. 2)te (Solbaten legerer 5lrt ftanbert
fett bem Slugenbltde, ba fte SDtenfte genommen Ratten, in Wilhelms *Pflta>
ten, ba^er war fein ®runb vorhanben, fte erft 1086 in ©aft$6ur$ fchwö*
ren ju laffen. 5Juct) erhellt au6 ber ©efd)tcf)te ber Vorbereitungen, welche
3ötll)clm gegen ben bäntfcheu 5(nfaU in ben Sohren 1084 unb 1085 traf,
baß er je nach Umftänben bie 3<*hl feiner (Sölbner minberte ober mehrte,
unb baß er, wenn bte ®efar)r vorüber roar, Saufenbe entlief, währenb bte,
welche ju ©aliSburr; fd)Woren, ftetö bereit fem mußten.
£)te 60,000 £er)en(eute btlbeten, roenn man neuere ^Begriffe anwen*
ben will, bte 2anbwer)r beS Geichs, fte wohnten über bie ganje 3nfe( §cr*
ftreut, uttb traten nur bann £)tenfte, wann ber $öntg fte bei befonberen 2Jn*
läffen aufrief. 2)ie ©ölbner bagegen tagen als Sßefatjung in Bürgen,
Veftungen unb ©täbten unb tetfteten jeben Sag 3)tenft, auch beftanben fte
großen au6 gremblingen, gaüifc^en Normannen unb granjofen,
währenb bie 60,000 von (Saltebun; lauter anfäßtge Seute waren. 2)teß für)rt
auf bie wettere grage, welche klaffen engltfcher SBevölferung e$ geroefen feien,
auö betten bte 23afatlen ber ilrone tfyre 2)tenftleute sogen. 3a) benfe, bie
metften gehörten von §auö au$ ben ©tänben ber SBorbner, Äotner, ©oche*
mannen, vielleicht auch ber ^Milanen an. (Sine $etf)e (Stellen,1) bie (SlltS
au$ bem 3)ome$bar;boof fammelte, weifen barauf tyn, baß bte ÜMenftleute
ber Vafallen gewöhnlich alö £or)n (Stüde £anbeö inne Ratten, bie be6
Sa^rö 3—4 $funb (Silber abwarfen. 5lua) werben befonbere (Solbaten*
häufer1) erwähnt, bereu je eineö ein £)tenftmann bewohnte.
SBarum r>at $önig 2&tlf)elm ben 2lft au (SaliSbun; vorgenommen?
3ft ee roaljrfcbetnltd), baß bie unmittelbaren ober Jtronvafatlen ntcbt fd)on
früher bem Röntge ben ($tb ber Sreue abgelegt Ratten? ©ewtß nicht,
beim überall rvurbe im Mittelalter jeber Vafaüe bei Uebernaljme beö £ehen$
angehalten, bem (Senior ftch burct) einen (Schwur §u verpflichten, unb 9Rte*
manb, benfe td), wirb glauben, baß ber Normanne 2Mf)elm eS unterlaffen
habe, ein burdj alltägliche Klugheit gebotenes Littel ber SSorftc^t an§u*
wenben. $em 3wtfel fann barjer fein: bie §u (SaltSbun; verfammelten
Sehenträger ber Ärone ftanben längft in' beS Königs (SibeSpfltchten. 2lber
eine gan§ anbere grage ift, ob bteß auch bezüglich ber Untervafallen
unb namentlich bezüglich ber vielen Sattfenbe von Heilten 3)tenftleuten ber
gall war?
(Sicherlich ift e$ nicht ber gall gewefen, beim fonft würbe 2Btlr)elm
nicht nöthtg Ö^abt haken, ju thun, waS er in (SaltSburr; that. $)te
Untervafallen unb bie £)tenftleute Ratten bis bahnt ntcbt bem Röntge, fon*
bem nur ben 23robf)erren — ^laforb, bie urfprünglicht gorm beö heutigen
l) @l(iö I, 60 flg.
93terte3 93ud&. <5a*>. 30. 5)og lefrte Saljr 3BtU)eling. «Sein Sob. 643
SBortö Sorb, befagt SBrobJjcvr — von benen fte iljre fletnen Serjen trugen,
ben (Stb ber breite geleitet. 3e§t aber nar)m fte ber Jtönfg felbft in
feine *)3fltcf)ten.
3d) muf bemerfen, baß ber Söertcfyt be3 glorentiuö fo lautet,1) al6
fyabe ber Jtöm'g nur ben Dienftleuten , md)t aber ben tenentes in capite
ben @tb aboerlangt. SStelleicbt fcfyrooren (entere gar mcr)t, ober roenn fte
auet) ifyren @tb erneuerten, gef&af) e6 nur beffyalb, um bte Dienftleute $u
überzeugen, baß tfyre 23robf)erren, fo gut als fte felbft, ber trotte verpflitf)tet
feien unb folglid) nt#t baS 9^ect)t hätten, von tfynen irgenb etroaö, roaö
bem 93ortf)etle be3 $ö'nig£ roiberftrttt, jn oerlangen.
(£$ roar etroaö @rof?e3 unb Sicbttgeö, roa3 ber Normanne §u <Sa*
li&buxy roob. 3ener 2lft oerroanbelte oerfteefter 2ßetfe bie SO? äffe Heiner
Unterlefyenträger, auf beren breite ber Äöm'g bis baf)tn nur in bem 9J?a£e,
rote bte 23robr)erren berfelben iJ)reit ber trotte gefa^roorenen @tb Ijetlig J>tel^
ten, rechnen fonnte, in Dienftmannen beö SbroneS: ber neue @ib burctjriß
bte $erbtnblid}feit beS altern, ben 23robr)erren abgelegten, für ben gall, baß
eben biefe 93rob£)erren ir)ren Untergebenen Dinge jumutfyeten, bie roiber be$
«ftöntgö au3brücflia)en Hillen, ober aucr; nur im Allgemeinen gegen feinen
93ortr)etl liefen. Denn bie nieberen Sefyenträger Ratten jefct, neben bem frü*
r)eren Slngelöbntß be$ ©er)orfam8 gegen ben 23robl)erm, befonbere SBerbinb*
lta)fetten bejüglicf) ber trotte übernommen, unb biefe jroette $ertofltcr/tung
ftanb an $ang über ber erften, unb vernietete fte in jebem galle be$
2Btberftrett6. 3ftan fann fagen: Äöntg SBü^elm r)abe §u «SaltSbun; bte
Eroberung (SnglanbS für immer befeftigt.
Die Dretfyett beS oben erwähnten (SrlaffeS, betreffenb bie Slblegung
be$ (StbeS, beruht meines @raa)tene barauf, baß ber «ftöntg für jeben ber
Orte, roo biejentgen fcfyroören follten, tr>elcr)e verfammelt rourben, ein be*
fonbereS gormular oorfa)rteb, baS bann ber unbefannte Slbfaffer ber latet*
nifc^en ©efe£eSfammtung in fein 2Berf aufnahm. 28tr fennen nur jroei
btefer £>rte, nämltct; ©altSbun; unb £onbon, aber roenigftenS noct; an einem
britten Orte muß ein gleicher 5lft ftattgefunben l)aben. Da in (SaltSburo
alle $afallen unb beren Dienftleute fd)rooren, folgt, baß an bem britten
£>rte, rote §u Bonbon, ^ic^toafallen, jeboa) fonft freie Seute, allem 2ln*
freute nacr) oorjugöroeife ©tabtbürger, jufammengetreten ftnb.
Gefäßen rotr über bte $a\)l Derer, roela^e §u Sonbon unb an bem
britten Drte fc^rouren, eben folgen 9?act;roetö, vote über bte Sifjtx ber &u
6altSbun) verfammelten QSafallen, fo ließe fta) bte $eoöIferung6ltfte, roeld^e
uns baö Domeebat;boof barbtetet, roefentlta) oeroollftänbigen. Die 6umme
l) Milites eorum (nemlid) ber gropen SSafallen) sibi fidelitatem contra omnes ho-
mines jurare coegit.
41*
644
$afcft ©vecioriuö VII. unb fein Seitatter.
ber im £>omeSbatyboof aufgeführten SanbeSbcwofjner aller klaffen beläuft1)
ftc^ auf 283,242 Jfopfe. $lber btefe gifte gibt fein wal)reS 23ilb von bcr
Sevölferung ßnglanbS, erfind) weil fte nur Männer unb jwar im £)ura>
fchnitt verheiratete aufjagt, bagegen «ftinber, ©reife, Unerwacbfene über*
tyaupt, unb mit SluSnahme von 60, aud) bie Sßeiber übergebt, zweitens weil
fte bte 3nfaffen ber Heineren ©t&bte nur unvollftänbig, bie ber großen, na>
mentHd) £onbonS, — baS ferjr volfreid) gewefen fein muß, ba eS 1018 unb
wafn*fcheinlich aud) 1085 ein 2lcf)ttr)eil vom betrage be$ 3)anegelbeS ^hlte,
baS vom ganzen deiche aufgebraßt würbe — gar nicbt erwähnt ; brittenS
Weil e$ erweislich eine Sfflaffe geiftlicber ober im Horben gelegener ©üter,
unb fomtt auch bie 33ewolmer berfelben §ur (Seite läßt. 33et biefem (Sacb*
verhalte, glaube ich, barfj man auf jeben im 2)omeSbatyboof verjeidmeten
Sftann wentgftenS 10 unerwähnte ^enfcr)en rechnen unb Britanniens 23e*
vo'lferung im 3af)re 1086 p 3 Millionen fd^en.
2)te Duellen bringen, wie id) oben §etgte, bie (SibeSleiftung von
1086 in engen 3ufammenhang mit ber Slbfaffung beS S)omeSbat>boofS.
(Sie f)ahc\\ r)temtt meines (§rad)tenS vollfommen £Recf)t. 3MefeS 93ud) ver*
Her) bem Könige bie ^öglicbfeit, ein 9?e$ über bte ^äu^ter ber großen 9ßa*
fallen ju jiehen, baS er früher §u fcf)ür§en ntcf)t gewagt I)atte : eS war
nicbt nur ein bleibenbeS 5)enfmal innerer Verwaltung, fonbern §ugletcr) ein
getieftes (Schwert in StlhelmS ^>anb. 3)aS ftumme Pergament befaß einen
berebten SDiunb, bie 33afallen ber $rone verftanben feinen 9fuf fo gut, als
Wenn eS mit menfcr)Hcr)er (Stimme §u ihnen gebrochen hätte: fer)et, burch
mich fennt ber «ftöntg jeben Siefer £anbeS, ben 3hr *nne jeben gar*
thtng, ber in eure Waffen fließet, aber wtffet auch, baß 5llleS, was 3hr
burch feine Verleihung befttjt, nur fo lange euer fein wirb, als 3hr
unverbrüchliche £reue bewahret.
©in 3^ge, ber (Sfjrontft von Saverlet;, fügt,2) naebbem er bte 33er*
eibung ber (Solbaten berichtet, bei, ber $önig habe bamalS von allen 33a*
fallen, benen er wegen trgenb eines Vergehend beifommen fonnte, große
©ummen an 33ußgelbern erhoben. ^terauS fcheint ju erhellen, baß viele
Sehenträger ber trotte währenb ber Seit, ba ber bäntfet/e Eingriff jur
(See erwattet würbe, ihre Pflichten verlebt r)atten unb beßhalb in Unter*
fuchung [tauben. 2lud) nach anbern 3eugntffen3) unterhielt Äönig jtanut III.
von 3)änemarf geheime 33erbinbungen mit Un§ufrtebenen in Qntglanb. Um
fo fühner fonnte je|t 2Ötll)elm, als (Steger, gegen ben «Staub ber 33 af allen
vorauf abreiten.
ßbenfo gefaxter)* eS mit gutem ®tunb, baß Florentius unmittelbar
l) mU II, 514. *) (SJote, Script. II, 133 ad a. 1086. 3) Sangefcecf, script.
rer. danic. III, 350 o&en.
JBiertee 58ud&. <Sa*>. 30. 2)a$ tejjfe 3a1)r SBityelmg. «Sein $ob. 645
hinter bie SBereibung ber ©olbaten unb bie 2lbfaffung be6 £)ome$batyboof$
bie ©rlaubuiß reiljt, welche $rtn§ (Sbgar vom Röntge erhielt, an ber ©pi£e
tton 200 ©eroappueten nad) Simulien §u gießen. £)er eben erroäljnte (£f)ro*
nift be6 Äfojlerä SBafcerlety beutet1) an, baß ber Äöuig ben $riujen bte
bafyin nid)t gut betyanbelte. 5)a$ f)eißt meines ($rad)ten3: obg(etd) ßbgar
fa)etnbar frei ju 9?ouen lebte unb tägltdb ein *Pfunb Silber — alfo naa)
heutigem 2Bevtr)e bte hübfdje Summe von 200 im Sage, von 73,000
©ulben im 3af)rc bejog,2) nntrbe er bod> insgeheim n>te ein @taat3ge*
fangener beroadjt. 3)enn ber $ömg fürebtete bte 1086, baß (Sbgar irgenb
etroa3 93öfe3 anrichten tonnte.
5(ber feit Wilhelm bura) 5lbfaffung be$ ^omeSba^boofS ein ftcfjcrcö
*Pfanb ber £reue feiner englifa)en 93a[aHen in Rauben ^atte, glaubte er
fta) bura) (£bgar nicht mehr bebro^t, unb nun ließ er benfelben in Tue
roeite SBelt gießen. dJlan erficht f)terau^, roeld)' h0^en SBertt) ber $önig
felbft auf ben 33ejtfc be$ Sßucfyeö legte. 9toch anbere 23eroeife berfelben
$l)atfad)e liegen ttor: eine Urlunbe 2Bilr)elm$ ift auf un£ gelommen, voeld)e
bie 3ettbefttmmun9 trägt,3) fte fei ausgefertigt Horben im 3at)re Der 2luf*
nehmung, ©nglanbS, b. h- ber 5lbfaffuug be$ 2)ome£bat;boofö. (Sr betraa>
tete biefe Arbeit ate ein (Spocfye machenbeS (Srcigniß.
5(ud) bie fnegerifdjen Unternehmungen ber näa^ften Seit fte^en meinet
(Stach tcn8 in geheimer 33e§iel)img §u bem Domeöbatyboof. 5)a$ 3al)r 1087,
baö lefcte ber Regierung be6 großen Königs, brach an. £>te kämpfe, bie
er gftifgai 1073 unb 1080 auf gailifcbem 23oben auSfochr, Ratten, roie td)
früher jeigte, ben 3wed, &8fe £änbel, bie ihm bura) bie ($iferfud>t
lippp I. son granfreta) auf ben £ate gelaben roorben, §u erfttden. 3e^t
aber ging ber Normanne »on bloßer Slbroefyr §um Angriffe über, roaö er
biö babjin ängftlich mieb. Offenbar l)at ihm baö 93eroußtfem, in (Sng*
lanb feine (Empörung mehr beforgen ju müffen, 9D?utr) gemalt, ba3 Schroert
offen gegen ben fran§ö'ftfa)en ^errfeber $u $ter)en. 5Btlhetm verlangte tton
$hWW bie £anbfa)aft $erin jurücf, welche bem Normannen roährenb fei*
ner 3ugenbjar)re bura) $^itip))ö SSater entriffen werben roar.4)
Sie e$ fcheint, begrünbete er biefe gorberuug bura) baS Vorgeben,
baß ber fran§öftfd>e §of bie 33ebingung, unter roelc^er SBerm abgetreten
roorben, gebroa)en r)abe, inbem roäfyrenb ber legten $tit Skfallen $f)tli))^
mut^rotOige Einfälle in bie -ftormanbie gemalt unb ba6 Sanb »er^eert
ptten. 3a) lefe nämlia) au6 bem übel §ufammenl)ängenben 33erta)te5) £)rbe^
ria)S herauö/ £&%htt geltenb machte , er |ak vor 40 Sauren in bie
Abtretung be6 33exin nur gegen ba$ SSerfprea)en beö franjöftfchen $ofeS,
l) ©ate, Script. H, 133. ad a. 1086.
I, 349. 4) ©iefje oben ©. 257 flg.
2) @a»tle ©.103 untere 3Kitte.
6) 2)uc^eöne ©. 654 unten flg.
3) @ai«
646
$a6ft (SJregovmS VII. unb [ein ßzitaüet.
bte *M)e an ber ©ränje aufregt ju galten, gewilligt, unb btefe 3uftche*
rung fei burch »tele (Stnfätle umgeflogen worben, ba Sftiemanb zweifeln
fonne, baj* bte Urheber beS griebenöbrucheS im geheimen Auftrage ^UippS,
iJ)reö SefyenSfyernt, fyanbeften.
3n ber ^at fehlte eö 2ötU)e(m mct)t an gutem ©rnnbe, über ba£
betragen $fyütyfc6 ju Hagen. 2)te SBurgmannen von Nantes an ber «Seine,
£ugo genannt (StaveluS, $abulf SOklvoifm unb Rubere, lauter SBafaKen
ber Rxonc granfretch, waren an ber @vt£e von Üfaubfchaaren wieberhoit in
bte 9formanbte eingebrochen unb Ratten bort arge grevel verübt. 5tucf> tft
flar, baf* fte (Solches mdt)t ohne 3uftimmung beS fran§öftfa)en ÄöntgS
gewagt haben würben.
3mmerf)tn waren meines (SrachtenS bte klagen über bte von ben
SBurgmannen begangenen Unorbnungen nur SSorwanb. 5llö wahren @runb
beS Angriffs betrachte tdt) bte Xfyatfafyc, ba$ Äöntg *ßfjtu>fc von granfreta)
bte £anbfcr)aft 93ertn, bte bis 1078 unter eigenen, obwohl bem neuftrifchen
Zl)xonc verpflichteten, trafen ftanb, naa) bem 5lu6fterben ber bortigen
naftie mit bem ^rongute »ereinigt I>atte. £)er Normanne fträubte fidt), bte
neuftrifc^e £offammer §ur unmittelbaren Nachbarin §u Ijaben. 3nbe$ fann
ta) btefen 6a| erft unten an vaffenbem £)rte bewetfen.
SBtlhelm fctjlug §uerft ben 2Beg ber Unter^anblung ein, aber tyfy*
IttoV I. 50g tf)n mit fallen SiuSflüchten tyxum unb machte fchlecr)te 28t&e
über bte forderlichen ©ebrechen beS Normannen. £)erfelbe war in ben
legten 3«^en, rote Napoleon SBonaüarte, unförmlich btcf geworben unb
fua)te vergeblich biefeS Uebel — ben Vorboten ber SBafferfucht — burch
bie ftrengfte 2)tät §u brechen. 9?un fagte f) etneS £ageS ber $öntg von
granfreta): „ich bin begierig, rote lange eS noch anfter)t , bte unfer Mach-
bar, vom $inbe fömmt. 2)aS wirb ein geft geben, wenn bie (Sntbtnbung
vor fta) geht."
2)tefer boshafte Einfall warb bem Normannen hinterbracht unb reifte
ihn jur Sutl). „23et ©otteS @lan§e" — fein t)ödc)fter Schwur — rief1)
er auS, „icf; will einen Kirchgang falten, baft baS Sicht metner gacfeln
bis naa) $arte flimmern fotf." (Snbe 3ult 1087 überfchritt er mit einem
ftarfen £eere bie normannifa)e ©rän$e, eilte auf Nantes loS, nahm bie
6tabt im Sturm unb befahl fte anjusünben. SMhelm ritt in ben £lua(m
r)mein, ba aber baS 9^oß, baS ihn trug, auf einen brennenben halfen
trat, ftrauchelte e$ unb warf ben Detter ab, beS Königs fa)Werer Seib
warb gefährlich verlebt. Sftan braute ihn in bte 8urg von $ouen, unb
tyetter, ba ihm ber £ärm ber Vollreifen Stabt S3efchwerben vemrfachte,
') 93ouquet XIII, 240. Stäben ©. 980. Roman de Rou S3evö 14,181 flg.
SJievieö 93ucf;. <5at>. 30. 3)aö lefcte 3afjv 2BtU)elmg. (Sein £ob. 647
nact) bem Softer beS r)etltgen ©erttaftuS, ba$ auf einem £ügel ber untern
SBorftabt fianb. 4)
2) ort lag ber Normanne fect;3 Sod)en lang franf barnteber. 2)aö
Stectjtfmm rmtdjS mer)r unb mebr, boa) bettelt Stlfyelm bid jum testen
Slugenblitfe t>ollc 23efmnung, unb aud) bie (Sprache »erfaßte tr)m ntdjt. 2)a
er baS 9?al)en be6 $obe$ füllte, orbnete er fem ,§au3, »erfügte, roaö nad)
feinem Slbleben ju gefdjefyen fjabe, unb fteüte 23 etra Ortungen über fein »er*
gangeneö geben an. 3a) bin überzeugt, baf bte $eben, bte ifynt Drberict;
in ben 9Jfunb legt,2) buct)ftäbltd) roafyr ftnb. Sarum follte mau nictjt
^ünftltd) aufgefc^rteben fyaUtt, \x>a$ einer ber größten ^>errfa)er ber SQßelt-
gefd)td)te, trepa^er §eerfül)rer unb als ©efejjgeber unb Staateuorbner nur
mit bem granfett Qtarl »ergletd)bar, in feine« (eisten Sagen fprad). lieber*
bteß ift jebem Sorte baö Siegel »on äBityelm* ©etfte aufgebrücft. Sotd;e
Sä£e fönnen 9Dtenfcr)en , rote £)rbericf) unb ©enoffen, ntcbt erftnben.
ÜJiit ftctjtlicfyer Vorliebe »erroetlt be£ ^önigö rüdroärtS gefeierter 33 lief
auf ben Sagen feiner $mbt)ett uub 3ugenb: er f)ebt l)ert>or , rote fyart unb
forgemwll biefelbe gerocfen, rote er aber mit ©otteS ©nabe burct; lauter
Sturm unb 9lotf) emporgekommen fei §ur £öl)e beS @lüd3. Setter be*
feuert er feine unroanbelbare ^nf)ängltd)feit an beit dt)rtftltdt)cn ©tauben:
„bte $trdt)e ©otteö, ttttfer aller Butter, r)ab' td) ftetö geefjrt, bte Simonie
»erabfdjeut, uttb fo t>tel an mir lag, ttur Sürbtge ju erlebigten Remtern
beförbert."
3ugleia) fprtd)t er beit Sunfct) au$, bag feine 9tadt)f olger btefe ©runb*
fä£e als ein l)etltge3 $ermäd)tnif beroafyren unb jeber 3ett befolgen möa>
teti. lieber baS 93olf, aus bem er ftammte, fagt er: „bte Normannen
ftnb, roemt fte unter einem guten unb ftrengen Ofegtmente ftetjen, tapferer
als trgenb ein 93olf ber Seit, unb mdjtö ift fo fa)roer, baS man ntd)t
mit tt)nen vollbringen fömtte. Slber fte fjaben einen natürlichen «£>ang, ftdt)
unteretnanber ju $erfletfct;en, ba fte Slufruljr lieben unb £ufi an SSerbre*
eben fyegen, barum müffen fte mit r)arter §anb gelenft unb unter unerbttt*
lta)er 3ua)t gehalten werben, beim roenn man rt)ren SBegterben freien Sauf
läft, rennen fte rote ein jügellofeS dlo$ tnS 93erberben." Sönt ntdt)t aus
biefen Sorten Stlfjelmö ©etft fyerttor? l)at er n\a)t felbft mit ftarfer gauft
fein roilbeS $olf ju $ur)tn unb Steg geführt?
blutig roar bte SBafyn, bte er bura)ltef. Stlrjelm fpract) fein 23e*
bauern barüber auö: ,,3d) bin tton ^tnbeöbetnen an in Saffen aufgeroaa>
fen unb ^abe »tel 23mt »ergoffen. Unmöglta) ift eö mir, all' bte Sünben
einzeln auf$u$är)len, bie ta) roäl)renb meinet 64jäl)rtgett Sebent beging.
Ü)er ©ebanfe, bemnäa)ft »or bem erotgen D^ia)ter »on meinem Sl)un 9vec^en^
l) SucfceSne @. 656, a. 2) Ibid. @. 656, c. f%.
648
Sßabji ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
fdbaft ablegen ju muffen, erfetjüttert mid)." Seicbt get>t 2Bt(f)elm über bte
53erntcf)tuncj beS angelfäd)ftfcben 2lbelS weg, aber tiefe diene bezeugt er
über ben 2tuSrottttngSfrteg, ben er 1069 unb 70 gegen bte 9?ortf)umbrier
geführt fyatte. Die betreffenben 2Borte enthalten sugletdj feine Verfügung
über bie Erbfolge. 3d) muß fte ganj wiebergeben.
„2)aS ^erjogtfmm ber ^ormanbte fyabe icb, nod) e^e tcr; naa) (Snglanb
überfefcte, meinem ©ol)tte Robert Verliefjen, weil er ber (Srftgeborne tft.
^Bereits r)at berfelbe bie £ulbtgungen faft aller SBarone biefeS SanbeS em*
^fangen. 2öaS gefa)er)en, fann ntct)t mefyr rückgängig gemalt werben, gleicfc
wofyl fel;e tcr; voraus, baß baS 2anb, baS unter feinem ©cepter ftel)t, tut*
glürflia) fein wirb, benn er ift l)oa)mütf)tg , unverftänbig, geWiffenloS, unb
fa)were ©djläge beS ©e[ct;idS werben tfyn treffen, ©inen (Srben ber breite
(Snglanb wage icb ntcfyi ein§ufe£en, fonbern ia) überantworte meine trotte
bem ewigen (Schöpfer, beffen Mmdjt icb bin, unb in beffen §anb 5llleS
Hegt. Denn ia) t)abe biefeS ©ut uid)t fraft (Srbred)t erlangt, fonbern in
fyartent Kampfe unb mit vielem Blutvergießen bem metnetbtgen £aralb ab*
gerungen unb mit ©ewalt meinem ©echter unterworfen, inbem ia) feine
Slnfyanger tr)ei(0 erfd)lug, tfyeils aus bem Sanbe vertrieb. 3a) belenne reuig,
baß ia) bte (Singebornen (SnglanbS mefyr gefaßt fyabe, als xca)t war, baß
ia) £or)e unb fiebere graufam plagte, $tele ungerechter Steife tl)reS (ErbeS
beraubte, Uu$cif)lige, namentlid) im @ebtet von g)orf, burdj junger ober
6c^wert $u ©runbe richtete. Denn bie (Smwolnter von Detra unb ber
*Provm§en jenfettS beS £umber Ratten wtber mtcb baS £eer beS Dänen*
föuigS <Swen aufgenommen, ben Robert von (£omineS fammt taufenb 6ol*
baten innerhalb ber dauern von Durfyam erwürgt, unb viele anbere met*
ner beften ^auptleute unb bewäfyrteften Sßaffenfnecbte an verriebenen
£>rten erfragen. Dteß verfemte mia) in Stßutt): wie ein brütlenber £öwe
bin icb gegen ben Horben losgebrochen unb fjabe 23efef)l erteilt, bte ,£)äu*
fer an^ünben, bte 6aaten unb alles ©erätfje §u verbrennen, bie SSie^
r)eerben nieber^uftedjen. Darum fam ^ungerSuotl) über un^ä^lige 3D^enfct)en
betberiet ©efcfylectytS , unb alfo ftnb bura) meine ©d)ulb, 2Bef)e mir, viele
Saufenbe beS wotylgeftalteten unb fa)önen SSolfS, jung unb alt, elenbtglia)
untergegangen, ©in C^eia), baS icb mit fo vielen ©ünben errang, wage
ia) ^temanben $u übergeben, als @ott bem £erm allein, bamit n\a)t nacr)
meinem $obe noct; größeres Unheil entfiele. 3dt) wünfebe, baß mein 6ol)n
2Btlf)elm, ber mir von $tnbl)eit an ftetS 5lnl)änglta)f eit unb ©efyorfam er*
WteS, lange unb glücfltd) im ©etfte ©otteS lebe, aua), wenn eS beS (£wi*
gen Sille tft, (SnglanbS ^ron Nftetge unb ruhmvoll bewahre."
Wim fte^t, ber ©ebanfe an jene £aufenbe nortl)umbrtfcher ^Bauern,
bte als Dpfer beS 5lufftanbeS von 1069 fielen, peinigte trjtt, wäfyrenb bte
^ernid)tuncj beS angelfäd)ftfa)en 2lbclS i^n Weit weniger brüdte. @r fprid)t
©ievteö 93ud&. (&a\>. 30. $<ig lefcte Satyr SÖityelmS. <£ein £ob. 649
fo, cid ob ba$ über ben £errenftanb verhängte 2oo£ ein 5tft ^oltttfc^er
9?otl)roenbtgfeit geroefen wäre, unb alö ob ba£ rud)lofe @efa)led)t von Sanb*
Derberbern bie Ausrottung verbtent fyätte. 2)ie ^Bauern bagegen erfa)einen
ir)m a(ö nü$lidje, nur mißleitete, unb barum ber (Sajonung roürbige SftiU
glteber ber ©efellfcbaft. £)a$ £ob, roelcfyeS er ber föt)>erltd)en ©ajömjeit
be$ augelfäd)ftfa)en ©tammeS ertfyeüt, erinnert an ben Ganbrucf, ben laut
bem 3eu9™l7e beS ArdubtafonS von Sifteur bie gefangenen 5lngelfad)fen
1067 in föouen matten.1; £)ie 9fltfa)ung von 9J?ilcb unb 23lut auf ben
2öangen ber Gmglänber rourbe im 11. 3af)rl)imbert von ben 93erool)nern
fübltd)er ©egenben ebenfo berounbert, roie fyeute nod).
§öa)ft merfroürbig ftnb 2Bill)elm6 2leußerungen bejüglta) ber Nachfolge
in (Snglanb. @r verfyefylt ben 2ßunfa) nia)t, obgleta) er ba3, roaS er bad)te,
nur anbeutet, ntd)t völlig auöfprtct)t, baß fein jroeiter Sol)n, 2Btlf)erm ber
9*otl)e, bie bortige $rone erlangen möge. £)ennod) roagte er nta)t, biefen
(Sofyn §um ßrben ein^uf^en. Sßarum roagte er e$ niajt? 2Beil bie $rone
(Snglanb nia)t ein 2lllob, fonbem ein Se^en ©otteS, b. I). 3efu C5J>rtftt,
b. f). feinet irbifa)en (Statthalters, beS $abfteS voar, unb roeil folglta) ber
jtöntg nia)t of)ne vorangegangene (Sinroilltgung beS *pabfteS über bie 9?aa>
folge in ©nglanb verfügen fonnte. @r hoffte, baß $etri Stufyl bie Ueber*
tragung beS SReidjeS an 2ßilf)elm II. genehmigen voerbe, aber er roußte e$
nod}"nid?t gewiß, barum fpraa) er fo, rote er fyrad). ßtroa noa) übrige
3tt)eifel barüber, baß bie (Saa^e ftd) in ber angegebenen Seife verfielt,
roerben bura) (Sr§äf)lung 2)effen, roaS naa) 2Ötlf)elmS $obe gefdjaf), befet*
tigt roerben.
Ü)ie fyokn ©eiftlidjen, roeld>e ben Traufen umgaben — jroei berfelben,
2ibt ©uetarb von SumtegeS unb ©tfelbert, 23tfa)of von Stfteux, bienten2)
jugleia) als ßetbärjte — brangen in irm, baß er bie (Staatsgefangenen,
bie in verfd^tebenen <Sd)löffern, roofyl metft im Sturme von $ouen faßen,
in gretl;ett fefce. £)f)ne ©c^roierigfeit orbnete ber Äöntg bie SoSlaffung
ber 2ingelfaa)feu Tloxtax, (Siroarb, Söarn, 2ßulfnotf) — legerer, ein (Sofm
©obroinS, roar von feinem SBruber ober feinem SSater als ©etßel bem
Söaftarb übergeben roorben unb befanb ftd) feitbem in £aft, — fo roie beö
Normannen 9?oger von 33reteutl, ehemaligen @arlö von ^ereforb, an.
5lber nur mit größtem 2Btberftreben unb naa) langen bitten gab3)
S05ilt)elm aua) feinen ^albbruber, ben ^ifa^of £)bo von SBaieur, frei.
(Sein fa)arffta)ttger ©eift a^nete, baß btefer 9}Zenfd) SBöfeS anrieten roerbe.
2)ie ©ebanfen be$ ßieblingöfohneö, Silhelmö beö 9loti)m, roaren ntd)t mit
ben Setben beS S3aterö, fonbem nur mit ber $rone (Snglanb befa)äfttgt.
©r bat ben $önig um Urlaub $u einer Steife jenfeitö beS (EanalS. Der
l) @ie§e oUn ©. 398. 2) JDuc^e^ne ©. 656, b. 3) Ibid. @. 660.
650 $o6fl ©rcgoriud VII. unb fein ßdialkv.
MxanU gewährte ben SÖunfdj unb gab ü&erbfef bem Sohlte ein an San*
franf gerüstetes unb mit bem fönfgU^en ©igel auSgeftatteteS ©^reiben
mit, worin er bte Sitte auSfprad), ber (SrjbtfSof möge ben Ueberbrtnger
jum Röntge frönen. 2lua) ber 2)rittgeborne, £etnrtd), bem ber ^öntg alö
feinen 2lntf)eil am (Srbc bte Summe tton 5000 $funb (Silbers auSge*
fegt fjatte, eilte naa) (Snglanb hinüber, um baS ©elb fo fdjnell alö mög*
lia) in (Smpfang $u nehmen. SBetbe wofynten bafyer bem Sobe beö SßaterS
nia)t an.
3n ber 9tod)t »om 8. auf ben 9. (September 1087 fcpef ber ßönig
rufytg unb bte Sierße fa)öp.ften Hoffnung, baß eine SBejferung eingetreten
fei. kl& ber borgen graute, ertönte bte große ©lotfe auf ber £)omftrd)e
§u unferer lieben grauen. 2BtIr)elm erwarte unb fragte : was ift e$? 9Öfan
antwortete tl)m: bte ^rime wirb geläutet. Ü)a richtete ber «ftranfe feine
2lugen gen Gimmel unb rief mit ausgebreiteten ^änben: meiner ©ebtetertn,
ber fyeütgen Butter @otteS Ataxia, empfehle td) mia), bamtt ftc burd) il)re
gürbitte mta) ifyrem teuren @of)ne 3efuS (5t)rifiuö , meinem §errn, »er*
föf)ne. $ur§ barauf tterfdneb 2ßtlf)elm.
(Sogteitt) ftürjten bie 2lngefer)enften ber ©roßen, bie im $ranfen§tmmer
waren, fort, beftiegen bereit gehaltene Stoffe, unb jagten naa) ifjren ©ütern,
um biefelben §u befa)üj$en, baS niebere ^ofgefinbe aber plünberte bte gan^e
SBofmung auS. S3on allen tterlaffen, tag bie Setdje beS Königs fyalb naeft
mehrere (Stunben ba. „£) (Sttelfett btefer Seit," ruft Drberta) auS;1)
„ber mäa^ttgfte £elb fetner Seit, auf beffen 2Btnf geftern nodj mefyr als
100,000 ©olbaten fyarrten, wirb f)eute üon feinen eigenen ^auögenoffen
beraubt. " 2)a 60,000 SSafaUen, rote ta) oben §etgte, bie Sanbwefyr 33rU
tanntenS btlbeten, fö ift mau, glaube tdj, beredbttgt, bte übrigen 40,000
ober 50,000, bte jur »ollen Summe von über 100,000 fehlen, unter bie
£er)enträger ber ^ormanbte, unb unter baS ftefyenbe ^eer ju »erteilen.
Se^tereS mag immerhin 30,000 Sftamt ge§äf)lt fyaben.
2)te Äunbe vom £obe 2Bi(r)elm3 verbreitete gränjenlofe 33eftür§ung
unter ber 23ürgerfa)aft 9^ouen6. „£>te Seute waren rote finnloS," fagt2)
£)rbert$, „unb wußten nu$t, was §u tfyun. (Sin jeber lieft 9latl) mit
fetner grau, ober mit ben näa^ften ^a^barn. $iele begannen tf)re beweg*
liefen (Mter §u paßten. £>te ©Siebten aber trtumpfytrten, benn fte f)off*
ten, rauben §u fömten, ba ber nta)t mefyr lebte, ber bie 9fted)tf Offenen
formte, bie SBöfen beftrafte." Ueber einen weiteren ©runb ber Slngft
roerbe ia) unten berieten.
(gnbltdj nad) einigen Stauben ftrömten 5D?önct)c unb (EkxiUx in
bie ©erttafuiSfiraX um für bte Seele beS Verdorbenen §u beten. 3«-
*) Ibid. @. 659. 2) Ibid. @. 661, b.
*Bierte<* 93ud). (Snv>. 30. JDoö lefcte 3af>v «EDttfjetmö. ©ein £ob. 651
gleidf) gab ber (Sr^bffc^of »on holten 33efel)l, baß bie Cetebe naa) (Saett
abgeführt voerbe. Slber 9?temanb erfd)ien, btefen Auftrag ju »oll$tel)en,
— beim bte SBerwanbten beS fönigltd)en ,£>aufeS unb bte. ©roßen Ratten
Stouen »erlaffen — bis enbltcr) ein gewöhnlicher bitter »om Sanbe, £er*
lutn, um ©otteS Sillen unb jur (Sfyre beS normamttfd)en DkmenS auf
feine Soften Slnftalten jur gortfc^affimg traf. (Sr braute ben Körper
beS lobten naa) (£aen, reo tfyn- 93oIf unb (SleruS in fctcrltctjem 3uge
empfing. 5lttein beim (Eintritte tn bte ©tabt brach eine geuerSbrunft auS,
mdefee »tele ©ebäube »er§er)rte, unb bte SBerfammelten auS etnanber trieb.
Der Sag ber 23etfe£ung würbe anberaumt. 2ltle 53ifa)öfe unb klebte
ber 9?ormanbte fanben jtdj ein. Säf)renb bie £eicr)e in ber 23af)re neben
ber geöffneten ©ruft lag, beftieg ber 23ifd)of »on (£»reur bte $an$el unb
^telt eine 9tebe, in welker er bte SSerbienfte beS lobten tyvooxfyob unb
bann mit ben Korten fcfjloß: „ba fein ©terbltcher ol)ne ©ünbe tft, er*
mahne ia) (Such 5llle, für ben »erftorbenen Surften §um 5lllmachttgen 51t
flehen; auch möge jeber, ber »on Stlhelm Unrecht erlitten §u haben
glaubt, bemfelbcn Beruhen." Da brängte ftch ein üttann, 2JScelin, 5lr*
turS ©of)n, aus ber Spenge tjer^or unb rief: „ber SBoben, auf bem 3r)r
flehet, war meines VaterS §ofrattf)e unb ift uns ungerechter Seife »on
Stlf)elm, ba er noa) bloßer ©raf ber ^ormanbte war, entriffen worben.
3a) forbere mein (Stgenthum naa) gutem 9?ormannenrea)t §urüaV'
Seit »tele anwefenbe Nachbarn bezeugten, baß ber 9Jknn bte Sar)r*
r)eit gefagt habe, boten tf)m bie Prälaten auf ber «Stelle 60 ©chillinge für
bie SBegräbnißftätte, unb als %an\a) für ben übrigen $aum ein gleich gro*
ffc$ ©tüd 2anb in ber 9Ml)e. $Sceltn erflärte \ia) befriebigt, nun erft
würbe bie Seiche »erfenft. Die $Iage SlScelmS beweist meines (SrachtenS,
baß 2Bilr)eIm zuweilen ©ewaltthätigfetten »erübte, aber ana) baß im ©an*
$en bie Sftormanbte eines georbneten ^e^tSftanbeS genoß. Denn ich benfe,
eS gibt wenige £cmber auf Arbeit, wo ein Mann auS bem Volle unge*
ftraft wagen bürfte, in fola)er Seife, wie 5tScelin eS tfjat, feine fechte
geltenb §u machen.
Drberich ergäbt über ben £ob beS JtöntgS etwas 5lußerorbentlta)eS,
baS ia) mitteilen will, weil er beifügt, genaue (Srfunbtgungen feien über
bie Sal^eit Deffen, waS er »orbrtngt, eingebogen worben. „51m neun*
liefen Sage," fa)retbt er, „ba Silhelm &n D^ouen »erfc^ieb, erfuhren »erbannte
Normannen, bie in 9tom ober in ßatabrten weilten, ben Sob beS Königs. "
Senn ia) mich nicht taufte, fmb äf)nlia)e S3eif»iele »on wunberbar fc^netler
Verbreitung einer wiajtigen $laa)xia)t feftgeftellt worben. ©erätl) etwa bte
bem leiblichen 5luge unfta)tbare Seit ber ©eifter in Bewegung, wenn
JDu^cßne @. 661, b.
652
$abfl ©regoviuö VH. unb fein 3ettalter.
große Männer aus bem ^örverteben Reiben, unb trägt fte bte tobe mit
33ß$e$fc$ttefi[e burct; entfernte Taumel!
9?och muß ty über bte Strfung berichten, roelche Sßtlhelmö £ob in
(£nglanb hervorbrachte. 2)er jroette, gleichnamige 6or)n be£ jtönigS roar
eben in bem £afenvla& 28itfanb (bei (Salate) angefommen, alö er jfttnbe
vom Ableben feinet VaterS erhielt. 60 fa)neU als möglich fe$te er feine
$etfe fort unb eilte §unächft nach (Santerbun; §um (Srjbtfchofe £anfranf, benn
in beffen Rauben rul)te bie (Sntfchetbung über bte Sufunft be$ S^eic^ö.
3d) (äffe einen fel)r gut unterrichteten jüngeren 3eitgenoffett, (Sabmer,
reben. £)erfelbe erzählt:1) „$rtns 2Bilhelm ber 9^otI)e (be$ verdorbenen
Äönigö 3wit#tboxwx') fann barauf, feinem älteren SBruber Robert ba$
(Scevter p entreißen (b. h- außer Britannien auch bie 9?ormanbte fammt
ihren 9Jebenlanbeu wegzunehmen). Allein ba er merfte, baß (Srjbifchof
Sanfranf, ohne beffen 3ufttmmung er ben Xfyxon nicht befteigen
fonnte, biefen $lan nicht billigte, gerieth er in große Verlegenheit. 2)enn
er fürcbtete, baß ihm, roenn feine Krönung nod) länger verfdjoben roerbe,
aucfe (£nglanb entgehen bürfte. 3)eßf)alb roanbte er thetlS in eigener $erfon,
theilö burch Vermittlung Slnberer, atteS Mögliche auf, um ben (Sr$btfchof
$u geroinnen: münblich unb fchriftlich verftorad) er bemfelben, wenn er Sio*
nig roürbe, ftetS nach ftrengem Dtecht in Willem ju verfahren, SBarmherjig*
feit unb 9^enfchenltebe §u üben, bie Ätrchen ju verthetbtgen, nichts 2Bia>
tigeS ohne ben $ath beö (Sr^bifchofö ju thun."
3)a3 eben roar'3, roaö ber (§r§bifchof mit feinem 3o$exn beabftchtigt
hatte, er geleitete ben ^rtnjen nad) Sonbon unb erteilte2) ihm bort ©onn*
tagS ben 26. ©evtember 1087, am 17. Sage nach bem £obe be$ alten
Königs, in ber 2ßeftminfterfira}e bie heilige Salbung. Von (5tunb an roar
Wilhelm II. anerfannter «ftönig von Qmglanb, bte Vafallen hulbtgten ohne
Stberrebe. 3)
2)er 3weitgeborne ging, rote man fter)t, vor ber Krönung mit bem
*ßlane um, außer (£nglanb aud) bie 9?ormanbte an fta) $u reifen, unb folg*
lia) feinen erftgebomen Vruber Robert, ben auöbrücfltchen Vefttmmungen
be3 fterbenben Vaters entgegen, §u vertreiben. IDenfelben 2lnfchlag he9*e
aber auch ber (Srftgeborne gegen ben jüngeren SBrubcr, Wilhelm II. 3a w
hegte nicht bloS biefen verbrechertfehen $lan, fonbern er legte, roie fogletch
gezeigt roerben foll, .gwnb an, um bie €ache aufzuführen, obgleich er fol*
cheS nicht vermochte. SlnbererfettS beftanb @r§bifchof ßanfranf auf SoStren*
nung ber üftormanbie von ber trotte (Snglanb, unb fein Spille entfehteb:
bie SRormanbie roarb von (Snglanb abgelöst. 3n roela)er ©tgenfehaft, ober
*) Histor. novor. I. 93enebigcr SluSga&e ber SBerfe Slnfelmö II, b. <S. 47, 2. ©palte.
2) Flores histor. @. 642. 3) <BmU 120 ofcen.
Eterteg 33ud). (5a*>. 30. lefcte 3a$r aBityelmS. ©ein £ob. 653
mit tt>elct)er Vollmacht J)at mm ber Sombarbe baS fcf)Vt>ere SQSerf vollbracht?
AIS (£r$bifchof von (Santerbun;? 9cein, fonbern alö £egat beS ^etltgen (Stur)*
leS, beffen 2er)en bie trotte (Snglanb fraft ber geheimen vor ber (Srobe*
rung abgesoffenen Verträge roar. 2Betl Der bamalS bereite verftorbene
*ßabft ©regortuS VII. bem (Sr^btfcfjofe von (Santerburty bte nötigen 2Beü
fungen erteilt ^atte, vollftrccfte £anfranf im rechten Augenblicfe ben 2Btf^
len feines Auftraggebers.
2)ie ©rünbe, warum (Tregor VII. folchcS anorbnete, ftnb Hat, eS ge*
fchat) um ber 9tur)e beS ct)rtftltc^en AbenblanbeS, namentlich um ber (Sicher*
hett granfreicf)S SBtüen. Unb roar)rltch , fetten ift einer eblen (Sache ein
fcbroerereS £)vfer gebracht roorben. 3ebe 3>;naftie wirb roünfcr)en, baß bie
Steile eines fo prächtigen 9Retcr)eS, rote baS, roelcr)cS ber Normanne 2Btl*
heim gewann, r)übfcb betfammen bleiben. (So ftarf roar btefer SBunfdb in
3Bilr)ermö (Seele gewefen, baß er um 1074 eS verfucbt (jatte, fein bem
^ßabfte gegebenes Sort ju brechen. Doct) in ber legten jtran%it befann
er ftcf) eineö S3efferen. Obgleich ^ßabft ©regor ntcr)t mer)r lebte, überroanb
er im ^inblicfe auf ben eroigen Siebter, vor Welchem m erflehten er ffc$
anfcr)tcfte, bie btynaftifchett ©elüfte feines ^erjenS. Aua) bie ©ofme muß*
ten ftcr), freific^ nur wtberftrebenb, fügen, weil ber (5r§btfchof von (£anter*
burty ben wohlerwogenen Hillen beS fterbenben Königs unb beS verftorbe*
nen *ßabfteS vollzog.
2)eS griebenS wegen waren ben befreiten (Staatsgefangenen, namens
lieb bem 23tfchofe £>bo von 53ateur, bie £er)en, welche fte vor tr)rer 93err)af*
tung in (Snglanb Ratten, jurüefgegeben roorben. ©cpmtnen 2)anf erftat*
tete £)bo für biefe StBot)ItI)at: im grür)ling 1088 zettelte er eine SBerfcfyroö*
rung an, welcher bie angefer)enften Normannen QnrglanbS beitraten, unb
welche bahtn sielte, ben «£>er§og ber 9cormanbte, Robert IL, §um jtöntg
von (gnglanb m machen unb 2ötlr)efm ben Dothen §u enterben. Allein
mit §ülfe beS (Sr§btfc§ofS £anfranf unb vieler getreuen Angelfachfen, bie
ftcf> unter beS neuen Königs ^Banner fammelten, überroanb ber bebror)te
gürft bie Aufruhrer unb nötigte £)bo, für immer (Srtglanb §u verlaffen.1)
£)er le^te 2Bille beS verdorbenen Königs blieb aufrecht.
5Rtd)t umfonft Satte 2ötlr)elm L, wie man ftet>t, fo fjartnäefig ber 3^
mutlnmg roiberftrebt, ben gefangenen Dbo frei ju geben. Offenbar wußte
er, baß biefer gefährliche Wann vom Werfer aus QSerbinbungen mit Robert
unterhielt. Auch unter ber 33ürgerfcf)aft von Korten müffen ©erüchte verbreitet
geroefen fein, baß bie trüber barauf ftnnen, bte le#te Verfügung beS 93a*
terS ummftoßen. Darum bte große 35eftür§ung bei ber jfrmbe vom Sobe
beS Königs. Seberntann erwartete entfe#ltche (Scenen, unb baS ^Detter
l) Flores histor. @. 642 flg. <$u<he$ne @. 665 flg.
654
spabfi ©regoriug VII. unb fein 3eitaltev.
hätte auch etngefchlagen, wäre nicbt Sanfranf ber Stengel zweier Sänber
geworben.
Äe^ren wir §ur Seiche beö großen Königs jurücf. SÖSilhelm ber 9lor*
manne l)at gutentf)etl$ fcbon von Seiten ber Mitwelt, faft burcfcauS von
Seiten ber Fachwelt ungerechte ^Beurteilung erfahren. (Sine Reihe SBor*
würfe würben gegen ifjn erhoben unb werben noch t)eute erhoben, bie ich
für unbegrünbet ^alte. Witt fte aufteilten. SSor Ottern greift man
feine 3agbgefe£e an. (£in letbenfchaftltcher Säger, lief ber Köllig, um einen
ungeheuren 3agbbe§irf $u gewinnen, ba bie ©röße ber vorhanbenen $&aU
ber i^m nicht genügte, 60 $trchfptele in 2Mt* unb ^amfhire wüfte legen,
fiebelte bte dauern an anbern Drten an, unb befe^te bie veröbeten gelber
mit Räumen unb Sßüb.1) Dtefer $arf erhielt ben tarnen be$ neuen
gorfts. 5lußer bemfelben erwähnt baö 3)ome6batyboof noa) vier größere
SBannwälber ber itrone : 28tnbforforft in 23erffhtre, ben ©raveltngerforft in
Siltfhire, 2Btnburnforft in 2)orfet, unb SÖtchwoob in £)rforbfl)tre.2) Rte*
manb burfte ohne be£ Königs befonbere (Srlaubntß biefelben betreten. 2Btl*
berer, bie ein Rer), einen £irfdj, ein wilbeS Schwein töbteten ober wegfien*
gen, würben mit SBlenbung beftraft. 3)ura} gleich harte 23ußen fehlte
Wilhelm bte §afen. 3) 2)ie $lnglofachfen pflegten von ihm ju fagen, er
liebe ba£ 28tlb, atö wäre er beffen 23ater. ^Biele SBeftfcer von 9J?anerten,
bie auf bem ©runbe lagen, welchen ber Äönig jum neuen gorfte jog, Ratten
einen ihrer ©üter abtreten müffen.4)
Wlan fann eine fola)e 3agbwutf) nimmermehr loben, aber gewiß ift,
baß ©rünbe vorliegen, welche §ur (Sntfchulbtgung btenen. (Srftltch fyat ber
^önig auf ba$ SBofyl beS SlcferbaueS gebührenbe Rücfftcf)t genommen. 2Me
föniglichen gorfte waren eütgefriebtgt, ober mit 3äunen umgeben, wie fdt)on
aus bem 2öorte %fy?r$tyt$c (Deorhege) erhellt, bag für fte gebraust wirb.5)
5luch ift ^äuftg von befonberen dachten bte Rebe, welche bte umliegenben
33e§trfe in gefe^lich beftimmter Reihenfolge $u leiften hatten, um ju verf)tn*
bem, baß ba$ 2Bilb ^eraudfomme. $)er 5lcf erbau litt baf)er burch be6
Röntge Seibenfehaft feinen erheblichen Schaben. Sie ber $öntg feine gor*
ften einfriebigen ließ, fo würben auch bie größeren SBafallen, Welche befon*
bere 3agbbe$trfe fyattm, gezwungen, 2)affelbe §u tf)un. (Sine -JRenge fola)er
abgefchloffener $arfe fommen im £)ome6bav;boof als (Stgentfmm einzelner
©roßen, auch geiftlicher Stifte vor.6)
güre Smitt fann nicht bezweifelt werben, baß bte 3agbgefe£e Sil*
r)elm$ gegen bte krümmer be6 angelfächftfchen $lbel$ gerichtet waren. Un*
*) Stod&eöne ©. 781, a. 2) eilig I, 104. 3) Sparten, Anglia sacra I, 258.
Chronic, saxonic. ed. Gibson @. 191. 4) (§Ui$ a. a. D. @. 104, ÜTCoten flg. 6) An-
cient laws @. 185. 6) @Ut$ L 113.
«BierteS 93ud). (Sa}>. 30. S)flö lefete Safjt 2Biu)efoiS. (Sein Xob. 655
ter ben jfritytlmger Röntgen, fo wie unter (Sbroarb bem Vcfenner, Ratten
bte ©utSbeftfjer baö 9ffed)t geübt,1) auf ihrem ©runb unb 53oben ju jagen.
SQSäre nun bte gleiche 23efugniß in 2Öilf)elm$ Reiten aufrecht geblieben, fo
würben mcfyt bte 93auern, fonbern bte verarmten 9lbfömmlinge ber %hanc
©ebrauef) batton gemalt fyaUn. 5lber ber jtöntg fam Dem juttor, unb ich
glaube mit 9fecbt. 3agb fällt mit Hebung tn Staffen jufammen. 2Btlf)eIm
wollte ntebt unb fonnte nicht wollen, baß bte ehemaligen $hane Staffen
tragen: fte fottten £anbwerfe lernen, ^anbelfcbaft treiben, ober wenn e$ fte
burebauö nach bem ©ewer)r gelüftete, als gemeine €oIbaten in baö föntgliche
©olbfjecr eintreten unb buref) treue Dtenfte ba6 Slnbenfen an bte Verbrechen
tr)reö ©tanbeS ausmerzen. 2)cr war)re (Sachverhalt flimmert au3 einer
(Steife ber ©achfenchrontf ^erttor, roo angebeutet wirb, bie armen (Sacbfen
hätten über baö 3agb$erbot 2Bilhelm3 gemurrt, Weil e3 tr)ren legten @r*
werb bebror)te. „Allein ber $öntg," fügt2) bte (Sljronif bei, „befümmerte
ftcf) nichts um baö ©erebe ber Un^ufriebenen." Dtefe SJhtrrenben waren
r)anbgreifltch (Sö'fme verarmter $hane-
9?ictjt minber als bte Verorbnungen über baS 3agbwefen, werben bie
^olijetgefe^e SBtlhelmS tton Manchen getabelt. 3)aS neue jlöntgSrecht
fc^rteb3) t>or: „jeber grete mittleren ober nieberen ©tanbeS muß einen am
gefer)enen 9J?amt als ^Bürgen [teilen, ber für alle klagen, welcbe gegen ben
Verbürgten einlaufen mögen, gerichtliche ©eroäfjrfcfyaft letftet. " 53eim erften
oberflächlichen Slnblicf fonnte eS fchetnen, als habe btefeS ®efe$ ben 3*wcf,
alle fleinen greten §u nötigen, baß fte in Vafallenfcbaft treten. 5lber bie
(Sache verhält ftch anberS. SBett unb breit gab eS längft auf bem Sanbe
faum einen 9D?enfchen, ber nicht im Verbanbe $um Röntge ober $u ben
Dber* unb Unterttafallen ber Ärone ftanb, unb auch bte ^Bürger ber <5täbte
htengen ttom Röntge ober beffen ©roßen, ober enbltch fcon ihren Dbrtgfet;
ten, ben (Stabträthen, ab. 2)aS fragliche ®efe£ verfolgte »telmehr ein gah§
anbereS 3k\: eS war barauf berechnet, §u tterr)tnbern, baß bie Mächtigen
ihre Vormunbfchaft über Untergeorbnete §u ftraflofen, für fte mißlichen Ver*
brechen mißbrauchten.
Der Znt fährt fort: „ift eine jtlage gegen einen Verbürgten etnge*
laufen, unb ha* berfelbe ftch burch bie glucht bem 5lrme ber ©erechttgfett
endogen, fo muß ber Vürge für bie Älage einftehen, unb fyat überbteß ftch
$u reinigen, baß er mit bem Entronnenen nicht jufammenfpielte." DtefeS
©efejj, rote §wei anbere, bie ich unten anführen werbe, geftattet einen tiefen
Vltcf in bte Verberbniffe ber Vafallenwelt. Seit ben Säten ber Vlüthe
beS engltfchen 9^etc£)^fürftentr)umö hatten gewiffenlofe ©roße ftch gewohnt,
jweibeutige Seute, Räuber, in ihre Dienfte ju nehmen, bte bann einen
l) (Sütö I, 113. 2) Ed. ©tbfon @. 191. 3) Ancient laws @. 213. 14.
656
*Pabft ©regoriuö VII. unb fein 3fifalter.
ir)reö (§rroerb6 an bie ©c^u^erreit abgeben mußten. Siefen klagen
ein, fo gaben fte ben (Schüblingen einen 2ßinf ju entroifchen, roufchen ttjre
£änbe in Unfchulb unb fprac^cn ju ben Klägern: „tt>aö ($ua) roiberfahren,
tfjut Unö leib, roir ftnb unfrfjulbig, roaS aber ben $Il)äter betrifft, fo ift
berfelbe entflogen. ©efyt weiter, roir fönnen (Sud) nicht Reifen."
©olc^e 2lu6reben fchnitt baö ^önigörec^t fur§ ab, inbem e$ verfügte:
fein Diener, fein 6chu£befof)lener irgenb roelcber 5lrt wirb gebulbet, für
ben nicht ber «g>err als 93ürge einfielt. Vcgef)t ein fotdt)er ein Verbrechen
unb entfliegt, fo nimmt man ben §errn alö ©chulbigen am ^opf.
üfttcfyt nur bie Nachbarn, fonbem auch bie Verbürgten felber fchüfcte
ba$ neue «ftönigSrecht gegen mögliche Verbrechen beö ^>errn. @in jvoeiteö
@efe$ 2Ötft)efmö befagt:1) „Sir wollen, baß alle normannifchen Dienftleute,
bie Un3 in unfer D^etdt) gngfanb gefolgt finb, ober bie fyäter fyieljer über*
ftebclten, überall unter unferm «Schule fter)en. 2Birb ein foldjer erfragen,
fo r)at ber Dtenftherr beffelben 5 Sage 'Sät, ben -JRörber, roenn er e6 »er*
mag, t>or ©ertcfjt ju [teilen. Slmt er Solches nicht, fo muß er an uns bie
9J?orbbuße tton 46 Wart (Silber entrichten, deicht ba$ Vermögen be$ Dtcnft*
fjerrn ntdt)t auS, fo tritt bie £unbertfd)aft, in roeld)er ber 9ftorb erfolgt ift,
für ben $eft ein/' Itoerfennbar betrachtet biefeS ©efe£ ben $erm al$
Urheber beS 9J?orbe3 unb weist barauf tyxx, baß Verbrechen ber befdjriebe*
neu 5(rt ^ciuficj begangen würben. Schlechte ©ebieter, bie irgenb etwas
auf bem ©ewiffen Ratten, fonnten nid)t tterlu'nbern, baß ber ober jener it)rer
Vebienten hinter ben Unratf) fam. Denn wo vermag ein §err feine ger)ei*
men £t)aten »or bem £ua)Sauge beS ©eftnbeS $u verbergen!
Sonft in ber reichSfürftlichen 3eft fcbafften «Solche, bie (Sntbecfung füra>
teten, fta) ben läfttgen Saugen burct; einen Dolchftoß ober ©ift »om $alfe.
§lber ba$ ging unter 2ßtlhelm nicht met)r, fintemalen er ben für flechte
fürchterlichen ©runbfajj aufftellte : ber £err muß entroeber ben TOrber fet^
neS erfchlagenen Vebienten an baS $uftänbige ©ericht abliefern, ober felbft
für ben 5Q?orb einftet)en. 3a) bin überzeugt, baß biefe Verorbnung ber
$rone (Snglanb gleichen duften brachte, ai6 fyeut $u Sage bie Einrichtung
einer foftbaren geheimen $olijei fchaffen mag. 3eber Vafalle, ber auf böfen
2Begen gieng, t)atk ©runb ju fürchten, baß irgenb einer feiner Diener
Slnjeige bei §ofe mache. 9?ur wer allen ©elüften beS Verrats am
nige entfagte, fonnte ftch völliger Sicherheit erfreuen.
Die fragliche Verorbnung fefct offenbar ttorauS, baß ber gemorbete
Diener ftct) auf bem ©ute feines <£>errn, ober gar um beffen $erfon be*
fanb. 5lber wie bann? roenn irgenb ein Dienftmann auf frembem ©runb
unb Voben unb burch frembe 33o6^eit erfragen warb? $uch gegen folche
') Ancient laws @. 211, 9fr. 3.
Viertes f&n$. (Sap. 30. 2)aö lf$te 3afjr 2Bttr;eImö. ©eine Gabler. 657
gälle traf König aßftyelm 95orfe£)r. (Sin brttteS ©efe$l) lautet: „wenn
ein granfe (Normanne) bura) Sftorb fiel, unb bte 33evt>ot)ner ber Rimbert*
fcf>aft ben TOrber nicht innerhalb ad)t Sagen greifen unb vor be3 Königs
©erichte ftellen, fo ^aben fte bte -Üftorbbuße von 47 9D?arf (Silber $u ent*
richten." _ SÜfan fter)t, lefctere Verfügung mad)te, fobalb ber £f)äter nicht an*
gezeigt warb, bte 3nfaffen ber ^unbertfehaften für alle in ihrem Bereiche
begangenen Sßerbredjen verantwortlich, unb nötigte fte, tf)re$ eigenen $or*
tr)eil$ wegen forgfälttg über bie (Sicherheit ber 9ietfenben, namentlich ber
gefaßten normannifchen 3)tenftleute, $u wacr)en.
2lllerbtng3 fthb biefe ©efe£e t)art, aber, auet) gefreit unb nothwenbig.
£>enn ich fer)e nicht ein, wie man anberg ber ©efcjjloftgfeit, m\fy unter bem
Regiment ber ©aufötttge einriß, grünbltch hätte fteuern fönnen. ©ie tru*
gen bte grüßte, welche ein (£f)rontft beS fväteren Mittelalters mit ben
^Borten fdn'lbert : 2) „König 2^tlr)e(m liebte ben Sanbfriebcn über bie
SDkßen, er bürftete nad) bem 93lute' ber Sobtfchläger, 9ftörber unb Räuber,
bereu Verbrechen er unerbtttlid) beftrafte. Unter tt)m ()errfa}te foletje ©icher*
r)ett im Sanbe, baß ein 9JI abaßen mit einem <Sarf voll. ©olbeS unangetaftet
von einem (£nbe be$ Meiches jum anbern reifen fonnte."
(Snbltch brtttenS behaupten einzelne ©chrtftfteller bcS 12., ja t>telleidr)t
fdjon vom (Snbe be$ 11. SafyrfyunbertS, 3ötlt)elm habe entweber felbft um
würbtge ^Bewerber &u getftttchen Remtern erhoben, ober wentgftenö nicht
verr)tnbert, baß folaje bura) Rubere beförbert Horben feien. Drbertch fchretbt:3)
„gewiffe (Slertfer, welche fta) ben Slnfdjem ber Sugenb unb 3Bet6t)ett $u
geben wußten, ftrömten am ^ofe jufammen, warteten bort mit größtem
gleite auf, um fette $frünben §u erf)afchen, unb festen ju biefem 3wetfe
alle fünfte ber Schmeichelet in Bewegung, felbft foldje, bie ihrem Berufe
©cr)anbe machten. Unb leiber erreichten mehrere ihren 3wecf. 233te gür*
ften ihren knappen 6olb für beren £>tenfte befahlen, fo erhielten einzelne
©efdjorene al6 Sohn für ihre Kriecherei au$ ben ^änben von Saien 23iS*
thümer, Abteien, sßrobfteien, Strchibtafonate, £)efanate unb anbere firchliche
Stürben, bie von Rechtswegen nur reinem Sanbel unb grünbltcber 2ötffen*
fdjaft verliehen werben feilten. 2)te bevorzugten (Steriler unb Mönche lei*
fteten bann ben weltlichen gürftett, benen fte ihre Erhebung verbanden,
©egenbtenfte, welche ftet) mit bem 2Befen beS (SleruS gar nicht »ertrugen.
Sttte ergraute siebte würben bura) 2lnbrohung weltlicher ©ewalt in ©chreefen
gefegt, unb ohne Urtf)etl unb $ea)t auS ihren ©tfcen vertrieben. 2)ie 9fttetr)>
linge, bte man an ihrer ©tatt ben Klöftern aufbrängte, waren nicht Mönche,
') Ibid. <S. 206, 9lr. 22. 2) Wharton, Anglia sacra I, 258 Wlitk. 8) 2)u*
ctyeSne ©. 523, c. d.
@ f v q t c v , $a6ft ©tegoriu« vu. 58b. Ui. 42
658
$a6ft ©rcgortuö VII. ttnb (ein Bettalter.
fonbern Sütljericfee unb Scannen. 3« ben «ftloftergemeinben nahmen ftc
eine (Stellung ein, ungefähr wie in ber gäbet bcr 2öoIf jur 6d)aaff)eerbe."
£)rbertd) bringt biefe Sä£c üor, fürs nacfybem er gemelbet fyat, baß
bie Arbeit feinet Vorgängers, beS 2lrd)ibiafonS bon £ifteur, welche er regele
mäßig auSfcfjreibt, nur bis jum Safyre 1072 reiche unb fürber ntdt)t mefyr
bon ir)m benü^t werben fönne. Max ift bat)err baß er obige Sporte nicfyt
einer normannifcben Duelle, fonbern ben Slufjeiajnungen irgenb eines angele
fäcfyftfdjen MöncbS unb §war, nact; bem ganzen £one §u fließen, eines
tton Ü)enen entnahm, bie nacr) bem nortljumbtifcrjen Slufftanb von 1070
maffenweife verjagt worben waren. Dbgletd) biefe Wienern, wie oben
gezeigt worben,1) bie 3ucf)trutf)e, weiche fte traf, im ©anjen wofyl verbtent
Ratten, atmeten fte nichts afö ©ift unb ©alte, unb rächten fta) an Denen,
welche fte für bögartige geinbe gelten, babura% baß fte bereu guten $uf
antafteten. (Bin fötaler gall liegt fyier bor: benn was £>rberict;, frember
6c^mät)fuc^t bienenb, $u Marfte bringt, f)äuft nfcfyt etwa bloS auf beS
Königs «gmupt einen fa^weren Vorwurf, [traft nicbt etwa bloS bie 93er*
ftdjerung Sügen, bie 2öill)elm fo feierlidj auf feinem Sobtenbette gab, baß er
ftetS nur würbige Bewerber beförbert t)abe, fonbern eS würbe aua), wenn
eS wafyr wäre, ein SBerbammungSurtfyetl gegen ben Metropoliten bon (San*
terburr; begrünben.
£>enn wenn £anfranf ruf)ig gefct;er/en lief, baß 9)?ietf)linge wie bie,
bon benen Drbericb fyrict;t, ni#t bloS Abteien, fonbern fogar 23iStf)ümer
einnehmen burften, fo r)at er feine *Pfltdjten gröblich »erlebt. 2)oa) gerabe
in biefem ^auptpunfte Serratien Drbertct;S leibenfc^aftlic^e SBorte felber ir)re
Unlauterfeit. £)a er nämlia) bie ^Beübung braucht, Saien (in ber Mefyr*
$af)l) Ratten 33tStfntmer, Abteien u. f. w. wie (Solb an knappen t>er^
tfyeilt, folgt notfywenbig, baß außer 2öilr/elm, bon bem er nur in einfacher
3af)l reben fonnte, auet; noct; anbere Männer beS «£>ofS über 33iStr)ümer
verfügten. 9?un ift aber bieß eine baare Unwafyrfyett.
$em einziges Seifpiel fommt in ber ®efcbtct)te (SnglanbS jwifdjen
1066—1087 bor, baß QSafallen ©tüljle vergaben, nur ber $önig r)at bie*
feS $ecbt geübt, unb auef) er ntdjt olme (Sdjranfe, beim er mußte borfyer
bie 3uftimmung beS $abfteS ober feines (Stellvertreters, beS (SrjbifcbofS
Sanfran! von ßanterburty, einholen. @twaS anberS behielt eS ftdj aller*
bingS mit Abteien. 2)enn ba manche normannifdje ©roße auf ifjre Soften
Softer gegrünbet Ratten, war eS unbermetblitf), baß fte als Stifter bei ($r*
nennung ber Siebte eingriffen.
SllS 23eleg für feine 33ef)auptung füt)rt £>rberict; jwei 23eiftriele an, bie
ftcr) aber nur auf Slbteten, ntdt)t auf 8iStf)ümer bejiefjen. ($r felbft läßt alfo,
>) @. 440 flg.
SSterteS 93u$. (5a£. 30. 2)a3 lefcte 3djr 2ÖtU)eImg. ©eine Gabler. 659
rote man fter)t, pfüfcfjvoetgcnb bte Anflage auf unroürbtge 23efe£ung oon
Stühlen fallen, ©inen ber beiben Vorgänge, bte er r)erbetstef)t, fennen
roir aus anbem, mtnber oerbäaVtgen Duellen,1) td) roerbe bafjer btefe reben
Iaffen. 9cadjbem bte Abtei ©laftonburV) bura) ben $ob be3 AbtS @gelnotr),
ber au$ fäa^ftfc^em 33lute ftammte, erlebtgt Horben, »erltel) ber ^ö'nig bte*
felbe 1082 an ben Normannen Surftan, bisherigen Wonfy im Softer
$u (Saen.
2)te angelfftd)ftfaje ©emetttbe r)af te ben neuen 9ßotfter)er »Ott oorntjeretn
bop!pelt, als einen @tnbrtngltitg unb als einen Normannen, unb balb famen
nocr) befonbere ©rünbe ber Uusufrtebenfyett fyinsu. Ü)aS Softer roar »er*
armt, roeil ber Jlöntg naa) ber Eroberung manche ©tiftSgüter eingesogen
unb an Solbaten »erliefen !)atte. Um ju fyaren, fc^mälerte Surftan
ben SBrobforb: baS rourmte ben Wonfyen unb laut murrten fte über bie
Äargtyeit beS AbtS. Surften tafUk auct; nocf; anbere ©evt>ol)nr)etten feiner
angelfäc^ftfc^en §eerbe an. 3n gefamp brüben tyatte ber normannifc^e
9J?öna) 2Ötlr)elm einen neuen jtloftergefang erfunben, ber »tel Beifall er*
r)telt unb in mannen Softem beS geftlanbeS bie alte @regortanifd)e Steife
beS ©efangS oerbrängte. Aua) bem Abte Surften gefiel ber neue ©efang
beffer unb er befahl bat)er feinen SBenebtfttttern, benfelben ansunerjmen, unb
ben ©regortamfajen, an ben fte geroöljnt waren, aufzugeben.
2)tejj brachte bie lättgft fetmenbe ©iifyrung §um AttSbrudj. (StneS SagS
fünbtgten fte bem Abte förmlta) ben ©eljorfam auf, inbem fte irjtn erflärten,
bap jte fortfahren roürben §u fingen, roie man im Softer fett alter 3>tit
gefungen r)abe, unb nta^t rote er es ttyranntfcr; »erlange. 3)od) ber Abt
ließ ftcf) nia)t einflüstern, fonbern bot feine StiftSfolbaten auf. 9cun »et*
fa)an§ten fta) bie roiberfyenfttgen Wontye in ber $tra)e unb »errammelten
bie Styore. Aber (entere rourben mit ©eroalt gefyrengt, unb im ($f)or ent*
ftano ein förmlidjet Äampf. £)ie SOtönd^e fd)tugen mit hänfen unb £eua>
tern bretn, bie Solbaten sogen »om £eber; baS (Sttbe roar, bag sroet
9ftönd)e baS Seben oerloren, oterjeljn f^roere 2ßunben ba^ontrugen, aud)
»on ben Solbaten rourben mehrere oerle$t. 5116 ber .Äöntg »on btefett
Auftritten ^unbe erhielt, fd)idte et ben Abt in fein itlofter nacb Säen
jurücf, bie Sftöndje aber lief er greifen unb jur Gmtferferung in oerfdjtebene
englifa^e Softer »erteilen.
2)tef ift baS ^atfäa)lt^e. Auf roeffen Seite liegt bie €a)ulb? 3a)
benfe auf Seiten ber 9ttimd)e: fte r)aben grc* gefehlt. SBo^xn mü^te eS mit
flöfterltct)er 2>vifyt fommen, roenn 9Äöna)e fta) ^erauSneljmen bürften, intern
l) Chronic, saxonic. ed. Gibson <S. 184. Flores histor. <&. 640 unten flg. ferner
aOBt^elm »on 2Walme06ur^ <Sai?ile <S. 254 gegen unten unb ©ale III, 330 passim, 331
unten flg.
42*
660
$abfl ©regomtg VII. unb [ein 3ettalter.
Abte ben ®«|orfam aufeufünbtgen. £)l)ne grage ftcr)t bem Abte baS 9*ect;t
beS SBcfehlS §u, unb wenn er gebeut, baf? ftatt ber ©regortantfehen Seife
bte normanmfehe angeftimmt werben folle, fo werben gewtffenr)afte Mönche
normanntfeb fingen. 3)emt bie SBorauöfetjung gilt, baf er ntc^t or)ne ©runb
fo etwas anorbne, wäre e$ auch nur, um ben ftarren 9cacfen wtberfyenftt*
ger $Iofterbrüber unter bte Siegel beö ®ef)orfam0 §u beugen. $)er Zottig
r)at ben Abt beftraft, vermutf)ltd) Weil er glaubte, ba£ Surften ntd)t gleich
511m 5teuf erften hätte fc^retten follen. Aber (Srgbifcbof £anfranf fyelt le^te*
reit für unfcf)ulbtg, benn in einem fetner Briefe1) ergreift er unverfennbar
*Partr)et für £urftan unb tröftet if)n, baf? er sulcljt Ofecht ftnbcn werbe.
3n ber %v)at tft S'urftan nach St(f)elm6 be$ Eroberers £obe — unb fteber*
lief) titelt ol)ne SanfranfS 3utf)un — wieber in bie Abtei etngefe£t worben.
9J?etne6 ^raebtenö fyat baö „9?tchtfchulbtg/;, von einem tarnte wie Sanfranf
ausgebrochen, unenblich mer)r ©ewiebt, aI6 bte Auflagen von r)unbert tut*
befannten angelfäa)ftfc^en 9Jcönd)en, bie noct) baju in eigener 6ad)e richten.
5>er swette von £)rberia) erwähnte gall betrifft ben normanntfehen
SJ?önd) ©utmunb, unb' bjtertn ift £)rbertd) ber einige vorfyanbene 3cu9e-
(£r erzählt2) golgenbeS: „^ö'ttig Silhelm hatte von bem tugenbfjaften San*
bei beS 9J?önch$ ©utmunb gehört, ber im normannifchen Softer §um
ligen Seutfrteb lebte, er lub tlm $u ftdj nach (Snglanb ein unb bot il)m
eine t)ot)c ^irchenwürbe an. ©utmunb wies jebodj baS Anerbieten jurücf."
Aus btefem Anlaffe legt tf)m Drberta) eine lange 9lebe in ben Sfliunb,
beren fur§er 3nr)alt etwa biefer tft: „ich bin §u alt, um Anbere §n lenfen,
währenb ia) mich faum felbft auf ber 23af)n beS feiles feft §u galten ver*
mag, auch fenne td) Weber bie (Sitten, noch bte ©vracbe ber ©etftlichen
btefeS £anbe£, beren SBrüber, SBäter, greunbe 3fyr mit bem Schwerte er*
f ablagen, ober verjagt, ober m8 ©efängntfj geworfen unb ir)rer ©üter be*
raubt r)abt. 2)te fyeütge Schrift bulbet nicf)t, baf einem SBolfe Birten mit
©ewalt aufgenötigt werben. An bem D^aube, ben 3fyr unter greulichem
^Blutvergießen ben Angetfachfen entrtffet, barf ein treuer Liener beS $errn,
ber gefcfyworen l)at, ber Seit §u entfagen, unb aus Siebe §u ©Ott ba6
eigene ©ut ^tn§ugeben, nimmermehr ftdr) betl)etltgen. 2)a6 ©efe^ verbietet
bem *ßrtefter, ^Beute an§unel)men, felbft wenn fte auf ben Altar gelegt
Wirb. 2)enn e6 fielet gefebrteben: wer baö (Sfgentl)um beS Armen opfert,
tr)ut nicht beffer, al3 wenn er ben @ol)n im Angeft ebt ber Altern erwürgte.
Senn ich erwäge, wa$ %\tx vorging, erfchetnt mir btefeS gan^e C^eia) wte
ein Sanb beö glucheS, unb ich fürchte mta), bie von (Sud) jufammengehäuften
6chafee ju berühren, alö loberte höüifcheö geuer in benfelben/y u. f. w.
„£)hne Vorwurf/' fät>rt Drberich fort, „ließ ber ^önig ben füljnen
l) Epist. 53. Opp. ©. 327. 2) Qutytet @. 524 flg.
#ievteg Surf). (£<tp. 30. 3)aö lefcte Satyr SBBiUjelmS. (Seine Gabler. 661
(Sprecher auSreben unb ertfjeilte il)tn Urlaub, im grieben naa) feinem
Softer 3urücfsufe()ren. 23alb verbreiteten ftd) ©entarte, baß ber 9J?önä)
©utmunb bie Eroberung EnglanbS für ein 93erbrea)en, bie normannifa)en
Elerifer, rocla)e in Englanb or)ne Einwilligung ber Eingeborenen 23i3tr)ü*
mer unb Wkkien aus SSSil^elmö ^ä'nben annahmen, für 9flitfa)ulbige be$
$aubö erHärt fjabe." 5Me geinbe be$ Königs triumvf)trten, aber feine
2(nf)änger Verden bem 2J?öna)e nia)t. 3n3gef)etm verfolgt, oerlief ©ut*
munb bie 9?ormanbte unb ging erft naa) 9?om , fväter naa) foulten ju ben
borttgen Normannen. Er foll, laut ber $erfia)erung £>rberia)6, jum Erj*
bifa)ofe von Slverfa erhoben roorben, unb r)oa)betagt al6 ein ^eiliger ge*
ftorben fein. Sparen bie Sucbfe von Julien beffer, als ber Sb'roe 5tlbion$?
ober beruhten bie l (einen 9^etcr)e, bie jene bort gegrünbet, auf einem anberen
$ea)te, als bem beS 6a)roerte3 ?
3a) will nta)t in 5lbrebe §ief)en, baß — bie bua)ftäblia)e 2Öaf)rl)eit
be6 von £>rberta) erftatteten 23eria)tS vorauSgefe^t — ©utmunb e$ eljrlia)
meinte. 2lber für weife fann id) feine 9iebe nia)t galten, er fpria)t meines
Eraa)ten6 nta)t wie ein vernünftiger Sflamt, ber bie SÖBclt fennt, fonbern
wie ein ibealiftifa)er Träumer. 2)cr jtlofterbruber vom I). Seutfrteb miß*
billigte bie Eroberung EnglanbS. ©ut! 2lber wenn 2öilf)elm nia)t über ben
itanal l)inüberjog, nia)t bei §afttng$ ftegte, würbe baS angelfäa)ftfa)e Eng?
lanb unfehlbar von (Stufe §u (Stufe weiter verfunf en , roürbe ber ffanoma*
vifa)e Horben in bie ©reuel £)btnS unb beS (SeeraubS §urücfgefallen fein,
ftatt baß jener 3«9 ^tne ßufunft voll $ur)m£ unb c^rtftlicfeer ©eftttung
anbahnte.
Eine neue ©eburt war e6, was ber Normanne in Sllbion fa)uf.
(Solare Entwicklungen foften ftetS SBIut unb $f)ränen, allein ber vorüber*
gefyenbe Sa)mer§ wirb bura) bauernbe $rüd)te aufgewogen. 3nbem bie
Sefyre, wela)e ©utmunb aufftellt, ben ©utgeftnnten e$ unterfagt, felbft in
außerorbentlia)en Sailen, verborbene 3uftänbe ge roaltf am abjuänbern, ver*
lunbert jte nur bem (Scheine naa) Umwälzungen, in ber Zfyat gibt fte bie
SBelt für immer ben (gebleuten $retS, beim biefe belümmem fta) überall
ma)t$ um bie 93orfd)riften beS a)rtftlta)en ©laubenS. 233ie hätten bie angel*
fäa)ftfa)en ©aufönige, benen 2Ml>elm naa)r)er baS ©a)wert auf bie SBruft
fefcte, in bie gauft gelabt, wenn ber Normanne fta) bura) Einreben, roie
bie ©utmunbS, von bem SBorrjaben, Englanb §u erobern, abbringen lief!
Sie würben fte befyaglia) tf>r attcS Siefen fortgetrieben fjaben!
3a) glaube, ©utmunbS £efjre unterliegt nod) einem anberen gewia)tt*
geren Vorwurfe: fte ftö'ßt bie mittelalterlia)en begriffe von sJtea)tmäßigfett
(Legitimität) um. £atte nta)t ber Slvoftelfürft buro) feine (Stellvertreter
5l(eranber IL unb ©regor VII. bem Normannen, efje berfelbe naa) Eng*
lanb überfefcte, baö S3anner ber römifa)en ^ira)e überfenbet unb in Äraft
662
*Paf>ft ©regoriuö VII. unb fein 3ettalter.
biefeS ©tnnbilbö bie (Eroberung gebilligt! 2Ba3 aber bte Äirct)e gutbeißt,
ba$ war unb ift [egittnt > unb am allerwenigften ftel)t es einem (Slerifer §u,
ben ÜÖtonb bagegen aufjutfymt.
3m Uebrigen erhellt au6 £)rbertd)ö (S^ä^lung, baß Äönig 2Btlt)elm
überall fähige (Slerifer auffucfyte, um leiten t)öt)ere Äirct)enwürbett anjutter*
trauen. 9cod) anbere Söeweife für biefe £l)atfad)e liegen oor. SCftabtllon
l)at einen 23rief be$ (Eroberers an ben 2lbt Sodann ö4>n gefamp-unb baS
2lntwortfcf>retben beS SlbtS oeröffentlia)t. f) 23eibe jeigen erftlid), baß Stt*
t)elm, wenn er irgenb tton einem tücbttgen 9Jcönct)e fyörte, benfelben für ben
engltfd)en Ätrcbenbtenft ju gewinnen fud)te; zweitens baß er £eute, bte er
in fo(a)er Sßeife fyerbeijog, ntdjt ol)ne 3ufttmmung M (Sr§bifa)of6 Sanfranf
unb nur naa) 2lnl)örung feiner ©roßen ober beS (Etaat6ratl)$ wirflict) an*
(teilte; brtttenö baß bie Siebte ber betreffenben Softer burct) baö foniglict)e
Verfahren in Verlegenheit gerieten. 2)enn fte fürchteten , 2öül)elm werbe
il)nen §ule£t alle tauglichen 9Jcönd)e entführen, unb nur ben 33obenfa|
übrig laffen.
2ßarum finb große Surften in ber Siegel trefflid), fd)wact)e meift fct)lect)t
bebient? 3)eßf)alb, weil jene it)re 2öerfyeuge felbft auswählen, wät)renb
unter unfähigen Regenten bie ©ewalt in bie £änbe @old)er gelangt, bie
ftct) entweber felber ttoranbrängen, ober burct) fetbftfüct)tige ©unft unb Ver*
fippung Slnberer, bie bereite größere Slemter inne l)aben, emporgetragen
werben. ^Bewerber ber 5lrt taugen nict)t3. 2)ie 9ied)tfd)affencn bagegen, bie
bem ©emeinwefen nützen fönnten, finb ben §öfen fern unb fernlagen feine
frumme Stßege ein, um 23cförberung ju erfct)leict)cn, man muß fte mit ber
Laterne be3 Diogeneö fuct)en. Diefe Sateme serftanb ber Normanne Sil*
tjelm anjuwenben. £at er niebt Sanfranf, 5lnfelm unb fo siele 5lnbere unter
Saufenbetf l)erau3gefunbett?
2)te Vorwürfe, welche mau gewöhnlich gegen 2Öilf)elm tton 9?ouen
ergebt, fallen, wie man ftet)t, in fid) jufammen. 2)ie Verbienfte, welcbe
er fiel) um (Snglanb erwarb, finb oben gewürbigt worben. 9iod> ift nötl)ig,
baß wir nactjWetfen, was it)m gemeine (St)rtftenl)eit tterbanft.
Sänger als §wet 3al)rl)unberte t)at ber ffanbinaotfct)e Horben unauS*
gefegt unb fct)Wcr bie erblül)enbe ©eftttung be$ ct)riftlia)en SlbenblanbeS be*
brof)t. 3)er große granle (£arl fal) oor feinem £obe ooll ©ct)merj oorauS,
was bortt)er. fommen würbe. DbinSbienft unb (Seeraub war ba$ £ofung3*
wort ber 2öiftnger, (Snglanbö @ct)wäd)e unb $eid)tt)um ba£ Del, welches
ben ©reuel im ©ange erhielt. Vielem ift in 'Dänemarf, @ct)weben, unb
befonberS in Norwegen gcfd)el)en, um bem Hebel §u fteuern, aber erft
2öül)elm£ gewaltiger Slrm fd)loß, unb jwar für immer, ben Slbgrunb. ©ett
l) Annales ordin. S. Bened. V, 22 unten flg.
SSierteö 93uc$. (§.ap. 30. 5)aS lefcte 3atyr ©ilfjelm^. (Sein 3?uf)m. 663
1085 ftnb Feine Ofaubflotten von SBtftnßern mer)r gegen (Snglanb, fte ftnb
iiberfjau^t ntcf>t mef)r ausgelaufen. 2)te golge bavon war greifyett unb
6tcf)erf)ett bcS DjeanS unb Aufblühen beS 2BelthanbelS.
3a) ftette einen 3euA>m. At>am von Bremen beenbtgt feine SBefchrei*
bung ber Sättber beS Horbens mit ben Korten:1) „ftef)e, jenes wilbe ©e^
fd)Iea}t ber Normannen, Dänen, ©Sweben, baS etnft laut bem AuSfprud)e
beS fettgen ^abfteS ©regortttS I. nidUS als 9J?orb fd)uaubte, fyat jer^t
gelernt, ^aüelujal) $um £obe ©otteS §u fingen. (5tel)e, jenes *Kaubvolf,
baS etnft ganje $rovin$en beS djriftltchen AbenblanbeS »err)eerte , ift jefct
jufrteben mit feinen ©rängen unb fprtd)t mit bem Apoftel G£>ebr. 13, 14):
wir l)aben l)ier feine bleibenbe (Stätte, fonbern bte jufünftige Juanen wir,
unb (*Pf. 27, 13): wir glauben, baß wir flauen werben bie ©üter beS
£erm im £anbe ber £ebenbigen. <Siel)e, jenes furchtbare Sanb, baS früher
utuugängltcf) mar wegen beS @ö$enbtenfteS, nimmt jefct, naa)bem bte ehe*
malige SOButt) gewichen, bte 6enbboten ber cr/riftltcr)en 2Baf)rl)ett willig auf
unb anstatt ber Altäre £)t>inS werben Kirchen überall erbaut" u. f. w.
Abam meint, (jauptfä^lia) burd) baS 93erbtenft beS t)til AnSfariuS
unb feiner Nachfolger auf bem (Sr^ftuhle von ^amburg^remen fei baS
große 2Berf glütfltd) vollbracht worben. Allein ber le£te Sßerfud), ben
$ömg Äanut III. jehn bis §wölf 3af)re, nac£>bem Abam fein 2Berf fd)loß,
gemalt hat, um bte Eroberung feiner Vorgänger, 6wenS I. unb $anutS L,
jtt erneuern, lieferte ben 23ewetS, baß baS Abenblanb bte enbltche SBefeftt*
gung ber *Kuhe im Horben vor§ugSweife bem Normannen 2ßtlr)elm ver*
banft. 2Betl er eine allen Stürmen tro#enbc §errfa)aft in ^Britannien
grünbete, unb eine JlrtegSmacht hinterließ, welche tm €>tanbe gewefen wäre,
bte <Sct)aaren DänemarfS, Norwegens unb ©djwebenS inSgefammt §u ser*
malmen, wagten bte Röntge beS DcorbenS feine *Raubfrtege mer)r.
3u Ausrottung beS f (einen (SeeraubS wanbte. 2Bilr;elm ber 33aftarb
biefelben Littel an, bie td) oben in Dänemarf unb Norwegen nachwies.
3Bett (Elfter eine etgenthümlidje (Einrichtung ^atte, ober weil btefc *ßrovtn$
eine Art von (Srbfürftenthum war, ftettt2) baS DomeSbatyboof ber 93efchret*
bung beS SanbeS einen Ueberblid ber bort geltenben ©efe£e voran. Beamte
beS Königs wie beS ©rafen £ugo von AvrancheS befanben ftcr) in Stabt
unb £anb. 2Bemt einer berfelben ftch eines Verbrechens fdmlbtg mad)te,
jahlte er baS Doppelte berjentgen 23uße, welche gewöhnliche Bürger im
gleichen gatte §u entrichten hatten. 2ßer D^aub ober 9)torb beging, beffen
ganjeS ©igenthum verfiel ber itrone unb er felbft warb utlag, b. r)-
vogelfret ober friebloS erflärt.
2)aS gleite Stecht übte $ugo bezüglich feiner Sehenleute. Aber nur
*) $evfc Vn/387 unUn fl^. 2) Someebai^oof I, 262, brüte ©palte.
664
^afcfi ©rcgoriuö VII. unb fein Bettalter.
mit beg Königs (Mau&nif tonnte ein Utlag lieber in ben grteben einge*
fe|t werben. 2)urd)bad)t ift Untere Vefttmmung, fte fyinberte ben ©rafen,
jutn ÜBerrättyer an ber Mxcrxt ju werben. 9cur im 35unbe mit feinen Va*
fallen l)ätte ftdt) ,£)ugo auflehnen föttnen. £lber bie Wlafy, welche ber
Äöntg befaß, über folaje, bte feinen Verbackt erregten, bie furchtbare
©träfe ber 2tcf;t §u »errängen, mußte bie Vertrauten <§mgo'$ von ber
£l)eilnal)me an verbred)ertfd)en platten abfd)recfen. ©id)erlta) fyaben 5lr*
gu6augen im 3)tenfte 2BtÜ)elmö jebe verbäd)tige ^Bewegung «£mgo'6 unb fei*
ner 2ltü)änger überwacht.
Detter heißt e3 in ber betreffettben ©teile be3 £)ome3batyboof£ : „läuft
ein ©a)iff ol)ne (Srlaubmß be$ Königs in ben <£>afen von @r;efter ein,
ober »erläßt benfeiben ot)ne biefelbe ©rlaubniß, fo begießt ber jtönig unb
ber ©raf von jeber *ßerfon an 23orb 40 ©cbtllütge 93ußgelb. Sanbet ein
©cf/iff wiber ben grteben beS fi&tfgti unb entgegen beffen Verbot, fo ift
triebt bloS bie gan§e Sftannfdjaft, fonbern auet) bie Sabung bem Könige unb
bem ©rafen verfallen. 2öenn ein ©d)tff mit beö Königs (Srlaubniß an*
fommt, barf bie 9J?annfa)aft frei ^anbel treiben, aber vor ber 5lbfar)rt
müffen von jeber Sonne ber £abung vier Pfenninge 3oll bejaht werben."
9ctct;t $u bezweifeln ift, baß bie nämlichen @efe£e für ba6 gan^e $etcr)
galten, mit anbem Korten, baß in feinem §afen Qntglanbö ©ctyiffe of)tte
be$ ^önigö (5'rlaubtüß ein* ober auslaufen burften. 2Barum anberö aber
werben biefelben urfprünglid) erlaffen worben fein, alö um von ben ©a)tf>
fern 23ürgfct)aft §u forbern, baß fte feinen ©eeraub treiben, ober wenn fol*
djeS gefabelt, um fte §ur wol)lverbtenten ©träfe ju jieljen. 3a) r)abe an
einem anbem £)rte gezeigt,1) baß genau ju btefem 3wetfe 3)änemarf unb
Norwegen äl;nlid) lautenbe @efe<3e empfingen.
2)er grtebe beS 9J?eereö, bie Ausrottung beö ©eerattbS fam in erfter
Sinte ber beutfdjen ©a)tfffat)rt §u ®ut. ©ett ber zweiten «£>älfte beS 11. Satyr*
tyunbertS begann oie wunberbare Wlafyt ber beutfajen «£>anfe aufzublühen.
£>a nun ol;ne grage bie ^iretye eS war, welcbe anbertfyalb 3at)rr)unberte
lang unermeßliche §lnftrengungen machte, um baS Ungeheuer beS Horbens
nteberpringen unb auch unter 2ßtll)e(m bem Eroberer btefen 3tt>ecf erreicht
hat, fo folgt, baß bie Anbahnung T>eS 2BeItl)anbelS unb bie Saufenbett er*
öffnete 9)? ö glich fett, bura) ehrlichen ©ewerbfleiß SBrob unb 9feta)tl)ümer $u
erringen, eine ber vielen 2Öofyltl)aten ift, welche bie $ird)e ben Völfern er*
WteS. Wlaw muß 2)aS, was jwtfdjen 930 unb 1067 im Horben vorging,
als ein großes Drama betrachten, baS in mehrere Afte verfällt, in welcben
.neben einzelnen außerorbentliajen Männern 9ieia)e, wie (Snglanb, 9corwe*
») Sanb II, 640 flg.
93ierte3 33ud>. Gap. 30. £>a« Iefete 3af;r 9BiU)elm$. Sein 0?uf)m. 665
gen , Dänemarf, bte galltfche 9Jormanbte Hauptrollen, Schieben, 9htß lanb
untergeorbnete Sollen übernahmen.
Den erften 2lft btlben bte jtraftäußerungen, roelche entroicfelt rourben,
um ben Sof)n £aralb$ beS Schöngelocften, £afon ben ©uten, nact) (Sng*
lanb ju beförbem, if)m bort eine a^rtftltdje (Srjtehung ju geben, unb tfyn
bann in Stanb ju fe£en, baß er, alö «ftönig fyetmgefefyrt, fein SSaterlanb
für ben fatI)oltfa)en ©tauben gewinne. 3ur 3e^/ *>a «&afon ben erften
93erfuch $u 33efef)rung 9?orroegenS macbte, lebte unb arbeitete bereits in
(Snglanb Dunftan, ber unvergleichliche 33enebiftiner , aber noct) nicht alö
Regent. Den jroetten 2lft füllt bte ©cfchtchte fetner ftaatSmänntfchen 9&uh
famfett unb 5llleS DaS au$, roaö Dunftan tfeat, um ben 9J(tßbräuchen an*
gelfächftfcher 5lbelöl)errfc£)aft ju fteuern, bte Gräfte bcS Staate ju concen*
triren, r)ieburd) baS Sanb bem norbifa^en 9faubfchtff unzugänglich §u machen,
unb im ©egcntrjetl »om brtttifcben 93oben aus bie begonnene ^Belehrung
beS Horbens fortjufefcen.
(Snglanb »erfanf nach DunftanS $obe in 2krrotrrung unb Schanbe.
2ltleS, roaS ber große 9J?ann gerotrft, faxten verloren, aber Ueberlebenbe,
bie gleiten Sinnes mit tfym roaren, erlahmten nicht unb fingen baS 2Berf
tton ttorne an: fo entroicfelte fxa) ber brttte 9lft. Abermals oon (Snglanb
auS roirb Olaf $n;groefon als Solbat ber Jtirche naa) Sftorroegen gefe^irft
unb mit ben nötigen Schäden auSgerüftet, bamit er jene Verbrachen
bauen fönne, roelche bem Seeraube ber SBtfinger unb bem ObtnSbtenfte
ben SobeSftoß t>erfe£cn follten. 5lua) Olaf Srtygroefon unterlag, obroofyl
glorreich.
2ln feine Stelle trat im vierten 5lft ber anbere Olaf, $aralbS Sohn,
ber ben tarnen beS ^eiligen erroarb. Derfelbe rotrfte gleich feinem 93or*
ganger, aber mit fta^tlia) größerem Erfolg: als er ftarb, roar ber Steg beS
^riftent^umö im Horben entfebieben. SBetbe Olafe l)aben tr)re Sreue gegen
3efum Sl)rtftum bureb Opfertob beftegelt unb burch ihr 55(ut bte Sd)ulb
beS Stammes, bem jte nach bem gleifa)e angehörten, gcfürjnt.
($tn ßvotfehenaft erfolgte. 9laa) bem $obe SrtygroefonS Ratten ftet)
bte bäntfa^en Jtntytltnger, $ater unb Solm, Srocn I. unb ^anut I. (Sng*
lanbS bemächtigt. Wart fann nicht fagen, baß bte Kirche aua) nur cnU
fernt bie jfrttytltnger Könige auf ähnliche 2lrt begünftigte, rote fte nachher
ben Normannen Wilhelm unterftüfct fyat. Sie tf)at roof)l baran, folcbeS ju
unterlaffen. 2)enn eine Doppelfrone (Sngfanb unb Dänemarf vermochte
rool)l für ben 5lugenblicf ben fchlimmften 5luSbrüa)en ber JRaubluft (£inr)alt
ju thun, aber ma)t roar fte im Staube, eine bauernbe politifc^e Orbnung
tnS Seben au rufen, ©letc^roohl benü^te bte Stirbt pflichtgemäß baS dnU
gegenfommen ^anutS L, ber für große 3been (Smpfänglichfeit befaß.
Unter ihrer ^itroirfung erließ ber Däne jene fräftigen ©efefce rotber
666
<Jkbfi (ShegoriuS VII. unb fein 3ettalter.
Seeraub, welct)e man als erfte ©runblage beS chrtftlicr)en SeercchtS betraaV
ten muß, benn nicht tu Katalonien , nicht in Vatcelloua, noch überhaupt
im 9D?ittelmeer, fonbern in ben baltifa)en ©ewäffern ift baS (£onfulat beS
TOeereö geboren worben. Unter ÄanutS Nachfolgern verfielen bte guten
(£tnrichtungcn, weld)e er fc^uf , unb in ben Sagen beS legten Singelfachfen
(Sbwarb ftreefte baS ^etchSfürftentfmm, bie £egemutter aller ©reuel ber
Piraterie, freier als je fein £aupt empor. (Sine cbriftltcr)e ©runblage war
jwar im ganzen Horben gewonnen, allein je£t mußte man ein fefteS ©e*
wölbe über fte bauen.
2)cr fünfte §lft, sugletct) Schlußaft beS ©an$en, begann. Von wet*
tem l)er finb Vorbereitungen für benfelben getroffen. 3a) begreife herunter
2-llleS, was fett ber 9ftttte beS 10. 3ar/rhunbertS gefa)af), um bcm tarnen
Vtgot, ber urfprüngltct) ein Schimpfwort war, bie früher nachgewtefene
Vebeutung §u tterfchaffen. £)er Vaftarb fcon $ouen ift für feinen Ijofyen
Veruf l)erangebi(bet. 9?unmet)r treten bie Teitenben 3been, welche btSr)er
in ber Stille gewirft, offen tjerttor, unb auct) bie «£>äupter, welche ben ©e*
banfen üolfftrecfen, verbergen il)re SÖtrffamfeit nta)t mehr.
©in $abft überfenbet beut Normannen Cßetri Banner, naa^bem 2ßtl*
heim ttorf)er etbltd) angelobt l)at, §um SGBofyle NeuftrtenS bie engltfctje Ärone
tton ber normannifcben $n trennen unb auf ber eroberten Snfel baS neue
Mixfytn* unb Staatsrecht einzuführen. 5ln ber Spt$e fcon 60,000 Streik
tcrn, bie größtenteils burct) baS prwort ber $trcr)e um üjn gefammelt
worben ftnb, fegelt ber Vaftarb son Kotten hinüber, gewinnt Siege über
Siege, jüdt^tt^t bie Uebeltt)äter, löst fein SSort, grünbet ben blül)enbften
Staat ber 2Belt unb befefttgt für immer bie chrtftliche ©eftttung beS Horbens.
2)er 3ufammenr)ang vieler in einanber greifenber ©lieber, ben ich eben
entwicfelte, ift fein erträumter, fonbern ein wefenfyafter, thatfäcbltcber. Nun
fpringt in bte 5lugen, baß $lane, ju bereu Ausführung fo lange 3t\t unb
boct) jugletcb foldje (Einheit beS ©ebanfenS erforbert wirb, nietet tton (Situ
3elnfter)enbcn entworfen, nta)t tton ihnen t>erwtrflia}t werben mögen. Son*
bern bte Vermutung brängt fid) auf, baß fykx eine ©efellfchaft, eine ge*
fchloffene Slnftalt ober ein (StwaS eingriff, baS ein getftooller 9!ttann, ber
»tele fpantfehe jllöfter bereist t)atf mit bem Sporte „ewiger Sflenfch" bc*
jetebnete, weil an bte Stelle jebeS ©eftorbenen fofort ein 2lnberer tritt, ber
ben gleichen ©eift hat, ebenfo fprtcht unb hanbelt wie ber Vorgänger, alfo
baß man faum einen SOSechfel tterfyürt. 3n ber Zfyat »erhält ftch bie
Sache fo: obigeS Drama ift baS SÖßerf beS (£(ugniacenfer Vereins. 2)te|er
hat jene ©ebanfen ausgebrütet unb unabläfftg auf ihre Vollftrecfung t)hu
gearbeitet.
Nicht lange, ehe $afon ber ©ute nach (Snglanb fam unb bie Sauf*
bahn 2)unftanS begann, entftanb in (Slugnty'S dauern ber Drben, ber nod)
93tevteö 93ud;. (5a*)- 30. JDaö (efcte 3af)v SßityetmS. ©ein Otufjm. 667
im Saufe beS 10. 3af)tf)unbert£ ber Stufte auf crorbentltcf>e X>ienfte leiftete,
unb im 11. feinen Angehörigen unb ©timmführer ,£>tlbebranb erft jutn
ßarbtnalat beförberle, bann unter bem tarnen ©rcgorS VII. auf *petri
©tuf)l emporhob. 2)er £)rben trieb fogleich Slbfenfer naa) (Snglanb, 2)un*
ftan ftanb1) in enger 2krbinbung mit ihm unb ^at auS (Slugnty'S SBorn
gefcf)öpft. £)erfelbe Drbcn war eS, ber bie Umprägung beS Begriffs 23t*
got bürdete. S3ünbtg fann, wie ich oben im Saufe ber (Stählung seigre,
bie verborgene ober offene SBirffamfett ber ßlugmacenfer in ber 93urg ju
9iouen, in ber 9?ormanbte, wie in ben umliegenben *Provin$en nadjgewiefen
werben. 9lachbem ^öntg jtanut I. bie ©efe£e rotber ©eeraub erlaffen
hatte, fegten bie ßlugniacenfer bura) eine beutliche ^anblung an ben Hag,
baß ber Ü)äne in ihrem Dienfte arbeitete, mit anbern Sorten, baß ber
©ebanfe, ben er ju verwirflichen ftrebte, ber irrige war.
©eil 1030 ging2) von (Slugm; ber 33crfucf) auS, erft allgemeinen Sanb*
frieben, bann ben fogenannten ©otteSfrieben in ben 9?etd?en beS geftlanbeS
einzuführen. 2)aS was $anut I. unb 2Btlf)elm I. bura) ftrenge ©efefce
auf bem Speere ergangen, unb was bie (Slugniacenfer unb ir>re greunbe
auf bem Sanbe anorbneten, unterfa)teb fia) nur bem £)rte nach. 2)ie treuga
ift ber ©otteSfriebc auf bem geftlanbe, ÄanuiS unb SBilhelmS 23erorbnun*
gen fa^ufen ben ©otteSfrieben auf bem £)§ean. (£nbltdj) gefleht3) §ilbe*
branb unverholen ein, baß er als $abft dasjenige inS 2Berf fejje, wofür
bie (Slugniaccnfer feit ©rünbung ihres £)rbenS tl)ätig geroefen feien, unb
baß er beßfjalb in Willem ihren Söeiftanb erwarte. - (Sin weltlicher ©efjülfe
£tlbebranbS aber war ber Normanne 233ilt)elm. SBetbe ^aben, ber eine als
(Statthalter $etri, ber anbere als ©olbat beS Slpoftelfürften , bie $lane
, von ßlugnty verwirflicht.
3)ie Seltgefchia^te bietet meines (SracfctenS fein jwetteS 23eifpiel von
einem Unternehmen, baS feinem 3wecfe nach gleich ebel, in ber Ausführung
gleich fcbwtertg gewefen unb für baS ein gleiches fSfafl von AuSbauer,
©charfftnn unb opferwilliger Eingebung entfaltet worben wäre, als bie
chriftliche Umgeftaltung beS Horbens. 3a) glaube, auf fte bie berühmten
2ßorte Virgils anwenben §u bürfen:
Summae molis erat borealem condere gentem.
3ugletch fteht man je$t, baß eS unmöglich ift, bie ©efchichte beS (£r*
obererS abgefonbert von ben ©efehiefen ber norbifetpen deiche (Snglanb, 9lor*
wegen, Mnemarf, ©chweben, $ußlanb, — unmöglich ferner, bie ©efchichte
biefer Scinber jufammen anberS als von bem Mtttelpunfte ber ftrchltchen
Einheit aus $u fchilbern. Ü)aS Mittelalter würbe noch mehr als baS l;eu*
l) ©frärer, Stixä). ©efch- IE, 1611 u. 1620. 2) (Sbenbaf. IV, 302 flg. 368 flg.
3) S3anb II, 428 flg.
668 $afcft ©regoriuö VU. unb fein QtitalUx.
tige (Suropa bura) 3been bef)errfd)t unb in Bewegung gefefct, btefe leiten*
ben 3been aber ftrömten bamalS von ber Mixfyt au£. 2)af)er fommt e$
auch, baß bte Bearbeitungen ber £f)aten beS (Eroberers, welche in neuerer
Seit (Snglänber, gran§ofen unb 2)eutfa)e verfugten, barum weil U)re 33er*
faffer von ber Siixdjc abfallt, ungenügenb unb mangelhaft ftnb, ja sunt
£l;etl — wie namentlich bte von Deutfchen unternommenen — ben Q3or*
wurf beS UnverftanbS verbienen.
fflifyt of)ne ©runb l)at ber größte unb thatfräfttgfte unter ben *pbften,
©regor VII., bem Normannen 2Bilf)elm baS 2ob erteilt, baß berfelbe ber
befte aller Surften feinet 3^*ato3 W« waren ©ctfteSverwanbte.
9coa) eine engere Begehung fanb $tv»tfc^en Reiben ftatt: fte ftnb burd) eine
Äfnlfecfe Schule gegangen. $on vortrefflichen normanntfa^en ©etftlichen,
bereu tarnen wir ntd;t fennen, beren SBtrf famfett aber bura) beutliche
Spuren beurfunbet tft, erhielt ber Baftarb eine burchauS ftra)lta)e, ja td)
möchte fagen, eine faft clertfale (Srjiehung, warb $um Dtenfte beS SReith'e*
©otteS Ijerangebtlbet.
2)er (Sf)ronift von sJ)ialme3bun; ereilt:1) „neben anbern Sugenben
übte 2ßtlf)clm, namentlich in jungen 3al)ren, bte ber $eufa)l)ett, alfo baß
öffentlich über ü)n baS ©erebe ging, er beft|e feine 9JcannSfraft. Slber
naa)bem er, gemäß bem Dfathe ber Barone, 9Jcatf)tlbe, bte Softer beS
glamänber gürften, %uty\$i hatte, bewies er bura) bie ^at, baß e6 ihm
an jener $raft nta)t fehle, benn er jeugte mit fetner ©emahltn eine ^eil;e
Knaben unb Stäbchen." Der (Styronift fügt bei : „^offlatfchereten munfelten,
baß Wilhelm fpäter al@ ^b'nig fta} mit einer $rtefterStochter einließ, aber
bieß ©efchwäfc tyat feinen ©runb unb Wilhelm tft feiner ©emahlin ftetS
unverbrüchlich treu gewefen."
Um 2>aö $u verftehen, was ich fagen will, wirb ^enntniß ber
logte unb ungleich ber £ofwelt erforbert. ^unbige wtffen, baß theologtfdje
3ucht £ureret als eine ber gröbften Süubett verpönt, aber auch baß eS
faft unmöglich tft, gürftenföfyne, felbft bei ber forgfältigften (Erziehung, vor
btefem Safter §u bewahren, weil Slugenbteneret unb felbftfüa)tige Berechnung
beS £ofgeftnbeö taufenb Slnläffe ber Verführung fcfjafft. Senn bennoa)
ein $rtn§, ber noch baju, wie 28tU)elm ber Saftarb, frühe fein eigener
§err warb unb von förperlta)er $raft ftro^te, ben (Schlingen ber Solluft
entging, fo muß ber Schluß gebogen werben, baß ber gute Samen, ben
bte (§r$ieher in bte jugenblta)e Seele ftreuten, auSnehmenb tiefe Sudeln
getrieben t)at
S^achbem Betbe, £tlbcbranb unb Wilhelm , in ähnlicher Seife erlogen
worben waren, lief il;re Bahn aus etuember. Die Borfefjung l)at ben
l) (Saüile @. HO unten flg.
SStcvteS ©itd&. ßa*>. 30. <Da$ lefcte Safjv SSBifljelm«. ©etu SMJm. 669
einen anf *ßetri Stuf)l erhoben, ben anbern junt mtltt&rtfc^en Otufjm unb
jum ^errfc^er nnb £>rbner (SnglanbS berufen. Slber — obgleich in ver*
fcbiebenen 2ebett3freifen — befeelte fte ein gfeicber Iebenbiger ©laube an
baS (5t)riftentr)um , mochte ber (£ine in feiner ßapetle beten, ober von Ijier
aus bie fircblichen 3been verförpern, mochte ber 5lnbere im Parlamente ber
93arone ba$ weife 28 ort be3 @efe£e3 fprecben, im ^ofgericbte Räuber nnb
2anbe6verrätf)er [trafen, ober vom (Sattel r)erab im @ewüf)le ber Scrjiadjt
ben ßommanboruf an feine wilbe Normannen ertönen laffen.
Könige, auch bie beften, werben notf)Wenbig mißtrauifch, weil in ber
SRegel Selbftfüchtige ftcf) um fte brängen. 28ilr)elm, ber Normanne, war
gewöhnlich furj angebunben, JjerrifdE) , fein ftrenger 23licf fd)recfte bie
<Scf)metc^rer §urücf. 9cur wenn üDfänner ihm nahten, auf beren ©tirne er
ba6 Siegel ber 2Bürbe, ober, um mit ber 23tbel $u reben, beö göttlichen
(SbenbilbS erfannte, trat bei ihm ber innere 9J?enfcf) fyervor. (Sabmer, ber
jüngere 3e^genoffe, berichtet:1) „fo oft £anfranf unb 5lnfelm (bamalö noeb
Prior in 23ec) vor bem Könige erfchienen, legte 2Bilr)elm baö ftrenge, r)er^
rifcfye 2Öefen ab, bureb ba$ er feine Umgebung in febeuer gerne fytelt, jeigte
ftcf) jutrattltcf) unb liebreich, alfo baß ber $of in $erwunberung geriet!),
wie boch ber $önig plöj3lich ein anberer 5D?enfd) geworben fei. 3n fjofjen
(Shten fyeU er 33eibe, bei Willem, wa$ er vornahm, hörte er t^ren 9lath
vor^ugSweife unb I)at aud) auf ihre gürbttte I)in TOlbe gegen viele @cbul*
btge geübt."
2Öär)renb bie angelfächftfchen (Sr)rontften auö 9^adr)e bafür, baß 2Btl*
heim ben rua)lofen 5lbe( tr)re6 Stammet ausrottete, ben verbotenen ßleruS
hart jücbtigte, fo viel an tr)nen war, baö Slnbenfen be$ glorreichen Königs
bemcifelten, wäh^nb einzelne Normannen — vielleicht um mit bem 9Rufe
ber Unvartheilid)feit ju vrunfen — ben tljörichten Gablern nacfjfcf) wagten,
hat ber ÜBolfStnjtmft richtig gefühlt, baß SÖtfljelm etwas 5lußerorbentlicbeö
unternahm, als er nach (Snglanb fegelte, unb baß btefer 3«9 zw 28enbe*
vunft ber ©efehiefe be$ 5lbenblanbe6 war. Der S3aftarb ließ, Wie ich
früher geigte, eine £ifte feiner ^ampfgenoffen in ber 5lbtet ber Schlacht
nteberlegen, wo unau3gefe£t Meßopfer für bie bei ©enlac (Gefallenen bar*
gebracht würben. 5lber außer btefer Sifte liefen noch viele anbere in ber
©efellfchaft um unb fogar eine gereimte war unter benfelben.
Sie beginnt2) mit ben Sorten: -Sftaunbewtle unb 2)aunbewile, £)un*
frewile unb 2>ownfrewile, 33olvwile unb 23a6farwile, ($wile unb (Slewtle,
9Jcorewile unb ßolewile u. f. w. Sarum fyat man fte in $etme gebracht?
£)ffenbar um bie tarnen beffer behalten unb um fte auSwenbig lernen $u
*) Histor. novorum h Anselmi Opera. 33eneMger SluSga&e II, b. @. 47, erfie
@*>alte. 2) SIBgebuttft Ui Zfymy II, 294 flg.
670
$a&fi ©vegotiuö VII. unb fein 3ettalter.
fonnen. Sßarum (ernte man fte auSroenbtg? or)ne grage bejtyalb, Weil e$
Stele gab, roelcfje eine I)of)e @I)re barefn festen, fagen ju fonnen: mein
33ater, mein ©rofjoater, mein 9lfm ift aud) mit ^önig Stlltam geritten,
r)at an feiner ©ette ober unter feinem 33efef)le gefönten in ber unb ber
<&fyad)t. Unb in ber Ztyat, roenn e$, rote td) glaube, roafyren SBertr)
r)at, oon rufymoollen Voreltern abjuftammen, beftijt Sfttemanb im ganjen
Slbenblanb einen gegrünbeteren 5tnfprucr) auf 9lbel, als ^Diejenigen, roeldje
ben tarnen eines ber -Htttteroberer führen unb beren Slfmen mit 2Btlt)eIm
ausgesogen ftnb, um im 3Menfte ber Jtird)e ßnglanb ju gewinnen.
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